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Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr 10

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Wehrwissenschaftliche ForschungJahresbericht 2010Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr

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Wehrwissenschaftliche ForschungJahresbericht 2010Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr

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Denken vom Einsatz her bedeutet, dass alle Aufgaben der Bundeswehr als ein einheitliches Leistungspaket zu verstehen sind. Einsatz­orientierung betrifft die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit. Einsatz ist der zentrale Prozess. Einsatzorientierung in diesem ganz heitlichen Sinne erfordert, die wesentlichen Prozesse der Bundeswehr durchgängig auf dieses Leistungs­paket auszurichten. Die Prozesse der wehrwis­senschaftlichen Forschung unterstützen in fünf Forschungs bereichen den Fähigkeitsaufbau für die Eins ätze mit unterschiedlichem zeitlichen Vorlauf. Voraussetzung für den Erfolg dieser Prozesse der Forschung in der Wehrtechnik, in der Wehrmedizin und Wehr psychologie, in der Militär geschichte, in den Sozialwissenschaften und in den Geowissenschaften ist, sie ständig an den An forderungen des Einsatzes auszurichten.

Mit den Leitlinien des Bundesministers der Verteidigung zur Ausplanung der neuen Bun­deswehr vom Juni 2010, dem Bericht der

Strukturkommission der Bundeswehr vom Oktober 2010 und den daraus abgeleiteten Strukturüberlegungen sind die Kerngedanken für den Umbau der Bundeswehr definiert worden. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen die Bundeswehr als Organisation mit gesellschaftlicher Verantwortung Zeichen der Identität benötigt, wirken Wissenschaft und Forschung über die Streitkräfte hinaus. Wehrwissenschaftliche Forschung stellt damit beim anstehenden Umbau der Bundeswehr eine wichtige Konstante für die Weiterent wick­lung der Bundeswehr und die erfolgreiche Bewältigung der Einsätze dar.

Das BMVg führt wehrwissenschaftliche For­schung zur Erfüllung seines Auftrages im Rahmen der nationalen Sicherheitsvorsorge durch. Dies umfasst das Verfügbarmachen aller erforderlichen wissenschaftlichen Erkennt­nisse in allen für die Verteidigungsforschung rele van ten Bereichen. Dadurch soll die Bundes­

Vorwort 6

Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr er ge ben sich aus dem Weißbuch, den Ver­ teidigungspolitischen Richtlinien und der Konzeption der Bundeswehr. Sie bilden die Grundlage für die Bundeswehrplanung. Übergeordnete Zielsetzung für die Bundes­wehrplanung ist die stän dige Verbesserung und der dauerhafte Erhalt der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr im vorge ge benen Aufgaben­spektrum. Weitere Schwerpunkte liegen bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben, bei Maß­nahmen zur unmittelbaren Abwendung von Gefahr für Leben und Gesundheit aller Ange­

hörigen der Bundeswehr, des Schutzes von Personal im Einsatz sowie zur unmittelbaren Einsatzunterstützung.

Die laufenden Einsätze sind nicht alleiniger Maßstab für künftige Anforderungen. Dennoch bleiben Operationen im Rahmen der Konflikt­verhütung und Krisenbewältigung einschließ­lich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus die wahrscheinlichste Einsatzform und sind damit vorrangig bestimmend für Gliederung, Ausrüstung, Ausbildung und das geistige Rüstzeug der Streitkräfte.

Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr

MinisterialdirigentDipl.-Ing. Erwin BernhardUnterabteilungsleiter Rü IVund ForschungsbeauftragterBundesministerium derVerteidigung

[email protected]

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wehr in die Lage versetzt werden, als Instrument einer umfassend angelegten, zukunftsfähigen Sicherheits­ und Verteidigungspolitik für die nationale Sicherheit zu sorgen, zur Verteidigung der Verbündeten beizutragen, einen Beitrag zur Stabilität im internationalen Rahmen zu leisten und die multinationale Zusammenarbeit und Integration zu fördern. Insbesondere ist das Kernziel deutscher Sicherheitspolitik – die Sicherung von Frieden, Freiheit und Wohl erge­hen der Bürgerinnen und Bürger – durch die Bundes wehr in den ihr zugewiesenen Aufga­ben feldern sicherzustellen.

Die derzeitigen und die absehbaren sicher heits­politischen Rahmenbedingungen verlangen nach Einsatzfähigkeit, ohne die möglichen Ein­satzszenarien konkret zu kennen. Jeder neue Einsatz wird daher zumindest teilweise völlig neue Anforderungen stellen. Die volatile sicher­heitspolitische Weltlage er fordert Flexibilität bei gleichbleibend hoher Einsatzfähigkeit und

Leistungsqualität. Wehrtechnische Forschung, wehrmedizinische und wehrpsychologische Forschung, militärgeschicht liche und sozial­wissenschaftliche Forschung sowie geowissen­schaftliche Forschung haben dem Rechnung zu tragen.

Die Wehrwissenschaftliche Forschung setzt gemäß dem „Add­on­Prinzip“ grundsätzlich auf den Erkenntnissen der zivilen Forschung auf, wenn nationale Sicherheitsinteressen und das angestrebte Fähigkeitsprofil der Bundeswehr es erfordern. Sind entsprechende wissenschaft­liche Ergebnisse der zivilen Forschung nicht verfügbar, müssen sie im Rahmen von Ressort­forschungsaktivitäten generiert werden. Damit spielt die Ressortforschung des BMVg eine wichtige Rolle in dem Prozess, den Bedarf der Bundeswehr an militärischen Fähigkeiten zu decken – insbesondere vorhandene Fähigkeits­lücken mittel­ und langfristig zu schließen. Wissenschaftliche Erkenntnisse, Konzepte und

Vorwort

Technologien, die sowohl für die militärische Verteidigungsforschung als auch für die zivile Sicher heitsforschung relevant sind, bilden da­bei gemäß dem „Dual­use­ Prinzip“ die Schnitt­stellen zur zivilen Sicherheitsforschung.

Die Jahresberichte Forschung & Technologie 2006 und 2007 haben an Hand von Beispielen Einblicke in das weit gefächerte Spektrum der wehrwissenschaftlichen Forschung gegeben. Die Jahresberichte Forschung & Technologie 2008 und Wehrwissenschaftliche Forschung 2009 sind – unter Berücksichtigung von „Dual­use­Aspekten“ der Sicherheitsforschung – inten­siv auf die signifikante Bedeutung der wehrwis­senschaftlichen Forschung für die Bundes wehr im Einsatz eingegangen. Der vorliegende Jahresbericht 2010 zur Wehrwissenschaftlichen Forschung fokussiert zum 5­jährigen Jubiläum dieser Publikation auf den Beitrag der Verteidi­gungsforschung für den Fähigkeits auf bau der Bundeswehr im Einsatz. Dazu werden aus den

Bereichen der wehrtechnischen Forschung, der wehrmedizinischen und wehrpsychologi­schen Forschung, der militärgeschichtlichen und sozialwissenschaftlichen Forschung so wie der geowissenschaftlichen Forschung aktuelle Forschungsvorhaben mit Einsatzrelevanz dargestellt.

Erwin Bernhard

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34 Sa nusci officip sandest ioribust, offic tectibus expedia do

lum alitasi musciam, aut modicae dipiet milit o

36 Defocit volorem aliquatiur auda conseque ex eium q

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10 34 Sa nusci officip sandest ioribust, offic tectibus expedia do

lum alitasi musciam, aut modicae dipiet milit o

36 Defocit volorem aliquatiur auda conseque ex eium q

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Inhalt

Vorwort

10 11

1010

15 Wehrtechnische Forschung

16 Schadensvorhersagen durch sensierende Wände

18 Teildemonstration einer elektrischen Panzerung

20 Entwurf und Modellierung von Antennen auf fliegenden Plattformen

22 Multisensor-Datenfusion zur Auswerteunterstützung bei der

Bodenaufklärung

24 Härtung optischer und elektro-optischer Systeme gegen Blendung

und Zerstörung durch Laserstrahlung

26 Unbemannte Fahrzeuge im Militärkonvoi

28 Bispektrale InAs/GaSb Übergitterdetektoren

für Wärmebildgeräte der 3. Generation

30 Charakterisierung des Detonationsverhaltens und der Nachreaktion

blastgesteigerter Sprengladungen

32 Ein HPM-Detektionssystem für mobilen und stationären Einsatz

34 Änderungsdetektion mit raumgestützten SAR-Systemen

36 Fortschrittliche Flugkörper-Technologien

38 Hochagile UAV-Technologien für unbemannte Flugzeuge

40 Aktive Steuerung für Hubschrauber im operationellen Einsatz

Teil 1

6 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung

zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr 42 Mobiles Operations-Modul mit telemedizinischer Unterstützung

44 Scheibenlasertechnologie für Lasereffektoren/Laserwaffen

46 Lasergestützte Stand-off Detektion von CBE-Gefahrstoffen

48 ARCADIS – ein System zur Detektion verdächtiger Gegenstände

entlang regelmäßig befahrener Strecken

50 Wie viele UAV sind zu viele? Erkennen von Überforderung

des UAV-Führers

52 Kompetenznetzwerk Performance Based Logistics (PBL):

Wissensaustausch und Problemlösung bei der Implementierung inter-

national bewährter rüstungspolitischer Beschaffungskonzepte

54 Analyse der elektromagnetischen Empfindlichkeit komplexer Strukturen

am Beispiel von Marinesystemen

56 Klebtechnik – eine Zukunftstechnologie?

58 Tarnschutz ohne Kompromisse – Mobile Multispektrale Tarnsätze

im Einsatz

60 Moderne Ortungs- und Auswerteverfahren für die Seeminenabwehr

62 Test- und Experimentier-Labor luft- und raumgestützte Aufklärung

(TELLRA)

64 Sensorplattformen zur akustischen und optronischen Aufklärung

von Gewehrschützen

66 Internettechniken als Zukunft für agile Führungsinformationssysteme

der Bundeswehr

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Inhalt 12 13

101069 Wehrmedizinische und Wehrpsychologische Forschung

70 Entwicklung eines Methodenrepertoires für wissenschaftsbasierte

diagnostische Dienstleistungen im Medizinischen B-Schutz

72 Molekulare Typisierung und mikrobiologische Forensik:

High-Tech-Analysen zur Erstellung genetischer Fingerabdrücke

von biologischen Kampfstoffen

74 Analytik für die Verifikation einer Exposition gegenüber

chemischen Kampfstoffen

76 Das H-Modul – ein innovatives Triage-Werkzeug des medizinischen

A-Schutzes zur Abschätzung hämatologischer Strahlenschäden

78 Militärische Arbeitsplätze mit hohen kognitiven Anforderungen:

Entwicklung von Verfahren zur Erfassung relevanter Kenngrößen

80 Untersuchung zur Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit

bei der Nutzung des Full Mission Simulator und des Cockpit Trainer

(Eurofighter)

82 Untersuchungen zur Pathophysiologie der milden Form

der neurologischen Dekompressionskrankheit

85 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung

86 Einsatzwirklichkeit und Museum

88 Zur Einsatzmotivation und Dienstzufriedenheit

von Bundeswehrangehörigen

91 Geowissenschaftliche Forschung

92 Die Überwachung der Naturausstattung – ein Beitrag zum

naturrechtskonformen Betrieb von militärischen Übungsplätzen

95 Anhang

96 Adressen und Kontakte

102 Impressum

Teil 2 Teil 3

Teil 4

Teil 5

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1Wehrtechnische Forschung

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Forschungsaktivitäten 2010

Schadensvorhersagen durch sensierende Wände

Dr.-Ing. Arno Klomfass Fraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen

[email protected]

Dr.-Ing. Werner RiedelFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen

[email protected]

Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-

Mach-Institut, EMI, hat im Geschäftsfeld Sicherheit den

Schutz kritischer Infrastrukturen als zentrales Thema.

Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf Technologien

zum physischen Schutz von Gebäuden. Mit neuartigen

Analysemöglichkeiten kann der Interaktionsprozess

zwischen Luftstoßwelle und belasteter Struktur präzise

erfasst werden.

Die Untersuchung der Blastwirkung konventioneller

Sprengstoffe hat durch die terroristische Bedrohung und die

Bedrohung der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen durch

Sprengstoffanschläge eine außerordentlich hohe Bedeutung

gewonnen. Im Bereich des baulichen Schutzes ist dabei die

Druckeinwirkung auf Strukturen ein entscheidender Punkt.

Konkret müssen experimentell und durch Simulation die auf-

tretenden Druckprofile mit ihrer räumlichen und zeitlichen

Verteilung auf Bauwerkskomponenten untersucht werden.

Hierzu bedarf es geeigneter Technologien sowohl hinsicht -

lich der messtechnischen Erfassung als auch bezüglich der

konfigurier- und reproduzierbaren Erzeugung der zugrunde

liegenden Blastbelastung. Das einzige weltweit anerkannte,

wissenschaftlich exakte, reproduzierbare und deshalb auch in

Normen verankerte Verfahren stellt die Stoßfrontgenerierung

auf der Basis von Stoßrohren dar. Alternative Untersuchungen

unter Verwendung von Sprengungen im Freifeld oder Versuche

in Stollenanlagen liefern dabei nur grob reproduzierbare und

schwer kontrollierbare Bedingungen. Dementsprechend be-

steht an der Nutzung experimenteller Anlagen auf der Basis

Abb. 1: Gesamtkonstruktion des neuen Expansionsteils mit Rechteck-Endquerschnitt 3 m x 3 m

Abb. 2: Drei Schädigungssignale bei unterschiedlich stark belasteten ultrahochfesten Betonwänden

16 17

von Stoßrohren höchstes Interesse sowohl im Bereich der Ver-

teidigungs- als auch im Bereich der Sicherheitsforschung.

Mit der erweiterten Stoßrohranlage bestehen neue Unter-

suchungsmöglichkeiten zur Dynamik an Schädigungen von

Strukturen und Blastbelastungen. Ziel war es, das theoretische

Verständnis der Vorgänge zu verbessern und experimentell

abzusichern. Ein wesentliches Ziel des Forschungsprojektes

bestand zudem darin, spezielle Sensoren auszulegen und zu

entwickeln, die in bauliche Komponenten eingebaut werden

können, um dann interaktiv

>> die auftretende Blastwelle mit ihrem zeitlichen und räum-

lichen Verlauf dynamisch (instationär) erfassen zu können,

>> die Strukturantwort zu erfassen (wie reagiert das Bauteil

auf diese instationäre Druckbelastung).

Durch die wesentlich erweiterten Analysemöglichkeiten

ist eine verbesserte Vorhersage der Schädigungen von Struk-

turen bei Blast-Belastungen möglich. Zur Erreichung dieses

Ziels sowie zur Durchführung notwendiger Untersuchungen,

ins besondere auf den Gebieten Untersuchungen zu bau lichen

Schutzmaßnahmen und innovative Druck-, Beschleunigungs-,

Verformungs-Messtechnik ist die hoch präzise Generie rung

von Blastwellen notwendig.

Das übergeordnete Ziel bestand darin, unmittelbar aus

den in der Wand gemessenen Druck-Zeit-Profilen Aussagen

zu einer möglichen Schädigung oder eines strukturellen

Versagens der Wand (des Bauteils) abzuleiten.

Im Rahmen dieser Aufgabe und als Basis für die weiter-

führen den Analysen wurden zwei zentrale Bausteine

entwickelt, detailliert berechnet, konstruiert und realisiert.

Diese sind:

>> Eine erweiterte Versuchsanlage zur Erzeugung präziser,

zeitlich und räumlich reproduzierbarer großflächiger

Druckverteilungen auf Komponenten des baulichen

Schutzes. Abbildung 1 zeigt den neuen Expansionsteil

mit dem Rechteck-Endquerschnitt 3 m x 3 m.

>> Sensoren (Druck oder Beschleunigung oder Verformung),

die robust genug sind, um in Bauteile (hier konkret Beton)

integriert werden zu können und die dann auswertbare

Signale in ausreichender zeitlicher Auflösung liefern.

Abbildung 2 zeigt drei Schädigungssignale bei unter-

schiedlich stark belasteten ultrahochfesten Betonwänden.

Daraus lassen sich bei der Signalauswertung bei unter-

und über kritischen Versuchen Schadenskriterien definieren.

Bei einer Blastbelastung von 20 kPa gibt es keine sichtbare

Schädigung (Abbildung 3). Die Abbildung 4 zeigt die

Riss bildung bei einer Blastbelastung von 100 kPa und

Abbildung 5 zeigt den Kollaps bei einer Blastbelastung

von 200 kPa.

Abb. 3: Keine sichtbare Schädigung bei einer Blastbelastung von 20 kPa

Abb. 4: Rissbildung bei einer Blastbelastung von 100 kPa

Abb. 5 mit Detailausschnitt: Kollaps bei einer Blastbelastung von 200 kPa

Keine sichtbare Rissbildung bei Kollaps beiSchädigung bei

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Forschungsaktivitäten 2010

Teildemonstration einer elektrischen Panzerung

Dr. Matthias WickertFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Freiburg

[email protected]

Dipl.-Phys. Richard CunrathFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Freiburg

[email protected]

Dr. Siegfried NauFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen

[email protected]

Dipl.-Ing. (FH) Jürgen KuderFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen

[email protected]

Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik,

Ernst-Mach-Institut, EMI, erforscht, wie physikalische

Effekte und Mechanismen eingesetzt werden können,

um innovative Schutzlösungen anbieten zu können.

Ein Konzept zum Schutz vor Hohlladungsbedrohungen,

wie sie beispielsweise von tragbaren Panzerabwehrwaffen

ausgehen, basiert auf der Wirkung von elektrischem Strom.

Es wurde die prinzipielle Realisierbarkeit elektrischer

Panzerungsmodule für ein Fahrzeug nachgewiesen.

Tragbare Panzerabwehrwaffen wie die RPG-7 stellen eine

große Bedrohung für Soldatinnen und Soldaten der Bundes-

wehr im Einsatz dar. Derartige Waffen verfügen über einen Flug-

körper mit Hohlladungsgefechtskopf, der beim Aufschlagen

auf ein Ziel einen Hohlladungsstrahl erzeugt, der mehrere

10 cm tief in einen Stahlblock eindringen kann.

Als Multiphysics-Armor nutzt die elektrische Panzerung die

elektromagnetisch-mechanische Wirkung von elektrischem

Strom hoher Stromstärke aus, um den Hohlladungsstrahl in

kleine Partikel zu desintegrieren, die von einer Basispanzerung

aufgefangen werden können. Die elektrische Panzerung

ermög licht die Abwehr des Hohl ladungsstrahls vollständig

innerhalb eines geschlossenen Panzerungsmoduls.

Das Fraunhofer EMI hat das Wirkprinzip der elektrischen

Panzerung in eine Technologie überführt, die eine beson-

ders effektive Einkopplung des elektrischen Stroms in den

Hohl ladungsstrahl erlaubt und dies in Laborversuchen

für Anordnungen mit geringen Seitenabmessungen nach-

gewiesen.

Abb. 1: Funktionsprinzip der elektrischen Panzerung: Die metallische Einlage eines Hohlladungsgefechtskopfs wird bei der Detonation in einen Hohlladungsstrahl umgeformt. Der Hohlladungsstrahl dringt in das elektrische Panzerungsmodul ein und wird durch die elektromagne-tisch-mechanischen Effekte zwischen Vor- und Rückelektrodenwand in kleine Partikel desintergriert

Abb. 2: Das großflächige elektrische Panzerungsmodul, montiert auf den hinteren Bereich der Seitenwand des TPz FUCHS

18 19

Die aktuelle Forschungsaufgabe zielte auf den Nachweis, dass

sich großflächige Panzerungsmodule für ein zu schützendes

Fahrzeug konstruieren lassen, die sowohl die hohe Wirksam-

keit der Laboranordnungen erreichen als auch die Erforder-

nisse für einen Gebrauch am Fahrzeug erfüllen. Hierzu wurde

ein erprobter Auslegungstand für den elektrischen Wirkmecha-

nismus aus den Laborversuchen einschließlich Energiespeicher

und Aufladeeinheit übernommen. Zum Schutz gegen weitere

Bedrohungen, wie z.B. KE-Geschosse, wurde eine Keramik-

verbundpanzerung in den Aufbau integriert.

In Zusammenarbeit mit der Firma IABG Lichtenau wurde

als Fahrzeug der TPz FUCHS ausgewählt, das großflächige

Schutzmodul für den Schutz einer Seitenfläche adaptiert sowie

die Versuche als auch Untersuchungen zur Gebrauchsgüte

durchgeführt.

Die Funktion der elektrischen Panzerungsmodule wurde in

zwei Versuchsreihen demonstriert. In Standversuchen mit

Hohlladungen der Klasse der RPG-7 wurde die elektrische

Spannung für die elektrischen Panzerungsmodule angelegt

und der Beschussversuch durchgeführt. Um die Schutzeigen-

schaften gegen Mehrfachtreffer zu untersuchen, wurden

sequentiell vier Schüsse auf die Panzerung abgegeben.

Dabei wurden verschiedene Auftreffbedingungen wie Schräg-

oder randnaher Schuss getestet.

In jedem der Beschussversuche wurde die gleiche Wirk-

samkeit für die elektrischen Panzerungsmodule wie im

Labor versuch erzielt. Die elektrische Panzerung ist somit

mehrfach beschussfähig. Selbst wenn die Auftreffpunkte

sehr dicht beieinander liegen, ist das Schadensbild am

Panzerungsmodul sehr gering. Das Fahrzeug selbst wurde

in keinem Fall beschädigt und ist nach den Versuchsserien

voll funktionsfähig.

Somit konnte demonstriert werden, dass die elektrische

Panzerung eine beherrschbare und wirksame Technologie

darstellt, die zur Abwehr von Hohlladungen auf zu schüt-

zende Fahrzeuge übertragen werden kann. Unter den ge-

gebenen Randbedingungen hat sich auch gezeigt, dass das

Leistungs potenzial der realisierten Panzerungsmodule

noch nicht ausgeschöpft wurde.

Abb. 3: Elektrisches Panzerungsmodul 1,2 m x 0,8 m nach der Abwehr von vier Hohlladungsbeschüssen. Obwohl die Auftreffpunkte dicht beieinander liegen, ist das Schadensbild im Modul gering

Abb. 4: Demonstrationsversuch zur elektrischen Panzerung, IABG Lichtenau am 28.10. 2010

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Forschungsaktivitäten 2010

Entwurf und Modellierung von Antennen auf fliegenden Plattformen

Dipl.-Ing. Claudius LöckerFraunhofer-Institut für Hoch frequenz physik und Radartechnik, Wachtberg

[email protected]

Dr.-Ing. Peter KnottFraunhofer-Institut für Hoch frequenz physik und Radartechnik, Wachtberg

[email protected]

Die Integration von Antennen in Fahrzeuge kann zu

Problemen führen, wenn sich verschiedene Systeme gegen-

seitig beeinflussen. Durch geeignete Simulationsverfahren

können solche Effekte beim Antennenentwurf untersucht

und Störungen vermieden werden.

Unbemannte Kleinflugzeuge wie das Kleinfluggerät Ziel-

ortung (KZO) der Firma Rheinmetall Defence Electronics

(RDE) eignen sich zur Entdeckung, Identifizierung und

Lokalisierung ortsfester und bewegter Ziele (Abbildung 1).

Seit Mitte 2009 befindet sich das System KZO in Afghanistan

im Einsatz und liefert einen wichtigen Beitrag zur luft-

gestützten Aufklärung. Dabei stellt die Entwicklung der

entsprechenden Sensoren eine besondere Herausforderung

dar, weil sie die Struktur des Fluggeräts möglichst wenig

verändern dürfen, um eine Beeinträchtigung der Aerodynamik

und damit eine Verringerung der Reichweite des Systems

zu vermeiden. Es wurde ein Antennensystem für das KZO

entwickelt, das die besonderen Anforderungen für den Einsatz

auf einem Kleinflugzeug erfüllt.

Das Antennensystem ist für zwei unabhängige Datenkanäle

vorgesehen und muss einen Raumwinkelbereich von 360° in

Azimut und +/– 30° in Elevation mit einem vorgegebenen

Mindestgewinn abdecken. Da die komplette Abdeckung

dieses Raumwinkelbereichs mit einer einzelnen Antenne nicht

erreicht werden kann, wird er in Sektoren unterteilt, die durch

Abb. 1: Start eines KZO Abb. 2: Flügelendkappe des KZO mit vorgesehenen Positionen der Patch-Antennen

20 21

jeweils eine Antenne abgedeckt werden. Durch Schalten der

Sektoren wird eine Kommunikationsstrecke in die gewünschte

Richtung aufgebaut.

Entwurf und Integration der Antennen

Untersuchungen zu verschiedenen Ansätzen für die Verteilung

der Antennen auf dem Fluggerät führten schließlich zu einem

Konzept, das die Integration mehrerer Patch-Antennen in die

Flügelendkappen des KZO vorsieht (Abbildung 2).

Die Patch-Antenne ist aufgrund ihrer flachen und kompakten

Bauweise im Bereich drahtloser Kommunikation und Radar

ein weit verbreiteter Antennentyp. Es existieren verschiedene

Konzepte zur Speisung von Patch-Antennen, wobei die apertur-

gekoppelte Variante eine vergleichsweise hohe Bandbreite

erzielt. Dabei ermöglicht ein Schlitz in der Massefläche des

Patch-Elements die elektromagnetische Ankopplung an eine

Mikrostreifenleitung, die sich auf der gegenüberliegenden

Seite der Massefläche befindet. Pro Datenlink werden sechs

Antennen in die Flügelendkappen des Fluggeräts integriert,

wobei jedes Antennenelement einen Azimutwinkelbereich

von mehr als 60° abdeckt.

Numerische Simulation großer Plattformen

In der Umgebung einer Antenne haben sowohl dielektrische

und metallische Komponenten als auch aktive Systeme einen

nicht unerheblichen Einfluss auf die elektromagnetischen

Eigenschaften der Antenne, welche mitunter erheblich von

denjenigen der isoliert betrachteten Antenne abweichen

können. Um den Einfluss der Struktur in der Umgebung der

zu integrierenden Antennen auf deren elektromagnetisches

Verhalten untersuchen und mögliche Interaktionen mit der

Antennenumgebung vermeiden zu können, wurde ein

besonderes, am FHR entwickeltes, Simulationsverfahren

eingesetzt. Das Programm basiert auf der Finite-Element-

Boundary-Integral (FEBI) Methode und eignet sich zur Be-

rechnung von großen Antennen- und Streufeldproblemen.

Für die Untersuchungen mit FEBI wurde ein CAD Modell

des Fluggerätes von RDE zur Verfügung gestellt. Das Modell

beschränkt sich lediglich auf eine Hälfte des KZO, um die

numerische Komplexität des Problems und damit die Rechen-

zeiten möglichst gering zu halten. Die Verteilung und Anord-

nung unterschiedlicher Materialien im Modell wurden den

realen Verhältnissen möglichst genau angenähert. In Abbil-

dung 3 sind die äquivalenten Ober flächen ströme dargestellt,

welche von einem einzelnen Patch-Element angeregt werden.

In Zusammenarbeit mit RDE wurden die Patch-Antennen in

die Flügelendkappen eines KZO integriert und Antennenmes-

sungen in der Messkammer sowie im Freifeld durch geführt.

Dabei konnten die durch die FEBI-Simulation berechneten

Antennendiagramme bestätigt werden.

Abb. 3: CAD-Modell des KZO mit äquivalenten Oberflächenströmen

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Forschungsaktivitäten 2010

Multisensor-Datenfusion zur Auswerteunterstützung bei der Bodenaufklärung

Dr. Martin UlmkeFraunhofer-Institut für Kommuni kation, Informations-verarbeitung und Ergonomie,Wachtberg

[email protected]

Dr. Jost KollerFraunhofer-Institut für Kommuni kation, Informations-verarbeitung und Ergonomie,Wachtberg

[email protected]

Zur Unterstützung militärischer Auswerter entwickelt

das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Infor ma-

tions verarbeitung und Ergonomie FKIE Methoden der

automatisierten Sensor-Datenfusion. Ziel ist es, aus

den realzeitlich einströmenden Sensordaten Bausteine

für die Erstellung einer komplexen, dynamischen Lage

zu gewinnen. Bei der Bodenaufklärung beinhaltet dies

Erkennung, Aufgriff und Verfolgung von Einzelfahr-

zeugen, Konvois, Waffensystemen und militärischer

Ausrüstung.

Die luftgestützte Bodenaufklärung mit Hilfe bildgebender und

signalerfassender Sensorik gewinnt zunehmende Bedeutung

für die Bundeswehr und die NATO insgesamt. Einen besonde-

ren Stellenwert hat dabei Stand-off Airborne GMTI Radar

(GMTI: Ground Moving Target Indicator). Wichtige weitere

Informationsquellen sind aber auch Synthetic Aperture Radar

(SAR), optische und Infrarot-Sensoren sowie elektronische

Aufklärung.

Für die realzeitnahe Auswertung und Interpreta tion der

Sensordaten durch militärische Auswerter ist eine verdichtende

Vorverarbeitung der Sensordaten unverzichtbar. Dazu werden

aus dem räumlichen und zeitlichen Muster der Sensordaten

die Spuren (Tracks) relevanter Objekte generiert und die Auf-

klärungsergebnisse unterschiedlicher Quellen korreliert und

fusioniert.

Bei der Bodenaufklärung ergeben sich besondere Schwierig-

keiten durch technische und topographische Abschattungen,

die zu Beobachtungslücken führen. Die Anzahl, die Dichte

und das Bewegungsspektrum der Objekte können sehr hoch

Abb. 1: Datenfusion für zwei GMTI-Plattformen Abb. 2: GMTI-Tracks eines simulierten Straßenverkehr-Szenarios

22 23

sein, und schließlich sind auch bei modernster Signalverarbei-

tung Falschmeldungen und Auflösungsprobleme in dichten

Szenarien unvermeidlich.

Diese Schwierigkeiten erfordern eine möglichst umfassende

Ausnutzung aller vom Sensor bereitgestellten Daten sowie

von Hintergrundinformationen, z. B. über die Topographie

oder die Straßennetze im Beobachtungsgebiet. Dazu werden

Verfahren entwickelt, spezifische Sensoreigenschaften wie

die Doppler-Blindheit oder die Auflösungsleistung in Tracking-

Algorithmen zu integrieren. Das Ausnutzen dieser Informa-

tionen führt zu einer verbesserten Spurkontinuität im Fall

ausbleibender Sensormeldungen. In ähnlicher Weise kann

auch die Berücksichtigung digitaler Straßenkarten und topo-

graphischer Abschattungen unerwünschten Spurverlust

verhindern. Ebenfalls konnte gezeigt werden, wie durch die

Verarbeitung zusätzlicher Sensordaten, wie der Signalstärke,

wichtige Attributinformationen erzeugt werden, die die

Track-Identität auch in dichten Szenarien verbessern.

Ein weiteres Forschungsfeld besteht in der Behandlung von

Zielgruppen. Dazu werden moderne, realzeitfähige Verfahren

des Multi-Target-Trackings für die Behandlung von Boden-

zielen weiterentwickelt und evaluiert.

Die Verfahren zur verbesserten Extraktion und Verfolgung

der Spuren von Bodenzielen wurden im Rahmen des multi-

nationalen Technologievorhabens MAJIIC (Multi-Sensor

Aerospace-Ground Joint ISR Interoperability Coalition) ange-

wandt und evaluiert. Dazu wurde ein effizienter Multi hypo-

thesen-Tracker (MHT) für Bodenziele entwickelt, der eine

Vielzahl von GMTI-Detektionen mehrerer Plattformen auch

bei hohen Falschalarmraten realzeitlich verarbeiten kann.

Der MHT-Algorithmus wurde auf mehreren interna tionalen

Übungen und Technologieexperimenten erfolgreich getestet.

Neben den Übungen im Rahmen von MAJIIC fand er auch

bei der Coalition Warfighter Interoperability Demonstration

(CWID) Anwendung.

In weiteren Untersuchungen sollen Verfahren der heterogenen

Sensorfusion auf die Kombination von GMTI-Daten mit opti-

schen oder Electronic Support Measure-Daten angewandt

werden. Die Assoziation der GMTI-Daten oder Tracks mit

Daten anderer Sensortypen verspricht zum einen eine An-

reicherung der Tracks durch Klassifikationsattribute, zum

anderen können die Attributinformationen wiederum genutzt

werden, um die Spuridentität nach Beobachtungslücken

wiederherzustellen. Dies ist auch das Ziel bei der Fusion von

GMTI-Tracks mit Beobachtermeldungen (HUMINT).

Während GMTI-Tracks eine hohe Update-Rate und ein hohe

Genauigkeit besitzen, sind HUMINT-Meldungen sehr selten,

liefern dafür aber wert volle Identifikationsmerkmale.

In einer Zusammenarbeit mit den DSO National Laboratories,

Singapur, wurde dazu eine Fusionsarchitektur entwickelt

und u. a. gezeigt, wie die Track-Identität bei GMTI-Beobach-

tungslücken durch HUMINT-Meldungen wiederhergestellt

werden kann.

Abb. 3a: Tracks ohne Ausnutzung von Straßeninformation

Abb. 3b: Tracks mit Ausnutzung von Straßen information: höhere Genauigkeit, bessere Datenassoziation, dadurch höhere Kontinuität

Abb. 4: Konvoi-Tracking mit Zielzahlschätzungfür vier verschiedene Zeitpunkte (N = Zahl der geschätzten Ziele eines Konvois)

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Forschungsaktivitäten 2010

Härtung optischer und elektro-optischer Systeme gegen Blendung und Zerstörung durch Laserstrahlung

Dr. Gunnar RittFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen

[email protected]

Dr. Bernd EberleFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen

[email protected]

Dipl.-Phys. Stefanie DenglerFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen

[email protected]

Die Verfügbarkeit kompakter und leistungsstarker

Laser quellen nimmt weltweit stetig zu und damit auch

das Bedrohungspotenzial für das menschliche Auge

sowie für Sensorgeräte, die im sichtbaren (VIS) und im

nahen infraroten (NIR) Spektralbereich arbeiten.

Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik

und Bildauswertung IOSB hat Verfahren entwickelt,

die das Risiko einer Blendung oder einer dauerhaften

Schädigung stark reduzieren.

Die heute in der Bundeswehr eingeführten Maßnahmen

zum Schutz des menschlichen Auges oder elektro-optischer

Sensoren basieren auf konventionellen Schutztechniken.

Zum Einsatz kommen Laserschutzfilter, die nur besonders

definierte Wellenlängen abblocken, alle anderen aber nicht.

Durch die rasanten Laserentwicklungen der letzen Jahre

existieren nun Laserquellen, die den gesamten visuellen und

nahinfraroten Spektralbereich abdecken.

Es lassen sich zwei Arten von Laserbedrohungen

unter scheiden:

a) Durch kompakte und billige Dauerstrich-Laser, die heute

mit Ausgangsleistungen bis zu einem Watt im sicht baren

Spektralbereich verfügbar sind. Diese sind leicht beschaff-

bar und eignen sich daher besonders gut für die Blendung

von Luftfahrzeug- oder Kraftfahrzeugführern, aber auch

die Blendung elektro-optischer Systeme ist denkbar.

b) Durch gepulste Laser, die ihre Spitzenintensität inner -

halb von Nano sekunden erreichen können und ein hohes

Zerstörung spotential bieten. Hier sind auch Laserwaffen

zu nennen, die von verschiedenen Ländern mit dem Ziel

Abb. 1: Selbst mit relativ kleiner Laserleistung (Laserpointer der Klasse 3B) ist eine deutliche Blendung einer Cessna am Tag aus einer Entfernung von 600 m erkennbar

Abb. 2: Blendung des Cockpits eines Transporthubschraubers vom Typ CH-53 bei Nacht, aufgezeichnet mit einer TV-Kamera

24 25

entwickelt wurden, Sensoren, aber auch das menschliche

Auge, zu blenden oder zu schädigen.

Während bei elektro-optischen Systemen der Blendeffekt

verschwindet, sobald die Laserstrahlung nicht mehr vorhanden

ist, können beim menschlichen Auge noch Sehstörungen

(z. B. Nachbilder oder verringertes Farbkontrastsehvermögen)

über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben. Abbildungen

1 und 2 demonstrieren die Blendung von Luftfahrtzeugen am

Beispiel einer Cessna (bei Tag) sowie eines Transporthub-

schraubers vom Typ CH-53 (bei Nacht). Die sichere Weiter-

führung des Nachtfluges wäre unter solchen Voraussetzungen

nicht mehr möglich gewesen.

Das Fraunhofer IOSB arbeitet an der Entwicklung von

Konzepten, die eine Härtung optischer und elektro-optischer

Systeme gegen Blendung und Schädigung durch Laserstrah-

lung ermöglichen. Der heutige Stand der Technik erlaubt

es noch nicht einen Schutz anzubieten, der gleichermaßen

gegen Blendung und Schädigung verwendet werden kann.

Deshalb werden diese Themenbereiche gesondert bearbeitet.

Härtung elektro-optischer Sensoren gegen Blendung

durch Dauerstrich-Laserstrahlung

Für den Schutz elektro-optischer Sensoren gegen Blendung

durch Laserstrahlung wurde am IOSB ein aktives Schutz-

konzept auf Basis eines räumlichen Lichtmodulators im

Zusammenspiel mit Wellenlängen-Multiplexing entwickelt.

Das Schutzkonzept ermöglicht die farbselektive Filterung

von Laserstrahlung in einem beliebigen, frei definierbaren

Bereich des Sensorgesichtsfelds und eröffnet die Möglichkeit,

dennoch den Ort der Blendquelle zu beobachten. Abbildung 3

zeigt die Wirkung einer derartigen Schutzmaßnahme.

Härtung optischer und elektro-optischer Systeme

gegen Schädigung durch gepulste Laserstrahlung

Zur Härtung optischer und elektro-optischer Sensoren gegen

gepulste Laserstrahlung werden passive Schutzfilter auf Basis

von Nanopartikeln entwickelt (siehe Abbildung 4), die breit-

bandig vom visuellen bis in den nahen infraroten Spektral-

bereich einsetzbar sind. Ihre Schutzwirkung entfalten sie als

sogenannte Opferelemente, die im Zwischenfokus einer

Optik platziert werden. Bei Nanosekunden-Laserpulsen ist

die Dämpfung so hoch, dass die Restenergie nur noch leicht

oberhalb der Zerstörschwelle des Auges oder des optischen

Sensors liegt.

Die Einführung dieser Härtungsmaßnahme wäre höchst

sinnvoll, da sie die Laserbedrohung effizient reduziert und

insbesondere dem menschlichen Auge sehr viel mehr

Sicherheit bietet.

Abb. 3: Demonstration des IOSB-Blendschutzkonzepts gegen Dauerstrich-Laserstrahlung: a) ohne Blendung, b) Blendung aus 400 m Entfernung, c) Blendunterdrückung

Abb. 4: Filter mit breitbandiger spektraler Wirkung zum Schutz gegen Laserstrahlung beliebiger Wellenlänge

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Forschungsaktivitäten 2010

Unbemannte Fahrzeuge im Militärkonvoi

Dr. Walter Armbruster Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswer-tung IOSB, Ettlingen

walter.armbruster@ iosb.fraunhofer.de

Dr. Marcus HammerFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswer-tung IOSB, Ettlingen

marcus.hammer@ iosb.fraunhofer.de

Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik

und Bildauswertung IOSB bewertet Sensoren und ent-

wickelt Algorithmen zur Zielerkennung, Zielverfolgung,

und Navigation für autonome Systeme. Für den Einsatz

von unbemannten Fahrzeugen im Militärkonvoi wurde

untersucht, inwiefern die automa tische Verfolgung eines

Führungsfahrzeugs auch unter erschwerten urbanen Be-

dingungen (Verdeckungen, Abzweigungen, Gegenverkehr)

fehlerfrei durchgeführt werden kann.

Mit der Einführung von Laserradar-Sensoren hoher Datenrate

besteht die Möglichkeit, weitgehend autonome, unbemannte

Landfahrzeuge für militärische Anwendungen zu entwickeln

und einzusetzen. Fahrzeuggrundfähigkeiten der Wege- und

Hinderniserkennung, Fernerkundung, Überwachung, Bedro-

hungserkennung und Zielbekämpfung erfordern zuverlässige

Verfahren der automatischen Objekterkennung, die im militäri-

schen Einsatzbereich voraussichtlich nur unter Einbeziehung

von 3D-Laserdaten realisiert werden können.

Eine wichtige Grundfähigkeit ist die autonome Verfolgung

eines Leitobjekts, zum Beispiel eines Führungsfahrzeugs.

Militärische Anwendungen für diese Fähigkeit sind beispiels-

weise der Einsatz unbemannter Fahrzeuge innerhalb eines

Konvois, um die Gefährdung durch Anschläge zu reduzieren,

oder die Verwendung von Transport-Robotern zur Unterstüt-

zung des Infanteristen.

Bisher wurden für die automatische Zielverfolgung vor

allem 2D-Sensoren (IR, Video) verwendet. Bei strukturiertem

Hintergrund, partiellen Verdeckungen, Zielrotationen sowie

Abb. 1: Experimentalfahrzeug mit Laserscanner, Signalprozessor, Monitor Abb. 2: Eingewiesenes Führungsfahrzeug

26 27

veränderlicher Beleuchtung und Abschattung treten jedoch

häufig Zielverluste auf. Noch weniger zuverlässig ist die Ziel-

neueinweisung nach Totalverdeckung oder Sichtverlust.

Der Hauptvorteil von 3D-Sensoren, die jedem Bildpunkt eine

Entfernung zuordnen, besteht in der Möglichkeit, Hinter grund

und Vordergrund effektiv vom Ziel zu trennen, die 3D-Ziel-

position und Zielorientierung zu bestimmen und eine Zielklas-

sifizierung durchzuführen, die lediglich von der Zielgeometrie

und nicht von radiometrischen Variablen abhängt. Damit ist

sowohl eine fehlerfreie Zielverfolgung als auch eine zuver-

lässige Wiedererkennung des Ziels nach Total verdeckungen

realisierbar.

Zum Nachweis dieser Fähigkeiten wurde ein scannendes

Laserradar auf einem Mercedes Sprinter aufgebaut und im

Stadtverkehr eingesetzt (Abbildung 1). Mit 65 kHz ist die

Datenerfassungsrate des Laserradars im Vergleich z. B. zum

Velodyne HDL-64E relativ gering, die Reichweite jedoch

um das zehnfache höher. Zu prüfen war die Echtzeitfähigkeit

und Zuverlässigkeit von Laserradar-Auswerteverfahren zur

Zielverfolgung und Re-Identifizierung. Fragen der autonomen

Fahrzeugsteuerung wurden zunächst ausgeklammert; das

Experimentalfahrzeug wurde manuell gesteuert.

Ein Monitor im Fahrzeugrack visualisiert die Laserradardaten

sowie die Track-Ergebnisse. Die Zieleinweisung zu Beginn

der Fahrt erfolgt durch Markierung eines auf dem Zielfahrzeug

liegenden Bildpunktes des aktuellen Entfernungsbildes (Abbil-

dung 2). Aus dem Entfernungsbild wird ein 3D-Modell des

Führungsfahrzeugs automatisch erstellt. Dieses wird verwen-

det, um das Führungsfahrzeug von anderen Fahrzeugen zu

unterscheiden und nach Sichtverlust wiederzuerkennen.

Ein genaues Navigationssystem war nicht erforderlich.

Eingesetzt wurden echtzeitfähige Verfahren, welche die

Sensor-Eigenbewegung aus den Sensordaten ableiten.

Sämtliche Testfahrten mit verschiedenen Führungsfahr-

zeugen erfolgten ohne Trackverlust. Typische Trackprobleme

wie Verwechslungsmöglichkeiten mit ähnlichen Objekten,

partielle Verdeckungen, Zielrotationen und Änderungen der

Zielumgebung, die unter Verwendung von passiven Sensor-

daten oft zu einem Trackverlust führen, wurden zu verlässig

bewältigt (Abbildung 3). Die automatische Neuein weisung

nach Sichtverlust ist fehlerfrei, vorausgesetzt die Ober-

flächen geometrie des Führungsfahrzeugs ist bis auf die

Laserentfernungsgenauigkeit von anderen Fahrzeugen im

Suchbereich unterscheidbar.

Weder die 3D-Datenauswertung noch die Fahrzeugsteuerung

bereiten grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Entwicklung

unbemannter Fahrzeuge; das Nadelöhr liegt vielmehr bei

der Laserradar-Technologie, insbesondere der Entwicklung

kompakter augensicherer Matrix-Laser mittlerer Reichweite.

Eine Förderung dieser Technologie würde auch die Entwick-

lung unbemannter Fahrzeuge sprunghaft beschleunigen.

Abb. 3: Zielverfolgungsteilsequenz mit Zielverwechslungsmöglichkeiten, partiellen Verdeckungen, Zielrotation, Sichtverlust und automatischer Neueinweisung

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Forschungsaktivitäten 2010

Bispektrale InAs/GaSb Übergitterdetektoren für Wärmebildgeräte der 3. Generation

Dr. Martin Walther Fraunhofer-Institut fürAngewandte Festkörperphysik,Freiburg

[email protected]

Dr. Robert RehmFraunhofer-Institut fürAngewandte Festkörperphysik,Freiburg

[email protected]

Abwehrraketen sind eine ernste Gefahr für militärische

Luftfahrzeuge. Die Erkennung der Gefährdung zu einem

frühen Zeitpunkt ist Voraussetzung für den effektiven

Schutz im Einsatz und für die erfolgreiche Missionsdurch-

führung. Ein neuer bispektraler Infrarotdetektor für

die Detektion von Raketen ist die Schlüsselkomponente

für das Selbstschutzsystem im neuen europäischen

Transportflugzeug A-400M.

Die Entwicklung von Infrarot-Detektoren der dritten Gene-

ration für die simultane Erfassung von IR-Strahlung in

unterschiedlichen Wellenlängenbereichen hat eine enorme

Verbesserung der Leistungsfähigkeit moderner Raketen-

warnysteme bewirkt. Diesen Technologiesprung kann man

mit dem Übergang von Schwarzweiß- zu Farbkameras im

sichtbaren Spektralbereich vergleichen.

Die Erkennung von Raketen in einem frühen Stadium ist

entscheidend für den Schutz der Soldaten im Einsatz.

Die Abgasfahne einer Rakete weist im mittleren infraroten

Spektralbereich (MWIR, 3–5 µm) eine Signatur auf, die

durch die charakteristische Absorptionslinie von CO2 ver-

ursacht wird. Die zuverlässige Flugkörperdetektion wird

erstmals mit einem zweifarbigen InAs/GaSb Übergitter-IR-

Detektor ermöglicht, der am Fraunhofer-Institut für Ange-

wandte Festkörperphysik IAF in Kooperation mit AIM

Infrarot-Module GmbH und Cassidian entwickelt wurde.

Ein Kanal des Zweifarben-Detektors weist die Strahlung im

3–4 µm Spektralbereich nach, der zweite Kanal detektiert

Abb. 1: Atmosphärische Transmission als Funktion der Wellenlänge und Plancksche Schwarzkörperstrahlung für Objekte mit Temperatu-ren zwischen 300 K (rote Linie) and 6000 K (gelbe Linie)

Abb. 2: Vollständig prozessierte bispektrale InAs/GaSb Übergitter-Bildfeldmatrizen mit 288 x 384 Detektorelementen auf 3’’ GaSb-Substraten

28 29

Photonen mit Wellenlängen von 4–5 µm, welcher die CO2-

Signatur enthält. Der Vergleich der gemessenen Intensitäten

in den beiden Spektralbereichen ermöglicht es, heißes CO2

von breitbandig strahlenden Objekten mit sehr geringer

Falschalarmrate zu unterscheiden.

Im Vergleich mit bestehenden Warnsensoren im Ultraviolett-

bereich haben zweifarbige MWIR-Detektoren auf Grund

der hohen Transparenz der Atmosphäre und des hohen Photo-

nenflusses von heißen Gasen in diesem Spektralbereich den

Vorteil, dass Bedrohungen auf viel größere Distanzen zu er-

ken nen sind. Dadurch wird die Gefahr zu einem sehr frühen

Zeitpunkt erkannt und der Zeitraum für geeignete Gegenmaß-

nahmen maximiert. Abbildung 1 zeigt die Transmission der

Atmosphäre als Funktion der Wellenlänge sowie die Schwarz-

körperstrahlung für verschiedene Temperaturen.

Der neue Warnsensor nutzt Quanteneffekte in Übergitter-

strukturen, die aus mehreren hundert, nur jeweils wenige

Atomlagen dicken InAs/GaSb Schichtpaaren bestehen und

auf großflächigen 3’’-GaSb Substraten abgeschieden werden.

Der Wellenlängenbereich des Detektors kann über die Vari a-

tion der Schichtdicken eingestellt werden. Mit diesem neuar-

tigen Materialsystem können zweifarbige MWIR-Detektoren

für die zeitlich und räumlich koinzidente Detektion von IR-

Strahlung hergestellt werden.

Die erste bispektrale Übergitterkamera wurde im Jahr 2005

von Fraunhofer IAF und AIM Infrarot-Module GmbH zum

Nachweis der Machbarkeit vorgestellt. Seit dieser Zeit wurde

ein hoher Aufwand zur Entwicklung eines einsatzfähigen

Systems betrieben sowie eine zuverlässige Prozesstechnologie

für die Produktion von Kleinserien entwickelt. Komplett

prozessierte Wafer, auf denen sich jeweils elf Bildfeld matrizen

mit 288 x 384 Bildpunkten befinden, sind in Abbildung 2

dargestellt. Abbildung 3 zeigt die rasterelektronenmikrosko pi-

sche Aufnahme von Detektorelementen in der Bildfeldmatrix

mit einem Rastermaß von 40 µm.

Die Panoramaaufnahme eines Industriekomplexes, aufge-

nommen mit einer bispektralen 288 x 384 MWIR-Wärme-

bildkamera, ist in Abbildung 4 gezeigt. Das Bild zeigt die

Über lagerung der beiden Kanäle in Komplementärfarben.

Breitbandig strahlende Gegenstände mit ähnlichen Strahlungs-

intensitäten in beiden Spektralbereichen erscheinen grau,

Objekte mit höherem Photonenfluss in einem der beiden

Kanäle erscheinen in cyan (3–4 µm) bzw. in rot (4 –5 µm).

Die CO2-Abgasfahne der Industrieanlage ist im IR-Bild gut

zu erkennen und kann leicht von den hellen Sonnenreflexen

benachbarter Gebäude unterschieden werden, die in weiß

erscheinen.

Der InAs/GaSb Übergitterdetektor ist die Kernkomponente

des Raketenwarnsensors im Selbstschutzsystem des neuen

europäischen Truppentransporters A-400M. Die erstmalige

Verwendung eines IR-Detektors der dritten Generation in

einem europäischen Beschaffungsprogramm stellt einen

bedeutenden Meilenstein für die herausragende nationale

Kompetenz in der Infrarottechnologie dar.

Abb. 3: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einzelner Detektorelemente einer 288 x 384 Bildfeldmatrix für die gleichzeitige Detektion von Infrarotstrahlung in zwei ver-schiedenen Wellenlängenbereichen

Abb. 4: Panoramaaufnahme eines Industriekomplexes, aufgenommen mit einer bispektralen 288 x 384 MWIR-Wärmebildkamera nach Überlagerung der beiden Spektralkanäle in Komplementärfarben

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Forschungsaktivitäten 2010

Charakterisierung des Detonationsverhaltens und der Nachreaktion blastgesteigerter Sprengladungen

Dipl.-Phys. Armin KeßlerFraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen

[email protected]

Dipl.-Phys. Thomas Fischer Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen

[email protected]

Dr.-Ing. Peter GerberFraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen

[email protected]

Die Eigenschaftscharakterisierung von Sprengladungen

mit gesteigerter Blastwirkung erfordert insbesondere

bei der Aufklärung der Wirkmechanismen in der Nach-

reaktionsphase den Einsatz von speziell angepassten

Messmethoden. Am Fraunhofer-Institut für Chemische

Technologie ICT werden dazu neben Standardtechniken

der Druck- und Blastmessung eine Vielzahl von optischen

und spektroskopischen Methoden angewendet.

Blastgesteigerte Sprengladungen ermöglichen Wirkladungen

mit angepasstem Wirk- und Leistungsspektrum. Durch die

Wahl geeigneter Komponenten kann nach der Detonation vor-

handener Brennstoff sowohl anaerob als auch zusätzlich mit

Luftsauerstoff oxidiert und somit Druck und Temperatur des

Systems erhöht werden. Zur gezielten Änderung des Eigen-

schaftsspektrums sind dabei die Kenntnis der entsprechenden

Einflussgrößen (Inhaltsstoffe, Umgebungsbedingungen,

Ladungsaufbau und -größe etc.) und die Aufklärung der Wirk-

mechanismen nötig. Im Gegensatz zu High Explosive (HE)

Sprengladungen führen blastgesteigerte Ladungen nicht nur

zu einer kurzzeitigen Spitzendruckbelastung, sondern zu einem

über einen längeren Zeitraum anstehenden Überdruck und

höheren Temperaturen.

Die grundlegende Charakterisierung der Sprengladungen

erfolgt dabei am Fraunhofer ICT in einem geschlossenen

Sprengbunker mit 45 m3 Volumen, die Standardladungsgröße

beträgt hierbei 2 kg. Druck und Temperatur werden in Ab-

hängigkeit von der Zeit bestimmt. Die Temperaturerfassung

erfolgt mittels Thermoelementen und spektroskopischen

Abb. 1: High-Speed-Kameraaufnahme der Umsetzung einer Sprengladung mit blastgesteigerter Wirkung im Freifeld

Abb. 2: Zu Abbildung 1 zugehörige BOS-Visualisierung von Stoßwelle, Blast, am Boden reflektierter Stoßwelle und Nachreaktionszone

30 31

Messungen. Diese emissionsspektroskopischen Untersuchun-

gen mit 1.000 Spektren pro Sekunde ermöglichen über die

Auswertung des Signals der Wasserbanden die Bestimmung

der Temperatur im Bereich der Nachreaktionszone. Zusätzlich

kann über die Auswertung der Strahlungsemission die Bunker-

wandtemperatur bestimmt werden. Detailuntersuchungen wer-

den dabei mit am Fraunhofer ICT entwickelten Spektrometern

mit bis zu 28.000 Spektren pro Sekunde durchgeführt.

Des weiteren konnten Korrelationen der Phänomene im

zeitlichen Verlauf der Druckkurven und der Spektren (u.a.

simultane Oszillationen im Drucksignal bzw. den Spektren-

intensitäten) ermittelt werden. Es zeigen sich Druck- und

Temperaturanstiege und z. T. Reaktionen noch 500 Milli-

sekunden nach Initiierung der Detonation. Es wurden im

Sprengbunker für mehrere Formulierungen statische Über-

drücke im Bereich 4 bar und Wandtemperaturen größer

1100 °C ermittelt. Messungen der Detonationsgeschwindig-

keit, Plate Dent Untersuchungen, Gasanalysen etc. ergänzen

die Untersuchungen. Dabei werden sowohl vom Fraunhofer

ICT wie auch von der Industrie hergestellte Sprengladungen

charakterisiert.

Im Freifeld werden die Druck- und Blastmessungen bei

gleicher Standardladungsgröße ebenfalls durch emissions-

spektroskopische Messungen begleitet. Über eine Para bol-

optik können dabei Spektren aus dem Bereich der Nachreak-

tionszone mit definiertem Field-of-View aus über 50 Meter

Entfernung erfasst werden. Dies ermöglicht auch im Freifeld

die berührungsfreie Ermittlung der Temperatur im Bereich der

Reaktionszone. High-Speed-Thermographie im IR-Bereich

und High-Speed-Kameraaufnahmen ergänzen die Methode.

Als besonders informationsreich erwies sich die Anwendung

der BOS-Methode (Background Oriented Schlieren). Mit ihr

kann eine berührungsfreie Stoßwellenerfassung aus sicherer

Distanz ermöglicht werden und auch die Blastausbreitung

(inkl. Partikelgeschwindigkeiten) erfasst werden.

Mit Hilfe der verschiedenen Messungen konnten Einflusspara-

meter für die Wirkung ermittelt und auf dieser Basis Ladungen

mit angepasster Leistung hergestellt werden. Dabei zeigen

sich signifikante Unterschiede in den Leistungseigenschaften

im Sprengbunker bzw. Freifeld, so dass je nach Einsatzzweck

zur Optimierung der Wirkung unterschiedliche Kriterien

herangezogen werden müssen.

Abb. 3: Im Sprengbunker gemessener maximaler Druck für die Standard formulierungen TNT und PBX N-109, sowie die am Fraunhofer ICT entworfene aluminiumbasierte Formulierung EBX 26 und aluminiumfreie Formulierung EBX 47

Abb. 4: In Freifeld-Versuchen mit spektroskopischen Methoden ermit telte Temperaturen im Bereich der Reaktionszone für zwei unterschiedliche Formulierungen (rot: mit Al, blau: ohne Al), dargestellt sind jeweils fünf Versuche pro Formulierung; bei 10 Milli sekunden Passage der am Boden reflektierten Stoßwelle

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Forschungsaktivitäten 2010

Ein HPM-Detektionssystem für mobilen und stationären Einsatz

Dipl.-Ing. Christian AdamiFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen

[email protected]

Dr. Hans-Ulrich SchmidtFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen

[email protected]

Dipl.-Phys. Christian BraunFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen

christian.braun@ int.fraunhofer.de

Dr. Michael SuhrkeFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen

michael.suhrke@ int.fraunhofer.de

Die zunehmende Bedrohung durch Hochleistungsmikro-

wellen (HPM) führt auch zu einer wachsenden Bedeutung

von Detektionsmöglichkeiten elektromagnetischer Felder

hoher Feldstärke. Das Fraunhofer-Institut für Naturwissen-

schaftlich-Technische Trendanalysen INT führt dazu ei ge-

ne Untersuchungen zur HPM-Detektion durch. Es wurde

ein Demonstrator eines HPM-Detektionssystems zum mo-

bilen und stationären Einsatz entwickelt.

Die Möglichkeit der Bedrohung elektronischer Geräte und

Systeme durch Hochleistungsmikrowellen (HPM) hat inzwi-

schen einen technischen Stand erreicht, der es ermöglicht,

handelsübliche moderne Elektronik, wie sie auch im mili-

tärischen Bereich eingesetzt wird, über kleinere bis mittlere

Entfernungen außer Betrieb zu setzen. In letzter Zeit haben

insbesondere Nahbereichsanwendungen zu Erfolgen geführt,

so dass es mit handkoffergroßen Geräten möglich ist, auf

mehrere zehn bis hin zu einigen hundert Metern mikro-

prozessor- oder computergesteuerte Elektronik zumindest

zeitweise ausfallen zu lassen. Da es bisher keine ausreichen-

den Detektions- und Warnsysteme zum Nachweis dieser

Bedrohung gibt, ist es Angreifern sehr leicht möglich, HPM-

Wirksysteme vor Ort unentdeckt auf Wirksamkeit zu testen.

Störungen und Ausfälle an eigenen Systemen können aus

diesem Grund nicht mit elektromagnetischen Einwirkungen

in Verbindung gebracht werden. Es ist daher sehr wichtig,

kritische Geräte und Anlagen gegenüber diesen Bedrohungen

zu überwachen und Möglichkeiten zur Suche und Identi-

fizierung von Quellen elektromagnetischer Bedrohungen

vorzuhalten.

Abb. 1: Demonstrator Gesamtsystem Abb. 2: Hochfrequenzteil mit logarithmischem Verstärker-/ Detektormodul, Eingangsdämpfungsgliedern, PIN-Diodenbegrenzer und Stromversorgungsfilter im abgeschirmten Gehäuse

32 33

Ziel der Arbeiten war es, ein HPM-Detektionssystem zu

konzipieren und in einem Demonstrator aufzubauen, welcher

über die derzeit verfügbaren einfachen Warngeräte hinaus

die Möglichkeit bietet, eine Reihe von Impulsparametern zu

messen und anzuzeigen. Hierzu zählen die Impulsamplitude,

die daraus berechnete Bedrohungsfeldstärke, die Impulsbreite,

die Impulswiederholfrequenz bzw. bei niedriger Wiederhol-

rate die Anzahl der Impulse. So ist es möglich, verschiedenste

Signaltypen von Dauerstrichaussendungen über schmal bandige

HPM-Pulse und gedämpfte Sinusschwingungen bis zu ultra-

breitbandigen UWB-Signalen zu detektieren und zu unter-

scheiden. In einer späteren Phase sollen dann auch weitere

Charakteristika wie die Richtung der Aussendung und eine

grobe Frequenzbereichsdiskriminierung bestimmt werden.

Aus eigenen Arbeiten und Erfahrungen sowie aus der Lite ra-

tur wurden Möglichkeiten der Detektion von HPM-Signalen

hoher Feldstärke zusammengestellt und hinsichtlich ihrer

Tauglichkeit bewertet. Wenn ein Detektionssystem über die

Meldung eines Signals mit Bedrohungsfeldstärke hinaus

auch zur Überwachung eines gewissen Gebietes oder zur

Identifizierung und Suche von HPM-Quellen eingesetzt

werden soll, ist eine große Messdynamik nötig, die mittels

logarithmischer Verstärker-/Detektormodule erreicht werden

kann. Damit lassen sich eine Messdynamik von bis zu 60 dB

und Bandbreiten bis zu 8 GHz realisieren.

Insgesamt besteht das Konzept aus einer polarisations-

unabhängigen Breitbandantenne, die einen bestimmten

Raumwinkel mit konstanter Empfindlichkeit abdeckt, dem

logarith mischen Verstärker-/Detektormodul in einem

Abschirmgehäuse hoher HF-Dichtigkeit mit entsprechender

Eingangsbeschaltung zum Eigenschutz, einer Signalverar-

beitung mit einem rechnergesteuerten Mehrkanaloszilloskop

sowie einem Rechner mit GPIB-Interface und der notwen-

digen Auswerte- und Darstellungssoftware.

Das System kann außer über Netz- bzw. Bordnetzstrom-

versorgung auch mit internen Batterien betrieben werden und

so flexibel an jedem Ort aufgestellt werden, ohne auf externe

Stromversorgung angewiesen zu sein.

Das HPM-Detektionssystem kann so beispielsweise zum

Schutz von Konvois oder auch als feste Installation zum

Feldlagerschutz eingesetzt werden. Es ergänzt damit die

nötigen Abschirm- und Schutzmaßnahmen bzw. das Härten

der Systeme gegen Hochleistungsmikrowellen.

Abb. 3: Richtdiagramm der Spiralantenne des Gesamtsystems bei f = 2 GHz

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Forschungsaktivitäten 2010

Änderungsdetektion mit raumgestützten SAR-Systemen

Timo KempfDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen

[email protected]

Prof. Dr. Helmut SüßDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen

[email protected]

Dr. Markus PeichlDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen

[email protected]

Raumgestützte hochauflösende Radarsysteme mit synthe-

tischer Apertur (SAR-Systeme) ermöglichen zuverlässige,

globale Aufklärung weitestgehend unabhängig von Wetter

und Tageszeit. Ein effizientes Werkzeug zur Detektion und

Erkennung auch von mobilen Objekten insbesondere in

urbaner Umgebung ist die Änderungsdetektion mit Hilfe

von multitemporalen Aufnahmen einer Szene aus dem

gleichen Aspektwinkel.

TerraSAR-X erlaubt die Aufnahme von Radarbildern bis

zu einer räumlichen Auflösung von 1 m. Damit ist z.B. die

Detektion von Fahrzeugen möglich sowie auch eine die Kontur

wiedergebende Abbildung von Flugzeugen und Booten.

Inkohärente Änderungsdetektion bestimmt in zeitversetzten

Aufnahmen pixelweise Änderungen in der Amplitude der

Rückstreuquerschnitte. Nach geeigneter Koregistrierung wird

ein Differenzbild in Form eines RGB-Bildes erzeugt, das

unmittelbar darstell- und interpretierbar ist.

Voraussetzung für die Überlagerung multitemporaler

Aufnahmen sind annähernd gleiche Aspektwinkel der

Beo bachtungen. Bei der Radarbildgenerierung inhärente,

aspektwinkelabhängige Projektionseffekte und anisotro-

pes Streuverhalten führen bei Mehrfachaufnahmen mit

größeren Aspektwinkeldifferenzen bei der Änderungsdetek-

tion zu falschen Ergebnissen. TerraSAR-X bewegt sich

aber auf einem Integerorbit, auf dem nach 11 Tagen

wieder die exakt gleiche Position in Bezug auf die Szene

erreicht wird.

Abb. 1: Überlagerung von zwei TerraSAR-X-Aufnahmen des Frankfurter Flughafens, Zeitdifferenz: 11 Tage, blau: ältere Aufnahme, rot: jüngere Aufnahme

Abb. 4: Ausschnitt aus Abb. 2, Terminal, Zu- und Abgang parkender Flugzeuge erkennbar, unten links ist die Signatur eines Bewegtzieles im jüngeren Bild (rot) auszumachen

Abb. 2: Ausschnitt aus Abb. 1, Baustelle am Bahnhof und das Terminal. Zu- und Abgang der Flugzeuge ist deutlich erkennbar

Abb. 5: TerraSAR-X-Einzelaufnahme von Berlin, Ausschnitt Westhafen

Abb. 3: Ausschnitt aus Abb. 2, Baustelle am Bahnhof, Änderungen in der Ausrichtung der Kranausleger sind erkennbar

Abb. 6: RGB-Bild aus zwei TerraSAR-X-Einzel-aufnahmen der Abb. 5 (Zeitdifferenz: 22 Tage), Ausschnitt Westhafen, mittig in der linken Bildhälfte ist die durch Dopplerversatz nach links verschobene Signatur eines auf dem Kanal fahrenden Schiffes (rot) zu erkennen

34 35

In Abbildung 1 sind zwei TerraSAR-X-Aufnahmen überlagert.

Das jüngere Bild ist im roten Kanal, das ältere im blauen ab-

gelegt. Orte mit wenigen Änderungen ergeben eine braune

Färbung. Dort wo neue Objekte erscheinen dominiert rot und

dort wo Objekte verschwanden blau. Leichte Rot- oder

Blautönungen deuten auf Änderungen der Vegetation, Feuch-

tigkeitsunterschiede oder agrarwirtschafliche Aktivitäten hin.

Baustellen zeichnen sich durch ein reges Gemisch von rot

und blau aus.

Es wurde eine quasiperspektivische Ansicht gewählt,

wobei der Sensor die Szene von „hinten oben“ beleuchtet.

Objekte mit einer Höhenausdehnung ragen daher nach oben.

Gebäuderückwände sind sichtbar, Vorderwände liegen

scheinbar transparent im Schatten. Das Mehrfachbild in

der RGB-Darstellung zeichnet sich neben der Kennzeichnung

von Änderungen durch die für einen Bildauswerter prakti-

kablere Segmentierung aus.

Abbildung 2 zeigt gut erkennbar eine Baustelle am Bahnhof

und das Terminal. Bereiche von Aktivität und Inaktivität

lassen sich unterscheiden. Abbildung 3 zeigt nun die Kräne

der Baustelle und die Ausrichtung ihrer Ausleger.

In Abbildung 4 sind die Konturen von am Terminal parkenden

Flugzeugen durch die Farbkodierung von den umstehenden

Gebäudestrukturen unterscheidbar, was auch eine Typen-

bestimmung und zeitliche Zuordnung erleichtert. Hier ist auch

die typische für Bewegtzieldetektion verwertbare Signatur

eines sich bewegenden Objektes zu sehen, welches durch die

Dopplerverschiebung jenseits seiner eigentlichen Position

abgebildet wird.

In einem Einzelbild (Abbildung 5) ist die visuelle Segmentie-

rung urbaner Strukturen sehr anspruchsvoll, mobile Objekte

sind schwer vom künstlichen Hintergrund zu unterscheiden.

Im farbkodierten Mehrfachbild der gleichen Szene in Abbil-

dung 6 ist eine leichter zu interpretierende Segmentierung

möglich. Bewuchsflächen sind deutlicher von Gebäuden zu

unterscheiden. Bewegte Objekte wie Züge, Boote und Fahr-

zeuge sind direkt durch die eindeutige Farbzugehörigkeit

wahrzunehmen. Auch hebt sich hier das durch die bewegungs-

abhängige Dopplerverschiebung versetzte Schiff auf dem Fluss

in der linken Bildhälfte vom urbanen Hintergrund ab.

Multitemporale SAR-Aufnahmen sind ein mächtiges

Werkzeug für die visuelle Detektion einzelner Objekte und

den Infor mationsgewinns über Form, Größe, Kontext und

zeitlichem Verhalten. Sie können zu einer erheblichen

Unterstützung der Zieldetektion und -erkennung beitragen,

speziell in komplexer Umgebung wie z. B. urbanen Gebieten

mit hoher Dichte an künstlichen Strukturen.

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Forschungsaktivitäten 2010

Fortschrittliche Flugkörper-Technologien

Dr.-Ing. Henning RosemannDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig

[email protected]

Luftverteidigung hat aktuell eine hohe politische Bedeu-

tung. Das „Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt

e.V.“ (DLR) untersucht neue Technologien für Lenk flug-

körper in fünf fachlich unterschiedlichen Instituten.

Es erschließt dort neue Bereiche interdisziplinärer wehr-

wissenschaftlicher Forschung, um für Amt und Industrie

seine Beratungsfähigkeit zur Beurteilung zukünftiger

Flugkörpersysteme auszubauen.

Den steigenden Anforderungen an Flugkörper ist nur

durch fortlaufende Entwicklungen, Nutzbarmachung und

Anwendung innovativer Technologien zu begegnen.

Das DLR fokussiert seine grundfinanzierten Arbeiten zu

Flugkörpern in dem Projekt „Fortschrittliche Flugkörper-

Technologien“. Die Institute für Aerodynamik und Strömungs-

technik (IAS) in Braunschweig, Göttingen bzw. Köln, für

Bauweisen- und Konstruktionsforschung (BK) in Stuttgart,

für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme (IHR) in Ober-

pfaffenhofen, für Raumfahrtantriebe (RA) in Lampoldshausen

sowie das Institut für Werkstoff-Forschung (WF) in Köln

tragen mit ihren Fachkompetenzen zu den verschiedenen

Themenstellungen am Flugkörper bei, um über die Verbesse-

rung von Einzelkomponenten hinaus auch interdisziplinäre

Wechselwirkungen erfassen und bewerten zu können.

Dazu wurden drei Leitkonfigurationen entworfen, die mit

ihren unterschiedlichen Missionen unterschiedliche Heraus-

forderungen an die eingesetzten Technologien stellen. Für

Untersuchungen zu raketengetriebenen Kurzstrecken-Luft/

Luft- oder -Boden/Luft-Flugkörpern wurden experimentelle

Abb. 1: Zuordnung von Themen zum Flugkörper Abb. 2: DLR-Leitflugkörper für Technologiestudien

36 37

Versuchseinrichtungen aufgebaut, die die Simulation von

Separationsvorgängen und Manöverflug im Windkanal er-

lauben. Neben der Charakterisierung der aerodynamischen

Eigenschaften dienen die Ergebnisse der Weiterentwicklung

und Validierung von CFD-Verfahren (computational fluid

dynamics) für eine verbesserte Vorhersagegenauigkeit im

Entwurf.

Gelförmige Treibstoffe weisen verschiedene Vorteile in der

Handhabung auf und ermöglichen eine bessere Regelung des

Antriebes und von Querschubdüsen. Zur Optimierung der

Treibstoffe sowie der Prozessführung wurden Untersuchungen

in dem ebenfalls neu erstellten Gel-Technologiedemonstrator

durchgeführt. Dazu war auch der Aufbau einer Einrichtung

zur Herstellung der Gele erforderlich. Für Schubkammern,

Querschubdüsen, Strahlruder und Steuerflächen werden

faserkeramische Bauteile mit verbesserten Standzeiten bei

reduziertem Gewicht entwickelt.

Für die zweite Leitkonfiguration, einen Flugkörper mittlerer

Reichweite mit luftatmendem Triebwerk, ist der Lufteinlauf

von zentraler Bedeutung. Unterschiedliche Einlaufkonfi gu ratio-

nen wurden im Windkanal hinsichtlich ihrer aerodynamischen

Güte untersucht. Einen flexibleren Einsatzbereich weisen

regelbare Einläufe mit einem an den jeweiligen Betriebspunkt

angepassten Luftmassenstrom auf, die z. Zt. ausgelegt und

im Windkanal getestet werden.

Die dritte Leitkonfiguration, ein Flugkörper zur Abwehr von

ballistischen Raketen, ist durch ihre hohe Fluggeschwindig-

keit von etwa Mach 5 gekennzeichnet. Faserkeramische Mate-

rialien für die thermisch hochbelasteten Bauteile sowie neue

konstruktive Lösungen – z. B. zur Integration von Domen aus

Keramik in die metallische Flugkörperzelle – werden erarbei-

tet und konnten teilweise ihre Funktionalität im Windkanal

schon nachweisen. Zur Kühlung der im Flugkörper integrierten

elektronischen Bauteile der Sensorik werden unterschiedliche

Konzepte untersucht. Änderungen im Ausbreitungsverhalten

der Mikrowellen durch die Domwand sowie Auswirkungen

von Regen, Schnee, Hagel und Sand auf die Zielerfassung

wurden numerisch abgeschätzt und im Windkanalversuch

unter realistischen aerothermischen Belastungen überprüft.

Weiterhin werden experimentelle und numerische Analysen

aerothermodynamischer Lasten an den Flugkörperkompo-

nenten bei hohen Machzahlen, insbesondere in Gebieten der

Wechselwirkung von Verdichtungsstößen, durchgeführt.

Neuartige Steuerungsverfahren, Querschubsteuerung mittels

Heiß- und Kaltgas und Maßnahmen zur Widerstandsreduktion

wurden ebenfalls im Windkanal und numerisch hinsichtlich

ihrer Einsatzmöglichkeiten und Wirksamkeit charakterisiert.

Mit der Bearbeitung dieser interdisziplinären Fragestellungen

zielt das DLR auf den langfristigen Auf- und Ausbau seiner

Kompetenz und Beratungsfähigkeit bei der Beurteilung zukünf-

tiger Flugkörpersysteme für Amt und Industrie.

Abb. 3: Untersuchung eines Flugkörpers mit luftatmendem Antrieb im Überschall-Windkanal

Abb. 4: Klebung eines Doms aus Keramik an eine Metallstruktur

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Forschungsaktivitäten 2010

Hochagile UAV-Technologien für unbemannte Flugzeuge

Andreas SchütteDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig

[email protected]

Dr. Andreas-René HübnerDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig

[email protected]

Im Rahmen eines internen DLR-Projektes wird eine

numerische und experimentelle Verfahrensweise zur Ent-

wicklung und Beurteilung von Technologien für un be-

mannte Kampfflugzeuge entwickelt. Schwerpunkte des

Projektes sind die Identifikation relevanter Tech nologien

sowie die Bereitstellung numerischer und experimenteller

Verfahren für den Entwurf eines unbe mannten Kampf-

flugzeuges.

Die nächste Generation militärischer Kampfflugzeugkonfigu-

rationen werden vermutlich nicht nur bemannte Konfiguratio-

nen sein. Unbemannte hochagile UAV werden in sogenannte

Future Combat Air Systems (FCAS) eingebunden sein.

Neben den damit verbundenen Herausforderungen unbemannter

Systeme in Bezug auf autonomes Fliegen und das unbemannte

Fliegen im Verbund mit anderen bemannten Systemen im

kontrollierten Luftraum, stellt die Entwicklung der Plattform

selbst höchste Anforderungen an eine Reihe von luftfahrt-

technischen Disziplinen. Diese Anforderungen unterscheiden

sich zum Teil wesentlich von denen konventioneller Konfigu-

rationen. Das DLR hat sich im Rahmen von wehrtechnischen

Projekten die Aufgabe gestellt, einen Beitrag zum Entwurf,

der Analyse und Bewertung der Flugeigenschaf ten und Flug-

leistungen von hochagilen UAV und ihren Komponenten

zu leisten.

Im DLR-Projekt UCAV-2010 liegt ein Schwerpunkt hierbei in

der Weiterentwicklung und Validierung von multidisziplinären

Verfahren zur Simulation der Aerodynamik und des struktur-

dynamischen Verhaltens von Nurflügelkonfigurationen mit

Abb. 1: Experimentelle Untersuchungen der DLR-F17 Konfiguration im DNW-NWB

Abb. 2: Numerische Simulation des Strömungsfeldes um die DLR-F17 Konfiguration

38 39

einem Vorderkantenpfeilwinkel im Bereich von 45°– 60°.

Die Herausforderung besteht im Auffinden eines Kompro-

misses zwischen einer hohen Agilität und einer langen Flug-

zeit. Bisherige und zukünftige hochagile UAV werden aus

diesem Grunde Deltaflügel-Konfigurationen mit mittlerem

Pfeilwinkel und einem ausreichenden Streckungsverhältnis

sein. Die Aerodynamik solcher Konfigurationen ist in weiten

Anstellwinkelbereichen durch ein nichtlineares, wirbel-

dominiertes Strömungsfeld bestimmt. Das aerodynamische

Verhalten wird weiterhin durch instationäre Effekte, wie

Wirbel-Wirbel-Interaktionen als auch Wirbelaufplatzen

beeinflusst. Dieses führt dazu, dass die Aerodynamik in

weiten Bereichen der Flugenvelope nur mit Hilfe von höher-

wertigen CFD-Verfahren vorhergesagt werden kann.

Auch die Stabilität und Steuerbarkeit wird hierdurch beein-

flusst, da herkömmliche lineare Vorhersageverfahren nicht

mehr ausreichend sind. Schlussendlich kommen die Ergebnisse

im Projekt UCAV-2010 auch der Analyse und Bewertung

sowie der Kampfwertsteigerung bestehender, bereits operie-

render Konfigurationen zu gute.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt in dem Entwurf von ange-

passten Triebwerkskonzepten, dem Entwurf von Einlauf- und

Düsengeometrien sowie alternativen Steuerkonzepten.

Zwei wesentliche Technologien, die sich für derartige Konfi-

gurationen entwurfskritisch darstellen, sind die Radar- und

Infrarot-Signaturen, da sie einen wesentlichen Einfluss auf die

konfigurative Formgebung, die Oberflächenbeschaffenheit

sowie auf die Geometrie des Einlaufs und der Düse nehmen.

Herkömmliche Steuerkonzepte mit entsprechend dimensio-

nierten Steuerflächen können einen guten radarsignaturarmen

Entwurf massiv verschlechtern. Das gleiche gilt für die

Temperatursignatur des Fluggerätes. Aus diesem Grunde

ist es von entscheidender Bedeutung, schon auf Vorentwurfs-

ebene sämtliche Entwurfsparameter zu berücksichtigen.

Weiterhin sind aufgrund der konfigurativen Unterschiede zu

konventionellen Flugzeugen neuartige, leichte, hochbelastbare

Faserverbund-Strukturkonzepte und -Bauweisen zu entwickeln.

Der Grund hierfür liegt im Grundriss einer Nurflügelkonfi-

guration als auch im begrenzten Bauraum, da zugunsten einer

signaturarmen Bauweise sämtliche Systeme innerhalb der

Geometrie integriert werden müssen.

Im Rahmen von UCAV-2010 ist es gelungen, die Vorentwurfs-

verfahren in einer multidisziplinären Simulationsumgebung

für hochagile UAV weiterzuentwickeln. Es wurden umfang-

reiche experimentelle Untersuchungen zum Verständnis der

Strömungsphysik und des aerodynamischen Verhaltens solcher

Fluggeräte durchgeführt sowie der Validierungsprozess der

CFD-Verfahren vorangetrieben. Grundlegende Untersuchungen

zu alternativen Steuerkonzepten und zur Einlaufaerodynamik

ergänzen das Aufgabenspektrum des Projektes.

Abb. 3: Fortschrittliches Faserverbund-Struk tur konzept für eine UCAV Konfiguration

Abb. 4: Berechnung der Radarsignatur mit dem DLR-SIGMA Code

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Forschungsaktivitäten 2010

Aktive Steuerung für Hubschrauber im operationellen Einsatz

Prof. Dr.-Ing. Stefan LevedagDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig

[email protected]

Dipl.-Ing. Mario Müllhäuser Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig

[email protected]

Dr.-Ing. Wolfgang von GrünhagenDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig

[email protected]

Dipl.-Ing. Robin LantzschDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig

[email protected]

Assistenz-Systeme sollen dem Piloten helfen, effizienter

und sicherer zu fliegen und die 24h-Einsatzfähigkeit bei

jedem Wetter zu ermöglichen. Dabei kommen Flugrege-

lungs- und Sichtsysteme zum Einsatz. Dieser zweidimen-

sionale Ansatz wird um eine dritte Dimension in Form

von taktiler Unterstützung durch aktive Steuerorgane

erweitert, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren und die

Sicherheit zu erhöhen.

Im laufenden Forschungsprojekt ALLFlight (Assisted Low

Level Flight and Landing on Unprepared Landing Sites) wird

ein Piloten-Assistenz-System entwickelt, welches das intuitive

Fliegen eines bemannten Hubschraubers ermöglicht. Es unter-

stützt den Piloten vom Start bis zur Landung auf unvorberei-

teten Landeplätzen, im Tiefflug in der Hinderniskulisse, bei Tag,

bei Nacht und bei schlechten Sichtverhältnissen. Ein Flug-

regelungssystem stellt unterschiedliche Steuergesetze bereit,

wie die Stabilisierung von Drehraten (RC), Lagen (AC) oder

Geschwindigkeiten (TRC). So wird die Steuerungsaufgabe

für den Piloten erleichtert, wenn eine Situation ein höheres

Maß an Aufmerksamkeit erfordert, etwa bei der Flugplanung

oder in Kampfsituationen.

Zur Verbesserung der visuellen Information wurde eine Reihe

von Sensoren am Fliegenden Helikopter Simulator (FHS)

angebracht, wie Laser- und Radarsensoren und eine Infrarot-

kamera. Die Daten aus diesen Sensoren werden mit einer

Gelände-Datenbank fusioniert. Auf der Basis dieses so aktua-

lisierten 3D-Modells der Außenwelt generiert ein Planungs-

tool gekrümmte Flugbahnen in Raum und Zeit, auf denen

Abb. 1: ALLFlight 3D-Ansatz: Reglerunterstützung (control augmentation), Display-Optimierung (display sophistication) und haptisches Feedback

Abb. 2: Fliegender Helikopter Simulator (FHS) und Sensorpaket: Laser- und Radarsensoren und Infrarotkamera am Sensorträger unter der Hubschrauberzelle

Abb. 4: Sidestick (Stirling Dynamics) als Steuerorgan für die rechte Hand für zyklische Steuerung im fliegenden FHS

40 41

der Hubschrauber halb- oder vollautomatisch geführt wird.

Die Bahnen können auch auf dem Head-Mounted-Display an-

gezeigt werden, welches in den Hubschrauber integriert wird.

Zur Erfüllung der Mission benutzt der Pilot klassischerweise

seine visuelle und vestibuläre Wahrnehmung. Als dritter

Informationskanal wird die Haptik des Piloten mittels aktiver

Sidesticks genutzt. Dies führt zu Redundanz und zu einer

Verringerung der Informationsdichte im visuellen Kanal.

Damit soll die Arbeitsbelastung reduziert und gleichzeitig das

Situationsbewusstsein erhöht werden. Der aktive Sidestick

besitzt Elektromotoren zur Erzeugung der Kräfte, die der

Pilot wahrnimmt. Dadurch wird eine breite Palette von zusätz-

lichen taktilen Unterstützungsfunktionen möglich.

Die drei wichtigsten Themen aus den laufenden Aktivitäten

sind:

>> Anpassung der Steuerkraftcharakteristik (Flight Control

Mechanical Characteristics, FCMC) an das aktuelle

Steuergesetz des Flugreglers,

>> Warnen vor System-Überlastungsgrenzen – z. B. Engine

Torque, Mast Moment – oder gefährlichen Flugzuständen

– z. B. Vortex Ring State – durch Gegenkräfte (Tactile

Cueing),

>> Führen auf einer vorgegebenen Flugbahn (Haptic Flight-

director) oder Manöverunterstützung (Haptic Flight

Guidance) durch Führungskräfte oder Kraftschranken.

Im Rahmen des deutsch-amerikanischen MOU zu Helicop-

ter Aeromechanics Task X (Handling Qualities for Active

Controlled Rotorcraft) wird die Interaktion zwischen den

Steuerkraft-Eigenschaften und den Flugeigenschaften unter-

sucht. Dieser komplementäre Forschungsansatz nutzt den

FHS mit seinen aktiven Sidesticks auf der deutschen Seite

und den RASCAL Forschungshubschrauber mit seinen

aktiven Steuerorganen in klassischer Ausführung auf der

US-Seite. Das gemeinsame Ziel ist die Entwicklung von

Kriterien für das Standardwerk der Hubschrauber-Flug-

eigenschaftsanalyse ADS-33. Damit werden Leitlinien für

Drehflügler mit aktiven Steuerorganen bereitgestellt.

Im Jahr 2010 wurden Kampagnen zur Systemdemonstration

bei Eurocopter Deutschland und auf dem Flugplatz der Heeres-

fliegerwaffenschule Bückeburg geflogen. Das Programm war

einer früheren Demonstration bei der WTD 61 in Manching

ähnlich, ergänzt um die Demonstration des operativen Nutzens

der aktiven Sidesticks.

Abb. 3: Sidestick (Liebherr Aerospace) als Steuerorgan für die linke Hand: Kollektiv und optional auch Ersatz für die Pedale

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Forschungsaktivitäten 2010

Mobiles Operations-Modul mit telemedizinischer Unterstützung

Dr. rer. medic. Dipl.-Ing. Thomas WeberDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln

[email protected]

Darius Kornetka Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln

[email protected]

Timo FrettDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln

[email protected]

Das DLR Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin

arbeitet an der Entwicklung eines mobilen Operations-

Moduls (OP-Modul), dessen Mobilität wichtige Beiträge

für die sanitätsdienstliche Versor gung im Einsatz leisten

soll. Es gilt, die Anforderungen aller Transportmöglich-

keiten der Einsatzstandorte und -umgebungen zu analy-

sieren und optimiert in einem Realisierungskonzept

umzusetzen.

Einsätze im Ausland stellen den Sanitätsdienst der Bundeswehr

vor besondere Aufgaben. Ziel des Primär auftrags des Sani-

täts dienstes ist es, den Soldaten eine medizinische Versorgung

zuteil werden zu lassen, die im Ergebnis dem fachlichen Stan-

dard in Deutschland entspricht.

Grundlegende Veränderungen in der internationalen Krisen-

und Konfliktbewältigung erfordern einen zunehmend höheren

Anteil an kleinen und schnell einsetzbaren Kontingenten.

Zur optimierten Versorgung der Einheiten vor Ort arbeitet das

DLR an einem OP-Modul, welches leicht zu transportieren

ist und am Einsatzort umgehend genutzt werden kann.

Dieses OP-Modul soll durch die Möglichkeit zu notfall-

chirurgischen Versorgungsmaßnahmen vor Ort, gekoppelt

mit der telemedizinischen Unterstützung von Experten des

Sanitätsdienstes, eine Erweiterung der Rettungskette, auch

bei Medical Evacuation Einsätzen (MEDEVAC), weltweit

darstellen.

Es wird somit eine schnelle Einsatzfähigkeit bei maximaler

Mobilität auf dem Luft-, Wasser- und Landweg gefordert.

Abb. 1: Airbus A-310 MRT (Multi-Role Transporter) Abb. 2: Innenansicht des Airbus A-310 MRT in der Ausführung MEDEVAC

Abb. 4: Telemedizin im zukünftigen OP-Modul

42 43

Die Herausforderung besteht dabei in der Gestaltung einer

effizienten Arbeitsumgebung, die mit den Transportmedien in

Einklang gebracht werden muss. Um diesen Anforderungen

genügen zu können, ist eine gründ liche Analyse der technischen,

medizinischen und logistischen Anforderungen notwendig.

Aufgrund ihres großen Raumangebotes und ihrer speziellen

logistischen und taktischen Fähigkeiten werden besonders

die Flugzeugmuster Airbus A-310 MRT und Transall C-160

betrachtet. Neben dem Einsatz als MEDEVAC kann der

Airbus A-310 MRT unter anderem auch als reiner Truppen-

transporter oder, in der Combi-Version, zum Transport von

Passagieren und Fracht eingesetzt werden.

Das OP-Modul ist in ein Vorbereitungs-, OP- und Material-

segment aufgeteilt. Um die operative wie auch postoperative

Infektrate auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wird durch

effiziente Möglichkeiten der Oberflächendesinfektion und

Reduktion der Luftkeimkonzentration eine medizinisch sterile

Umgebung erreicht. Eine strikte Trennung zwischen Rein-

und Unreinbereich ist gegeben.

Alle benötigten Medizingeräte und Materialien werden

auf Rollwagen in das OP-Segment befördert. Bildgebende

Verfahren, wie z. B. Endoskopie, Sonografie oder Röntgen,

sollen mittels mobiler Geräte überall verfügbar sein. Das

medizinische Equipment muss höchsten Anforderungen für

die Intensivmedizin gerecht werden.

Auf der Basis einer Marktanalyse werden zunächst geeignete

Medizingeräte ausgesucht. Die Anbindung von telemedizini-

schen Funktionselementen mittels geeigneter Medienanschlüs-

se ist eine elementare Komponente des mobilen OP-Moduls.

Das medizinische Personal wird durch telemedizinische

Verfahren unterstützt, die in jedem Segment des OP-Moduls

durch Informations- und Kommunikationselemente vorhanden

sind. Die telemedizinische Anbindung soll den orts- und

zeitunabhängigen Zugang zu Expertenwissen jederzeit er-

möglichen und einen Datenaustausch sowie Videokonferenzen

gewährleisten. Ein Anwendungsfeld ist beispielsweise die

Einholung einer zweiten Meinung. Die Nutzung telemedizini-

scher Verfahren hängt von den Bandbreiten und der Satelliten-

verfügbarkeit am Einsatzort ab.

In Zukunft ist es vorgesehen, das Konzept für die mittleren

Transporthubschrauber CH-53 und NH-90 sowie den Airbus

A-400M anzupassen. Eine weitere Schlüsselrolle bildet die

Vereinbarkeit des OP-Moduls mit der konzeptionellen Grund-

vorstellung „Die See als Basis für streitkräftegemeinsame

Operationen“ (KGv Basis See).

Abb. 3: Innenraum der Transall C-160 MEDEVAC

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Forschungsaktivitäten 2010

Scheibenlasertechnologie für Lasereffektoren/Laserwaffen

Dipl.-Phys. Jochen SpeiserDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik, Stuttgart

[email protected]

Eine wesentliche Schutzkomponente für Streitkräfte

werden in der Zukunft Lasereffektoren großer Reichweite

sein. Sie sind besonders geeignet, schnell bewegte Objekte

– z. B. Mörsergranaten oder Raketen – zu bekämpfen.

Am Institut für Technische Physik (ITP) des DLR werden

hierzu auf Basis der Scheibenlasertechnologie Untersuchun-

gen und Entwicklungen für Wirklaser der 100 kW-Klasse

durchgeführt.

Strahlquellen für Lasereffektoren großer Reichweite müssen,

je nach Einsatzszenario, spezifische Anforderungen erfüllen:

geeignete Wellenlänge, optimale Fokussierbarkeit, Kompakt-

heit und hohe Effizienz. Diodengepumpte Festkörperlaser

– insbesondere Slab-Laser, Faserlaser und Scheibenlaser –

gelten nach heutigem Stand der Technik als die hierfür am

besten geeigneten Strahlquellen. Kommerziell verfügbare

Festkörperlaser erreichen allerdings weder die erforderliche

Leistung noch die erforderliche Strahlqualität. Am Institut

für Technische Physik werden daher Untersuchungen zur

Leistungsskalierung des Scheibenlasers bei hoher Strahl-

qualität durchgeführt.

Der Scheibenlaser vereint Leistungsskalierbarkeit mit

exzel lenter Brillanz und hoher Effizienz. Das laseraktive

Medium besteht bei diesem Design aus einer sehr dünnen

Kristallscheibe mit einer Dicke von wenigen 100 μm (teil-

weise sogar unter 100 μm) und einem Durchmesser von

einigen Millimetern bis wenigen Zentimetern. Diese Scheibe

wird von einer Seite gekühlt und wird als aktiver Spiegel

im Laserresonator eingesetzt. Die höchst effiziente Wärme-

Abb. 1: Scheibenlaser: Kopplung von vier Scheiben in einem Resonator nach dem Konzept der neutralen Gainmodule (NGM), Laserleitung 3 kW, M² < 6

Abb. 2: Typische Scheibe aus Yb: YAG, aufgelötet und rondiert. Geeignet für verschiedene Laser bis ~ 1 kW Ausgangsleistung

44 45

abfuhr durch die Scheibenrückseite erlaubt einerseits sehr

hohe Pumpleistungsdichten, andererseits wird aufgrund der

Kollinearität von Laseremission und Temperaturgradient inner-

halb der Scheibe die thermische Linsenwirkung minimiert.

Eine Steigerung der Ausgangsleistung kann idealerweise

durch Vergrößern der aktiven Fläche bei konstanter Flächen-

leistungsdichte erzielt werden. Damit bleiben sowohl die

Temperaturen und die thermische Linse als auch die erforder-

liche Brillanz der Pumpdioden konstant.

Industrielle Scheibenlaser sind heute mit bis zu 16 kW Dauer-

strichleistung erhältlich. Diese Laser arbeiten typischerweise

im Multi-Mode-Betrieb mit M² > 20. Mit einem speziell ent-

wickelten Resonatordesign und dem Einsatz von adaptiven

Optiken im Resonator konnte bereits eine deutliche Ver besse-

rung der Strahlqualität demonstriert werden. Eine weitere

Steigerung der Strahl qualität und der Laserleistung wird mit

derzeit durchgeführten eigenen Entwicklungen der Scheiben-

kontaktierung und des Pumpdesigns erreicht werden.

Die hervorragenden Skalierungseigenschaften des Scheiben-

lasers können derzeit allerdings aufgrund der Limitierungen

kommerziell verfügbarer System-Komponenten nicht voll

ausgeschöpft werden. Eine elegante Lösung ist die Verwendung

eines Oszillator-Verstärkerkonzepts (MOPA), bei dem ein

Multi-kW-Scheibenlaseroszillator mit hoher Strahlqualität

durch eine Kette von Hochleistungs-Scheibenlaserverstärkern

nachverstärkt wird.

Simulationen zeigen, dass so bereits mit einigen Verstärker-

modulen, wie sie in derzeitigen kommerziellen Scheibenlasern

verwendet werden, 30 kW Laserleistung erzielt werden können.

Durch leichte Modifikationen im Scheiben- und Pumpdesign

sowie einigen weiteren nachfolgenden Verstärkermodulen

sind Leistungen über 50 kW mit hoher Strahlqualität möglich.

Bei einer Skalierung eines solchen Systems sind – mit derzeit

realisierbaren Komponenten – Laserleistungen von 200 kW

und mehr erreichbar.

Am Institut für Technische Physik werden neben der Entwick-

lung von Wirklasern auch die aktiven optischen Komponenten

zur Strahlformung und -führung von Lasereffektoren ent-

wickelt, auch zur Kompensation atmosphärischer Störungen.

Mit der Laserfreistrahlstrecke am Standort Lampoldshausen

verfügt das Institut darüber hinaus über eine Testeinrichtung,

die hervorragend geeignet ist, um Propagation und Wirkung

von Hochleistungs-Laserstrahlung zu untersuchen.

Abb. 3: Pumpmodul für Scheibenlaser mit modifiziertem Design

Abb. 4: Beeinflussung der Strahlqualität mit einer einfachen resonatorinternen adaptiven Optik, links: gemessene Strahlprofile, rechts: Ergebnisse von Simulationsrechnungen

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Forschungsaktivitäten 2010

Lasergestützte Stand-off Detektion von CBE-Gefahrstoffen

Dr. Frank DuschekDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart

[email protected]

Dr. Carsten PargmannDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart

[email protected]

Dr. Jürgen HandkeDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart

[email protected]

Die lasergestützte Stand-off Detektion bietet vielver-

sprechende Möglichkeiten, um chemische, biologische

und explosive (CBE) Substanzen frühzeitig detektieren

und identifizieren zu können. Durch eine diskrete und

zuverlässige Gefahrstoffdetektion aus großer Entfernung

lassen sich im Ernstfall rechtzeitig Gegenmaßnahmen

einleiten und die Gefahren für die Einsatzkräfte und die

Bevölkerung verringern.

Das Szenario von CBE-Kampfstoffen in den Händen instabiler

Staaten sowie terroristischer Organisationen wird zunehmend

aktueller und birgt ein nicht kalkulierbares Gefahrenpotenzial

sowohl für Streitkräfte bei ihrem Einsatz in Krisengebieten

als auch für die Zivilbevölkerung. Nur durch frühzeitige

Iden tifi kation dieser Substanzen aus sicherer Distanz können

rechtzeitig adäquate Maßnahmen für den Schutz von Menschen -

leben eingeleitet werden.

Heute schon verfügbare Detektionsmethoden, wie z. B. Bio-

chips und Chromatografie, benötigen häufig direkten Kontakt

mit dem Gefahrstoff. Diese Einschränkung erschwert eine

frühzeitige Erkennung und ist für die Soldaten bzw. Ersthelfer

nicht ohne Gefahren durchführbar. Berührungslose Detektions-

möglichkeiten, wie die Terahertz-Spektroskopie, eignen sich

für Entfernungen im Meterbereich und finden ihren Einsatz an

Portalsystemen in Flughäfen. Die passive Infrarotspektrometrie

ist auch auf größere Distanzen für C-Detektion anwendbar,

jedoch ist sie stark von Umgebungsbedingungen abhängig.

Abb. 1: Stand-off Detektionsexperiment auf der Freistrahlstrecke in Lampoldshausen

Abb. 2: Schema zur lasergestützten Stand-off Detektion mittels LIF (Laser-induzierte Fluoreszenz)

46 47

Lasergestützte Detektionsmethoden nutzen unterschiedliche

Wechselwirkungsmechanismen (Streuung, Absorption und

Emission) zwischen elektromagnetischer Strahlung und Mate-

rie aus. Sie erlauben eine diskrete und schnelle Klassifikation

von Substanzen in Entfernungen bis in den Kilometerbereich.

Das zu untersuchende Gebiet oder Objekt wird mit Laserlicht

gescannt. Zurück gestreutes Licht wird mit einem Teleskop

gesammelt und bezüglich seiner Intensität, Polarisation und

spektralen Verteilung untersucht. Die Ergebnisse erlauben die

Detektion und Identifikation eines möglichen Gefahrstoffs.

Dabei kann eine große Anzahl von CBE-Substanzen in unter-

schiedlichen Zustandsformen über weite Entfernungen erfasst

werden.

Reale Anwendungen eines lasergestützten Diagnostikver-

fahrens finden ihren Einsatz im Freien. Bei diesem Szenario

ist der Einfluss der Atmosphäre zu beachten. Dieser betrifft

die Transmission des Laserlichts sowie Störungen durch

den veränderlichen Strahlungshintergrund, Witterungsbe-

dingungen, Staub bzw. gefahrstoffähnliche Spurenstoffe.

Weitere Anforderungen entstehen, wenn das Detektions-

system an belebten Orten und damit im augensicheren

Wellenlängenbereich betrieben werden muss. Dieser liegt

intensitätsabhängig im Ultravioletten unterhalb von 400 nm

und im Infraroten oberhalb von 1400 nm. Zukünftig einge -

setzte Lasersysteme müssen sich diesen Gegebenheiten

anpassen. Eine Kernkompetenz des Instituts für Technische

Physik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt

(DLR) liegt in der Entwicklung solcher wellenlängenspezi-

fischer Lasersysteme.

Für die Entwicklung und Validierung aussichtsreicher Verfah-

ren zur Stand-off Detektion unter realen Umweltbedingungen

steht in Lampoldshausen eine Laser-Freistrahlstrecke zur

Verfügung. Sie ist an den aktuellsten Richtlinien zur Laser-

sicherheit orientiert und mit moderner Messinfrastruktur für

Laseranwendungen ausgestattet. Tests an relevanten Gefahr-

stoffen bzw. Simulanten werden durchgeführt, um die Detek-

tionsgrenzen ausgewählter Messmethoden unter reali stischen

Bedingungen zu ermitteln. Ziel ist die Ent wicklung eines

Detektions- und Identifikationsverfahrens für CBE- Gefahr-

stoffe als Baustein für ein einsatzfähiges, szenario gerechtes

Komplettsystem für den schnellen und effektiven Einsatz

im Krisenfall. Integriert in eine statio näre oder mobile Platt-

form wird es eine wesentliche Kom ponente für den Schutz

sowohl der Streitkräfte im Auslandseinsatz als auch der

Zivilbevölkerung darstellen.

Abb. 3: Wellenlängenabhängige Transmission der Atmosphäre Abb. 4: Zulässige Energie für augensichere Strahlung (Pulsdauer: 6 ns, Repetitionsrate: 100 Hz, Strahldurchmesser: 50 mm)

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Forschungsaktivitäten 2010

ARCADIS – ein System zur Detektion verdächtiger Gegenstände entlang regelmäßig befahrener Strecken

Armin SchneiderDeutsch-FranzösischesForschungsinstitut, Saint-Louis

[email protected]

Dr. David MonninDeutsch-FranzösischesForschungsinstitut, Saint-Louis

[email protected]

Seit mehr als 50 Jahren arbeitet das Deutsch-Französische

Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) als bi-nationales Insti-

tut im Bereich der wehrtechnischen Grundlagenforschung.

Im Hinblick auf die aktuellen Auslandseinsätze der Bundes-

wehr wurde ein System zur Detektion von Bildänderungen

entwickelt, das es erlaubt, Fahrzeuginsassen frühzeitig

vor möglichen Gefahren entlang regelmäßig befahrener

Strecken zu warnen.

IED (Improvised Explosive Devices) stellen eine erhebliche

Bedrohung dar, insbesondere für die International Security

Assistance Force (ISAF) in Afghanistan, aber auch für die

dortige Bevölkerung. Im Zeitraum von Januar 2004 bis Dezem-

ber 2009 wurden in Afghanistan mehr als 7.500 Anschläge

mit IED verübt, wobei mindestens 11.600 Menschen verletzt

wurden (davon 4.700 Zivilisten), über 5.400 Menschen wur-

den getötet (davon 2.100 Zivilisten). Die Herstellung von IED

ist leider relativ einfach, da die dafür benötigten Mate rialien

oft leicht verfügbar sind. Hinzu kommt, dass eine IED leicht

als harmloser Gegenstand getarnt werden kann. Das Spektrum

reicht von einem Sprengsatz, versteckt in einem Rucksack

oder einer Einkaufstüte, bis zu einer Autobombe oder einem

Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürtel. Eine automatische

Detektion dieser Bedrohung ist daher praktisch ausgeschlossen.

Neben öffentlichen Einrichtungen in urbanem Umfeld sind

insbesondere regelmäßig benutzte Straßen und Transportwege,

beispielsweise zwischen einem Feldlager und einem Flugplatz,

typische Ziele von Anschlägen mit IED. Eine vollständige

Überwachung über eine längere Strecke ist nur schwer zu

realisieren.

Abb. 1: Route Clearance – Aufnahme der Referenzbilder Abb. 2: Normaler Einsatz – Detektion von Änderungen

48 49

Das ISL entwickelt derzeit ein kostengünstiges System

(ARCADIS), bestehend aus einer digitalen Videokamera,

einem GPS-Empfänger sowie einem elektronischen Kompass,

welches Änderungen entlang einer regelmäßig befahrenen

Strecke erkennen und einem Beobachter in einem Fahrzeug

darstellen kann. Dazu wird eine Folge von Referenzbildern

(blaue Rechtecke in Abbildung 1) entlang der zu befahrenden

Strecke aufgenommen, wobei gleichzeitig sichergestellt

werden muss, dass keine versteckten Sprengsätze vorhanden

sind (route clearance). Hierzu kann das System auf einem

speziellen Messfahrzeug installiert werden, dessen Einsatz

allerdings zeitaufwändig und teuer ist. Die Bilder enthalten

als Meta-Information sowohl die jeweiligen GPS-Koordinaten

als auch den Blickwinkel der Kamera. Für regelmäßige

Einsätze wird das System auf einem beliebigen militärischen

Fahrzeug installiert. Während der Fahrt werden ebenfalls Bilder

aufgenommen (rote Rechtecke in Abbildung 2), und mit Hilfe

der GPS-Koordinaten wird in Echtzeit das zum jeweils aktu-

ellen Bild korrespondierende Referenzbild gesucht.

Da nicht sichergestellt werden kann, dass die Bilder jeweils

mit dem gleichen Blickwinkel an derselben Koordinate aufge-

nommen werden, müssen die aktuellen Bilder mit Hilfe von

Bildregistrierungs-Algorithmen zunächst entsprechend trans-

formiert werden. Hierzu wird eine Homographie bestimmt,

die es erlaubt, das aktuelle Bild in das Koordinatensystem des

jeweiligen Referenzbildes zu transformieren. Anschließend

werden dem Beobachter auf einem Bildschirm abwechselnd

ein Bild aus der Referenzsequenz und ein transformiertes

aktuelles Bild dargestellt (Abbildung 3). Eventuell vorhandene

Änderungen werden auf diese Weise als blinkende Objekte

dargestellt und können somit leicht detektiert werden.

Selbst vor eventuell vergrabenen Gegenständen kann gewarnt

werden, auch wenn die Spuren völlig verwischt wurden, da

sich auf jeden Fall Änderungen der Oberfläche ergeben, die

durch die abwechselnde Darstellung eines Referenzbildes und

des aktuellen Bildes deutlich hervorgehoben werden.

Das ARCADIS-System wird in enger Zusammenarbeit mit

den Einsatzkräften entwickelt, und seine Funktionalität wurde

auf mehreren Messkampagnen (u. a. NATO SCI 193) unter

realen Bedingungen nachgewiesen. Auf der EUROSATORY

2010 wurde das System mit der Unterstützung der Section

Technique de l‘Armée de Terre (STAT) erstmals bei den

Outdoor Live Demonstrations offiziell einem größeren Pub-

li kum erfolgreich vorgestellt (Abbildung 4).

Die Technologie wird derzeit zusammen mit der Industrie

weiterentwickelt, mit dem Ziel, sie möglichst schnell den

Einsatzkräften im Ausland zur Verfügung zu stellen.

Abb. 3: Prinzip der Visualisierung Abb. 4: ARCADIS-System auf einem VBL der STAT (EUROSATORY 2010)

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Forschungsaktivitäten 2010

Wie viele UAV sind zu viele? Erkennen von Überforderung des UAV-Führers

Dipl.-Ing. Diana DonathUniversität der Bundeswehr München,Institut für Flugsysteme

[email protected]

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Axel SchulteUniversität der Bundeswehr München,Institut für Flugsysteme

[email protected]

In militärischen Szenarien ist der Einsatz von UAV selbst-

verständlich. Zur Steigerung der Effizienz werden künftig

mehr UAV durch weniger Personal geführt. Doch wie viele

UAV kann ein Mensch gleichzeitig führen? Wann ist er

überfordert, und wie kann dies frühzeitig erkannt werden?

Das Institut für Flugsysteme forscht an der automatischen

Registrierung von Überforderung zur Verbesserung von

Assistenzsystemen.

Assistenzsysteme unterstützen den Bediener bei der Durch-

führung seiner Aufgaben, etwa bei der Führung von militäri-

schen UAV. Hierbei sollen sie, nach Auffassung der Forscher

des Instituts für Flugsysteme, als Team gemeinsam mit dem

Operateur an der erfolgreichen Durchführung der Mission

arbeiten. Effektive Teamarbeit zeichnet sich u. a. dadurch aus,

dass im Team erkannt wird, ob einzelne Partner überfordert

sind und daraufhin Maßnahmen zur Kompensation ergriffen

werden. Über diese bisher ausschließlich menschliche Fähig-

keit sollen künftig auch maschinelle Systeme verfügen.

Wie aber kann ein Assistenzsystem solche Überforderungs-

situationen erkennen? Verschiedene bekannte Ansätze zur

Bestimmung der subjektiven Beanspruchung verwenden u. a.

Leistungsparameter (z. B. Reaktionszeit, Fehlerrate) oder

psycho-physiologische Messmethoden (z. B. EEG, Pupillen-

weite), um so Indikatoren für Überforderung zu gewinnen.

Ein Mensch hingegen, etwa in der Rolle als Fluglehrer oder

Kopilot, erkennt intuitiv und ohne aufwändige Messeinrich-

tungen, wann sein Partner überfordert ist. Hierfür reicht die

Abb. 1: Das Grundkonzept des adaptiven Assistenzsystems (rechts im Bild) besteht darin, anhand von Modellvorstellungen über beobachtete Verhaltensweisen des menschlichen Operateurs auf Überforderung zu schließen und geeignete Unterstützung anzubieten

Abb. 2: Der Forschungsflugsimulator des Instituts für Flugsysteme mit den Arbeitsplätzen des UAV-Operateurs (links mit Kamerabildern der UAV) und des Piloten (rechts) dient der Entwicklung und Erpro-bung innovativer Konzepte zur UAV-Flug- und Missionsführung und adaptiver Operateurassistenz

50 51

Beobachtung des Verhaltens in spezifischen Aufgabensitua-

tionen aus. Als Domänenexperte und durch Beobachtung des

Teammitglieds generiert er sich dazu vorab unbewusst Modelle

für typische, individuelle Verhaltensweisen des Partners und

identifiziert anhand von Verhaltensänderungen Indikatoren

für eine Überforderung. Durch solche Beobachtungen ist es

möglich, frühzeitig unterstützend einzugreifen, bevor es zu

Leistungseinbrüchen oder gravierenden Fehlern kommt.

Um einem Assistenzsystem künftig solche Verhaltensmodelle

zur Verfügung stellen zu können, laufen am Institut für Flug-

systeme umfangreiche Experimente mit Piloten der Heeres-

fliegertruppe. Hierzu werden im Forschungsflugsimulator

MUM-T Missionen durchgeführt, d. h. es werden mehrere

UAV als abgesetzte Sensorträger vom Kommandanten des be-

mannten Hubschraubers gesteuert. Während der simulierten

Missionen werden die visuellen und manuellen Interaktionen

der Piloten mit den technischen Einrichtungen des UAV-Opera-

teurarbeitsplatzes erfasst, d. h. es werden Blickfixationen zur

Informationsaufnahme und Bedienoperationen aufgezeich-

net. Im Experiment wird gezielt die Belastung durch in die

Mission eingebettete Zusatzaufgaben (Bedrohungsortung,

Missionsumplanung) sowie durch die Erhöhung der Anzahl

der zu führen den UAV gesteigert. Beobachtet wird hingegen

das Verhalten bei der Durchführung einer spezifischen, wieder-

kehrenden Teilaufgabe (Identifikation von Objekten bei der

Routenaufklärung).

Trotz dieser massiven Steigerung der Aufgabenlast kann

dennoch keine deutliche Erhöhung der subjektiv empfundenen

Beanspruchung der Versuchspersonen registriert werden.

Die Ergebnisse des hierzu verwendeten Fragebogenverfahrens

(NASA Task Load Index) lassen kaum einen Rückschluss

auf Überforderung zu. Stattdessen reagieren Operateure

mit entsprechenden Verhaltensänderungen, ohne dass ihnen

dies immer bewusst wäre, jedoch mit dem Resultat, dass

die subjektive Beanspruchung nicht über gewisse tolerable

Grenzen hinaus wächst. Die Anpassungen des Verhaltens

der Versuchspersonen in der beobachteten Objektidentifi-

kationsaufgabe sind im Einzelnen

1. die ungenauere Durchführung der eigentlichen Identi-

fikation im Sensorbild durch nicht mehr hinreichende

Ausschnittsvergrößerung,

2. das fehlende Übertragen der Identifikationsergebnisse

in das System, wodurch einige Bedienschritte gespart

werden,

3. das vollständige Weglassen der Objektidentifikation

über ganze Missionsphasen und

4. das ausschließliche Nutzen nur eines der zur Verfügung

stehenden UAV zur Routenaufklärung.

Die so identifizierten selbstadaptiven Strategien und die

im Rahmen der Experimente erprobten Methoden zur Inter-

aktionsmessung stellen die Grundlage für die Generierung

von Verhaltensmodellen durch maschinelle Lernverfahren

für künftige adaptive Assistenzsysteme dar.

Abb. 3: Der Arbeitsplatz des UAV-Operateurs und Hubschrauberkom-mandanten mit den Multifunktionsanzeigen zum UAV-Missionsmanage-ment und zur Sensordatenbeobachtung ist mit einer Anlage zur be-rührungslosen Blickbewegungsmessung ausgerüstet (oben im Bild)

Abb. 4: Die Multifunktionsanzeige zur Objekterkennung bei der Routenaufklärung wird für den Experimentator zur Versuchsüber-wachung mit den Messungen der Interaktionen der Versuchsperson überlagert (grün: Blickbewegungen, rot: manuelle Interaktionen)

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Forschungsaktivitäten 2010

Kompetenznetzwerk Performance Based Logistics (PBL): Wissensaustausch und Problemlösung bei der Implementierung international bewährter rüstungspolitischer Beschaffungskonzepte

Prof. Dr. Michael EßigUniversität der Bundeswehr München,Professur für Materialwirtschaft & Distribution

[email protected]

Dipl.-Kfm. Andreas GlasUniversität der Bundeswehr München, Forschungszentrum für Recht und Management öffentlicher Beschaffung

[email protected]

Performance Based Logistics (PBL) steht für eine innovative

Beschaffungsstrategie, welche international beeindruckende

Erfolge aufweist. Dem hohen Interesse von Wehrverwaltung,

Streitkräften und Industrie stehen spezifische Probleme,

u. a. des Vergaberechts gegenüber. Die Universität der Bun -

deswehr München moderiert ein Kompetenznetzwerk, um

Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben.

Neue Impulse für die Reform der Beschaffung der Bundeswehr

lieferte im Jahr 2010 nicht zuletzt die vom Bundesminister der

Verteidigung eingesetzte Strukturkommission, welche eine

konsequente Konzentration auf militärische Kernaufgaben und

das Outsourcing sonstiger Wertschöpfungsaktivitäten empfiehlt.

Dabei sollen innovative und international bewährte Konzepte

genutzt werden, um die Effizienz und Effektivität öffentlich-

privater Kooperationsformen zu steigern.

Angesichts von über 7.000 Soldaten im Einsatz, dem daraus

resultierenden dringenden Sofortbedarf und einer regulären

Beschaffung von mehr als 800.000 unterschiedlichen Versor-

gungsartikeln, ist dies eine Forderung, welche von beschaf-

fenden Stellen der Bundeswehr, aber auch von der Industrie

begrüßt wurde und auf hohes Interesse stieß. Bereits in 2008

wurden in Kooperation mit dem Bundesamt für Wehrtechnik

und Beschaffung (BWB) erste Projekte zu innovativen Be-

schaffungskonzepten im strategischen Einkauf und der prog-

nosebasierten Beschaffung durchgeführt. Gleichzeitig wurden

mit der wehrtechnischen Industrie innovative Vertragsmodelle

untersucht. Während bislang in erster Linie handelsübliche

Abb. 1: Bestandteile des PBL-Geschäftsmodells: Innovative Ansätze in Wertschöpfungsarchitektur, Entlohnung und Nutzengenerierung

Abb. 2: Anreize als Kernelement von PBL

52 53

Güter im Mittelpunkt standen, untersucht Performance

Based Logistics (PBL) den Einkauf und die Nutzung von

Rüstungsgütern. PBL befasst sich mit neuen Vertragsformen

bei komplexen Leistungen, z. B. dem gesamten Service-

management für ein Waffensystem inklusive Wartung, Repara-

tur, Ersatzteilversorgung und Dokumentation („Total Product

Support“). Ziel ist die Optimierung der Totalkosten über

den Lebenszyklus hinweg. Erfahrungen zeigten, dass über

70% der Kosten eines Waffensystems in After-Sales-Services

liegen. Bedenkt man die langen Nutzungszeiträume, z. B.

über 40 Jahre für das Transportflugzeug Transall, dann er-

kennt man die Kosten wirkung von Wartungs- und Reparatur-

leistungen.

PBL zielt aber nicht nur auf Kosteneinsparungen ab. Bei sehr

langen Lebenszyklen müssen die technisch anspruchsvollen

Systeme der Bundeswehr überholt und erneuert werden. Durch

eine enge Kooperation eines systembetreuenden Unternehmens

mit den Streitkräften und dem BWB zielt das Konzept auch

auf eine Effektivitäts steigerung ab.

Zentrale Hebel, um diese Ziele zu erreichen, sind die Bedarfs-

spezifikation mittels einer funktionalen Leistungsbeschreibung

(Performanceziele) und die Entlohnung des Auftragnehmers

anhand der Erfüllung dieser Zielvorgaben (Pay-per-Perfor-

mance). Anders als bei traditionellen Verfahren wird der

Industrie dadurch ein erweiterter Spielraum zugestanden,

welcher zu Optimierungsmaßnahmen genutzt werden kann.

Gleichzeitig wird die Industrie durch die Kopplung der Be-

zahlung an die Leistungsergebnisse an den Risiken beteiligt.

Die Gewinnmaximierungsabsicht der Unternehmen stellt

bei PBL die Triebfeder dar, welche durch die zielkongruente

Ausrichtung auf Performanceziele zu einer Optimierung der

öffentlich-privaten Kooperation führen soll.

Hierzu sind allerdings noch viele Fragen ungeklärt, so können

die im angelsächsischen Raum verwendeten Instrumente nicht

unverändert auf Deutschland übertragen werden. Dies liegt

an spezifischen rechtlichen, organisatorischen und industrie-

politischen Rahmenbedingungen, bspw. dem öffentlichen

Preisrecht.

Im Kompetenznetzwerk PBL arbeitet die Universität der

Bundeswehr München gemeinsam mit den Streitkräften, dem

BWB, g.e.b.b., wehrtechnischer Industrie und Industriever-

bänden an einer Konsolidierung der vorhandenen, häufig aber

noch verteilten Kompetenzen zu PBL und bündelt diese in

Form einer Wissensdatenbank und eines vertieften Wissens-

austausches. Es ist vorgesehen, die Wirtschaftlichkeit von

PBL gegenüber traditionellen Beschaffungsverfahren an einem

konkreten Projekt nachzuweisen. Die Durchführung eines

Pilotprojektes wird ebenfalls wissenschaftlich begleitet und

unterstützt.

Abb. 3: Kompetenznetzwerk PBL

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Forschungsaktivitäten 2010

Analyse der elektromagnetischen Empfindlichkeit komplexer Strukturen am Beispiel von Marinesystemen

Dipl.-Phys. Ronald RambouskyWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz, Munster

[email protected]

Dipl.-Ing. Jules KeghieHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik

[email protected]

Prof. Dr.-Ing. Stefan DickmannHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik

[email protected]

Dipl.-Ing. Benedikt ScheteligHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik

[email protected]

Die elektronischen Anlagen und vernetzten Einrichtun -

gen von modernen Marinesystemen müssen in jeder

Einsatzumgebung funktionssicher sein. Mit zunehmen-

den Einsätzen von Marineeinheiten in küstennahen

Gewässern sind diese aber einer steigenden Bedrohung

durch leistungs starke Mikrowellenquellen ausgesetzt.

Für einen effektiven Schutz ist eine methodische Analyse

der Kopplungsvorgänge notwendig.

Neben der Erfüllung der Anforderungen im Bereich der

klassischen Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)

müssen besonders militärische Systeme zusätzlich gegen

die Auswirkungen eines Nuklearen Elektromagnetischen

Impulses (NEMP) oder artverwandter transienter elektro mag-

netischer Störeinkopplungen hoher Leistung (Abbildung 1)

geschützt werden. Durch die zunehmende Verfügbarkeit

von Komponenten solcher nicht-nuklearen High-Power-

Electromagnetics (HPEM)-Quellen am freien Markt ist

mit einer wachsenden Bedrohung durch terroristische

Aktivitäten künftig zu rechnen.

In Zusammenarbeit zwischen dem Wehrwissenschaftlichen

Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) und der

Professur für Grundlagen der Elektrotechnik an der Helmut-

Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg

wird ein Forschungsvorhaben zur methodischen Analyse

der Verwundbarkeit von Marinesystemen durch transiente

elektromagnetische Felder hoher Leistung durchgeführt.

Hierzu wurde in einer ersten Phase die elektromagneti-

sche Umgebung in ausgesuchten Betriebsräumen einer

Abb. 1: Graphische Darstellung eines ultrabreitbandigen elektro-magnetischen Impulses in der Zeit- und Frequenzdarstellung

Abb. 2: Darstellung der unterschiedlichen Einkopplungspfade für transiente elektromagnetische Störfelder in die komplexe Struktur eines Teilausschnittes eines Schiffes

54 55

Fregatte F-123 erfasst und im Hinblick auf die Einkopplung

in elektrische Anlagen aufbereitet. Dazu wurden neben

Schirmdämpfungsmessungen auch numerische Feldberech-

nungsverfahren eingesetzt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen

wurde ein Analyseverfahren für komplexe elektromagnetische

Strukturen entwickelt, wie sie auf Schiffen vorzufinden sind.

Die Komplexität solcher Strukturen ist bedingt durch die

Übertragung elektromagnetischer Felder durch Aperturen,

Leitungen und Kabelbündel in die Vielzahl der metallischen

Räume eines Marinesystems (Abbildung 2).

Ein vielver sprechender Ansatz basiert auf der Kombination

messtechnischer und numerischer Methoden auf Grundlage

der Baum-Liu-Tesche (BLT) Gleichungen. Mit dieser Analyse-

methode wurde bereits ein Sub-System (Ruderfernsteuerung)

an Bord einer Fregatte F-123 untersucht. Mit den Ergebnissen

konnten erste Richtlinien zur Sicherstellung der elektro magne-

ti schen Störfestigkeit bei der Integration von COTS-Geräten

in Marinesysteme erarbeitet werden.

In der zur Zeit laufenden abschließenden Phase des

Forschungsvorhabens sollen die Erkenntnisse und Analyse-

methoden auf die Betrachtungsebene des Gesamtsystems

Schiff übertragen werden. Besonderes Augenmerk liegt

hier auf der Identifizierung von kritischen Koppelpfaden

durch Anwendung von Methoden der elektromagnetischen

Topologie (EMT). Dazu wird versucht, gekoppelte Mehr-

raumsysteme durch topologische Betrachtungen so zu ver-

einfachen, dass sich der Rechenaufwand für numerische

Simulationen signifikant reduziert, ohne die kritischen Bei-

träge zu vernachlässigen. Um die numerischen Simulationen

zu validieren, wurde ein metallisches Modell von Raum-

strukturen eines generischen Schiffes erstellt (Abbildung 3).

An diesem Modell können neben den gestrahlten Feld-

kopplungen auch die leitungsgebunden elektromagnetischen

Störungen untersucht werden. Diese haben eine besondere

Bedeutung, da sich elektrische Störungen leitungsgeführt bis

tief in das Innere eines Schiffes fortpflanzen können und dort

empfindliche elektronische Systeme stören bzw. zerstören

können. Da besonders auf Schiffen komplexe Kabelbündel

verbaut sind, werden im Rahmen dieser Arbeit auch topo-

logische Vereinfachungen für die numerische Simulation

von kabelgebundenen Störungen als wesentliches Element

bearbeitet.

Abbildung 4 zeigt die recht gute Übereinstimmung

zwischen numerischer Simulation eines eingekoppelten

Stromes in einen verlegten Kabelbaum und der realen

Messung am Modell.

Abb. 3: Modell des Teilausschnittes einer Schiffsstruktur „MS Generikum“ zur Messung von Kopplungseffekten bei Bestrahlung mit transienten elektromagnetischen Feldern in einer Absorberkammer

Abb. 4: Messung der Stromeinkopplung auf ein verlegtes Kabel im Modell „MS Generikum“ im Vergleich mit einer numerischen Feldsimulation über den Frequenzbereich 50 MHz bis 2,5 GHz

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Forschungsaktivitäten 2010

Klebtechnik – eine Zukunftstechnologie?

Prof. Dr. Jürgen von CzarneckiWehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe,Erding

[email protected]

Dr. Jens HoltmannspötterWehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe,Erding

[email protected]

Das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebs-

stoffe (WIWeB) führt im Rahmen seiner Verantwortung

für Technologie, Sicherheit und Zuverlässigkeit der Werk-

und Betriebsstoffe diverse Forschungsvorhaben durch.

Der Schwerpunkt „Klebtechnik und Reparaturverfahren“

spiegelt die steigende Bedeutung der Klebtechnik generell

sowie als leistungsfähiges Reparaturverfahren für den

Einsatz wider.

Das Fügeverfahren Kleben ist in praktisch allen Bereichen

der Technik präsent, und jeder kennt die unterschiedlichsten

Hoch leistungsanwendungen.

Beispiele sind Hubschrauber rotor blätter und generell Leicht-

baustrukturen bis hin zu Wärme schutz schichten in Raketen-

motoren. Das Interesse, Leistungs steigerung und besondere

Ein satz eigenschaften durch den Verbund neuer und sehr unter -

schied licher Werk stoffe realisieren zu wollen, schafft hohen

Bedarf für dieses Fügeverfahren. Kleben wird aufgrund seiner

spezi ellen Vorteile häufig als Zukunftstechnologie bezeichnet.

Aber kann man der Technologie trauen?

Die Machbarkeit zuverlässiger und höchstbelasteter Ver kle-

bun gen ist zwar seit Jahren in der Praxis vielfältig nachge-

wiesen. Dem Prozess Kleben haftet aber auch ein massives

Akzeptanzproblem an. Oft besteht ein nicht kalkulierbares

Risiko für Schadensfälle, da leichte Para meter änderungen

im klebtechnischen Prozess zu einem unvorhersehbaren und

scheinbar unerklärbaren Versagen der Klebeverbindungen

führen können.

Abb. 1: Entfernen von haftungsmindernden Grenzflächenadsorbaten durch Einkoppeln von Leistungsultraschall in den applizierten Klebstoff

56 57

Von großem Einfluss sind hier haftungsmindernde Ober-

flächen kontaminationen. Sie verhindern, dass sich ein

stoffschlüssiger Verbund ausbilden kann.

Hauptfaktoren bei der Entwicklung wehrtechnischer Aus-

rüstung müssen Handhabungs- und Betriebssicherheit sowie

Zuver lässigkeit sein. Für die Klebtechnik bedeutet dies Kon-

taminationstoleranz und Garantie für einen robusten klebtech-

nischen Prozess. Zuverlässigkeit ist möglich, wenn sich beim

Fügen Grenzflächenadsorbate nicht schädigend auswirken

können und eine stoffschlüssige Verbindung entstehen kann.

Unter dem Aspekt „Energie für die Grenzfläche“ werden

im WIWeB Forschungsvorhaben bearbeitet, die die erwähnte

Zuverlässigkeit durch den Einsatz von Leistungsultraschall

realisieren. In einem patentierten Verfahren erfolgt die

Klebstoffapplikation parallel zur Einkopplung von Leistungs-

ultraschall in das noch flüssige Polymer. Dabei wird der

zwischen Klebstoff und Fügeteil entstehenden Grenzfläche

durch Kavitation Energie zur Verfügung gestellt, um Adhäsion

zum reproduzierbaren Prozess werden zu lassen. Der Kleb-

stoff erfüllt in der flüssigen Phase dabei mehrere Funktionen.

Er ist Koppelmedium für den Leistungsultraschall sowie

gleichzeitig Reinigungsmedium zum Entfernen haftungs-

mindernder Adsorbate.

Das Reinigen von Oberflächen durch Kavitation unter

Leistungsultraschall ist aus diversen Anwendungen bekannt

und ist auch direkt mit Klebstoff als Koppelmedium nutzbar.

Da der Klebstoff hier aber selbst die letzte Reinigungsfunktion

erfüllt, ist auch das nach sonst üblichen Reinigungsverfahren

immer vorhandene Risiko einer Rekontamination der Grenz-

fläche sicher ausgeschlossen. Durch dieses Vorgehen wird

auch auf kritischen und haftungsmindernd kontaminierten

Oberflächen struktureller Klebeverbindungen sogar der

Einsatz kalt aushärtender Klebstoffe möglich.

Die Verwendung von Leistungsultraschall ist aber noch mit

weiteren grundsätzlichen Vorteilen verbunden. Dies reicht von

der für die Fügeteilbenetzung wichtigen Viskositätserniedrigung

der hochviskosen thixotropen Klebstoffe durch die intensive

Scherung im Ultraschallfeld und der Möglichkeit zur dynami-

schen Mischung von Mehrkomponentensystemen in einer

Sonotrode bis zur Induzierung von chemischen Grenz flächen-

reak tionen im sonochemischen Reaktor der kollabierenden

Kavitationsblasen (Sonochemie).

In den bisherigen Arbeiten wurde die Leistungsfähigkeit des

Konzeptes „Energie für die Grenzfläche“ belegt. Aktuelles For-

schungsthema ist die Umsetzung des robusten klebtechnischen

Prozesses in die Reparatur von Integralstrukturen moderner

Luftfahrzeuge TYPHOON, TIGER, NH-90, A-400M.

Hier ist über geeignete Klebtechnik ein breites Spektrum

zwischen Industrieinstandsetzung bis insbesondere hin zur

Reparatur unter Einsatzbedingungen abzudecken. Ziel ist

eine vertrauenswürdige Technologie mit zuverlässigen Klebe-

verbindungen, denen man uneingeschränkt trauen kann.

Abb. 2: Kavitationsstrukturen im hochviskosen Klebstoff Abb. 3: Prinzipdarstellung der kombinierten Klebstoffapplikation unter Leistungsultraschall

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Forschungsaktivitäten 2010

Tarnschutz ohne Kompromisse – Mobile Multispektrale Tarnsätze im Einsatz

Dipl.-Phys. Thomas HonkeWehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik,Oberjettenberg

[email protected]

Wilhelm SchindlerWehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik,Oberjettenberg

[email protected]

Wehrtechnische Dienststellen müssen langfristig voraus-

denken, gerade wenn es um einsatzbedingte Projekte geht.

Dies zeigt das Beispiel des multispektralen modularen

Tarnsatzes (MMT). Tarnsätze, die fest an einem Fahr zeug

angebracht sind, gibt es schon seit gut 20 Jahren. Diese

waren jedoch auf den Ost-West Konflikt ausgerichtet.

Spätestens als deutsche Soldaten in Afghanistan eingesetzt

wurden, ist eine neue Forschungsrichtung klar festgelegt

worden: wenn Tarnschutz weiterentwickelt werden soll,

muss sich die Materialforschung auf aride Klimazonen

konzentrieren.

Im Rahmen einer trilateralen Kooperation setzte sich die

Wehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik

(WTD 52) zusammen mit dem Kanadischen National Defense

Headquarters (NDHQ) und dem Niederländischen TNO

(Toegepast Natuurwetenschappelijk Onderzoek) zum Ziel,

Materialien und Systeme zu untersuchen, welche in wüsten-

artigen Gebieten Einsatzfahrzeuge besser vor Erkennung und

Bekämpfung schützen sollten. Als gemeinsamen Technologie-

träger wählte man das Aufklärungsfahrzeug FENNEK, an

dem verschiedene Tarntechnologien und physikalische Ideen

im System untersucht wurden, die sich thermisch und visuell

weitestgehend dem Wüstenboden anpassen.

Allen Tarnsätzen war die Wirkung gemeinsam, dass die

Distanz, aus denen die getarnten Fahrzeuge entdeckt wurden,

58 59

im Vergleich zu ungetarnten Fahrzeugen deutlich verringert

wurde. Im Klartext heißt das, dass Angreifer sehr nahe an ein

MMT-getarntes Fahrzeug kommen müssen, um es überhaupt

erst zu sehen.

Weitere Effekte, welche die Techniker verzeichneten, waren

die gute Wärmeisolation, welche tagsüber zu einer Verringerung

der Innenraumtemperatur trotz starker Sonneneinstrahlung

führte, und eine deutliche Verringerung der Staubfahne während

der Fahrt.

Die Schwedische Firma Saab Barracuda lieferte von allen

untersuchten Materialsystemen das am weitesten entwickelte

Gesamtergebnis. Es wird heute noch im Ausbildungszentrum

Munster am FENNEK zu Übungen und Lehrveranstaltungen

verwendet.

Die Untersuchungen wurden 2008 abgeschlossen und

führten Ende 2008 zu einem Projekt für einsatzbedingten

Sofortbedarf. Der SPz MARDER sollte auf den Einsatz in

Kunduz mithilfe einer Raumklimaanlage vorbereitet werden.

Im Zusammenwirken mit einem MMT konnte diese relativ

klein und leicht realisiert werden. Da es sehr wahrscheinlich

war, dass der SPz MARDER trotz Friedensmission von

einer Sekunde auf die andere in Gefechte verwickelt werden

könnte, forderte man einen multispektralen Tarnschutz.

Mit den Leistungsbeschreibungen, die im Rahmen der vor-

angegangenen Forschung ausgefeilt wurden, konnte binnen

weniger Monate der erste Prototyp-MMT in der WTD 41

in Trier getestet werden.

Die Einrüstung der Serienmodelle erfolgte im Sommer 2010

direkt im Camp MARMAL in Afghanistan unter Anleitung

eines Mitarbeiters der WTD 52.

Inzwischen liegen erste Einsatzerkenntnisse zu den MMT-

geschützten MARDERN vor. Mit dem bloßen Auge kaum

erkennbar, können die Fahrzeuge in der Beobachtung mehr

erkennen ohne selbst aufgeklärt zu werden. So konnten be-

waffnete Personen beobachtet werden, welche in weniger

als 1.000 Meter Entfernung vorbeimarschierten, ohne dass

diese von einem solchermaßen getarnten Fahrzeug Kenntnis

nahmen.

Wie wirksam Tarnschutz ist, geriet in den High-Tech Ein-

sätzen westlicher Nationen offenbar fast in Vergessenheit.

Hochmoderne Überwachungssensoren und Kommunikations-

techniken wiegen die Menschen im Einsatz in Sicherheit.

Improvisierte Sprengsätze und Angriffe aus dem Hinterhalt

zeigen jedoch, wie wichtig der Gesamtschutz ist, und zum

Gesamtschutz gehören Signaturmanagement und Tarnung.

Abb. 3: WIESEL-Tarnsatz 1990 Abb. 4: Fahrerprobung des MMT-Prototyp für den MARDER

Abb. 5: Einrüstung in Afghanistan Abb. 6: MMT-geschützter MARDER in Beobachtungs-position

Abb. 1: Untersuchungen von Materialien und Systemen

Abb. 2: Beobachterversuche zeigen: Mobile Tarnsätze verringern die Entdeckungs-entfernung (x-Achse: Entfernung; y-Achse: Entdeckungswahrscheinlichkeit)

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Forschungsaktivitäten 2010

Moderne Ortungs- und Auswerteverfahren für die Seeminenabwehr

Dr. Wolfgang JansWehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung, Eckernförde

[email protected]

Seeminen sind eine billige und weit verbreitete Waffe.

Sie stellen eine sehr wirkungsvolle Bedrohung dar.

Neben konventionellen Einheiten setzen Marinen weltweit

zunehmend auch auf autonome unbemannte Systeme

mit neuen technischen Ansätzen für die Minenabwehr.

Hierzu zählen insbesondere hochauflösende Sonarver fah-

ren, wie das Synthetische Apertur Sonar, sowie rechner-

gestützte Bildauswerteverfahren.

Das Synthetische Apertur Sonar (SAS) ist eine revolutionäre

Entwicklung im Bereich der akustischen Abbildung des

Meeresbodens. Durch eine kohärente Addition von Daten

aus aufeinanderfolgenden Lotperioden wird die Antenne

synthetisch verlängert und damit die laterale Auflösung oft

um eine Größenordnung oder mehr im Vergleich zu konven-

tionellen Seitensichtsonaren verbessert.

Wie jede Technologie hat auch die SAS-Verarbeitung Grenzen,

die von den gegebenen Umweltbedingungen und operationellen

Randbedingungen abhängen. Z. B. kann sich die Bildqualität

aufgrund des Einflusses von Mehrwegeeffekten drastisch ver-

schlechtern. Dieses trifft insbesondere bei der Schallausbreitung

in flachen, küstennahen Gewässern zu. Insgesamt gilt es daher,

alle begrenzenden Faktoren im Detail zu verstehen, um die

SAS-Technologie weltweit erfolgreich operationell einsetzen

zu können.

Entscheidend für die Qualität eines SAS-Bildes ist die Genau-

igkeit, mit der die Antennenbahn für die kohärente Addition

der Einzelsignale bestimmt werden kann. Diese muss mit

60 61

einer Unsicherheit im (Sub-) Millimeterbereich über mehrere

10-Meter Fahrtstrecke bekannt sein. Für diese Mikro-Navi-

gationsaufgabe kommen moderne sonardatenbasierte Schätz-

verfahren zum Einsatz.

Nach der SAS-Verarbeitung ist die Auswertung der gewonne-

nen Bilddaten die nächste Herausforderung. Ein SAS-System

erzeugt typischerweise ca. 500.000 Bildpunkte pro Sekunde.

Aufgrund dieser Flut an Bildinformation muss der Operator

bei seiner Arbeit unterstützt werden. Dieses geschieht z. B.

dadurch, dass Bildausschnitte, die verdächtige Objekte ent-

halten, über computergestützte Detektions- und ggf. Klassifi-

kationsansätze markiert und vergrößert dargestellt werden.

Die laufenden Forschungsarbeiten sollen zukünftig zu einer

völlig autonomen Objekt-Detektion und Minen-Klassifizie-

rung führen. Da auf einem autonomen Unterwasserfahrzeug

kein Operator mehr als korrigierendes Element am Entschei-

dungsprozess beteiligt ist, sind die Anforderungen an solche

Systeme sehr viel höher als an ein System zur Operator-

Unter stützung.

Unsere automatische Bildauswertung ist in mehrere

Verarbeitungsschritte unterteilt:

Die Vorverarbeitung, die alle nachfolgenden Verarbeitungs-

schritte signifikant beeinflusst, wird oft unterschätzt. Aus

physikalischen Gründen sind Seitensicht-Sonar-Bilder grund-

sätz lich stark verrauscht. Die dadurch erforderliche Filterung

soll das Rauschen möglichst stark reduzieren, aber gleich zeitig

Bildkonturen (z. B. Objektkanten) nicht verändern. Daher wer-

den u. a. sogenannte kantenerhaltende Filter für die Rausch-

befreiung untersucht.

Beim Screening werden Bildbereiche detektiert, die ein

potentielles Objekt enthalten. Da dieser Verarbeitungsschritt

schnell und robust sein muss, werden auch viele Bereiche

markiert, die Falschziele enthalten. Diese Falschziele können

z. B. von Meeresbodenstrukturen verursacht werden.

Nach dem Screening hat sich der Umfang der zu verarbei-

tenden Bilddaten drastisch reduziert. Daher können für die

Falschzielreduktion rechenintensive Algorithmen, wie z. B.

Active Contour Ansätze (Snakes), eingesetzt werden.

Im Zuge der Klassifikation werden Minen von natürlichen

Objekten wie Steinen getrennt. Die mit SAS-Bildern ver-

bundene höhere Bildauflösung bewirkt z.B. deutlich bessere

Klassifizierungsergebnisse. Die Auswahl geeigneter Klassifi-

zierungsmerkmale ist ebenfalls oft von größerer Bedeutung

für das Ergebnis als der tatsächlich genutzte Algorithmus

zur Zuordnung zu einer Objektklasse.

Mit den Arbeiten zum Synthetischen Apertur Sonar und der

Bildverarbeitung führt der Forschungsbereich der Wehrtechni-

schen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime

Technologie und Forschung (WTD 71) die bisherigen Aktivi-

täten zur Detektion und Klassifzierung von Seeminen fort.

Die Arbeiten sind eingebettet in eine enge Zusammenarbeit

mit der einschlägigen deutschen Industrie, Forschungseinrich-

tungen, wie dem Fraunhofer IOSB, Hochschulen, wie die

FU-Berlin und internationalen Partnern, wie dem NURC.

Abb. 3: SAS-Bild des MUSCLE Systems (NURC) mit fünf bekannten Objekten und computergestützt detektierten Bildausschnitten. Die markierten Bild-ausschnitte mit den Objekten sind jeweils vergrößert und gefiltert eingeblendet

Abb. 4: Beispiel für das kantenerhaltende Verhalten eines schnellen Bilateralfilters in einer Realisierung vom Fraunhofer IOSB. Gezeigt sind das Orginal SAS-Bild, das Filterergebnis und die Differenz aus bei-dem als Indikator für den Konturverlust

Abb. 5: Gradient Vector Flow (GVF) Snake Algorithmus. SAS-Daten von einem Kegel-stumpf und Zylinder vom MUSCLE System (NURC). Links: Ergebnis der kantenerhalten den UINTA Filterung als Vorstufe. Rechts: Snake Ergebnis eingeblendet in die Originalbilder

Abb. 1: Unter dem autonomen Unterwasserfahrzeug SeaOtter MK II ist der MCM-SLS Demonstrator angebracht, mit dem Daten für die Untersuchung von SAS-Verfahren gewonnen werden

Abb. 2: Geschätzter seitlicher Querversatz über der Fahrtstrecke: Die blaue Kurve (DPCA) basiert auf den aus den Daten geschätzten Positionsänderungen. Für die rote Kurve (DPCA + INS) wurde die datengetriebene Schätzung des Kurswinkels (kleine Graphik) durch die von der Kreiselplattform gemessenen Werte ergänzt

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Forschungsaktivitäten 2010

Test- und Experimentier-Labor luft- und raumgestützte Aufklärung (TELLRA)

Dipl.-Ing. Gottfried SeemannWehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik, Greding

[email protected]

TELLRA wurde als Werkzeug zur Untersuchung und

Validierung neuer Fähigkeiten der bildgestützten Auf-

klärung konzipiert. Durch die veränderte Bedrohungslage,

aber auch durch verbesserte Sensorik, deren Vernetzung

und Auswertemöglichkeiten ist eine ganzheitliche Be-

trachtung der Wirkketten und inneren Abläufe zwingend

erforderlich. Im TELLRA-Verbund sind diese neuen Aus-

werteprozesse teilstreitkräfteübergreifend abbildbar.

Den Grundstein für TELLRA legten die wehrtechnischen

Forschungen der luftgestützten bildgebenden Aufklärung im

sichtbaren und infraroten Bereich, sowie die automatisierte

Auswertung von Radarbildern (Synthetic Aperture Radar).

Jedoch bezogen sich die Untersuchungen lange Zeit nur auf

spezielle Probleme und Phänomene sowie deren Lösung.

Mit dem F&T-Vorhaben ISVA (Intelligenter Sensorverbund

Aufklärung) wurden die Defizite von heterogen Datenquellen

im Verbund herausgearbeitet. Darunter fallen, dass ISTAR

Daten (Intelligence, Surveillance, Target Acquisition and

Reconnaissance) innerhalb der beteiligten Streitkräfte auf

Grund operationeller und technischer Schwierigkeiten nicht

immer rechtzeitig verteilt und ausgewertet werden können.

Zur Untersuchung von Lösungsansätzen wurden zum einen

der Systemdemonstrator Verbund Nachrichtengewinnung und

Aufklärung und zum anderen das internationale Vorhaben

MAJIIC aufgesetzt.

Zur weiteren kohärenten Bearbeitung der F&T-Studien im

Technologiefeld Optronik wurde von der Wehrtechnischen

Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik

Abb. 1: Datenerstellung, -abruf und -synchronisation über CSD und VIDIS

Abb. 2: Referenzsystem Luftbildauswerteanlage mit ABUL zur Bearbeitung von Video im VIS, IR und SAR

62 63

das Testbed TELLRA als System of Systems geschaffen.

Mit dieser Testumgebung werden Untersuchungen der tech-

nischen, prozeduralen und operationellen Interoperabilität

vereinigt. Ziel ist die Optimierung des militärischen Nutzens

von ISTAR-Daten im Verbund.

Die wichtigsten Serveranwendungen von TELLRA sind

CSD (Coalition Shared Database), VIDIS (Video Distribution

Server), GIS (Geoinformationserver) und WiDaBa (Wissen-

datenbasis). In der WiDaBa werden Nachrichten hierarchisch

abgelegt. Sie werden dabei gemäß der GPMESII (Geographie,

Politik, Militär, Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur, Infor-

mation) eingeteilt und gespeichert. Im GIS werden neben

Karten- und Höhendaten auch georeferenzierte Bilder, Vektor-

daten, Plots und Lageinformationen hinterlegt. Der VIDIS

dient der echtzeitnahen STANAG 4609 konformen Verteilung

und Speicherung von Aufklärungsvideos. Als zentrale Daten-

bank fungiert die CSD. Mit ihr kann der Aufklärungszyklus

umfassend nachvollzogen werden. In ihr sind die Auftrags-

daten und die Metadaten der Aufklärungsprodukte sowie

Meldungen abgelegt. Über Links werden an Hand der Meta-

daten die Aufklärungsprodukte und Meldungen sowie die

Echtzeitvideos des VIDIS angesprochen und zur weiteren

Verarbeitung verfügbar gemacht. Das Konzept der CSD sieht

eine automatische Synchronisation der Metadaten zwischen

den im Verbund angeschlossenen CSD-Servern vor.

Die Aufklärungsdaten werden jedoch nur bei Bedarf verteilt

und dienen der Entlastung des Netzwerks.

Als Datenquelle für grundlegende Experimente werden der-

zeit zwei Netzwerk-Dome-Kameras, zwei Netzwerkkameras

und zwei Landroboter mit Videokamera eingesetzt. Das Refe-

renzsystem Luftbildauswerteanlage mit der bundeseigenen

Auswertesoftware PPQ (Picture Processing Querschnittliche

Software) und dem Videomodul ABUL (Auto matisierte Bild-

auswertung am Beispiel UAV LUNA) wird zur Auswertung

und Bearbeitung von Bildmaterial eingesetzt. Zur Verbesse-

rung der Handhabung von Aufklärungsergeb nissen und Mel-

dungen werden die heterogenen Datenbanken über webbasierte

Portallösungen und Klienten am Digitalen Lagetisch (digLT)

ange bunden.

Studienschwerpunkte von TELLRA waren die Teilnahme an

den CD&E-Projekten FusEx 07 und Common Shield 2008.

Zukünftig ist eine Anbindung der Testumgebungen TIF (Test-

und Integrationsumgebung Feldlagerschutz), LEXXWAR

(Long-term Experimental Setup for Asymmetric Warfare) und

VIntEL (Verteilte integrierte Erprobungslandschaft) vorge se hen.

Dabei wird das Netzwerk für technische Untersuchungen von

streitkräftegemeinsamen und multinationalen Aufklärungs-

prozeduren verwendet.

Abb. 3: Bildschirm1 der Luftbildauswerteanlage PPQ zur Bearbeitung von Bildern im VIS, IR und SAR

Abb. 4: Aufbau des Digitalen Lagetisches mit Horizontal- und Vertikaldisplay sowie zwei Tabletts zur Interaktion

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Forschungsaktivitäten 2010

Sensorplattformen zur akustischen und optronischen Aufklärung von Gewehrschützen

Dipl.-Ing. Klaus LammersWehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition,Meppen

[email protected]

Dr. Rainer KnötschRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen

[email protected]

Dipl.-Ing. Günther HermstrüwerRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen

[email protected]

Dipl-Phys. Werner BertelsWehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition,Meppen

[email protected]

Das Ziel der F&T-Studien „Mobile Sensorsuite

zur Schützendetektion“ und „Verfahren zur Schützen-

detektion‘‘ ist die Aufklärung von Gewehrschützen.

Dabei werden potenzielle Sensoren zur Registrierung

der Schuss signaturen untersucht und die Funktion

von stationären, fahrzeug- und personengebundenen

Sensorplattformen zur Lokalisierung der Feuer-

stellungen durch Demon stratoren nachgewiesen.

Das Bedrohungsspektrum, dem die Bundeswehr ausgesetzt

ist, wird mit der Zunahme an Auslandseinsätzen immer größer.

Personal und Material kommen heute in Bedrohungen, die

früher nur am Rande bedeutsam waren. Gewehrschüsse stellen

aktuell eine besondere Gefährdung dar. Für den Einsatz

eigener Kräfte ist die echtzeitnahe Lokalisierung einer feind-

lichen Schussabgabe von entscheidender Bedeutung für eine

schnelle Reaktion und eine präzise Bekämpfung solcher

Stellungen. Die operierenden Kräfte der Bundeswehr besit -

zen bisher keine ausreichende technische Möglichkeit zu

einer eigenständigen, schnellen Aufklärung von Schuss-

ereignissen.

Zu diesem Zweck initiierte die Wehrtechnische Dienststelle

für Waffen und Munition (WTD 91) die beiden F&T-Studien

„Mobile Sensorsuite zur Schützendetektion“ und „Verfahren

zur Schützendetektion“. Die von der WTD 91 definierten

und bei der Firma Rheinmetall Defence Electronics (RDE)

in Auftrag gegebenen Studienleistungen hatten die bessere

und schnellere Aufklärung von Gewehrschützen zum Ziel.

Die WTD 91 steuerte die Arbeiten durch fachtechnische

Abb. 1: Schulter-Antenne mit sechs Mikro- fonen für Akustik am Mann mit Acoustic Processing Unit, Data-Acquisition and Maintenance Interface sowie Portable Battery Pack

Abb. 4: Lagekarte zur Anzeige der Aufklärungs-ergebnisse; Knallortung mit Kreiszylinder-Mikro-fonantenne auf Fahrzeug während der Fahrt (Kfz: Fahrzeug; F: Feuerstellung; rot: Richtung und Entfernung zur Feuerstellung)

Abb. 2: Polardiagramm zur Anzeige der Aufklärungs-ergebnisse; drei Vorbeischüsse an Person mit Schul-ter-Mikrofonantenne, innen: Entfernungs-Peilungs- Polardiagramm (Winkel aufgeweitet), außen: Zeit-Peilungs-Polardiagramm zur Darstellung der Historie

Abb. 5: IR-Kameras zur Mündungs- feuer-Detektion, oben: gekühlte MWIR-Kamera 90 x 135 x 155 mm, 30 W; unten: ungekühlte LWIR- Kamera 65 x 60 x 65 mm, 6 W

Abb. 3: Kreiszylinder-Antenne mit acht Mikrofonen für stationären und fahrzeuggebundenen Einsatz; Akustik-Elektronik, GPS- und Orientierungs-sensor im Antennenfuß

Abb. 6: Automatische Mündungsblitz-Detektion mit ungekühlter LWIR-Kamera auf Fahrzeug während der Fahrt (Mündungsblitz wird auto-matisch durch Kreuz markiert)

64 65

Expertisen, Management, Bereitstellung von Infrastruktur,

Erprobungsgerät und technischer Unterstützung bei der Durch-

führung zahlreicher, für diese Untersuchungen essentieller,

Messkampagnen. Die Aktivitäten der WTD 91 erfolgten in

guter Zusammenarbeit mit der beauftragten Industrie.

Mikrofonantennen und IR-Kameras wurden eingesetzt und

optimiert zur Erzielung einer zuverlässigen und schnellen

Signalverarbeitung, einer ausreichenden Miniaturisierung der

Sensorik sowie einer automatischen Aufklärung bei guter

Leistungsfähigkeit. Mikrofone registrieren den Geschossknall

des mit Überschall fliegenden Geschosses und den Mündungs-

knall des Gewehres. Die Mündungsblitze generieren die

stärksten Signaturen im Infrarot-Bereich.

Für eine Akustik am Mann sind verschiedene miniaturi sierte

Antennenvariationen zur Adaption an die Bekleidung unter-

sucht worden. Zukünftige Studienschwerpunkte sind die

Kom pensation abrupter Bewegungen des Soldaten sowie die

Abschwächung magnetischer Störungen auf die einge setzten

Magnetfeldsensoren.

Abbildung 1 zeigt exemplarisch eine Schulterantenne mit

einge bauter Elektronik. GPS- und Orientierungssensorik

sowie ein Funk-Modul sind integriert. Das modulare System

erlaubt sowohl den autarken Betrieb als auch die Anbin-

dung an ein Soldatensystem. Die Ergebnisausgabe erfolgt

akustisch und optisch (siehe Abbildung 2).

Bei den akustischen Antennen für Fahrzeuge und stationäre

Plattformen sind die Mikrofone in Form eines Zylinders

angeordnet (siehe Abbildung 3). Die Elektronik mit GPS-

und Orientierungssensoren nimmt der Antennenfuß auf.

Ein Beispiel für die akustische Ortung während der Fahrt

zeigt Abbildung 4 auf einer Lagekarte.

Handelsübliche Kameras können die sehr kurzen Mündungs-

blitze nur selten erfassen. Die als Labormuster neu erstellten

IR-Kameras (vgl. Abbildung 5) verfügen über einen größeren

Dynamikbereich und eine höhere Bildwiederholrate. Mehrere

dieser kompakten Kameras können für eine Rundum-Über-

wachung kombiniert werden. Die hochgenaue Peilung zur

Feuerstellung demonstriert Abbildung 6.

Bei Messkampagnen unter aktiver Mitwirkung der WTD 91,

auch in urbaner Umgebung, wurde die Wirksamkeit der

untersuchten Verfahren und Sensoren für die Aufklärung von

Gewehr schützen nachgewiesen. Als zukünftige Aufgabe

verbleibt die Anpassung der Systeme an schnelle dynamische

Vorgänge, wie sie bei Kurvenfahrten oder spontanen Personen-

bewegungen entstehen.

Kfz

F

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Forschungsaktivitäten 2010

Internettechniken als Zukunft für agile Führungsinformationssysteme der Bundeswehr

OTL Dipl.-Inform. Gerhard SchwarzBundesamt für Informations management und Informationstechnik der Bundeswehr, Koblenz

gerhardschwarz@ bundeswehr.org

Dr. Stefan Krusche Dr. Krusche & Partner PartG, München

[email protected]

NetOpFü im Einsatz erwartet einen einheitlichen,

multinationalen Informationsraum, dem Need to share-

Prinzip folgend. Aus bewährten Internet-Techniken

wurde eine web-basierte Querschnittsplattform erstellt,

die Integration und Verarbeitung sowie Darstellung

unterschiedlicher Informationsräume ermöglicht.

Standards und Rapid Prototyping liefern Interopera -

bi lität, Agilität und Einsatzorientierung.

Die Konzeption der Bundeswehr fordert die Fähigkeit der

Streitkräfte zur Vernetzten Operationsführung (NetOpFü).

Deren Umsetzung darf sich nach Ansicht der Autoren nicht

auf eine technische Betrachtung (Netzwerk) beschränken,

sondern muss alle systemrelevanten Ebenen einbeziehen.

Dies erfordert einen ganzheitlichen Ansatz zur horizontalen

und vertikalen Vernetzung der Ebenen Mensch, Information

und Technik (Abbildung 1).

Darauf wurde erstmals von Miller und Shattuck (2004) im so

genannten Dynamic Model of Situated Cognition (DMSC) hin-

gewiesen. Das DMSC ist ein Modell für den Informationsfluss

durch komplexe militärische Führungssysteme und beschreibt

das Zusammenwirken von technischer und kognitiver Ebene.

Es wird deutlich gemacht, dass Führungs- und Wirkungsüber-

legenheit nur erreicht werden kann, wenn alle bereitge stell ten

Informationen kontinuierlich mit den individuellen Erfahrun-

gen, Einschätzungen und Schlussfolgerungen der Ope rateure

digital vernetzt werden und zu einem wissenszentrierten

Lagebewusstsein und Lageverständnis aufwachsen.

Abb. 1: Der Netcentric Federation Stack beschreibt konzeptionell die Koppelung von System of Systems und in Communities of Interest organisierten Nutzern über die vernetzte Information

Abb. 2: Die 3 tier eines einsatzorientierten Informationsmanagements, das dem operationellen Nutzer die inhaltliche Hoheit über die Infor-mation zuweist. Technisch-betriebliche und operationelle Ebene sind klassisch

66 67

Für die Vernetzung von Mensch, Information und heterogener

Technik auf der Basis offener internationaler Standards kann

das Internet als Vorbild für das Erreichen und die Sicherstel-

lung von Interoperabilität innerhalb und zwischen komplexen

Systemen betrachtet werden. Das Internet liefert auch neue

Vorgehensweisen zur raschen Umsetzung von sich kontinuier-

lich ändernden Anforderungen: Rapid Prototyping Verfahren

führen zu rasch nutzbaren und laufend weiter entwickelten

experimentellen Prototypen (vgl. CPM).

Ziel unserer Forschung war es, bewährte und weit verbreitete

Internetstandards und -bausteine auf Übertragbarkeit zu unter-

suchen. Hierzu wurde eine Software-Lösung zur umfassenden

Vernetzung von Mensch, Information und Technik im Rapid

Prototyping Verfahren erstellt. Bei der Auswahl der Standards

und Bausteine wurde insbesondere im Bereich IT-Sicherheit

besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der militärischen

Anforderungen für multinationale Einsätze gelegt.

Durch die konsequente Nutzung von Internetstandards und

-bausteinen konnte zudem die Machbarkeit einer flexiblen

Umsetzung neuer Anforderungen mittels kontinuierlicher

Weiterentwicklung überprüft und für NetOpFü verwertet

werden.

Mit dem Prototypen SenseMaker wird die Kette von inhalt-

lichem, opera tionellem und technisch-betrieblichem Informa-

tionsmanagement (Abbildung 2) bruchfrei unterstützt.

Dadurch wird es für den Operateur beispielsweise möglich,

seine Infor mationsbedürfnisse aus dem täglichen Betrieb

grafisch zu formulieren (Abbildung 3). Somit ist ein entschei-

dender Schritt zu über sicht licher, gestaltender Anforderungs-

defini tion getan, die bruchfrei durch das operationelle und

technisch-betrieblichem Informationsmanagement weiter

formalisiert und bis hin zum System of Systems verfeinert

werden kann.

Der Prototyp wurde bei der Common Warrior Interoperability

Demonstration (CWID) 2009 und 2010 getestet und steht

kurz vor der Einsatzverwendbarkeit. Bei der Umsetzung des

Prototypen wurde besonderer Wert auf Praktikabilität für

operationelle Nutzer gelegt. Hierzu wurde unter anderem

ein einheitlicher Zugriff auf föderative und heterogene Infor-

mationsräume (Abbildung 4) realisiert (eMail, Chat, Dateien

im Shared Space, Web, Applikationen und Services). Bewähr te

Systeme können über bestehende Schnittstellen durch format-

wandelnde Mechanismen ebenso integriert werden.

Die Nutzung einer leistungsstarken Entwicklungsumgebung

ermöglicht außerdem die Produktion autarker Anwendungen

für mobile COTS-Endgeräte. Aus unserer Sicht ist der be-

schriebene ganzheitliche Ansatz zur Vernetzung von Mensch,

Information und Technik mit der Fähigkeit durch ein dynamisch

adaptierbares System flexibel auf Forderungen des Operateurs

im Einsatz antworten zu können, die entscheidende Verbesse-

rung gegenüber klassischen Systemen.

Abb. 3: Die graphische Umgebung Sensemaker erleichtert die Vernetzung struktureller und operationeller Inhalte und . . .

Abb. 4: . . . ermöglicht die Integration, Analyse und Verarbeitung vielfältiger Informationsdomänen in einer Querschnittsplattform mit unterschiedlichen Darstellungen

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116969

2Wehrmedizinische und Wehrpsychologische Forschung

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Forschungsaktivitäten 2010

Entwicklung eines Methodenrepertoires für wissenschaftsbasierte diagnostische Dienstleistungen im Medizinischen B-Schutz

Dr. Sabine Schmoldt Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München [email protected]

Dr. Roman WölfelInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München [email protected]

Der Nachweis von B-Gesundheitsstörungen beim

Menschen beruht auf labordiagnostischen Verfahren,

die den Anforderungen europäischer und nationaler

Richtlinien für die humanmedizinische Laboratoriums-

diagnostik entsprechen. Eine Reihe von Methoden

zum Nachweis der Agenzien oder der Immunantwort

des Wirts wurden entwickelt, nach den Vorgaben des

Medizin produktegesetzes validiert und in Diagnostik-

algorithmen umgesetzt.

Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München

ist das Kompetenzzentrum der Bundeswehr für den Medizi-

nischen B-Schutz. Als Ressortforschungseinrichtung befasst

es sich wissenschaftlich mit einer Vielzahl von Infektions-

erregern und Biogiften, die potenziell als biologische Kampf-

stoffe eingesetzt werden können. Ein Schwerpunkt ist die

Entwicklung diagnostischer Verfahren zum Nachweis von

Gesundheitsstörungen durch biologische Kampfstoffe sowie

zur Aufklärung unklarer Krankheitsausbrüche. Zu den in Frage

kommenden Verursachern gehören zahlreiche Bakterien, wie

z. B. Bacillus anthracis (Anthrax), Yersinia pestis (Pest) oder

Francisella tularensis (Tularämie), Viren, wie Orthopocken-

viren oder hämorrhagische Fieber-Viren, aber auch Biogifte.

Bei den durch diese Agenzien ausgelösten Krankheiten

handelt es sich in aller Regel um in der Natur selten vor-

kommende, schwere, zum Teil tödlich verlaufende und

teilweise von Mensch zu Mensch übertragbare Infektionen.

Sie zweifelfrei zu diagnostizieren und damit eine möglichst

rasche Behandlung zu ermöglichen, ist eines der Ziele der

Forschung und Entwicklung im Medizinischen B-Schutz.

Abb. 1: Echtzeit-PCR auf Orthopockenviren mit Schmelzkurven- analyse: Während der Schmelzpunkt für die meisten Orthopocken- viren um 65°C liegt, weist ein deutlich niedriger Schmelzpunkt auf Vorliegen der (in der Natur als ausgerottet geltenden) Menschen- pocken (Variola-Virus) hin

Abb. 2: Gezielte Untersuchungen auf Erreger der Risikogruppe 3 werden in einem Labor der Schutzstufe BSL-3 durchgeführt

70 71

In mehreren Forschungsabteilungen des Instituts wurden

daher Verfahren zum direkten (Nachweis der Erbsubstanz,

Abbildung 1 und kulturelle Anzucht, Abbildung 2) sowie

zum indirekten Erregernachweis (Nachweis von Antikörpern)

entwickelt. Für jeden Erreger wurden komplexe Untersuchung s-

algorithmen (Hintereinanderschaltung von verschiedenen

Tests zur Erzielung einer diagnostischen Aussage) aufgestellt,

die mit hoher Sensitivität und Spezifität den Nachweis des

untersuchten Parameters im Untersuchungsmaterial ermög-

lichen. In Abbildung 3 ist ein solcher Algorithmus am Bei-

spiel der molekularbiologischen Diagnostik von Anthrax

dargestellt.

Die europäische in-vitro-Diagnostika-Richtlinie, aber auch

nationale Vorgaben, wie z. B. die Richtlinie der Bundesärzte-

kammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer

Untersuchungen (RiliBÄK), stellen dabei hohe Anforderun-

gen an in-vitro-Diagnostika aus Eigenherstellung (In-house-

Tests). Dazu gehört auch, dass alle Tests und Arbeitsabläufe

in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden, vor der

Anwendung einer umfangreichen Validation unterzogen und

fortwährend überwacht werden müssen. Bei kommerziell

verfügbaren in-vitro Diagnostika wird die Validation vom

Hersteller durchgeführt und durch die CE-Markierung ausge-

wiesen, während sie bei sogenannten In-house-Verfahren

durch den Anwender selbst erfolgen muss. Letzteres trifft auf

die meisten im Medizinischen B-Schutz eingesetzten Test-

verfahren zu, da kommerzielle Tests für die in der Natur nur

selten vorkommenden B-Erreger meist nicht zur Verfügung

stehen. Die Validation beinhaltet neben der Prüfung der

Leistungsfähigkeit unter anderem auch aufwendige Unter-

suchungen zur Richtigkeit, Präzision und Linearität der

erzeugten Ergebnisse. Eine externe Qualitätssicherung

erfolgt am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr

national und international in militärischen und zivilen

Diagnostik- und Forschungsverbünden, insbesondere durch

die Teilnahme an Ringversuchen, bei denen Probenmateri-

alien von unabhängigen Stellen versandt und die Unter-

suchungs ergebnisse bewertet werden.

In den vergangenen zwei Jahren wurden durch die For-

schungsabteilungen des Instituts zahlreiche Verfahren validiert.

Diese Entwicklungsarbeit ermöglicht jetzt das Vorhalten einer

breiten Palette Richtlinien-konformer in-vitro-Diagnostika

für die medizinische B-Aufklärung. Die Tests werden durch

den Zentralbereich Diagnostik (ZBD) des Instituts allen

Bedarfsträgern im Sanitätsdienst angeboten. Im ZBD werden

die Untersuchungen gemäß den festgelegten Algorithmen

durchgeführt, die Ergebnisse interpretiert sowie die Befunde

mit Hilfe eines Labor-Datenverarbeitungssystems erstellt und

ausberichtet. Ein Analysenverzeichnis des Instituts enthält

alle verfügbaren diagnostischen Leistungen sowie Hinweise

zur sachgerechten Probenentnahme und zum Probentransport

(Abbildung 4).

Abb. 3: Beispiel für einen komplexen Untersuchungsalgorithmus für die molekularbiologische Diagnostik von Bacillus anthracis (Anthrax): Nach einem ersten Suchtest auf die zwei Bacillus-spezi-fischen Virulenzplasmide folgt, bei positivem Ergebnis, eine weitere Differenzierung zur Bestätigung von Bacillus anthracis

Abb. 4: Leistungsverzeichnis und Einsendeschein des Zentralbereichs Diagnostik am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr

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Forschungsaktivitäten 2010

Molekulare Typisierung und mikrobiologische Forensik: High-Tech-Analysen zur Erstellung genetischer Fingerabdrücke von biologischen Kampfstoffen

Dr. rer. nat. Holger C. ScholzInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München

[email protected]

DNA-basierte Typisierungsmethoden ermöglichen die Er-

stellung von genetischen Fingerabdrücken für biologische

Kampfstoffe und andere gefährliche Krankheitserreger

und erlauben so die sichere Unterscheidung einzelner

Stämme der gleichen Spezies. Dadurch können bei einem

Ausbruch oder bei einer absichtlichen Freisetzung wichtige

Hinweise auf die Quelle oder den Verursacher gewonnen

werden.

Die Erforschung und Optimierung von validen Verfahren zur

Identifizierung und Feintypisierung biologischer Kampfstoffe

im Rahmen der forensischen Mikrobiologie (Bioforensik)

ist ein Schwerpunkt im Medizinischen B-Schutz und stellt eine

der Hauptaufgaben des Instituts für Mikrobiologie der Bundes-

wehr dar. Ziel ist die medizinische Ausbruchsauf klärung

im Hinblick auf die Herkunft des verursachenden Erregers,

mithin die Differenzierung zwischen einem natürlichen

Krankheitsausbruch und einer absichtlichen Freisetzung.

Während es für therapeutische Gegenmaßnahmen in der Regel

ausreicht, den Erreger auf Gattungs- oder Artebene zu iden-

tifizieren und seine Sensibilität gegenüber antimikro biellen

Substanzen zu untersuchen, bedarf es für Rückverfolgungs-

analysen (trace-back) einer weitergehenden Typisierung

auf Genomebene.

Wie zwei Menschen sich genetisch unterscheiden, so weisen

auch Infektionserreger der gleichen Spezies genetische Unter-

schiede auf, die durch Mutationen oder Genaustausche be-

dingt sein können. Dadurch sind die sogenannten „Stämme“

eindeutig charakterisiert („genetischer Fingerabdruck“).

Abb. 1: Molekulare Typisierungsverfahren und Datenbank im Überblick

Abb. 2: Zoombarer Genomatlas: Vergleichende Genomanalyse verschiedener Brucella-Arten

72 73

Ein neues Isolat kann durch Abgleich seines genetischen

Fingerabdrucks mit den in Datenbanken hinterlegten Profilen

bekannter Stämme zugeordnet oder als bisher unbekanntes

Isolat charakterisiert werden.

Am Institut für Mikrobiologie wurden verschiedene mole-

kulare Typisierungsmethoden für potenzielle biologische

Kampfstoffe wie z. B. Bacillus anthracis, Yersinia pestis,

Francisella tularensis, Brucella spp. und Burkholderia

mallei /pseudomallei etabliert. Zum Methodenspektrum

(Abbildung 1) gehören modernste Analyseverfahren, wie

Multilocus-Sequence-Typing (MLST), Multilocus-Variable-

Number of Tandem-Repeat-Analysis (MLVA) oder Hoch-

durchsatz-Sequenziermethoden der nächsten Generation, wie

die 454-Pyrosequenziertechnologie (Roche Diagnostics).

Modernste Software ermöglicht die Erstellung von zoombaren

Genomatlanten, die eine direkte Visualisierung von Sequenz-

unterschieden auf Genomebene erlauben (Abbildung 2).

Durch Anwendung dieser Methoden auf die umfangreiche

Stammsammlung des Instituts konnten von einer Vielzahl an

B-relevanten Erregern genetische Profile erstellt und in einer

Datenbank (Abbildung 3) hinterlegt werden. Diese bildet

die Grundlage für die rasche und eindeutige Zuordnung eines

unbekannten Erregerisolats. Über die Identität des Isolats

werden weitere hinterlegte Informationen zugänglich, wie z.B.

die natürliche geographische Verbreitung des entsprechenden

genetischen Typs, die Lagerung in Laboratorien etc.

Hauptziele in der Bioforensik sind für die kommenden

Jahre die Methodenstandardisierung, Vernetzung der Daten-

banken und die Einführung eines Qualitätsmanagements.

Auf europäischer Ebene ist das Institut für Mikrobiologie als

starker Partner im European Biodefense Laboratory Network

(EBLN) der European Defence Agency (EDA) vertreten.

Eines der Ziele des von 12 Nationen betriebenen Projekts ist

die Harmonisierung und Standardisierung der Analyseverfah-

ren sowie der Aufbau einer gemeinsam nutzbaren Datenbank

für Bioagenzien. Durch die Bündelung der Ressourcen und

der engen Zusammenarbeit verschiedener Länder sollen

die europäischen Fähigkeiten im Bereich des Medizinischen

B-Schutzes verbessert werden.

Auf transatlantischer Ebene hat das Institut eine Koope-

ration mit der Arbeitsgruppe von Prof. Paul Keim an der

Northern Arizona University aufgebaut. Paul Keim ist einer

der führenden Spezialisten auf dem Gebiet der molekularen

Typisierung und Bioforensik in den USA und war maßgeblich

an den Untersuchungen der Brief attentate mit Sporen von

Bacillus anthracis im Jahre 2001 beteiligt. In dem vom

U.S. Department of Homeland Security (DHS) geförderten

Projekt „Technology and Data Integration with the Bundes-

wehr Institute of Microbiology“ sollen Typisierungsmetho den

angeglichen und eine gemeinsame Datenbank etabliert

werden.

Abb. 3: Bionumerics Datenbank- und Analysesoftware (Applied Maths) als gemeinsame Datenbankplattform

Abb. 4: Minimum Spanning Tree: Phylogenetische Analysen von Y. pestis-Stämmen

(Afrika)

(Asien, Russland)

Hypothetische Verbindung

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Forschungsaktivitäten 2010

Analytik für die Verifikation einer Exposition gegenüber chemischen Kampfstoffen

Dr. Marianne KollerInstitut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr,München

[email protected]

Chemische Kampfstoffe bilden unterschiedliche Meta-

bolite, für deren Nachweis verschiedene Methoden und

hoch empfindliche Geräte zur Verfügung stehen müssen.

Um eine Derivatisierung zu umgehen, werden polare

Metabolite mit LC-MS/MS bestimmt, während die freien

Kampfstoffe bzw. die fluoridierten Derivate nach Reakti-

vierung nervenkampfstoff-gehemmter BChE durch F- mit

GC-MS gemessen werden können.

Verifikationsanalytik wird nicht nur durchgeführt, um einem

Staat den Einsatz von chemischen Kampfstoffen nachzuweisen,

sondern auch um bei einem einzelnen Soldaten eine Exposition

zu bestätigen bzw. eindeutig auszuschließen (z. B. beim so

genannten worried well, dem Soldaten, der symptomfrei, aber

sehr besorgt ist). In beiden Fällen müssen die Daten gerichts-

fest erhoben werden. Dies wiederum erfordert Methoden,

die ihre Tauglichkeit nachgewiesen haben. Zur Realisierung

dieser Forderung unterzog sich die Arbeitsgruppe Verifikations-

analytik des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der

Bundeswehr im Jahr 2010 der Akkreditierung gemäß ISO EN

17025 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).

Sowohl Nerven- als auch Hautkampfstoffe unterliegen nach

Aufnahme in den Körper einem vielfältigen Metabolismus.

Für Nervenkampfstoffe (z. B. Sarin) steht die Bindung an

Proteine wie den Cholinesterasen (AChE und BChE) sowie

Serumalbumin im Vordergrund, während die 2-stufige

enzymatische und wässrige Hydrolyse nur den kleineren Teil

des aufgenommenen Agens zum entsprechenden Methyl-

phosphonsäureester bzw. zur Methylphosphonsäure umwan-

74 75

delt. Im Fall von Hautkampfstoffen (z. B. S-Lost) kommt

es ebenfalls zur Proteinbindung (an Hemoglobin), aber

auch zur Bindung an die DNS. Die hydrolytische Umsetzung

von freiem S-Lost zu Thiodiglykol (TDG) wird von Oxi-

dation begleitet, woraus die Produkte TDG-Sulfoxid und

TDG-Sulfon resultieren. Ein weiterer Umbau von S-Lost

erfolgt durch Aktivierung über Glutathion und liefert zum

einen die beiden ß-Lyase-Produkte und zum anderen ein

Acetylcystein-Derivat.

Dieses vielschichtige metabolische Geschehen stellt für

die Verifikationsanalytik sowohl ein Problem als auch eine

Chance dar: Aufgrund der hohen Giftigkeit chemischer

Kampf stoffe sind nur sehr geringe Konzentrationen im

Patienten zu erwarten, und aus diesen geringen Ausgangs-

mengen entstehen schnell verschiedene Metabolite. Deshalb

kann die Verifikationsanalytik nur mit höchst empfindlichen

Messgeräten durchgeführt werden. Gleichzeitig erhält man

aber auch eine Auswahl an spezifischen Biomarkern, die

dem Analytiker die Möglichkeit bieten, den Nachweis auf

mehrere Parameter zu stützen. Dadurch wird die Verifika tion

einer Exposition gegenüber chemischen Kampfstoffen zu-

verlässiger.

Der Nachweis der polaren und nicht-flüchtigen Methyl-

phosphonsäureester (Metabolite der Nervenkampfstoffe)

ist mittels Gaschromatographie unter Verwendung von

Massenspektrometrie (GC-MS) nur nach Derivatisierung

möglich. Deshalb betreiben wir für den Nachweis der

Nervenkampfstoff-Metabolite ein flüssigkeitschromato-

graphisches Verfahren, ebenfalls mit Massenspektrometrie

(LC-MS/MS), das speziell für kleine Moleküle ausgelegt

und damit besonders empfindlich ist. Die sechs relevanten

Verbindungen können nach Festphasenextraktion aus Urin

bzw. Plasma getrennt und gemessen werden. Aus Urin kann

die Bestimmung bis zu einer Woche nach Exposition erfolgen,

aus Plasma ist sie auf Proben aus den ersten Tagen nach der

Exposition beschränkt.

Ebenfalls mit LC-MS/MS gemessen werden die Urinextrakte

der ß-Lyase-Produkte des S-Losts sowie die aus Hydrolyse

und Oxidation hervorgegangenen Verbindungen TDG und

TDG-Sulfoxid.

Die GC-MS-Systeme kommen zum Einsatz, wenn Nerven-

kampfstoffe und S-Lost direkt aus Plasma bestimmt werden

oder die Nervenkampfstoffe durch Inkubation des Plasmas

mit einem Überschuss an Fluorid von der BChE abgelöst und

als fluoridierte Derivate gemessen werden sollen. Da Nerven-

kampfstoffe wie Sarin im Blut nur innerhalb weniger Stunden

nach Exposition direkt nachweisbar bleiben (Ausnahme VX,

das bis zu 48 Stunden unverändert gefunden werden kann),

steht die Methode der fluorid-induzierten Reaktivierung im

Vordergrund. Sie ist bis zu drei Wochen nach Exposition

durch führbar. Im Fall von S-Lost sind die Zeitfenster, die

für die Bestimmung der einzelnen Biomarker zur Verfügung

stehen, nicht so klar umrissen, aber auch hier gilt, dass die

Protein-Addukte am längsten im Körper verbleiben.

Abb. 1: LC-MS/MS-System API 5000 von AB Sciex zur Bestimmung der Metabolite chemischer Kampfstoffe

Abb. 4: GC-MS-System 7890/5975 von Agilent Technologies zur Bestimmung der Nervenkampfstoffe und S-Lost

Abb. 2: Trennung und Detektion von 6 Methyl-phosphonsäureestern (Metabolite der Nerven-kampfstoffe) inkl. des internen Standards mit LC-MS/MS

Abb. 5: Trennung und Detektion von 6 fluori-dierten Nervenkampfstoffen inkl. des internen Standards mit GC-MS

Abb. 3: Trennung und Detektion der ß-Lyase-Pro-dukte 1,1’-Sulfonyl-bis-[2-(methylsulfinyl)-ethan] (SBMSE) und 1-Methylsulfinyl-2-[2-(methylthio)-ethylsulfonyl]-ethan (MSMTESE), Metabolite von S-Lost, mit LC-MS/MS

Abb. 6: Trennung und Detektion von S-Lost und seinem internen Standard mit GC-MS

Intensität Intensität Intensität Intensität

1: EMPS2: IMPS3: IS4: i-BMPS5: n-BMPS6: CHMPS7: PMPS

1: Ethylsarin (aus VX)2: Sarin3: i-Butylsarin (aus VR)4: Fluortabun (aus Tabun)5: interner Standard6: n-Butylsarin (aus CVX)7: Soman8: Cyclosarin

MSMTESE

t [min] t [min] t [min]t [min]

SBMSE

S-Lost

IS

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Forschungsaktivitäten 2010

Das H-Modul – ein innovatives Triage-Werkzeug des medizinischen A-Schutzes zur Abschätzung hämatologischer Strahlenschäden

Oberstarzt Prof. Dr. med.Michael Abend, M.Sc. Institut für Radiobiologie der Bundeswehr in Verbindung mit der Universität Ulm, München

[email protected]

Oberstabsarzt Dr. med. Tobias KnieInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr in Verbindung mit der Universität Ulm, München

[email protected]

Das blutbildende System reagiert sehr empfindlich auf

ionisierende Strahlung. Daher kann nach Exposition an-

hand des Blutbilds auf den individuellen Strahlenschaden

geschlossen werden. Das H-Modul wertet periphere

Blutzellbestandteile aus und prädiktiert – basierend auf

Blutbildverläufen aus einer Strahlenunfalldatenbank –

mit einer Wahrscheinlichkeit von > 95% den hämato lo-

gischen Strahlenschaden.

Bei nuklearen und radiologischen Szenarien (z. B. Dirty

Bomb, Kernkraftwerksunfall) ist mit einem Massenanfall von

Verletzten zu rechnen. Hinzu kommt eine große Anzahl an

Patienten, die sich lediglich verstrahlt fühlen (sog. worried

well), aber dennoch ähnliche, unspezifische Symptome ent-

wickeln können. Ziel der Triage ist daher die Selektion von

Patienten, die unmittelbar einer stationären Therapie bedürfen,

damit die knappen klinischen Ressourcen (z. B. Intensiv-

betten) sinnvoll genutzt werden.

Das blutbildende System ist das für Strahlung empfindlichste

Organsystem. Mit steigender Strahlenexposition nimmt der

Schweregrad des induzierten Strahlenschadens zu. Dies hat

entsprechende therapeutische und prognostische Auswirkungen

(Abbildung 3). Die Dosis allein erlaubt jedoch keine Vorher-

sage über die Ausprägung des Strahlenschadens, da dieser bei

gleicher Strahlenexposition individuell unterschiedlich sein

kann. Änderungen im Differentialblutbild dienen für unser

neu entwickeltes, automatisiertes Triageverfahren als bio-

logischer Indikator. Im sog. H-Modul erfolgt basierend auf

Untersuchungen von Differentialblutbildveränderungen

76 77

(Abbildung 2) innerhalb der ersten drei Tage nach Bestrah-

lung eine Vorhersage des später auftretenden Schweregrades

des Strahlenschadens. Hierzu wurden reale Blutbildverläufe

nach Bestrahlung aus der Strahlenunfalldatenbank SEARCH

(System for Evaluation and Archiving of Radiation Accidents

Based on Case Histories) verwendet. SEARCH beinhaltet

Aufzeichnungen über mehr als 800 Strahlenunfallpatienten.

Im Rahmen der statistischen Bearbeitung der Strahlenunfall-

daten ist es zunächst wichtig, die Fälle mit Schweregrad H0-4

in zwei für die akute Triage relevante Kategorien aufzuteilen.

In Abbildung 4 ist beispielsweise die Abgrenzung zwischen

ambulanter versus stationärer Weiterbehandlung zu sehen

(H0/1 vs. H2/3/4). Das bedeutet, dass bei nicht oder nur

leicht betroffenen Patienten (H0 und H1) ambulante Kontrollen

ausreichen. Schwerer bestrahlte Patienten (H2 bis H4) müssen

jedoch stationär, ggf. intensivmedizinisch, therapiert werden.

Zur Verbesserung der Abgrenzung der beiden Kategorien

dient die sogenannte logistische Regressionsanalyse, die in

der schematischen Darstellung (Abbildung 5) zu sehen ist.

Anhand der hieraus entstandenen ROC-Kurve (Abbildung 6)

kann graphisch gezeigt werden, dass das Modell mit einer

Wahrscheinlichkeit > 95 % eine entsprechende Kategorie

prädiktiert.

Das im Excel-Format vorliegende H-Modul vermag eine

Vorhersage des Schweregrades mit Angabe der Eintritts-

wahrscheinlichkeit ( > 95%) zu machen. Ein weiterer Vorteil

dieses Systems ist, dass nach Befüllen mit den individuellen

Blutzellwerten automatisch die Einordnung der Patienten

in die entsprechenden Kategorien stattfindet (Abbildung 4).

Weiterentwicklung und Validierung des Systems

sind vorge sehen. Jedoch kann das H-Modul bereits jetzt

als ein wichtiges Werkzeug unserer Task Force für den

Medizinischen A-Schutz betrachtet werden, welches

die individualisierte Abschätzung hämatologischer

Strahlen schäden optimiert. Hierdurch kann zeitnah

und ziel gerichtet die unter Umständen lebensnotwen-

dige Therapie bei Strahlenunfallpatienten eingeleitet

bzw. koordiniert werden.

Abb. 1: Diese Geräte führt die Task Force des Instituts für Radiobiologie mit sich, um ioni-sierende Strahlung aufzuspüren, die Dosis-leistung zu bestimmen und Radionuklide zu identifizieren: Oben: Detective; unten von links: SVG2, Identifinder, LB122

Abb. 4: Das H-Modul – ein Fallbeispiel; eine Person nach Hochdosis-Strahlenexposition wird simuliert. Der Patient ist mit einer Wahrschein-lichkeit von mehr als 95% der Kategorie H2-4 zuzuordnen

Abb. 2: Mittels dreier Blutproben von Tag 1, 2 und/oder 3 (d1, d2, d3) nach Exposition (p. r. = post radiationem) prognostiziert das H-Modul den hämatologischen Strahlenschaden

Abb. 5: Logistische Regression; Wichtungs-faktoren (β1-3) der Blutzellbestand teile (L=Lymphozyten, G=Granulo zyten, T=Thrombozyten) erlauben eine bessere Unterscheidung beider Kategorien

Abb. 3: Das hämatologische Syndrom – Zusammenhänge zwischen Schweregrad, Prognose, Therapie und Anforde-rungen an die Weiterbehandlung

Abb. 6: ROC-Kurve; hier für Lymphozyten – kombiniert mit Granulozytenzahl am dritten Tag nach Bestrahlung für H0-1 vs. H2-4. Die eingefärbten Bereiche geben den PPV und den NPV (positiver und negativer Vor-hersagewert) von 100% wieder

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Forschungsaktivitäten 2010

Militärische Arbeitsplätze mit hohen kognitiven Anforderungen: Entwicklung von Verfahren zur Erfassung relevanter Kenngrößen

Dipl.-Psych. Dr. Alexander WitzkiZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz

[email protected]

Dipl.-Ing. Willi GorgesZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz

[email protected]

Dipl.-Sportl. Alexander SievertInstitut für Physiologie und Anatomie, Deutsche Sporthochschule Köln

[email protected]

Prof. Dr. Dr. Dieter LeykZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz

[email protected]

Moderne militärische Arbeitsplätze erfordern zunehmend

höhere kognitive Fähigkeiten. Bereits leichte Einschränkun-

gen in der Aufmerksamkeit oder im Reaktionsver mögen

können schwerwiegende Folgen haben. Um frühzeitig auf

solche Veränderungen reagieren zu können, ist es notwen-

dig, das kognitive Leistungsverhalten bei kom plexen Ar-

beitsprozessen zu untersuchen und relevante Kenn größen

zu ermitteln.

Viele militärische Einsatzaufgaben besitzen inzwischen

einen hohen Technisierungsgrad und setzen anspruchsvolle

kognitive Fähigkeiten des Bedienpersonals voraus. Dabei un-

terscheiden sich die Arbeitsrahmenbedingungen oft deutlich

von den Erfahrungswerten der Soldatinnen und Soldaten aus

dem vertrauten Umfeld ihrer Heimat. Insbesondere erschwe-

ren außergewöhnliche Umgebungs ver hältnisse mit vielfach

stark ausgeprägten exogenen Stressoren, lange Arbeitszeiten,

geringe Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten in Verbindung

mit einer ständig präsenten Bedrohungssituation die kontinu-

ierliche Aufrechterhaltung des Leistungs niveaus.

Durch Leistungsabfälle bedingte Fehlbedienungen, falsche

Reaktionen bzw. übersehene Informationen können gravieren-

de Folgen mit sich bringen. Die Anwendung arbeitswissen-

schaftlicher Erkenntnisse aus der zivilen Forschung auf

derartige Situationen ist aufgrund der einsatzspezifischen

Besonderheiten allerdings nur eingeschränkt möglich.

Deshalb werden eigene Untersuchungs verfahren benötigt,

mit denen Arbeitsleistungen nach validen Kriterien erfasst

und bewertet werden können. Im Rahmen von Verbund-

Abb. 1: Einsatzorientierte Leistungsfähigkeit und belastende Arbeitsrahmenbedingungen

Abb. 2: Typischer Arbeitsplatz mit hohen kognitiven Anforderungen: der Leitungs- und Auswertestand Kleinfluggerät Zielortung Drohne

Abb. 4: Simulation komplexer Arbeitsprozesse (Entwicklungsstufe)

78 79

forschungsvorhaben des Institutes für Physiologie und

Anatomie an der Deutschen Sporthochschule Köln und

der Laborabteilung IV Wehrmedizinische Ergonomie und

Leistungsphysiologie im Zentralen Institut des Sanitäts-

dienstes der Bundeswehr Koblenz wurde bereits eine

Testumgebung entwickelt, die es ermöglicht, Einflüsse auf

militärtypische kognitive Leistungsanforderungen zu

analysieren. Der Forschungsansatz beruht auf einem multi-

methodalen Modell, das Verfahren zur Erfassung kognitiver

und feinmotorischer Kenngrößen, physiologische Mess-

metho den, computerunterstützte Fragebögen und eine reali-

tätsnahe Umgebungssimulation miteinander kombiniert

und synchronisiert.

Die bisher implementierten Testverfahren sind hauptsäch -

lich auf militärische Beobachtungs- und Überwachungs-

aufgaben ausgerichtet und können mehrschichtige kognitive

Prozesse nur bedingt nachbilden. Deshalb entwickeln die

Forschungspartner zurzeit Systemerweiterungen in Form

von praxis orientierten Arbeitsplatzsimulationen. Das Ziel sind

standardisierte Untersuchungsmöglichkeiten zum Verhalten

bei komplexen Arbeitstätigkeiten mit unterschiedlich gewich-

teten Kombinationen verschiedener kognitiver Fähigkeiten.

Im Vordergrund stehen hierbei das Kurzzeit- /Arbeitsge-

dächtnis, die visuelle und auditive Informationsaufnahme

sowie die allgemeine Informations verarbeitungskapazität.

Die psychologischen Verfahren werden durch physiologische

Methoden ergänzt, wobei insbesondere okulomotorische

Kenngrößen wie Fixationen, Sakkaden, Lidschluss oder

Pupillendilatation vielversprechende Möglichkeiten aufzeigen.

Unter Berücksichtigung tätigkeitsspezifischer Abhängigkeiten

und individueller Profile scheinen berührungslose Mess-

systeme zur Erfassung von Blickaktivitäten geeignet, drohende

Leistungseinbrüche identifizieren zu können bevor diese

realisiert werden.

Somit könnten mit Hilfe mobiler Okulomotorik-Technologien

Personen in kognitiv fordernden Arbeitssituationen belastungs-

frei überwacht und bei sich anbahnenden Aufmerksamkeits-

verlusten alarmiert werden. Besonders relevant sind solche

Systeme überall dort, wo bereits marginale Leistungsreduktio-

nen zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können, etwa

bei der Luftraumüberwachung, in Bodenkontrollstationen

oder in Leitstellen. Für die praktische Anwendung sind aller-

dings validierte Parameterspezifikationen notwendig, deren

Grundlagen mit den Arbeitsplatzsimulationen erarbeitet

werden müssen.

Abb. 3: Ermittlung von Fixationen mit Hilfe eines okulomotorischen Messsystems am Beispiel einer Geländeüberwachung

Page 42: Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 10 · Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau

Forschungsaktivitäten 2010

Untersuchung zur Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit bei der Nutzung des Full Mission Simulator und des Cockpit Trainer (Eurofighter)

Dr. rer. sec. Michael SteinFlugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck

[email protected]

Oberstarzt Dr. med. Franz Grell Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck

[email protected]

Durch die vermehrte Nutzung von Flugsimulatoren

steigt auch die Bedeutung der Simulatorkrankheit, die

negative Auswirkungen auf die Flugsicherheit haben

kann. Es ist das Ziel der Projektgruppe Simulator Sick-

ness, alle Flugsimulatoren der Bundeswehr bezüglich

der Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit zu

untersuchen und Vorschläge zur Minderung der Symp-

to matik zu erarbeiten.

Moderne fliegende Waffensysteme – wie z. B. Eurofighter,

A-400M, UH TIGER, NH-90 – können aufgrund der ge-

stie genen Systemkomplexität (Glass Cockpit, hoher Grad

an Teil-Automatisierung u. a.) und auch der veränderten

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur im Verbund

zwischen Real- und Simulatorflug sicher und effizient

betrieben werden.

Die Bundeswehr führt in diesem Rahmen u. a. die fliegerische

Basisschulung, die Musterberechtigung sowie das Luftkampf-

training durch. Dabei sind die Vorteile der Simulatornutzung

u. a. die Erhöhung der Flugsicherheit (z. B. können Missions-

und Trainingsinhalte vor dem Realflug eingeübt und opti-

miert werden), die Unabhängigkeit der Missionsdurch führung

von Wetterbedingungen, die Verringerung von Emissionen

(Lärm, CO2) sowie Betriebskostenminderungen. Neben den

auf ge führten Vorteilen können jedoch während und /oder nach

der Nutzung Befindlichkeitsstörungen wie z. B. Übelkeit,

Erbrechen, Desorientierung und Augenermüdung auftreten.

Diese werden unter dem Fachbegriff Simulatorkrankheit

subsumiert und sind aufgrund der Zunahme von Simulator-

Abb. 1: Cockpit Trainer (Cockpit) Abb. 2: Full Mission Simulator (Simulator-Dom)

80 81

stunden besonders stark zu gewichten, da insbesondere Flug-

und Fahrsicherheit sowie Qualität der Ausbildung tangiert

werden. Die am weitesten verbreitete und aner kannte Theo-

rie zur Erklärung von Simulatorkrankheit ist die sogenannte

Cue Conflict Theory. Im Rahmen dieser wird angenommen,

dass Simulatorkrankheit aufgrund eines cue conflict zwischen

zwei oder mehreren Sinneskanälen (u. a. visuell, vestibulär

und propriozeptiv) oder auch innerhalb eines Sinneskanals

her vorgerufen wird.

Zur Erhebung der Auftretenshäufigkeit und Schwere von

Simulatorkrankheit beim Full Mission Simulator und beim

Cockpit Trainer wurde ein quasiexperimentelles Design

(keine randomisierte Zuordnung der Probanden zu den

Versuchsbedingungen, keine Kontrolle der Missionen) mit

20 Eurofighter Piloten im Alter von 32 bis 45 durchgeführt.

Im Rahmen eines within subjects design flog jeder Proband

jeweils eine Mission im Cockpit Trainer (fünfkanaliges

Projektionssystem, 220° Blickfeld) und im Mission Flight

Simulator (13-kanaligem Projektionssystem, 360° Blickfeld).

Die Probanden wurden jeweils vor und nach einem Simulator-

flug u. a. mit dem Simulator Sickness Questionnaire, der Basler

Befindlichkeitsskala, dem Visual Fatique Questionnaire sowie

dem NASA TLX (nur nach dem Simulator Flug) befragt.

Die Ergebnisse der durchgeführten zweifaktoriellen Varianz-

analyse mit Messwiederholung auf einem Faktor (Allgemei-

nes Lineares Modell, korrigiert nach Greenhouse-Geisser)

zeigt bei dem Gesamtwert des Simulator Sickness Question-

naire keinen signifikanten Unterschied zwischen Vor- und

Nachtest (F = 0,206; p = 0,652; eta2 = 0,005; Teststärke = 0,073),

keine signifikante Differenz zwischen den Simulatoren

(F = 0,622; p = 0,435; eta2 = 0,015; Teststärke = 0,120) sowie

keinen Interaktionseffekt (F = 0,096; p = 0,758; eta2 = 0,002;

Teststärke = 0,061).

Auch bei den Subskalen Desorientierung, Übelkeit und

Oku lo motorisches Unwohlsein weisen die angewandten

statis ti schen Verfahren keine signifikanten Unterschiede aus.

Über dies treten keine Nacheffekte, wie Desorientierung oder

Übelkeit, auf. Bei Betrachtung der NASA TLX Resultate wird

deutlich, dass sowohl die geistigen Anforderungen als auch

die Anstrengung, ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erzielen,

mit ca. 60 % im mittleren Bereich liegen. Die Frustration

tritt bei den Probanden nur in sehr geringem Maße auf.

Ergebnisse von laufenden Studien zur Simulatorkrankheit

(EC-135, P-3C ORION, PA-200 TORNADO) werden im

Laufe des nächsten Jahres publiziert.

Abb. 3: Simulatorkrankheit (Gesamtwert) vor und nach der Nutzung des FMS und des CT (Mittelwerte und Konfidenzintervalle)

Abb. 4: Ergebnisse des NASA TLX (Mittelwerte und Konfidenzintervalle)

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Forschungsaktivitäten 2010

Untersuchungen zur Pathophysiologie der milden Form der neurologischen Dekompressionskrankheit

Flottenarzt PDDr. med. Andreas KochSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel

[email protected]

Dr. rer. nat. Wataru KählerSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel

[email protected]

Beim Tauchen mit Pressluft gilt das PFO als Risikofaktor

für die schwere DCS II. In einer Fall-Kontroll-Studie an

18 Patienten mit anamnestischer milder DCS II unter-

schieden sich diese weder in PFO-Inzidenz noch in Anzahl

von Läsionen im Hirn-MRT von einer gematchten Kon-

trollgruppe. Bei der milden DCS II scheint das PFO keinen

Risiko faktor darzustellen, und cerebrale Läsionen sind

nicht zu erwarten.

Beim Tauchen mit Tauchgerät sind die Zusammenhänge

zwischen der Expositionsdauer unter Überdruck und der not-

wendigen Dekompressionszeit bei Einsatz von Pressluft seit

langem bekannt, und der Stickstoffanteil der Atemluft zeich-

net für die ganz überwiegende Zahl von Dekompressions-

erkrankungen (DCS) durch Gasblasen in Blut oder Gewebe

verantwortlich.

Die Pathophysiologie der DCS gilt heute grundsätzlich

als gesichert, und weitgehend optimierte Dekompressions-

verfahren haben die Tauchsicherheit erheblich erhöht.

Allerdings bleibt dennoch ein Restrisiko für Dekompressions-

zwischenfälle bestehen. Gerade die DCS mit neurologischer

Symptomatik benötigt häufig langwierige Behandlungen in

Druckkammerzentren, und nicht selten hat der Taucher lange

bestehende Restschädigungen zu befürchten.

Das persistierende (offene) Foramen ovale (PFO) mit

einer bis zu 30 %igen Prävalenz in der Bevölkerung gilt als

Hauptursache der sekundären Arterialisation primär venöser

Inertgasblasen, die durch eine cerebrale Gasembolie eine

Abb. 1: Transcranielle Dopplersonographie (TCD) mit Nachweis eines persistierenden Formen ovale (PFO) durch zahlreiche Kontrastmittel-signale (HITS) in allen Schallfenstern nach Provokationsmanöver

Abb. 2: Hirn-MRT-Befund mit mehreren Läsionen (rote Pfeile), die als Folgeschäden nach kleineren cerebralen Gasembolien in Frage kommen

82

Oberstabsarzt Dr. med. Inga KochSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel

[email protected]

Dr. rer. med. Jens KowalskiSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel

[email protected]

83

neuro logische Dekompressionskrankheit (DCS II) mit schwer-

wiegender Symptomatik verursachen können. Es erstreckt

sich die gesicherte Datenlage zum Risikopotential des PFO

bislang nahezu vollständig auf diese selteneren Fälle einer

schweren DCS II. Im Gegensatz hierzu ist über die mög liche

Rolle des PFO in der Genese der weit häufigeren milden Form

der DCS II mit häufig diffuserer neurologischer Symptomatik

weit weniger bekannt. Gerade für die Entschei dungs findung

in Bezug auf ein generelles PFO-Screening auch für das

militärische Tauchen bestand somit aktueller Unter suchungs-

bedarf für diese Form der DCS II.

In einer Fallkontrollstudie wurden am Schifffahrtmedizi-

nischen Institut der Marine 18 Patienten mit Zustand nach

milder DCS II und 18 ähnlich erfahrene Taucher ohne Un-

fallvorgeschichte als Kontrollgruppe untersucht. Bei jedem

Studienteilnehmer wurden eine Untersuchung auf ein vor-

handenes offenes Foramen ovale und eine craniale Magnet-

resonanztomographie (MRT) zum Nachweis von Läsionen,

die als Residuen durchgemachter cerebraler Gas embolien

in Frage kamen, durchgeführt.

Hierbei ergab sich, dass sich die 18 Patienten mit Zustand

nach milder DCS II weder in der PFO-Prävalenz noch in

Inzidenz oder Anzahl an verdächtigen Läsionen im Hirn-

MRT von der gematchten Kontrollgruppe unterschieden.

Dieses Ergebnis steht damit in deutlichem Widerspruch

zur Literatur, die sich allerdings bislang fast ausschließlich

mit Fallgruppen befasst hatte, die der schwerwiegenderen

Form der DCS II zugerechnet werden müssen.

Die eigene Untersuchung betrachtete somit zum ersten

Mal gezielt diese mildere Variante der DCS II im Hinblick

auf den Stellenwert des PFO als Risikofaktor für paradoxe

Gasembolien bei der Dekompression.

Die milde Form der DCS II zeichnet sich nicht nur durch

ein in der Regel deutlich besseres klinisches Outcome aus,

darüber hinaus scheint das PFO als Risikofaktor für einen

Rechts-/Links-Shunt von Stickstoffblasen bei diesem Krank-

heitsbild im Gegensatz zur schweren Form keine Rolle zu

spielen. Ebenso wenig scheinen nachweisbare Läsionen im

Hirn-MRT ein Charakteristikum der milden DCS II zu sein.

Dies lässt vermuten, dass sich die Pathophysiologie der

milden Form erheblich von derjenigen der schweren DCS II

unterscheidet, bei der das gasembolische Geschehen im

Vordergrund steht. Hierzu sind weitere Untersuchungen not-

wendig, um diese nicht zuletzt für die Frage der weiteren

Tauchtauglichkeit nach einem milden Dekompressionsunfall

relevante Frage zu klären.

Abb. 3: Druckkammerzentrum HYDRA 2000 am Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine zur Behandlung der DCS II

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118585

3 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung

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Forschungsaktivitäten 2010

Einsatzwirklichkeit und Museum

Dr. Gorch PiekenMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden

[email protected]

Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in

Dresden versteht sich als eine zentrale Forschungs-

und Arbeitsstätte für historisches Lernen und politische

Bildung am authentischen Exponat. Die Vielperspektivi-

tät der Ausstellung lässt Raum für verschiedene Wahr-

nehmungen, Interpretationen und Erinnerungsdiskurse,

insbesondere auch zu Entwick lungen und Ereignissen

der jüngsten Zeitgeschichte.

Mit dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr

(MHM) entsteht derzeit in Dresden das größte militär-

geschichtliche Museum der Bundesrepublik Deutschland

und gleichzeitig das erste zentrale Museum aller Teilstreit-

kräfte der Bundeswehr.

Die Gebäude des MHM beherbergten bis zur deutschen

Einheit das Armeemuseum der Nationalen Volksarmee,

dessen Sammlung und Liegenschaften von der Bundeswehr

übernommen wurden. Durch den Erlass zur Konzeption für

das Museumswesen in der Bundeswehr vom 14. Juni 1994

des Bundesministers der Verteidigung erhielt das MHM die

Funktion eines Leitmuseums im Museums- und Sammlungs-

verbund der Bundeswehr. Erstmals seit Grün dung der Bundes-

wehr wird nun ihre verdinglichte Geschichte systematisch

gesammelt und bewahrt.

Mit der notwendigen Grundsanierung eines Altbaus und der

Errichtung eines Erweiterungsbaus wurde nach einem inter-

nationalen Wettbewerb der amerikanische Architekt Daniel

Libeskind beauftragt. Der von ihm entworfene keilförmige,

86 87

asymmetrische Neubau durchdringt den streng gegliederten

Altbau und schafft mit geschossübergreifenden Sälen Platz

für große Schwerexponate. Der Raum folgt hier der Funktion.

Und gleichzeitig sind auf diesen inhaltliche Codierungen über-

tragen, die das Gebäude zum ersten und größten Exponat der

Ausstellung machen.

Das MHM versteht sich als ein Forum der öffentlichen

Aus einandersetzung mit Militär und Militärgeschichte.

Auf der Grundlage einer historisch-kritischen Spurensuche

werden dort aktuelle politisch-militärische Entwicklungen

nicht nur fachkundig und kontrovers diskutiert, sondern auch

umfassend ausgestellt. Damit unterscheidet sich das MHM

von den meisten historischen Museen, die in der Regel die

Gegenwart als Ausstellungsthema kategorisch ausschließen.

Das MHM verlässt sich auf das authentische Exponat als

primären Baustein seiner Ausstellung, auch in den Bereichen

zur neuesten Zeitgeschichte. Durch die sinnlich-konkrete

Wirkung der Objekte unterscheidet sich die historische

Auseinandersetzung im Museum gerade von den begriff -

lich-abstrakten Formen in Archiven und (Hoch-)Schulen.

Im Museumsboom der letzten Jahre spiegelt sich ein großes

Bedürfnis nach Sichtbarmachung des Vergangenen.

Hannah Arendt vertrat gar die These, dass Erinnerung ohne

Materialität nicht möglich wäre.

Die Ausstellung wird insbesondere bei Soldatinnen und

Soldaten eigene Erinnerungen auslösen, die sie aber auch

in die Erzählung einflechten können, indem sie sich an

Zeitzeugenforen beteiligen. Das Zeitzeugengespräch im

audiovisuellen Medium und live in öffentlichen Veran-

staltungen hat, als eine neue Art der historischen Über-

lieferung, seinen Platz im Museum. „Um Geschichte zu

lernen, muss man der Geschichte ins Auge sehen“, sagt

Steven Spielberg.

Auch viele Exponate des Alltags und der Einsatzwirk-

lichkeit, bei denen es sich nur auf den ersten Blick um

unscheinbare Dinge handelt, vermitteln Geschichten und

Geschichte. Im Museum werden sie erforscht und bewahrt.

Die Objekte werden in ihrem Sinnzusammenhang erläutert,

durch Arrangements mit anderen Exponaten, mit kommen-

tierenden und kontextualisierenden Dokumenten und Ver-

weisobjekten auch der neuesten Politik-, Wirtschafts-

und Sozialgeschichte.

Zentral für die neue Dauerausstellung, die Ende 2011 eröffnet

wird, ist ihr multiperspektivischer Ansatz. Feststehende Erwar-

tungen werden hinterfragt, Blickwechsel ermöglichen einen

neuen Blick auf komplexe militärhistorische und kulturge-

schichtliche Fragestellungen. Offen, vielfältig und kontrast-

reich präsentiert sich ein Museum, das seine Besucher anregen

möchte, eigene Standpunkte zu suchen.

Der Libeskind-Bau mit der neuen Dauerausstellung öffnet

an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit

Denkräume für die Auseinandersetzung mit Militärgeschichte,

für den gesellschaftlichen Diskurs und für spezifische For-

schungsvorhaben über die Rolle von Krieg und Militär in

Vergangenheit und Gegenwart, insbesondere mit Bezug

auf die aktuellen Einsätze der Bundeswehr.

Abb. 1: Alt- und Neubau des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, Dresden

Abb. 4: Außenbordmotor einer Piraten-Dau. Dieser Au-ßenbordmotor wurde von der Fregatte Karlsruhe während der Operation Atalanta sicher-gestellt

Abb. 2: Im März 1997 evakuierte die Bundeswehr deutsche und ausländische Bürger aus Albanien. Um den Soldaten die Sicherungsaufgaben beim Absitzen von Hubschraubern zu veranschaulichen, zeichnete ein Feldwebel auf einer leeren EPa-Verpackung die Stellung jedes Einzelnen auf den Karton

Abb. 5: Am 27. November 2004 wurde in Kunduz auf eine Patrouille des deutschen ISAF-Kontingents ein Anschlag verübt und ein leichter LKW WOLF der Bun-deswehr durch eine ferngezündete Sprengstoffladung beschädigt. Die drei Soldaten im Fahrzeuginneren wurden unterschiedlich schwer verwundet

Abb. 3: Wachbuch des deutschen IFOR-Kontingents in Trogir/Kroatien 1996. Im Wachbuch sind Über-schreitungen des Zapfenstreichs und Missachtungen der Kleiderordnung ebenso dokumentiert, wie Ein-bruchsversuche oder der Besuch von Prostituierten, die am Kasernentor abgewiesen wurden

Abb. 6: Robe von Richter Dr. Hans-Peter Kaul. Der Internationale Strafgerichtshofs in Den Haag ist das erste ständige und unabhängige Weltstrafgericht in der Geschichte. 2009 wurde erstmals gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt ein Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgestellt

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Forschungsaktivitäten 2010

Zur Einsatzmotivation und Dienstzufriedenheit von Bundeswehrangehörigen

Dr. Anja SeiffertSozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg

[email protected]

Carsten Pietsch M.A.Sozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg

[email protected]

Dipl.-Pol. Rüdiger FiebigSozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg

[email protected]

Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr

(SWInstBw) betreibt im Auftrag des Bundesministeri-

ums der Verteidigung streitkräftebezogene empirische

Sozialforschung. In diesem Rahmen ermitteln die

Forschungsschwerpunkte „Einstellungsforschung und

Meinungsumfragen“ sowie „Sozialwissenschaftliche

Begleitung der Auslandseinsätze“ kontinuierlich das

Meinungsbild der Bundeswehrangehörigen.

Die Frage nach der Motivation von Bundeswehrangehörigen

ist eines der Kernthemen der militärsoziologischen Forschung

am SWInstBw, das sowohl eine hohe militärpraktische als auch

wissenschaftliche Relevanz hat. Motivation und Zufrieden heit

spielen für die Einsatzbereitschaft und Leistungs fähigkeit eine

herausragende Rolle. So trägt eine hohe Motivation dazu bei,

dass Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen der Bundes-

wehr bereit sind, auch existenziellen Gefahren standzuhalten.

Sowohl in den jährlichen Streitkräfte- und Bundeswehr-

befragungen des SWInstBw als auch in den seit 1998 durch-

geführten Befragungen von Soldatinnen und Soldaten in

Einsätzen der Bundeswehr werden regelmäßig Indikatoren

der Motivation, des beruflichen Selbstverständnisses sowie

der Berufs- und Dienstzufriedenheit repräsentativ erhoben.

Das Design der Befragungen mit umfangreichen Stichproben-

größen ermöglicht es, Strukturen und Determinanten von

Motivation und Dienstzufriedenheit über alle Dienst grad-

und Statusgruppen hinweg vergleichend zu analysieren. So

lässt sich beispielsweise feststellen, welche Faktoren bei

Soldatinnen und Soldaten die Bereitschaft erhöhen, die

Abb. 1: Zwei Mitarbeiter (r.) des SWInstBw befragen einen Soldaten in Afghanistan

Abb. 2: Soldaten der Bundeswehr im Gespräch mit einem afghanischen Sprachmittler

Abb. 4: Ergebnisse der Streitkräftebefragung 2009

88 89

Belastungen und Gefahren eines Einsatzes auf sich zu neh-

men, welche Aspekte die soldatische Motivation befördern

oder aber welche Einflüsse demotivierend wirken.

Im Rahmen der Studie „Sozialwissenschaftliche Begleitung

des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan – ISAF 2010“

führte das SWInstBw im Laufe des Jahres 2010 repräsentative

Befragungen der Angehörigen des 22. Kontingents vor, im

und nach ihrem Einsatz durch. Dabei wurden die Soldatinnen

und Soldaten auch zu ihrer Einsatzmotivation befragt. Die

Daten der Vorbefragung zeigen, dass die Soldatinnen und

Soldaten insgesamt eine hohe Einsatzbereitschaft und Moti-

vation aufweisen. Die Mehrzahl des Kontingents hat sich frei-

willig für den Einsatz gemeldet und ist stolz, Ange hörige des

Kontingents zu sein. Wesentliche Gründe für die freiwillige

Einsatzteilnahme stellen die gute Kameradschaft im Einsatz,

der Sinn des Auftrages und die Aussicht auf Zusammenarbeit

mit anderen Nationen dar. Finanzielle Überlegungen sind für

die Befragten zwar nicht unwesentlich, sie alleine reichen als

Motivationsquelle jedoch nicht aus.

Dieser Befund bestätigt Ergebnisse von Vorgängerunter-

suchungen des SWInstBW in Auslandseinsätzen der Bundes-

wehr, wonach finanzielle Aspekte lediglich ein Anreiz sind

für die Bereitschaft in einen Einsatz zu gehen, aber weniger

als Motivationsquelle dienen.

Neben den Befragungen von Soldatinnen und Soldaten im

Afghanistaneinsatz wurden zudem in einer aktuellen Be-

fragung von Angehörigen der Territorialen Wehrverwaltung

10.000 Beschäftigte zu ihrer Dienstzufriedenheit und Motiva-

tion für einen Auslandseinsatz befragt. Diese sehen in einem

Auslandseinsatz vor allem die Chance, wertvolle Erfahrungen

zu sammeln. Auch der finanzielle Anreiz spielt eine Rolle.

Gegen einen Einsatz sprechen nach Meinung der Beschäftig-

ten vor allem eine mögliche Gefährdung sowie die Trennung

von Partner und Familie.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch für die Sol-

datinnen und Soldaten der Bundeswehr ein wichtiges Thema.

Die Streitkräftebefragung 2009 identifizierte diesen Aspekt

als entscheidenden Faktor für die Dienstzufriedenheit der Be-

fragten, und auch in den Einsatzbefragungen kristallisiert sich

die Trennung von der Familie als ein zentraler Aspekt für die

Einsatzbereitschaft heraus.

Abb. 3: Ergebnisse der Bundeswehrbefragung 2010 in der Territorialen Wehrverwaltung

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119191

4 Geowissenschaftliche Forschung

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Forschungsaktivitäten 2010

Die Überwachung der Naturausstattung – ein Beitrag zum naturrechtskonformen Betrieb von militärischen Übungsplätzen

Dipl.-Lök. Wilfried GrootenAmt für Geoinformationswesender Bundeswehr, Euskirchen

[email protected]

Dipl.-Geogr. Hanspeter MußlerAmt für Geoinformationswesender Bundeswehr, Euskirchen

[email protected]

Die Erfassung und Bewertung der Naturausstattung auf

Übungsplätzen ist eine Voraussetzung für den Betrieb der

für Ausbildung und Einsatzvorbereitung der Bundeswehr

unerlässlichen Einrichtungen. Die auf GeoInfo-Daten-

gewinnung aufsetzenden Pläne bilden die Grundlage für

ein nachhaltiges Geländemanagement, bei dem die natur-

schutzrechtlichen Vorgaben der EU, des Bundes und der

Länder nachweislich eingehalten werden.

Für die militärische Ausbildung sind Truppen- und Stand ort-

übungsplätze unentbehrlich, da sie einen realistischen Übungs -

raum mit möglichst vielen Landschaftsstrukturen darstellen.

Nur hier ist es möglich, durch Ausbildung, Üben und Schießen

die wesentlichen Fähigkeiten für die Erfüllung des Auftrags

im Einsatz zu erwerben.

Die Übungsplätze unterliegen dabei als Teil des Staatsgebiets

den für Natur-, Landschafts- und Artenschutz geltenden Ge-

setzen. Der hohe Wert der Übungsplätze für den Naturschutz

besteht dabei anerkanntermaßen überwiegend nicht trotz,

sondern gerade wegen der militärischen Nutzung und zeigt

sich insbesondere durch das großflächige Vorhandensein

gefährdeter Biotope /Lebensraumtypen und die Vielzahl ge-

schützter Arten, die oftmals nur noch auf militärischen

Übungsplatzen anzutreffen sind.

Der besonderen Bedeutung der Übungsplätze für den Biotop-

und Artenschutz als Folge der jahrzehntelangen spezifischen

Nutzung wird in Richtlinien, Erlassen und Weisungen der

Bundeswehr Rechnung getragen, die den gesetzlichen Auf-

Abb. 1: Sperrgebiet TrÜbPl Baumholder Abb. 2: Biotoptyp Moorsee

92 93

lagen zum Boden-, Wasser-, Biotop- und Artenschutz ent-

sprechen (EU, Bund, Land). Freiwillige Selbstbindungen

der Bundeswehr kommen hinzu. Diese sind u. a. in der

Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Übungsplätzen

in Deutschland dargelegt.

Das Einhalten derartiger Ziele setzt eine dezidierte Erfas-

sung und Bewertung der Naturausstattung voraus. Diese

Aufgabe wird durch Experten des Geoinformationsdienstes

der Bundeswehr wahrgenommen, die dabei auf eine lang-

jährig auf gebaute Fachexpertise zurückgreifen können.

Mit den flächendeckenden Biotopkartierungen werden die

not wendigen Arbeitsgrundlagen für eine bestimmungsge-

mäße militä rische Nutzung und ein ökologisch orientiertes

Gelände mana gement geschaffen.

Im Mittelpunkt des Ressortforschungsinteresses stehen dabei

die Verfahren zur Identifizierung und Kartierung von Biotopen

und Lebensraumtypen (LRT) sowie ausgewählter Arten

(Flora und Fauna). Diese Erfassungen stellen eine wesentliche

Grundlage für Benutzungs- und Bodenbedeckungspläne

(BB-Pläne) dar. Aus den BB-Plänen werden anschließend die

Maßnahmen-, Pflege- und Entwicklungspläne (MPE-Pläne)

abgeleitet.

Die Entwicklung einer dem Auftrag entsprechenden

Biotopkartierungsanleitung für Bundeswehrliegenschaften

(BKBu) wurde 2009 abgeschlossen und seitdem auf Übungs-

plätzen eingesetzt. Hierbei werden alle Biotoptypen und LRT

flächendeckend erfasst und bewertet. Die Ergebnisse der

landschaftsökologischen Freiland erhebungen werden mittels

Geo infor mationssystemen (GIS) zusammengeführt.

Derzeit sind ca. 60 % der militärischen Übungsfläche in

Deutschland als Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und /oder Vogel-

schutzgebiet gemeldet. Da die Bundesländer für Naturschutz

und Landschaftspflege zuständig sind, werden seit 2004 suk-

zessive Vereinbarungen über den Schutz von Natur und Land-

schaft auf militärischen Übungsplätzen zwischen dem Bund

und den Ländern ab geschlossen. Die naturschutzfachlichen

Erhebungen für BB-Pläne bilden somit auch die Grundlage

für die gemäß der EU-Richtlinien zu erstellenden Manage-

mentpläne.

Die Erfassung der FFH-LRT, Tier- und Pflanzenarten und

die Kriterien zur Ermittlung des Erhaltungszustandes richten

sich dabei nach den Standards der jeweiligen Bundesländer.

In Abhängigkeit von der Zielkonzeption für das jeweilige

NATURA 2000 Gebiet und der militärischen Zweckbestim-

mung des Übungsplatzes werden für die erfassten LRT

und Arten Maßnahmenempfehlungen formuliert, die als Basis

für den späteren MPE-Plan dienen. Im Rahmen der Bestands-

überwachung (Bestandsmonitoring) werden Entwicklungen

zukünftig regelmäßig dokumentiert und Dauerbeobachtungs-

flächen zur Effizienzkontrolle der durchgeführten Pflegemaß-

nahmen angelegt. Die Optimierung der eingesetzten Verfahren

zur GeoInfo-Datengewinnung und eine integrierte Durch-

führung der Effizienzkontrolle sind die Schwerpunkte der

diesbezüg lichen geowissenschaftlichen Forschungs- und

Entwicklungs arbeiten.

Abb. 3: Lebensraumtyp 4030 Trockene Europäische Heide Abb. 4: TrÜbPl Jägerbrück – Biotoptypenkarte

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5 Anhang

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Adressen und Kontakte

Bundesministerium der VerteidigungPostfach 13 28 53003 Bonn Internet: www.bmvg.de

Hauptabteilung Rüstung – Rü IV 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 42 57 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 16 90 E­Mail: [email protected]

Abteilung Modernisierung – M II / IT 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 92 50 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 74 14 E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Streitkräfte – Fü S I 3 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 97 10 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 14 85 E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Streitkräfte – Fü S I 4 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 97 68 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 68 13 E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Streitkräfte – Fü S II 6 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 90 30 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 63 64 E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Streitkräfte – Fü S / UniBw Tel.: +49 (0) 30 / 20 04 ­ 24 46Fax: +49 (0) 30 / 20 04 ­ 23 27E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Luftwaffe – Fü L II 1 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 46 80Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 65 73E­Mail: [email protected]

Führungsstab der Marine – Fü M II 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 47 39Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 50 03E­Mail: [email protected]

Führungsstab des Sanitätsdienstes – Fü San I 1 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 62 33Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 75 46E­Mail: [email protected]

Abteilung Personal­, Sozial­ und Zentralangelegenheiten – PSZ III 6 (Referat Wehrpsychologie/Militär­psychologie)Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 74 05Fax: +49 (0) 228 / 99 24 ­ 13 35E­Mail: [email protected]

Wehrtechnische Dienststelle für Kraftfahrzeuge und Panzer (WTD 41) Kolonnenweg 54296 Trier ­ Grüneberg Tel.: +49 (0) 651 / 91 29 ­ 0 Fax: +49 (0) 651 / 91 29 ­ 26 00 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd41

Wehrtechnische Dienststelle für Pionier­ und Truppengerät (WTD 51) Universitätsstraße 5 56070 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 4 00 17 ­ 01 Fax: +49 (0) 261 / 4 00 18 ­ 57 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd51

Wehrtechnische Dienststelle für Schutz­ und Sondertechnik (WTD 52) Oberjettenberg 83458 Schneizlreuth Tel.: +49 (0) 86 51 / 79 ­ 0 Fax: +49 (0) 86 51 / 16 ­ 00 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd52

Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge – Muster­prüfwesen für Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) Flugplatz 85077 Manching Tel.: +49 (0) 84 59 / 80 ­ 1 Fax: +49 (0) 84 59 / 80 ­ 20 22 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd61

Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen,Maritime Technologie und Forschung(WTD 71) Berliner Straße 115 24340 Eckernförde Tel.: +49 (0) 43 51 / 467 ­ 0 Fax: +49 (0) 43 51 / 467 ­ 15 0 E­Mail: [email protected]: www.bwb.org/wtd71

Forschungsbereich für Wasserschall und Geophysik (FWG) der WTD 71Berliner Straße 115 24340 Eckernförde Tel.: +49 (0) 431 / 607 ­ 0 Fax: +49 (0) 431 / 607 ­ 41 50 E­Mail: WTD71F&[email protected] Internet: www.bwb.org/wtd71

Bundesamt für Informations­management und Informations­technik der Bundeswehr (IT­AmtBw) Postfach 30 01 53 56057 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 400 ­ 0 Fax: +49 (0) 261 / 400 ­ 44 05 E­Mail: IT­[email protected] Internet: www.it­amtbw.de

Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) Postfach 30 01 65 56057 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 400 ­ 0 Fax: +49 (0) 261 / 400 ­ 38 66 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org

Helmut­Schmidt­Universität /Universität der Bundeswehr HamburgPostfach 70 08 2222008 HamburgTel.: +49 (0) 40 / 65 41 ­ 1 Fax: +49 (0) 40 / 65 41 ­ 28 69 E­Mail: pressestelle@hsu­hh.deInternet: www.hsu­hh.de

Universität der Bundeswehr MünchenWerner Heisenberg­Weg 3985577 NeubibergTel.: +49 (0) 89 / 60 04 ­ 0 Fax: +49 (0) 89 / 60 04 ­ 35 60 E­Mail: [email protected]: www.unibw.de

Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik (WTD 81) Kalvarienberg 91171 Greding Tel.: +49 (0) 84 63 / 65 20 Fax: +49 (0) 84 63 / 65 26 07 ­ 707 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd81

Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) Am Schießplatz 49716 Meppen Tel.: +49 (0) 59 31 / 43 ­ 0 Fax: +49 (0) 59 31 / 43 ­ 20 91 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd91

Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – ABC­Schutz (WIS) Postfach 11 42 29623 Munster Tel.: +49 (0) 51 92 / 136 ­ 201 Fax: +49 (0) 51 92 / 136 ­ 355 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wis

Wehrwissenschaftliches Institut für Werk­ und Betriebsstoffe (WIWeB) Postfach 14 32 85424 Erding Tel.: +49 (0) 81 22 / 95 90 ­ 0 Fax: +49 (0) 81 22 / 95 90 ­ 39 02 E­Mail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wiweb

96 97

Page 51: Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 10 · Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau

Amt für Geoinformationswesender BundeswehrFrauenberger Straße 25053879 EuskirchenTel.: + 49 (0) 22 51 / 953 ­ 0Fax: + 49 (0) 22 51 / 953 ­ 50 55E­Mail: [email protected]

MilitärgeschichtlichesForschungsamtZeppelinstr. 127/12814471 PotsdamTel.: +49 (0) 331 / 97 14 ­ 501Fax: +49 (0) 331 / 97 14 ­ 507E­Mail: [email protected]: www.mgfa.de

Sozialwissenschaftliches Institutder BundeswehrPrötzeler Chaussee 2015344 StrausbergTel.: +49 (0) 33 41 / 58 18 00Fax: +49 (0) 33 41 / 58 18 02E­Mail:[email protected]: www.sowi.bundeswehr.de

Institut für den Medizinischen Arbeits­ und Umweltschutz der BundeswehrScharnhorststr. 1310115 BerlinTel.: +49 (0) 30 / 28 41 ­ 25 01Fax: +49 (0) 30 / 28 41 ­ 25 03E­Mail: [email protected]

Institut für Mikrobiologieder BundeswehrNeuherbergstr. 1180937 MünchenTel.: + 49 (0) 89 / 31 68 ­ 39 82Fax: + 49 (0) 89 / 31 68 ­ 39 83E­Mail: [email protected]

Institut für Pharmakologie und Toxikologie der BundeswehrNeuherbergstr.1180937 MünchenTel.: +49 (0) 89 / 31 68 ­ 29 25Fax: +49 (0) 89 / 31 68 ­ 23 33E­Mail:[email protected]

Institut für Radiobiologieder Bundeswehr in Verbindung mit der Universität UlmNeuherbergstr. 1180937 MünchenTel.: + 49 (0) 89 / 31 68 ­ 22 51Fax: + 49 (0) 89 / 31 68 ­ 22 55E­Mail: [email protected]

Flugmedizinisches Institutder LuftwaffePostfach 1264 / KFL82242 FürstenfeldbruckTel.: + 49 (0) 81 41 / 53 60 ­ 20 00Fax: + 49 (0) 81 41 / 53 60 ­ 29 99E­Mail: [email protected]

Schifffahrtmedizinsches Institutder MarineKopperpahler Allee 12024119 KronshagenTel.: + 49 (0) 431 / 54 09 ­ 17 00Fax: + 49 (0) 431 / 54 09 ­ 17 78E­Mail: [email protected]: www.marine.de

Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr KoblenzLaborabteilung IV – Wehrmedizinische Ergonomie und Leistungsphysiologie –Andernacher Straße 10056070 KoblenzTel.: + 49 (0) 261 / 896 ­ 74 04Fax: + 49 (0) 261 / 896 ­ 74 09E­Mail: [email protected]: www.sanitaetsdienst­bundeswehr.de

Deutsch­Französisches Forschungsinstitut Saint­Louis

Postfach 126079547 Weil am Rhein

5, rue du Général Cassagnou F­68300 Saint­LouisTel.: + 33 (0) 389 / 69 50 ­ 00 Fax: + 33 (0) 389 / 69 50 ­ 02

E­Mail: [email protected] Internet: www.isl.eu

Militärhistorisches Museum der BundeswehrOlbrichtplatz 201099 DresdenTel.: +49 (0) 351 / 823 ­ 28 03 Fax: +49 (0) 351 / 823 ­ 28 05E­Mail: [email protected]

98

Fraunhofer­Verbund Verteidigungs­ und Sicherheitsforschung VVS Eckerstraße 4 79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 ­ 351 Fax: +49 (0) 761 / 27 14 ­ 400 E­Mail: [email protected] Internet: www.vvs.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Kurzzeitdynamik Ernst­Mach­Institut, EMI Eckerstraße 4 79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 ­ 351 Fax: +49 (0) 761 / 27 14 ­ 400 E­Mail: [email protected] Internet: www.emi.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHRNeuenahrer Str. 20 53343 Wachtberg Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 ­ 227 Fax: +49 (0) 228 / 94 35 ­ 627 E­Mail: [email protected]: www.fhr.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Kommunikation, Informations­verarbeitung und Ergonomie FKIENeuenahrer Str. 20 53343 Wachtberg Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 ­ 219 Fax: +49 (0) 228 / 94 35 ­ 685 E­Mail: [email protected]: www.fkie.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF Tullastraße 72 79108 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 51 59 ­ 458 Fax: +49 (0) 761 / 51 59 ­ 714 58 E­Mail: [email protected] Internet: www.iaf.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Chemische Technologie ICT Joseph­von­Fraunhofer­Straße 7 76327 Pfinztal Tel.: +49 (0) 721 / 46 40 ­ 401 Fax: +49 (0) 721 / 46 40 ­ 442 E­Mail: [email protected] Internet: www.ict.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Naturwissenschaftlich­Technische Trendanalysen INT Postfach 14 91 53864 Euskirchen Tel.: +49 (0) 22 51 / 18 ­ 0 Fax: +49 (0) 22 51 / 18 ­ 277 E­Mail: [email protected] Internet: www.int.fraunhofer.de

Fraunhofer­Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB

Standort KarlsruheFraunhoferstraße 176131 KarlsruheTel.: +49 (0) 721 / 60 91 ­ 210Fax: +49 (0) 721 / 60 91 ­ 413 Standort EttlingenGutleuthausstraße 176275 EttlingenTel.: +49 (0) 7243 / 992 ­ 131Fax: +49 (0) 7243 / 992 ­ 299

E­Mail: [email protected]: www.iosb.fraunhofer.de

99Adressen und Kontakte

Page 52: Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 10 · Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt DLRLinder Höhe51147 KölnTel.: +49 (0) 2203 / 601 ­ 21 16Fax: +49 (0) 2203 / 601 ­ 32 49E­Mail: info­[email protected]: www.dlr.de

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme DLR IHR 82234 WeßlingTel.: +49 (0) 81 53 / 28 23 05 Fax: +49 (0) 81 52 / 28 11 35 E­Mail: [email protected] Internet: www.dlr.de/hr

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt, Institut für Technische Physik DLR ITPPfaffenwaldring 38­4070569 StuttgartTel.: +49 (0) 771 / 68 62 ­ 302Fax: +49 (0) 771 / 68 62 ­ 788E­Mail: [email protected] Internet: www.dlr.de/tp

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt, Institut für Aerodynamik und Strömungs­technik DLR IAS

Standort BraunschweigLilienthalplatz 738108 BraunschweigTel.: +49 (0) 531 / 295 ­ 24 00Fax: +49 (0) 531 / 295 ­ 23 20E­Mail: [email protected]

Standort GöttingenBunsenstraße 1037073 Göttingen Tel.: +49 (0) 551 / 709­ 2177Fax: +49 (0) 551 / 709 – 2889E­Mail: [email protected]

Internet: www.dlr.de/as

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt, Institut für Flugsystemtechnik DLR FTLilienthalplatz 738108 BraunschweigTel.: +49 (0) 531 / 295 ­ 26 00Fax: +49 (0) 531 / 295 ­ 28 64E­Mail: [email protected]: www.dlr.de/ft

Deutsches Zentrum für Luft­ und Raumfahrt, Institut für Luft­ und RaumfahrtmedizinDLR MELinder Höhe51147 KölnTel.: +49 (0) 22 03 / 601 ­ 35 24Fax: +49 (0) 22 03 / 69 62 12E­Mail: [email protected]: www.dlr.de/me

100Adressen und Kontakte

Page 53: Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 10 · Wehrwissenschaftliche Forschung Jahresbericht 2010 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau

HERAUSGEBERBundesministerium der VerteidigungUnterabteilung Rü IVFontainengraben 15053123 Bonn

GESTALTUNG UND REALISATIONKonzeptbüro Schneider, Erftstadt

INHALTLICHE BETREUUNGFraunhofer INT, Euskirchen

DRUCKWarlich Druck Meckenheim GmbH, Meckenheim

STANDMärz 2011

FOTOSAmt für Geoinformationswesen der Bundeswehr, EuskirchenArchitekt Daniel Libeskind AG, ZürichArtillerieschule Idar­Oberstein Britisch Institute of Radiobiology, LondonBundesministerium der Verteidigung, BonnChristian­Albrechts­Universität, KielDLR, Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, BraunschweigDLR, Institut für Flugsystemtechnik, BraunschweigDLR, Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme, WeßlingDLR, Institut für Luft­ und Raumfahrt­Medizin, KölnDLR, Institut für Technische Physik, Stuttgart/LampoldshausenDr. Alexander Witzki/BundeswehrDr. Krusche & Partner PartG Fa. Atlas ElektronikFliedner TM, Friesecke I, Beyrer K (eds) 2001, Medical Management of Radiation Accidents: Manual on the Acute Radiation Syndrome, British Institute of Radiobiology, London Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, FürstenfeldbruckFraunhofer EMI, Freiburg i. Br.Fraunhofer FHR, WachtbergFraunhofer FKIE, WachtbergFraunhofer IAF, Freiburg i. Br.Fraunhofer ICT, PfinztalFraunhofer INT, EuskirchenFraunhofer IOSB, Karlsruhe, EttlingenHelmut­Schmidt­Universität / Universität der Bundeswehr HamburgInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, MünchenInstitut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, MünchenInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr, MünchenISL, Saint­LouisIT­AmtBw, KoblenzMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr, DresdenPIZLw Multimedia, KölnRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine, KielSKA – Mediendatenbank der BundeswehrSozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr, StrausbergUniversität der Bundeswehr MünchenWIS, MunsterWIWeB, ErdingWTD 52, OberjettenbergWTD 71, EckernfördeWTD 81, GredingZInstSanBw, Koblenz

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