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Wehrwissenschaftliche ForschungJahresbericht 2010Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr
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Wehrwissenschaftliche ForschungJahresbericht 2010Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr
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Denken vom Einsatz her bedeutet, dass alle Aufgaben der Bundeswehr als ein einheitliches Leistungspaket zu verstehen sind. Einsatzorientierung betrifft die Bundeswehr in ihrer Gesamtheit. Einsatz ist der zentrale Prozess. Einsatzorientierung in diesem ganz heitlichen Sinne erfordert, die wesentlichen Prozesse der Bundeswehr durchgängig auf dieses Leistungspaket auszurichten. Die Prozesse der wehrwissenschaftlichen Forschung unterstützen in fünf Forschungs bereichen den Fähigkeitsaufbau für die Eins ätze mit unterschiedlichem zeitlichen Vorlauf. Voraussetzung für den Erfolg dieser Prozesse der Forschung in der Wehrtechnik, in der Wehrmedizin und Wehr psychologie, in der Militär geschichte, in den Sozialwissenschaften und in den Geowissenschaften ist, sie ständig an den An forderungen des Einsatzes auszurichten.
Mit den Leitlinien des Bundesministers der Verteidigung zur Ausplanung der neuen Bundeswehr vom Juni 2010, dem Bericht der
Strukturkommission der Bundeswehr vom Oktober 2010 und den daraus abgeleiteten Strukturüberlegungen sind die Kerngedanken für den Umbau der Bundeswehr definiert worden. Gerade in Zeiten des Umbruchs, in denen die Bundeswehr als Organisation mit gesellschaftlicher Verantwortung Zeichen der Identität benötigt, wirken Wissenschaft und Forschung über die Streitkräfte hinaus. Wehrwissenschaftliche Forschung stellt damit beim anstehenden Umbau der Bundeswehr eine wichtige Konstante für die Weiterent wicklung der Bundeswehr und die erfolgreiche Bewältigung der Einsätze dar.
Das BMVg führt wehrwissenschaftliche Forschung zur Erfüllung seines Auftrages im Rahmen der nationalen Sicherheitsvorsorge durch. Dies umfasst das Verfügbarmachen aller erforderlichen wissenschaftlichen Erkenntnisse in allen für die Verteidigungsforschung rele van ten Bereichen. Dadurch soll die Bundes
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Auftrag und Aufgaben der Bundeswehr er ge ben sich aus dem Weißbuch, den Ver teidigungspolitischen Richtlinien und der Konzeption der Bundeswehr. Sie bilden die Grundlage für die Bundeswehrplanung. Übergeordnete Zielsetzung für die Bundeswehrplanung ist die stän dige Verbesserung und der dauerhafte Erhalt der Einsatzfähigkeit der Bundeswehr im vorge ge benen Aufgabenspektrum. Weitere Schwerpunkte liegen bei der Umsetzung rechtlicher Vorgaben, bei Maßnahmen zur unmittelbaren Abwendung von Gefahr für Leben und Gesundheit aller Ange
hörigen der Bundeswehr, des Schutzes von Personal im Einsatz sowie zur unmittelbaren Einsatzunterstützung.
Die laufenden Einsätze sind nicht alleiniger Maßstab für künftige Anforderungen. Dennoch bleiben Operationen im Rahmen der Konfliktverhütung und Krisenbewältigung einschließlich des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus die wahrscheinlichste Einsatzform und sind damit vorrangig bestimmend für Gliederung, Ausrüstung, Ausbildung und das geistige Rüstzeug der Streitkräfte.
Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr
MinisterialdirigentDipl.-Ing. Erwin BernhardUnterabteilungsleiter Rü IVund ForschungsbeauftragterBundesministerium derVerteidigung
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wehr in die Lage versetzt werden, als Instrument einer umfassend angelegten, zukunftsfähigen Sicherheits und Verteidigungspolitik für die nationale Sicherheit zu sorgen, zur Verteidigung der Verbündeten beizutragen, einen Beitrag zur Stabilität im internationalen Rahmen zu leisten und die multinationale Zusammenarbeit und Integration zu fördern. Insbesondere ist das Kernziel deutscher Sicherheitspolitik – die Sicherung von Frieden, Freiheit und Wohl ergehen der Bürgerinnen und Bürger – durch die Bundes wehr in den ihr zugewiesenen Aufgaben feldern sicherzustellen.
Die derzeitigen und die absehbaren sicher heitspolitischen Rahmenbedingungen verlangen nach Einsatzfähigkeit, ohne die möglichen Einsatzszenarien konkret zu kennen. Jeder neue Einsatz wird daher zumindest teilweise völlig neue Anforderungen stellen. Die volatile sicherheitspolitische Weltlage er fordert Flexibilität bei gleichbleibend hoher Einsatzfähigkeit und
Leistungsqualität. Wehrtechnische Forschung, wehrmedizinische und wehrpsychologische Forschung, militärgeschicht liche und sozialwissenschaftliche Forschung sowie geowissenschaftliche Forschung haben dem Rechnung zu tragen.
Die Wehrwissenschaftliche Forschung setzt gemäß dem „AddonPrinzip“ grundsätzlich auf den Erkenntnissen der zivilen Forschung auf, wenn nationale Sicherheitsinteressen und das angestrebte Fähigkeitsprofil der Bundeswehr es erfordern. Sind entsprechende wissenschaftliche Ergebnisse der zivilen Forschung nicht verfügbar, müssen sie im Rahmen von Ressortforschungsaktivitäten generiert werden. Damit spielt die Ressortforschung des BMVg eine wichtige Rolle in dem Prozess, den Bedarf der Bundeswehr an militärischen Fähigkeiten zu decken – insbesondere vorhandene Fähigkeitslücken mittel und langfristig zu schließen. Wissenschaftliche Erkenntnisse, Konzepte und
Vorwort
Technologien, die sowohl für die militärische Verteidigungsforschung als auch für die zivile Sicher heitsforschung relevant sind, bilden dabei gemäß dem „Dualuse Prinzip“ die Schnittstellen zur zivilen Sicherheitsforschung.
Die Jahresberichte Forschung & Technologie 2006 und 2007 haben an Hand von Beispielen Einblicke in das weit gefächerte Spektrum der wehrwissenschaftlichen Forschung gegeben. Die Jahresberichte Forschung & Technologie 2008 und Wehrwissenschaftliche Forschung 2009 sind – unter Berücksichtigung von „DualuseAspekten“ der Sicherheitsforschung – intensiv auf die signifikante Bedeutung der wehrwissenschaftlichen Forschung für die Bundes wehr im Einsatz eingegangen. Der vorliegende Jahresbericht 2010 zur Wehrwissenschaftlichen Forschung fokussiert zum 5jährigen Jubiläum dieser Publikation auf den Beitrag der Verteidigungsforschung für den Fähigkeits auf bau der Bundeswehr im Einsatz. Dazu werden aus den
Bereichen der wehrtechnischen Forschung, der wehrmedizinischen und wehrpsychologischen Forschung, der militärgeschichtlichen und sozialwissenschaftlichen Forschung so wie der geowissenschaftlichen Forschung aktuelle Forschungsvorhaben mit Einsatzrelevanz dargestellt.
Erwin Bernhard
34 Sa nusci officip sandest ioribust, offic tectibus expedia do
lum alitasi musciam, aut modicae dipiet milit o
36 Defocit volorem aliquatiur auda conseque ex eium q
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10 34 Sa nusci officip sandest ioribust, offic tectibus expedia do
lum alitasi musciam, aut modicae dipiet milit o
36 Defocit volorem aliquatiur auda conseque ex eium q
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Inhalt
Vorwort
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15 Wehrtechnische Forschung
16 Schadensvorhersagen durch sensierende Wände
18 Teildemonstration einer elektrischen Panzerung
20 Entwurf und Modellierung von Antennen auf fliegenden Plattformen
22 Multisensor-Datenfusion zur Auswerteunterstützung bei der
Bodenaufklärung
24 Härtung optischer und elektro-optischer Systeme gegen Blendung
und Zerstörung durch Laserstrahlung
26 Unbemannte Fahrzeuge im Militärkonvoi
28 Bispektrale InAs/GaSb Übergitterdetektoren
für Wärmebildgeräte der 3. Generation
30 Charakterisierung des Detonationsverhaltens und der Nachreaktion
blastgesteigerter Sprengladungen
32 Ein HPM-Detektionssystem für mobilen und stationären Einsatz
34 Änderungsdetektion mit raumgestützten SAR-Systemen
36 Fortschrittliche Flugkörper-Technologien
38 Hochagile UAV-Technologien für unbemannte Flugzeuge
40 Aktive Steuerung für Hubschrauber im operationellen Einsatz
Teil 1
6 Denken vom Einsatz her – Beitrag der Verteidigungsforschung
zum Fähigkeitsaufbau der Bundeswehr 42 Mobiles Operations-Modul mit telemedizinischer Unterstützung
44 Scheibenlasertechnologie für Lasereffektoren/Laserwaffen
46 Lasergestützte Stand-off Detektion von CBE-Gefahrstoffen
48 ARCADIS – ein System zur Detektion verdächtiger Gegenstände
entlang regelmäßig befahrener Strecken
50 Wie viele UAV sind zu viele? Erkennen von Überforderung
des UAV-Führers
52 Kompetenznetzwerk Performance Based Logistics (PBL):
Wissensaustausch und Problemlösung bei der Implementierung inter-
national bewährter rüstungspolitischer Beschaffungskonzepte
54 Analyse der elektromagnetischen Empfindlichkeit komplexer Strukturen
am Beispiel von Marinesystemen
56 Klebtechnik – eine Zukunftstechnologie?
58 Tarnschutz ohne Kompromisse – Mobile Multispektrale Tarnsätze
im Einsatz
60 Moderne Ortungs- und Auswerteverfahren für die Seeminenabwehr
62 Test- und Experimentier-Labor luft- und raumgestützte Aufklärung
(TELLRA)
64 Sensorplattformen zur akustischen und optronischen Aufklärung
von Gewehrschützen
66 Internettechniken als Zukunft für agile Führungsinformationssysteme
der Bundeswehr
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Inhalt 12 13
101069 Wehrmedizinische und Wehrpsychologische Forschung
70 Entwicklung eines Methodenrepertoires für wissenschaftsbasierte
diagnostische Dienstleistungen im Medizinischen B-Schutz
72 Molekulare Typisierung und mikrobiologische Forensik:
High-Tech-Analysen zur Erstellung genetischer Fingerabdrücke
von biologischen Kampfstoffen
74 Analytik für die Verifikation einer Exposition gegenüber
chemischen Kampfstoffen
76 Das H-Modul – ein innovatives Triage-Werkzeug des medizinischen
A-Schutzes zur Abschätzung hämatologischer Strahlenschäden
78 Militärische Arbeitsplätze mit hohen kognitiven Anforderungen:
Entwicklung von Verfahren zur Erfassung relevanter Kenngrößen
80 Untersuchung zur Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit
bei der Nutzung des Full Mission Simulator und des Cockpit Trainer
(Eurofighter)
82 Untersuchungen zur Pathophysiologie der milden Form
der neurologischen Dekompressionskrankheit
85 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung
86 Einsatzwirklichkeit und Museum
88 Zur Einsatzmotivation und Dienstzufriedenheit
von Bundeswehrangehörigen
91 Geowissenschaftliche Forschung
92 Die Überwachung der Naturausstattung – ein Beitrag zum
naturrechtskonformen Betrieb von militärischen Übungsplätzen
95 Anhang
96 Adressen und Kontakte
102 Impressum
Teil 2 Teil 3
Teil 4
Teil 5
111515
1Wehrtechnische Forschung
Forschungsaktivitäten 2010
Schadensvorhersagen durch sensierende Wände
Dr.-Ing. Arno Klomfass Fraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen
Dr.-Ing. Werner RiedelFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen
Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, Ernst-
Mach-Institut, EMI, hat im Geschäftsfeld Sicherheit den
Schutz kritischer Infrastrukturen als zentrales Thema.
Der Forschungsschwerpunkt liegt dabei auf Technologien
zum physischen Schutz von Gebäuden. Mit neuartigen
Analysemöglichkeiten kann der Interaktionsprozess
zwischen Luftstoßwelle und belasteter Struktur präzise
erfasst werden.
Die Untersuchung der Blastwirkung konventioneller
Sprengstoffe hat durch die terroristische Bedrohung und die
Bedrohung der Bundeswehr bei Auslandseinsätzen durch
Sprengstoffanschläge eine außerordentlich hohe Bedeutung
gewonnen. Im Bereich des baulichen Schutzes ist dabei die
Druckeinwirkung auf Strukturen ein entscheidender Punkt.
Konkret müssen experimentell und durch Simulation die auf-
tretenden Druckprofile mit ihrer räumlichen und zeitlichen
Verteilung auf Bauwerkskomponenten untersucht werden.
Hierzu bedarf es geeigneter Technologien sowohl hinsicht -
lich der messtechnischen Erfassung als auch bezüglich der
konfigurier- und reproduzierbaren Erzeugung der zugrunde
liegenden Blastbelastung. Das einzige weltweit anerkannte,
wissenschaftlich exakte, reproduzierbare und deshalb auch in
Normen verankerte Verfahren stellt die Stoßfrontgenerierung
auf der Basis von Stoßrohren dar. Alternative Untersuchungen
unter Verwendung von Sprengungen im Freifeld oder Versuche
in Stollenanlagen liefern dabei nur grob reproduzierbare und
schwer kontrollierbare Bedingungen. Dementsprechend be-
steht an der Nutzung experimenteller Anlagen auf der Basis
Abb. 1: Gesamtkonstruktion des neuen Expansionsteils mit Rechteck-Endquerschnitt 3 m x 3 m
Abb. 2: Drei Schädigungssignale bei unterschiedlich stark belasteten ultrahochfesten Betonwänden
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von Stoßrohren höchstes Interesse sowohl im Bereich der Ver-
teidigungs- als auch im Bereich der Sicherheitsforschung.
Mit der erweiterten Stoßrohranlage bestehen neue Unter-
suchungsmöglichkeiten zur Dynamik an Schädigungen von
Strukturen und Blastbelastungen. Ziel war es, das theoretische
Verständnis der Vorgänge zu verbessern und experimentell
abzusichern. Ein wesentliches Ziel des Forschungsprojektes
bestand zudem darin, spezielle Sensoren auszulegen und zu
entwickeln, die in bauliche Komponenten eingebaut werden
können, um dann interaktiv
>> die auftretende Blastwelle mit ihrem zeitlichen und räum-
lichen Verlauf dynamisch (instationär) erfassen zu können,
>> die Strukturantwort zu erfassen (wie reagiert das Bauteil
auf diese instationäre Druckbelastung).
Durch die wesentlich erweiterten Analysemöglichkeiten
ist eine verbesserte Vorhersage der Schädigungen von Struk-
turen bei Blast-Belastungen möglich. Zur Erreichung dieses
Ziels sowie zur Durchführung notwendiger Untersuchungen,
ins besondere auf den Gebieten Untersuchungen zu bau lichen
Schutzmaßnahmen und innovative Druck-, Beschleunigungs-,
Verformungs-Messtechnik ist die hoch präzise Generie rung
von Blastwellen notwendig.
Das übergeordnete Ziel bestand darin, unmittelbar aus
den in der Wand gemessenen Druck-Zeit-Profilen Aussagen
zu einer möglichen Schädigung oder eines strukturellen
Versagens der Wand (des Bauteils) abzuleiten.
Im Rahmen dieser Aufgabe und als Basis für die weiter-
führen den Analysen wurden zwei zentrale Bausteine
entwickelt, detailliert berechnet, konstruiert und realisiert.
Diese sind:
>> Eine erweiterte Versuchsanlage zur Erzeugung präziser,
zeitlich und räumlich reproduzierbarer großflächiger
Druckverteilungen auf Komponenten des baulichen
Schutzes. Abbildung 1 zeigt den neuen Expansionsteil
mit dem Rechteck-Endquerschnitt 3 m x 3 m.
>> Sensoren (Druck oder Beschleunigung oder Verformung),
die robust genug sind, um in Bauteile (hier konkret Beton)
integriert werden zu können und die dann auswertbare
Signale in ausreichender zeitlicher Auflösung liefern.
Abbildung 2 zeigt drei Schädigungssignale bei unter-
schiedlich stark belasteten ultrahochfesten Betonwänden.
Daraus lassen sich bei der Signalauswertung bei unter-
und über kritischen Versuchen Schadenskriterien definieren.
Bei einer Blastbelastung von 20 kPa gibt es keine sichtbare
Schädigung (Abbildung 3). Die Abbildung 4 zeigt die
Riss bildung bei einer Blastbelastung von 100 kPa und
Abbildung 5 zeigt den Kollaps bei einer Blastbelastung
von 200 kPa.
Abb. 3: Keine sichtbare Schädigung bei einer Blastbelastung von 20 kPa
Abb. 4: Rissbildung bei einer Blastbelastung von 100 kPa
Abb. 5 mit Detailausschnitt: Kollaps bei einer Blastbelastung von 200 kPa
Keine sichtbare Rissbildung bei Kollaps beiSchädigung bei
Forschungsaktivitäten 2010
Teildemonstration einer elektrischen Panzerung
Dr. Matthias WickertFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Freiburg
Dipl.-Phys. Richard CunrathFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Freiburg
Dr. Siegfried NauFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen
Dipl.-Ing. (FH) Jürgen KuderFraunhofer-Institut für Kurzzeit-dynamik, Ernst-Mach-Institut, Efringen-Kirchen
Das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik,
Ernst-Mach-Institut, EMI, erforscht, wie physikalische
Effekte und Mechanismen eingesetzt werden können,
um innovative Schutzlösungen anbieten zu können.
Ein Konzept zum Schutz vor Hohlladungsbedrohungen,
wie sie beispielsweise von tragbaren Panzerabwehrwaffen
ausgehen, basiert auf der Wirkung von elektrischem Strom.
Es wurde die prinzipielle Realisierbarkeit elektrischer
Panzerungsmodule für ein Fahrzeug nachgewiesen.
Tragbare Panzerabwehrwaffen wie die RPG-7 stellen eine
große Bedrohung für Soldatinnen und Soldaten der Bundes-
wehr im Einsatz dar. Derartige Waffen verfügen über einen Flug-
körper mit Hohlladungsgefechtskopf, der beim Aufschlagen
auf ein Ziel einen Hohlladungsstrahl erzeugt, der mehrere
10 cm tief in einen Stahlblock eindringen kann.
Als Multiphysics-Armor nutzt die elektrische Panzerung die
elektromagnetisch-mechanische Wirkung von elektrischem
Strom hoher Stromstärke aus, um den Hohlladungsstrahl in
kleine Partikel zu desintegrieren, die von einer Basispanzerung
aufgefangen werden können. Die elektrische Panzerung
ermög licht die Abwehr des Hohl ladungsstrahls vollständig
innerhalb eines geschlossenen Panzerungsmoduls.
Das Fraunhofer EMI hat das Wirkprinzip der elektrischen
Panzerung in eine Technologie überführt, die eine beson-
ders effektive Einkopplung des elektrischen Stroms in den
Hohl ladungsstrahl erlaubt und dies in Laborversuchen
für Anordnungen mit geringen Seitenabmessungen nach-
gewiesen.
Abb. 1: Funktionsprinzip der elektrischen Panzerung: Die metallische Einlage eines Hohlladungsgefechtskopfs wird bei der Detonation in einen Hohlladungsstrahl umgeformt. Der Hohlladungsstrahl dringt in das elektrische Panzerungsmodul ein und wird durch die elektromagne-tisch-mechanischen Effekte zwischen Vor- und Rückelektrodenwand in kleine Partikel desintergriert
Abb. 2: Das großflächige elektrische Panzerungsmodul, montiert auf den hinteren Bereich der Seitenwand des TPz FUCHS
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Die aktuelle Forschungsaufgabe zielte auf den Nachweis, dass
sich großflächige Panzerungsmodule für ein zu schützendes
Fahrzeug konstruieren lassen, die sowohl die hohe Wirksam-
keit der Laboranordnungen erreichen als auch die Erforder-
nisse für einen Gebrauch am Fahrzeug erfüllen. Hierzu wurde
ein erprobter Auslegungstand für den elektrischen Wirkmecha-
nismus aus den Laborversuchen einschließlich Energiespeicher
und Aufladeeinheit übernommen. Zum Schutz gegen weitere
Bedrohungen, wie z.B. KE-Geschosse, wurde eine Keramik-
verbundpanzerung in den Aufbau integriert.
In Zusammenarbeit mit der Firma IABG Lichtenau wurde
als Fahrzeug der TPz FUCHS ausgewählt, das großflächige
Schutzmodul für den Schutz einer Seitenfläche adaptiert sowie
die Versuche als auch Untersuchungen zur Gebrauchsgüte
durchgeführt.
Die Funktion der elektrischen Panzerungsmodule wurde in
zwei Versuchsreihen demonstriert. In Standversuchen mit
Hohlladungen der Klasse der RPG-7 wurde die elektrische
Spannung für die elektrischen Panzerungsmodule angelegt
und der Beschussversuch durchgeführt. Um die Schutzeigen-
schaften gegen Mehrfachtreffer zu untersuchen, wurden
sequentiell vier Schüsse auf die Panzerung abgegeben.
Dabei wurden verschiedene Auftreffbedingungen wie Schräg-
oder randnaher Schuss getestet.
In jedem der Beschussversuche wurde die gleiche Wirk-
samkeit für die elektrischen Panzerungsmodule wie im
Labor versuch erzielt. Die elektrische Panzerung ist somit
mehrfach beschussfähig. Selbst wenn die Auftreffpunkte
sehr dicht beieinander liegen, ist das Schadensbild am
Panzerungsmodul sehr gering. Das Fahrzeug selbst wurde
in keinem Fall beschädigt und ist nach den Versuchsserien
voll funktionsfähig.
Somit konnte demonstriert werden, dass die elektrische
Panzerung eine beherrschbare und wirksame Technologie
darstellt, die zur Abwehr von Hohlladungen auf zu schüt-
zende Fahrzeuge übertragen werden kann. Unter den ge-
gebenen Randbedingungen hat sich auch gezeigt, dass das
Leistungs potenzial der realisierten Panzerungsmodule
noch nicht ausgeschöpft wurde.
Abb. 3: Elektrisches Panzerungsmodul 1,2 m x 0,8 m nach der Abwehr von vier Hohlladungsbeschüssen. Obwohl die Auftreffpunkte dicht beieinander liegen, ist das Schadensbild im Modul gering
Abb. 4: Demonstrationsversuch zur elektrischen Panzerung, IABG Lichtenau am 28.10. 2010
Forschungsaktivitäten 2010
Entwurf und Modellierung von Antennen auf fliegenden Plattformen
Dipl.-Ing. Claudius LöckerFraunhofer-Institut für Hoch frequenz physik und Radartechnik, Wachtberg
Dr.-Ing. Peter KnottFraunhofer-Institut für Hoch frequenz physik und Radartechnik, Wachtberg
Die Integration von Antennen in Fahrzeuge kann zu
Problemen führen, wenn sich verschiedene Systeme gegen-
seitig beeinflussen. Durch geeignete Simulationsverfahren
können solche Effekte beim Antennenentwurf untersucht
und Störungen vermieden werden.
Unbemannte Kleinflugzeuge wie das Kleinfluggerät Ziel-
ortung (KZO) der Firma Rheinmetall Defence Electronics
(RDE) eignen sich zur Entdeckung, Identifizierung und
Lokalisierung ortsfester und bewegter Ziele (Abbildung 1).
Seit Mitte 2009 befindet sich das System KZO in Afghanistan
im Einsatz und liefert einen wichtigen Beitrag zur luft-
gestützten Aufklärung. Dabei stellt die Entwicklung der
entsprechenden Sensoren eine besondere Herausforderung
dar, weil sie die Struktur des Fluggeräts möglichst wenig
verändern dürfen, um eine Beeinträchtigung der Aerodynamik
und damit eine Verringerung der Reichweite des Systems
zu vermeiden. Es wurde ein Antennensystem für das KZO
entwickelt, das die besonderen Anforderungen für den Einsatz
auf einem Kleinflugzeug erfüllt.
Das Antennensystem ist für zwei unabhängige Datenkanäle
vorgesehen und muss einen Raumwinkelbereich von 360° in
Azimut und +/– 30° in Elevation mit einem vorgegebenen
Mindestgewinn abdecken. Da die komplette Abdeckung
dieses Raumwinkelbereichs mit einer einzelnen Antenne nicht
erreicht werden kann, wird er in Sektoren unterteilt, die durch
Abb. 1: Start eines KZO Abb. 2: Flügelendkappe des KZO mit vorgesehenen Positionen der Patch-Antennen
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jeweils eine Antenne abgedeckt werden. Durch Schalten der
Sektoren wird eine Kommunikationsstrecke in die gewünschte
Richtung aufgebaut.
Entwurf und Integration der Antennen
Untersuchungen zu verschiedenen Ansätzen für die Verteilung
der Antennen auf dem Fluggerät führten schließlich zu einem
Konzept, das die Integration mehrerer Patch-Antennen in die
Flügelendkappen des KZO vorsieht (Abbildung 2).
Die Patch-Antenne ist aufgrund ihrer flachen und kompakten
Bauweise im Bereich drahtloser Kommunikation und Radar
ein weit verbreiteter Antennentyp. Es existieren verschiedene
Konzepte zur Speisung von Patch-Antennen, wobei die apertur-
gekoppelte Variante eine vergleichsweise hohe Bandbreite
erzielt. Dabei ermöglicht ein Schlitz in der Massefläche des
Patch-Elements die elektromagnetische Ankopplung an eine
Mikrostreifenleitung, die sich auf der gegenüberliegenden
Seite der Massefläche befindet. Pro Datenlink werden sechs
Antennen in die Flügelendkappen des Fluggeräts integriert,
wobei jedes Antennenelement einen Azimutwinkelbereich
von mehr als 60° abdeckt.
Numerische Simulation großer Plattformen
In der Umgebung einer Antenne haben sowohl dielektrische
und metallische Komponenten als auch aktive Systeme einen
nicht unerheblichen Einfluss auf die elektromagnetischen
Eigenschaften der Antenne, welche mitunter erheblich von
denjenigen der isoliert betrachteten Antenne abweichen
können. Um den Einfluss der Struktur in der Umgebung der
zu integrierenden Antennen auf deren elektromagnetisches
Verhalten untersuchen und mögliche Interaktionen mit der
Antennenumgebung vermeiden zu können, wurde ein
besonderes, am FHR entwickeltes, Simulationsverfahren
eingesetzt. Das Programm basiert auf der Finite-Element-
Boundary-Integral (FEBI) Methode und eignet sich zur Be-
rechnung von großen Antennen- und Streufeldproblemen.
Für die Untersuchungen mit FEBI wurde ein CAD Modell
des Fluggerätes von RDE zur Verfügung gestellt. Das Modell
beschränkt sich lediglich auf eine Hälfte des KZO, um die
numerische Komplexität des Problems und damit die Rechen-
zeiten möglichst gering zu halten. Die Verteilung und Anord-
nung unterschiedlicher Materialien im Modell wurden den
realen Verhältnissen möglichst genau angenähert. In Abbil-
dung 3 sind die äquivalenten Ober flächen ströme dargestellt,
welche von einem einzelnen Patch-Element angeregt werden.
In Zusammenarbeit mit RDE wurden die Patch-Antennen in
die Flügelendkappen eines KZO integriert und Antennenmes-
sungen in der Messkammer sowie im Freifeld durch geführt.
Dabei konnten die durch die FEBI-Simulation berechneten
Antennendiagramme bestätigt werden.
Abb. 3: CAD-Modell des KZO mit äquivalenten Oberflächenströmen
Forschungsaktivitäten 2010
Multisensor-Datenfusion zur Auswerteunterstützung bei der Bodenaufklärung
Dr. Martin UlmkeFraunhofer-Institut für Kommuni kation, Informations-verarbeitung und Ergonomie,Wachtberg
Dr. Jost KollerFraunhofer-Institut für Kommuni kation, Informations-verarbeitung und Ergonomie,Wachtberg
Zur Unterstützung militärischer Auswerter entwickelt
das Fraunhofer-Institut für Kommunikation, Infor ma-
tions verarbeitung und Ergonomie FKIE Methoden der
automatisierten Sensor-Datenfusion. Ziel ist es, aus
den realzeitlich einströmenden Sensordaten Bausteine
für die Erstellung einer komplexen, dynamischen Lage
zu gewinnen. Bei der Bodenaufklärung beinhaltet dies
Erkennung, Aufgriff und Verfolgung von Einzelfahr-
zeugen, Konvois, Waffensystemen und militärischer
Ausrüstung.
Die luftgestützte Bodenaufklärung mit Hilfe bildgebender und
signalerfassender Sensorik gewinnt zunehmende Bedeutung
für die Bundeswehr und die NATO insgesamt. Einen besonde-
ren Stellenwert hat dabei Stand-off Airborne GMTI Radar
(GMTI: Ground Moving Target Indicator). Wichtige weitere
Informationsquellen sind aber auch Synthetic Aperture Radar
(SAR), optische und Infrarot-Sensoren sowie elektronische
Aufklärung.
Für die realzeitnahe Auswertung und Interpreta tion der
Sensordaten durch militärische Auswerter ist eine verdichtende
Vorverarbeitung der Sensordaten unverzichtbar. Dazu werden
aus dem räumlichen und zeitlichen Muster der Sensordaten
die Spuren (Tracks) relevanter Objekte generiert und die Auf-
klärungsergebnisse unterschiedlicher Quellen korreliert und
fusioniert.
Bei der Bodenaufklärung ergeben sich besondere Schwierig-
keiten durch technische und topographische Abschattungen,
die zu Beobachtungslücken führen. Die Anzahl, die Dichte
und das Bewegungsspektrum der Objekte können sehr hoch
Abb. 1: Datenfusion für zwei GMTI-Plattformen Abb. 2: GMTI-Tracks eines simulierten Straßenverkehr-Szenarios
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sein, und schließlich sind auch bei modernster Signalverarbei-
tung Falschmeldungen und Auflösungsprobleme in dichten
Szenarien unvermeidlich.
Diese Schwierigkeiten erfordern eine möglichst umfassende
Ausnutzung aller vom Sensor bereitgestellten Daten sowie
von Hintergrundinformationen, z. B. über die Topographie
oder die Straßennetze im Beobachtungsgebiet. Dazu werden
Verfahren entwickelt, spezifische Sensoreigenschaften wie
die Doppler-Blindheit oder die Auflösungsleistung in Tracking-
Algorithmen zu integrieren. Das Ausnutzen dieser Informa-
tionen führt zu einer verbesserten Spurkontinuität im Fall
ausbleibender Sensormeldungen. In ähnlicher Weise kann
auch die Berücksichtigung digitaler Straßenkarten und topo-
graphischer Abschattungen unerwünschten Spurverlust
verhindern. Ebenfalls konnte gezeigt werden, wie durch die
Verarbeitung zusätzlicher Sensordaten, wie der Signalstärke,
wichtige Attributinformationen erzeugt werden, die die
Track-Identität auch in dichten Szenarien verbessern.
Ein weiteres Forschungsfeld besteht in der Behandlung von
Zielgruppen. Dazu werden moderne, realzeitfähige Verfahren
des Multi-Target-Trackings für die Behandlung von Boden-
zielen weiterentwickelt und evaluiert.
Die Verfahren zur verbesserten Extraktion und Verfolgung
der Spuren von Bodenzielen wurden im Rahmen des multi-
nationalen Technologievorhabens MAJIIC (Multi-Sensor
Aerospace-Ground Joint ISR Interoperability Coalition) ange-
wandt und evaluiert. Dazu wurde ein effizienter Multi hypo-
thesen-Tracker (MHT) für Bodenziele entwickelt, der eine
Vielzahl von GMTI-Detektionen mehrerer Plattformen auch
bei hohen Falschalarmraten realzeitlich verarbeiten kann.
Der MHT-Algorithmus wurde auf mehreren interna tionalen
Übungen und Technologieexperimenten erfolgreich getestet.
Neben den Übungen im Rahmen von MAJIIC fand er auch
bei der Coalition Warfighter Interoperability Demonstration
(CWID) Anwendung.
In weiteren Untersuchungen sollen Verfahren der heterogenen
Sensorfusion auf die Kombination von GMTI-Daten mit opti-
schen oder Electronic Support Measure-Daten angewandt
werden. Die Assoziation der GMTI-Daten oder Tracks mit
Daten anderer Sensortypen verspricht zum einen eine An-
reicherung der Tracks durch Klassifikationsattribute, zum
anderen können die Attributinformationen wiederum genutzt
werden, um die Spuridentität nach Beobachtungslücken
wiederherzustellen. Dies ist auch das Ziel bei der Fusion von
GMTI-Tracks mit Beobachtermeldungen (HUMINT).
Während GMTI-Tracks eine hohe Update-Rate und ein hohe
Genauigkeit besitzen, sind HUMINT-Meldungen sehr selten,
liefern dafür aber wert volle Identifikationsmerkmale.
In einer Zusammenarbeit mit den DSO National Laboratories,
Singapur, wurde dazu eine Fusionsarchitektur entwickelt
und u. a. gezeigt, wie die Track-Identität bei GMTI-Beobach-
tungslücken durch HUMINT-Meldungen wiederhergestellt
werden kann.
Abb. 3a: Tracks ohne Ausnutzung von Straßeninformation
Abb. 3b: Tracks mit Ausnutzung von Straßen information: höhere Genauigkeit, bessere Datenassoziation, dadurch höhere Kontinuität
Abb. 4: Konvoi-Tracking mit Zielzahlschätzungfür vier verschiedene Zeitpunkte (N = Zahl der geschätzten Ziele eines Konvois)
Forschungsaktivitäten 2010
Härtung optischer und elektro-optischer Systeme gegen Blendung und Zerstörung durch Laserstrahlung
Dr. Gunnar RittFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen
Dr. Bernd EberleFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen
Dipl.-Phys. Stefanie DenglerFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung, Ettlingen
Die Verfügbarkeit kompakter und leistungsstarker
Laser quellen nimmt weltweit stetig zu und damit auch
das Bedrohungspotenzial für das menschliche Auge
sowie für Sensorgeräte, die im sichtbaren (VIS) und im
nahen infraroten (NIR) Spektralbereich arbeiten.
Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB hat Verfahren entwickelt,
die das Risiko einer Blendung oder einer dauerhaften
Schädigung stark reduzieren.
Die heute in der Bundeswehr eingeführten Maßnahmen
zum Schutz des menschlichen Auges oder elektro-optischer
Sensoren basieren auf konventionellen Schutztechniken.
Zum Einsatz kommen Laserschutzfilter, die nur besonders
definierte Wellenlängen abblocken, alle anderen aber nicht.
Durch die rasanten Laserentwicklungen der letzen Jahre
existieren nun Laserquellen, die den gesamten visuellen und
nahinfraroten Spektralbereich abdecken.
Es lassen sich zwei Arten von Laserbedrohungen
unter scheiden:
a) Durch kompakte und billige Dauerstrich-Laser, die heute
mit Ausgangsleistungen bis zu einem Watt im sicht baren
Spektralbereich verfügbar sind. Diese sind leicht beschaff-
bar und eignen sich daher besonders gut für die Blendung
von Luftfahrzeug- oder Kraftfahrzeugführern, aber auch
die Blendung elektro-optischer Systeme ist denkbar.
b) Durch gepulste Laser, die ihre Spitzenintensität inner -
halb von Nano sekunden erreichen können und ein hohes
Zerstörung spotential bieten. Hier sind auch Laserwaffen
zu nennen, die von verschiedenen Ländern mit dem Ziel
Abb. 1: Selbst mit relativ kleiner Laserleistung (Laserpointer der Klasse 3B) ist eine deutliche Blendung einer Cessna am Tag aus einer Entfernung von 600 m erkennbar
Abb. 2: Blendung des Cockpits eines Transporthubschraubers vom Typ CH-53 bei Nacht, aufgezeichnet mit einer TV-Kamera
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entwickelt wurden, Sensoren, aber auch das menschliche
Auge, zu blenden oder zu schädigen.
Während bei elektro-optischen Systemen der Blendeffekt
verschwindet, sobald die Laserstrahlung nicht mehr vorhanden
ist, können beim menschlichen Auge noch Sehstörungen
(z. B. Nachbilder oder verringertes Farbkontrastsehvermögen)
über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben. Abbildungen
1 und 2 demonstrieren die Blendung von Luftfahrtzeugen am
Beispiel einer Cessna (bei Tag) sowie eines Transporthub-
schraubers vom Typ CH-53 (bei Nacht). Die sichere Weiter-
führung des Nachtfluges wäre unter solchen Voraussetzungen
nicht mehr möglich gewesen.
Das Fraunhofer IOSB arbeitet an der Entwicklung von
Konzepten, die eine Härtung optischer und elektro-optischer
Systeme gegen Blendung und Schädigung durch Laserstrah-
lung ermöglichen. Der heutige Stand der Technik erlaubt
es noch nicht einen Schutz anzubieten, der gleichermaßen
gegen Blendung und Schädigung verwendet werden kann.
Deshalb werden diese Themenbereiche gesondert bearbeitet.
Härtung elektro-optischer Sensoren gegen Blendung
durch Dauerstrich-Laserstrahlung
Für den Schutz elektro-optischer Sensoren gegen Blendung
durch Laserstrahlung wurde am IOSB ein aktives Schutz-
konzept auf Basis eines räumlichen Lichtmodulators im
Zusammenspiel mit Wellenlängen-Multiplexing entwickelt.
Das Schutzkonzept ermöglicht die farbselektive Filterung
von Laserstrahlung in einem beliebigen, frei definierbaren
Bereich des Sensorgesichtsfelds und eröffnet die Möglichkeit,
dennoch den Ort der Blendquelle zu beobachten. Abbildung 3
zeigt die Wirkung einer derartigen Schutzmaßnahme.
Härtung optischer und elektro-optischer Systeme
gegen Schädigung durch gepulste Laserstrahlung
Zur Härtung optischer und elektro-optischer Sensoren gegen
gepulste Laserstrahlung werden passive Schutzfilter auf Basis
von Nanopartikeln entwickelt (siehe Abbildung 4), die breit-
bandig vom visuellen bis in den nahen infraroten Spektral-
bereich einsetzbar sind. Ihre Schutzwirkung entfalten sie als
sogenannte Opferelemente, die im Zwischenfokus einer
Optik platziert werden. Bei Nanosekunden-Laserpulsen ist
die Dämpfung so hoch, dass die Restenergie nur noch leicht
oberhalb der Zerstörschwelle des Auges oder des optischen
Sensors liegt.
Die Einführung dieser Härtungsmaßnahme wäre höchst
sinnvoll, da sie die Laserbedrohung effizient reduziert und
insbesondere dem menschlichen Auge sehr viel mehr
Sicherheit bietet.
Abb. 3: Demonstration des IOSB-Blendschutzkonzepts gegen Dauerstrich-Laserstrahlung: a) ohne Blendung, b) Blendung aus 400 m Entfernung, c) Blendunterdrückung
Abb. 4: Filter mit breitbandiger spektraler Wirkung zum Schutz gegen Laserstrahlung beliebiger Wellenlänge
Forschungsaktivitäten 2010
Unbemannte Fahrzeuge im Militärkonvoi
Dr. Walter Armbruster Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswer-tung IOSB, Ettlingen
walter.armbruster@ iosb.fraunhofer.de
Dr. Marcus HammerFraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswer-tung IOSB, Ettlingen
marcus.hammer@ iosb.fraunhofer.de
Das Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik
und Bildauswertung IOSB bewertet Sensoren und ent-
wickelt Algorithmen zur Zielerkennung, Zielverfolgung,
und Navigation für autonome Systeme. Für den Einsatz
von unbemannten Fahrzeugen im Militärkonvoi wurde
untersucht, inwiefern die automa tische Verfolgung eines
Führungsfahrzeugs auch unter erschwerten urbanen Be-
dingungen (Verdeckungen, Abzweigungen, Gegenverkehr)
fehlerfrei durchgeführt werden kann.
Mit der Einführung von Laserradar-Sensoren hoher Datenrate
besteht die Möglichkeit, weitgehend autonome, unbemannte
Landfahrzeuge für militärische Anwendungen zu entwickeln
und einzusetzen. Fahrzeuggrundfähigkeiten der Wege- und
Hinderniserkennung, Fernerkundung, Überwachung, Bedro-
hungserkennung und Zielbekämpfung erfordern zuverlässige
Verfahren der automatischen Objekterkennung, die im militäri-
schen Einsatzbereich voraussichtlich nur unter Einbeziehung
von 3D-Laserdaten realisiert werden können.
Eine wichtige Grundfähigkeit ist die autonome Verfolgung
eines Leitobjekts, zum Beispiel eines Führungsfahrzeugs.
Militärische Anwendungen für diese Fähigkeit sind beispiels-
weise der Einsatz unbemannter Fahrzeuge innerhalb eines
Konvois, um die Gefährdung durch Anschläge zu reduzieren,
oder die Verwendung von Transport-Robotern zur Unterstüt-
zung des Infanteristen.
Bisher wurden für die automatische Zielverfolgung vor
allem 2D-Sensoren (IR, Video) verwendet. Bei strukturiertem
Hintergrund, partiellen Verdeckungen, Zielrotationen sowie
Abb. 1: Experimentalfahrzeug mit Laserscanner, Signalprozessor, Monitor Abb. 2: Eingewiesenes Führungsfahrzeug
26 27
veränderlicher Beleuchtung und Abschattung treten jedoch
häufig Zielverluste auf. Noch weniger zuverlässig ist die Ziel-
neueinweisung nach Totalverdeckung oder Sichtverlust.
Der Hauptvorteil von 3D-Sensoren, die jedem Bildpunkt eine
Entfernung zuordnen, besteht in der Möglichkeit, Hinter grund
und Vordergrund effektiv vom Ziel zu trennen, die 3D-Ziel-
position und Zielorientierung zu bestimmen und eine Zielklas-
sifizierung durchzuführen, die lediglich von der Zielgeometrie
und nicht von radiometrischen Variablen abhängt. Damit ist
sowohl eine fehlerfreie Zielverfolgung als auch eine zuver-
lässige Wiedererkennung des Ziels nach Total verdeckungen
realisierbar.
Zum Nachweis dieser Fähigkeiten wurde ein scannendes
Laserradar auf einem Mercedes Sprinter aufgebaut und im
Stadtverkehr eingesetzt (Abbildung 1). Mit 65 kHz ist die
Datenerfassungsrate des Laserradars im Vergleich z. B. zum
Velodyne HDL-64E relativ gering, die Reichweite jedoch
um das zehnfache höher. Zu prüfen war die Echtzeitfähigkeit
und Zuverlässigkeit von Laserradar-Auswerteverfahren zur
Zielverfolgung und Re-Identifizierung. Fragen der autonomen
Fahrzeugsteuerung wurden zunächst ausgeklammert; das
Experimentalfahrzeug wurde manuell gesteuert.
Ein Monitor im Fahrzeugrack visualisiert die Laserradardaten
sowie die Track-Ergebnisse. Die Zieleinweisung zu Beginn
der Fahrt erfolgt durch Markierung eines auf dem Zielfahrzeug
liegenden Bildpunktes des aktuellen Entfernungsbildes (Abbil-
dung 2). Aus dem Entfernungsbild wird ein 3D-Modell des
Führungsfahrzeugs automatisch erstellt. Dieses wird verwen-
det, um das Führungsfahrzeug von anderen Fahrzeugen zu
unterscheiden und nach Sichtverlust wiederzuerkennen.
Ein genaues Navigationssystem war nicht erforderlich.
Eingesetzt wurden echtzeitfähige Verfahren, welche die
Sensor-Eigenbewegung aus den Sensordaten ableiten.
Sämtliche Testfahrten mit verschiedenen Führungsfahr-
zeugen erfolgten ohne Trackverlust. Typische Trackprobleme
wie Verwechslungsmöglichkeiten mit ähnlichen Objekten,
partielle Verdeckungen, Zielrotationen und Änderungen der
Zielumgebung, die unter Verwendung von passiven Sensor-
daten oft zu einem Trackverlust führen, wurden zu verlässig
bewältigt (Abbildung 3). Die automatische Neuein weisung
nach Sichtverlust ist fehlerfrei, vorausgesetzt die Ober-
flächen geometrie des Führungsfahrzeugs ist bis auf die
Laserentfernungsgenauigkeit von anderen Fahrzeugen im
Suchbereich unterscheidbar.
Weder die 3D-Datenauswertung noch die Fahrzeugsteuerung
bereiten grundsätzliche Schwierigkeiten bei der Entwicklung
unbemannter Fahrzeuge; das Nadelöhr liegt vielmehr bei
der Laserradar-Technologie, insbesondere der Entwicklung
kompakter augensicherer Matrix-Laser mittlerer Reichweite.
Eine Förderung dieser Technologie würde auch die Entwick-
lung unbemannter Fahrzeuge sprunghaft beschleunigen.
Abb. 3: Zielverfolgungsteilsequenz mit Zielverwechslungsmöglichkeiten, partiellen Verdeckungen, Zielrotation, Sichtverlust und automatischer Neueinweisung
Forschungsaktivitäten 2010
Bispektrale InAs/GaSb Übergitterdetektoren für Wärmebildgeräte der 3. Generation
Dr. Martin Walther Fraunhofer-Institut fürAngewandte Festkörperphysik,Freiburg
Dr. Robert RehmFraunhofer-Institut fürAngewandte Festkörperphysik,Freiburg
Abwehrraketen sind eine ernste Gefahr für militärische
Luftfahrzeuge. Die Erkennung der Gefährdung zu einem
frühen Zeitpunkt ist Voraussetzung für den effektiven
Schutz im Einsatz und für die erfolgreiche Missionsdurch-
führung. Ein neuer bispektraler Infrarotdetektor für
die Detektion von Raketen ist die Schlüsselkomponente
für das Selbstschutzsystem im neuen europäischen
Transportflugzeug A-400M.
Die Entwicklung von Infrarot-Detektoren der dritten Gene-
ration für die simultane Erfassung von IR-Strahlung in
unterschiedlichen Wellenlängenbereichen hat eine enorme
Verbesserung der Leistungsfähigkeit moderner Raketen-
warnysteme bewirkt. Diesen Technologiesprung kann man
mit dem Übergang von Schwarzweiß- zu Farbkameras im
sichtbaren Spektralbereich vergleichen.
Die Erkennung von Raketen in einem frühen Stadium ist
entscheidend für den Schutz der Soldaten im Einsatz.
Die Abgasfahne einer Rakete weist im mittleren infraroten
Spektralbereich (MWIR, 3–5 µm) eine Signatur auf, die
durch die charakteristische Absorptionslinie von CO2 ver-
ursacht wird. Die zuverlässige Flugkörperdetektion wird
erstmals mit einem zweifarbigen InAs/GaSb Übergitter-IR-
Detektor ermöglicht, der am Fraunhofer-Institut für Ange-
wandte Festkörperphysik IAF in Kooperation mit AIM
Infrarot-Module GmbH und Cassidian entwickelt wurde.
Ein Kanal des Zweifarben-Detektors weist die Strahlung im
3–4 µm Spektralbereich nach, der zweite Kanal detektiert
Abb. 1: Atmosphärische Transmission als Funktion der Wellenlänge und Plancksche Schwarzkörperstrahlung für Objekte mit Temperatu-ren zwischen 300 K (rote Linie) and 6000 K (gelbe Linie)
Abb. 2: Vollständig prozessierte bispektrale InAs/GaSb Übergitter-Bildfeldmatrizen mit 288 x 384 Detektorelementen auf 3’’ GaSb-Substraten
28 29
Photonen mit Wellenlängen von 4–5 µm, welcher die CO2-
Signatur enthält. Der Vergleich der gemessenen Intensitäten
in den beiden Spektralbereichen ermöglicht es, heißes CO2
von breitbandig strahlenden Objekten mit sehr geringer
Falschalarmrate zu unterscheiden.
Im Vergleich mit bestehenden Warnsensoren im Ultraviolett-
bereich haben zweifarbige MWIR-Detektoren auf Grund
der hohen Transparenz der Atmosphäre und des hohen Photo-
nenflusses von heißen Gasen in diesem Spektralbereich den
Vorteil, dass Bedrohungen auf viel größere Distanzen zu er-
ken nen sind. Dadurch wird die Gefahr zu einem sehr frühen
Zeitpunkt erkannt und der Zeitraum für geeignete Gegenmaß-
nahmen maximiert. Abbildung 1 zeigt die Transmission der
Atmosphäre als Funktion der Wellenlänge sowie die Schwarz-
körperstrahlung für verschiedene Temperaturen.
Der neue Warnsensor nutzt Quanteneffekte in Übergitter-
strukturen, die aus mehreren hundert, nur jeweils wenige
Atomlagen dicken InAs/GaSb Schichtpaaren bestehen und
auf großflächigen 3’’-GaSb Substraten abgeschieden werden.
Der Wellenlängenbereich des Detektors kann über die Vari a-
tion der Schichtdicken eingestellt werden. Mit diesem neuar-
tigen Materialsystem können zweifarbige MWIR-Detektoren
für die zeitlich und räumlich koinzidente Detektion von IR-
Strahlung hergestellt werden.
Die erste bispektrale Übergitterkamera wurde im Jahr 2005
von Fraunhofer IAF und AIM Infrarot-Module GmbH zum
Nachweis der Machbarkeit vorgestellt. Seit dieser Zeit wurde
ein hoher Aufwand zur Entwicklung eines einsatzfähigen
Systems betrieben sowie eine zuverlässige Prozesstechnologie
für die Produktion von Kleinserien entwickelt. Komplett
prozessierte Wafer, auf denen sich jeweils elf Bildfeld matrizen
mit 288 x 384 Bildpunkten befinden, sind in Abbildung 2
dargestellt. Abbildung 3 zeigt die rasterelektronenmikrosko pi-
sche Aufnahme von Detektorelementen in der Bildfeldmatrix
mit einem Rastermaß von 40 µm.
Die Panoramaaufnahme eines Industriekomplexes, aufge-
nommen mit einer bispektralen 288 x 384 MWIR-Wärme-
bildkamera, ist in Abbildung 4 gezeigt. Das Bild zeigt die
Über lagerung der beiden Kanäle in Komplementärfarben.
Breitbandig strahlende Gegenstände mit ähnlichen Strahlungs-
intensitäten in beiden Spektralbereichen erscheinen grau,
Objekte mit höherem Photonenfluss in einem der beiden
Kanäle erscheinen in cyan (3–4 µm) bzw. in rot (4 –5 µm).
Die CO2-Abgasfahne der Industrieanlage ist im IR-Bild gut
zu erkennen und kann leicht von den hellen Sonnenreflexen
benachbarter Gebäude unterschieden werden, die in weiß
erscheinen.
Der InAs/GaSb Übergitterdetektor ist die Kernkomponente
des Raketenwarnsensors im Selbstschutzsystem des neuen
europäischen Truppentransporters A-400M. Die erstmalige
Verwendung eines IR-Detektors der dritten Generation in
einem europäischen Beschaffungsprogramm stellt einen
bedeutenden Meilenstein für die herausragende nationale
Kompetenz in der Infrarottechnologie dar.
Abb. 3: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme einzelner Detektorelemente einer 288 x 384 Bildfeldmatrix für die gleichzeitige Detektion von Infrarotstrahlung in zwei ver-schiedenen Wellenlängenbereichen
Abb. 4: Panoramaaufnahme eines Industriekomplexes, aufgenommen mit einer bispektralen 288 x 384 MWIR-Wärmebildkamera nach Überlagerung der beiden Spektralkanäle in Komplementärfarben
Forschungsaktivitäten 2010
Charakterisierung des Detonationsverhaltens und der Nachreaktion blastgesteigerter Sprengladungen
Dipl.-Phys. Armin KeßlerFraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen
Dipl.-Phys. Thomas Fischer Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen
Dr.-Ing. Peter GerberFraunhofer-Institut für Chemische Technologie,Pfinztal-Berghausen
Die Eigenschaftscharakterisierung von Sprengladungen
mit gesteigerter Blastwirkung erfordert insbesondere
bei der Aufklärung der Wirkmechanismen in der Nach-
reaktionsphase den Einsatz von speziell angepassten
Messmethoden. Am Fraunhofer-Institut für Chemische
Technologie ICT werden dazu neben Standardtechniken
der Druck- und Blastmessung eine Vielzahl von optischen
und spektroskopischen Methoden angewendet.
Blastgesteigerte Sprengladungen ermöglichen Wirkladungen
mit angepasstem Wirk- und Leistungsspektrum. Durch die
Wahl geeigneter Komponenten kann nach der Detonation vor-
handener Brennstoff sowohl anaerob als auch zusätzlich mit
Luftsauerstoff oxidiert und somit Druck und Temperatur des
Systems erhöht werden. Zur gezielten Änderung des Eigen-
schaftsspektrums sind dabei die Kenntnis der entsprechenden
Einflussgrößen (Inhaltsstoffe, Umgebungsbedingungen,
Ladungsaufbau und -größe etc.) und die Aufklärung der Wirk-
mechanismen nötig. Im Gegensatz zu High Explosive (HE)
Sprengladungen führen blastgesteigerte Ladungen nicht nur
zu einer kurzzeitigen Spitzendruckbelastung, sondern zu einem
über einen längeren Zeitraum anstehenden Überdruck und
höheren Temperaturen.
Die grundlegende Charakterisierung der Sprengladungen
erfolgt dabei am Fraunhofer ICT in einem geschlossenen
Sprengbunker mit 45 m3 Volumen, die Standardladungsgröße
beträgt hierbei 2 kg. Druck und Temperatur werden in Ab-
hängigkeit von der Zeit bestimmt. Die Temperaturerfassung
erfolgt mittels Thermoelementen und spektroskopischen
Abb. 1: High-Speed-Kameraaufnahme der Umsetzung einer Sprengladung mit blastgesteigerter Wirkung im Freifeld
Abb. 2: Zu Abbildung 1 zugehörige BOS-Visualisierung von Stoßwelle, Blast, am Boden reflektierter Stoßwelle und Nachreaktionszone
30 31
Messungen. Diese emissionsspektroskopischen Untersuchun-
gen mit 1.000 Spektren pro Sekunde ermöglichen über die
Auswertung des Signals der Wasserbanden die Bestimmung
der Temperatur im Bereich der Nachreaktionszone. Zusätzlich
kann über die Auswertung der Strahlungsemission die Bunker-
wandtemperatur bestimmt werden. Detailuntersuchungen wer-
den dabei mit am Fraunhofer ICT entwickelten Spektrometern
mit bis zu 28.000 Spektren pro Sekunde durchgeführt.
Des weiteren konnten Korrelationen der Phänomene im
zeitlichen Verlauf der Druckkurven und der Spektren (u.a.
simultane Oszillationen im Drucksignal bzw. den Spektren-
intensitäten) ermittelt werden. Es zeigen sich Druck- und
Temperaturanstiege und z. T. Reaktionen noch 500 Milli-
sekunden nach Initiierung der Detonation. Es wurden im
Sprengbunker für mehrere Formulierungen statische Über-
drücke im Bereich 4 bar und Wandtemperaturen größer
1100 °C ermittelt. Messungen der Detonationsgeschwindig-
keit, Plate Dent Untersuchungen, Gasanalysen etc. ergänzen
die Untersuchungen. Dabei werden sowohl vom Fraunhofer
ICT wie auch von der Industrie hergestellte Sprengladungen
charakterisiert.
Im Freifeld werden die Druck- und Blastmessungen bei
gleicher Standardladungsgröße ebenfalls durch emissions-
spektroskopische Messungen begleitet. Über eine Para bol-
optik können dabei Spektren aus dem Bereich der Nachreak-
tionszone mit definiertem Field-of-View aus über 50 Meter
Entfernung erfasst werden. Dies ermöglicht auch im Freifeld
die berührungsfreie Ermittlung der Temperatur im Bereich der
Reaktionszone. High-Speed-Thermographie im IR-Bereich
und High-Speed-Kameraaufnahmen ergänzen die Methode.
Als besonders informationsreich erwies sich die Anwendung
der BOS-Methode (Background Oriented Schlieren). Mit ihr
kann eine berührungsfreie Stoßwellenerfassung aus sicherer
Distanz ermöglicht werden und auch die Blastausbreitung
(inkl. Partikelgeschwindigkeiten) erfasst werden.
Mit Hilfe der verschiedenen Messungen konnten Einflusspara-
meter für die Wirkung ermittelt und auf dieser Basis Ladungen
mit angepasster Leistung hergestellt werden. Dabei zeigen
sich signifikante Unterschiede in den Leistungseigenschaften
im Sprengbunker bzw. Freifeld, so dass je nach Einsatzzweck
zur Optimierung der Wirkung unterschiedliche Kriterien
herangezogen werden müssen.
Abb. 3: Im Sprengbunker gemessener maximaler Druck für die Standard formulierungen TNT und PBX N-109, sowie die am Fraunhofer ICT entworfene aluminiumbasierte Formulierung EBX 26 und aluminiumfreie Formulierung EBX 47
Abb. 4: In Freifeld-Versuchen mit spektroskopischen Methoden ermit telte Temperaturen im Bereich der Reaktionszone für zwei unterschiedliche Formulierungen (rot: mit Al, blau: ohne Al), dargestellt sind jeweils fünf Versuche pro Formulierung; bei 10 Milli sekunden Passage der am Boden reflektierten Stoßwelle
Forschungsaktivitäten 2010
Ein HPM-Detektionssystem für mobilen und stationären Einsatz
Dipl.-Ing. Christian AdamiFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen
Dr. Hans-Ulrich SchmidtFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen
Dipl.-Phys. Christian BraunFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen
christian.braun@ int.fraunhofer.de
Dr. Michael SuhrkeFraunhofer-Institut für Naturwissenschaftlich-Technische Trendanalysen, Euskirchen
michael.suhrke@ int.fraunhofer.de
Die zunehmende Bedrohung durch Hochleistungsmikro-
wellen (HPM) führt auch zu einer wachsenden Bedeutung
von Detektionsmöglichkeiten elektromagnetischer Felder
hoher Feldstärke. Das Fraunhofer-Institut für Naturwissen-
schaftlich-Technische Trendanalysen INT führt dazu ei ge-
ne Untersuchungen zur HPM-Detektion durch. Es wurde
ein Demonstrator eines HPM-Detektionssystems zum mo-
bilen und stationären Einsatz entwickelt.
Die Möglichkeit der Bedrohung elektronischer Geräte und
Systeme durch Hochleistungsmikrowellen (HPM) hat inzwi-
schen einen technischen Stand erreicht, der es ermöglicht,
handelsübliche moderne Elektronik, wie sie auch im mili-
tärischen Bereich eingesetzt wird, über kleinere bis mittlere
Entfernungen außer Betrieb zu setzen. In letzter Zeit haben
insbesondere Nahbereichsanwendungen zu Erfolgen geführt,
so dass es mit handkoffergroßen Geräten möglich ist, auf
mehrere zehn bis hin zu einigen hundert Metern mikro-
prozessor- oder computergesteuerte Elektronik zumindest
zeitweise ausfallen zu lassen. Da es bisher keine ausreichen-
den Detektions- und Warnsysteme zum Nachweis dieser
Bedrohung gibt, ist es Angreifern sehr leicht möglich, HPM-
Wirksysteme vor Ort unentdeckt auf Wirksamkeit zu testen.
Störungen und Ausfälle an eigenen Systemen können aus
diesem Grund nicht mit elektromagnetischen Einwirkungen
in Verbindung gebracht werden. Es ist daher sehr wichtig,
kritische Geräte und Anlagen gegenüber diesen Bedrohungen
zu überwachen und Möglichkeiten zur Suche und Identi-
fizierung von Quellen elektromagnetischer Bedrohungen
vorzuhalten.
Abb. 1: Demonstrator Gesamtsystem Abb. 2: Hochfrequenzteil mit logarithmischem Verstärker-/ Detektormodul, Eingangsdämpfungsgliedern, PIN-Diodenbegrenzer und Stromversorgungsfilter im abgeschirmten Gehäuse
32 33
Ziel der Arbeiten war es, ein HPM-Detektionssystem zu
konzipieren und in einem Demonstrator aufzubauen, welcher
über die derzeit verfügbaren einfachen Warngeräte hinaus
die Möglichkeit bietet, eine Reihe von Impulsparametern zu
messen und anzuzeigen. Hierzu zählen die Impulsamplitude,
die daraus berechnete Bedrohungsfeldstärke, die Impulsbreite,
die Impulswiederholfrequenz bzw. bei niedriger Wiederhol-
rate die Anzahl der Impulse. So ist es möglich, verschiedenste
Signaltypen von Dauerstrichaussendungen über schmal bandige
HPM-Pulse und gedämpfte Sinusschwingungen bis zu ultra-
breitbandigen UWB-Signalen zu detektieren und zu unter-
scheiden. In einer späteren Phase sollen dann auch weitere
Charakteristika wie die Richtung der Aussendung und eine
grobe Frequenzbereichsdiskriminierung bestimmt werden.
Aus eigenen Arbeiten und Erfahrungen sowie aus der Lite ra-
tur wurden Möglichkeiten der Detektion von HPM-Signalen
hoher Feldstärke zusammengestellt und hinsichtlich ihrer
Tauglichkeit bewertet. Wenn ein Detektionssystem über die
Meldung eines Signals mit Bedrohungsfeldstärke hinaus
auch zur Überwachung eines gewissen Gebietes oder zur
Identifizierung und Suche von HPM-Quellen eingesetzt
werden soll, ist eine große Messdynamik nötig, die mittels
logarithmischer Verstärker-/Detektormodule erreicht werden
kann. Damit lassen sich eine Messdynamik von bis zu 60 dB
und Bandbreiten bis zu 8 GHz realisieren.
Insgesamt besteht das Konzept aus einer polarisations-
unabhängigen Breitbandantenne, die einen bestimmten
Raumwinkel mit konstanter Empfindlichkeit abdeckt, dem
logarith mischen Verstärker-/Detektormodul in einem
Abschirmgehäuse hoher HF-Dichtigkeit mit entsprechender
Eingangsbeschaltung zum Eigenschutz, einer Signalverar-
beitung mit einem rechnergesteuerten Mehrkanaloszilloskop
sowie einem Rechner mit GPIB-Interface und der notwen-
digen Auswerte- und Darstellungssoftware.
Das System kann außer über Netz- bzw. Bordnetzstrom-
versorgung auch mit internen Batterien betrieben werden und
so flexibel an jedem Ort aufgestellt werden, ohne auf externe
Stromversorgung angewiesen zu sein.
Das HPM-Detektionssystem kann so beispielsweise zum
Schutz von Konvois oder auch als feste Installation zum
Feldlagerschutz eingesetzt werden. Es ergänzt damit die
nötigen Abschirm- und Schutzmaßnahmen bzw. das Härten
der Systeme gegen Hochleistungsmikrowellen.
Abb. 3: Richtdiagramm der Spiralantenne des Gesamtsystems bei f = 2 GHz
Forschungsaktivitäten 2010
Änderungsdetektion mit raumgestützten SAR-Systemen
Timo KempfDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen
Prof. Dr. Helmut SüßDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen
Dr. Markus PeichlDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenz-technik und Radarsysteme, Oberpfaffenhofen
Raumgestützte hochauflösende Radarsysteme mit synthe-
tischer Apertur (SAR-Systeme) ermöglichen zuverlässige,
globale Aufklärung weitestgehend unabhängig von Wetter
und Tageszeit. Ein effizientes Werkzeug zur Detektion und
Erkennung auch von mobilen Objekten insbesondere in
urbaner Umgebung ist die Änderungsdetektion mit Hilfe
von multitemporalen Aufnahmen einer Szene aus dem
gleichen Aspektwinkel.
TerraSAR-X erlaubt die Aufnahme von Radarbildern bis
zu einer räumlichen Auflösung von 1 m. Damit ist z.B. die
Detektion von Fahrzeugen möglich sowie auch eine die Kontur
wiedergebende Abbildung von Flugzeugen und Booten.
Inkohärente Änderungsdetektion bestimmt in zeitversetzten
Aufnahmen pixelweise Änderungen in der Amplitude der
Rückstreuquerschnitte. Nach geeigneter Koregistrierung wird
ein Differenzbild in Form eines RGB-Bildes erzeugt, das
unmittelbar darstell- und interpretierbar ist.
Voraussetzung für die Überlagerung multitemporaler
Aufnahmen sind annähernd gleiche Aspektwinkel der
Beo bachtungen. Bei der Radarbildgenerierung inhärente,
aspektwinkelabhängige Projektionseffekte und anisotro-
pes Streuverhalten führen bei Mehrfachaufnahmen mit
größeren Aspektwinkeldifferenzen bei der Änderungsdetek-
tion zu falschen Ergebnissen. TerraSAR-X bewegt sich
aber auf einem Integerorbit, auf dem nach 11 Tagen
wieder die exakt gleiche Position in Bezug auf die Szene
erreicht wird.
Abb. 1: Überlagerung von zwei TerraSAR-X-Aufnahmen des Frankfurter Flughafens, Zeitdifferenz: 11 Tage, blau: ältere Aufnahme, rot: jüngere Aufnahme
Abb. 4: Ausschnitt aus Abb. 2, Terminal, Zu- und Abgang parkender Flugzeuge erkennbar, unten links ist die Signatur eines Bewegtzieles im jüngeren Bild (rot) auszumachen
Abb. 2: Ausschnitt aus Abb. 1, Baustelle am Bahnhof und das Terminal. Zu- und Abgang der Flugzeuge ist deutlich erkennbar
Abb. 5: TerraSAR-X-Einzelaufnahme von Berlin, Ausschnitt Westhafen
Abb. 3: Ausschnitt aus Abb. 2, Baustelle am Bahnhof, Änderungen in der Ausrichtung der Kranausleger sind erkennbar
Abb. 6: RGB-Bild aus zwei TerraSAR-X-Einzel-aufnahmen der Abb. 5 (Zeitdifferenz: 22 Tage), Ausschnitt Westhafen, mittig in der linken Bildhälfte ist die durch Dopplerversatz nach links verschobene Signatur eines auf dem Kanal fahrenden Schiffes (rot) zu erkennen
34 35
In Abbildung 1 sind zwei TerraSAR-X-Aufnahmen überlagert.
Das jüngere Bild ist im roten Kanal, das ältere im blauen ab-
gelegt. Orte mit wenigen Änderungen ergeben eine braune
Färbung. Dort wo neue Objekte erscheinen dominiert rot und
dort wo Objekte verschwanden blau. Leichte Rot- oder
Blautönungen deuten auf Änderungen der Vegetation, Feuch-
tigkeitsunterschiede oder agrarwirtschafliche Aktivitäten hin.
Baustellen zeichnen sich durch ein reges Gemisch von rot
und blau aus.
Es wurde eine quasiperspektivische Ansicht gewählt,
wobei der Sensor die Szene von „hinten oben“ beleuchtet.
Objekte mit einer Höhenausdehnung ragen daher nach oben.
Gebäuderückwände sind sichtbar, Vorderwände liegen
scheinbar transparent im Schatten. Das Mehrfachbild in
der RGB-Darstellung zeichnet sich neben der Kennzeichnung
von Änderungen durch die für einen Bildauswerter prakti-
kablere Segmentierung aus.
Abbildung 2 zeigt gut erkennbar eine Baustelle am Bahnhof
und das Terminal. Bereiche von Aktivität und Inaktivität
lassen sich unterscheiden. Abbildung 3 zeigt nun die Kräne
der Baustelle und die Ausrichtung ihrer Ausleger.
In Abbildung 4 sind die Konturen von am Terminal parkenden
Flugzeugen durch die Farbkodierung von den umstehenden
Gebäudestrukturen unterscheidbar, was auch eine Typen-
bestimmung und zeitliche Zuordnung erleichtert. Hier ist auch
die typische für Bewegtzieldetektion verwertbare Signatur
eines sich bewegenden Objektes zu sehen, welches durch die
Dopplerverschiebung jenseits seiner eigentlichen Position
abgebildet wird.
In einem Einzelbild (Abbildung 5) ist die visuelle Segmentie-
rung urbaner Strukturen sehr anspruchsvoll, mobile Objekte
sind schwer vom künstlichen Hintergrund zu unterscheiden.
Im farbkodierten Mehrfachbild der gleichen Szene in Abbil-
dung 6 ist eine leichter zu interpretierende Segmentierung
möglich. Bewuchsflächen sind deutlicher von Gebäuden zu
unterscheiden. Bewegte Objekte wie Züge, Boote und Fahr-
zeuge sind direkt durch die eindeutige Farbzugehörigkeit
wahrzunehmen. Auch hebt sich hier das durch die bewegungs-
abhängige Dopplerverschiebung versetzte Schiff auf dem Fluss
in der linken Bildhälfte vom urbanen Hintergrund ab.
Multitemporale SAR-Aufnahmen sind ein mächtiges
Werkzeug für die visuelle Detektion einzelner Objekte und
den Infor mationsgewinns über Form, Größe, Kontext und
zeitlichem Verhalten. Sie können zu einer erheblichen
Unterstützung der Zieldetektion und -erkennung beitragen,
speziell in komplexer Umgebung wie z. B. urbanen Gebieten
mit hoher Dichte an künstlichen Strukturen.
Forschungsaktivitäten 2010
Fortschrittliche Flugkörper-Technologien
Dr.-Ing. Henning RosemannDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig
Luftverteidigung hat aktuell eine hohe politische Bedeu-
tung. Das „Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
e.V.“ (DLR) untersucht neue Technologien für Lenk flug-
körper in fünf fachlich unterschiedlichen Instituten.
Es erschließt dort neue Bereiche interdisziplinärer wehr-
wissenschaftlicher Forschung, um für Amt und Industrie
seine Beratungsfähigkeit zur Beurteilung zukünftiger
Flugkörpersysteme auszubauen.
Den steigenden Anforderungen an Flugkörper ist nur
durch fortlaufende Entwicklungen, Nutzbarmachung und
Anwendung innovativer Technologien zu begegnen.
Das DLR fokussiert seine grundfinanzierten Arbeiten zu
Flugkörpern in dem Projekt „Fortschrittliche Flugkörper-
Technologien“. Die Institute für Aerodynamik und Strömungs-
technik (IAS) in Braunschweig, Göttingen bzw. Köln, für
Bauweisen- und Konstruktionsforschung (BK) in Stuttgart,
für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme (IHR) in Ober-
pfaffenhofen, für Raumfahrtantriebe (RA) in Lampoldshausen
sowie das Institut für Werkstoff-Forschung (WF) in Köln
tragen mit ihren Fachkompetenzen zu den verschiedenen
Themenstellungen am Flugkörper bei, um über die Verbesse-
rung von Einzelkomponenten hinaus auch interdisziplinäre
Wechselwirkungen erfassen und bewerten zu können.
Dazu wurden drei Leitkonfigurationen entworfen, die mit
ihren unterschiedlichen Missionen unterschiedliche Heraus-
forderungen an die eingesetzten Technologien stellen. Für
Untersuchungen zu raketengetriebenen Kurzstrecken-Luft/
Luft- oder -Boden/Luft-Flugkörpern wurden experimentelle
Abb. 1: Zuordnung von Themen zum Flugkörper Abb. 2: DLR-Leitflugkörper für Technologiestudien
36 37
Versuchseinrichtungen aufgebaut, die die Simulation von
Separationsvorgängen und Manöverflug im Windkanal er-
lauben. Neben der Charakterisierung der aerodynamischen
Eigenschaften dienen die Ergebnisse der Weiterentwicklung
und Validierung von CFD-Verfahren (computational fluid
dynamics) für eine verbesserte Vorhersagegenauigkeit im
Entwurf.
Gelförmige Treibstoffe weisen verschiedene Vorteile in der
Handhabung auf und ermöglichen eine bessere Regelung des
Antriebes und von Querschubdüsen. Zur Optimierung der
Treibstoffe sowie der Prozessführung wurden Untersuchungen
in dem ebenfalls neu erstellten Gel-Technologiedemonstrator
durchgeführt. Dazu war auch der Aufbau einer Einrichtung
zur Herstellung der Gele erforderlich. Für Schubkammern,
Querschubdüsen, Strahlruder und Steuerflächen werden
faserkeramische Bauteile mit verbesserten Standzeiten bei
reduziertem Gewicht entwickelt.
Für die zweite Leitkonfiguration, einen Flugkörper mittlerer
Reichweite mit luftatmendem Triebwerk, ist der Lufteinlauf
von zentraler Bedeutung. Unterschiedliche Einlaufkonfi gu ratio-
nen wurden im Windkanal hinsichtlich ihrer aerodynamischen
Güte untersucht. Einen flexibleren Einsatzbereich weisen
regelbare Einläufe mit einem an den jeweiligen Betriebspunkt
angepassten Luftmassenstrom auf, die z. Zt. ausgelegt und
im Windkanal getestet werden.
Die dritte Leitkonfiguration, ein Flugkörper zur Abwehr von
ballistischen Raketen, ist durch ihre hohe Fluggeschwindig-
keit von etwa Mach 5 gekennzeichnet. Faserkeramische Mate-
rialien für die thermisch hochbelasteten Bauteile sowie neue
konstruktive Lösungen – z. B. zur Integration von Domen aus
Keramik in die metallische Flugkörperzelle – werden erarbei-
tet und konnten teilweise ihre Funktionalität im Windkanal
schon nachweisen. Zur Kühlung der im Flugkörper integrierten
elektronischen Bauteile der Sensorik werden unterschiedliche
Konzepte untersucht. Änderungen im Ausbreitungsverhalten
der Mikrowellen durch die Domwand sowie Auswirkungen
von Regen, Schnee, Hagel und Sand auf die Zielerfassung
wurden numerisch abgeschätzt und im Windkanalversuch
unter realistischen aerothermischen Belastungen überprüft.
Weiterhin werden experimentelle und numerische Analysen
aerothermodynamischer Lasten an den Flugkörperkompo-
nenten bei hohen Machzahlen, insbesondere in Gebieten der
Wechselwirkung von Verdichtungsstößen, durchgeführt.
Neuartige Steuerungsverfahren, Querschubsteuerung mittels
Heiß- und Kaltgas und Maßnahmen zur Widerstandsreduktion
wurden ebenfalls im Windkanal und numerisch hinsichtlich
ihrer Einsatzmöglichkeiten und Wirksamkeit charakterisiert.
Mit der Bearbeitung dieser interdisziplinären Fragestellungen
zielt das DLR auf den langfristigen Auf- und Ausbau seiner
Kompetenz und Beratungsfähigkeit bei der Beurteilung zukünf-
tiger Flugkörpersysteme für Amt und Industrie.
Abb. 3: Untersuchung eines Flugkörpers mit luftatmendem Antrieb im Überschall-Windkanal
Abb. 4: Klebung eines Doms aus Keramik an eine Metallstruktur
Forschungsaktivitäten 2010
Hochagile UAV-Technologien für unbemannte Flugzeuge
Andreas SchütteDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig
Dr. Andreas-René HübnerDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, Braunschweig
Im Rahmen eines internen DLR-Projektes wird eine
numerische und experimentelle Verfahrensweise zur Ent-
wicklung und Beurteilung von Technologien für un be-
mannte Kampfflugzeuge entwickelt. Schwerpunkte des
Projektes sind die Identifikation relevanter Tech nologien
sowie die Bereitstellung numerischer und experimenteller
Verfahren für den Entwurf eines unbe mannten Kampf-
flugzeuges.
Die nächste Generation militärischer Kampfflugzeugkonfigu-
rationen werden vermutlich nicht nur bemannte Konfiguratio-
nen sein. Unbemannte hochagile UAV werden in sogenannte
Future Combat Air Systems (FCAS) eingebunden sein.
Neben den damit verbundenen Herausforderungen unbemannter
Systeme in Bezug auf autonomes Fliegen und das unbemannte
Fliegen im Verbund mit anderen bemannten Systemen im
kontrollierten Luftraum, stellt die Entwicklung der Plattform
selbst höchste Anforderungen an eine Reihe von luftfahrt-
technischen Disziplinen. Diese Anforderungen unterscheiden
sich zum Teil wesentlich von denen konventioneller Konfigu-
rationen. Das DLR hat sich im Rahmen von wehrtechnischen
Projekten die Aufgabe gestellt, einen Beitrag zum Entwurf,
der Analyse und Bewertung der Flugeigenschaf ten und Flug-
leistungen von hochagilen UAV und ihren Komponenten
zu leisten.
Im DLR-Projekt UCAV-2010 liegt ein Schwerpunkt hierbei in
der Weiterentwicklung und Validierung von multidisziplinären
Verfahren zur Simulation der Aerodynamik und des struktur-
dynamischen Verhaltens von Nurflügelkonfigurationen mit
Abb. 1: Experimentelle Untersuchungen der DLR-F17 Konfiguration im DNW-NWB
Abb. 2: Numerische Simulation des Strömungsfeldes um die DLR-F17 Konfiguration
38 39
einem Vorderkantenpfeilwinkel im Bereich von 45°– 60°.
Die Herausforderung besteht im Auffinden eines Kompro-
misses zwischen einer hohen Agilität und einer langen Flug-
zeit. Bisherige und zukünftige hochagile UAV werden aus
diesem Grunde Deltaflügel-Konfigurationen mit mittlerem
Pfeilwinkel und einem ausreichenden Streckungsverhältnis
sein. Die Aerodynamik solcher Konfigurationen ist in weiten
Anstellwinkelbereichen durch ein nichtlineares, wirbel-
dominiertes Strömungsfeld bestimmt. Das aerodynamische
Verhalten wird weiterhin durch instationäre Effekte, wie
Wirbel-Wirbel-Interaktionen als auch Wirbelaufplatzen
beeinflusst. Dieses führt dazu, dass die Aerodynamik in
weiten Bereichen der Flugenvelope nur mit Hilfe von höher-
wertigen CFD-Verfahren vorhergesagt werden kann.
Auch die Stabilität und Steuerbarkeit wird hierdurch beein-
flusst, da herkömmliche lineare Vorhersageverfahren nicht
mehr ausreichend sind. Schlussendlich kommen die Ergebnisse
im Projekt UCAV-2010 auch der Analyse und Bewertung
sowie der Kampfwertsteigerung bestehender, bereits operie-
render Konfigurationen zu gute.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt in dem Entwurf von ange-
passten Triebwerkskonzepten, dem Entwurf von Einlauf- und
Düsengeometrien sowie alternativen Steuerkonzepten.
Zwei wesentliche Technologien, die sich für derartige Konfi-
gurationen entwurfskritisch darstellen, sind die Radar- und
Infrarot-Signaturen, da sie einen wesentlichen Einfluss auf die
konfigurative Formgebung, die Oberflächenbeschaffenheit
sowie auf die Geometrie des Einlaufs und der Düse nehmen.
Herkömmliche Steuerkonzepte mit entsprechend dimensio-
nierten Steuerflächen können einen guten radarsignaturarmen
Entwurf massiv verschlechtern. Das gleiche gilt für die
Temperatursignatur des Fluggerätes. Aus diesem Grunde
ist es von entscheidender Bedeutung, schon auf Vorentwurfs-
ebene sämtliche Entwurfsparameter zu berücksichtigen.
Weiterhin sind aufgrund der konfigurativen Unterschiede zu
konventionellen Flugzeugen neuartige, leichte, hochbelastbare
Faserverbund-Strukturkonzepte und -Bauweisen zu entwickeln.
Der Grund hierfür liegt im Grundriss einer Nurflügelkonfi-
guration als auch im begrenzten Bauraum, da zugunsten einer
signaturarmen Bauweise sämtliche Systeme innerhalb der
Geometrie integriert werden müssen.
Im Rahmen von UCAV-2010 ist es gelungen, die Vorentwurfs-
verfahren in einer multidisziplinären Simulationsumgebung
für hochagile UAV weiterzuentwickeln. Es wurden umfang-
reiche experimentelle Untersuchungen zum Verständnis der
Strömungsphysik und des aerodynamischen Verhaltens solcher
Fluggeräte durchgeführt sowie der Validierungsprozess der
CFD-Verfahren vorangetrieben. Grundlegende Untersuchungen
zu alternativen Steuerkonzepten und zur Einlaufaerodynamik
ergänzen das Aufgabenspektrum des Projektes.
Abb. 3: Fortschrittliches Faserverbund-Struk tur konzept für eine UCAV Konfiguration
Abb. 4: Berechnung der Radarsignatur mit dem DLR-SIGMA Code
Forschungsaktivitäten 2010
Aktive Steuerung für Hubschrauber im operationellen Einsatz
Prof. Dr.-Ing. Stefan LevedagDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig
Dipl.-Ing. Mario Müllhäuser Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig
Dr.-Ing. Wolfgang von GrünhagenDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig
Dipl.-Ing. Robin LantzschDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Flugsystemtechnik,Braunschweig
Assistenz-Systeme sollen dem Piloten helfen, effizienter
und sicherer zu fliegen und die 24h-Einsatzfähigkeit bei
jedem Wetter zu ermöglichen. Dabei kommen Flugrege-
lungs- und Sichtsysteme zum Einsatz. Dieser zweidimen-
sionale Ansatz wird um eine dritte Dimension in Form
von taktiler Unterstützung durch aktive Steuerorgane
erweitert, um die Arbeitsbelastung zu reduzieren und die
Sicherheit zu erhöhen.
Im laufenden Forschungsprojekt ALLFlight (Assisted Low
Level Flight and Landing on Unprepared Landing Sites) wird
ein Piloten-Assistenz-System entwickelt, welches das intuitive
Fliegen eines bemannten Hubschraubers ermöglicht. Es unter-
stützt den Piloten vom Start bis zur Landung auf unvorberei-
teten Landeplätzen, im Tiefflug in der Hinderniskulisse, bei Tag,
bei Nacht und bei schlechten Sichtverhältnissen. Ein Flug-
regelungssystem stellt unterschiedliche Steuergesetze bereit,
wie die Stabilisierung von Drehraten (RC), Lagen (AC) oder
Geschwindigkeiten (TRC). So wird die Steuerungsaufgabe
für den Piloten erleichtert, wenn eine Situation ein höheres
Maß an Aufmerksamkeit erfordert, etwa bei der Flugplanung
oder in Kampfsituationen.
Zur Verbesserung der visuellen Information wurde eine Reihe
von Sensoren am Fliegenden Helikopter Simulator (FHS)
angebracht, wie Laser- und Radarsensoren und eine Infrarot-
kamera. Die Daten aus diesen Sensoren werden mit einer
Gelände-Datenbank fusioniert. Auf der Basis dieses so aktua-
lisierten 3D-Modells der Außenwelt generiert ein Planungs-
tool gekrümmte Flugbahnen in Raum und Zeit, auf denen
Abb. 1: ALLFlight 3D-Ansatz: Reglerunterstützung (control augmentation), Display-Optimierung (display sophistication) und haptisches Feedback
Abb. 2: Fliegender Helikopter Simulator (FHS) und Sensorpaket: Laser- und Radarsensoren und Infrarotkamera am Sensorträger unter der Hubschrauberzelle
Abb. 4: Sidestick (Stirling Dynamics) als Steuerorgan für die rechte Hand für zyklische Steuerung im fliegenden FHS
40 41
der Hubschrauber halb- oder vollautomatisch geführt wird.
Die Bahnen können auch auf dem Head-Mounted-Display an-
gezeigt werden, welches in den Hubschrauber integriert wird.
Zur Erfüllung der Mission benutzt der Pilot klassischerweise
seine visuelle und vestibuläre Wahrnehmung. Als dritter
Informationskanal wird die Haptik des Piloten mittels aktiver
Sidesticks genutzt. Dies führt zu Redundanz und zu einer
Verringerung der Informationsdichte im visuellen Kanal.
Damit soll die Arbeitsbelastung reduziert und gleichzeitig das
Situationsbewusstsein erhöht werden. Der aktive Sidestick
besitzt Elektromotoren zur Erzeugung der Kräfte, die der
Pilot wahrnimmt. Dadurch wird eine breite Palette von zusätz-
lichen taktilen Unterstützungsfunktionen möglich.
Die drei wichtigsten Themen aus den laufenden Aktivitäten
sind:
>> Anpassung der Steuerkraftcharakteristik (Flight Control
Mechanical Characteristics, FCMC) an das aktuelle
Steuergesetz des Flugreglers,
>> Warnen vor System-Überlastungsgrenzen – z. B. Engine
Torque, Mast Moment – oder gefährlichen Flugzuständen
– z. B. Vortex Ring State – durch Gegenkräfte (Tactile
Cueing),
>> Führen auf einer vorgegebenen Flugbahn (Haptic Flight-
director) oder Manöverunterstützung (Haptic Flight
Guidance) durch Führungskräfte oder Kraftschranken.
Im Rahmen des deutsch-amerikanischen MOU zu Helicop-
ter Aeromechanics Task X (Handling Qualities for Active
Controlled Rotorcraft) wird die Interaktion zwischen den
Steuerkraft-Eigenschaften und den Flugeigenschaften unter-
sucht. Dieser komplementäre Forschungsansatz nutzt den
FHS mit seinen aktiven Sidesticks auf der deutschen Seite
und den RASCAL Forschungshubschrauber mit seinen
aktiven Steuerorganen in klassischer Ausführung auf der
US-Seite. Das gemeinsame Ziel ist die Entwicklung von
Kriterien für das Standardwerk der Hubschrauber-Flug-
eigenschaftsanalyse ADS-33. Damit werden Leitlinien für
Drehflügler mit aktiven Steuerorganen bereitgestellt.
Im Jahr 2010 wurden Kampagnen zur Systemdemonstration
bei Eurocopter Deutschland und auf dem Flugplatz der Heeres-
fliegerwaffenschule Bückeburg geflogen. Das Programm war
einer früheren Demonstration bei der WTD 61 in Manching
ähnlich, ergänzt um die Demonstration des operativen Nutzens
der aktiven Sidesticks.
Abb. 3: Sidestick (Liebherr Aerospace) als Steuerorgan für die linke Hand: Kollektiv und optional auch Ersatz für die Pedale
Forschungsaktivitäten 2010
Mobiles Operations-Modul mit telemedizinischer Unterstützung
Dr. rer. medic. Dipl.-Ing. Thomas WeberDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln
Darius Kornetka Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln
Timo FrettDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Luft- und Raumfahrt-Medizin, Köln
Das DLR Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin
arbeitet an der Entwicklung eines mobilen Operations-
Moduls (OP-Modul), dessen Mobilität wichtige Beiträge
für die sanitätsdienstliche Versor gung im Einsatz leisten
soll. Es gilt, die Anforderungen aller Transportmöglich-
keiten der Einsatzstandorte und -umgebungen zu analy-
sieren und optimiert in einem Realisierungskonzept
umzusetzen.
Einsätze im Ausland stellen den Sanitätsdienst der Bundeswehr
vor besondere Aufgaben. Ziel des Primär auftrags des Sani-
täts dienstes ist es, den Soldaten eine medizinische Versorgung
zuteil werden zu lassen, die im Ergebnis dem fachlichen Stan-
dard in Deutschland entspricht.
Grundlegende Veränderungen in der internationalen Krisen-
und Konfliktbewältigung erfordern einen zunehmend höheren
Anteil an kleinen und schnell einsetzbaren Kontingenten.
Zur optimierten Versorgung der Einheiten vor Ort arbeitet das
DLR an einem OP-Modul, welches leicht zu transportieren
ist und am Einsatzort umgehend genutzt werden kann.
Dieses OP-Modul soll durch die Möglichkeit zu notfall-
chirurgischen Versorgungsmaßnahmen vor Ort, gekoppelt
mit der telemedizinischen Unterstützung von Experten des
Sanitätsdienstes, eine Erweiterung der Rettungskette, auch
bei Medical Evacuation Einsätzen (MEDEVAC), weltweit
darstellen.
Es wird somit eine schnelle Einsatzfähigkeit bei maximaler
Mobilität auf dem Luft-, Wasser- und Landweg gefordert.
Abb. 1: Airbus A-310 MRT (Multi-Role Transporter) Abb. 2: Innenansicht des Airbus A-310 MRT in der Ausführung MEDEVAC
Abb. 4: Telemedizin im zukünftigen OP-Modul
42 43
Die Herausforderung besteht dabei in der Gestaltung einer
effizienten Arbeitsumgebung, die mit den Transportmedien in
Einklang gebracht werden muss. Um diesen Anforderungen
genügen zu können, ist eine gründ liche Analyse der technischen,
medizinischen und logistischen Anforderungen notwendig.
Aufgrund ihres großen Raumangebotes und ihrer speziellen
logistischen und taktischen Fähigkeiten werden besonders
die Flugzeugmuster Airbus A-310 MRT und Transall C-160
betrachtet. Neben dem Einsatz als MEDEVAC kann der
Airbus A-310 MRT unter anderem auch als reiner Truppen-
transporter oder, in der Combi-Version, zum Transport von
Passagieren und Fracht eingesetzt werden.
Das OP-Modul ist in ein Vorbereitungs-, OP- und Material-
segment aufgeteilt. Um die operative wie auch postoperative
Infektrate auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wird durch
effiziente Möglichkeiten der Oberflächendesinfektion und
Reduktion der Luftkeimkonzentration eine medizinisch sterile
Umgebung erreicht. Eine strikte Trennung zwischen Rein-
und Unreinbereich ist gegeben.
Alle benötigten Medizingeräte und Materialien werden
auf Rollwagen in das OP-Segment befördert. Bildgebende
Verfahren, wie z. B. Endoskopie, Sonografie oder Röntgen,
sollen mittels mobiler Geräte überall verfügbar sein. Das
medizinische Equipment muss höchsten Anforderungen für
die Intensivmedizin gerecht werden.
Auf der Basis einer Marktanalyse werden zunächst geeignete
Medizingeräte ausgesucht. Die Anbindung von telemedizini-
schen Funktionselementen mittels geeigneter Medienanschlüs-
se ist eine elementare Komponente des mobilen OP-Moduls.
Das medizinische Personal wird durch telemedizinische
Verfahren unterstützt, die in jedem Segment des OP-Moduls
durch Informations- und Kommunikationselemente vorhanden
sind. Die telemedizinische Anbindung soll den orts- und
zeitunabhängigen Zugang zu Expertenwissen jederzeit er-
möglichen und einen Datenaustausch sowie Videokonferenzen
gewährleisten. Ein Anwendungsfeld ist beispielsweise die
Einholung einer zweiten Meinung. Die Nutzung telemedizini-
scher Verfahren hängt von den Bandbreiten und der Satelliten-
verfügbarkeit am Einsatzort ab.
In Zukunft ist es vorgesehen, das Konzept für die mittleren
Transporthubschrauber CH-53 und NH-90 sowie den Airbus
A-400M anzupassen. Eine weitere Schlüsselrolle bildet die
Vereinbarkeit des OP-Moduls mit der konzeptionellen Grund-
vorstellung „Die See als Basis für streitkräftegemeinsame
Operationen“ (KGv Basis See).
Abb. 3: Innenraum der Transall C-160 MEDEVAC
Forschungsaktivitäten 2010
Scheibenlasertechnologie für Lasereffektoren/Laserwaffen
Dipl.-Phys. Jochen SpeiserDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik, Stuttgart
Eine wesentliche Schutzkomponente für Streitkräfte
werden in der Zukunft Lasereffektoren großer Reichweite
sein. Sie sind besonders geeignet, schnell bewegte Objekte
– z. B. Mörsergranaten oder Raketen – zu bekämpfen.
Am Institut für Technische Physik (ITP) des DLR werden
hierzu auf Basis der Scheibenlasertechnologie Untersuchun-
gen und Entwicklungen für Wirklaser der 100 kW-Klasse
durchgeführt.
Strahlquellen für Lasereffektoren großer Reichweite müssen,
je nach Einsatzszenario, spezifische Anforderungen erfüllen:
geeignete Wellenlänge, optimale Fokussierbarkeit, Kompakt-
heit und hohe Effizienz. Diodengepumpte Festkörperlaser
– insbesondere Slab-Laser, Faserlaser und Scheibenlaser –
gelten nach heutigem Stand der Technik als die hierfür am
besten geeigneten Strahlquellen. Kommerziell verfügbare
Festkörperlaser erreichen allerdings weder die erforderliche
Leistung noch die erforderliche Strahlqualität. Am Institut
für Technische Physik werden daher Untersuchungen zur
Leistungsskalierung des Scheibenlasers bei hoher Strahl-
qualität durchgeführt.
Der Scheibenlaser vereint Leistungsskalierbarkeit mit
exzel lenter Brillanz und hoher Effizienz. Das laseraktive
Medium besteht bei diesem Design aus einer sehr dünnen
Kristallscheibe mit einer Dicke von wenigen 100 μm (teil-
weise sogar unter 100 μm) und einem Durchmesser von
einigen Millimetern bis wenigen Zentimetern. Diese Scheibe
wird von einer Seite gekühlt und wird als aktiver Spiegel
im Laserresonator eingesetzt. Die höchst effiziente Wärme-
Abb. 1: Scheibenlaser: Kopplung von vier Scheiben in einem Resonator nach dem Konzept der neutralen Gainmodule (NGM), Laserleitung 3 kW, M² < 6
Abb. 2: Typische Scheibe aus Yb: YAG, aufgelötet und rondiert. Geeignet für verschiedene Laser bis ~ 1 kW Ausgangsleistung
44 45
abfuhr durch die Scheibenrückseite erlaubt einerseits sehr
hohe Pumpleistungsdichten, andererseits wird aufgrund der
Kollinearität von Laseremission und Temperaturgradient inner-
halb der Scheibe die thermische Linsenwirkung minimiert.
Eine Steigerung der Ausgangsleistung kann idealerweise
durch Vergrößern der aktiven Fläche bei konstanter Flächen-
leistungsdichte erzielt werden. Damit bleiben sowohl die
Temperaturen und die thermische Linse als auch die erforder-
liche Brillanz der Pumpdioden konstant.
Industrielle Scheibenlaser sind heute mit bis zu 16 kW Dauer-
strichleistung erhältlich. Diese Laser arbeiten typischerweise
im Multi-Mode-Betrieb mit M² > 20. Mit einem speziell ent-
wickelten Resonatordesign und dem Einsatz von adaptiven
Optiken im Resonator konnte bereits eine deutliche Ver besse-
rung der Strahlqualität demonstriert werden. Eine weitere
Steigerung der Strahl qualität und der Laserleistung wird mit
derzeit durchgeführten eigenen Entwicklungen der Scheiben-
kontaktierung und des Pumpdesigns erreicht werden.
Die hervorragenden Skalierungseigenschaften des Scheiben-
lasers können derzeit allerdings aufgrund der Limitierungen
kommerziell verfügbarer System-Komponenten nicht voll
ausgeschöpft werden. Eine elegante Lösung ist die Verwendung
eines Oszillator-Verstärkerkonzepts (MOPA), bei dem ein
Multi-kW-Scheibenlaseroszillator mit hoher Strahlqualität
durch eine Kette von Hochleistungs-Scheibenlaserverstärkern
nachverstärkt wird.
Simulationen zeigen, dass so bereits mit einigen Verstärker-
modulen, wie sie in derzeitigen kommerziellen Scheibenlasern
verwendet werden, 30 kW Laserleistung erzielt werden können.
Durch leichte Modifikationen im Scheiben- und Pumpdesign
sowie einigen weiteren nachfolgenden Verstärkermodulen
sind Leistungen über 50 kW mit hoher Strahlqualität möglich.
Bei einer Skalierung eines solchen Systems sind – mit derzeit
realisierbaren Komponenten – Laserleistungen von 200 kW
und mehr erreichbar.
Am Institut für Technische Physik werden neben der Entwick-
lung von Wirklasern auch die aktiven optischen Komponenten
zur Strahlformung und -führung von Lasereffektoren ent-
wickelt, auch zur Kompensation atmosphärischer Störungen.
Mit der Laserfreistrahlstrecke am Standort Lampoldshausen
verfügt das Institut darüber hinaus über eine Testeinrichtung,
die hervorragend geeignet ist, um Propagation und Wirkung
von Hochleistungs-Laserstrahlung zu untersuchen.
Abb. 3: Pumpmodul für Scheibenlaser mit modifiziertem Design
Abb. 4: Beeinflussung der Strahlqualität mit einer einfachen resonatorinternen adaptiven Optik, links: gemessene Strahlprofile, rechts: Ergebnisse von Simulationsrechnungen
Forschungsaktivitäten 2010
Lasergestützte Stand-off Detektion von CBE-Gefahrstoffen
Dr. Frank DuschekDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart
Dr. Carsten PargmannDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart
Dr. Jürgen HandkeDeutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,Institut für Technische Physik,Stuttgart
Die lasergestützte Stand-off Detektion bietet vielver-
sprechende Möglichkeiten, um chemische, biologische
und explosive (CBE) Substanzen frühzeitig detektieren
und identifizieren zu können. Durch eine diskrete und
zuverlässige Gefahrstoffdetektion aus großer Entfernung
lassen sich im Ernstfall rechtzeitig Gegenmaßnahmen
einleiten und die Gefahren für die Einsatzkräfte und die
Bevölkerung verringern.
Das Szenario von CBE-Kampfstoffen in den Händen instabiler
Staaten sowie terroristischer Organisationen wird zunehmend
aktueller und birgt ein nicht kalkulierbares Gefahrenpotenzial
sowohl für Streitkräfte bei ihrem Einsatz in Krisengebieten
als auch für die Zivilbevölkerung. Nur durch frühzeitige
Iden tifi kation dieser Substanzen aus sicherer Distanz können
rechtzeitig adäquate Maßnahmen für den Schutz von Menschen -
leben eingeleitet werden.
Heute schon verfügbare Detektionsmethoden, wie z. B. Bio-
chips und Chromatografie, benötigen häufig direkten Kontakt
mit dem Gefahrstoff. Diese Einschränkung erschwert eine
frühzeitige Erkennung und ist für die Soldaten bzw. Ersthelfer
nicht ohne Gefahren durchführbar. Berührungslose Detektions-
möglichkeiten, wie die Terahertz-Spektroskopie, eignen sich
für Entfernungen im Meterbereich und finden ihren Einsatz an
Portalsystemen in Flughäfen. Die passive Infrarotspektrometrie
ist auch auf größere Distanzen für C-Detektion anwendbar,
jedoch ist sie stark von Umgebungsbedingungen abhängig.
Abb. 1: Stand-off Detektionsexperiment auf der Freistrahlstrecke in Lampoldshausen
Abb. 2: Schema zur lasergestützten Stand-off Detektion mittels LIF (Laser-induzierte Fluoreszenz)
46 47
Lasergestützte Detektionsmethoden nutzen unterschiedliche
Wechselwirkungsmechanismen (Streuung, Absorption und
Emission) zwischen elektromagnetischer Strahlung und Mate-
rie aus. Sie erlauben eine diskrete und schnelle Klassifikation
von Substanzen in Entfernungen bis in den Kilometerbereich.
Das zu untersuchende Gebiet oder Objekt wird mit Laserlicht
gescannt. Zurück gestreutes Licht wird mit einem Teleskop
gesammelt und bezüglich seiner Intensität, Polarisation und
spektralen Verteilung untersucht. Die Ergebnisse erlauben die
Detektion und Identifikation eines möglichen Gefahrstoffs.
Dabei kann eine große Anzahl von CBE-Substanzen in unter-
schiedlichen Zustandsformen über weite Entfernungen erfasst
werden.
Reale Anwendungen eines lasergestützten Diagnostikver-
fahrens finden ihren Einsatz im Freien. Bei diesem Szenario
ist der Einfluss der Atmosphäre zu beachten. Dieser betrifft
die Transmission des Laserlichts sowie Störungen durch
den veränderlichen Strahlungshintergrund, Witterungsbe-
dingungen, Staub bzw. gefahrstoffähnliche Spurenstoffe.
Weitere Anforderungen entstehen, wenn das Detektions-
system an belebten Orten und damit im augensicheren
Wellenlängenbereich betrieben werden muss. Dieser liegt
intensitätsabhängig im Ultravioletten unterhalb von 400 nm
und im Infraroten oberhalb von 1400 nm. Zukünftig einge -
setzte Lasersysteme müssen sich diesen Gegebenheiten
anpassen. Eine Kernkompetenz des Instituts für Technische
Physik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) liegt in der Entwicklung solcher wellenlängenspezi-
fischer Lasersysteme.
Für die Entwicklung und Validierung aussichtsreicher Verfah-
ren zur Stand-off Detektion unter realen Umweltbedingungen
steht in Lampoldshausen eine Laser-Freistrahlstrecke zur
Verfügung. Sie ist an den aktuellsten Richtlinien zur Laser-
sicherheit orientiert und mit moderner Messinfrastruktur für
Laseranwendungen ausgestattet. Tests an relevanten Gefahr-
stoffen bzw. Simulanten werden durchgeführt, um die Detek-
tionsgrenzen ausgewählter Messmethoden unter reali stischen
Bedingungen zu ermitteln. Ziel ist die Ent wicklung eines
Detektions- und Identifikationsverfahrens für CBE- Gefahr-
stoffe als Baustein für ein einsatzfähiges, szenario gerechtes
Komplettsystem für den schnellen und effektiven Einsatz
im Krisenfall. Integriert in eine statio näre oder mobile Platt-
form wird es eine wesentliche Kom ponente für den Schutz
sowohl der Streitkräfte im Auslandseinsatz als auch der
Zivilbevölkerung darstellen.
Abb. 3: Wellenlängenabhängige Transmission der Atmosphäre Abb. 4: Zulässige Energie für augensichere Strahlung (Pulsdauer: 6 ns, Repetitionsrate: 100 Hz, Strahldurchmesser: 50 mm)
Forschungsaktivitäten 2010
ARCADIS – ein System zur Detektion verdächtiger Gegenstände entlang regelmäßig befahrener Strecken
Armin SchneiderDeutsch-FranzösischesForschungsinstitut, Saint-Louis
Dr. David MonninDeutsch-FranzösischesForschungsinstitut, Saint-Louis
Seit mehr als 50 Jahren arbeitet das Deutsch-Französische
Forschungsinstitut Saint-Louis (ISL) als bi-nationales Insti-
tut im Bereich der wehrtechnischen Grundlagenforschung.
Im Hinblick auf die aktuellen Auslandseinsätze der Bundes-
wehr wurde ein System zur Detektion von Bildänderungen
entwickelt, das es erlaubt, Fahrzeuginsassen frühzeitig
vor möglichen Gefahren entlang regelmäßig befahrener
Strecken zu warnen.
IED (Improvised Explosive Devices) stellen eine erhebliche
Bedrohung dar, insbesondere für die International Security
Assistance Force (ISAF) in Afghanistan, aber auch für die
dortige Bevölkerung. Im Zeitraum von Januar 2004 bis Dezem-
ber 2009 wurden in Afghanistan mehr als 7.500 Anschläge
mit IED verübt, wobei mindestens 11.600 Menschen verletzt
wurden (davon 4.700 Zivilisten), über 5.400 Menschen wur-
den getötet (davon 2.100 Zivilisten). Die Herstellung von IED
ist leider relativ einfach, da die dafür benötigten Mate rialien
oft leicht verfügbar sind. Hinzu kommt, dass eine IED leicht
als harmloser Gegenstand getarnt werden kann. Das Spektrum
reicht von einem Sprengsatz, versteckt in einem Rucksack
oder einer Einkaufstüte, bis zu einer Autobombe oder einem
Selbstmordattentäter mit Sprengstoffgürtel. Eine automatische
Detektion dieser Bedrohung ist daher praktisch ausgeschlossen.
Neben öffentlichen Einrichtungen in urbanem Umfeld sind
insbesondere regelmäßig benutzte Straßen und Transportwege,
beispielsweise zwischen einem Feldlager und einem Flugplatz,
typische Ziele von Anschlägen mit IED. Eine vollständige
Überwachung über eine längere Strecke ist nur schwer zu
realisieren.
Abb. 1: Route Clearance – Aufnahme der Referenzbilder Abb. 2: Normaler Einsatz – Detektion von Änderungen
48 49
Das ISL entwickelt derzeit ein kostengünstiges System
(ARCADIS), bestehend aus einer digitalen Videokamera,
einem GPS-Empfänger sowie einem elektronischen Kompass,
welches Änderungen entlang einer regelmäßig befahrenen
Strecke erkennen und einem Beobachter in einem Fahrzeug
darstellen kann. Dazu wird eine Folge von Referenzbildern
(blaue Rechtecke in Abbildung 1) entlang der zu befahrenden
Strecke aufgenommen, wobei gleichzeitig sichergestellt
werden muss, dass keine versteckten Sprengsätze vorhanden
sind (route clearance). Hierzu kann das System auf einem
speziellen Messfahrzeug installiert werden, dessen Einsatz
allerdings zeitaufwändig und teuer ist. Die Bilder enthalten
als Meta-Information sowohl die jeweiligen GPS-Koordinaten
als auch den Blickwinkel der Kamera. Für regelmäßige
Einsätze wird das System auf einem beliebigen militärischen
Fahrzeug installiert. Während der Fahrt werden ebenfalls Bilder
aufgenommen (rote Rechtecke in Abbildung 2), und mit Hilfe
der GPS-Koordinaten wird in Echtzeit das zum jeweils aktu-
ellen Bild korrespondierende Referenzbild gesucht.
Da nicht sichergestellt werden kann, dass die Bilder jeweils
mit dem gleichen Blickwinkel an derselben Koordinate aufge-
nommen werden, müssen die aktuellen Bilder mit Hilfe von
Bildregistrierungs-Algorithmen zunächst entsprechend trans-
formiert werden. Hierzu wird eine Homographie bestimmt,
die es erlaubt, das aktuelle Bild in das Koordinatensystem des
jeweiligen Referenzbildes zu transformieren. Anschließend
werden dem Beobachter auf einem Bildschirm abwechselnd
ein Bild aus der Referenzsequenz und ein transformiertes
aktuelles Bild dargestellt (Abbildung 3). Eventuell vorhandene
Änderungen werden auf diese Weise als blinkende Objekte
dargestellt und können somit leicht detektiert werden.
Selbst vor eventuell vergrabenen Gegenständen kann gewarnt
werden, auch wenn die Spuren völlig verwischt wurden, da
sich auf jeden Fall Änderungen der Oberfläche ergeben, die
durch die abwechselnde Darstellung eines Referenzbildes und
des aktuellen Bildes deutlich hervorgehoben werden.
Das ARCADIS-System wird in enger Zusammenarbeit mit
den Einsatzkräften entwickelt, und seine Funktionalität wurde
auf mehreren Messkampagnen (u. a. NATO SCI 193) unter
realen Bedingungen nachgewiesen. Auf der EUROSATORY
2010 wurde das System mit der Unterstützung der Section
Technique de l‘Armée de Terre (STAT) erstmals bei den
Outdoor Live Demonstrations offiziell einem größeren Pub-
li kum erfolgreich vorgestellt (Abbildung 4).
Die Technologie wird derzeit zusammen mit der Industrie
weiterentwickelt, mit dem Ziel, sie möglichst schnell den
Einsatzkräften im Ausland zur Verfügung zu stellen.
Abb. 3: Prinzip der Visualisierung Abb. 4: ARCADIS-System auf einem VBL der STAT (EUROSATORY 2010)
Forschungsaktivitäten 2010
Wie viele UAV sind zu viele? Erkennen von Überforderung des UAV-Führers
Dipl.-Ing. Diana DonathUniversität der Bundeswehr München,Institut für Flugsysteme
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Axel SchulteUniversität der Bundeswehr München,Institut für Flugsysteme
In militärischen Szenarien ist der Einsatz von UAV selbst-
verständlich. Zur Steigerung der Effizienz werden künftig
mehr UAV durch weniger Personal geführt. Doch wie viele
UAV kann ein Mensch gleichzeitig führen? Wann ist er
überfordert, und wie kann dies frühzeitig erkannt werden?
Das Institut für Flugsysteme forscht an der automatischen
Registrierung von Überforderung zur Verbesserung von
Assistenzsystemen.
Assistenzsysteme unterstützen den Bediener bei der Durch-
führung seiner Aufgaben, etwa bei der Führung von militäri-
schen UAV. Hierbei sollen sie, nach Auffassung der Forscher
des Instituts für Flugsysteme, als Team gemeinsam mit dem
Operateur an der erfolgreichen Durchführung der Mission
arbeiten. Effektive Teamarbeit zeichnet sich u. a. dadurch aus,
dass im Team erkannt wird, ob einzelne Partner überfordert
sind und daraufhin Maßnahmen zur Kompensation ergriffen
werden. Über diese bisher ausschließlich menschliche Fähig-
keit sollen künftig auch maschinelle Systeme verfügen.
Wie aber kann ein Assistenzsystem solche Überforderungs-
situationen erkennen? Verschiedene bekannte Ansätze zur
Bestimmung der subjektiven Beanspruchung verwenden u. a.
Leistungsparameter (z. B. Reaktionszeit, Fehlerrate) oder
psycho-physiologische Messmethoden (z. B. EEG, Pupillen-
weite), um so Indikatoren für Überforderung zu gewinnen.
Ein Mensch hingegen, etwa in der Rolle als Fluglehrer oder
Kopilot, erkennt intuitiv und ohne aufwändige Messeinrich-
tungen, wann sein Partner überfordert ist. Hierfür reicht die
Abb. 1: Das Grundkonzept des adaptiven Assistenzsystems (rechts im Bild) besteht darin, anhand von Modellvorstellungen über beobachtete Verhaltensweisen des menschlichen Operateurs auf Überforderung zu schließen und geeignete Unterstützung anzubieten
Abb. 2: Der Forschungsflugsimulator des Instituts für Flugsysteme mit den Arbeitsplätzen des UAV-Operateurs (links mit Kamerabildern der UAV) und des Piloten (rechts) dient der Entwicklung und Erpro-bung innovativer Konzepte zur UAV-Flug- und Missionsführung und adaptiver Operateurassistenz
50 51
Beobachtung des Verhaltens in spezifischen Aufgabensitua-
tionen aus. Als Domänenexperte und durch Beobachtung des
Teammitglieds generiert er sich dazu vorab unbewusst Modelle
für typische, individuelle Verhaltensweisen des Partners und
identifiziert anhand von Verhaltensänderungen Indikatoren
für eine Überforderung. Durch solche Beobachtungen ist es
möglich, frühzeitig unterstützend einzugreifen, bevor es zu
Leistungseinbrüchen oder gravierenden Fehlern kommt.
Um einem Assistenzsystem künftig solche Verhaltensmodelle
zur Verfügung stellen zu können, laufen am Institut für Flug-
systeme umfangreiche Experimente mit Piloten der Heeres-
fliegertruppe. Hierzu werden im Forschungsflugsimulator
MUM-T Missionen durchgeführt, d. h. es werden mehrere
UAV als abgesetzte Sensorträger vom Kommandanten des be-
mannten Hubschraubers gesteuert. Während der simulierten
Missionen werden die visuellen und manuellen Interaktionen
der Piloten mit den technischen Einrichtungen des UAV-Opera-
teurarbeitsplatzes erfasst, d. h. es werden Blickfixationen zur
Informationsaufnahme und Bedienoperationen aufgezeich-
net. Im Experiment wird gezielt die Belastung durch in die
Mission eingebettete Zusatzaufgaben (Bedrohungsortung,
Missionsumplanung) sowie durch die Erhöhung der Anzahl
der zu führen den UAV gesteigert. Beobachtet wird hingegen
das Verhalten bei der Durchführung einer spezifischen, wieder-
kehrenden Teilaufgabe (Identifikation von Objekten bei der
Routenaufklärung).
Trotz dieser massiven Steigerung der Aufgabenlast kann
dennoch keine deutliche Erhöhung der subjektiv empfundenen
Beanspruchung der Versuchspersonen registriert werden.
Die Ergebnisse des hierzu verwendeten Fragebogenverfahrens
(NASA Task Load Index) lassen kaum einen Rückschluss
auf Überforderung zu. Stattdessen reagieren Operateure
mit entsprechenden Verhaltensänderungen, ohne dass ihnen
dies immer bewusst wäre, jedoch mit dem Resultat, dass
die subjektive Beanspruchung nicht über gewisse tolerable
Grenzen hinaus wächst. Die Anpassungen des Verhaltens
der Versuchspersonen in der beobachteten Objektidentifi-
kationsaufgabe sind im Einzelnen
1. die ungenauere Durchführung der eigentlichen Identi-
fikation im Sensorbild durch nicht mehr hinreichende
Ausschnittsvergrößerung,
2. das fehlende Übertragen der Identifikationsergebnisse
in das System, wodurch einige Bedienschritte gespart
werden,
3. das vollständige Weglassen der Objektidentifikation
über ganze Missionsphasen und
4. das ausschließliche Nutzen nur eines der zur Verfügung
stehenden UAV zur Routenaufklärung.
Die so identifizierten selbstadaptiven Strategien und die
im Rahmen der Experimente erprobten Methoden zur Inter-
aktionsmessung stellen die Grundlage für die Generierung
von Verhaltensmodellen durch maschinelle Lernverfahren
für künftige adaptive Assistenzsysteme dar.
Abb. 3: Der Arbeitsplatz des UAV-Operateurs und Hubschrauberkom-mandanten mit den Multifunktionsanzeigen zum UAV-Missionsmanage-ment und zur Sensordatenbeobachtung ist mit einer Anlage zur be-rührungslosen Blickbewegungsmessung ausgerüstet (oben im Bild)
Abb. 4: Die Multifunktionsanzeige zur Objekterkennung bei der Routenaufklärung wird für den Experimentator zur Versuchsüber-wachung mit den Messungen der Interaktionen der Versuchsperson überlagert (grün: Blickbewegungen, rot: manuelle Interaktionen)
Forschungsaktivitäten 2010
Kompetenznetzwerk Performance Based Logistics (PBL): Wissensaustausch und Problemlösung bei der Implementierung international bewährter rüstungspolitischer Beschaffungskonzepte
Prof. Dr. Michael EßigUniversität der Bundeswehr München,Professur für Materialwirtschaft & Distribution
Dipl.-Kfm. Andreas GlasUniversität der Bundeswehr München, Forschungszentrum für Recht und Management öffentlicher Beschaffung
Performance Based Logistics (PBL) steht für eine innovative
Beschaffungsstrategie, welche international beeindruckende
Erfolge aufweist. Dem hohen Interesse von Wehrverwaltung,
Streitkräften und Industrie stehen spezifische Probleme,
u. a. des Vergaberechts gegenüber. Die Universität der Bun -
deswehr München moderiert ein Kompetenznetzwerk, um
Innovationen in diesem Bereich voranzutreiben.
Neue Impulse für die Reform der Beschaffung der Bundeswehr
lieferte im Jahr 2010 nicht zuletzt die vom Bundesminister der
Verteidigung eingesetzte Strukturkommission, welche eine
konsequente Konzentration auf militärische Kernaufgaben und
das Outsourcing sonstiger Wertschöpfungsaktivitäten empfiehlt.
Dabei sollen innovative und international bewährte Konzepte
genutzt werden, um die Effizienz und Effektivität öffentlich-
privater Kooperationsformen zu steigern.
Angesichts von über 7.000 Soldaten im Einsatz, dem daraus
resultierenden dringenden Sofortbedarf und einer regulären
Beschaffung von mehr als 800.000 unterschiedlichen Versor-
gungsartikeln, ist dies eine Forderung, welche von beschaf-
fenden Stellen der Bundeswehr, aber auch von der Industrie
begrüßt wurde und auf hohes Interesse stieß. Bereits in 2008
wurden in Kooperation mit dem Bundesamt für Wehrtechnik
und Beschaffung (BWB) erste Projekte zu innovativen Be-
schaffungskonzepten im strategischen Einkauf und der prog-
nosebasierten Beschaffung durchgeführt. Gleichzeitig wurden
mit der wehrtechnischen Industrie innovative Vertragsmodelle
untersucht. Während bislang in erster Linie handelsübliche
Abb. 1: Bestandteile des PBL-Geschäftsmodells: Innovative Ansätze in Wertschöpfungsarchitektur, Entlohnung und Nutzengenerierung
Abb. 2: Anreize als Kernelement von PBL
52 53
Güter im Mittelpunkt standen, untersucht Performance
Based Logistics (PBL) den Einkauf und die Nutzung von
Rüstungsgütern. PBL befasst sich mit neuen Vertragsformen
bei komplexen Leistungen, z. B. dem gesamten Service-
management für ein Waffensystem inklusive Wartung, Repara-
tur, Ersatzteilversorgung und Dokumentation („Total Product
Support“). Ziel ist die Optimierung der Totalkosten über
den Lebenszyklus hinweg. Erfahrungen zeigten, dass über
70% der Kosten eines Waffensystems in After-Sales-Services
liegen. Bedenkt man die langen Nutzungszeiträume, z. B.
über 40 Jahre für das Transportflugzeug Transall, dann er-
kennt man die Kosten wirkung von Wartungs- und Reparatur-
leistungen.
PBL zielt aber nicht nur auf Kosteneinsparungen ab. Bei sehr
langen Lebenszyklen müssen die technisch anspruchsvollen
Systeme der Bundeswehr überholt und erneuert werden. Durch
eine enge Kooperation eines systembetreuenden Unternehmens
mit den Streitkräften und dem BWB zielt das Konzept auch
auf eine Effektivitäts steigerung ab.
Zentrale Hebel, um diese Ziele zu erreichen, sind die Bedarfs-
spezifikation mittels einer funktionalen Leistungsbeschreibung
(Performanceziele) und die Entlohnung des Auftragnehmers
anhand der Erfüllung dieser Zielvorgaben (Pay-per-Perfor-
mance). Anders als bei traditionellen Verfahren wird der
Industrie dadurch ein erweiterter Spielraum zugestanden,
welcher zu Optimierungsmaßnahmen genutzt werden kann.
Gleichzeitig wird die Industrie durch die Kopplung der Be-
zahlung an die Leistungsergebnisse an den Risiken beteiligt.
Die Gewinnmaximierungsabsicht der Unternehmen stellt
bei PBL die Triebfeder dar, welche durch die zielkongruente
Ausrichtung auf Performanceziele zu einer Optimierung der
öffentlich-privaten Kooperation führen soll.
Hierzu sind allerdings noch viele Fragen ungeklärt, so können
die im angelsächsischen Raum verwendeten Instrumente nicht
unverändert auf Deutschland übertragen werden. Dies liegt
an spezifischen rechtlichen, organisatorischen und industrie-
politischen Rahmenbedingungen, bspw. dem öffentlichen
Preisrecht.
Im Kompetenznetzwerk PBL arbeitet die Universität der
Bundeswehr München gemeinsam mit den Streitkräften, dem
BWB, g.e.b.b., wehrtechnischer Industrie und Industriever-
bänden an einer Konsolidierung der vorhandenen, häufig aber
noch verteilten Kompetenzen zu PBL und bündelt diese in
Form einer Wissensdatenbank und eines vertieften Wissens-
austausches. Es ist vorgesehen, die Wirtschaftlichkeit von
PBL gegenüber traditionellen Beschaffungsverfahren an einem
konkreten Projekt nachzuweisen. Die Durchführung eines
Pilotprojektes wird ebenfalls wissenschaftlich begleitet und
unterstützt.
Abb. 3: Kompetenznetzwerk PBL
Forschungsaktivitäten 2010
Analyse der elektromagnetischen Empfindlichkeit komplexer Strukturen am Beispiel von Marinesystemen
Dipl.-Phys. Ronald RambouskyWehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz, Munster
Dipl.-Ing. Jules KeghieHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik
Prof. Dr.-Ing. Stefan DickmannHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik
Dipl.-Ing. Benedikt ScheteligHelmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr, Hamburg,Fakultät für Elektrotechnik
Die elektronischen Anlagen und vernetzten Einrichtun -
gen von modernen Marinesystemen müssen in jeder
Einsatzumgebung funktionssicher sein. Mit zunehmen-
den Einsätzen von Marineeinheiten in küstennahen
Gewässern sind diese aber einer steigenden Bedrohung
durch leistungs starke Mikrowellenquellen ausgesetzt.
Für einen effektiven Schutz ist eine methodische Analyse
der Kopplungsvorgänge notwendig.
Neben der Erfüllung der Anforderungen im Bereich der
klassischen Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV)
müssen besonders militärische Systeme zusätzlich gegen
die Auswirkungen eines Nuklearen Elektromagnetischen
Impulses (NEMP) oder artverwandter transienter elektro mag-
netischer Störeinkopplungen hoher Leistung (Abbildung 1)
geschützt werden. Durch die zunehmende Verfügbarkeit
von Komponenten solcher nicht-nuklearen High-Power-
Electromagnetics (HPEM)-Quellen am freien Markt ist
mit einer wachsenden Bedrohung durch terroristische
Aktivitäten künftig zu rechnen.
In Zusammenarbeit zwischen dem Wehrwissenschaftlichen
Institut für Schutztechnologien – ABC-Schutz (WIS) und der
Professur für Grundlagen der Elektrotechnik an der Helmut-
Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg
wird ein Forschungsvorhaben zur methodischen Analyse
der Verwundbarkeit von Marinesystemen durch transiente
elektromagnetische Felder hoher Leistung durchgeführt.
Hierzu wurde in einer ersten Phase die elektromagneti-
sche Umgebung in ausgesuchten Betriebsräumen einer
Abb. 1: Graphische Darstellung eines ultrabreitbandigen elektro-magnetischen Impulses in der Zeit- und Frequenzdarstellung
Abb. 2: Darstellung der unterschiedlichen Einkopplungspfade für transiente elektromagnetische Störfelder in die komplexe Struktur eines Teilausschnittes eines Schiffes
54 55
Fregatte F-123 erfasst und im Hinblick auf die Einkopplung
in elektrische Anlagen aufbereitet. Dazu wurden neben
Schirmdämpfungsmessungen auch numerische Feldberech-
nungsverfahren eingesetzt. Aufbauend auf diesen Ergebnissen
wurde ein Analyseverfahren für komplexe elektromagnetische
Strukturen entwickelt, wie sie auf Schiffen vorzufinden sind.
Die Komplexität solcher Strukturen ist bedingt durch die
Übertragung elektromagnetischer Felder durch Aperturen,
Leitungen und Kabelbündel in die Vielzahl der metallischen
Räume eines Marinesystems (Abbildung 2).
Ein vielver sprechender Ansatz basiert auf der Kombination
messtechnischer und numerischer Methoden auf Grundlage
der Baum-Liu-Tesche (BLT) Gleichungen. Mit dieser Analyse-
methode wurde bereits ein Sub-System (Ruderfernsteuerung)
an Bord einer Fregatte F-123 untersucht. Mit den Ergebnissen
konnten erste Richtlinien zur Sicherstellung der elektro magne-
ti schen Störfestigkeit bei der Integration von COTS-Geräten
in Marinesysteme erarbeitet werden.
In der zur Zeit laufenden abschließenden Phase des
Forschungsvorhabens sollen die Erkenntnisse und Analyse-
methoden auf die Betrachtungsebene des Gesamtsystems
Schiff übertragen werden. Besonderes Augenmerk liegt
hier auf der Identifizierung von kritischen Koppelpfaden
durch Anwendung von Methoden der elektromagnetischen
Topologie (EMT). Dazu wird versucht, gekoppelte Mehr-
raumsysteme durch topologische Betrachtungen so zu ver-
einfachen, dass sich der Rechenaufwand für numerische
Simulationen signifikant reduziert, ohne die kritischen Bei-
träge zu vernachlässigen. Um die numerischen Simulationen
zu validieren, wurde ein metallisches Modell von Raum-
strukturen eines generischen Schiffes erstellt (Abbildung 3).
An diesem Modell können neben den gestrahlten Feld-
kopplungen auch die leitungsgebunden elektromagnetischen
Störungen untersucht werden. Diese haben eine besondere
Bedeutung, da sich elektrische Störungen leitungsgeführt bis
tief in das Innere eines Schiffes fortpflanzen können und dort
empfindliche elektronische Systeme stören bzw. zerstören
können. Da besonders auf Schiffen komplexe Kabelbündel
verbaut sind, werden im Rahmen dieser Arbeit auch topo-
logische Vereinfachungen für die numerische Simulation
von kabelgebundenen Störungen als wesentliches Element
bearbeitet.
Abbildung 4 zeigt die recht gute Übereinstimmung
zwischen numerischer Simulation eines eingekoppelten
Stromes in einen verlegten Kabelbaum und der realen
Messung am Modell.
Abb. 3: Modell des Teilausschnittes einer Schiffsstruktur „MS Generikum“ zur Messung von Kopplungseffekten bei Bestrahlung mit transienten elektromagnetischen Feldern in einer Absorberkammer
Abb. 4: Messung der Stromeinkopplung auf ein verlegtes Kabel im Modell „MS Generikum“ im Vergleich mit einer numerischen Feldsimulation über den Frequenzbereich 50 MHz bis 2,5 GHz
Forschungsaktivitäten 2010
Klebtechnik – eine Zukunftstechnologie?
Prof. Dr. Jürgen von CzarneckiWehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe,Erding
Dr. Jens HoltmannspötterWehrwissenschaftliches Institut für Werk- und Betriebsstoffe,Erding
Das Wehrwissenschaftliche Institut für Werk- und Betriebs-
stoffe (WIWeB) führt im Rahmen seiner Verantwortung
für Technologie, Sicherheit und Zuverlässigkeit der Werk-
und Betriebsstoffe diverse Forschungsvorhaben durch.
Der Schwerpunkt „Klebtechnik und Reparaturverfahren“
spiegelt die steigende Bedeutung der Klebtechnik generell
sowie als leistungsfähiges Reparaturverfahren für den
Einsatz wider.
Das Fügeverfahren Kleben ist in praktisch allen Bereichen
der Technik präsent, und jeder kennt die unterschiedlichsten
Hoch leistungsanwendungen.
Beispiele sind Hubschrauber rotor blätter und generell Leicht-
baustrukturen bis hin zu Wärme schutz schichten in Raketen-
motoren. Das Interesse, Leistungs steigerung und besondere
Ein satz eigenschaften durch den Verbund neuer und sehr unter -
schied licher Werk stoffe realisieren zu wollen, schafft hohen
Bedarf für dieses Fügeverfahren. Kleben wird aufgrund seiner
spezi ellen Vorteile häufig als Zukunftstechnologie bezeichnet.
Aber kann man der Technologie trauen?
Die Machbarkeit zuverlässiger und höchstbelasteter Ver kle-
bun gen ist zwar seit Jahren in der Praxis vielfältig nachge-
wiesen. Dem Prozess Kleben haftet aber auch ein massives
Akzeptanzproblem an. Oft besteht ein nicht kalkulierbares
Risiko für Schadensfälle, da leichte Para meter änderungen
im klebtechnischen Prozess zu einem unvorhersehbaren und
scheinbar unerklärbaren Versagen der Klebeverbindungen
führen können.
Abb. 1: Entfernen von haftungsmindernden Grenzflächenadsorbaten durch Einkoppeln von Leistungsultraschall in den applizierten Klebstoff
56 57
Von großem Einfluss sind hier haftungsmindernde Ober-
flächen kontaminationen. Sie verhindern, dass sich ein
stoffschlüssiger Verbund ausbilden kann.
Hauptfaktoren bei der Entwicklung wehrtechnischer Aus-
rüstung müssen Handhabungs- und Betriebssicherheit sowie
Zuver lässigkeit sein. Für die Klebtechnik bedeutet dies Kon-
taminationstoleranz und Garantie für einen robusten klebtech-
nischen Prozess. Zuverlässigkeit ist möglich, wenn sich beim
Fügen Grenzflächenadsorbate nicht schädigend auswirken
können und eine stoffschlüssige Verbindung entstehen kann.
Unter dem Aspekt „Energie für die Grenzfläche“ werden
im WIWeB Forschungsvorhaben bearbeitet, die die erwähnte
Zuverlässigkeit durch den Einsatz von Leistungsultraschall
realisieren. In einem patentierten Verfahren erfolgt die
Klebstoffapplikation parallel zur Einkopplung von Leistungs-
ultraschall in das noch flüssige Polymer. Dabei wird der
zwischen Klebstoff und Fügeteil entstehenden Grenzfläche
durch Kavitation Energie zur Verfügung gestellt, um Adhäsion
zum reproduzierbaren Prozess werden zu lassen. Der Kleb-
stoff erfüllt in der flüssigen Phase dabei mehrere Funktionen.
Er ist Koppelmedium für den Leistungsultraschall sowie
gleichzeitig Reinigungsmedium zum Entfernen haftungs-
mindernder Adsorbate.
Das Reinigen von Oberflächen durch Kavitation unter
Leistungsultraschall ist aus diversen Anwendungen bekannt
und ist auch direkt mit Klebstoff als Koppelmedium nutzbar.
Da der Klebstoff hier aber selbst die letzte Reinigungsfunktion
erfüllt, ist auch das nach sonst üblichen Reinigungsverfahren
immer vorhandene Risiko einer Rekontamination der Grenz-
fläche sicher ausgeschlossen. Durch dieses Vorgehen wird
auch auf kritischen und haftungsmindernd kontaminierten
Oberflächen struktureller Klebeverbindungen sogar der
Einsatz kalt aushärtender Klebstoffe möglich.
Die Verwendung von Leistungsultraschall ist aber noch mit
weiteren grundsätzlichen Vorteilen verbunden. Dies reicht von
der für die Fügeteilbenetzung wichtigen Viskositätserniedrigung
der hochviskosen thixotropen Klebstoffe durch die intensive
Scherung im Ultraschallfeld und der Möglichkeit zur dynami-
schen Mischung von Mehrkomponentensystemen in einer
Sonotrode bis zur Induzierung von chemischen Grenz flächen-
reak tionen im sonochemischen Reaktor der kollabierenden
Kavitationsblasen (Sonochemie).
In den bisherigen Arbeiten wurde die Leistungsfähigkeit des
Konzeptes „Energie für die Grenzfläche“ belegt. Aktuelles For-
schungsthema ist die Umsetzung des robusten klebtechnischen
Prozesses in die Reparatur von Integralstrukturen moderner
Luftfahrzeuge TYPHOON, TIGER, NH-90, A-400M.
Hier ist über geeignete Klebtechnik ein breites Spektrum
zwischen Industrieinstandsetzung bis insbesondere hin zur
Reparatur unter Einsatzbedingungen abzudecken. Ziel ist
eine vertrauenswürdige Technologie mit zuverlässigen Klebe-
verbindungen, denen man uneingeschränkt trauen kann.
Abb. 2: Kavitationsstrukturen im hochviskosen Klebstoff Abb. 3: Prinzipdarstellung der kombinierten Klebstoffapplikation unter Leistungsultraschall
Forschungsaktivitäten 2010
Tarnschutz ohne Kompromisse – Mobile Multispektrale Tarnsätze im Einsatz
Dipl.-Phys. Thomas HonkeWehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik,Oberjettenberg
Wilhelm SchindlerWehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik,Oberjettenberg
Wehrtechnische Dienststellen müssen langfristig voraus-
denken, gerade wenn es um einsatzbedingte Projekte geht.
Dies zeigt das Beispiel des multispektralen modularen
Tarnsatzes (MMT). Tarnsätze, die fest an einem Fahr zeug
angebracht sind, gibt es schon seit gut 20 Jahren. Diese
waren jedoch auf den Ost-West Konflikt ausgerichtet.
Spätestens als deutsche Soldaten in Afghanistan eingesetzt
wurden, ist eine neue Forschungsrichtung klar festgelegt
worden: wenn Tarnschutz weiterentwickelt werden soll,
muss sich die Materialforschung auf aride Klimazonen
konzentrieren.
Im Rahmen einer trilateralen Kooperation setzte sich die
Wehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik
(WTD 52) zusammen mit dem Kanadischen National Defense
Headquarters (NDHQ) und dem Niederländischen TNO
(Toegepast Natuurwetenschappelijk Onderzoek) zum Ziel,
Materialien und Systeme zu untersuchen, welche in wüsten-
artigen Gebieten Einsatzfahrzeuge besser vor Erkennung und
Bekämpfung schützen sollten. Als gemeinsamen Technologie-
träger wählte man das Aufklärungsfahrzeug FENNEK, an
dem verschiedene Tarntechnologien und physikalische Ideen
im System untersucht wurden, die sich thermisch und visuell
weitestgehend dem Wüstenboden anpassen.
Allen Tarnsätzen war die Wirkung gemeinsam, dass die
Distanz, aus denen die getarnten Fahrzeuge entdeckt wurden,
58 59
im Vergleich zu ungetarnten Fahrzeugen deutlich verringert
wurde. Im Klartext heißt das, dass Angreifer sehr nahe an ein
MMT-getarntes Fahrzeug kommen müssen, um es überhaupt
erst zu sehen.
Weitere Effekte, welche die Techniker verzeichneten, waren
die gute Wärmeisolation, welche tagsüber zu einer Verringerung
der Innenraumtemperatur trotz starker Sonneneinstrahlung
führte, und eine deutliche Verringerung der Staubfahne während
der Fahrt.
Die Schwedische Firma Saab Barracuda lieferte von allen
untersuchten Materialsystemen das am weitesten entwickelte
Gesamtergebnis. Es wird heute noch im Ausbildungszentrum
Munster am FENNEK zu Übungen und Lehrveranstaltungen
verwendet.
Die Untersuchungen wurden 2008 abgeschlossen und
führten Ende 2008 zu einem Projekt für einsatzbedingten
Sofortbedarf. Der SPz MARDER sollte auf den Einsatz in
Kunduz mithilfe einer Raumklimaanlage vorbereitet werden.
Im Zusammenwirken mit einem MMT konnte diese relativ
klein und leicht realisiert werden. Da es sehr wahrscheinlich
war, dass der SPz MARDER trotz Friedensmission von
einer Sekunde auf die andere in Gefechte verwickelt werden
könnte, forderte man einen multispektralen Tarnschutz.
Mit den Leistungsbeschreibungen, die im Rahmen der vor-
angegangenen Forschung ausgefeilt wurden, konnte binnen
weniger Monate der erste Prototyp-MMT in der WTD 41
in Trier getestet werden.
Die Einrüstung der Serienmodelle erfolgte im Sommer 2010
direkt im Camp MARMAL in Afghanistan unter Anleitung
eines Mitarbeiters der WTD 52.
Inzwischen liegen erste Einsatzerkenntnisse zu den MMT-
geschützten MARDERN vor. Mit dem bloßen Auge kaum
erkennbar, können die Fahrzeuge in der Beobachtung mehr
erkennen ohne selbst aufgeklärt zu werden. So konnten be-
waffnete Personen beobachtet werden, welche in weniger
als 1.000 Meter Entfernung vorbeimarschierten, ohne dass
diese von einem solchermaßen getarnten Fahrzeug Kenntnis
nahmen.
Wie wirksam Tarnschutz ist, geriet in den High-Tech Ein-
sätzen westlicher Nationen offenbar fast in Vergessenheit.
Hochmoderne Überwachungssensoren und Kommunikations-
techniken wiegen die Menschen im Einsatz in Sicherheit.
Improvisierte Sprengsätze und Angriffe aus dem Hinterhalt
zeigen jedoch, wie wichtig der Gesamtschutz ist, und zum
Gesamtschutz gehören Signaturmanagement und Tarnung.
Abb. 3: WIESEL-Tarnsatz 1990 Abb. 4: Fahrerprobung des MMT-Prototyp für den MARDER
Abb. 5: Einrüstung in Afghanistan Abb. 6: MMT-geschützter MARDER in Beobachtungs-position
Abb. 1: Untersuchungen von Materialien und Systemen
Abb. 2: Beobachterversuche zeigen: Mobile Tarnsätze verringern die Entdeckungs-entfernung (x-Achse: Entfernung; y-Achse: Entdeckungswahrscheinlichkeit)
Forschungsaktivitäten 2010
Moderne Ortungs- und Auswerteverfahren für die Seeminenabwehr
Dr. Wolfgang JansWehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung, Eckernförde
Seeminen sind eine billige und weit verbreitete Waffe.
Sie stellen eine sehr wirkungsvolle Bedrohung dar.
Neben konventionellen Einheiten setzen Marinen weltweit
zunehmend auch auf autonome unbemannte Systeme
mit neuen technischen Ansätzen für die Minenabwehr.
Hierzu zählen insbesondere hochauflösende Sonarver fah-
ren, wie das Synthetische Apertur Sonar, sowie rechner-
gestützte Bildauswerteverfahren.
Das Synthetische Apertur Sonar (SAS) ist eine revolutionäre
Entwicklung im Bereich der akustischen Abbildung des
Meeresbodens. Durch eine kohärente Addition von Daten
aus aufeinanderfolgenden Lotperioden wird die Antenne
synthetisch verlängert und damit die laterale Auflösung oft
um eine Größenordnung oder mehr im Vergleich zu konven-
tionellen Seitensichtsonaren verbessert.
Wie jede Technologie hat auch die SAS-Verarbeitung Grenzen,
die von den gegebenen Umweltbedingungen und operationellen
Randbedingungen abhängen. Z. B. kann sich die Bildqualität
aufgrund des Einflusses von Mehrwegeeffekten drastisch ver-
schlechtern. Dieses trifft insbesondere bei der Schallausbreitung
in flachen, küstennahen Gewässern zu. Insgesamt gilt es daher,
alle begrenzenden Faktoren im Detail zu verstehen, um die
SAS-Technologie weltweit erfolgreich operationell einsetzen
zu können.
Entscheidend für die Qualität eines SAS-Bildes ist die Genau-
igkeit, mit der die Antennenbahn für die kohärente Addition
der Einzelsignale bestimmt werden kann. Diese muss mit
60 61
einer Unsicherheit im (Sub-) Millimeterbereich über mehrere
10-Meter Fahrtstrecke bekannt sein. Für diese Mikro-Navi-
gationsaufgabe kommen moderne sonardatenbasierte Schätz-
verfahren zum Einsatz.
Nach der SAS-Verarbeitung ist die Auswertung der gewonne-
nen Bilddaten die nächste Herausforderung. Ein SAS-System
erzeugt typischerweise ca. 500.000 Bildpunkte pro Sekunde.
Aufgrund dieser Flut an Bildinformation muss der Operator
bei seiner Arbeit unterstützt werden. Dieses geschieht z. B.
dadurch, dass Bildausschnitte, die verdächtige Objekte ent-
halten, über computergestützte Detektions- und ggf. Klassifi-
kationsansätze markiert und vergrößert dargestellt werden.
Die laufenden Forschungsarbeiten sollen zukünftig zu einer
völlig autonomen Objekt-Detektion und Minen-Klassifizie-
rung führen. Da auf einem autonomen Unterwasserfahrzeug
kein Operator mehr als korrigierendes Element am Entschei-
dungsprozess beteiligt ist, sind die Anforderungen an solche
Systeme sehr viel höher als an ein System zur Operator-
Unter stützung.
Unsere automatische Bildauswertung ist in mehrere
Verarbeitungsschritte unterteilt:
Die Vorverarbeitung, die alle nachfolgenden Verarbeitungs-
schritte signifikant beeinflusst, wird oft unterschätzt. Aus
physikalischen Gründen sind Seitensicht-Sonar-Bilder grund-
sätz lich stark verrauscht. Die dadurch erforderliche Filterung
soll das Rauschen möglichst stark reduzieren, aber gleich zeitig
Bildkonturen (z. B. Objektkanten) nicht verändern. Daher wer-
den u. a. sogenannte kantenerhaltende Filter für die Rausch-
befreiung untersucht.
Beim Screening werden Bildbereiche detektiert, die ein
potentielles Objekt enthalten. Da dieser Verarbeitungsschritt
schnell und robust sein muss, werden auch viele Bereiche
markiert, die Falschziele enthalten. Diese Falschziele können
z. B. von Meeresbodenstrukturen verursacht werden.
Nach dem Screening hat sich der Umfang der zu verarbei-
tenden Bilddaten drastisch reduziert. Daher können für die
Falschzielreduktion rechenintensive Algorithmen, wie z. B.
Active Contour Ansätze (Snakes), eingesetzt werden.
Im Zuge der Klassifikation werden Minen von natürlichen
Objekten wie Steinen getrennt. Die mit SAS-Bildern ver-
bundene höhere Bildauflösung bewirkt z.B. deutlich bessere
Klassifizierungsergebnisse. Die Auswahl geeigneter Klassifi-
zierungsmerkmale ist ebenfalls oft von größerer Bedeutung
für das Ergebnis als der tatsächlich genutzte Algorithmus
zur Zuordnung zu einer Objektklasse.
Mit den Arbeiten zum Synthetischen Apertur Sonar und der
Bildverarbeitung führt der Forschungsbereich der Wehrtechni-
schen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime
Technologie und Forschung (WTD 71) die bisherigen Aktivi-
täten zur Detektion und Klassifzierung von Seeminen fort.
Die Arbeiten sind eingebettet in eine enge Zusammenarbeit
mit der einschlägigen deutschen Industrie, Forschungseinrich-
tungen, wie dem Fraunhofer IOSB, Hochschulen, wie die
FU-Berlin und internationalen Partnern, wie dem NURC.
Abb. 3: SAS-Bild des MUSCLE Systems (NURC) mit fünf bekannten Objekten und computergestützt detektierten Bildausschnitten. Die markierten Bild-ausschnitte mit den Objekten sind jeweils vergrößert und gefiltert eingeblendet
Abb. 4: Beispiel für das kantenerhaltende Verhalten eines schnellen Bilateralfilters in einer Realisierung vom Fraunhofer IOSB. Gezeigt sind das Orginal SAS-Bild, das Filterergebnis und die Differenz aus bei-dem als Indikator für den Konturverlust
Abb. 5: Gradient Vector Flow (GVF) Snake Algorithmus. SAS-Daten von einem Kegel-stumpf und Zylinder vom MUSCLE System (NURC). Links: Ergebnis der kantenerhalten den UINTA Filterung als Vorstufe. Rechts: Snake Ergebnis eingeblendet in die Originalbilder
Abb. 1: Unter dem autonomen Unterwasserfahrzeug SeaOtter MK II ist der MCM-SLS Demonstrator angebracht, mit dem Daten für die Untersuchung von SAS-Verfahren gewonnen werden
Abb. 2: Geschätzter seitlicher Querversatz über der Fahrtstrecke: Die blaue Kurve (DPCA) basiert auf den aus den Daten geschätzten Positionsänderungen. Für die rote Kurve (DPCA + INS) wurde die datengetriebene Schätzung des Kurswinkels (kleine Graphik) durch die von der Kreiselplattform gemessenen Werte ergänzt
Forschungsaktivitäten 2010
Test- und Experimentier-Labor luft- und raumgestützte Aufklärung (TELLRA)
Dipl.-Ing. Gottfried SeemannWehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik, Greding
TELLRA wurde als Werkzeug zur Untersuchung und
Validierung neuer Fähigkeiten der bildgestützten Auf-
klärung konzipiert. Durch die veränderte Bedrohungslage,
aber auch durch verbesserte Sensorik, deren Vernetzung
und Auswertemöglichkeiten ist eine ganzheitliche Be-
trachtung der Wirkketten und inneren Abläufe zwingend
erforderlich. Im TELLRA-Verbund sind diese neuen Aus-
werteprozesse teilstreitkräfteübergreifend abbildbar.
Den Grundstein für TELLRA legten die wehrtechnischen
Forschungen der luftgestützten bildgebenden Aufklärung im
sichtbaren und infraroten Bereich, sowie die automatisierte
Auswertung von Radarbildern (Synthetic Aperture Radar).
Jedoch bezogen sich die Untersuchungen lange Zeit nur auf
spezielle Probleme und Phänomene sowie deren Lösung.
Mit dem F&T-Vorhaben ISVA (Intelligenter Sensorverbund
Aufklärung) wurden die Defizite von heterogen Datenquellen
im Verbund herausgearbeitet. Darunter fallen, dass ISTAR
Daten (Intelligence, Surveillance, Target Acquisition and
Reconnaissance) innerhalb der beteiligten Streitkräfte auf
Grund operationeller und technischer Schwierigkeiten nicht
immer rechtzeitig verteilt und ausgewertet werden können.
Zur Untersuchung von Lösungsansätzen wurden zum einen
der Systemdemonstrator Verbund Nachrichtengewinnung und
Aufklärung und zum anderen das internationale Vorhaben
MAJIIC aufgesetzt.
Zur weiteren kohärenten Bearbeitung der F&T-Studien im
Technologiefeld Optronik wurde von der Wehrtechnischen
Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik
Abb. 1: Datenerstellung, -abruf und -synchronisation über CSD und VIDIS
Abb. 2: Referenzsystem Luftbildauswerteanlage mit ABUL zur Bearbeitung von Video im VIS, IR und SAR
62 63
das Testbed TELLRA als System of Systems geschaffen.
Mit dieser Testumgebung werden Untersuchungen der tech-
nischen, prozeduralen und operationellen Interoperabilität
vereinigt. Ziel ist die Optimierung des militärischen Nutzens
von ISTAR-Daten im Verbund.
Die wichtigsten Serveranwendungen von TELLRA sind
CSD (Coalition Shared Database), VIDIS (Video Distribution
Server), GIS (Geoinformationserver) und WiDaBa (Wissen-
datenbasis). In der WiDaBa werden Nachrichten hierarchisch
abgelegt. Sie werden dabei gemäß der GPMESII (Geographie,
Politik, Militär, Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur, Infor-
mation) eingeteilt und gespeichert. Im GIS werden neben
Karten- und Höhendaten auch georeferenzierte Bilder, Vektor-
daten, Plots und Lageinformationen hinterlegt. Der VIDIS
dient der echtzeitnahen STANAG 4609 konformen Verteilung
und Speicherung von Aufklärungsvideos. Als zentrale Daten-
bank fungiert die CSD. Mit ihr kann der Aufklärungszyklus
umfassend nachvollzogen werden. In ihr sind die Auftrags-
daten und die Metadaten der Aufklärungsprodukte sowie
Meldungen abgelegt. Über Links werden an Hand der Meta-
daten die Aufklärungsprodukte und Meldungen sowie die
Echtzeitvideos des VIDIS angesprochen und zur weiteren
Verarbeitung verfügbar gemacht. Das Konzept der CSD sieht
eine automatische Synchronisation der Metadaten zwischen
den im Verbund angeschlossenen CSD-Servern vor.
Die Aufklärungsdaten werden jedoch nur bei Bedarf verteilt
und dienen der Entlastung des Netzwerks.
Als Datenquelle für grundlegende Experimente werden der-
zeit zwei Netzwerk-Dome-Kameras, zwei Netzwerkkameras
und zwei Landroboter mit Videokamera eingesetzt. Das Refe-
renzsystem Luftbildauswerteanlage mit der bundeseigenen
Auswertesoftware PPQ (Picture Processing Querschnittliche
Software) und dem Videomodul ABUL (Auto matisierte Bild-
auswertung am Beispiel UAV LUNA) wird zur Auswertung
und Bearbeitung von Bildmaterial eingesetzt. Zur Verbesse-
rung der Handhabung von Aufklärungsergeb nissen und Mel-
dungen werden die heterogenen Datenbanken über webbasierte
Portallösungen und Klienten am Digitalen Lagetisch (digLT)
ange bunden.
Studienschwerpunkte von TELLRA waren die Teilnahme an
den CD&E-Projekten FusEx 07 und Common Shield 2008.
Zukünftig ist eine Anbindung der Testumgebungen TIF (Test-
und Integrationsumgebung Feldlagerschutz), LEXXWAR
(Long-term Experimental Setup for Asymmetric Warfare) und
VIntEL (Verteilte integrierte Erprobungslandschaft) vorge se hen.
Dabei wird das Netzwerk für technische Untersuchungen von
streitkräftegemeinsamen und multinationalen Aufklärungs-
prozeduren verwendet.
Abb. 3: Bildschirm1 der Luftbildauswerteanlage PPQ zur Bearbeitung von Bildern im VIS, IR und SAR
Abb. 4: Aufbau des Digitalen Lagetisches mit Horizontal- und Vertikaldisplay sowie zwei Tabletts zur Interaktion
Forschungsaktivitäten 2010
Sensorplattformen zur akustischen und optronischen Aufklärung von Gewehrschützen
Dipl.-Ing. Klaus LammersWehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition,Meppen
Dr. Rainer KnötschRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen
Dipl.-Ing. Günther HermstrüwerRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen
Dipl-Phys. Werner BertelsWehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition,Meppen
Das Ziel der F&T-Studien „Mobile Sensorsuite
zur Schützendetektion“ und „Verfahren zur Schützen-
detektion‘‘ ist die Aufklärung von Gewehrschützen.
Dabei werden potenzielle Sensoren zur Registrierung
der Schuss signaturen untersucht und die Funktion
von stationären, fahrzeug- und personengebundenen
Sensorplattformen zur Lokalisierung der Feuer-
stellungen durch Demon stratoren nachgewiesen.
Das Bedrohungsspektrum, dem die Bundeswehr ausgesetzt
ist, wird mit der Zunahme an Auslandseinsätzen immer größer.
Personal und Material kommen heute in Bedrohungen, die
früher nur am Rande bedeutsam waren. Gewehrschüsse stellen
aktuell eine besondere Gefährdung dar. Für den Einsatz
eigener Kräfte ist die echtzeitnahe Lokalisierung einer feind-
lichen Schussabgabe von entscheidender Bedeutung für eine
schnelle Reaktion und eine präzise Bekämpfung solcher
Stellungen. Die operierenden Kräfte der Bundeswehr besit -
zen bisher keine ausreichende technische Möglichkeit zu
einer eigenständigen, schnellen Aufklärung von Schuss-
ereignissen.
Zu diesem Zweck initiierte die Wehrtechnische Dienststelle
für Waffen und Munition (WTD 91) die beiden F&T-Studien
„Mobile Sensorsuite zur Schützendetektion“ und „Verfahren
zur Schützendetektion“. Die von der WTD 91 definierten
und bei der Firma Rheinmetall Defence Electronics (RDE)
in Auftrag gegebenen Studienleistungen hatten die bessere
und schnellere Aufklärung von Gewehrschützen zum Ziel.
Die WTD 91 steuerte die Arbeiten durch fachtechnische
Abb. 1: Schulter-Antenne mit sechs Mikro- fonen für Akustik am Mann mit Acoustic Processing Unit, Data-Acquisition and Maintenance Interface sowie Portable Battery Pack
Abb. 4: Lagekarte zur Anzeige der Aufklärungs-ergebnisse; Knallortung mit Kreiszylinder-Mikro-fonantenne auf Fahrzeug während der Fahrt (Kfz: Fahrzeug; F: Feuerstellung; rot: Richtung und Entfernung zur Feuerstellung)
Abb. 2: Polardiagramm zur Anzeige der Aufklärungs-ergebnisse; drei Vorbeischüsse an Person mit Schul-ter-Mikrofonantenne, innen: Entfernungs-Peilungs- Polardiagramm (Winkel aufgeweitet), außen: Zeit-Peilungs-Polardiagramm zur Darstellung der Historie
Abb. 5: IR-Kameras zur Mündungs- feuer-Detektion, oben: gekühlte MWIR-Kamera 90 x 135 x 155 mm, 30 W; unten: ungekühlte LWIR- Kamera 65 x 60 x 65 mm, 6 W
Abb. 3: Kreiszylinder-Antenne mit acht Mikrofonen für stationären und fahrzeuggebundenen Einsatz; Akustik-Elektronik, GPS- und Orientierungs-sensor im Antennenfuß
Abb. 6: Automatische Mündungsblitz-Detektion mit ungekühlter LWIR-Kamera auf Fahrzeug während der Fahrt (Mündungsblitz wird auto-matisch durch Kreuz markiert)
64 65
Expertisen, Management, Bereitstellung von Infrastruktur,
Erprobungsgerät und technischer Unterstützung bei der Durch-
führung zahlreicher, für diese Untersuchungen essentieller,
Messkampagnen. Die Aktivitäten der WTD 91 erfolgten in
guter Zusammenarbeit mit der beauftragten Industrie.
Mikrofonantennen und IR-Kameras wurden eingesetzt und
optimiert zur Erzielung einer zuverlässigen und schnellen
Signalverarbeitung, einer ausreichenden Miniaturisierung der
Sensorik sowie einer automatischen Aufklärung bei guter
Leistungsfähigkeit. Mikrofone registrieren den Geschossknall
des mit Überschall fliegenden Geschosses und den Mündungs-
knall des Gewehres. Die Mündungsblitze generieren die
stärksten Signaturen im Infrarot-Bereich.
Für eine Akustik am Mann sind verschiedene miniaturi sierte
Antennenvariationen zur Adaption an die Bekleidung unter-
sucht worden. Zukünftige Studienschwerpunkte sind die
Kom pensation abrupter Bewegungen des Soldaten sowie die
Abschwächung magnetischer Störungen auf die einge setzten
Magnetfeldsensoren.
Abbildung 1 zeigt exemplarisch eine Schulterantenne mit
einge bauter Elektronik. GPS- und Orientierungssensorik
sowie ein Funk-Modul sind integriert. Das modulare System
erlaubt sowohl den autarken Betrieb als auch die Anbin-
dung an ein Soldatensystem. Die Ergebnisausgabe erfolgt
akustisch und optisch (siehe Abbildung 2).
Bei den akustischen Antennen für Fahrzeuge und stationäre
Plattformen sind die Mikrofone in Form eines Zylinders
angeordnet (siehe Abbildung 3). Die Elektronik mit GPS-
und Orientierungssensoren nimmt der Antennenfuß auf.
Ein Beispiel für die akustische Ortung während der Fahrt
zeigt Abbildung 4 auf einer Lagekarte.
Handelsübliche Kameras können die sehr kurzen Mündungs-
blitze nur selten erfassen. Die als Labormuster neu erstellten
IR-Kameras (vgl. Abbildung 5) verfügen über einen größeren
Dynamikbereich und eine höhere Bildwiederholrate. Mehrere
dieser kompakten Kameras können für eine Rundum-Über-
wachung kombiniert werden. Die hochgenaue Peilung zur
Feuerstellung demonstriert Abbildung 6.
Bei Messkampagnen unter aktiver Mitwirkung der WTD 91,
auch in urbaner Umgebung, wurde die Wirksamkeit der
untersuchten Verfahren und Sensoren für die Aufklärung von
Gewehr schützen nachgewiesen. Als zukünftige Aufgabe
verbleibt die Anpassung der Systeme an schnelle dynamische
Vorgänge, wie sie bei Kurvenfahrten oder spontanen Personen-
bewegungen entstehen.
Kfz
F
Forschungsaktivitäten 2010
Internettechniken als Zukunft für agile Führungsinformationssysteme der Bundeswehr
OTL Dipl.-Inform. Gerhard SchwarzBundesamt für Informations management und Informationstechnik der Bundeswehr, Koblenz
gerhardschwarz@ bundeswehr.org
Dr. Stefan Krusche Dr. Krusche & Partner PartG, München
NetOpFü im Einsatz erwartet einen einheitlichen,
multinationalen Informationsraum, dem Need to share-
Prinzip folgend. Aus bewährten Internet-Techniken
wurde eine web-basierte Querschnittsplattform erstellt,
die Integration und Verarbeitung sowie Darstellung
unterschiedlicher Informationsräume ermöglicht.
Standards und Rapid Prototyping liefern Interopera -
bi lität, Agilität und Einsatzorientierung.
Die Konzeption der Bundeswehr fordert die Fähigkeit der
Streitkräfte zur Vernetzten Operationsführung (NetOpFü).
Deren Umsetzung darf sich nach Ansicht der Autoren nicht
auf eine technische Betrachtung (Netzwerk) beschränken,
sondern muss alle systemrelevanten Ebenen einbeziehen.
Dies erfordert einen ganzheitlichen Ansatz zur horizontalen
und vertikalen Vernetzung der Ebenen Mensch, Information
und Technik (Abbildung 1).
Darauf wurde erstmals von Miller und Shattuck (2004) im so
genannten Dynamic Model of Situated Cognition (DMSC) hin-
gewiesen. Das DMSC ist ein Modell für den Informationsfluss
durch komplexe militärische Führungssysteme und beschreibt
das Zusammenwirken von technischer und kognitiver Ebene.
Es wird deutlich gemacht, dass Führungs- und Wirkungsüber-
legenheit nur erreicht werden kann, wenn alle bereitge stell ten
Informationen kontinuierlich mit den individuellen Erfahrun-
gen, Einschätzungen und Schlussfolgerungen der Ope rateure
digital vernetzt werden und zu einem wissenszentrierten
Lagebewusstsein und Lageverständnis aufwachsen.
Abb. 1: Der Netcentric Federation Stack beschreibt konzeptionell die Koppelung von System of Systems und in Communities of Interest organisierten Nutzern über die vernetzte Information
Abb. 2: Die 3 tier eines einsatzorientierten Informationsmanagements, das dem operationellen Nutzer die inhaltliche Hoheit über die Infor-mation zuweist. Technisch-betriebliche und operationelle Ebene sind klassisch
66 67
Für die Vernetzung von Mensch, Information und heterogener
Technik auf der Basis offener internationaler Standards kann
das Internet als Vorbild für das Erreichen und die Sicherstel-
lung von Interoperabilität innerhalb und zwischen komplexen
Systemen betrachtet werden. Das Internet liefert auch neue
Vorgehensweisen zur raschen Umsetzung von sich kontinuier-
lich ändernden Anforderungen: Rapid Prototyping Verfahren
führen zu rasch nutzbaren und laufend weiter entwickelten
experimentellen Prototypen (vgl. CPM).
Ziel unserer Forschung war es, bewährte und weit verbreitete
Internetstandards und -bausteine auf Übertragbarkeit zu unter-
suchen. Hierzu wurde eine Software-Lösung zur umfassenden
Vernetzung von Mensch, Information und Technik im Rapid
Prototyping Verfahren erstellt. Bei der Auswahl der Standards
und Bausteine wurde insbesondere im Bereich IT-Sicherheit
besonderes Augenmerk auf die Umsetzung der militärischen
Anforderungen für multinationale Einsätze gelegt.
Durch die konsequente Nutzung von Internetstandards und
-bausteinen konnte zudem die Machbarkeit einer flexiblen
Umsetzung neuer Anforderungen mittels kontinuierlicher
Weiterentwicklung überprüft und für NetOpFü verwertet
werden.
Mit dem Prototypen SenseMaker wird die Kette von inhalt-
lichem, opera tionellem und technisch-betrieblichem Informa-
tionsmanagement (Abbildung 2) bruchfrei unterstützt.
Dadurch wird es für den Operateur beispielsweise möglich,
seine Infor mationsbedürfnisse aus dem täglichen Betrieb
grafisch zu formulieren (Abbildung 3). Somit ist ein entschei-
dender Schritt zu über sicht licher, gestaltender Anforderungs-
defini tion getan, die bruchfrei durch das operationelle und
technisch-betrieblichem Informationsmanagement weiter
formalisiert und bis hin zum System of Systems verfeinert
werden kann.
Der Prototyp wurde bei der Common Warrior Interoperability
Demonstration (CWID) 2009 und 2010 getestet und steht
kurz vor der Einsatzverwendbarkeit. Bei der Umsetzung des
Prototypen wurde besonderer Wert auf Praktikabilität für
operationelle Nutzer gelegt. Hierzu wurde unter anderem
ein einheitlicher Zugriff auf föderative und heterogene Infor-
mationsräume (Abbildung 4) realisiert (eMail, Chat, Dateien
im Shared Space, Web, Applikationen und Services). Bewähr te
Systeme können über bestehende Schnittstellen durch format-
wandelnde Mechanismen ebenso integriert werden.
Die Nutzung einer leistungsstarken Entwicklungsumgebung
ermöglicht außerdem die Produktion autarker Anwendungen
für mobile COTS-Endgeräte. Aus unserer Sicht ist der be-
schriebene ganzheitliche Ansatz zur Vernetzung von Mensch,
Information und Technik mit der Fähigkeit durch ein dynamisch
adaptierbares System flexibel auf Forderungen des Operateurs
im Einsatz antworten zu können, die entscheidende Verbesse-
rung gegenüber klassischen Systemen.
Abb. 3: Die graphische Umgebung Sensemaker erleichtert die Vernetzung struktureller und operationeller Inhalte und . . .
Abb. 4: . . . ermöglicht die Integration, Analyse und Verarbeitung vielfältiger Informationsdomänen in einer Querschnittsplattform mit unterschiedlichen Darstellungen
116969
2Wehrmedizinische und Wehrpsychologische Forschung
Forschungsaktivitäten 2010
Entwicklung eines Methodenrepertoires für wissenschaftsbasierte diagnostische Dienstleistungen im Medizinischen B-Schutz
Dr. Sabine Schmoldt Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München [email protected]
Dr. Roman WölfelInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München [email protected]
Der Nachweis von B-Gesundheitsstörungen beim
Menschen beruht auf labordiagnostischen Verfahren,
die den Anforderungen europäischer und nationaler
Richtlinien für die humanmedizinische Laboratoriums-
diagnostik entsprechen. Eine Reihe von Methoden
zum Nachweis der Agenzien oder der Immunantwort
des Wirts wurden entwickelt, nach den Vorgaben des
Medizin produktegesetzes validiert und in Diagnostik-
algorithmen umgesetzt.
Das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München
ist das Kompetenzzentrum der Bundeswehr für den Medizi-
nischen B-Schutz. Als Ressortforschungseinrichtung befasst
es sich wissenschaftlich mit einer Vielzahl von Infektions-
erregern und Biogiften, die potenziell als biologische Kampf-
stoffe eingesetzt werden können. Ein Schwerpunkt ist die
Entwicklung diagnostischer Verfahren zum Nachweis von
Gesundheitsstörungen durch biologische Kampfstoffe sowie
zur Aufklärung unklarer Krankheitsausbrüche. Zu den in Frage
kommenden Verursachern gehören zahlreiche Bakterien, wie
z. B. Bacillus anthracis (Anthrax), Yersinia pestis (Pest) oder
Francisella tularensis (Tularämie), Viren, wie Orthopocken-
viren oder hämorrhagische Fieber-Viren, aber auch Biogifte.
Bei den durch diese Agenzien ausgelösten Krankheiten
handelt es sich in aller Regel um in der Natur selten vor-
kommende, schwere, zum Teil tödlich verlaufende und
teilweise von Mensch zu Mensch übertragbare Infektionen.
Sie zweifelfrei zu diagnostizieren und damit eine möglichst
rasche Behandlung zu ermöglichen, ist eines der Ziele der
Forschung und Entwicklung im Medizinischen B-Schutz.
Abb. 1: Echtzeit-PCR auf Orthopockenviren mit Schmelzkurven- analyse: Während der Schmelzpunkt für die meisten Orthopocken- viren um 65°C liegt, weist ein deutlich niedriger Schmelzpunkt auf Vorliegen der (in der Natur als ausgerottet geltenden) Menschen- pocken (Variola-Virus) hin
Abb. 2: Gezielte Untersuchungen auf Erreger der Risikogruppe 3 werden in einem Labor der Schutzstufe BSL-3 durchgeführt
70 71
In mehreren Forschungsabteilungen des Instituts wurden
daher Verfahren zum direkten (Nachweis der Erbsubstanz,
Abbildung 1 und kulturelle Anzucht, Abbildung 2) sowie
zum indirekten Erregernachweis (Nachweis von Antikörpern)
entwickelt. Für jeden Erreger wurden komplexe Untersuchung s-
algorithmen (Hintereinanderschaltung von verschiedenen
Tests zur Erzielung einer diagnostischen Aussage) aufgestellt,
die mit hoher Sensitivität und Spezifität den Nachweis des
untersuchten Parameters im Untersuchungsmaterial ermög-
lichen. In Abbildung 3 ist ein solcher Algorithmus am Bei-
spiel der molekularbiologischen Diagnostik von Anthrax
dargestellt.
Die europäische in-vitro-Diagnostika-Richtlinie, aber auch
nationale Vorgaben, wie z. B. die Richtlinie der Bundesärzte-
kammer zur Qualitätssicherung laboratoriumsmedizinischer
Untersuchungen (RiliBÄK), stellen dabei hohe Anforderun-
gen an in-vitro-Diagnostika aus Eigenherstellung (In-house-
Tests). Dazu gehört auch, dass alle Tests und Arbeitsabläufe
in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden, vor der
Anwendung einer umfangreichen Validation unterzogen und
fortwährend überwacht werden müssen. Bei kommerziell
verfügbaren in-vitro Diagnostika wird die Validation vom
Hersteller durchgeführt und durch die CE-Markierung ausge-
wiesen, während sie bei sogenannten In-house-Verfahren
durch den Anwender selbst erfolgen muss. Letzteres trifft auf
die meisten im Medizinischen B-Schutz eingesetzten Test-
verfahren zu, da kommerzielle Tests für die in der Natur nur
selten vorkommenden B-Erreger meist nicht zur Verfügung
stehen. Die Validation beinhaltet neben der Prüfung der
Leistungsfähigkeit unter anderem auch aufwendige Unter-
suchungen zur Richtigkeit, Präzision und Linearität der
erzeugten Ergebnisse. Eine externe Qualitätssicherung
erfolgt am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
national und international in militärischen und zivilen
Diagnostik- und Forschungsverbünden, insbesondere durch
die Teilnahme an Ringversuchen, bei denen Probenmateri-
alien von unabhängigen Stellen versandt und die Unter-
suchungs ergebnisse bewertet werden.
In den vergangenen zwei Jahren wurden durch die For-
schungsabteilungen des Instituts zahlreiche Verfahren validiert.
Diese Entwicklungsarbeit ermöglicht jetzt das Vorhalten einer
breiten Palette Richtlinien-konformer in-vitro-Diagnostika
für die medizinische B-Aufklärung. Die Tests werden durch
den Zentralbereich Diagnostik (ZBD) des Instituts allen
Bedarfsträgern im Sanitätsdienst angeboten. Im ZBD werden
die Untersuchungen gemäß den festgelegten Algorithmen
durchgeführt, die Ergebnisse interpretiert sowie die Befunde
mit Hilfe eines Labor-Datenverarbeitungssystems erstellt und
ausberichtet. Ein Analysenverzeichnis des Instituts enthält
alle verfügbaren diagnostischen Leistungen sowie Hinweise
zur sachgerechten Probenentnahme und zum Probentransport
(Abbildung 4).
Abb. 3: Beispiel für einen komplexen Untersuchungsalgorithmus für die molekularbiologische Diagnostik von Bacillus anthracis (Anthrax): Nach einem ersten Suchtest auf die zwei Bacillus-spezi-fischen Virulenzplasmide folgt, bei positivem Ergebnis, eine weitere Differenzierung zur Bestätigung von Bacillus anthracis
Abb. 4: Leistungsverzeichnis und Einsendeschein des Zentralbereichs Diagnostik am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr
Forschungsaktivitäten 2010
Molekulare Typisierung und mikrobiologische Forensik: High-Tech-Analysen zur Erstellung genetischer Fingerabdrücke von biologischen Kampfstoffen
Dr. rer. nat. Holger C. ScholzInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, München
DNA-basierte Typisierungsmethoden ermöglichen die Er-
stellung von genetischen Fingerabdrücken für biologische
Kampfstoffe und andere gefährliche Krankheitserreger
und erlauben so die sichere Unterscheidung einzelner
Stämme der gleichen Spezies. Dadurch können bei einem
Ausbruch oder bei einer absichtlichen Freisetzung wichtige
Hinweise auf die Quelle oder den Verursacher gewonnen
werden.
Die Erforschung und Optimierung von validen Verfahren zur
Identifizierung und Feintypisierung biologischer Kampfstoffe
im Rahmen der forensischen Mikrobiologie (Bioforensik)
ist ein Schwerpunkt im Medizinischen B-Schutz und stellt eine
der Hauptaufgaben des Instituts für Mikrobiologie der Bundes-
wehr dar. Ziel ist die medizinische Ausbruchsauf klärung
im Hinblick auf die Herkunft des verursachenden Erregers,
mithin die Differenzierung zwischen einem natürlichen
Krankheitsausbruch und einer absichtlichen Freisetzung.
Während es für therapeutische Gegenmaßnahmen in der Regel
ausreicht, den Erreger auf Gattungs- oder Artebene zu iden-
tifizieren und seine Sensibilität gegenüber antimikro biellen
Substanzen zu untersuchen, bedarf es für Rückverfolgungs-
analysen (trace-back) einer weitergehenden Typisierung
auf Genomebene.
Wie zwei Menschen sich genetisch unterscheiden, so weisen
auch Infektionserreger der gleichen Spezies genetische Unter-
schiede auf, die durch Mutationen oder Genaustausche be-
dingt sein können. Dadurch sind die sogenannten „Stämme“
eindeutig charakterisiert („genetischer Fingerabdruck“).
Abb. 1: Molekulare Typisierungsverfahren und Datenbank im Überblick
Abb. 2: Zoombarer Genomatlas: Vergleichende Genomanalyse verschiedener Brucella-Arten
72 73
Ein neues Isolat kann durch Abgleich seines genetischen
Fingerabdrucks mit den in Datenbanken hinterlegten Profilen
bekannter Stämme zugeordnet oder als bisher unbekanntes
Isolat charakterisiert werden.
Am Institut für Mikrobiologie wurden verschiedene mole-
kulare Typisierungsmethoden für potenzielle biologische
Kampfstoffe wie z. B. Bacillus anthracis, Yersinia pestis,
Francisella tularensis, Brucella spp. und Burkholderia
mallei /pseudomallei etabliert. Zum Methodenspektrum
(Abbildung 1) gehören modernste Analyseverfahren, wie
Multilocus-Sequence-Typing (MLST), Multilocus-Variable-
Number of Tandem-Repeat-Analysis (MLVA) oder Hoch-
durchsatz-Sequenziermethoden der nächsten Generation, wie
die 454-Pyrosequenziertechnologie (Roche Diagnostics).
Modernste Software ermöglicht die Erstellung von zoombaren
Genomatlanten, die eine direkte Visualisierung von Sequenz-
unterschieden auf Genomebene erlauben (Abbildung 2).
Durch Anwendung dieser Methoden auf die umfangreiche
Stammsammlung des Instituts konnten von einer Vielzahl an
B-relevanten Erregern genetische Profile erstellt und in einer
Datenbank (Abbildung 3) hinterlegt werden. Diese bildet
die Grundlage für die rasche und eindeutige Zuordnung eines
unbekannten Erregerisolats. Über die Identität des Isolats
werden weitere hinterlegte Informationen zugänglich, wie z.B.
die natürliche geographische Verbreitung des entsprechenden
genetischen Typs, die Lagerung in Laboratorien etc.
Hauptziele in der Bioforensik sind für die kommenden
Jahre die Methodenstandardisierung, Vernetzung der Daten-
banken und die Einführung eines Qualitätsmanagements.
Auf europäischer Ebene ist das Institut für Mikrobiologie als
starker Partner im European Biodefense Laboratory Network
(EBLN) der European Defence Agency (EDA) vertreten.
Eines der Ziele des von 12 Nationen betriebenen Projekts ist
die Harmonisierung und Standardisierung der Analyseverfah-
ren sowie der Aufbau einer gemeinsam nutzbaren Datenbank
für Bioagenzien. Durch die Bündelung der Ressourcen und
der engen Zusammenarbeit verschiedener Länder sollen
die europäischen Fähigkeiten im Bereich des Medizinischen
B-Schutzes verbessert werden.
Auf transatlantischer Ebene hat das Institut eine Koope-
ration mit der Arbeitsgruppe von Prof. Paul Keim an der
Northern Arizona University aufgebaut. Paul Keim ist einer
der führenden Spezialisten auf dem Gebiet der molekularen
Typisierung und Bioforensik in den USA und war maßgeblich
an den Untersuchungen der Brief attentate mit Sporen von
Bacillus anthracis im Jahre 2001 beteiligt. In dem vom
U.S. Department of Homeland Security (DHS) geförderten
Projekt „Technology and Data Integration with the Bundes-
wehr Institute of Microbiology“ sollen Typisierungsmetho den
angeglichen und eine gemeinsame Datenbank etabliert
werden.
Abb. 3: Bionumerics Datenbank- und Analysesoftware (Applied Maths) als gemeinsame Datenbankplattform
Abb. 4: Minimum Spanning Tree: Phylogenetische Analysen von Y. pestis-Stämmen
(Afrika)
(Asien, Russland)
Hypothetische Verbindung
Forschungsaktivitäten 2010
Analytik für die Verifikation einer Exposition gegenüber chemischen Kampfstoffen
Dr. Marianne KollerInstitut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr,München
Chemische Kampfstoffe bilden unterschiedliche Meta-
bolite, für deren Nachweis verschiedene Methoden und
hoch empfindliche Geräte zur Verfügung stehen müssen.
Um eine Derivatisierung zu umgehen, werden polare
Metabolite mit LC-MS/MS bestimmt, während die freien
Kampfstoffe bzw. die fluoridierten Derivate nach Reakti-
vierung nervenkampfstoff-gehemmter BChE durch F- mit
GC-MS gemessen werden können.
Verifikationsanalytik wird nicht nur durchgeführt, um einem
Staat den Einsatz von chemischen Kampfstoffen nachzuweisen,
sondern auch um bei einem einzelnen Soldaten eine Exposition
zu bestätigen bzw. eindeutig auszuschließen (z. B. beim so
genannten worried well, dem Soldaten, der symptomfrei, aber
sehr besorgt ist). In beiden Fällen müssen die Daten gerichts-
fest erhoben werden. Dies wiederum erfordert Methoden,
die ihre Tauglichkeit nachgewiesen haben. Zur Realisierung
dieser Forderung unterzog sich die Arbeitsgruppe Verifikations-
analytik des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie der
Bundeswehr im Jahr 2010 der Akkreditierung gemäß ISO EN
17025 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).
Sowohl Nerven- als auch Hautkampfstoffe unterliegen nach
Aufnahme in den Körper einem vielfältigen Metabolismus.
Für Nervenkampfstoffe (z. B. Sarin) steht die Bindung an
Proteine wie den Cholinesterasen (AChE und BChE) sowie
Serumalbumin im Vordergrund, während die 2-stufige
enzymatische und wässrige Hydrolyse nur den kleineren Teil
des aufgenommenen Agens zum entsprechenden Methyl-
phosphonsäureester bzw. zur Methylphosphonsäure umwan-
74 75
delt. Im Fall von Hautkampfstoffen (z. B. S-Lost) kommt
es ebenfalls zur Proteinbindung (an Hemoglobin), aber
auch zur Bindung an die DNS. Die hydrolytische Umsetzung
von freiem S-Lost zu Thiodiglykol (TDG) wird von Oxi-
dation begleitet, woraus die Produkte TDG-Sulfoxid und
TDG-Sulfon resultieren. Ein weiterer Umbau von S-Lost
erfolgt durch Aktivierung über Glutathion und liefert zum
einen die beiden ß-Lyase-Produkte und zum anderen ein
Acetylcystein-Derivat.
Dieses vielschichtige metabolische Geschehen stellt für
die Verifikationsanalytik sowohl ein Problem als auch eine
Chance dar: Aufgrund der hohen Giftigkeit chemischer
Kampf stoffe sind nur sehr geringe Konzentrationen im
Patienten zu erwarten, und aus diesen geringen Ausgangs-
mengen entstehen schnell verschiedene Metabolite. Deshalb
kann die Verifikationsanalytik nur mit höchst empfindlichen
Messgeräten durchgeführt werden. Gleichzeitig erhält man
aber auch eine Auswahl an spezifischen Biomarkern, die
dem Analytiker die Möglichkeit bieten, den Nachweis auf
mehrere Parameter zu stützen. Dadurch wird die Verifika tion
einer Exposition gegenüber chemischen Kampfstoffen zu-
verlässiger.
Der Nachweis der polaren und nicht-flüchtigen Methyl-
phosphonsäureester (Metabolite der Nervenkampfstoffe)
ist mittels Gaschromatographie unter Verwendung von
Massenspektrometrie (GC-MS) nur nach Derivatisierung
möglich. Deshalb betreiben wir für den Nachweis der
Nervenkampfstoff-Metabolite ein flüssigkeitschromato-
graphisches Verfahren, ebenfalls mit Massenspektrometrie
(LC-MS/MS), das speziell für kleine Moleküle ausgelegt
und damit besonders empfindlich ist. Die sechs relevanten
Verbindungen können nach Festphasenextraktion aus Urin
bzw. Plasma getrennt und gemessen werden. Aus Urin kann
die Bestimmung bis zu einer Woche nach Exposition erfolgen,
aus Plasma ist sie auf Proben aus den ersten Tagen nach der
Exposition beschränkt.
Ebenfalls mit LC-MS/MS gemessen werden die Urinextrakte
der ß-Lyase-Produkte des S-Losts sowie die aus Hydrolyse
und Oxidation hervorgegangenen Verbindungen TDG und
TDG-Sulfoxid.
Die GC-MS-Systeme kommen zum Einsatz, wenn Nerven-
kampfstoffe und S-Lost direkt aus Plasma bestimmt werden
oder die Nervenkampfstoffe durch Inkubation des Plasmas
mit einem Überschuss an Fluorid von der BChE abgelöst und
als fluoridierte Derivate gemessen werden sollen. Da Nerven-
kampfstoffe wie Sarin im Blut nur innerhalb weniger Stunden
nach Exposition direkt nachweisbar bleiben (Ausnahme VX,
das bis zu 48 Stunden unverändert gefunden werden kann),
steht die Methode der fluorid-induzierten Reaktivierung im
Vordergrund. Sie ist bis zu drei Wochen nach Exposition
durch führbar. Im Fall von S-Lost sind die Zeitfenster, die
für die Bestimmung der einzelnen Biomarker zur Verfügung
stehen, nicht so klar umrissen, aber auch hier gilt, dass die
Protein-Addukte am längsten im Körper verbleiben.
Abb. 1: LC-MS/MS-System API 5000 von AB Sciex zur Bestimmung der Metabolite chemischer Kampfstoffe
Abb. 4: GC-MS-System 7890/5975 von Agilent Technologies zur Bestimmung der Nervenkampfstoffe und S-Lost
Abb. 2: Trennung und Detektion von 6 Methyl-phosphonsäureestern (Metabolite der Nerven-kampfstoffe) inkl. des internen Standards mit LC-MS/MS
Abb. 5: Trennung und Detektion von 6 fluori-dierten Nervenkampfstoffen inkl. des internen Standards mit GC-MS
Abb. 3: Trennung und Detektion der ß-Lyase-Pro-dukte 1,1’-Sulfonyl-bis-[2-(methylsulfinyl)-ethan] (SBMSE) und 1-Methylsulfinyl-2-[2-(methylthio)-ethylsulfonyl]-ethan (MSMTESE), Metabolite von S-Lost, mit LC-MS/MS
Abb. 6: Trennung und Detektion von S-Lost und seinem internen Standard mit GC-MS
Intensität Intensität Intensität Intensität
1: EMPS2: IMPS3: IS4: i-BMPS5: n-BMPS6: CHMPS7: PMPS
1: Ethylsarin (aus VX)2: Sarin3: i-Butylsarin (aus VR)4: Fluortabun (aus Tabun)5: interner Standard6: n-Butylsarin (aus CVX)7: Soman8: Cyclosarin
MSMTESE
t [min] t [min] t [min]t [min]
SBMSE
S-Lost
IS
Forschungsaktivitäten 2010
Das H-Modul – ein innovatives Triage-Werkzeug des medizinischen A-Schutzes zur Abschätzung hämatologischer Strahlenschäden
Oberstarzt Prof. Dr. med.Michael Abend, M.Sc. Institut für Radiobiologie der Bundeswehr in Verbindung mit der Universität Ulm, München
Oberstabsarzt Dr. med. Tobias KnieInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr in Verbindung mit der Universität Ulm, München
Das blutbildende System reagiert sehr empfindlich auf
ionisierende Strahlung. Daher kann nach Exposition an-
hand des Blutbilds auf den individuellen Strahlenschaden
geschlossen werden. Das H-Modul wertet periphere
Blutzellbestandteile aus und prädiktiert – basierend auf
Blutbildverläufen aus einer Strahlenunfalldatenbank –
mit einer Wahrscheinlichkeit von > 95% den hämato lo-
gischen Strahlenschaden.
Bei nuklearen und radiologischen Szenarien (z. B. Dirty
Bomb, Kernkraftwerksunfall) ist mit einem Massenanfall von
Verletzten zu rechnen. Hinzu kommt eine große Anzahl an
Patienten, die sich lediglich verstrahlt fühlen (sog. worried
well), aber dennoch ähnliche, unspezifische Symptome ent-
wickeln können. Ziel der Triage ist daher die Selektion von
Patienten, die unmittelbar einer stationären Therapie bedürfen,
damit die knappen klinischen Ressourcen (z. B. Intensiv-
betten) sinnvoll genutzt werden.
Das blutbildende System ist das für Strahlung empfindlichste
Organsystem. Mit steigender Strahlenexposition nimmt der
Schweregrad des induzierten Strahlenschadens zu. Dies hat
entsprechende therapeutische und prognostische Auswirkungen
(Abbildung 3). Die Dosis allein erlaubt jedoch keine Vorher-
sage über die Ausprägung des Strahlenschadens, da dieser bei
gleicher Strahlenexposition individuell unterschiedlich sein
kann. Änderungen im Differentialblutbild dienen für unser
neu entwickeltes, automatisiertes Triageverfahren als bio-
logischer Indikator. Im sog. H-Modul erfolgt basierend auf
Untersuchungen von Differentialblutbildveränderungen
76 77
(Abbildung 2) innerhalb der ersten drei Tage nach Bestrah-
lung eine Vorhersage des später auftretenden Schweregrades
des Strahlenschadens. Hierzu wurden reale Blutbildverläufe
nach Bestrahlung aus der Strahlenunfalldatenbank SEARCH
(System for Evaluation and Archiving of Radiation Accidents
Based on Case Histories) verwendet. SEARCH beinhaltet
Aufzeichnungen über mehr als 800 Strahlenunfallpatienten.
Im Rahmen der statistischen Bearbeitung der Strahlenunfall-
daten ist es zunächst wichtig, die Fälle mit Schweregrad H0-4
in zwei für die akute Triage relevante Kategorien aufzuteilen.
In Abbildung 4 ist beispielsweise die Abgrenzung zwischen
ambulanter versus stationärer Weiterbehandlung zu sehen
(H0/1 vs. H2/3/4). Das bedeutet, dass bei nicht oder nur
leicht betroffenen Patienten (H0 und H1) ambulante Kontrollen
ausreichen. Schwerer bestrahlte Patienten (H2 bis H4) müssen
jedoch stationär, ggf. intensivmedizinisch, therapiert werden.
Zur Verbesserung der Abgrenzung der beiden Kategorien
dient die sogenannte logistische Regressionsanalyse, die in
der schematischen Darstellung (Abbildung 5) zu sehen ist.
Anhand der hieraus entstandenen ROC-Kurve (Abbildung 6)
kann graphisch gezeigt werden, dass das Modell mit einer
Wahrscheinlichkeit > 95 % eine entsprechende Kategorie
prädiktiert.
Das im Excel-Format vorliegende H-Modul vermag eine
Vorhersage des Schweregrades mit Angabe der Eintritts-
wahrscheinlichkeit ( > 95%) zu machen. Ein weiterer Vorteil
dieses Systems ist, dass nach Befüllen mit den individuellen
Blutzellwerten automatisch die Einordnung der Patienten
in die entsprechenden Kategorien stattfindet (Abbildung 4).
Weiterentwicklung und Validierung des Systems
sind vorge sehen. Jedoch kann das H-Modul bereits jetzt
als ein wichtiges Werkzeug unserer Task Force für den
Medizinischen A-Schutz betrachtet werden, welches
die individualisierte Abschätzung hämatologischer
Strahlen schäden optimiert. Hierdurch kann zeitnah
und ziel gerichtet die unter Umständen lebensnotwen-
dige Therapie bei Strahlenunfallpatienten eingeleitet
bzw. koordiniert werden.
Abb. 1: Diese Geräte führt die Task Force des Instituts für Radiobiologie mit sich, um ioni-sierende Strahlung aufzuspüren, die Dosis-leistung zu bestimmen und Radionuklide zu identifizieren: Oben: Detective; unten von links: SVG2, Identifinder, LB122
Abb. 4: Das H-Modul – ein Fallbeispiel; eine Person nach Hochdosis-Strahlenexposition wird simuliert. Der Patient ist mit einer Wahrschein-lichkeit von mehr als 95% der Kategorie H2-4 zuzuordnen
Abb. 2: Mittels dreier Blutproben von Tag 1, 2 und/oder 3 (d1, d2, d3) nach Exposition (p. r. = post radiationem) prognostiziert das H-Modul den hämatologischen Strahlenschaden
Abb. 5: Logistische Regression; Wichtungs-faktoren (β1-3) der Blutzellbestand teile (L=Lymphozyten, G=Granulo zyten, T=Thrombozyten) erlauben eine bessere Unterscheidung beider Kategorien
Abb. 3: Das hämatologische Syndrom – Zusammenhänge zwischen Schweregrad, Prognose, Therapie und Anforde-rungen an die Weiterbehandlung
Abb. 6: ROC-Kurve; hier für Lymphozyten – kombiniert mit Granulozytenzahl am dritten Tag nach Bestrahlung für H0-1 vs. H2-4. Die eingefärbten Bereiche geben den PPV und den NPV (positiver und negativer Vor-hersagewert) von 100% wieder
Forschungsaktivitäten 2010
Militärische Arbeitsplätze mit hohen kognitiven Anforderungen: Entwicklung von Verfahren zur Erfassung relevanter Kenngrößen
Dipl.-Psych. Dr. Alexander WitzkiZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz
Dipl.-Ing. Willi GorgesZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz
Dipl.-Sportl. Alexander SievertInstitut für Physiologie und Anatomie, Deutsche Sporthochschule Köln
Prof. Dr. Dr. Dieter LeykZentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, Koblenz
Moderne militärische Arbeitsplätze erfordern zunehmend
höhere kognitive Fähigkeiten. Bereits leichte Einschränkun-
gen in der Aufmerksamkeit oder im Reaktionsver mögen
können schwerwiegende Folgen haben. Um frühzeitig auf
solche Veränderungen reagieren zu können, ist es notwen-
dig, das kognitive Leistungsverhalten bei kom plexen Ar-
beitsprozessen zu untersuchen und relevante Kenn größen
zu ermitteln.
Viele militärische Einsatzaufgaben besitzen inzwischen
einen hohen Technisierungsgrad und setzen anspruchsvolle
kognitive Fähigkeiten des Bedienpersonals voraus. Dabei un-
terscheiden sich die Arbeitsrahmenbedingungen oft deutlich
von den Erfahrungswerten der Soldatinnen und Soldaten aus
dem vertrauten Umfeld ihrer Heimat. Insbesondere erschwe-
ren außergewöhnliche Umgebungs ver hältnisse mit vielfach
stark ausgeprägten exogenen Stressoren, lange Arbeitszeiten,
geringe Freizeit- und Erholungsmöglichkeiten in Verbindung
mit einer ständig präsenten Bedrohungssituation die kontinu-
ierliche Aufrechterhaltung des Leistungs niveaus.
Durch Leistungsabfälle bedingte Fehlbedienungen, falsche
Reaktionen bzw. übersehene Informationen können gravieren-
de Folgen mit sich bringen. Die Anwendung arbeitswissen-
schaftlicher Erkenntnisse aus der zivilen Forschung auf
derartige Situationen ist aufgrund der einsatzspezifischen
Besonderheiten allerdings nur eingeschränkt möglich.
Deshalb werden eigene Untersuchungs verfahren benötigt,
mit denen Arbeitsleistungen nach validen Kriterien erfasst
und bewertet werden können. Im Rahmen von Verbund-
Abb. 1: Einsatzorientierte Leistungsfähigkeit und belastende Arbeitsrahmenbedingungen
Abb. 2: Typischer Arbeitsplatz mit hohen kognitiven Anforderungen: der Leitungs- und Auswertestand Kleinfluggerät Zielortung Drohne
Abb. 4: Simulation komplexer Arbeitsprozesse (Entwicklungsstufe)
78 79
forschungsvorhaben des Institutes für Physiologie und
Anatomie an der Deutschen Sporthochschule Köln und
der Laborabteilung IV Wehrmedizinische Ergonomie und
Leistungsphysiologie im Zentralen Institut des Sanitäts-
dienstes der Bundeswehr Koblenz wurde bereits eine
Testumgebung entwickelt, die es ermöglicht, Einflüsse auf
militärtypische kognitive Leistungsanforderungen zu
analysieren. Der Forschungsansatz beruht auf einem multi-
methodalen Modell, das Verfahren zur Erfassung kognitiver
und feinmotorischer Kenngrößen, physiologische Mess-
metho den, computerunterstützte Fragebögen und eine reali-
tätsnahe Umgebungssimulation miteinander kombiniert
und synchronisiert.
Die bisher implementierten Testverfahren sind hauptsäch -
lich auf militärische Beobachtungs- und Überwachungs-
aufgaben ausgerichtet und können mehrschichtige kognitive
Prozesse nur bedingt nachbilden. Deshalb entwickeln die
Forschungspartner zurzeit Systemerweiterungen in Form
von praxis orientierten Arbeitsplatzsimulationen. Das Ziel sind
standardisierte Untersuchungsmöglichkeiten zum Verhalten
bei komplexen Arbeitstätigkeiten mit unterschiedlich gewich-
teten Kombinationen verschiedener kognitiver Fähigkeiten.
Im Vordergrund stehen hierbei das Kurzzeit- /Arbeitsge-
dächtnis, die visuelle und auditive Informationsaufnahme
sowie die allgemeine Informations verarbeitungskapazität.
Die psychologischen Verfahren werden durch physiologische
Methoden ergänzt, wobei insbesondere okulomotorische
Kenngrößen wie Fixationen, Sakkaden, Lidschluss oder
Pupillendilatation vielversprechende Möglichkeiten aufzeigen.
Unter Berücksichtigung tätigkeitsspezifischer Abhängigkeiten
und individueller Profile scheinen berührungslose Mess-
systeme zur Erfassung von Blickaktivitäten geeignet, drohende
Leistungseinbrüche identifizieren zu können bevor diese
realisiert werden.
Somit könnten mit Hilfe mobiler Okulomotorik-Technologien
Personen in kognitiv fordernden Arbeitssituationen belastungs-
frei überwacht und bei sich anbahnenden Aufmerksamkeits-
verlusten alarmiert werden. Besonders relevant sind solche
Systeme überall dort, wo bereits marginale Leistungsreduktio-
nen zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können, etwa
bei der Luftraumüberwachung, in Bodenkontrollstationen
oder in Leitstellen. Für die praktische Anwendung sind aller-
dings validierte Parameterspezifikationen notwendig, deren
Grundlagen mit den Arbeitsplatzsimulationen erarbeitet
werden müssen.
Abb. 3: Ermittlung von Fixationen mit Hilfe eines okulomotorischen Messsystems am Beispiel einer Geländeüberwachung
Forschungsaktivitäten 2010
Untersuchung zur Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit bei der Nutzung des Full Mission Simulator und des Cockpit Trainer (Eurofighter)
Dr. rer. sec. Michael SteinFlugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
Oberstarzt Dr. med. Franz Grell Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, Fürstenfeldbruck
Durch die vermehrte Nutzung von Flugsimulatoren
steigt auch die Bedeutung der Simulatorkrankheit, die
negative Auswirkungen auf die Flugsicherheit haben
kann. Es ist das Ziel der Projektgruppe Simulator Sick-
ness, alle Flugsimulatoren der Bundeswehr bezüglich
der Häufigkeit und Schwere von Simulatorkrankheit zu
untersuchen und Vorschläge zur Minderung der Symp-
to matik zu erarbeiten.
Moderne fliegende Waffensysteme – wie z. B. Eurofighter,
A-400M, UH TIGER, NH-90 – können aufgrund der ge-
stie genen Systemkomplexität (Glass Cockpit, hoher Grad
an Teil-Automatisierung u. a.) und auch der veränderten
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nur im Verbund
zwischen Real- und Simulatorflug sicher und effizient
betrieben werden.
Die Bundeswehr führt in diesem Rahmen u. a. die fliegerische
Basisschulung, die Musterberechtigung sowie das Luftkampf-
training durch. Dabei sind die Vorteile der Simulatornutzung
u. a. die Erhöhung der Flugsicherheit (z. B. können Missions-
und Trainingsinhalte vor dem Realflug eingeübt und opti-
miert werden), die Unabhängigkeit der Missionsdurch führung
von Wetterbedingungen, die Verringerung von Emissionen
(Lärm, CO2) sowie Betriebskostenminderungen. Neben den
auf ge führten Vorteilen können jedoch während und /oder nach
der Nutzung Befindlichkeitsstörungen wie z. B. Übelkeit,
Erbrechen, Desorientierung und Augenermüdung auftreten.
Diese werden unter dem Fachbegriff Simulatorkrankheit
subsumiert und sind aufgrund der Zunahme von Simulator-
Abb. 1: Cockpit Trainer (Cockpit) Abb. 2: Full Mission Simulator (Simulator-Dom)
80 81
stunden besonders stark zu gewichten, da insbesondere Flug-
und Fahrsicherheit sowie Qualität der Ausbildung tangiert
werden. Die am weitesten verbreitete und aner kannte Theo-
rie zur Erklärung von Simulatorkrankheit ist die sogenannte
Cue Conflict Theory. Im Rahmen dieser wird angenommen,
dass Simulatorkrankheit aufgrund eines cue conflict zwischen
zwei oder mehreren Sinneskanälen (u. a. visuell, vestibulär
und propriozeptiv) oder auch innerhalb eines Sinneskanals
her vorgerufen wird.
Zur Erhebung der Auftretenshäufigkeit und Schwere von
Simulatorkrankheit beim Full Mission Simulator und beim
Cockpit Trainer wurde ein quasiexperimentelles Design
(keine randomisierte Zuordnung der Probanden zu den
Versuchsbedingungen, keine Kontrolle der Missionen) mit
20 Eurofighter Piloten im Alter von 32 bis 45 durchgeführt.
Im Rahmen eines within subjects design flog jeder Proband
jeweils eine Mission im Cockpit Trainer (fünfkanaliges
Projektionssystem, 220° Blickfeld) und im Mission Flight
Simulator (13-kanaligem Projektionssystem, 360° Blickfeld).
Die Probanden wurden jeweils vor und nach einem Simulator-
flug u. a. mit dem Simulator Sickness Questionnaire, der Basler
Befindlichkeitsskala, dem Visual Fatique Questionnaire sowie
dem NASA TLX (nur nach dem Simulator Flug) befragt.
Die Ergebnisse der durchgeführten zweifaktoriellen Varianz-
analyse mit Messwiederholung auf einem Faktor (Allgemei-
nes Lineares Modell, korrigiert nach Greenhouse-Geisser)
zeigt bei dem Gesamtwert des Simulator Sickness Question-
naire keinen signifikanten Unterschied zwischen Vor- und
Nachtest (F = 0,206; p = 0,652; eta2 = 0,005; Teststärke = 0,073),
keine signifikante Differenz zwischen den Simulatoren
(F = 0,622; p = 0,435; eta2 = 0,015; Teststärke = 0,120) sowie
keinen Interaktionseffekt (F = 0,096; p = 0,758; eta2 = 0,002;
Teststärke = 0,061).
Auch bei den Subskalen Desorientierung, Übelkeit und
Oku lo motorisches Unwohlsein weisen die angewandten
statis ti schen Verfahren keine signifikanten Unterschiede aus.
Über dies treten keine Nacheffekte, wie Desorientierung oder
Übelkeit, auf. Bei Betrachtung der NASA TLX Resultate wird
deutlich, dass sowohl die geistigen Anforderungen als auch
die Anstrengung, ein bestimmtes Arbeitsergebnis zu erzielen,
mit ca. 60 % im mittleren Bereich liegen. Die Frustration
tritt bei den Probanden nur in sehr geringem Maße auf.
Ergebnisse von laufenden Studien zur Simulatorkrankheit
(EC-135, P-3C ORION, PA-200 TORNADO) werden im
Laufe des nächsten Jahres publiziert.
Abb. 3: Simulatorkrankheit (Gesamtwert) vor und nach der Nutzung des FMS und des CT (Mittelwerte und Konfidenzintervalle)
Abb. 4: Ergebnisse des NASA TLX (Mittelwerte und Konfidenzintervalle)
Forschungsaktivitäten 2010
Untersuchungen zur Pathophysiologie der milden Form der neurologischen Dekompressionskrankheit
Flottenarzt PDDr. med. Andreas KochSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel
Dr. rer. nat. Wataru KählerSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel
Beim Tauchen mit Pressluft gilt das PFO als Risikofaktor
für die schwere DCS II. In einer Fall-Kontroll-Studie an
18 Patienten mit anamnestischer milder DCS II unter-
schieden sich diese weder in PFO-Inzidenz noch in Anzahl
von Läsionen im Hirn-MRT von einer gematchten Kon-
trollgruppe. Bei der milden DCS II scheint das PFO keinen
Risiko faktor darzustellen, und cerebrale Läsionen sind
nicht zu erwarten.
Beim Tauchen mit Tauchgerät sind die Zusammenhänge
zwischen der Expositionsdauer unter Überdruck und der not-
wendigen Dekompressionszeit bei Einsatz von Pressluft seit
langem bekannt, und der Stickstoffanteil der Atemluft zeich-
net für die ganz überwiegende Zahl von Dekompressions-
erkrankungen (DCS) durch Gasblasen in Blut oder Gewebe
verantwortlich.
Die Pathophysiologie der DCS gilt heute grundsätzlich
als gesichert, und weitgehend optimierte Dekompressions-
verfahren haben die Tauchsicherheit erheblich erhöht.
Allerdings bleibt dennoch ein Restrisiko für Dekompressions-
zwischenfälle bestehen. Gerade die DCS mit neurologischer
Symptomatik benötigt häufig langwierige Behandlungen in
Druckkammerzentren, und nicht selten hat der Taucher lange
bestehende Restschädigungen zu befürchten.
Das persistierende (offene) Foramen ovale (PFO) mit
einer bis zu 30 %igen Prävalenz in der Bevölkerung gilt als
Hauptursache der sekundären Arterialisation primär venöser
Inertgasblasen, die durch eine cerebrale Gasembolie eine
Abb. 1: Transcranielle Dopplersonographie (TCD) mit Nachweis eines persistierenden Formen ovale (PFO) durch zahlreiche Kontrastmittel-signale (HITS) in allen Schallfenstern nach Provokationsmanöver
Abb. 2: Hirn-MRT-Befund mit mehreren Läsionen (rote Pfeile), die als Folgeschäden nach kleineren cerebralen Gasembolien in Frage kommen
82
Oberstabsarzt Dr. med. Inga KochSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel
Dr. rer. med. Jens KowalskiSchifffahrtmedizinisches Institut der Marine,Christian-Albrechts-Universität, Kiel
83
neuro logische Dekompressionskrankheit (DCS II) mit schwer-
wiegender Symptomatik verursachen können. Es erstreckt
sich die gesicherte Datenlage zum Risikopotential des PFO
bislang nahezu vollständig auf diese selteneren Fälle einer
schweren DCS II. Im Gegensatz hierzu ist über die mög liche
Rolle des PFO in der Genese der weit häufigeren milden Form
der DCS II mit häufig diffuserer neurologischer Symptomatik
weit weniger bekannt. Gerade für die Entschei dungs findung
in Bezug auf ein generelles PFO-Screening auch für das
militärische Tauchen bestand somit aktueller Unter suchungs-
bedarf für diese Form der DCS II.
In einer Fallkontrollstudie wurden am Schifffahrtmedizi-
nischen Institut der Marine 18 Patienten mit Zustand nach
milder DCS II und 18 ähnlich erfahrene Taucher ohne Un-
fallvorgeschichte als Kontrollgruppe untersucht. Bei jedem
Studienteilnehmer wurden eine Untersuchung auf ein vor-
handenes offenes Foramen ovale und eine craniale Magnet-
resonanztomographie (MRT) zum Nachweis von Läsionen,
die als Residuen durchgemachter cerebraler Gas embolien
in Frage kamen, durchgeführt.
Hierbei ergab sich, dass sich die 18 Patienten mit Zustand
nach milder DCS II weder in der PFO-Prävalenz noch in
Inzidenz oder Anzahl an verdächtigen Läsionen im Hirn-
MRT von der gematchten Kontrollgruppe unterschieden.
Dieses Ergebnis steht damit in deutlichem Widerspruch
zur Literatur, die sich allerdings bislang fast ausschließlich
mit Fallgruppen befasst hatte, die der schwerwiegenderen
Form der DCS II zugerechnet werden müssen.
Die eigene Untersuchung betrachtete somit zum ersten
Mal gezielt diese mildere Variante der DCS II im Hinblick
auf den Stellenwert des PFO als Risikofaktor für paradoxe
Gasembolien bei der Dekompression.
Die milde Form der DCS II zeichnet sich nicht nur durch
ein in der Regel deutlich besseres klinisches Outcome aus,
darüber hinaus scheint das PFO als Risikofaktor für einen
Rechts-/Links-Shunt von Stickstoffblasen bei diesem Krank-
heitsbild im Gegensatz zur schweren Form keine Rolle zu
spielen. Ebenso wenig scheinen nachweisbare Läsionen im
Hirn-MRT ein Charakteristikum der milden DCS II zu sein.
Dies lässt vermuten, dass sich die Pathophysiologie der
milden Form erheblich von derjenigen der schweren DCS II
unterscheidet, bei der das gasembolische Geschehen im
Vordergrund steht. Hierzu sind weitere Untersuchungen not-
wendig, um diese nicht zuletzt für die Frage der weiteren
Tauchtauglichkeit nach einem milden Dekompressionsunfall
relevante Frage zu klären.
Abb. 3: Druckkammerzentrum HYDRA 2000 am Schifffahrtmedizinischen Institut der Marine zur Behandlung der DCS II
118585
3 Militärgeschichtliche und Sozialwissenschaftliche Forschung
Forschungsaktivitäten 2010
Einsatzwirklichkeit und Museum
Dr. Gorch PiekenMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr, Dresden
Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in
Dresden versteht sich als eine zentrale Forschungs-
und Arbeitsstätte für historisches Lernen und politische
Bildung am authentischen Exponat. Die Vielperspektivi-
tät der Ausstellung lässt Raum für verschiedene Wahr-
nehmungen, Interpretationen und Erinnerungsdiskurse,
insbesondere auch zu Entwick lungen und Ereignissen
der jüngsten Zeitgeschichte.
Mit dem Militärhistorischen Museum der Bundeswehr
(MHM) entsteht derzeit in Dresden das größte militär-
geschichtliche Museum der Bundesrepublik Deutschland
und gleichzeitig das erste zentrale Museum aller Teilstreit-
kräfte der Bundeswehr.
Die Gebäude des MHM beherbergten bis zur deutschen
Einheit das Armeemuseum der Nationalen Volksarmee,
dessen Sammlung und Liegenschaften von der Bundeswehr
übernommen wurden. Durch den Erlass zur Konzeption für
das Museumswesen in der Bundeswehr vom 14. Juni 1994
des Bundesministers der Verteidigung erhielt das MHM die
Funktion eines Leitmuseums im Museums- und Sammlungs-
verbund der Bundeswehr. Erstmals seit Grün dung der Bundes-
wehr wird nun ihre verdinglichte Geschichte systematisch
gesammelt und bewahrt.
Mit der notwendigen Grundsanierung eines Altbaus und der
Errichtung eines Erweiterungsbaus wurde nach einem inter-
nationalen Wettbewerb der amerikanische Architekt Daniel
Libeskind beauftragt. Der von ihm entworfene keilförmige,
86 87
asymmetrische Neubau durchdringt den streng gegliederten
Altbau und schafft mit geschossübergreifenden Sälen Platz
für große Schwerexponate. Der Raum folgt hier der Funktion.
Und gleichzeitig sind auf diesen inhaltliche Codierungen über-
tragen, die das Gebäude zum ersten und größten Exponat der
Ausstellung machen.
Das MHM versteht sich als ein Forum der öffentlichen
Aus einandersetzung mit Militär und Militärgeschichte.
Auf der Grundlage einer historisch-kritischen Spurensuche
werden dort aktuelle politisch-militärische Entwicklungen
nicht nur fachkundig und kontrovers diskutiert, sondern auch
umfassend ausgestellt. Damit unterscheidet sich das MHM
von den meisten historischen Museen, die in der Regel die
Gegenwart als Ausstellungsthema kategorisch ausschließen.
Das MHM verlässt sich auf das authentische Exponat als
primären Baustein seiner Ausstellung, auch in den Bereichen
zur neuesten Zeitgeschichte. Durch die sinnlich-konkrete
Wirkung der Objekte unterscheidet sich die historische
Auseinandersetzung im Museum gerade von den begriff -
lich-abstrakten Formen in Archiven und (Hoch-)Schulen.
Im Museumsboom der letzten Jahre spiegelt sich ein großes
Bedürfnis nach Sichtbarmachung des Vergangenen.
Hannah Arendt vertrat gar die These, dass Erinnerung ohne
Materialität nicht möglich wäre.
Die Ausstellung wird insbesondere bei Soldatinnen und
Soldaten eigene Erinnerungen auslösen, die sie aber auch
in die Erzählung einflechten können, indem sie sich an
Zeitzeugenforen beteiligen. Das Zeitzeugengespräch im
audiovisuellen Medium und live in öffentlichen Veran-
staltungen hat, als eine neue Art der historischen Über-
lieferung, seinen Platz im Museum. „Um Geschichte zu
lernen, muss man der Geschichte ins Auge sehen“, sagt
Steven Spielberg.
Auch viele Exponate des Alltags und der Einsatzwirk-
lichkeit, bei denen es sich nur auf den ersten Blick um
unscheinbare Dinge handelt, vermitteln Geschichten und
Geschichte. Im Museum werden sie erforscht und bewahrt.
Die Objekte werden in ihrem Sinnzusammenhang erläutert,
durch Arrangements mit anderen Exponaten, mit kommen-
tierenden und kontextualisierenden Dokumenten und Ver-
weisobjekten auch der neuesten Politik-, Wirtschafts-
und Sozialgeschichte.
Zentral für die neue Dauerausstellung, die Ende 2011 eröffnet
wird, ist ihr multiperspektivischer Ansatz. Feststehende Erwar-
tungen werden hinterfragt, Blickwechsel ermöglichen einen
neuen Blick auf komplexe militärhistorische und kulturge-
schichtliche Fragestellungen. Offen, vielfältig und kontrast-
reich präsentiert sich ein Museum, das seine Besucher anregen
möchte, eigene Standpunkte zu suchen.
Der Libeskind-Bau mit der neuen Dauerausstellung öffnet
an der Schnittstelle von Wissenschaft und Öffentlichkeit
Denkräume für die Auseinandersetzung mit Militärgeschichte,
für den gesellschaftlichen Diskurs und für spezifische For-
schungsvorhaben über die Rolle von Krieg und Militär in
Vergangenheit und Gegenwart, insbesondere mit Bezug
auf die aktuellen Einsätze der Bundeswehr.
Abb. 1: Alt- und Neubau des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, Dresden
Abb. 4: Außenbordmotor einer Piraten-Dau. Dieser Au-ßenbordmotor wurde von der Fregatte Karlsruhe während der Operation Atalanta sicher-gestellt
Abb. 2: Im März 1997 evakuierte die Bundeswehr deutsche und ausländische Bürger aus Albanien. Um den Soldaten die Sicherungsaufgaben beim Absitzen von Hubschraubern zu veranschaulichen, zeichnete ein Feldwebel auf einer leeren EPa-Verpackung die Stellung jedes Einzelnen auf den Karton
Abb. 5: Am 27. November 2004 wurde in Kunduz auf eine Patrouille des deutschen ISAF-Kontingents ein Anschlag verübt und ein leichter LKW WOLF der Bun-deswehr durch eine ferngezündete Sprengstoffladung beschädigt. Die drei Soldaten im Fahrzeuginneren wurden unterschiedlich schwer verwundet
Abb. 3: Wachbuch des deutschen IFOR-Kontingents in Trogir/Kroatien 1996. Im Wachbuch sind Über-schreitungen des Zapfenstreichs und Missachtungen der Kleiderordnung ebenso dokumentiert, wie Ein-bruchsversuche oder der Besuch von Prostituierten, die am Kasernentor abgewiesen wurden
Abb. 6: Robe von Richter Dr. Hans-Peter Kaul. Der Internationale Strafgerichtshofs in Den Haag ist das erste ständige und unabhängige Weltstrafgericht in der Geschichte. 2009 wurde erstmals gegen ein amtierendes Staatsoberhaupt ein Haftbefehl wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgestellt
Forschungsaktivitäten 2010
Zur Einsatzmotivation und Dienstzufriedenheit von Bundeswehrangehörigen
Dr. Anja SeiffertSozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg
Carsten Pietsch M.A.Sozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg
Dipl.-Pol. Rüdiger FiebigSozialwissenschaftliches Institutder Bundeswehr, Strausberg
Das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr
(SWInstBw) betreibt im Auftrag des Bundesministeri-
ums der Verteidigung streitkräftebezogene empirische
Sozialforschung. In diesem Rahmen ermitteln die
Forschungsschwerpunkte „Einstellungsforschung und
Meinungsumfragen“ sowie „Sozialwissenschaftliche
Begleitung der Auslandseinsätze“ kontinuierlich das
Meinungsbild der Bundeswehrangehörigen.
Die Frage nach der Motivation von Bundeswehrangehörigen
ist eines der Kernthemen der militärsoziologischen Forschung
am SWInstBw, das sowohl eine hohe militärpraktische als auch
wissenschaftliche Relevanz hat. Motivation und Zufrieden heit
spielen für die Einsatzbereitschaft und Leistungs fähigkeit eine
herausragende Rolle. So trägt eine hohe Motivation dazu bei,
dass Soldatinnen und Soldaten in den Einsätzen der Bundes-
wehr bereit sind, auch existenziellen Gefahren standzuhalten.
Sowohl in den jährlichen Streitkräfte- und Bundeswehr-
befragungen des SWInstBw als auch in den seit 1998 durch-
geführten Befragungen von Soldatinnen und Soldaten in
Einsätzen der Bundeswehr werden regelmäßig Indikatoren
der Motivation, des beruflichen Selbstverständnisses sowie
der Berufs- und Dienstzufriedenheit repräsentativ erhoben.
Das Design der Befragungen mit umfangreichen Stichproben-
größen ermöglicht es, Strukturen und Determinanten von
Motivation und Dienstzufriedenheit über alle Dienst grad-
und Statusgruppen hinweg vergleichend zu analysieren. So
lässt sich beispielsweise feststellen, welche Faktoren bei
Soldatinnen und Soldaten die Bereitschaft erhöhen, die
Abb. 1: Zwei Mitarbeiter (r.) des SWInstBw befragen einen Soldaten in Afghanistan
Abb. 2: Soldaten der Bundeswehr im Gespräch mit einem afghanischen Sprachmittler
Abb. 4: Ergebnisse der Streitkräftebefragung 2009
88 89
Belastungen und Gefahren eines Einsatzes auf sich zu neh-
men, welche Aspekte die soldatische Motivation befördern
oder aber welche Einflüsse demotivierend wirken.
Im Rahmen der Studie „Sozialwissenschaftliche Begleitung
des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan – ISAF 2010“
führte das SWInstBw im Laufe des Jahres 2010 repräsentative
Befragungen der Angehörigen des 22. Kontingents vor, im
und nach ihrem Einsatz durch. Dabei wurden die Soldatinnen
und Soldaten auch zu ihrer Einsatzmotivation befragt. Die
Daten der Vorbefragung zeigen, dass die Soldatinnen und
Soldaten insgesamt eine hohe Einsatzbereitschaft und Moti-
vation aufweisen. Die Mehrzahl des Kontingents hat sich frei-
willig für den Einsatz gemeldet und ist stolz, Ange hörige des
Kontingents zu sein. Wesentliche Gründe für die freiwillige
Einsatzteilnahme stellen die gute Kameradschaft im Einsatz,
der Sinn des Auftrages und die Aussicht auf Zusammenarbeit
mit anderen Nationen dar. Finanzielle Überlegungen sind für
die Befragten zwar nicht unwesentlich, sie alleine reichen als
Motivationsquelle jedoch nicht aus.
Dieser Befund bestätigt Ergebnisse von Vorgängerunter-
suchungen des SWInstBW in Auslandseinsätzen der Bundes-
wehr, wonach finanzielle Aspekte lediglich ein Anreiz sind
für die Bereitschaft in einen Einsatz zu gehen, aber weniger
als Motivationsquelle dienen.
Neben den Befragungen von Soldatinnen und Soldaten im
Afghanistaneinsatz wurden zudem in einer aktuellen Be-
fragung von Angehörigen der Territorialen Wehrverwaltung
10.000 Beschäftigte zu ihrer Dienstzufriedenheit und Motiva-
tion für einen Auslandseinsatz befragt. Diese sehen in einem
Auslandseinsatz vor allem die Chance, wertvolle Erfahrungen
zu sammeln. Auch der finanzielle Anreiz spielt eine Rolle.
Gegen einen Einsatz sprechen nach Meinung der Beschäftig-
ten vor allem eine mögliche Gefährdung sowie die Trennung
von Partner und Familie.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist auch für die Sol-
datinnen und Soldaten der Bundeswehr ein wichtiges Thema.
Die Streitkräftebefragung 2009 identifizierte diesen Aspekt
als entscheidenden Faktor für die Dienstzufriedenheit der Be-
fragten, und auch in den Einsatzbefragungen kristallisiert sich
die Trennung von der Familie als ein zentraler Aspekt für die
Einsatzbereitschaft heraus.
Abb. 3: Ergebnisse der Bundeswehrbefragung 2010 in der Territorialen Wehrverwaltung
119191
4 Geowissenschaftliche Forschung
Forschungsaktivitäten 2010
Die Überwachung der Naturausstattung – ein Beitrag zum naturrechtskonformen Betrieb von militärischen Übungsplätzen
Dipl.-Lök. Wilfried GrootenAmt für Geoinformationswesender Bundeswehr, Euskirchen
Dipl.-Geogr. Hanspeter MußlerAmt für Geoinformationswesender Bundeswehr, Euskirchen
Die Erfassung und Bewertung der Naturausstattung auf
Übungsplätzen ist eine Voraussetzung für den Betrieb der
für Ausbildung und Einsatzvorbereitung der Bundeswehr
unerlässlichen Einrichtungen. Die auf GeoInfo-Daten-
gewinnung aufsetzenden Pläne bilden die Grundlage für
ein nachhaltiges Geländemanagement, bei dem die natur-
schutzrechtlichen Vorgaben der EU, des Bundes und der
Länder nachweislich eingehalten werden.
Für die militärische Ausbildung sind Truppen- und Stand ort-
übungsplätze unentbehrlich, da sie einen realistischen Übungs -
raum mit möglichst vielen Landschaftsstrukturen darstellen.
Nur hier ist es möglich, durch Ausbildung, Üben und Schießen
die wesentlichen Fähigkeiten für die Erfüllung des Auftrags
im Einsatz zu erwerben.
Die Übungsplätze unterliegen dabei als Teil des Staatsgebiets
den für Natur-, Landschafts- und Artenschutz geltenden Ge-
setzen. Der hohe Wert der Übungsplätze für den Naturschutz
besteht dabei anerkanntermaßen überwiegend nicht trotz,
sondern gerade wegen der militärischen Nutzung und zeigt
sich insbesondere durch das großflächige Vorhandensein
gefährdeter Biotope /Lebensraumtypen und die Vielzahl ge-
schützter Arten, die oftmals nur noch auf militärischen
Übungsplatzen anzutreffen sind.
Der besonderen Bedeutung der Übungsplätze für den Biotop-
und Artenschutz als Folge der jahrzehntelangen spezifischen
Nutzung wird in Richtlinien, Erlassen und Weisungen der
Bundeswehr Rechnung getragen, die den gesetzlichen Auf-
Abb. 1: Sperrgebiet TrÜbPl Baumholder Abb. 2: Biotoptyp Moorsee
92 93
lagen zum Boden-, Wasser-, Biotop- und Artenschutz ent-
sprechen (EU, Bund, Land). Freiwillige Selbstbindungen
der Bundeswehr kommen hinzu. Diese sind u. a. in der
Richtlinie zur nachhaltigen Nutzung von Übungsplätzen
in Deutschland dargelegt.
Das Einhalten derartiger Ziele setzt eine dezidierte Erfas-
sung und Bewertung der Naturausstattung voraus. Diese
Aufgabe wird durch Experten des Geoinformationsdienstes
der Bundeswehr wahrgenommen, die dabei auf eine lang-
jährig auf gebaute Fachexpertise zurückgreifen können.
Mit den flächendeckenden Biotopkartierungen werden die
not wendigen Arbeitsgrundlagen für eine bestimmungsge-
mäße militä rische Nutzung und ein ökologisch orientiertes
Gelände mana gement geschaffen.
Im Mittelpunkt des Ressortforschungsinteresses stehen dabei
die Verfahren zur Identifizierung und Kartierung von Biotopen
und Lebensraumtypen (LRT) sowie ausgewählter Arten
(Flora und Fauna). Diese Erfassungen stellen eine wesentliche
Grundlage für Benutzungs- und Bodenbedeckungspläne
(BB-Pläne) dar. Aus den BB-Plänen werden anschließend die
Maßnahmen-, Pflege- und Entwicklungspläne (MPE-Pläne)
abgeleitet.
Die Entwicklung einer dem Auftrag entsprechenden
Biotopkartierungsanleitung für Bundeswehrliegenschaften
(BKBu) wurde 2009 abgeschlossen und seitdem auf Übungs-
plätzen eingesetzt. Hierbei werden alle Biotoptypen und LRT
flächendeckend erfasst und bewertet. Die Ergebnisse der
landschaftsökologischen Freiland erhebungen werden mittels
Geo infor mationssystemen (GIS) zusammengeführt.
Derzeit sind ca. 60 % der militärischen Übungsfläche in
Deutschland als Fauna-Flora-Habitat- (FFH) und /oder Vogel-
schutzgebiet gemeldet. Da die Bundesländer für Naturschutz
und Landschaftspflege zuständig sind, werden seit 2004 suk-
zessive Vereinbarungen über den Schutz von Natur und Land-
schaft auf militärischen Übungsplätzen zwischen dem Bund
und den Ländern ab geschlossen. Die naturschutzfachlichen
Erhebungen für BB-Pläne bilden somit auch die Grundlage
für die gemäß der EU-Richtlinien zu erstellenden Manage-
mentpläne.
Die Erfassung der FFH-LRT, Tier- und Pflanzenarten und
die Kriterien zur Ermittlung des Erhaltungszustandes richten
sich dabei nach den Standards der jeweiligen Bundesländer.
In Abhängigkeit von der Zielkonzeption für das jeweilige
NATURA 2000 Gebiet und der militärischen Zweckbestim-
mung des Übungsplatzes werden für die erfassten LRT
und Arten Maßnahmenempfehlungen formuliert, die als Basis
für den späteren MPE-Plan dienen. Im Rahmen der Bestands-
überwachung (Bestandsmonitoring) werden Entwicklungen
zukünftig regelmäßig dokumentiert und Dauerbeobachtungs-
flächen zur Effizienzkontrolle der durchgeführten Pflegemaß-
nahmen angelegt. Die Optimierung der eingesetzten Verfahren
zur GeoInfo-Datengewinnung und eine integrierte Durch-
führung der Effizienzkontrolle sind die Schwerpunkte der
diesbezüg lichen geowissenschaftlichen Forschungs- und
Entwicklungs arbeiten.
Abb. 3: Lebensraumtyp 4030 Trockene Europäische Heide Abb. 4: TrÜbPl Jägerbrück – Biotoptypenkarte
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5 Anhang
Adressen und Kontakte
Bundesministerium der VerteidigungPostfach 13 28 53003 Bonn Internet: www.bmvg.de
Hauptabteilung Rüstung – Rü IV 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 42 57 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 16 90 EMail: [email protected]
Abteilung Modernisierung – M II / IT 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 92 50 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 74 14 EMail: [email protected]
Führungsstab der Streitkräfte – Fü S I 3 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 97 10 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 14 85 EMail: [email protected]
Führungsstab der Streitkräfte – Fü S I 4 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 97 68 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 68 13 EMail: [email protected]
Führungsstab der Streitkräfte – Fü S II 6 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 90 30 Fax: +49 (0) 228 / 99 24 63 64 EMail: [email protected]
Führungsstab der Streitkräfte – Fü S / UniBw Tel.: +49 (0) 30 / 20 04 24 46Fax: +49 (0) 30 / 20 04 23 27EMail: [email protected]
Führungsstab der Luftwaffe – Fü L II 1 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 46 80Fax: +49 (0) 228 / 99 24 65 73EMail: [email protected]
Führungsstab der Marine – Fü M II 2 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 47 39Fax: +49 (0) 228 / 99 24 50 03EMail: [email protected]
Führungsstab des Sanitätsdienstes – Fü San I 1 Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 62 33Fax: +49 (0) 228 / 99 24 75 46EMail: [email protected]
Abteilung Personal, Sozial und Zentralangelegenheiten – PSZ III 6 (Referat Wehrpsychologie/Militärpsychologie)Tel.: +49 (0) 228 / 99 24 74 05Fax: +49 (0) 228 / 99 24 13 35EMail: [email protected]
Wehrtechnische Dienststelle für Kraftfahrzeuge und Panzer (WTD 41) Kolonnenweg 54296 Trier Grüneberg Tel.: +49 (0) 651 / 91 29 0 Fax: +49 (0) 651 / 91 29 26 00 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd41
Wehrtechnische Dienststelle für Pionier und Truppengerät (WTD 51) Universitätsstraße 5 56070 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 4 00 17 01 Fax: +49 (0) 261 / 4 00 18 57 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd51
Wehrtechnische Dienststelle für Schutz und Sondertechnik (WTD 52) Oberjettenberg 83458 Schneizlreuth Tel.: +49 (0) 86 51 / 79 0 Fax: +49 (0) 86 51 / 16 00 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd52
Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge – Musterprüfwesen für Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) Flugplatz 85077 Manching Tel.: +49 (0) 84 59 / 80 1 Fax: +49 (0) 84 59 / 80 20 22 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd61
Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen,Maritime Technologie und Forschung(WTD 71) Berliner Straße 115 24340 Eckernförde Tel.: +49 (0) 43 51 / 467 0 Fax: +49 (0) 43 51 / 467 15 0 EMail: [email protected]: www.bwb.org/wtd71
Forschungsbereich für Wasserschall und Geophysik (FWG) der WTD 71Berliner Straße 115 24340 Eckernförde Tel.: +49 (0) 431 / 607 0 Fax: +49 (0) 431 / 607 41 50 EMail: WTD71F&[email protected] Internet: www.bwb.org/wtd71
Bundesamt für Informationsmanagement und Informationstechnik der Bundeswehr (ITAmtBw) Postfach 30 01 53 56057 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 400 0 Fax: +49 (0) 261 / 400 44 05 EMail: IT[email protected] Internet: www.itamtbw.de
Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung (BWB) Postfach 30 01 65 56057 Koblenz Tel.: +49 (0) 261 / 400 0 Fax: +49 (0) 261 / 400 38 66 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org
HelmutSchmidtUniversität /Universität der Bundeswehr HamburgPostfach 70 08 2222008 HamburgTel.: +49 (0) 40 / 65 41 1 Fax: +49 (0) 40 / 65 41 28 69 EMail: pressestelle@hsuhh.deInternet: www.hsuhh.de
Universität der Bundeswehr MünchenWerner HeisenbergWeg 3985577 NeubibergTel.: +49 (0) 89 / 60 04 0 Fax: +49 (0) 89 / 60 04 35 60 EMail: [email protected]: www.unibw.de
Wehrtechnische Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik (WTD 81) Kalvarienberg 91171 Greding Tel.: +49 (0) 84 63 / 65 20 Fax: +49 (0) 84 63 / 65 26 07 707 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd81
Wehrtechnische Dienststelle für Waffen und Munition (WTD 91) Am Schießplatz 49716 Meppen Tel.: +49 (0) 59 31 / 43 0 Fax: +49 (0) 59 31 / 43 20 91 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wtd91
Wehrwissenschaftliches Institut für Schutztechnologien – ABCSchutz (WIS) Postfach 11 42 29623 Munster Tel.: +49 (0) 51 92 / 136 201 Fax: +49 (0) 51 92 / 136 355 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wis
Wehrwissenschaftliches Institut für Werk und Betriebsstoffe (WIWeB) Postfach 14 32 85424 Erding Tel.: +49 (0) 81 22 / 95 90 0 Fax: +49 (0) 81 22 / 95 90 39 02 EMail: [email protected] Internet: www.bwb.org/wiweb
96 97
Amt für Geoinformationswesender BundeswehrFrauenberger Straße 25053879 EuskirchenTel.: + 49 (0) 22 51 / 953 0Fax: + 49 (0) 22 51 / 953 50 55EMail: [email protected]
MilitärgeschichtlichesForschungsamtZeppelinstr. 127/12814471 PotsdamTel.: +49 (0) 331 / 97 14 501Fax: +49 (0) 331 / 97 14 507EMail: [email protected]: www.mgfa.de
Sozialwissenschaftliches Institutder BundeswehrPrötzeler Chaussee 2015344 StrausbergTel.: +49 (0) 33 41 / 58 18 00Fax: +49 (0) 33 41 / 58 18 02EMail:[email protected]: www.sowi.bundeswehr.de
Institut für den Medizinischen Arbeits und Umweltschutz der BundeswehrScharnhorststr. 1310115 BerlinTel.: +49 (0) 30 / 28 41 25 01Fax: +49 (0) 30 / 28 41 25 03EMail: [email protected]
Institut für Mikrobiologieder BundeswehrNeuherbergstr. 1180937 MünchenTel.: + 49 (0) 89 / 31 68 39 82Fax: + 49 (0) 89 / 31 68 39 83EMail: [email protected]
Institut für Pharmakologie und Toxikologie der BundeswehrNeuherbergstr.1180937 MünchenTel.: +49 (0) 89 / 31 68 29 25Fax: +49 (0) 89 / 31 68 23 33EMail:[email protected]
Institut für Radiobiologieder Bundeswehr in Verbindung mit der Universität UlmNeuherbergstr. 1180937 MünchenTel.: + 49 (0) 89 / 31 68 22 51Fax: + 49 (0) 89 / 31 68 22 55EMail: [email protected]
Flugmedizinisches Institutder LuftwaffePostfach 1264 / KFL82242 FürstenfeldbruckTel.: + 49 (0) 81 41 / 53 60 20 00Fax: + 49 (0) 81 41 / 53 60 29 99EMail: [email protected]
Schifffahrtmedizinsches Institutder MarineKopperpahler Allee 12024119 KronshagenTel.: + 49 (0) 431 / 54 09 17 00Fax: + 49 (0) 431 / 54 09 17 78EMail: [email protected]: www.marine.de
Zentrales Institut des Sanitätsdienstes der Bundeswehr KoblenzLaborabteilung IV – Wehrmedizinische Ergonomie und Leistungsphysiologie –Andernacher Straße 10056070 KoblenzTel.: + 49 (0) 261 / 896 74 04Fax: + 49 (0) 261 / 896 74 09EMail: [email protected]: www.sanitaetsdienstbundeswehr.de
DeutschFranzösisches Forschungsinstitut SaintLouis
Postfach 126079547 Weil am Rhein
5, rue du Général Cassagnou F68300 SaintLouisTel.: + 33 (0) 389 / 69 50 00 Fax: + 33 (0) 389 / 69 50 02
EMail: [email protected] Internet: www.isl.eu
Militärhistorisches Museum der BundeswehrOlbrichtplatz 201099 DresdenTel.: +49 (0) 351 / 823 28 03 Fax: +49 (0) 351 / 823 28 05EMail: [email protected]
98
FraunhoferVerbund Verteidigungs und Sicherheitsforschung VVS Eckerstraße 4 79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 351 Fax: +49 (0) 761 / 27 14 400 EMail: [email protected] Internet: www.vvs.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Kurzzeitdynamik ErnstMachInstitut, EMI Eckerstraße 4 79104 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 27 14 351 Fax: +49 (0) 761 / 27 14 400 EMail: [email protected] Internet: www.emi.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik FHRNeuenahrer Str. 20 53343 Wachtberg Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 227 Fax: +49 (0) 228 / 94 35 627 EMail: [email protected]: www.fhr.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Kommunikation, Informationsverarbeitung und Ergonomie FKIENeuenahrer Str. 20 53343 Wachtberg Tel.: +49 (0) 228 / 94 35 219 Fax: +49 (0) 228 / 94 35 685 EMail: [email protected]: www.fkie.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Angewandte Festkörperphysik IAF Tullastraße 72 79108 Freiburg Tel.: +49 (0) 761 / 51 59 458 Fax: +49 (0) 761 / 51 59 714 58 EMail: [email protected] Internet: www.iaf.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Chemische Technologie ICT JosephvonFraunhoferStraße 7 76327 Pfinztal Tel.: +49 (0) 721 / 46 40 401 Fax: +49 (0) 721 / 46 40 442 EMail: [email protected] Internet: www.ict.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für NaturwissenschaftlichTechnische Trendanalysen INT Postfach 14 91 53864 Euskirchen Tel.: +49 (0) 22 51 / 18 0 Fax: +49 (0) 22 51 / 18 277 EMail: [email protected] Internet: www.int.fraunhofer.de
FraunhoferInstitut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB
Standort KarlsruheFraunhoferstraße 176131 KarlsruheTel.: +49 (0) 721 / 60 91 210Fax: +49 (0) 721 / 60 91 413 Standort EttlingenGutleuthausstraße 176275 EttlingenTel.: +49 (0) 7243 / 992 131Fax: +49 (0) 7243 / 992 299
EMail: [email protected]: www.iosb.fraunhofer.de
99Adressen und Kontakte
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt DLRLinder Höhe51147 KölnTel.: +49 (0) 2203 / 601 21 16Fax: +49 (0) 2203 / 601 32 49EMail: info[email protected]: www.dlr.de
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt, Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme DLR IHR 82234 WeßlingTel.: +49 (0) 81 53 / 28 23 05 Fax: +49 (0) 81 52 / 28 11 35 EMail: [email protected] Internet: www.dlr.de/hr
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt, Institut für Technische Physik DLR ITPPfaffenwaldring 384070569 StuttgartTel.: +49 (0) 771 / 68 62 302Fax: +49 (0) 771 / 68 62 788EMail: [email protected] Internet: www.dlr.de/tp
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt, Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik DLR IAS
Standort BraunschweigLilienthalplatz 738108 BraunschweigTel.: +49 (0) 531 / 295 24 00Fax: +49 (0) 531 / 295 23 20EMail: [email protected]
Standort GöttingenBunsenstraße 1037073 Göttingen Tel.: +49 (0) 551 / 709 2177Fax: +49 (0) 551 / 709 – 2889EMail: [email protected]
Internet: www.dlr.de/as
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt, Institut für Flugsystemtechnik DLR FTLilienthalplatz 738108 BraunschweigTel.: +49 (0) 531 / 295 26 00Fax: +49 (0) 531 / 295 28 64EMail: [email protected]: www.dlr.de/ft
Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt, Institut für Luft und RaumfahrtmedizinDLR MELinder Höhe51147 KölnTel.: +49 (0) 22 03 / 601 35 24Fax: +49 (0) 22 03 / 69 62 12EMail: [email protected]: www.dlr.de/me
100Adressen und Kontakte
HERAUSGEBERBundesministerium der VerteidigungUnterabteilung Rü IVFontainengraben 15053123 Bonn
GESTALTUNG UND REALISATIONKonzeptbüro Schneider, Erftstadt
INHALTLICHE BETREUUNGFraunhofer INT, Euskirchen
DRUCKWarlich Druck Meckenheim GmbH, Meckenheim
STANDMärz 2011
FOTOSAmt für Geoinformationswesen der Bundeswehr, EuskirchenArchitekt Daniel Libeskind AG, ZürichArtillerieschule IdarOberstein Britisch Institute of Radiobiology, LondonBundesministerium der Verteidigung, BonnChristianAlbrechtsUniversität, KielDLR, Institut für Aerodynamik und Strömungstechnik, BraunschweigDLR, Institut für Flugsystemtechnik, BraunschweigDLR, Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme, WeßlingDLR, Institut für Luft und RaumfahrtMedizin, KölnDLR, Institut für Technische Physik, Stuttgart/LampoldshausenDr. Alexander Witzki/BundeswehrDr. Krusche & Partner PartG Fa. Atlas ElektronikFliedner TM, Friesecke I, Beyrer K (eds) 2001, Medical Management of Radiation Accidents: Manual on the Acute Radiation Syndrome, British Institute of Radiobiology, London Flugmedizinisches Institut der Luftwaffe, FürstenfeldbruckFraunhofer EMI, Freiburg i. Br.Fraunhofer FHR, WachtbergFraunhofer FKIE, WachtbergFraunhofer IAF, Freiburg i. Br.Fraunhofer ICT, PfinztalFraunhofer INT, EuskirchenFraunhofer IOSB, Karlsruhe, EttlingenHelmutSchmidtUniversität / Universität der Bundeswehr HamburgInstitut für Mikrobiologie der Bundeswehr, MünchenInstitut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr, MünchenInstitut für Radiobiologie der Bundeswehr, MünchenISL, SaintLouisITAmtBw, KoblenzMilitärhistorisches Museum der Bundeswehr, DresdenPIZLw Multimedia, KölnRheinmetall Defence Electronics GmbH, Bremen Schifffahrtmedizinisches Institut der Marine, KielSKA – Mediendatenbank der BundeswehrSozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr, StrausbergUniversität der Bundeswehr MünchenWIS, MunsterWIWeB, ErdingWTD 52, OberjettenbergWTD 71, EckernfördeWTD 81, GredingZInstSanBw, Koblenz
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