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ECONOMY Eine Sonderveröffentlichung der visAvis Verlagsgesellschaft mbH im Handelsblatt Bildquelle: © Kalle Kolodziej - fotolia.com ( Un ) rUhestand Der Streit um eine bessere Versorgung im Alter ist im vollen Gange Altersvorsorge www.visavis.de · Februar 2015 Werte transportieren Mehr denn je hinterfragen  Verbraucher Produkte und  Dienstleister Nachhaltigkeit Zukunftssicher unterwegs Im nationalen wie internationalen  Wettbewerb bedarf es  vorausschauender Planung Logistik Alternative Anlagestrategien Investment Mit neuen Assetklassen und einem  breitgestreuten Portfolio können  bessere Renditen erlangt werden

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Werte transportierenMehr denn je hinterfragen Verbraucher Produkte und Dienstleister

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Zukunftssicher unterwegsIm nationalen wie internationalen Wettbewerb bedarf es vorausschauender Planung

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Das Geheimnis des Erfolges ist die Beständigkeit des Ziels. In diesem Bewusstsein begehen wir 2015 mit VISAVIS Economy unser 20-jähriges Jubiläum als Part-ner der Wirtschaft. Mit über 1.000 realisierten Repor-tagen, Interviews und Fachbeiträgen haben wir Trends der Wirtschaft aufgezeigt und unterstützt. Daher möch-ten wir uns zunächst einmal bei unseren Lesern und Partnern für das Interesse und die Treue bedanken und hoffen auf weitere 20 Jahre, in denen wir Ihnen neue und interessante Themen vorstellen und näher bringen können.

Diese Beständigkeit wünscht sich manch einer auch von der Rente, denn diese ist nicht so sicher wie noch vor knapp 30 Jahren behauptet wurde. In unse-rer Titelreportage beleuchtet unser Fachautor Dietmar Braun den aktuellen Diskurs über die Zukunft der be-triebliche Altersvorsorge. Dabei geht er besonders auf das umstrittene Modell einer Zwangsrente ein, mit der die Bundesregierung die bessere Verbreitung der bAV herbeiführen möchte. Damit trifft sie jedoch auf mas-siven Widerstand in der Versicherungsbranche.

In unserer neuen Rubrik „VISAVIS stellt vor“ ge-ben wir in dieser Ausgabe dem Bundesverband der Sachverständigen des Versicherungswesens die Gele-genheit, sich und seine Arbeitsschwerpunkte detail-liert darzustellen.

Nachhaltigkeit ist 2015 nach wie vor ein wichtiges Thema, welches alle Gesellschaftsschichten und Un-ternehmen beschäftigt. Dabei gilt es, vor allem zwischen echter Nachhaltigkeit und Greenwashing zu unterschei-den, weiß Autor Chris Löwer.

Deutschland legt im Bereich Logistik weiterhin gu-te Zahlen vor, gleichzeitig deutet sich allmählich ein Wandel an. Transportoptimierer werden zu Impulsge-bern, so unsere Fachautorin Karin Walter. Der Grund dafür liegt in veränderten Rahmenbedingungen, deren Chancen es zu erfassen und zu nutzen gilt.

In unserer Reportage zum Thema Customer Care geht unsere Autorin Brigitte Kasper der Frage nach, in-wieweit sich die zunehmende Digitalisierung auf das Verhältnis zwischen Anbieter und Kunde auswirkt und warum das Telefon als alleiniges Bindeglied heutzuta-ge nicht mehr ausreicht.

Unser neuer Autor Josef Kohlmaier stellt in der Re-portage zum Thema Investment verschiedene Möglich-keiten vor, wie Anleger in der Niedrigzinsphase über-haupt noch annehmbare Renditen erzielen können. Die Risiken von Immobilieninvestments und Beteiligungs-kapital stehen hier besonders im Mittelpunkt.

Haben Sie Anregungen oder Kritik zu unsererThemenauswahl oder eigene Themenwünsche? Lassen Sie es uns wissen.

Ihre [email protected]

editorial inhalt

VisaVis stellt vorSachverstand im VersicherungswesenDer 2014 neu gegründete Bundesverband der Sach- verständigen für das Versicherungswesen bietet Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen die Möglichkeit, ihre Versicherungsrisiken neutral prüfen zu lassen. Seite 3

Nachhaltigkeit

Verantwortung zeigenTue Gutes und rede darüber – diese einfache Maxime beherzigen viele Unternehmen noch nicht zur Gänze. Denn immer öfter verlangen Kunden und Partner nach transparenten Berichten von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit und CSR. Seite 4LogistikPassgenaue PlanungDeutschland ist weiterhin Logistikstandort Nummer Eins in Europa. Die Branche freut sich über wach-sende Aufträge, gleichzeitig muss sie sich aber auch den vielfältigen Veränderungen stellen, die mit veränderten Produktionsketten und Bedingungen einhergehen. Seite 6Customer CareKundendienst 2.0Solide Beratung rund um die Uhr auf allen Kanälen: Neben Telefon und Telefax als altbewährten Kommuni kationsmitteln bieten E-Mail, App und Soziale Netzwerke vielfältige Wege der Interaktion. Seite 9

Betriebliche altersvorsorgeDer Streit um die beste BetriebsrenteWird meine Rente später reichen, um meinen gewohnten Lebenstandard zu sichern? Eine Frage die uns alle bewegt, bewegen sollte. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, mit welchem Modell der Betriebsrente in Zukunft besser als bislang vorgesorgt werden kann. Seite 11

investmentDiversifikation und WeitsichtDer niedrige Zinzsatz frustiert viele Sparer und Anleger. Wer langfristig investieren möchte, findet in Aktien, Immobilienanlagen und Private Equity interessante Alternativen zu bisherigen Strategien der Kapitalanlage und Vermögungsverwaltung. Seite 17

impressum Ver­lag:­visAvis­Ver­lags­GmbH,­Endenicher­Straße­282,­53121­Bonn;­Tel.:­0228­/ 33­88­34-­0,­Fax:­02­28­/ 33­88­34­-­10,­Va­nity:­07000 / visavis,­E-Mail:­[email protected],­Web:­www.visavis.de;­

Ge­­schäfts­füh­rer:­Walter­Metzinger;­Verlagsleiter:­Stefan­Jendrusch­von­Schnakenburg;­Schlussredaktion:­Britta­Müller­und­Markus­Heinen;­V.i.S.d.P.­redaktionelle­Inhalte:­Britta­Müller,­[email protected];­Themen-­und­Projektleitung:­Dieter­Breitbach,­Markus­Heinen,­Katrin­Limani,­Britta­Müller,­Stefan­Jendrusch­von­Schnakenburg,­Meline­Stemmler;­Art-Director:­Markus­Heinen;­Layout:­Rolf­Claus;­Bildmaterial:­pixelio.de,­fotolia.com­und­nach­Angabe;­Druckauflage:­120.000­Exemplare,­Vollbelegung­im­Handelsblatt;­ISSN:­0942-8615

Inhalte­von­Unternehmens-­und­Produktporträts,­Interviews,­Gastbeiträgen­sowie­Advertorials­und­Anzeigen­geben­die­Meinung­der­beteiligten­Unternehmen­wieder.­Die­Redaktion­ist­für­die­Richtigkeit­der­Beiträge­nicht­verantwortlich.­Die­rechtliche­Haftung­liegt­bei­den­jeweiligen­Unternehmen.

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Diese Ausgabe der VISAVIS Economy widmen wir im stillen Gedenken Hans Beth.

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Der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) e.V. ist ein Zu-

sammenschluss von Spezialisten des Versicherungswesens, der eine neu-trale gutachterliche Bewertung von Versicherungsbeständen, Versiche-rungsleistungen, Versicherungsschä-den sowie Versicherungsprämien ermöglicht und dabei auf einen viel-schichtigen Markt trifft. So berich-tet der Mitbegründer und 1. Vorsit-zende Andreas Schwarz: „Bereits wenige Monate nach Gründung des Bundesverbandes hatten wir zahl-reiche Anfragen unterschiedlich ster Marktteilnehmer. Dabei sind die Auftraggeber ebenso unterschied-lich wie deren Motive.“

Städte und Gemeinden beispiels-weise fordern die Unterstützung der Sachverständigen an, weil die inhalt-liche Überprüfung der Versicherungs-bestände in der Regel nicht Gegen-stand der von Landesrechnungshöfen durchgeführten Kontrollen und gesetz-lichen Prüfungen ist. Auf dem Prüf-stand steht – wenn überhaupt – in ers-ter Linie der Aspekt der Wirtschaft-lichkeit, nicht aber die Aktualität des vorhandenen Versicherungsbestandes. „In vielen Städten und Gemeinden sind Versicherungsverträge vollkommen veraltet und teilweise mit antiquierten Bedingungen unterlegt“, gibt Joachim Schlimpert, 2. Vorsitzender und eben-falls Mitbegründer des Verbands, zu bedenken. Das weiß der öffentlich be-stellte Gutachter und Wirtschaftsprü-fer aus jahrzehntelanger Erfahrung. „Überraschenderweise stellen wir zu-dem in Gesprächen immer wieder fest, dass die meisten Verantwortlichen in den Kommunalverwaltungen keine (oder nur wenig) Kenntnis über ein entsprechendes Risikomanagement und das Haftungsrisiko für getroffene Entscheidungen haben.“ Hier kommt der Begriff der „Durchgriffshaftung“ ins Spiel: Diese führt im schlimmsten

Fall zum Zugriff auf das Privatvermö-gen zeichnungsberechtigter Funktions-träger wie Bürgermeister und Ge-schäftsführer. Die Gutachten des BVSV e.V. können für die Verantwortlichen eine erhebliche Entlastung bedeuten.

Auf großes Interesse stößt der Verband der Sachverständigen für das Versicherungswesen ebenso bei Wirtschaftsprüfern. Joachim Schlim-pert erklärt dazu: „Wirtschaftsprü-fer schließen in ihren gesetzlichen Abschlussprüfungen üblicherweise die Beurteilung der Angemessenheit und Stimmigkeit des Versicherungs-schutzes eines Unternehmens aus und weisen in den von ihnen erstell-ten Berichten auch ausdrücklich da-rauf hin.“ Die Arbeit der Sachver-ständigen des BVSV bildet also nicht

nur eine wichtige Grundlage, son-dern stellt zugleich eine wertvolle Ergänzung für die Risikoeinschät-zung des Wirtschaftsprüfers dar.

Auch Steuerberaterkanzleien profitieren von der Zusammenarbeit mit dem Bundesverband: Besonders im Hinblick auf die Haftungsfallen einer betrieblichen Altersversorgung stoßen sie häufig an versicherungs-technische und versicherungsmathe-matische Wissensgrenzen. Komplet-te Versorgungsordnungen für die Be-triebsrente sind aufgrund der Moder-nisierung des Bilanzrechts, des Nied-rigzinsumfeldes im Kapitalmarkt und der erheblichen Veränderungen in der Versicherungslandschaft in weiten Tei-len sanierungsbedürftig.

Steuerberater können für die Fol-

gen einer mangelhaft installierten Ver-sorgungsordnung vollumfänglich haf-ten, wenn sie bei der vertraglichen Gestaltung als Berater beteiligt wa-ren. Mit der Beauftragung eines Sach-verständigen des BVSV e.V. ergibt sich hier für den Steuerberater eine Mög-lichkeit, die Risiken aus den beste-henden Verträgen seines Mandanten aufzuzeigen und neutral zu bewer-ten. Falls notwendig und gewünscht, kann zusammen mit Partnern aus dem Netzwerk des BVSV e.V. eine recht-lich einwandfreie Lösung zur Sanie-rung der bestehenden Versorgungs-ordnung erst gemeinsam erarbeitet und deren Umsetzung anschließend begleitet werden.

„Weitere Anfragen kommen bei-spielsweise von Versicherungsgesell-schaften, Interessensverbänden und aus dem Rechtsbereich“, so der Ge-schäftsführer des Verbandes, Michael Wendel. „Die Motive hierbei sind völ-lig unterschiedlich, aber nicht weni-ger interessant für unser Sachverstän-digenteam, das derzeit fast wöchent-lich mit zusätzlichen Spezialisten er-weitert wird.“

Im Rahmen seines Auftrages hat der BVSV e.V. ein eigenes Be-rufsbild erschaffen: den „Sachver-ständigen für das Versicherungswe-sen“. In einer hauseigenen Akade-mie, der BVSV Seminargesellschaft mbH, durchlaufen je 25 Anwärter die insgesamt 8 Module umfassen-de, anspruchsvolle Ausbildung zum Sachverständigen für das Versiche-rungswesen. Aktuell startet gerade ein weiterer Ausbildungsblock, der im halbjährlichen Rhythmus ange-boten wird.

Die Ausbildung sichert den ho-hen Anspruch, der an öffentlich be-stellte und vereidigte Sachverstän-dige gestellt wird. Der Antrag für die öffentliche Bestellung liegt der zuständigen IHK vor und es ist da-von auszugehen, dass dem Antrag aufgrund der nachweislichen Be-darfssituation am Markt zeitnah statt-gegeben wird. „Wir haben bereits jetzt für 2015 eine Auftragslage, die kaum zu bewältigen ist“, freut sich Joachim Schlimpert.

Wer sich auf bestimmten Fachge-bieten spezialisieren möchte, findet in dem Ausbildungsgang zum Fach-berater und der anschließenden Wei-terbildung zum Spartensachverstän-digen oder aber in der Ausbildung zum Schadenregulierer ebenfalls in-teressante Optionen, um sich in Be-rufen der Versicherungswirtschaft wei-ter zu entwickeln.

„Fachleute, die die Voraussetzun-gen für die Ausbildung zum Sach-verständigen für das Versicherungs-wesen erfüllen und sich mit unse-rer Unterstützung weiterentwickeln wollen, melden sich am besten on-line über unser Kontaktformular.“ Michael Wendel garantiert eine zeit-nahe Rückmeldung.

Weitere Informationen unter:www.bvsv-bundesverband.de

Sachverstand im VersicherungswesenUnterstützUnGVersicherungs- und Haftungsrisiken überprüfen zu lassen, ist für privatwirtschaftliche Unternehmen wie für öffentliche Einrichtungen und Kommunen nicht nur wichtig im Hinblick auf ein gut funktionierendes Risikomanagement. Es hilft Schwachstellen im Versicherungsumfang aufzudecken und Einsparpotenzial zu erkennen sowie bestehende Verträge daraufhin zu optimieren.

von Andreas schwarz

gutachten Der Bundesverband der Sachverständigen für das Versicherungs-wesen (BVSV) e. V. bewertet neutral Versicherungsbestände, - leistungen und -schäden, erklärt Andreas Schwarz, Mitbegründer und 1. Vorsitzender.

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Jeder vierte Deutsche achtet bei seinem Einkauf auf nachhaltige Produkte. Hersteller, die gegen ökologische, gesellschaftliche und

soziale Standards verstoßen, werden vom Verbraucher abgestraft. Das ver-meintliche Geiz-ist-geil-Paradigma wankt. Stattdessen sind die auf gesun-den und fairen Handel pochenden LO-HAS (Lifestyle of health and sustaina-bility) durchaus geneigt, für Bio- und Fair-Trade-Produkte einen angemes-senen Preis zu zahlen. Es hat sich et-was gewandelt: Lediglich 3 % der Deut-schen haben noch nie von dem Be-griff „Nachhaltigkeit“ gehört. „In den letzten 10 Jahren hat eine regelrechte Nachhaltigkeits-Revolution stattgefun-den und der Sustainability-Aspekt ist bei vielen Unternehmen fest in der CSR-Strategie verankert“, heißt es bei dem Kölner Institut für Nachhaltig-

keit IFH. Nicht nur die Nachfrage nach zertifizierten Lebensmitteln und nach-haltigen Produkten wachse unverän-dert, die Öffentlichkeit frage auch zu-nehmend kritisch nach dem Umgang mit eigenen Mitarbeitern und denen von Zulieferunternehmen. Das be-kommt besonders die Textilbranche zu spüren, die immer stärker wegen untragbarer Produktionsbedingungen bei asiatischen Subunternehmern ins Kreuzfeuer der Kritik geraten ist. Nie-mand kann das ignorieren, weswegen betroffene Unternehmen in der Regel umgehend reagieren. Die Macht der Verbraucher hat zugenommen – nicht zuletzt, weil sie weltweit vernetzt sind und einfacher denn je miteinander kommunizieren können. Aber auch der Kapitalmarkt und Geschäftspart-ner verlangen Verantwortung, die weit über gesetzliche Anforderun-gen hinausgeht. „Die Bedeutung von Nachhaltigkeit auch ökonomisch zu bewerten und darüber zu berichten, das hat in den vergangenen zwei Jahr-zehnten stark zugenommen und da-

bei eine Lenkwirkung entfalten kön-nen“, sagt Prof. Klaus Töpfer, Exeku-tivdirektor des Institute for Advan-ced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam. Fragen rund um Umwelt- und Nachhaltigkeits ökonomie sind, so Töpfer, in den „deutschen Chef-etagen zu einem handlungsleitenden Kriterium“ geworden.

Nirgendwo wird das im Alltag deutlicher als beim Lebensmittelkauf. Der Verbraucher fragt gezielt nach-haltige Produkte nach, fordert deren transparente Kennzeichnung ein, wo-rauf der Handel reagiert hat. Das spie-gelt sich auch in der Verbraucherstu-die des imug Instituts, das im Auf-trag von Rewe die neuen Anforde-rungen der Konsumenten untersucht hat. Allerdings zeigt die Studie auch, dass Themen wie Nachhaltigkeit, Um-weltschutz, Regionalität oder Fair-ness nur noch „ganz selten alleinige Kaufmotive“ sind. Sie sind wichtig, müssen aber mit Qualität unterfüt-tert sein. Was einleuchtet, denn we-nig frisches, fad schmeckendes und

womöglich nicht allzu gesundes Es-sen ist wenig attraktiv.

Um diesen Anforderungen nach-zukommen, werden zuweilen drasti-sche Fehler gemacht oder gar gleich schöngefärbt. Damit schlägt die Stun-de der Greenwasher, die mit CSR-Kos-metik verheerenden Schaden anrich-ten können. Dieser stellt sich oft schnel-ler ein als erwartet, da gut vernetzte Verbraucher und NGOs Ungereimt-heiten, Täuschung und Desinformati-on wirkungsvoller aufdecken und ver-breiten können als noch zu Zeiten oh-ne Social Media. „Im Extremfall führt Greenwashing dazu, dass die Öffent-lichkeit generell das Vertrauen in das verantwortliche Handeln von Unter-nehmen verliert“, sagt Dieter Horst, Experte für Nachhaltigkeit bei Price-waterhouseCoopers (PwC). Die Fol-gen könnten weitreichend sein, denn tatsächlich nachhaltige Produkte könn-ten ebenso in Mitleidenschaft gezogen und vom Verbraucher durch Missach-tung abgestraft werden. Als typische Greenwashing-Strategien, von denen dringend abzuraten ist, gelten unter anderem irreführende Vergleiche, bei denen ein Produkt mit einem weniger umweltfreundlichen verglichen wird, um es in besserem Licht erscheinen zu lassen oder es werden nur einzel-ne ökologische Aspekte hervorgeho-ben, dabei überwiegen die schädlichen. Mitunter fehlen auch Nachweise von unabhängigen Stellen oder es wird gar mit erfundenen Gütesiegeln oder Stu-dien unseriöser Institute hausieren ge-gangen. Nachhaltig wäre, in neue um-weltschonende Technologien und die Weiterqualifizierung von Mitarbeitern zu investieren, ohne vorher abschät-zen zu können, ob sich der Aufwand rechnen wird. Effizienz sollte nicht der

Veränderung Corporate Social Responsibility ist längst nicht mehr ein Nice-to-have-Thema, sondern zählt mehr und mehr zu den Kern-kompetenzen erfolgreicher Unternehmen. Nachhaltigkeit wird von Kunden, Märkten und Stakeholdern verstärkt eingefordert.

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GlaubwürdiGkeit IASS Exekutiv-direktor Prof. Klaus Töpfer sieht Nach- haltigkeit verstärkt unter ökono mischen Gesichtspunkten.

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eigentliche Treiber sein. Gleichwohl ist der Idealfall „Shared Value“, d.h. durch den Beitrag, den Unternehmen für die Gesellschaft und den Erhalt der Umwelt leisten, vergrößern sie auch ihren Erfolg.

Tatsächliche Anstrengungen und greifbare Ergebnisse können in einem Nachhaltigkeitsbericht aufgezeigt wer-den. Aus ihm zu ersehen sind unter anderem das Engagement für fairen Handel und die Allgemeinheit, für we-niger Ressourcenverbrauch, weniger Umweltbelastung sowie Details zum ökologischen Fußabdruck. „Dass ein-mal jährlich Geschäftszahlen und -da-ten publiziert werden, ist für Unter-nehmen selbstverständlich. Aspekte nachhaltigen Handelns regelmäßig zu veröffentlichen, ist hingegen noch re-lativ neu“, sagt Dirk Bensmann, Vor-standsmitglied der AGRAVIS Raiffei-sen AG. Das Grundproblem: Für Nach-haltigkeitsberichte gibt es keine ver-bindlichen Standards. Im Grunde kön-nen sie auch Zeugnisse des Greenwa-shings sein. Daher werden die Berich-te von AGRAVIS oder auch der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesell-schaft) mit äußerster Sorgfalt und Trans-parenz angefertigt. Für den ersten Nach-haltigkeitsbericht der DLG zur Land-wirtschaft in Deutschland wurde ei-

gens mit Wissenschaftlern der Justus-Liebig-Universität Gießen zusammen-gearbeitet, um ein aussagekräftiges Do-kument zu erarbeiten. Zum ersten Mal überhaupt wurde versucht, den Nach-haltigkeitsstatus des ganzen Sektors Landwirtschaft abzubilden. Dies an-hand zentraler Kennzahlen aus den Be-reichen Ökologie, Ökonomie und ge-sellschaftlicher Verantwortung sowie eines aggregierten Nachhaltigkeitsin-dex. Insgesamt wurden 23 Einzelindi-katoren bestimmt, für die verlässliche, gut dokumentierte und lange Zeiträu-me umfassende Statistiken vorliegen. Sie betreffen die Bereiche Umweltver-träglichkeit, ökonomische Effizienz so-wie soziale Akzeptanz. Gleichwohl zeigt der Bericht auch auf, wo noch Hand-lungsbedarf besteht. So funktioniert offenes und ehrliches Reporting. Auch wenn es dafür noch keine verbindli-chen Regeln gibt, helfen Standards, wie sie zum Beispiel die „Global Reporting Initiative“ (GRI) herausgibt. Die vom Umweltprogramm der Vereinten Na-tionen mitgegründete Initiative veröf-fentlicht Leitfäden für Organisationen, die zum ersten Mal einen Nachhaltig-keitsbericht herausgeben möchten, wie auch ausgefeilte Standards für Konzer-ne, die bereits seit Jahren ein entspre-chendes Reporting betreiben.

Dazu gehört dann nicht nur der Blick auf die gesamte Wertschöpfungs-kette, sondern auch die kritische Be-leuchtung der eigenen Unternehmens-praxis. So sind in der ISO 14021:1999 zum Beispiel allgemeine Standards für das Ökomarketing zu finden. Der Standard fordert unter anderem, Wer-beaussagen mit Umweltbezug „akku-rat, überprüfbar und nicht irrefüh-rend“ zu formulieren. Wenn es Un-ternehmen mit der Corporate Social Responsibility ernst meinen, empfeh-len Experten, dafür eine Stabstelle ein-zurichten, bei der die Fäden zusam-menlaufen und die als Kontroll instanz wirkt. Denn oft genug ist mangelnde Abstimmung der Abteilung unterein-ander für Greenwashing verantwort-lich. Etwa wenn die Marketingabtei-lung mit Aussagen wirbt, ohne sich vorher mit der Fachabteilung abzu-stimmen, ob die Fakten tragen. Mehr Koordination und Offenheit – darauf wird es künftig ankommen. Denn das Thema Nachhaltigkeit wird weiter an Bedeutung gewinnen wie auch die kritische Öffentlichkeit immer auf-merksamer werden wird. Wer CSR als Nebenbei-Thema begreift, wird eine Bruchlandung erleben.

[email protected]

Dirk Bensmann, Vorstandsmitglied der AGRAVIS Raiffeisen AG erklärt im Interview mit der VISAVIS-Redaktion, welche Perspek-tiven und Ziele nachhaltiges Handeln in einem der größten deutschen Agrarhandels- und Dienstleistungsunternehmen hat.

Welche konkreten Ergebnisse hat der zweite Nachhaltigkeitsbericht, der 2014 erschienen ist, für die AGRAVIS Raiffeisen-Gruppe gebracht?Der Jahresvergleich der analysierten Parameter zeigt erste Erfolge in unseren Pilotthemen, beispielsweise messbare Ener-gieeinsparungen in den Futtermittelwerken. Wir erhalten auch viele Anregungen durch die neu aufgegriffenen Themen Pfl anzen, Wasser und Logistik. Eine Erkenntnis ist ebenfalls, dass wir es geschafft haben, verlässliche Instrumente für ein Nachhaltig-keitsreporting unternehmensweit zu etablieren. Dass einmal jährlich Geschäfts-zahlen und -daten publiziert werden, ist für Unternehmen selbstverständlich. Aspekte nachhaltigen Handelns regelmäßig zu ver-öffentlichen ist hingegen noch relativ neu. Wir sind in der Lage dazu und legen damit

eine tragfähige Basis für Glaubwürdigkeit und Transparenz in den Themen.

Welches Feedback haben Sie nach Veröffentlichung des zweiten AGRAVIS-Nachhaltigkeitsberichtes bekommen?Die Branche begrüßt, dass wir uns als Handelsunternehmen und Teil der Wert-schöpfungskette diesem Thema intensiv widmen. Zugleich honoriert sie den akti-ven Vorstoß der Agrarbranche hinsichtlich des verantwortungsvollen Umgangs mit Ressourcen und der Präsentation der Ergebnisse gegenüber einer breiten Öffentlichkeit. Die Verlässlichkeit unserer Berichterstattung schafft Vertrauen bei Partnern und Kunden.

Sie beschreiben in dem Bericht den Weg zu einem Nachhaltigkeits-programm, das im Unternehmen etabliert werden soll. Wie sehen die nächsten Schritte dahin aus?Zunächst einmal geht es darum, klare und messbare Ziele zu formulieren. Ein weiterer wichtiger Schritt ist der Ausbau

des Dialogs mit unseren Stakeholdern, also beispielsweise mit Branchenpartnern, Politik, Genossenschaften und Mitarbeitern.

Warum sollten sich die Landwirtschaft sowie die Agrar- und Ernährungsbran-che mit Nachhaltigkeit beschäftigen? Die erforderliche Transparenz sorgt dafür, dass die Dinge, die wir tun, für unser

Umfeld erkennbar und nachvollziehbar werden. Wenn ich etwas verstehe, kann ich Vertrauen aufbauen. Jeder Partner in der Wertschöpfungskette Landwirtschaft kann seinen Teil zu diesem Prozess beitra-gen. Des Weiteren geht es auch um Effi zi-enz. Hier sind die Akteure der Agrar- und Ernährungsbranche dazu aufgefordert, umwelt- und sozialverträgliche Lösungen für eine nachhaltige Produktion zu fi nden.

Welche Ziele müssen in der Agrar-branche aus Ihrer Sicht in Zukunft erreicht werden, um wirklich nach-haltig zu sein?Innerhalb der Wertschöpfungskette Agrar sind wir aufgefordert, Themen der Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden und ein gemeinsames Verständnis zu ent-wickeln. Ernährung und Landwirtschaft werden intensiv und kontrovers diskutiert. Die größte Herausforderung für die Agrarbranche liegt darin, zu zeigen, dass moderne Landwirtschaft mit all ihren Einfl ussfaktoren nachhaltig ist.

Weitere Infos unter: www.agravis.de

VORBILDLICH | Themen der Nachhaltigkeit verbinden

TRAGFÄHIGE BASIS FÜR GLAUBWÜRDIGKEIT

ÜBERZEUGT Transparente Berichte über nachhaltiges Handeln fördern die Ef zienz, so Dirk Bensmann.

IASS2009 wurde das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) als gemeinschaftliche Initiative der Bundesregierung, des Landes Brandenburg und der Forschungsorganisation der Wissenschaftsallianz gegründet, um möglichst alle relevanten Formen des Wissens innerhalb und außerhalb der Wissenschaft zu-sammenzuführen und gemeinsam Handlungswissen für geeignete Lösungen zu finden.

„Das IASS hat sich in den vergan-genen Jahren in der nationalen wie internationalen Nachhaltig-keitsforschung und -politik einen Namen machen können. Es wird auch in Zukunft dafür stehen, Nachhaltigkeit in seinen ökono-mischen, sozialen, ökologischen, aber auch kulturellen Dimensionen in gesellschaftlichen Prozessen zu verankern“, so Prof. Dr. Dr. Klaus Töpfer, Gründungsdirektor und derzeitiger Exekutivdirektor.

www.iass-potsdam.de

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logistik� |� visAvis economy�6

Globale Produktions- und Lieferantenstrukturen, ge-stiegene Kundenerwartun-gen, größere Produktviel-

falt: Die Komplexität in den Wertschöp-fungsketten hat sich in den vergange-nen Jahren drastisch erhöht – und da-mit auch die Anforderungen an die Logistiker. Augenblicklich vollzieht die Branche einen Wandel vom Transport-optimierer zum Impulsgeber.

In den 70er-Jahren war die Welt der Handelsströme noch sehr viel ein-facher gestrickt. Industriebetriebe küm-merten sich um die Herstellung von Waren. Der Auftrag an die Logistiker lautete, die Produkte zur richtigen Zeit zum Händler zu bewegen. Damit war die Thematik der Warenbewegung über viele Jahre hinweg passabel gelöst. In der globalisierten Welt funktionieren Handelsströme anders. Maschinen, Fahr-zeuge oder Elektronikartikel werden in weitverzweigten, globalen Lieferanten-strukturen hergestellt. Die Aufgabe der Logistiker besteht daher längst nicht mehr nur darin, pünktliche Warenbe-wegungen von A nach B zu garantie-ren. Logistiker sind heutzutage vielmehr gefordert, das komplette Management über die Informations- und Warenströ-me innerhalb der komplexen Wertschöp-fungsnetzwerke zu übernehmen.

Mit der wachsenden Bedeutung der Logistik entstehen völlig neue Or-ganisationsformen. Waren Logistik-manager auf der hierarchischen Ebe-ne häufig noch dem Unternehmens-bereich Einkauf unterstellt, überneh-men Logistiker größerer Industrie- und Handelsunternehmen mittlerweile höchst verantwortungsvolle Funktio-nen in eigenständigen, strategischen Geschäftsbereichen. Vielfach finden sich heutzutage auch erfolgreiche Un-ternehmensausgliederungen auf dem Markt. Eine solche Neustrukturierung hat kürzlich zum Beispiel der hierzu-lande größte Fahrzeugimporteur und Auto mobilhändler Emil Frey Gruppe Deutschland vollzogen. Die neue Lo-gistiksparte, die künftig unter der Be-zeichnung EF Logistik firmiert, ist mar-kenunabhängig als eigenständiger Ge-schäftsbereich innerhalb der Unter-nehmensgruppe organisiert. Hinter der Outsourcing-Lösung steht das Ziel, ein neues, für den Dienstleis-ter wegweisendes Vertriebskonzept auf dem Markt zu platzieren: Über eine weitere Perfektionierung der Leistungen in der Ersatzteilversor-gung eröffne sich ein großes Poten-zial, weitere Kunden aus dem Auto-mobilsektor zu gewinnen, heißt es von dem Unternehmen.

Datenstandards gefragtDie schwierigsten Rahmenbedingun-gen finden zurzeit die traditionell auf dem Markt befindlichen Logistik-dienstleister vor. Manch ein größe-res Unternehmen hat den Sprung in die komplexe Welt vernetzter Wa-ren- und Informationsströme bereits erfolgreich umgesetzt. Viele Dienst-leister stehen jedoch seit geraumer Zeit vor der gewaltigen Aufgabe, ge-wohnte Geschäftsmodelle aufzuge-

ben – und ihre Expertise in partner-schaftlich organisierte Unternehmens-netzwerke einzubringen. Kenner der Logistikszene halten das für eine Schlüsselfunktion, um blitzschnelle Maßnahmen einzuleiten – sei es, dass innerhalb eines Kundenauftrags plötz-lich etwas ins Stocken gerät oder Kun-denwünsche eine kurzfristige Ände-rung erfahren.

Die Bereitschaft und Fähigkeit, innerhalb von Wertschöpfungsnetz-werken zu kooperieren und einen lückenlosen Informationsfluss zu ge-währleisten, gilt in der heutigen Or-ganisation der Warenströme als eines der wichtigsten Kriterien für den Un-ternehmenserfolg. Logistikexperten wie der Dortmunder Wissenschaftler Prof. Michael ten Hompel bemängeln jedoch, dass es trotz spürbarer Bemü-hungen noch immer bei der Umset-zung dringend benötigter Datenstan-dards für die unternehmensübergrei-fende Zusammenarbeit hakt. „Deutsch-land muss Software ebenso perfekt produzieren wie Autos“, forderte der Logistikforscher vom Fraunhofer In-stitut für Materialfluss und Logistik IML unlängst auf der wichtigsten Jah-resveranstaltung der Branche, dem Deutschen Logistik-Kongress. Unter-nehmen seien gefragt, die Soft- und Hardware-Entwicklungen sowie den korrespondierenden Algorithmus und dessen Anwendung in der Logistik voranzutreiben. Von staatlicher Sei-te gelte es, Rechtssicherheit sowie die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. „Keine App – kein Geschäft“, dieses Bewusstsein würden Digital Natives in Zukunft von den Logistik-unternehmen erwarten, warnte der Wissenschaftler.

ProzessoptimierungZunehmende Komplexität bei den Kom-munikations- und Datenstrukturen, den Produkten sowie deren Verkehrs-wegen treiben vor allem die Kosten in die Höhe. Das von den Märkten

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von Karin Walter

ZuKunftsfähig Logistiker haben heutzu­tage mehr denn je die Möglichkeit alle Bereiche der Transportkette mit­zugestalten und diese anzupassen.

Tag der Logistik 2015VeRAnSTAlTUnG

Am Donnerstag, 16. April, fi ndet der 8. Tag der Logistik statt, eine Initiative der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. Seit 2008 bewährt sich der Tag der Logistik als Aktionstag des Wirtschaftsbereichs. Im April 2014 nutzten rund 37.500 Besucher bei rund 400 Veranstaltungen die Chance, kostenfrei hinter Unternehmenskulissen zu blicken und logistische Lösungen und Leistungen zu erleben. Das ist das Konzept: Unternehmen, Organisationen und Bildungseinrichtungen öffnen ihre Türen für die breite Öffentlichkeit, informieren und geben Einblicke in die logistischen Abläufe und Tätigkeiten.

Aktuelle Informationen unter:www.tag-der-logistik.de

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immer lauter herangetragene Ziel an die Logistiker lautet daher, die zuneh-mende Komplexität innerhalb von Wertschöpfungsketten und -prozes-sen beherrschbar zu machen. Nach Ansicht von Prof. Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender der Bundes-vereinigung Logistik (BVL), läutet dies einen fundamentalen Paradigmen-wechsel in der künftigen Aufgaben-stellung der Logistiker ein. „Das Jahr-zehnt der Logistik hat begonnen“, sagt der Logistikexperte voraus. „Die Lo-gistik als drittgrößter Wirtschaftsbe-reich in Deutschland steht vor der Aufgabe, den Wandel von einer sich reaktiv bewegenden zu einer führen-den Instanz in Wertschöpfungsnetz-werken zu vollziehen.“ Die Hausauf-gabe der Logistiker sei es, sich hin zu Prozessoptimierern, Komplexitätsma-nagern und Innovationstreibern zu entwickeln. Es gehe darum, die Wei-terentwicklung von Innovationen nicht nur zu unterstützten, sondern sogar anzuführen.

Unter dem Stichwort „Indust-rie 4.0“ haben sich in den vergange-nen Jahren bereits einige interessan-te Innovationsansätze zur Optimie-rung der Prozesse innerhalb kom-plexer Wertschöpfungsnetzwerke subsummiert. Gemeinsam mit Un-ternehmen feilen Logistikforscher seit geraumer Zeit zum Beispiel am Konzept der cyberphysischen Sys-teme. Produkte, Ladungsträger und Maschinen werden dabei mit einer eigenständigen künstlichen Intelli-genz ausgestattet, die dafür sorgen, dass Waren ihren Weg zum Ziel in Zukunft selbst organisieren. Das Ziel: Warenbewegungen, die genau im richtigen Tempo stattfinden – zu er-schwinglichen Kosten.

Ein weiteres Forschungsfeld: Big Data-Lösungsansätze zur Optimierung automatischer Logistiksysteme. Da-hinter verbirgt sich der Gedanke, sämt-liche Informationen aus automatischen Logistikanlagen kontinuierlich auszu-lesen, zu sammeln und auszuwerten. Unternehmen und Logistikdienstleis-

tern soll das die Möglichkeit bieten, drohende Wartungsausfälle aufzuspü-ren und proaktive Maßnahmen im Fal-le des drohenden Stillstands der kom-pletten Logistikanlage einzuleiten. Den Unternehmen ebnet das den Weg zu einer verbesserten Planbarkeit der Pro-zesse. Außerdem profitieren die Lo-gistikunternehmen von einer deutlich vergrößerten Investitionssicherheit.

Lukrative LogistikimmobilienFür Logistiker ist das ein zentraler Aspekt. Ältere Logistikzentren, die flächenmäßig auf die Bedarfslage in den 70er-Jahren ausgerichtet sind, lassen sich meist gar nicht so ein-fach an die Flächenanforderungen moderner automatischer Hochre-

gallager anpassen. Viele Bestandsim-mobilien stoßen in den platzmäßi-gen Verhältnissen an ihre Grenzen. Manche Immobilien passen darü-ber hinaus aber auch räumlich ge-sehen nicht mehr in das heutige Kon-zept, möglichst in nächster Nähe zum Kunden zu agieren. Die mit den wachsenden Anforderungen einher-gehende Innovations- und Investiti-onsbereitschaft bei den Logistikern schafft zunehmend auch bei Inves-toren und Immobilienentwicklern merkliche Anreize, in das lukrative Geschäftsfeld Logistik zu investie-ren. Viele Investoren nutzen zurzeit auch das günstige Zinsniveau, um den Neubau moderner Logistik-immobilien weiter zu forcieren.

Das spiegeln die aktuellen Trans-aktionszahlen des Frankfurter Im-mobilienunternehmens Jones Lang LaSalle GmbH wider. Demnach wur-den im vergangenen Jahr Rekord-transaktionen in Höhe von 3,6 Mil-liarden Euro verzeichnet. Das be-deutet ein Plus von über 60 % im Jahresvergleich und das Zweiein-halbfache des Fünfjahresdurch-schnitts. Zum Vergleich: Auch im Jahr 2007 bekamen die Immobilien-entwickler durch den Boom des Wirt-schaftsbereiches Logistik viel Auf-wind. Die damals umgesetzten Trans-aktionen lagen mit einem Gesamt-volumen von 2,6 Milliarden Euro allerdings noch deutlich unter dem aktuellen Rekordwert.

Die Emil Frey Gruppe Deutschland hat den Bereich Logistik neu strukturiert: Mit der Gründung der Firma EF Logistik GmbH setzt sie auf den Ausbau ihrer Stärken.

Bislang verfügte die Unternehmensgruppe mit der FADIS-Fahrzeug Distribution Services GmbH sowie der EFA Autoteilewelt Logistik GmbH über zwei Logistik fi rmen. „Mit der Übernahme von Mitsubishi ins Portfolio der Emil Frey Gruppe Deutschland war eine Neuordnung der Logistiksparte notwendig. Es galt, die Firmen zu bündeln und daraus ein eigenständiges Geschäftsfeld zu entwickeln“, erklärt Holger Köhler, Geschäftsführer der EF Logistik GmbH und bisheriger Geschäfts-führer der EFA Autoteilewelt Logistik GmbH. „Die neue Logistiksparte ist markenunabhängig als strategischer Geschäftsbereich innerhalb der Unterneh-mensgruppe strukturiert. Auf diese Weise wollen wir unser vorhandenes Standort-netzwerk besser nutzen. Zudem sollen unsere Dienstleistungen künftig nicht nur unseren eigenen Partnern, sondern auch externen Kunden angeboten werden.“

Auch weiterhin bleibt die FADIS als Dienstleister für die Marke Subaru aktiv. Daneben gibt es nun die neu gegründete EF Logistik GmbH mit Sitz in Stuttgart, in die alle anderen Logistikbereiche übergegangen sind. Die neue Firma ist in drei Bereiche untergliedert: Die dezentrale Logistik mit insgesamt zwölf Standorten deutschlandweit kümmert sich um den Versand der Großhandels-teile. „Wir liefern zum einen per Nacht-versand aus mit Ankunft der Ware bis

8 Uhr morgens. Dank des zusätzlichen Tagversands ist garantiert, dass die Teile auch tagsüber spätestens vier Stunden nach Verlassen des jeweiligen Standorts am Bestimmungsort ankommen.“

Der zweite Bereich, die zentrale Logistik, liefert von Friedberg aus Teile an die Händler der Importeursmarken Hyundai, Mitsubishi und Daihatsu. Zunächst werden die Kunden über den Nachtver-sand versorgt. Aber Holger Köhler denkt schon weiter: „Für das Jahr 2015 planen wir, dass die MMD Automobile GmbH (MMDA) als erster Importeur auch mit Tagtransporten beliefert wird.“

Der dritte Bereich, die Logistikplanung, kümmert sich um den reibungslosen Ab-lauf der Transporte und die Optimierung der logistischen Prozesse.

Die Logistiksparte der Emil Frey Gruppe Deutschland verfügt über zwölf Standorte und insgesamt 170.000 Quadratmeter Logistikfl äche. Alle bisherigen Standorte bleiben also bestehen und auch alle Mitarbeiter wurden übernommen.

Die Mitarbeiter fahren pro Monat rund 1,3 Millionen Kilometer durch Deutsch-land. Dabei liefern sie unter anderem Tei-le und Zubehör, Reifen, Öl, Betriebs- und Hilfsstoffe sowie Werkstattausrüstung bis hin zu Büromaterial im Verkaufswert von circa 400 Millionen Euro an Vertrags-händler, Service- und Teilepartner und freie Werkstattbetriebe. Dieser Kunden-kreis soll weiter wachsen. „Mit unserer speziellen Ausrichtung in der Ersatzteil-branche sind wir im Automotive-Sektor einzigartig“, so Köhler. „Kein anderes Unternehmen hat so ein großes deutsch-landweites Netzwerk.“ Für die bestehen-den Kunden bringt die Neuausrichtung ebenfalls Vorteile: „Bei gleichbleibend hohem Servicegrad werden die Kosten für die internen Auftraggeber sinken, wenn wir weitere Marken ins Netzwerk integrieren“, so Köhler.

Weitere Informationen unter:www.emilfrey.dewww.efl ogistik.de

NEUORDNUNG | Ausbau des Standortnetzwerkes

WEICHENSTELLUNG IN DER LOGISTIKSPARTE

ZUSAMMENSCHLUSS Mit der Bündelung der Logistiksparten innerhalb des Unter-nehmens soll eine bessere Auslastung erreicht werden.

»Die Hausaufgabe

der Logistiker ist

es, sich hin zu Prozess­

optimierern, Komplexi­

tätsmanagern und

Innovationstreibern

zu entwickeln. «

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logistik� |� visAvis economy�8

Die Tatsache, dass sich immer mehr Investoren für die Logistikbran-che interessieren, ruft allerdings auch einige Probleme hervor. Besonders in verkehrsgünstig gelegenen Gebieten sowie in den Ballungsräumen der fünf großen Wirtschaftsmetropolen in Deutschland treibt die große Flächen-nachfrage die Preisentwicklung so-wohl für Neu- als auch für Bestand-simmobilien immer weiter voran. Au-ßerdem ist an manchen besonders be-gehrten Standorten schon heute nicht einmal mehr ein geeignetes Grund-stück zur Bebauung vorhanden.

Riesiger Investitionsstau Ähnlich problematisch wie mancher-orts die Immobiliensuche erweist sich für manch einen Logistiker die Lage an den wichtigsten Verkehrs-knotenpunkten. Straßensperrungen und Staus, verursacht durch maro-de Autobahnbrücken oder veralte-te Straßenbeläge, machen manch ei-nem Unternehmen eine vernünfti-ge Logistikplanung zurzeit fast un-möglich. In der Logistikbranche wer-den deshalb schon seit mehreren Jahren Forderungen laut, den seit Jahren vorherrschenden Investiti-onsstau aufzulösen. „Geschehen ist in den letzten beiden Jahren in die-

ser Hinsicht leider nicht allzu viel“, mahnt BVL-Chef Prof. Raimund Klinkner an. Er betont, dass der Ab-bau des angesammelten Investiti-onsrückstandes, der aktuelle Inves-titionsbedarf sowie der notwendi-ge Ausbau der Verkehrs-, Telekom-

munikations- und Energienetze in Summe dazu führen müsste, den Investitionsrahmen für Infrastruk-turmaßnahmen in Deutschland zu verdoppeln.

Auch wenn die Forderungen der Logistiker damit längst noch nicht er-füllt werden: Immerhin verfügt der Verkehrssektor 2015 über den bislang mit Abstand größten Haushaltsetat in der Geschichte der Bundesrepub-lik. Allein 9,6 von 10,8 Milliarden Eu-ro werden in den Ausbau des Stra-ßen- und Schienennetzes fließen. Die Ausweitung der Lkw-Maut auf vier-spurige Bundesstraßen sowie die im Oktober anstehende Erweiterung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge bis 7,5 Ton-nen zulässigem Gesamtgewicht wird voraussichtlich weitere 170 Millio-nen Euro in die Kasse des Bundes-verkehrsministeriums spülen. Das von Toll Collect seit nunmehr zehn Jahren betriebene und kontinuierlich weiterentwickelte Mautsystem hat dem Verkehrssektor mittlerweile Ein-nahmen von insgesamt rund 40 Mil-liarden Euro beschert. Würde dieses Geld fehlen, sähe der Logistikstand-ort Deutschland vermutlich schon heute düster aus.

[email protected]

Toll ColleCT online

In einem eigenen Blog werden Themen aus dem Unternehmen aufgegriffen, Produkte erläutert und Menschen vorgestellt, die bei Toll Collect arbeiten. Hier sind Informa-tionen abrufbar, wie eine Kontroll-brücke arbeitet, über wie viele Leben eine On-Board-Unit verfügt oder wie die Mauteinnahmen täglich den Weg in die Bundeskasse finden.www.toll-collect-blog.de

Auf dem YouTube-Kanal berichten Mitarbeiter des Mautbetreibers in Unternehmensfilmen über ihre Tätigkeiten und erläutern die Technik des Mautsystems auf leicht verständliche Weise.www.youtube.com/user/TollCollectVideo

Wer sich für den Datenschutz bei Toll Collect interessiert, findet hierzu viele Informationen und kann sich zu einer der regelmäßig stattfindenden Führungen durch die Datenschutzausstellung des Mautbetreibers anmelden.www.datenschutz-im-dialog.de

Seit dem Start der Lkw­Mautpfl icht in Deutschland am 1. Januar 2005 hat Toll Collect für den Bund insgesamt rund 40 Milliarden Euro eingenommen. Damit leis­tet das Mautsystem, das seit zehn Jahren stabil und zuverlässig in Betrieb ist, einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung der deutschen Straßen.

Mauterhebung in DeutschlandToll Collect betreibt gemäß den Anforde­r ungen des Auftraggebers das einzige Mautsystem in Europa mit zwei volllast­fähigen Erhebungsverfahren: automatisch über Satellitenkommunikation und Mobil­funk sowie manuell mit rund 3.400 Maut­stellenterminals. Strecken­ und Tarifdaten werden über Mobilfunk aktualisiert, eine straßenseitige Infrastruktur wird nicht benötigt. Mautpfl ichtig sind Lkws ab 12 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht. In diesem Jahr wird die Mautpfl icht für Lkws ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtge­wicht eingeführt. Außerdem wird das gebührenpfl ichtige Straßennetz um weitere 1.100 Kilometer Bundestraßen

erweitert. Insgesamt waren Ende 2014 bei Toll Collect 166.000 Unternehmen aus über 40 Ländern mit mehr als einer Million Fahrzeugen registriert, von denen rund 820.000 am automatischen Verfahren über die On­Board Unit teilnehmen.

WirtschaftlichkeitDer Betrieb des Mautsystems ist seit 2005 kontinuierlich kostengünstiger geworden. Durch fortlaufende Optimierungen san­ken die Betreiberkosten von rund 19 %

2004/2005 auf durchschnittlich 12 % in den letzten Jahren. Die erzielten Einspa­rungen kommen dem Auftraggeber über die geringere Betreibervergütung zugute. Für die kommenden Jahre sind weitere Kosteneinsparungen geplant.

Qualität und DatenschutzSeit 2011 beträgt die vom Auftraggeber gemessene Qualität im Mautsystem 99,9 % und lag davor von jeher immer weit über den vertraglich geforderten

99 %. Durch zuverlässige Prozesse und strenge Datenschutzbestimmungen ist das deutsche Mautsystem bei den in­ und ausländischen Transportunternehmen akzeptiert. Den Regelungen des Bundes­fernstraßenmautgesetzes entsprechend haben Ingenieure und Datenschützer ein Datenlöschkonzept entwickelt, das inzwischen auch bei anderen Branchen und Unternehmen als beispielgebend anerkannt ist.

UmweltschutzDa die Mautsätze von jeher von Schad­stoffklasse und Achszahl abhängig sind, wurden die Fuhrparks im Laufe der Jahre nachhaltig modernisiert. So beträgt heute der Anteil an der Fahrleistung für Fahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 5, Euro 6 und EEV 1 rund 90 %. Mit anderen Worten: Fahrzeuge mit schlechten Abgas­werten sind heute so gut wie nicht mehr unterwegs. Das gilt für die deutschen Flotten ebenso wie für die ausländischen.

Weitere Informationen unter:www.toll­collect.de

JUBILÄUM | 10 Jahre Lkw-Maut in Deutschland

WICHTIGE EINNAHMEQUELLE FÜR DEN STRASSENBAU

AUSDEHNUNG Das gebührenp� ichtige Straßennetz und die Mautp� icht werden in diesem Jahr erweitert: Insgesamt 1.100 Kilometer Bundesstraßen sowie Lkws ab 7,5 Tonnen zulässigem Gesamtgewicht kommen hinzu.

ExpErtE Prof. Raimund Klinkner, Vorstandsvorsitzender des BVL, sieht tiefgreifende Veränderungen in den künfigen Aufgaben der Logistik.

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visAvis economy  |   customer care 9

Die zunehmende Digitali-sierung unserer Gesell-schaft verändert auch die Kommunikationsgewohn-

heiten der Menschen. Mit einher ge-hen gestiegene Anforderungen an den Kundenservice. Die Kunden, insbe-sondere die sogenannte Generation Y (Altersgruppe der 12- bis 32-Jähri-gen), erwarten mittlerweile nicht nur, dass sie über jeden ihnen zur Verfü-gung stehenden Kommunikationska-nal mit den Unternehmen in Kontakt treten können, sondern auch, dass ih-nen über alle diese Kanäle hinweg ein gleichbleibend guter Service geboten wird. Zwar kommt der Telefonie noch auf lange Zeit der Hauptanteil bei der Kundenkommunikation zu, doch wird sie und die anderen „Klassiker“ wie Fax und Brief schon fleißig ergänzt durch E-Mail, Chat, Instant Messa-ging sowie die sozialen Medien. Wo-bei der Einsatz von Social Media durch die Unternehmen ebenfalls gerade einen Wandel durchmacht – weg vom reinen Marketing und PR, hin zur Kundenbetreuung.

Die Studie „Enterprise Priorities in Europe“ von Frost & Sullivan er-gab, dass 45 % der befragten Unter-nehmen in Deutschland die sozialen Medien bereits voll in die anderen Kommunikationskanäle integriert ha-ben – mit steigender Tendenz. Allen voran die Einzelhandelsunternehmen, von denen heute fast 80 % soziale Me-dien wie Facebook und Twitter nut-zen, um Kunden ihre Produkte anzu-bieten. Bis 2016 sollen schon 63 % von ihnen diesen Kanal darüber hin-aus in ihre Kundenkontaktstrategie integriert haben, um damit näher an die Kunden und ihre Wünsche rü-cken zu können.

„In den USA nutzen bereits rund 50 % der Social-Media-Nutzer den Kun-denservice via soziale Netzwerke“, weiß Ole Wegner, CEO der hello.de AG. Zwar machte er bei den klassi-schen deutschen Unternehmen ein Social-Media-Defizit aus, doch in den nächsten Jahren erwartet er auch hier eine ähnliche Entwicklung. Nicht oh-ne Grund führte sein Unternehmen kürzlich die für Deutschland wohl ers-te WhatsApp-basierte Kundenservicelö-sung ein. Mit durchschlagendem Er-folg: Schon kurz nach ihrer Inbetrieb-nahme war die Lösung bereits bei ers-ten Kunden wie zum Beispiel yourfo-ne.de im Einsatz und ermöglicht dort seither die schnelle und effiziente Ab-wicklung von Kundenanliegen. Bei-spielsweise werden eventuelle Dop-pelkontakte von Kunden, die ihr An-liegen bereits über andere Kanäle wie Social Media, Chat, Mail, Call usw. gestreut haben, identifiziert, zusam-mengeführt und in nur einem Arbeits-schritt erledigt. Zumal die Kunden bei WhatsApp keine Eins-zu-Eins-Kom-

munikation wie bei einem Telefonan-ruf erwarten, sondern lediglich eine zeitnahe Reaktion des Unternehmens. Wegner bestätigt: „In der Regel liegen die Reaktionszeiten bei WhatsApp bei

nur wenigen Minuten bis zu einer Stun-de maximal.“

Neben der wachsenden Bedeu-tung nahezu aller Kundeninteraktions-kanäle nehmen auch die Wechselbe-

ziehungen der Kunden untereinander und zu den Lieferanten beständig zu, so eines der Ergebnisse einer Studie, die Frost & Sullivan gemeinsam mit Telus durchführte. Danach nutzen Kun-den heute durchschnittlich sechs un-terschiedliche Kanäle, um mit einem Unternehmen in Kontakt zu treten. Multichannel heißt diese Herausfor-derung, die noch lange nicht am En-de ihrer Entwicklung angekommen ist. Video-Beratung und Co-Browsing sind nur zwei neue Techniken in die-sem Zusammenhang, die am Start ste-hen. „Das zu beherrschen ist eine He-rausforderung für die Organisation, die Führung und die Mitarbeiter“, weiß Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Verbandes. „Denn die Me-dienkompetenz der Mitarbeiter ist ent-scheidend, um solche Kanäle einzu-führen und zu betreiben.“ Seiner Mei-nung nach wird die Zukunft ein Ka-nalmix sein, in dem jeder Mitarbeiter mehr als nur einen Kanal beherrscht. So sind sie flexibel einsetzbar, können auch mal im Bedarfsfall die Aufgaben der Kollegen mit übernehmen, und die Arbeit ist nicht so eintönig. Eine ständige Weiterbildung der Mitarbei-ter an den neuen Techniken und Me-dien ist dabei allerdings unverzicht-bar, wollen sich die Call-, Contact- und Service-Center weiter erfolgreich im Wettbewerb behaupten.

Joachim Schellenberg, Business Development Manager der Ecenta AG, bemängelt, „dass oft schon von Mul-tichannel gesprochen wird, wenn ein-fach möglichst viele Kanäle irgendwie genutzt werden.“ Bei Ecenta hält man das für den völlig falschen Ansatz: „Wenn die verschiedenen Kommuni-kationskanäle sowie die zentralen Ge-schäftsprozesse nicht miteinander ver-knüpft sind, dann kann dieses falsche Verständnis von Multichannel sogar extrem kontraproduktiv sein. Eine In-frastruktur, die aus zig Inseln besteht, bremst die Service- und Sales-Mitar-beiter“, so Schellenberg. Sein Unter-nehmen verfolgt unter anderem mit der Lösung SAP Contact Center das Ziel, „eine angemessene Zahl an Ka-nälen mit wichtigen Prozessen voll-ständig zu integrieren und somit Effi-zienz- und Qualitätsgewinne im Con-tact Center zu realisieren.“

In diese Richtung gehen auch die Lösungen von Attensity. Sie helfen, die vielen unterschiedlichen Infor-mationen, die über Social Media, E-Mail oder Chat eingehen und erst-mal nur gespeichert werden, zu ana-lysieren und beispielsweise für die schnelle Identifizierung von Ser-vicethemen oder zur transparenten Steuerung der Servicequalität und damit zur Optimierung des Kunden-services heranzuziehen.

So schön diese neuen Lösungen und Techniken auch sein mögen, mit

HandlungsfäHig Contact- und Service-Center sind einem harten Wettbewerb ausgesetzt. Umso wichtiger ist es für sie, sich von ihren Konkurrenten abzusetzen. Derzeit bietet ihnen Social Media eine solche Chance.

Kundendienst 2.0

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von Brigitte Kasper

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Leitmesse

Die internationale Kongressmesse für Kundenservice, Kundenkommuni-kation und Call Center findet dieses Jahr wieder in Berlin statt. Die euro-päische Leitveranstaltung versteht sich mit der perfekten Kombination aus Kongress und Messe als größte Wissensplattform der Branche.Vergangenes Jahr stellten sich 250 internationale Aussteller dem Who’s who der Branche.

Das Programm der CCW 2015

23. Februar 2015Fit für die Zukunft: Mit smarten Ideen zu innovativem Kundenservice

24. Februar 2015Vom Call Center zum Omni-Channel Center: Neue Wege zum Kunden

25. Februar 2015Positionieren – Führen – Gestalten: So steuern Sie Ihr Contact Center ins Ziel

26. Februar 2015 Workshop-Tag

www.ccw.eu

ihnen erhöht sich die Komplexität im Kundenservice ständig. Es sind Wege gefragt, mit deren Hilfe man aus diesem Kreislauf herauskommt oder zumindest das Beste daraus ma-chen kann. Eine Möglichkeit wäre es zum Beispiel, einfache Support-Fragen über Service-Apps, Video-Sup-port, in Chats und im Self Service abzuwickeln, weiß Professor Heike Simmet von der Hochschule Bremer-haven. Schließlich werden Anfragen über die sozialen Medien immer selbstverständlicher. Search-Tools wie beispielsweise eSearch von arvato helfen dann dabei, den Suchanfra-gen der Kunden auf den Grund zu gehen, um ihnen mit so wenig Such-vorgängen wie möglich die richtigen Antworten oder den passenden An-sprechpartner liefern zu können. Qua-lifizierte Mitarbeiter könnten so ent-lastet werden. Ihr spezielles Fachwis-sen steht dann für die Lösung schwie-rigerer Servicefälle zur Verfügung.

Darüber hinaus soll laut Profes-sor Simmet die fortschreitende virtu-elle Vernetzung von Menschen, Pro-dukten und Orten, häufig auch als In-ternet der Dinge (Internet of Things – IoT) bezeichnet, dazu führen, dass der Kundenservice in Zukunft auf den Geräten selbst stattfindet. Weitere

Trends seien individualisierte Servi-ces in der Augmented Reality (Beispiel: virtuelle Brillenanprobe bei Mr. Spex) sowie der Wandel vom reaktiven zum proaktiven, also vorausschauenden

Service – mit dem Ziel, Serviceprob-leme bereits im Vorfeld ihrer Entste-hung und ohne Beeinträchtigung beim Kunden zu lösen.

So weit die Vision von der schö-nen neuen Servicewelt. Für Manfred Stockmann muss der Service in der Zukunft wie das Internet sein: im-mer da, immer verfügbar und im-

mer kompetent. Wichtig ist ihm da-bei auch die Durchgängigkeit der Ka-näle: „Wer online nicht weiterkommt, ruft im Servicecenter an und der Mit-arbeiter weiß bereits beim Entgegen-nehmen des Anrufs, wo der Schuh drückt.“ Doch gerade dieses „immer da, immer verfügbar“ ist in Gefahr, könnte mit einem Urteil vom Bun-desverwaltungsgericht zur Sonn- und Feiertagsarbeit gekippt werden. Für Manfred Stockmann ist es schwer zu verstehen, „dass wir einerseits den Ausbau der digitalen und mobilen Gesellschaft vorantreiben wollen und dann das Sonntagsfahrverbot der Dienstleistungsgesellschaft propagie-ren.“ Sein Verband setzt sich aktiv dafür ein, gemeinsam mit den be-troffenen Unternehmen die Politiker in Bund und Ländern von einer dienstleistungsfreundlichen und da-mit auch verbraucherfreundlichen, bundeseinheitlichen Regelung zu überzeugen. Gelingt dies, wird es auch künftig am Sonntag Auskunft vom Versandhändler, eine Schadens-meldung beim Versicherer, Telefon-Banking oder auch Hilfe geben, wenn der Decoder vor dem Sonntagsspiel der Bundesliga streikt.

[email protected]

»Der Service der Zukunft muss

wie das Internet sein: immer da, immer verfügbar und immer kompetent. «

Die Zahl der Kanäle, über die Kunden mit Unternehmen in Kontakt treten können, wird kontinuierlich größer. Neben Telefon, E-Mail oder Fax sind längst Websites, mobile Apps oder Facebook getreten. Diese fortschreitende Digitalisierung der Kommunikation stellt Unternehmen und Dienstleister vor große Herausforde-r ungen, bietet aber auch eine Vielzahl von Chancen, um Kundenanfragen intelligent zu kanalisieren, unnötige Calls zu vermeiden und den Kundenwert zu maximieren. Ein Gespräch mit Daniel Welzer, Deutschland-Chef von arvato CRM Solutions.

Vor allem die Digitalisierung von Kommunikation ist eine riesige Herausforderung für die gesamte CRM-Branche. Wie geht arvato mit diesem Thema um?Um unsere Kunden bei diesem Thema optimal unterstützen zu können, haben wir unser Lösungsportfolio neu aufgestellt und erweitert. Ausgehend von einem übergreifenden Beziehungsmanagement auf einer einheitlichen Plattform, setzen

wir für eine individuelle Kundenlösung Module unseres Portfolios zur Kunden-wertmaximierung, Analyse und Kontakt-optimierung, Selfservice oder natürlich auch Kontaktvermeidung ein. Damit beschränkt sich die Digitalisierung nicht auf die Nutzung digitaler Kommunika-tionstechnologien. Uns geht es um eine vollständige Transformation des Kunden-beziehungsmanagements hinsichtlich der Kanäle, Prozesse, Analytik, Integration und Organisation.

Können Sie uns ein Beispiel geben?Nehmen Sie eSearch, ein innovatives Selfservice-Angebot, mit dem es Lufthansa gelingt, Medienbrüche weitgehend zu vermeiden und die Anzahl der einge-henden Calls und E-Mails deutlich zu reduzieren. Verantwortlich im Hinter-grund ist arvato. Das heißt, wir liefern die Plattform, die Software und die Technik, kümmern uns um die redaktionellen Inhalte der umfangreichen Wissensbasis, um die kontinuierliche Optimierung der semantischen Suche und um die Analyse des Kundenverhaltens.

Was ist das Besondere an eSearch?Das Angebot steht Lufthansa-Kunden via Website, mobiler App und Facebook weltweit in insgesamt sieben Sprachenzur Verfügung. Herzstück ist eine seman-tische Suchtechnologie, die dem System dabei hilft, den eigentlichen Kern der Frage zu erfassen und dann möglichst relevante Antworten zu liefern. Sucht ein

Lufthansa-Kunde beispielsweise nach dem Begriff „Beinfreiheit“, werden ihm Vorschläge wie „Kann ich eine Sitzplatz-reservierung für Notausgangsplätze vor-nehmen“ oder „Wo fi nde ich die Sitzpläne der Lufthansa-Flotte“ geliefert. Wer nach „Hund“ sucht, fi ndet Informationen zur Mitnahme von Tieren, während die Suche nach „Pferd“ gleich zu Lufthansa Cargo führt. Im Ergebnis also weniger, aber dafür umso relevantere Suchergebnisse.

Lassen Sie uns noch einen kurzen Blick in die Zukunft werfen. Wo geht die Reise hin?Wir wollen unsere Auftraggeber in dieLage versetzen, ihren Zielgruppen einnahtloses und kanalübergreifendes Kunden-erlebnis zu bieten. Grundlage hierfür ist z. B. die Etablierung einer echtzeitfähigen, analytischen Plattform, die von den wich-tigen Kernkanälen und Prozessen gespeist wird. Ein vielversprechendes Vorgehen, mit dem wir bereits bei einigen Kunden herausragende Erfolge erzielt haben.

Weitere Infos unter: www.arvato.com

OPTIMIERUNG | Kundenanfragen intelligent kanalisiert

INNOVATIVE LÖSUNGEN AUS EINER HAND

HERAUSFORDERUNG „Uns geht es um eine vollständige Transformation des Kundesbeziehungsmanagements“, so Daniel Welzer.

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visAvis economy  |   betriebliche altersvorsorge 11

Der Streit um die beste BetriebsrenteOptimierung Es geht um die Finanzierung des längsten Urlaubs im Leben: die Rente. Es ist die längste aktive Freizeitphase, deren hinreichende Sicherung zunehmend zu einem Problem wird. Immer mehr Rentner sind zukünftig auf einenZuverdienst im Alter angewiesen, wenn ihre Altersvorsorge nicht auf eine bessere Basis gestellt wird. Von Ruhestand kann dann keine Rede mehr sein.

von Dietmar Braun

Eine neue hitzige Diskussion tobt um die Urlaubskasse für die rüstigen Dauerurlau-ber. Diese Kasse kann aus

drei verschiedenen Töpfen mit Ren-tenzahlungen befüllt werden: der so-zialstaatlichen Rente, der betriebli-chen Rente und einer möglichen lebenslangen privaten Zusatzrente.

Bei der sozialstaatlichen Rente ist bekannt, dass Sozialpolitiker die Rente über die Rentenformel zu jeder Zeit kür-zen können. Das geht ganz einfach. Wer-den die Rentenfaktoren und Renten-werte vom Gesetzgeber abgesenkt, dann wird als Folge die von der Deutschen Rentenanstalt geleistete Rente im Ver-hältnis zum letzten Netto-Einkommen

sinken. Die Versorgungslücke zwischen der sozialstaatlichen Rente und dem letzten Gehalt wächst aufgrund der demographischen Entwicklung dra-matisch. Experten sagen heute bereits einen Anstieg von 45 auf 60 % vo raus, so dass die zu leistende Rente nur noch 40 % des zuletzt gezahlten Nettogehalts der Arbeitnehmer ausmacht.

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betriebliche altersvorsorge  |  visAvis economy 12

Diese Vorsorgelücke soll die zwei-te Säule im deutschen Rentensystem schließen: die Betriebsrente. Die Zu-satzrente aus der betrieblichen Alters-vorsorge (bAV) gibt es sehr lange. Mit dem Inkrafttreten des Altersvermö-gensgesetzes (AVmG), des Altersver-mögensergänzungsgesetzes (AVmEG) sowie des Hüttenknappschaftlichen Zusatzversicherungs-Neuregelungs-Gesetzes (HZvNG) am 1. Januar 2002 haben sich die Rahmenbedingungen für die Betriebsrente sogar erheblich verbessert. Es wurden die Fristen für die Unverfallbarkeiten der Ansprüche auf die Betriebsrente verkürzt. Der Pen-sionsfonds als damals neuer weiterer Durchführungsweg wurde eingeführt. Für Arbeitnehmer wurde erstmals ein gesetzlicher Anspruch auf die Entgeld-umwandlung geschaffen: die Gehalts-umwandlung. 2002 wurden auch neue umfangreiche steuer- und beitragsrecht-liche Fördermöglichkeiten bewilligt.

Es gibt heute fünf völlig verschie-dene Durchführungswege, und diese sind mit verwirrend komplexen beitrags-rechtlichen Regelungen und steuerli-chen Vorschriften ausgestattet. Die heu-tigen fünf Wege sind: Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse, Di-rektversicherungen und Direktzusage.

2015 soll womöglich noch ein wei-terer Durchführungsweg hinzukom-men, der eine obligatorische Regelung vorsieht, die sogenannte „Nahles-Zwangsrente“. Kritiker befürchten da-durch nicht nur eine Gefährdung für bestehende Lösungen, sondern für das System der Betriebsrente insgesamt. Es drohe die Gefahr, dass zwar viel-leicht mehr Arbeitnehmer die neue Nahles-Rente obligatorisch vereinba-ren, diese die durchschnittlich verein-barte Betriebsrente allerdings auf ein niedriges Niveau einer Zwangsrente absenke. Diese reiche aber nicht zum Schließen der Versorgungslücke in der Altersrente, so die Kritiker.

Für die Sicherheit der Betriebs-rente sind der Pensions-Sicherungs-Ver-ein auf Gegenseitigkeit (PSVaG), die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht (BaFin) und die Arbeits-gemeinschaft kommunaler und kirch-licher Versorgungseinrichtungen (AKA) jeweils zuständig. Zur Sicherung der neuen Nahles-Rente ohne Arbeitge-berhaftung wäre auch die Finanzie-rung einer Einrichtung zur Sicherung notwendig, was nicht nur immense Kosten verursacht, sondern zugleich neue Risiken setzt und vor allem eine sehr teure Bürokratie auslöst.

Zwangsrente als Alternative?Heute ist die Betriebsrente in Indust-rieunternehmen und großen Konzer-nen am meisten verbreitet. Laut der im Januar 2015 vom Bundesministeri-um für Arbeit und Soziales (BMAS) et-was spät veröffentlichten Studie „For-schungsbericht: Trägerbefragung zur Betriebsrente 2013“ ist die Verbreitung der bAV bei großen Unternehmen bes-tens, nur viele Kleinunternehmen und die mittelständische Wirtschaft verfü-gen über keine bAV-Lösung oder nur wenige Beschäftigte nutzen die dort be-stehende Vorsorge. Die Studie regt an, durch Reformen oder Neuerungen vor allem für kleine und mittlere Unter-nehmen die Rahmenbedingungen für die Betriebsrente zu verbessern.

Die Verbesserung der bAV ist ein fester Bestandteil des Koalitionsvertrags der großen Koalition. Was nicht in der Vereinbarung steht, ist die Art der För-derung. Hier ist die Wurzel für politi-schen Streit. Die Sozialdemokratin An-drea Nahles will als Bundesministerin für Arbeit und Soziales eine neue Be-triebsrente einführen, die nur von den Tarifparteien getragen wird. Damit die Arbeitgeber einer solchen über alle Bran-chen und Gewerkschaften hinweg gül-tigen Zwangsrente zustimmen, hat Nah-les ihnen die Entlastung durch eine

Entlassung aus der Arbeitgeberhaftung angeboten. Für eine solche Lösung bräuchte Nahles auch die von ihr ver-nachlässigte deutsche Versicherungs-wirtschaft nicht. So war es nur logisch, dass die deutsche Assekuranz zu den Erstverhandlungen über die Nahles-Rente nicht eingeladen wurde.

Die kritische Haltung der Asse-kuranz ist die logische Folge des feh-lenden Dialogs mit dem BMAS, das zeigt sich im Experten-Interview mit Fabian von Löbbecke, Vorstandsvor-sitzender der Talanx Pensionsmanage-ment AG und verantwortlich für bAV bei HDI. Der Haftpflichtverband der Deutschen Industrie (HDI) ist einer der traditionellen Versicherer der In-dustrie, ebenso wie der mittelständi-schen Wirtschaft aus Handel, Hand-werk und Gewerbe. Der Bedarf, die bewährte betriebliche Altersvorsorge zu stärken, ist groß. Die HDI-Exper-ten plädieren dafür, keine zusätzliche Form der Altersversorgung einzufüh-ren, sondern das bestehende bAV-Sys-tem zu verbessern. Sie fordern die vol-le Beitragspflicht im Rahmen der Kranken- und Pflegeversicherung wie-der abzuschaffen, die Anrechnung auf die Grundsicherung zu streichen so-wie die Mitnahme der bAV zu einem neuen Arbeitgeber zu erleichtern, um die bAV arbeitnehmerfreundlicher zu gestalten. Die bAV insgesamt sieht der HDI im Aufwind, aber es sei noch viel Platz nach oben, wenn es um eine

stärkrere Verbreitung in kleineren und mittleren Unternehmen und um eine höhere Ausschöpfung der geförder-ten Beiträge geht.

Aus Sicht des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV) rät Dr. Peter Schwark, Mitglied der GDV-

Hauptgeschäftsführung, „die Regie-rung solle nur Maßnahmen treffen, die auf dem Erreichten aufbauen und es nicht gefährden, um tatsächlich zu einer weiteren Erhöhung der Verbrei-tung der bAV (wie übrigens auch der Riester-Rente) in Deutschland zu kom-men. Die Versicherer haben hier in der Vergangenheit durch maßgeschnei-derte Lösungen den Löwenteil des Zu-wachses erreicht, gerade bei den Mit-telständlern. Deshalb dürfen sie bei den nun im BMAS diskutierten Lö-sungen nicht außen vor bleiben. Es muss auch vermieden werden, durch gänzlich andere Regeln für neuartige Durchführungswege die erzielten Er-folge zu gefährden und in den etab-lierten Bereichen zu einer Lähmung zu kommen.“

Die Tarifpartner hätten andere Möglichkeiten, der bAV neuen Schub zu geben. Aber sie sind hierzu auf pro-fessionelle Partner angewiesen. Die MetallRente, das Chemie- und das Pres-seversorgungswerk sind gute Beispie-le dafür, dass die Versicherer Sachkun-de, Erfahrung und Kompetenz haben, den Tarifpartnern praxistaugliche Lö-sungen zu bieten. Neugründungen oh-ne etablierte und erfahrene Partner würden es gerade im aktuellen Nied-rigzinsumfeld extrem schwer haben, auf der grünen Wiese neu zu starten. Der GDV werde deshalb konstrukti-ve eigene Vorschläge in die Diskussi-on um den vom BMAS vorgelegten bAV-Gesetzentwurf einbringen, kün-digt Dr. Schwark an.

Über die Reichweite der privaten Altersversorgung kann diskutiert wer-den, meinen auch Experten der IG Metall. Die Belegungsquote in einer Betriebsrente wie dem Versorgungs-werk MetallRente sei abhängig von individueller Bereitschaft, Zinsentwick-lung und Kosten. Da die Versorgungs-lücke zwischen der sozialstaatlichen Rente aus der ersten Säule und einer ausreichenden Rente wächst sind be-triebliche Zusatzrenten wichtig. Jetzt würde der Gesetzgeber wieder erneut kreativ, sagte der Bundesminister a.D. Walter Riester, der die Ergänzung „Ries-ter-Rente“ geschaffen hat.

Natürlich kann die Regierung sa-gen, „wenn die Beteiligung seitens der Arbeitnehmer nicht läuft, dann machen wir dies obligatorisch“. Dafür gibt es auch aus anderen Staaten erfolgreiche Beispiele. Ob aber eine Zwangsrente als Betriebsrente auf einen breiten Kon-sens in Deutschland trifft, ist auch aus Sicht des Versorgungwerks MetallRen-te, zumindest laut dessen Geschäfts-führer Heribert Karch, noch völlig of-fen. Rechtlich wäre dies seiner Meinung nach aus verschiedenen Gründen kei-neswegs im Handstreich zu erledigen. Altersversorgung brauche immer einen Konsens zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Gerade kleinere Un-

KonstRuKtiv Dr. Peter Schwark, Experte für Altersvorsorge und Mitglied der GDV-Geschäftsführung, kündigt eigene Vorschläge für einen neuen bAV-Gesetzesentwurf an.

Am 12. Januar ist im F.A.Z.-Fachverlag FRANKFURT BUSINESS MEDIA das Buch „bAV 2015 – Im Spannungsfeld zwischen Regulierung, Kapitalmärkten und Demo-graphie“ erschienen. Eine Sammlung von aktuellem Expertenwissen, die alle Gebie-te der betrieblichen Altersversorgung sehr detailliert ausleuchtet. Wer sich als Arbeit-geber oder Vermittler kundig machen will,

wie Unternehmen ihren Beschäftigten trotz niedriger Zins-erträge und adminis-trativer Komplexität eine lukrative Betriebs-rente anbieten können, findet hier umfang-reiche und nützliche

Informationen zu wichtigen Aspekten, wie HR und Vergütung, Kommunikation und Transparenz, Administration, Asset- und Risikomanagement, Opting-out, Auswir-kungen der Niedrig zinsphase u.v.m.In 26 Beiträgen identifizieren, beschreiben und bewerten renommierte Fachautoren und ausgewiesene Experten der bAV, wie Dr. Henriette Meissner oder Dr. Thomas Jasper u.v.a., relevante Rahmenbedingun-gen, maßgebliche Trends und die mittelfris-tige Entwicklung der bAV. Herausgeber sind Dr. Guido Birkner, verantwortlicher Re-dakteur HR im F.A.Z.-Fachverlag, sowie Pascal Bazzazi, Chefredakteur des Pensi-onsportals www.Leiter-bAV.de.

ISBN: 978-3-89981-326-5

Buchvorstellung

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Im Gespräch mit der VISAVIS-Redaktion bezog Fabian von Löbbecke Stellung zur geplanten Tarifrente. Von Löbbecke ist Vorstandsvorsitzender der Talanx Pensi-onsmanagement AG und verantwortlich für bAV bei HDI.

Seit dem Jahr 2002 muss jeder Arbeitgeber in Deutschland seinen Mitarbeitern eine betriebliche Altersversorgung (bAV) anbieten. Wie verbreitet ist die bAV heute?Studien zeigen, dass die bAV vor allem bei kleineren und mittelständischen Betrieben unzureichend genutzt wird. Nicht einmal die Hälfte hat eine entsprechende Versorgung. Da wo eine bAV eingerichtet ist, liegen die gezahlten Beiträge, je nach Statistik, im Durchschnitt zwischen 50 und 87 Euro im Monat. Das ist schade, da der Staat be-reits heute bis zu 242 Euro Monatsbei-trag steuer- und sozialversicherungsfrei fördert. Mit richtigen Anreizen könnte hier noch ein viel größeres Potenzial gehoben werden.

Im Gespräch ist auch eine Initiative aus dem Ministerium für Arbeit und Soziales: die sogenannte „Nahles-Rente“ ohne Arbeitgeberhaftung. Was ist davon zu halten? Ganz ehrlich, wir brauchen kein neues tarifl iches Zwangssystem neben der bestehenden bAV. Das schafft keine Vereinfachung, sondern würde alles nur komplexer machen. Schließlich müsste für die „Nahles-Rente“ unter hohen Kosten ein völlig neuer Verwaltungsapparat er-richtet werden. Wir haben heute bereits fünf Durchführungswege mit unterschied-lichen steuerlichen Förderungen und komplexen Vorschriften zur Bilanzierung. Das ist kompliziert genug. Die Unter-nehmen brauchen eine einfachere bAV und vor allem Planungssicherheit. Ein solches Zwangssystem könnte den guten Ruf der bAV gefährden. Erst recht, wenn Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden; die neue Tarifrente dann also auch für Betriebe gilt, die tarifl ich ungebunden sind.

Wie könnte die bAV in kleinen und mittelständischen Betrieben stärker genutzt werden? In dem man Hemmnisse für Arbeitgeber abbaut und Anreize für Arbeitnehmer schafft. Das lässt sich mit einfachen Mit-teln auch im bestehenden bAV-System umsetzen. Ein erster Schritt wäre schon getan, wenn Arbeitgeber zugunsten ihrer Mitarbeiter mindestens zur Hälfte auf ihre Sozialversicherungsersparnis verzichten würden. Das wäre für die Unternehmen kosten neutral, würde aber die Mitarbeiter motivieren, mehr Gehalt umzuwandeln. Zudem sollte der Gesetz-geber Arbeitgebern die Möglichkeit ge-ben, mehr zur bAV beizusteuern – und

zwar steuer- und sozialversicherungsfrei. Gerade im Niedrigzinsumfeld wäre der Staat gut beraten, den Dotierungsrah-men für versicherungsförmige bAV zu erhöhen. Dann könnten Unternehmen sich als soziale Arbeitgeber zeigen und zugleich die bAV stärker als personal-politisches Instrument zur Gewinnung neuer Fachkräfte nutzen.

Kann durch die „Nahles-Rente“ die betriebliche Vorsorge für Arbeit-nehmer mit geringerem Einkommen gestärkt werden?

Ich glaube, es würde schon sehr helfen, wenn man die Arbeitnehmer, die bereit sind selbst vorzusorgen, nicht länger bestaft. Gerade Geringverdie-ner müssen motiviert werden, mehr für ihre Altersvorsorge zu tun. Wenn der Gesetzgeber es mit der Förderung der bAV ernst meint, müsste er als Erstes die Anrechnung der bAV auf die Grundsicherung streichen. Außerdem muss die Effi zienz einer bAV für alle Beteiligten außer Frage stehen, hierzu sollten fällige Betriebsrenten endlich von der vollen Kranken- und Pfl egever-

sicherungspfl icht befreit werden. Sparen muss sich lohnen und zwar für jeden Arbeitnehmer.

Wie wichtig ist Beratung in der betrieblichen Altersvorsorge? Ohne Beratung geht es nicht. Der Arbeit-nehmer muss seine individuelle Versor-gungslücke kennen, um bedarfsgerecht vorsorgen zu können. Ein Zwangssystem würde vielleicht eine hohe Verbreitung erzielen, aber niemals eine bedarfsgerech-te Ausschöpfung der Beiträge erreichen. Schnell würde der Eindruck erweckt, mit einer „Nahles-Rente“ hätte man schon genug getan. Im Endeffekt würden viele Arbeitnehmer dann nicht mehr, son-dern eher weniger Vorsorge betreiben. Die Erfahrung der Riester-Rente zeigt: Arbeitnehmer brauchen oft einen Anstoß, um aktiv zu werden. Es würde sicher auch helfen, wenn man die Arbeitgeber hier mehr in die Pfl icht nehmen würde. Viele Arbeitnehmer wissen gar nicht, dass sie ei-nen Rechtsanspruch auf eine bAV haben. Wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter über ihren Anspruch informieren müssten, wäre schon viel gewonnen. Wenn sie dann noch ihre Mitarbeiter motivieren, sich während der Arbeitszeit beraten zu lassen, würden sicher deutlich mehr Arbeitnehmer eine bAV abschließen.

Warum ist es für Betriebe notwendig, ein Altersvorsorge-Management einzurichten? Wir sprachen ja bereits über die Gewin-nung von Fachkräften. Manche dieser neuen Mitarbeiter haben schon eine bAV bei ihrer alten Firma und möchten diese zu ihrem neuen Arbeitgeber mit-nehmen. Davor scheuen sich viele Un-ternehmen, weil sie Haftungsprobleme fürchten. Hier könnte der Gesetzgeber helfen, indem er die Rahmenbedingun-gen der Portabilität verbessert.

Welche Form der bAV würden Sie Arbeitgebern empfehlen? Unsere Erfahrung zeigt, dass gerade kleinere und mittelständische Unterneh-men eine einfache und verständliche bAV wollen. Die Direktversicherung im Zuge der Gehaltsumwandlung ist der einfachste und daher auch einer der beliebtesten Wege. Wir appellieren daher an die Arbeitgeber nicht zu warten, bis ein tarifl iches Zwangssystem kommt, sondern jetzt das Zepter in die Hand zu nehmen und selbst eine bAV einzuführen oder auszubauen. Beratung ist dabei das A und O und wird als Erfolgsfaktor von der Politik leider völlig unterschätzt. Gerade kleineren und mittelständischen Unternehmen empfehle ich, sich einen erfahrenen Versicherer als Experten ins Unternehmen zu holen, der sie bei der Einführung einer bAV kompetent berät.

Weitere Infos unter: www.hdi.de/bav

Vereinfachen stattverkomplizierenumDenKen Um die betriebliche Altersvorsorge (bAV) in Deutschland vor allem in kleineren und mittelständischen Unternehmen voranzubringen, bedarf es der richtigen Anreize. Bundes-sozialministerin Andrea Nahles plant eine neue Tarifrenteeinzuführen. Dabei wäre es besser, die bestehende bAVeinfacher und verständlicher zu gestalten. Das Opti mie-rungspotenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.

ABLEHnunG Eine neue, zusätzliche Tarifrente würde die bestehende bAV in Deutschland noch komplexer machen als sie ohnehin schon ist, davon ist Fabian von Löbbecke überzeugt. Sie würde zwar eine hohe Verbreitung erzielen, aber niemals eine bedarfsgerechte Versorgung der Mitarbeiter erreichen.

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Im Interview mit der VISAVIS-Redaktion gibt Martin Bockelmann, Geschäftsführerder xbAV GmbH, Einblicke in das Potenzial des bAV-Verwaltungsservice zur Kosten-reduzierung und Vereinfachung der Verwaltung von Versorgungsverträgen.

Herr Bockelmann, Ihr Unternehmen ist einer der führenden Dienstleister und Technologieanbieter in der bAV. Was macht xbAV so besonders?Die bAV-Verwaltung ist hochkomplex und zeitintensiv, eine Auslagerung schafft da eine enorme Entlastung in der Personal-abteilung. Als unabhängiger Partner undSchnittstelle zwischen Arbeitgeber, Versicherer, Arbeitnehmer und Vermittler übernehmen wir die vollständige und pro-fessionelle Verwaltung der betrieblichen Altersvorsorge. Unsere Stärken sind dabei unsere Neutralität, die innovative Techno-logie und die Transparenz in der Vergütung. Gerade weil unser Service unabhängig arbeitet, unterstützen uns immer mehr Versicherer. Die Grundlage dafür bietet unsere sichere und datenschutzkonforme Technologie, die den Aufwand für unsere

Geschäfts- und Kooperationspartner auf ein Minimum reduziert.

Worin besteht für Ihre Kunden der Mehrwert in der Zusammenarbeit mit Ihrem Unternehmen? Wir bieten Arbeitgebern die Möglichkeit, alle vorhandenen bAV-Verträge anbieter-unabhängig über unsere Anwendung zu verwalten. Dabei arbeiten wir eng mit dem jeweiligen Vermittler beziehungsweise Berater zusammen. Die Vorteile für den Arbeitgeber sind effi ziente, digitale Ver-waltungsprozesse, die schnelle, gesetzes- und datenschutzkonforme Bearbeitung, korrekte Abrechnungen der bAV im Gehalt und volle Transparenz in allen Abläufen.

Wie sieht Ihr Service konkret aus, um das Alltagsgeschäft Ihrer Kunden und Partner zu erleichtern?Unternehmen können ihre komplette bAV-Verwaltung an uns outsourcen: vom Eintritt über die laufende Betreuung bis zum Austritt, der elektronischen Archivie-rung und der Möglichkeit, jederzeit den aktuellen Stand eines Vorgangs abzufra-

gen. So profi tieren sie von einer effi zien-ten und kostengünstigen Abwicklung.Gerade die Angst vor hohem Verwaltungs- und Informationsaufwand ist ein wichtiges Thema und wurde bei der letzten bAV-Befragung (Machbarkeitsstudie bAV in KMU, i. A. des Bundesarbeitsministeriums, 06/14) als eines der häufi gsten Hemmnisse genannt. Outsourcing an einen profes-sionellen Dienstleister schafft hier eine

große Entlastung. Unser Ziel ist es, als Schnittstelle aller Beteiligten mit einem unabhängigen Service die bAV für alle attraktiver zu machen.

Wo sehen Sie einen Ansatzpunkt, um die bAV besser zu verbreiten?Unternehmen können die bAV für sich nut-zen, um weiter als attraktiver Arbeit geber wahrgenommen zu werden. Noch ist die Verbreitung der bAV, gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen, verhältnis-mäßig gering. Neben dem Verwaltungs-aufwand zählen laut der Machbarkeits-studie bAV auch mangelnde personelle Ressourcen, die Komplexität des Themas an sich und das fehlende Know-how über Möglichkeiten und Durchführungswege in der bAV zu den Gründen, die Unternehmen zögern lassen. Die fachkundige Beratungdurch einen Vermittler ist bei dem Vari-antenreichtum durchaus notwendig. Eine Trennung von Vertrieb und Verwaltung ist da sinnvoll, um Freiraum für das Kerngeschäft zu schaffen.

Weitere Infos unter: www.xbav.de

OUTSOURCING | bAV-Verwaltung mit transparenter Technologie

VEREINFACHUNG UND EFFIZIENZ IN DER BAV

ENTLASTUNG Die externe Verwaltung der betrieblichen Altersversorgung verschafft Unternehmen einen großen Wettbewerbs-vorteil, versichert Martin Bockelmann.

ternehmen und von ihnen geprägte Mit-gliedsverbände könnten seiner Einschät-zung nach dann gar nicht anders, als gegen obligatorische Ambitionen Sturm zu laufen, weil sie weniger Ressourcen haben, um Komplexitätsanforderun-gen einschließlich un be kannter Risiken zu bewältigen.

Falls die obligatorische Lösung am Ende nicht von den beiden Ta-rifvertragsparteien akzeptiert wird, müssen mittelbare Steuerungseffek-te im Steuer- und Sozialrecht zur Ver-einfachung der bereits bestehenden Durchführungswege greifen. Der Aufwand für die Einrichtung von betrieblichen Renten muss für klei-nere und mittlere Unternehmen ein-facher gestaltet werden und „das geht auch, wenn man es will“, meint Karch zuversichtlich.

Eine nachhaltige Reform entste-he durch Feinarbeit. Altersversorgung in Deutschland – egal in welchem System – sei aber erschreckend kom-pliziert. Das rühre nicht von der Kom-plexität des einzelnen Durch führungs-weges her, sondern liege an der steuerlich unterschiedlichen und sehr komplexen Behandlung einer im De-tail für den Laien kaum überschau-baren beitragsrechtlichen Behandlung und Anrechnungsmodi auf andere

Rentenansprüche, die für Karch nicht akzeptabel seien. So könnte Abwehr gegen neue Modelle wie eine „Nah-

les-Rente“ entstehen und so würden Un klarheiten als Gerechtigkeitslü-cken wahr genommen werden.

Ansätze zur besseren VerbreitungGerade im Zusammenhang mit der mangelnden Verständlichkeit der bAV und ihrer Risiken für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt es, die komplizier-

ten Strukturen der bestehenden bAV aufzubrechen und besonders ihre Ad-ministration zu vereinfachen. Kein leichtes Unterfangen, denn die bAV-Verwaltung ist durch die fünf Durch-führungswege hochkomplex und zeit-intensiv. Das wird sie trotz einer Re-form der Reform wohl auch künftig bleiben. Hilfe und Entlastung für Be-triebe und Versicherer verspricht nur eine Auslagerung der Verwaltung. Das spart nicht nur Zeit und Ressour-cen bei aufwändigen Vorgängen wie beispielsweise dem Arbeitgeberwech-sel, sondern vermindert auch Haf-tungsrisiken, die mit solchen Verwal-tungsvorgängen einher gehen. xbAV ist ein unabhängiger Partner für die Schnittstelle zwischen Arbeitgeber, Versicherer, Arbeitnehmer und Ver-mittler. Der Dienstleister übernimmt die vollständige und professionelle Abwicklung der betrieblichen Alters-vorsorge. Die Grundlage dafür bie-tet eine sichere und datenschutzkon-forme Technologie, die den Aufwand für die Geschäfts- und Kooperations-partner auf ein Minimum reduziert. Gerade für kleinere und mittelstän-dische Unternehmen ist die Verwal-tung ein Schreckgespenst. Das Out-sourcing der Verwaltung ist hier für den Betrieb oft die einzige Chance

bAV-VerwAltung

Die für Unternehmen zeitintensive bAV-Verwaltung wird durch die stetig steigenden rechtlichen Anforderungen immer komplexer. Als unabhängiger Partner entwickelt xbAV technologische Lösungen für eine effiziente und intelligente Pro-zessoptimierung in der betrieblichen Altersversorgung. Die zeitgemäße, datenschutzkonforme Technologie von xbAV reduziert den Aufwand für alle Beteiligten – Arbeitgeber, Versicherer, Arbeitnehmer und Vermittler – auf ein Minimum. Zu den Kunden und Partnern zählen die führenden Versicherer und eine steigende Anzahl von Arbeitgebern.  Als einer der führenden Dienst-leister und Technologieanbieter in der betrieblichen Altersvorsorge ist xbAV Mitglied der BIPRO e.V., der neutralen Organisation der Finanzdienstleistungsbranche, bei der fachliche und technische Normen zur Qualitätssteigerung entwickelt werden.

»Der Aufwand für die Ein-

richtung von betrieb-lichen Renten muss für kleinere und mittlere Unternehmen einfacher gestaltet werden. «

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eine bAV einzurichten oder ein be-stehendes Versorgungssystem effizi-ent auszubauen.

Wie wichtig es für die Alterssiche-rung ist, die betriebliche Altersvorsor-ge zu verbreiten und zu verbessern, darin sind sich alle einig. Denn bAV ist mehr als nur eine Rente. Darum gilt es Notiz zu nehmen von den viel-fältigen Bemühungen in der Beratungs- und Finanzdienstleistungssbranche, die bAV weiter voranzubringen. Die-sem Zweck dient beispielsweise der „Deutsche bAV-Preis“, der 2015 erst-mals in zwei Kategorien vergeben wird: für Großunternehmen und für den Mittelstand. Klaus Morgenstern, Mitglied der hochkarätig besetzten Ju-ry, nennt hierfür Gründe: Bei der erst-maligen Vergabe des Preises im ver-gangenen Jahr sei klar geworden, wie schwer sich die Leistungen von Groß-unternehmen und mittelständischen Firmen in der bAV vergleichen las-sen. Es besteht die Gefahr, dass die Projekte der Großkonzerne, hinter denen eine gut besetzte Personal-abteilung und viel größere Ressour-cen stecken, die Er gebnisse in klei-nen und mittleren Unternehmen in den Schatten stellen. Das aber wäre ein Fehler. Die Initiativen im Mittel-stand verdienen nicht weniger Wert-schätzung, auch wenn deren Umfang kleiner ausfällt. Gerade im Mittelstand besteht in der betrieblichen Alters-versorgung doch der größte Nachhol-bedarf. Der Jury und den Ausrichtern war es wichtig, gute Ideen und Kon-zepte aus diesen Unternehmen ins rechte Licht zu rücken. Prompt fielen der Jury die Entscheidungen in 2015 leichter als 2014, weil eben nicht die Gefahr bestand, dass anerkennens-werte Leistungen aus dem Mittelstand unter die Räder kommen. Die Anzahl

der Teilnehmer hat sich dadurch zwar noch nicht erhöht. Gerade im Bereich KMU ist der Kreis der Kandidaten si-cherlich größer, als die Zahl der Ein-reichungen bislang widerspiegelt.

Die Teilnehmer machen laut Klaus Morgenstern Hoffnung auf eine grö-ßere Verbreitung der bAV. Die einge-reichten Projekte demonstrieren eine große Vielfalt, die beweist: betriebli-che Altersversorgung ist viel mehr als nur Rente. Mittlerweile machen sich Unternehmen viele Gedanken über die Flexibilisierung des Übergangs vom Arbeitsleben in die Rente, zur Absi-cherung des Berufsunfähigkeitsrisikos und zur Einbettung in die gesamten Benefits, die Arbeitnehmer erhalten. Wenn diese innovativen Beispiele wei-ter Schule machen in der deutschen Wirtschaft, dann wird auch die Ver-breitung zunehmen, vorausgesetzt es verschlechtern sich die Rahmenbe-dingungen nicht noch weiter. Es ist schließlich kein Geheimnis, dass der Gesetzgeber die Unternehmen in der bAV mit viel Bürokratie überfrachtet.

Fazit: BAV hat ZukunftIn einer Zeit, wo um jeden guten Fach-arbeiter oder Talente im Arbeitsmarkt gekämpft wird, ist eine bAV gut für das Image eines Unternehmens. Sie ist ein Juwel im Sektor Personalwirtschaft, da sie neue Mitarbeiter anlockt und die erfahrenen Arbeitnehmer an das Un-ternehmen bindet. Dies gelte vor al-lem in Zeiten niedriger Zinsen, meinen die Experten des Beratungshauses To-wers Watson. Eine Altersvorsorge über das Unternehmen biete den Beschäf-tigten durch Gruppenkonditionen und Sondertarife einen Mehrwert, der auch die Rendite befördert. Außerdem kön-nen durch die zumeist vereinfachte Ge-sundheitsprüfung viele Arbeitnehmer leichter an der Vorsorge teilnehmen. Da eine Kündigung der Vorsorge in der bAV in der Regel nicht sinnvoll ist, kön-nen die Versicherer das Kapital in der Ansparphase langfristiger und oft auch alternativ zu Staatsanleihen anlegen, was sich nach Ansicht der Experten von Towers Watson sehr positiv auf die sichere Rendite auswirkt. Auf den Punkt gebracht, liegt der Vorteil der bAV in der biometrischen Leistung, der Stärke der Kollektive und dem Risiko-ausgleich von Schwankungen im Ka-pitalmarkt über die Laufzeit. Und weil sie zusätzlich die Attraktivität und das Image der Unternehmen stärkt, sieht Towers Watson ihre Zukunft optimis-tisch, selbst in Zeiten schwieriger Rah-menbedingungen in den Kapital- und Arbeitsmärkten.

Die deutsche Verteidigungsminis-terin verfügt über Flugzeuge, die nicht fliegen und Panzer, die nicht schie-ßen – was NATO-Bündnispartner er-schreckt, finden deutsche Pazifisten gut. Ähnliches ist aus der deutschen

Sozialpolitik zu vermelden. Reformen der sozialstaatlichen Rente, wie die Rente mit 63, die den Unternehmen erfahrene Arbeitnehmer entzieht, und Ideen für eine obligatorische „Zwangs-rente“ wollen bei den beiden Tarifver-tragsparteien nicht so richtig zünden. Zusätzlich lösen die Ideen von Bun-desministerin Nahles bei der Asseku-ranz Verwunderung bis Entsetzen aus. Was benötigt wird, ist ein runder Tisch. Neben den Arbeitgebern und den Ge-werkschaften sollten kompetente bAV-Experten der Assekuranz mit am Tisch sitzen. Aus gut unterrichteten politi-schen Kreisen war zu erfahren, dass das Modell einer Zwangsrente, wie von Bundesministerin Nahles ur-sprünglich geplant, in der Großen Ko-alition am Widerstand der Koalitions-partner, aber auch zu Teilen aus der SPD-Fraktion scheitern könnte. Es zeichnet sich ein Kompromisspaket ab, das zu einer Verbreiterung der Be-triebsrenten in Deutschland unter Ein-beziehung der deutschen Assekuranz führen wird. Das wäre auch gut so. Ein neues Verwaltungsmonster, wie es die Nahles-Lösung mit einer Zwangs-rente ohne Arbeitgeberhaftung aus-gelöst hätte, würde das bisher in der bAV und privatwirtschaftlichen Le-bensversicherung Erreichte nur ge-fährden statt es zu fördern.

Neben den garantierten biomet-rischen Lösungen der Versicherer gibt es weitere neue interessante Alterna-tiven der Banken und Investmentge-sellschaften, die teilweise auch zur Fi-nanzierung von fondsgebundenen Varianten der Versicherungswirtschaft eingesetzt werden. Um die Zukunft der bAV, auch in Zeiten niedriger Marktzinsen, muss einem darum nicht bange sein. Die Betriebsrente ist nicht tot, sondern quicklebendig. Sie durch kluge Reformen für kleine und mit-telständische Unternehmen zu bele-ben, kann sehr sinnvoll sein. Aller-dings wäre ein Zwang zur Betriebs rente der falsche Weg.

[email protected]

KRitiK Heribert Karch, Geschäftsführer des Versorgungswerkes MetallRente, bemängelt die Komplexität und die mangelnde Transparenz der bAV in Deutschland.

Der AutorDietmar Braun ist Spezialist für Assekuranz und Banken. Nach mehrjähriger Berufspraxis in der Versicherungswirtschaft lehrt er heute als Hochschuldozent an der Hochschule Heilbronn (HHN) und an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Stuttgart. Als Fachjournalist machte sich Braun unter anderem in Print- und Onlinemedien wie Versicherungsmagazin und Finanzwelt einen Namen.

Deutscher bAV-Preis

Am 24. Februar 2015 ist es soweit: Im Rahmen des Kongresses „Zu-kunftsmarkt Altersvorsorge 2015“ (Berlin) wird der 2. Deutsche bAV-Preis verliehen. Die Auszeichnung für innovative bAV-Lösungen in deutschen Unternehmen wird erstmals in den zwei Kategorien „Großunternehmen“ und „Mittel-stand“ vergeben. Prämiert werden Arbeitgeber mit zukunftsweisendenProjekten zur betrieblichen Altersvorsorge. Eine hochkarätig besetzte Jury von bAV-Experten aus Politik und Wirtschaft bewer-tet die Bereiche: Plangestaltung, Finanz- und Risikomanagement, Administration und Kommunikation. Im Vordergrund stehen dabei der innovative und kreative Charakter eines bAV-Projektes sowie dessen Einklang mit der Unternehmens- und Personalstrategie.

Erstmals vergeben wurde die neue Auszeichnung dieser Art im Februar 2014 an den Daimler Pensionsplan sowie an die Alters-versorgungsprojekte von Henkel, Fidelity und GE.

Mit dem Deutschen bAV-Preis soll die betriebliche Altersvorsorge als wesentliches Standbein der Alterssicherung für Arbeitnehmer in Deutschland stärker gefördert und verbreitet werden. Initiiert wurde die Auszeichnung von der Beratungsgesellschaft Towers Watson und dem Veranstalter des jährlichen Kongresses „Zukunfts-markt Altersvorsorge“, MCC. Neben dem Deutschen Institut für Alters-vorsorge (DIA) sowie der Infor-mationsplattform Leiter-bAV.de gibt es mittlerweile zahlreiche Unternehmen, Organisationen und Medienpartner, die den Preis unterstützen.

Bis zum Ende dieses Jahres können sich Unternehmen jeder Größe erneut für den nächsten Deutschen bAV-Preis 2016 bewerben.

Nähere Infos unter:www.deutscher-bav-preis.dewww.zukunftsmarkt-altersvorsorge.de

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GASTBEITRAG | Heiko Gradehandt, bAV-Mittelstandsexperte bei der Unternehmensberatung Towers Watson

Aus Mitarbeitersicht:Betriebsrente umfassend gesichert Grundsätzlich ist festzuhalten, dass Arbeitgeber in Deutsch-land unabhängig von der Entwicklung des Kapitalmarkts für die zugesagten Pensionsleistungen einstehen müssen. Hat der Arbeitgeber also eine bestimmte Leistung odereine bestimmte Verzinsung von Beiträgen zugesagt, so ist diese für den Mitarbeiter sicher. Für Änderungen gilt der Grundsatz des Vertrauensschutzes. Das heißt, dass die erdiente Anwartschaft gemäß der herrschenden Rechtsprechung fast nie gekürzt werden kann – auch bei kollektiver Einigung mit dem Vertrags-partner. Dieser Teil ist auch im Falle der Insolvenz eines Unternehmens durch den Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG) geschützt. Auch für Eingriffe in künftige Steige-rungen gibt es strenge Regeln. Anders ist die Situation, wenn der Pensionsplan selber bereits eine am Kapitalmarkt ausgerichtete Verzinsung vorsieht (z. B. versicherungsförmige Lösungen). In diesem Fall wirkt sich die Niedrigzinsphase unmittelbar auf die erwartete Endleistung des Mitarbeiters aus. Doch aus Mitarbeitersicht sind diese Zusagen eine ausgewogene Lösung, da die betriebliche Altersversorgung (bAV) mit sehr langen Anlagehorizonten rechnet, in denen sowohl Niedrig- als auch Hochzinsphasen einander abwechseln. Insbesondere auch im Vergleich zu anderen Vorsorgeformen bleibt die bAV damit eine der effi zientesten und sichersten Möglichkeiten der Altersvorsorge für den Mitarbeiter.

Aus Unternehmenssicht:Bilanzielle Schwankungen, niedrigere RenditenFührt das Unternehmen seine bAV über einen externen Versorgungsträger (wie zum Beispiel Direktversicherung oder Pensionskasse) durch, so ist es unmittelbar von der Niedrigzinsphase nicht betroffen. Der Großteil der Pensi-onsverpfl ichtungen in Deutschland besteht jedoch in der Form der direkten Pensionszusage (Direktzusage). Diese wird durch die Bildung von Pensionsrückstellungen intern fi nanziert und teilweise mit entsprechend gebundenen Vermögenswerten als Cash-Vorsorge hinterlegt. Soweit Unternehmen ihre Verpfl ichtungen am Kapitalmarktfi nanziert haben, mindert eine langfristige Niedrig zins-phase die Anlageerträge und führt daher ggf. langfristig zu Nachfi nanzierungsaufwand. Da auch die für die Ermittlung des Rechnungszinses zur Bewertung der Pensionsverpfl ichtungen grundlegenden Anlagerenditen deutlich gefallen sind, sehen sich Unter-nehmen deutlich gestiegenen Pensionsrückstellungengegenüber. Dies gilt insbesondere in der internationalen Bewertung, während der Effekt in den handelsrechtlichen Regelungen aufgrund der langjährigen Glättungsmecha-nismen gedämpft wird. Diese Vorgehensweise trägt der ausgesprochenen Lang-fristigkeit der Pensionsverbindlichkeiten Rechnung. Schwankungen in einem etwaigen Pensionsvermögen (Ausfinanzierungsgrad) müssen üblicherweise nicht unmittelbar ausgeglichen werden, da diese in erster Linie eine Cash-Reserve darstellen. Weiter kann man einwen-den, dass sich die Verpfl ichtung im Sinne der zu erwar-tenden Cashfl ows für das Unternehmen nicht geändert

hat. Bei unterstellt gleich bleibender Ertragslage und vollständiger Innenfi nanzierung hat die Niedrigzinsphase damit keine direkte Auswirkung auf die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens. Zu berücksichtigen ist aber, dass eine Zusage auf bAV im Sinne einer Gesamtvergütung eine entsprechende sofort liquiditätswirksame Barauszahlung und damit im Allge-meinen eine zusätzliche Fremdkapitalaufnahme ersetzt. Ein Unternehmen ohne Pensionszusage kann in einer Niedrigzinsphase diese zusätzliche Fremdkapitalaufnahme günstiger fi nanzieren. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Niedrigzinsphase für eine Reihe von Unternehmen auch eine gesunkene Ertragskraft refl ektiert. Für diese stellt der erhöhte Pensionsaufwand eine zusätzliche Belastung dar.

To Do 1:Pensionspläne prüfen, Risiken quantifi zieren Vorausschauende Unternehmen stellen ihre betrieblichen Versorgungswerke ohnehin alle drei bis fünf Jahre auf den Prüfstand. Dabei werden einerseits Auswirkungen aus geänderten wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmen-bedingungen analysiert und Risiken soweit möglich quan-tifi ziert. Darüber hinaus wird geprüft, inwieweit die beste-hende bAV weiterhin den wirtschaftlichen und personal-politischen Unternehmenszielen entspricht.

To Do 2:Plangestaltung und Finanzierung optimieren Umfassend kann ungewünschten Effekten des volatilen Rechnungszinses durch eine entsprechende Plangestal-tung begegnet werden, beispielsweise durch die Einfüh-rung von fonds- oder versicherungsakzessorischen Zusa-gen mit vollständiger Kapitaldeckung. Aber auch in der Innenfi nanzierung können durch geeignete Plangestal-tung die Risiken schwankender Rechnungszinsen gemil-dert werden. Zu prüfen ist, inwieweit entsprechende Zu-sagen nicht nur für neu eintretende Mitarbeiter eingeführt, sondern auch die Zusagen der bestehenden Mitarbeiter auf einen solchen neuen Plan überführt werden können.

Checkliste – Fünf Prüfpunkte für PensionspläneRechnungszins: Welche Auswirkung hat der Rechnungs-zins auf die Pensionsverpfl ichtung, das Eigenkapital und den Jahresaufwand?Cashfl ow: Welcher Cashfl ow kommt in den nächsten Jah-ren auf das Unternehmen zu?Risiken: Welche Risiken hat der Pensionsplan ggf. noch und kann bzw. möchte das Unternehmen sie tragen?Mitarbeitersicht: „Schätzen“ die Mitarbeiter den bestehenden Pensionsplan? Welche Leistungen sind den Mitarbeitern wichtig?Eingriffsmöglichkeiten: Welche Eingriffsmöglichkeiten gibt es für bestehende Zusagen?

Fazit Unternehmen sollten die Folgen der Niedrigzinsphase für ihre Pensionspläne genau eruieren und sorgsam im Blick behalten. Durch eine kluge Plangestaltung können sich Unternehmen vor zukünftigen Belastungen schützen, ohne die Attraktivität dieses sowohl unternehmens-, als auch sozialpolitisch wichtigen Benefi ts zu gefährden.

Weitere Infos unter: www.towerswatson.de

Der AutOrHeiko Gradehandt verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der Gestaltung und Betreuung betrieblicher Versorgungswerke. Er ist Client Relati-onship Manager für zahlreiche mittelständische und internationale Unternehmen und ist Mitbegründer der Mittelstandsinitiative. Gradehandt ist verant-wortlich für die Entwicklung und den Vertrieb auf die Bedürfnisse des Mittelstandes zugeschnittener Lösungen in der Plan- und Finanzierungsgestaltung.

riSiKOminimierung Der Leitzins der Europäischen Zentralbank ist auf einem Rekordtief und ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht abzusehen. Die Folgen dieser Zinsentwicklung für die bAV sind durchaus ernst zu nehmen. So dramatisch, wie es manche Schlagzeilen der letzten Monate vermuten lassen, sind sie jedoch nicht.

NIEDRIGZINSPHASE – WAS BEDEUTET DAS FÜR DIE BAV?

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Das Kapitalmarktumfeld fordert den Investoren ei-niges ab. Zum einen möch-te man dem Wunsch nach

größtmöglicher Sicherheit entspre-chen, zum anderen Erträge einfah-ren, die zu etwas mehr Ruhe und Ge-lassenheit beitragen. Wer sich in der aktuell schwer einschätzbaren Markt-situation nach stabilen Renditen sehnt, hat es demzufolge wahrlich nicht leicht. 10-jährige Bundesanleihen no-tieren aktuell bei 0,32 %. Eigentlich hatten die Marktteilnehmer bereits im vergangenen Jahr mit einem An-stieg der Renditen gerechnet. Deutsch-land ist dabei kein Einzelfall in der Eurozone. Zuletzt begab Italien kurz vor dem Jahreswechsel erstmals 10-jährige Anleihen zu einer Rendi-te von weniger als 2 %. Noch vor gut einem Jahr warfen die Papiere 4 % Rendite ab. Der beschriebene Ren-ditecrash ist jedoch nicht die einzi-ge Baustelle. Zwar sprechen mittler-weile immer mehr Experten von ei-ner Beruhigung der Lage am Öl-markt, doch generell leiden die Öl-preise nach wie vor unter einem zu hohen Angebot auf dem Weltmarkt und befinden sich im Sinkflug. Die Verbraucher in Deutschland freut es, zumal die Preise um minus 0,3 % im Januar gesunken sind.

Über allem schwebt zudem das Damoklesschwert des bis dato unge-lösten Ukraine-Konflikts mit Folgen für die deutsche und internationale Wirtschaft. Hinzu kommt, dass eine Anlageberatung im ursprünglichen Sinne oftmals nicht mehr stattfindet und die Regulierungsflut den Bera-tungsalltag determiniert. „Wir haben

das Gefühl, dass durch diese im Grun-de nur aus Formalien bestehende Re-gulierung dem Anleger nicht so rich-tig geholfen wird. Die Anlageberatung wird zunehmend zurückgedrängt“, sagt Andreas Grünewald, Vorstands-vorsitzender des Verbands unabhän-giger Vermögensverwalter (VuV). Vor diesem Hintergrund ist eine gezielte Auswahl der Renditetreiber für das Portfolio schwierig und wichtig zu-gleich. Zu bedenken gilt es, dass je-der Basispunkt Mehrertrag über dem mittlerweile negativen risikolosen Zins gleichfalls mit zusätzlichen Risiken verbunden ist.

Aktien und AktienfondsDer Jahresbeginn verläuft ganz nach dem Willen vieler Aktienbesitzer. Ob-wohl viele Experten zwar von Konso-lidierung sprechen, setzte der deut-sche Leitindex DAX Anfang Februar seine Rallye fort und schloss zwischen-zeitlich auf einem Allzeithoch. Sind Aktien wirklich alternativlos oder doch zu riskant? Sicher ist, dass diese As-setklasse in ein breit gestreutes Port-folio gehört. Investoren, denen die Ein-zeltitelauswahl zu schwierig erscheint, bieten sich eine Vielzahl von Aktien-fonds an. In jüngster Zeit treten dabei zunehmend Income-Strategien oder

die bereits bekannten Dividendenfonds in den Vordergrund. Immer stärker setzt sich die Überzeugung durch, dass regelmäßige Ausschüttungen angesichts der historisch niedrigen Zinserträge ei-ne solide Basis für den Anlageerfolg sind. Die DZ Bank geht aktuell davon aus, dass die HDax-Konzerne – das sind die gesamten Unternehmen aus Dax, MDax und TecDax – im laufen-den Jahr Dividenden in Höhe von 37 Milliarden Euro ausschütten werden. Das entspräche einem Plus von im-merhin 11 % im Vergleich zum Vor-jahr. Es ist keine Überraschung, dass Investments in ausschüttungsstarke Aktien immer öfter als lohnende Port-foliobereicherung gesehen werden. Laut Morningstar sind hierzulande mittlerweile über 70 Fonds mit Fokus auf Dividendenaktien im Vertrieb. Die Dividendenrendite in Deutschland (bei den DAX-Unternehmen durchschnitt-lich 2,8 %) liegt dabei zwar im obe-ren Mittelfeld, reicht aber nicht ganz an die Spitze heran. Skeptiker, die angesichts der Börsenrallye mahnend unterwegs sind, dürfen zwei Fakten nicht außer Acht lassen: Die lockere Geldpolitik der EZB kombiniert mit geplanten Staatsanleihenkäufen und ein moderates Kurs-Gewinn-Verhält-nis im DAX sollten Aktien, trotz zwi-schenzeitlicher Rücksetzer und er-höhter Volatilität, weiteren Auftrieb geben. VuV-Chef Grünewald verweist in diesem Kontext auf die Charakte-ristika vermögensverwaltender Fonds, die von Vermögensverwaltern ange-boten werden, mit denen sich das in-dividuelle Risikoprofil gut abbilden lässt und die in verschiedene Asset-klassen investieren.

KursKorreKturSparbuch und Festzins, der Deutschen liebstes Kind, die in der Vergangenheit regelmäßig annehmbare Zinsen brach-ten, gehören angesichts des Niedrigzinsumfeldes nicht mehr zu den Top-Anlageinvestments. Daran wird sich auf absehbare Zeit wenig ändern. Lukrativere, wenngleich auch risikobehaftetere Alternativen sollten daher im Fokus eines breit gestreuten Portfolios stehen.

Diversifikation und Weitsicht

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von Josef Kohlmaier

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Aktien oder Aktienfonds eignen sich auch zum Vermögensaufbau, wie das Renditedreieck des Deutschen Aktieninstituts auf Basis des Deut-schen Aktienindex DAX eindrucks-voll zeigt. „In diesem Zusammenhang gilt es, die deutsche Aktienkultur zu stärken. Wir begleiten bereits seit zwei Jahren eine Initiative in Koope-ration mit einer großen Zeitung und vermitteln Schülern in einer Doppel-stunde wichtige Grundlagen zum Thema Geldanlage. Völlig neutral und unabhängig. Wir geben den jungen Leuten Ratschläge an die Hand, was sie beachten sollten und wie sie am besten kritisch und eigenverantwort-lich mit ihrem Geld umgehen“, so Grünewald.

ImmobilieninvestmentsSpätestens seit der letzten großen Fi-nanzkrise 2008 hat sich die Welt dra-matisch gewandelt und im Zuge des-sen der Terminus „Sicherheit“ eine neue Dimension erfahren. Einstmals sicher geglaubte Häfen wie Gold ver-lieren ihren Nimbus. Neben Aktien erfreuen sich dabei Immobilieninvest-ments zunehmender Beliebtheit. Im-mobilien jetzt kaufen, wo alle kaufen und die Preisrallye schon einige Zeit anhält? Die Deutsche Genossenschafts-Hypothekenbank AG kommt in ihrer aktuellen Studie zum Fazit, dass an den sieben betrachteten Top-Stand-orten – Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Mün-chen – der Immobilienmarkt in allen

Segmenten von einer anhaltenden Nachfrage der Investoren profitiert. Gleichwohl dürfte die Dynamik in-folge des bereits erreichten hohen Ni-veaus leicht nachlassen. Die Lage an den Wohnungsmärkten, insbesonde-re der Metropolen, sorgt für Entwick-lungen, die vor einigen Jahren kaum jemand erwartet hätte. Denn obwohl der Wohnungsbau kräftig angezogen hat, reichen die fertig gestellten Ein-heiten nicht aus, um den hohen Wohn-raumbedarf der Großstädte zu decken. Selbst wenn das Credo der Immobi-lienanlage (Lage, Lage, Lage) stimmt, so müssen sich vor allem Kapitalan-leger, die auf die Mietrendite abzie-len, fragen, ob die Direktimmobilie durch die starken Preisentwicklun-

gen noch optimale Voraussetzungen bietet. Die Mietrenditen lagen laut der Studie „Wohnimmobilien 2015“ des Instituts für Immobilienwirtschaft der Universität Regensburg (IREBS) im vergangenen Jahr bei 4,8 % im Bestand und 3,8 % bei Neubauwoh-nungen. Die Gefahr einer nationa-len Preisblase sehen die Experten weiterhin nicht, sie warnen aber vor Überhitzungstendenzen in re-gionalen Teilmärkten.

Eine Alternative ist die indirekte Immobilienanlage. „Aus Sicht der An-leger können durch eine Investition in indirekte Immobilienanlagen Ex-tremrisiken reduziert werden. Zudem können private und institutionelle Anleger so von Spezialisierungsvor-teilen der professionellen Anbieter indirekter Immobilienanlagen profi-tieren“, notierten die Wissenschaft-ler Prof. Sebastian und Prof. Just zur volkswirtschaftlichen Bedeutung von indirekten Immobilienanlagen. Wolf-gang Dippold, geschäftsführender Gesellschafter der PROJECT Invest-ment Gruppe, erläutert zur Vorteil-haftigkeit indirekter Immobilienan-lagen: „In A-Lagen werden durch ho-he Kaufpreise niedrige Renditen er-zielt. Investoren unterschätzen zudem den Verwaltungsaufwand, Nachver-mietungsrisiken und spätere Sanie-rungskosten. Eine bessere Planbar-keit und mehr Stabilität bieten indi-rekte Immobilienbeteiligungen im Entwicklungsbereich, da die Folgeri-siken entfallen. Der Anleger profitiert von der Expertise des Anbieters und kann in renditestärkere Objektent-wicklungen investieren.“

Private Equity-InvestitionenNeben Aktien- und Immobilieninvest-ments zielen insbesondere die Ver-mögensverwaltungen reicher Fami-lien, die laut Fidelity Investment für die Anlagesaison 2014/15 eine Brutto-Zielrendite von durchschnittlich 6,9 % erwarten, zunehmend in ihrer Asset Allocation auf Private Equity ab. Der Anteil an Private Equity-Investitionen wird stärker ausgebaut und das lässt sich auf die Performance entsprechen-der Investments zurückführen. Da-

»In vielenPortfolios

mangelt es nach wie vor an der richtigen Balance. «

Die Königsdisziplin der Immobilienwirt-schaft zieht immer mehr Investoren an. Einer Umfrage von Rueckerconsult unter 100 institutionellen Investoren zufolge kommen für 57 % der Befragten Neubau-projektentwicklungen im Bereich Büro, Einzelhandel und Wohnen in Frage.

Dass mit klassischen Anlageformen kaum noch Vermögen gesichert, geschweige denn generiert werden kann, lässt sich am Beispiel 10-jähriger Bundesanleihen demonstrieren. Diese erzielen zwischen-zeitlich Minimalrenditen von 0,39 % (Stand Januar 2015) und damit weniger als ein Tagesgeldkonto bei der ING-DiBa oder Consorsbank. Nicht einmal die Tatsache, dass die Infl ationsrate bedingt durch den günstigen Ölpreis im Dezember 2014 auf einen historischen Niedrigstand von 0,2 % gefallen ist, kann über die Vermögensverluste hinwegtäuschen, die viele Investoren mit ihren Anlagen zurzeit erleiden. Über das Jahr gesehen lag die Infl ationsrate durchschnittlich bei 0,9 %. Wo liegt also heute das Potenzial für einen stabilen Vermögensaufbau?

»Auf der Suche nach Wertstabilität und Vermögenszuwachs erkennen immer mehr Anleger die Investition in die Ent-wicklung von Wohnraum in guten bis sehr guten Großstadtlagen, insbesondere in Berlin als derzeit gefragteste europäische Metropole, als wichtigen Baustein in ihrem Portfolio an«, so der Kapitalan-lage- und Immobilienexperte Wolfgang Dippold von PROJECT Investment. Der direkte Immobilienerwerb vor allem für Kapitalanleger, die auf die Mietrendite abzielen, bietet durch starke Preisent-wicklungen keine optimalen Voraus-

setzungen mehr. Nicht grundlos wollen 28 % der von Rueckerconsult befragten Großinvestoren wie Versicherungen und Pensionskassen den Anteil indirekter Immobilienanlagen erhöhen. Weitere 26 % votieren dafür, künftig ausschließ-lich indirekte Immobilieninvestitionenzu tätigen.

Ein weiterer Hintergrund ist der nicht zu unterschätzende Kosten- und Verwal-tungsaufwand von Bestandsimmobilien.

Revitalisierungskosten sind oft höher alsgeplant, eine Nachvermietung kann schwierigund kostenintensiv werden und der Ver-kaufspreis in Jahren ist kaum planbar. Werdiesen Aufwand scheut oder über wenig Erfahrung im Immobilienmanagement verfügt, sollte nach indirekten Immobilien-investments Ausschau halten, vor allem im Bereich der Wohnimmobilienentwicklung in den deutschen Metropolen.

Aufmerksamkeit erregt zum Beispiel der rein eigenkapitalbasierte ImmobilienfondsPROJECT Wohnen 14, der Anleger ab einerEinmalanlage von 10.000 Euro am rendite-starken deutschen Wohnimmo bilienmarkt teilhaben lässt. Das in mindestens 10Objekte streuende Angebot wird auf-grund seiner Sicherheitsarchitektur von Analysten wie Feri, TKL und Dextro als sehr gut bewertet. Vor allem in puncto Exit-Strategie herrscht Zug zum Tor: »Die Wohnungen verkaufen wir bereits wäh-rend der Planungs- und Bauphase über eigene Verkäufer gezielt an Eigennutzer, die nicht in erster Linie Wertsteigerungs- oder Vermietungsabsichten verfolgen, sondern sich ein attraktives Eigenheim schaffen möchten und daher in jeder Marktphase zuverlässig investieren«, führt Dippold aus. Wohnen 14 kann noch bis Jahresende mit einem Frühzeichner-bonus von 6 % p.a. gezeichnet werden. Daneben gibt es weitere Fondsangebote für Privatkunden, semi-professionelle und institutionelle Investoren. Für ihre Performance wurde die PROJECT Invest-ment AG zum Fondsinitiator des Jahres 2014 gewählt.

Weitere Informationen unter:www.project-investment.de

NEUBAUPROJEKTE | Immobilienentwicklung mit steigender Anleger-Akzeptanz

ALTERNATIVE ANLAGESTRATEGIEN

Januar

Februar

März

April

Mai

Juni

Juli

August

September

Oktober

November

Dezember

1,3 %

1,2 %

1,0 %

1,3 %

0,9 %

1,0 %

0,8 %

0,8 %

0,8 %

0,8 %

0,6 %

0,2 %

Inflation 2014 für Deutschland

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mit möchte man sicherstellen, dass das Investitionsverhalten und die Ren-diteerwartungen in Einklang gebracht werden können. Private Equity (Be-teiligungskapital) steht vor einem Re-vival. „It‘s boom time for private equi-ty. We are seeing positive indications for a strong 2015,“ so Steve Judge, Head of the Private Equity Growth Capital Council, in einem CNBC-In-terview. Tatsächlich hat sich die Pri-vate Equity-Branche in den vergan-genen Jahren durchaus zum Positi-ven entwickelt. Die Ampeln am deut-schen Beteiligungsmarkt stehen der-zeit weiter auf grün, auch wenn der Optimismus zuletzt etwas gedämpft wurde. Das German Private Equity Barometer ging zwar marginal zurück, das Geschäftsklima bleibt aber mit 47,8 Punkten weiterhin freundlich und liegt über seinem historischen Mittelwert. Allein in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres wur-de laut BVK ein Investitionsvolumen von circa 2,8 Mrd. Euro erzielt, was gegenüber dem Vorjahreszeitraum ei-nem Anstieg von über 30 % entspricht.

Das anhaltende Niedrigzinsum-feld ist ein Treiber für das wiederkeh-rende Interesse an Private Equity. Professionelle Investoren haben die Vorteile von Private Equity-Investi-tionen längst erkannt und damit zu-rückblickend teilweise attraktivere Renditen als auf anderen Märkten erzielt. „Als ‚Heuschrecken’ wurden einige Hedge-Fonds bezeichnet und gleich war eine ganze Finanzierungs-branche vermeintlich inkriminiert. Inzwischen hat sich das Bild gerade für Wagniskapital als Finanzierungs-form für junge Technologieunterneh-men hin zu einem sehr positiven ge-wandelt. Privates Beteiligungskapi-tal ist mittlerweile politisch mit kla-ren Aussagen der Bundesregierung die tragende Säule unserer Innova-tionsstrategie und zudem volkswirt-schaftlich zur Finanzierung künfti-ger Technologieunternehmen zwin-gend“, so Dr. Matthias Hallweger, Vorstand der HMW Emissionshaus AG. Vor allem für die zentrale Säu-le der deutschen Wirtschaft, den Mit-telstand, nimmt die Bedeutung von Private Equity zu. Unternehmen se-hen sich aus unterschiedlichen An-lässen heraus, wie beispielsweise steigenden F&E-Investitionen, mit einem erheblichen Kapitalbedarf konfrontiert und benötigen Eigen-kapital, da die Fremdverschuldung oftmals nicht erhöht werden kann. Nur mit entsprechenden Investitio-nen finden viele Unternehmen auf ihren Wachstumspfad zurück und können ihre Potenziale voll ausschöp-fen und Wettbewerbern Paroli bie-ten. Somit ist Private Equity ein dau-erhaft interessanter Teil des Invest-ment-Universums.

FazitDie Auswahl der Geldanlagen ist sicherlich eine der schwierigsten Ent-scheidungen, denn Investments mit höheren Renditen beinhalten oft auch größere Risiken. Mit einer breiten Streuung (Diversifikation) lässt sich das Verlustrisiko bei Aktieninvest-ments und anderen Geldanlagen mindern, ohne die Gewinnaussich-ten zu schmälern. Gemeinhin gilt die Ansicht, dass insbesondere Aktien, Immobilien und Gold einen gewissen

Schutz vor der finanziellen Repres-sion, also der Enteignung durch negative Realzinsen, bieten. Die-se Meinung hat zwar viel für sich, muss jedoch im Detail überprüft werden. So können Aktienkurse beispielsweise sehr schwanken, bringen jedoch im besten Fall ne-ben Kursgewinnen auch hohe Di-videnden. Aktieninvestments sind demnach eine Basis für die lang-fristige Geldanlage. Immobilien-preise unterliegen auch Schwan-kungen. Die Mietrendite von Im-mobilien oder die Mietersparnis im Fall der Eigennutzung ist eine weitere Komponente dieser Anla-geklasse. Schließlich gehen die meisten Menschen mit dem Im-mobilienkauf auch ein Klumpen-risiko ein. Hier kann mitunter die indirekte Immobilienanlage mit der Streuung in verschiedene Ob-jekte ihre Vorzüge ausspielen. Auch die Bedeutung des Beteiligungska-pitals (Private Equity) erfährt wie-der eine Renaissance, zumal Wachs-tumsunternehmen vermehrt auf zusätzliches Eigenkapital angewie-sen sind. In diesem Kontext kön-nen private von institutionellen In-vestoren lernen, da diese ihre Al-lokation in Private Equity stetig ausbauen. Das Niedrigzinsumfeld macht letztlich ein Umdenken er-forderlich. „In vielen Portfolios mangelt es nach wie vor an der richtigen Balance“, stellt VuV-Chef Grünewald abschließend fest.

[email protected]

Branchentermine3. Jahreskonferenz Corporate BondsAktuelles am Markt für Unter nehmensanleihen 19. März 2015, Frankfurt/M. www.dai.de

Börsentag MünchenDie Null-Zins-Falle – wie Sie dennoch Vermögen auf-bauen und Kaufkraft erhalten 21. März 2015, München www.boersentag-muenchen.de

Parlamentarischer Abend des BVKInformationsveranstaltung über das Wirken von Beteiligungskapital 26. März 2015, Berlin www.bvkap.de

Deutsche Anlegermesse Frankfurt 2015Über 150 Aussteller und Partner präsentieren sich an zwei Messetagen der Finanz-Community 27. bis 28. März 2015, Frankfurt/M. www.deutsche-anlegermesse.de

Invest 2015Leitmesse und Kongress für Finanzen und Geldanlage 17. bis 18. April 2015, Stuttgart www.messe-stuttgart.de/invest

POOLS & FINANCE 2015Forum für unabhängige Finanzberatung 12. Mai 2015, Frankfurt/M. www.poolsandfinance.de

Voraussicht Andreas Grünewald, Vorstandsvorsitzender des VuV, setzt sich für die Stärkung der deutschen Aktienkultur ein.

AKTIONÄRE UND BESITZER VON AKTIENFONDS

Quelle: Aktionärszahlen des Deutschen Aktieninstituts (DAI) 2013

nur Aktienfonds* Aktien und Aktienfonds* nur Aktien

12.000

10.000

8.000

6.000

4.000

2.000

5.601

6.789

8.231

11.828

12.853

11.54911.127

10.50410.796

10.314 10.317

9.317

8.811

8.3858.477

9.490

8.921

627

9111.518

2.748

2.607

2.088 2.0861.944 2.014

1.874 1.6771.365 1.405 1.305 1.534

1.662 1.749

1.681

2.274

3.226

5.617

7.159

6.549

6.081

5.8996.052

6.074 6.270

5.764

5.187

4.731 4.586

4.958

4.361

*Aktienfonds einschließlich Mischfondsin Tausend

2012 2013 2010 2011 2008 2009 2006 2007 2004 2005 2002 2003 2000 2001 1999 1997 1998

3.293 3.604 3.487 3.463 3.087 2.912 2.960 2.661 2.730 2.366 2.370 2.188 2.219 2.349 2.357 2.870 2.811

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Unternehmen, die unsere Volks-wirtschaft morgen mit Arbeitsplätzen und Folgeinvestitionen tragen werden, brauchen heute Kapital für ihr Wachs-tum. Die volkswirtschaftliche Bedeu-tung der Zuführung von Eigenkapital als überlebenswichtige Lebensader ei-ner Wettbewerbswirtschaft ist jedoch in Deutschland noch nicht hinreichend in den Köpfen verankert. Vor allem für den Mittelstand, dem Nukleus der deutschen Wirtschaft, nimmt die Be-deutung von Private Equity zu, weil teilweise ein erheblicher Kapitalbedarf besteht und die Bankenfinanzierung infolge fehlenden Eigenkapitals oder fehlender Sicherheiten oftmals nicht erhöht werden kann. Folglich ist das Wachstum begrenzt und bleibt hinter den Potenzialen zurück. Ein stottern-der Motor, der durch Zuführung von Private Equity-Investitionen wieder flott gemacht wird. Und nicht nur das, mit dem VC-Investor geht zumeist auch unternehmerisches Know-how und aktive Netzwerk-Verbreiterung am Markt einher. Aus ehemaligen defizi-tären Unternehmensbereichen entwi-ckelten sich vielfach erfolgreiche Un-ternehmen, die in der neu gewonne-nen Unabhängigkeit ihre Wachstums-chancen sinnvoll zu nutzen verstehen und sich gewinnbringend den verän-derten Marktbedingungen anpassen. Im Venture Capital-Bereich werden Investitionen in junge dynamische Technologieunternehmen getätigt, um den Herausforderungen von morgen kraftvoll zu begegnen. Private Equity ist kein marginaler Nischenmarkt mehr, sondern hat sich zu einem zunehmend bedeutenden Wirtschaftszweig etab-liert, der noch mehr Schubkraft von politischer Seite verdient.

„Statt weniger direkte Unterneh-mensbeteiligungen brauchen wir mehr. Deutschland ist stark geworden durch seine technologischen Erneuerungen. Investitionen in junge Technologieun-ternehmen, wie sie die MIG Fonds tä-tigen, stärken die Innovationskraft un-serer Wirtschaft und helfen, unsere Zukunft zu gestalten. Das klingt nicht nur positiv, das ist für unsere Volks-wirtschaft von morgen zwingend“, sagt Dr. Matthias Hallweger, Vorstand der HMW Emissionshaus AG in Pullach. Die HMW Gruppe ist dabei nicht nur Fondsinitiator und Anbieter der MIG Fonds, sondern leitet zugleich deren exklusiven Vertrieb. In diesem Um-feld ist sie ein gesetzter Player.

Die Historie der MIG Fonds reicht dabei bis ins Jahr 2005 zurück. Erst vor wenigen Wochen wurde nun der KAGB-konforme und von der BaFin freigegebene MIG Fonds 15 aufgelegt. Der Fonds soll, wie seine Vorgänger, in Wachstumsunternehmen aus ver-schiedenen Branchen investieren, da-runter Umwelttechnologie, Energie-

technologie, Life Sciences, Neue Ma-terialien oder auch Kommunikations- und Informationstechnologie. Mittler-weile sind die MIG Fonds in 28 Port-foliounternehmen investiert, wobei sie nicht alleiniger Investor sind. Neben staatlichen Förderinstitutionen wie der

KfW oder Mittelständischen Beteili-gungsgesellschaften der Länder oder auch dem High Tech Gründerfonds des Bundes sind es je nach Unterneh-men auch vermögende Familien, wie z.B. die des SAP-Mitbegründers Diet-mar Hopp oder die Brüder Thomas

und Andreas Strüngmann, die die Ent-wicklung dieser Unternehmen aktiv begleiten und forcieren. Ein Beispiel aus dem Portfolio ist die CYNORA GmbH aus Bruchsal. CYNORA ist Technologie- und Marktführer im Be-reich bestimmter OLED-Emitter. Was komplex klingt, ist es auch und halten wir dennoch im täglichen Gebrauch in den Händen. Moderne Handy-Dis-plays wären ohne diese Technologie undenkbar. Der Marktführer in die-sem Teilbereich der Kommunikations-technologie ist ein junges MIG-Wachs-tumsunternehmen aus Deutschland.

Gemanagt werden die Portfolios der MIG Fonds von der MIG Verwal-tungs AG als von der BaFin zertifizier-te Kapitalverwaltungsgesellschaft. Erst vor wenigen Wochen wurde nach in-tensiver Prüfung durch ebendiese das Portfolio mit der NavVis GmbH um ein weiteres Unternehmen erweitert. Das Ziel ist klar definiert: Es geht um aktive, operative Wertschöpfung in den so finanzierten Unternehmen.

Die Zahlen, in diesem Fall das ein-geworbene Eigenkapital, sprechen ei-ne eindeutige Sprache und untermau-ern die Richtigkeit der strategischen Aus-richtung. Das eingeworbene Eigenka-pital für die MIG Fonds betrug im Jahr 2013 rund 75 Mio. Euro. Dabei konn-te die HMW Emissionshaus AG nach Zahlen des Branchenverbandes einmal mehr den 1. Platz in der Rubrik „An-bieter Private Equity“ behaupten. Das gezeichnete Kapital der MIG Fonds in-klusive der beiden Vorgängerfonds be-trug Ende des vergangenen Jahres cir-ca 1 Mrd. Euro. Mit dem MIG Fonds 15 wird die Erfolgsstory fortgeführt wer-den. An dem Einmalanlagefonds kön-nen sich Anleger ab Beteiligungsbeträ-gen von 10.000 Euro beteiligen. „Damit sind wir endgültig am voll regulierten ‚weißen’ Kapitalmarkt angekommen“, bekräftigt Dr. Hallweger.

Um sich noch breiter und diver-sifizierter zu positionieren, bietet das HMW Emissionshaus für qualifizier-te Privatanleger zudem eine aktiv ge-managte Vermögensverwaltung an. Dabei wird die Investition des Anle-gers im Rahmen einer eigenen Strate-gie durch einen erfahrenen Vermö-gensverwalter aktiv gemanagt und ist zudem jederzeit verfügbar. Eine sinn-volle Ergänzung, zumal die Themen, die in der MIG-Kategorie abgedeckt werden, sich nun auch im Rahmen einer Vermögensverwaltung mit ei-nem Absicherungsmodus für die An-leger fondsgebunden abbilden lassen. Die positiven Renditezahlen der HMW Vermögensverwaltung aus dem an-spruchsvollen Jahr 2014 sprechen hier eine deutliche Sprache.

Weitere Informationen unter:www.mig-fonds.de

WachstumschancenAngesichts Staatsverschuldung und erschwerter Kreditvergabe wächst die volkswirtschaftliche Bedeutung von Private Equity. Die Wirtschaft braucht Innovationen und unternehmerisches Kapital. Private Equity bietet diesen Zugang. Die Ampeln stehen auf grün, zumal auch institutionelle Investoren ihre Allokationen in diese Assetklasse weiter erhöhen wollen.

Kapital verleiht Schubkraft

Beteiligung Die MIG Fonds finanzieren junge, innovative Unternehmen mit Weltmarktführerpotenzial und begleiten diese Unternehmen ein Stück ihres Weges, betont Dr. Matthias Hallweger, Vorstand der HMW Emissionshaus AG.

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