versuche über aufnahme, verteilung im organismus und ausscheidung des rivanols, sowie seine...

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XX. Aus dem Pharmakologischen Laboratorium der I. G. Farbenindustrie Werk H(ichst a. M. Versuche iiber Aufnahme,Verteilung im 0rganismus und Ausseheidung des Rivanols, sowie seine photodynamiseheWirkung. Von Otto Schaumann. (Mit 4 Kurven.) (Eingegangen am 18. IV. 1930.) Seit den einfiihrenden Arbeiten yon Morgenroth, Schnitzer und R o s e n b e r g 1) tiber die chemotherapeutischen Fi~higkeiten des Rivanols hat diese Verbindung die Chirurgie und ihre Grenzgebiete ftir sich er- obert. Bei der Bek~mpfung lokalisierter Infektionen steht das Rivanol heute mit in der ersten Linie. In jtingster Zeit scheint sich nun ein neues Wirkungsfeld fiir das Rivanol in der Bek~mpfung infektiSser Erkrankungen des ~agen-Darm- kanals zu erschliel~en. Bei der AmSbem'uhr sind bereits bemerkenswerte Resultate erzielt worden 2, 3). Der bisherigen meist lokalen Anwendungsweise des Rivanols ist es wohl zuzuschreiben, da6 fiber die Pharmakologie dieses Stoffes mit Aus- nahme seiner bakteriziden F~higkeiten recht wenig bekannt ist. Die Sache liegt hier ahnlich wie beim Trypaflavin, fiber dessen pharmako- logische Eigensehaften erst Lenz a) 7 Jahre naeh der Entdeckung der Verbindung durch Ehrlieh und Benda 5) genauere pharmakologische Angaben machte. Wohl ]agen schon vorher einige Versuchsresultate tiber KSrper der Acridinreihe vor: Uber das Phosphin (Diaminophenyl- acridin) machten ]888 Dujardin-Beaumetz und Andert6) orientie- 1) Dtsch. reed. Wochenschr. 1921~ ~r. 44. 2) Peter~ Mtinch. meal. Wochenschr. 1927, S. 1709. 3) Urchs~ Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. 192% Bd. 3!, S. 141. 4) Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. Bd. 12~ S. 195. 5) Ber. d. dtsch, chem. Ges. Bd. 46~ S. 1933. 6) u r c h o w - H i r s c h Jahresber. 1888~ zitiert nach L e n z.

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Page 1: Versuche über Aufnahme, Verteilung im Organismus und Ausscheidung des Rivanols, sowie seine photodynamische Wirkung

XX.

Aus dem Pharmakologischen Laboratorium der I. G. Farbenindustrie Werk H(ichst a. M.

Versuche iiber Aufnahme, Verteilung im 0rganismus und Ausseheidung des Rivanols, sowie seine photodynamisehe Wirkung.

Von

Otto S c h a u m a n n .

(Mit 4 Kurven.)

(Eingegangen am 18. IV. 1930.)

Seit den einfiihrenden Arbeiten yon M o r g e n r o t h , S c h n i t z e r und R o s e n b e r g 1) tiber die chemotherapeutischen Fi~higkeiten des Rivanols hat diese Verbindung die Chirurgie und ihre Grenzgebiete ftir sich er- obert. Bei der Bek~mpfung lokalisierter Infektionen steht das Rivanol heute mit in der ersten Linie.

In jtingster Zeit scheint sich nun ein neues Wirkungsfeld fiir das Rivanol in der Bek~mpfung infektiSser Erkrankungen des ~agen-Darm- kanals zu erschliel~en. Bei der AmSbem'uhr sind bereits bemerkenswerte Resultate erzielt worden 2, 3).

Der bisherigen meist lokalen Anwendungsweise des Rivanols ist es wohl zuzuschreiben, da6 fiber die Pharmakologie dieses Stoffes mit Aus- nahme seiner bakteriziden F~higkeiten recht wenig bekannt ist. Die Sache liegt hier ahnlich wie beim Trypaflavin, fiber dessen pharmako- logische Eigensehaften erst Lenz a) 7 Jahre naeh der Entdeckung der Verbindung durch E h r l i e h und B e n d a 5) genauere pharmakologische Angaben machte. Wohl ]agen schon vorher einige Versuchsresultate tiber KSrper der Acridinreihe vor: Uber das Phosphin (Diaminophenyl- acridin) machten ]888 D u j a r d i n - B e a u m e t z und Ander t6) orientie-

1) Dtsch. reed. Wochenschr. 1921~ ~r. 44. 2) Pe te r~ Mtinch. meal. Wochenschr. 1927, S. 1709. 3) Urchs~ Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. 192% Bd. 3!, S. 141. 4) Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. Bd. 12~ S. 195. 5) Ber. d. dtsch, chem. Ges. Bd. 46~ S. 1933. 6) u r c h o w- H i r s c h Jahresber. 1888~ zitiert nach L e n z.

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rende Versuche; sic fanden neben einer starken lokalen Reizwirkung Erregung der nervSsen Zentren mit naehfolgender L~thmung. Sp~ter stellten dann Tappe ine r l ) sowie Jod lbaue r 2) und ihre Mitarbeiter weitere Untersuchungen fiber Aeridinderivate an. Die Ausscheidung des Acridins selbst studierte F fihnera), der im Harn yon Kaninchen nach Verfiitterung ein Oxydationsprodukt, das 3-Oxy-9-keto-10-dihydroacri- don feststellen konnte, wahrend J o d l b a u e r und Salvendi~) fanden, dal~ der KSrper neben starker lokaler Reizwirkung in tier ttauptsache l~hmend auf die nervSsen Zentren wirkt. Eine eingehende pharmako- logisehe Studie lieferte jedoch erst Lenz (a. a. 0.) ia seinen ~>Unter- suchungen fiber die pharmakologischen Elementarwirkungen in der Acri- din- und Acridiniumgruppe <<. Naeh seinen Untersuehungen gehSren die (bis dahin bekannten) Acridine zu den allgemein l~hmenden Proto- plasmagiften. Am Warmbliiter tritt der Tod durch L~thmung des Atem- zentrums ein, das fiir diese Stoffe etwa 2--3real empfindlicher ist als das Herz, auf das das Trypaflavin z. B. erheblieh schwacher wirkt als Chinin. Die Acridine haben zwar eine Fluoreszenzliehtwh'kung, ~)sie spielt aber bei den toxischen Wirkungen auf h6here 0rgane praktisch keine Rolle <<. Die motorische Lahmung ist keine Kurarewirkung sondern zentral bedingt. In den Liquor gehen die Stoffe nur in minimalen Spuren tiber, wahrend sonst fast alle Gewebe in vivo intensiv gef~rbt werden.

Sind also bei einigen Acridinderivaten und besonders beim Trypa- flavin durch die eingehende Analyse yon Lenz die wichtigsten pharma- kologischen Eigenschaften festgestellt worden, so sind unsere Kenntnisse fiber das Rivanol in dieser Hinsieht noch sehr bescheiden. Die mit der Heilung der AmSbenruhr einhergehende auffallend rasehe Besserung der subjektiven BeschwerdenS) auch bei peroraler Verabreichung land ihre Erkl~rung in tier krampflSsenden und tonusvermindernden Wirkung des Rivanols auf den Warmblfiterdickdarm, die von mir 6) auch experimen- tell nachgewiesen wurde.

Diese Versuche wurden yon Gel~ner am gleiehen Ort 7) einer scharfen Kritik unterzogen, die yon mir s) mit ausffihrlicher Begrfindung zurfiek- gewiesen wurde. Ge]ner hat dieselbe Kritik auch in diesem Archly 9)

1) Dtsch. Arch. f. klin. ~[cd. Bd. 56, S. 189, 369. 2) Ebenda Bd. 59, S. 167. 3) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 51, S. 394. 4) Arch. internat, de pharmaco-dyn, et de thSrapie Bd. 15, S. 222. 5) P e t e r , a. a. O. 61 Arch. f. Schiffs- u. Tropenhyg. Bd. 32, Beih. S. 16. 7) Ebenda Bd. 33, S. 277. 8) Ebeada Bd. 33, S. 489. 9) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 142, S. 45.

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wiederholt. Um unnOtige Doppelpublikationen zu vermeiden, mSchte ich an dieser Stelle nur auf meine oben angeffihrte Erwiderung hinweisen. Ich babe auch neuerdings bei wiederholten Nachprtifungen stets nut eine tonussenkende Wirkung des Rivanols in Konzentrationen yon 10 -~ bis 10 -6 bei erhaltener Motilit~t beobachten k0nnen. Die F~lle, in denen Gel~ner - - aucher konnte ja wiederholt Tonussenkung beobachten - - keine Wirkung oder sogar einen ~)geradezu pflokarpinartigen schnellen und starken Tonusanstieg (( beobachtete, sind wohl auI Fehler in der Versuchstechnik (Abktihlung) zurtickzufiihren; gentigt doch bei dem so sehr temlJeraturempfindlichen Darm bereits die Ein- spritzung yon 1 ccm kalter TyrodelSsung auf 50 ccm Badfltissigkeit, um mit- unter einen derartigen ~)pilokarpinartigen(< Tonusanstieg herbe~zuffihren.

Zum Beleg seien bier noch einige am isolierten spontan t~tigen Warm- bliiterdarm gewonnene Kurven gebracht.

Kurve 1 und 2. Tonussenkung durch Riv. 10-3 am isolierten Darm nach Magnus. Am Dtinndarm (K. 1) Pendelbewegungen deutlich verstih'kt, am Dickdarm kehrt

nach Auswaschen die urspriingliche Motilitiit wieder.

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Rivanol bewirkt auch hier wieder eine mehr oder weniger starke Tonus- senkung bei erhaltener Motilit~t, die sogar gesteigert sein kann; die Wirkung h~lt w~hrend der Anwesenheit des Rivanols an. Eine Schadigung der Darm- motilit~t tritt trotz der langen Einwirkungsdauer (10--20 ~inuten) nicht ein. Den voriibergehend tonussteigernden Etfekt, den der Zusatz yon 1 ccm kalter LSsung zu 50 ccm Badfltissigkeit hat, zeigt Kurve 3. W~hrend bei Zusatz yon kalter Tyrodel0sung der Tonus bald zur Ausgangsh(ihe zurtickkehrt, sinkt er bei Zusatz yon 1 ccm kalter RivanollOsung 1:20000 auf 50ecru (End- konzentration 10 -6) noch deutlich darunter ab.

Knrve 3. Voriibergehende Tonussteigerung dutch Zusatz yon 1 ccm kalter Fliissigkeit in 50 ccm Badfltissigkeit.

Bei der ausgedehnten Anwendung des Rivanols einerseits und den sp~rlichen Angaben fiber seine Pharmakologie andererseits mag es daher berechtigt erscheinen, zusammenfassend fiber Beobachtungen zu be= richten, die im Laufe des vergangenen Jahres fiber das Verhalten des Rivanols im TierkSrper bei intravenSser Injektion und peroraler Ver- ftitterung sowie seine photodynamische Wirkung gemacht wurden.

Zu den Versuchen dienten 34 Miiuse, 5 Meersehweinehen, ]1 Kanin- chert, 5 Katzen und 2 Hunde. Die Injektionen wurden in die Ohrvene oder in die Jugularis, bei M~usen in die Schwanzvene gemaeht. Peroral wurde das Rivanol mit der Schlundsonde verftittert. Benutzt wurden stets frisehe LSsungen des Rivanollaktats in destilliertem Wasser.

Zum Naehweis des Rivanols auch in gro~en Verdtinnungen sind die naheliegenden kolorimetrischen Methoden nicht geeignet. Das Riva-

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nol besitzt ni~mlich trotz seiner starken Fiirbekraft zum Unterschied vom Trypaflavin nut eine geringe Farbintensi~i i t ; bei der Eigenfarbe der KSrperfltissigkeiten und Gewebe ist die geringe Gelbfiirbung durch kleine Rivanolmengen nicht zu erkennen.

Auch die bei reinen RivanollSsungen sonst sehr empfindliche 7Nitrit- reaktion (Yiolettfi~rbung dutch NAN02 in minerals~urer LSsung) ist hSch- stens bei hSheren Konzentrationen des Rivanols (tiber 10 -5) im Harn brauchbar; bei geringeren Konzentrationen und in anderen Ksrperfltis- sigkeiten wird sie uncharakteristisch,

Zum 5Iachweis und zur anni~hernden quantitativen Bestimmung wurde daher die bekannte Fluoreszenz des Rivanols benutzt. Diese Eigenschaft der Acridinfarbstoffe wurde sehon frtiher zu ihrem 5Taeh- weis, speziell beim Trypaflavin, benutzt. Als Lichtquelle diente dabei das sichtbare Lieht, das wohl gestattet, in relativ reinen LSsungen einen Gehalt an Trypaflavin oder Rivanol zu erkennen, bei trtiben Medien und speziell bei Gewebssttieken jedoeh versagt. Diese Sehwierigkeiten wurden dutch die Anwendung der yon sichtbaren Lichtstrahlen befreiten Ultraviolettstrahlen der Hanauer Analysen- Quarzlampe tiberwunden, die es gestattet, sowohl in der Aufsieht in .Organen oder in yon Filtrierpapier usw. aufgesaugten KSrper- fltissigkeiten, als aueh in durchfallendem Ultraviolettlicht an Organ- schnitten, selbst unter dem Mikroskop, das Rivanol mit Leichtigkeit naehzuweisen.

Methodik. Als Fluoreszenzerreger diente die Ultraviolettstrahlung der Hanauer

Analysenquarzlampe. Bei Fltissigkeiten wurde ein Tropfen auf ein Sttickchen reines Filtrierpapier gebr~cht. Zur ann~hernden qu~ntitativen Bestimmung vergleicht man mit gleichen Tropfen yon in geometrisehe Reihe fallenden Konzentrationen yon reinem Rivanol in 50%iger Essigs~ure. Bei sthrkerem Farbstoifgehalt ist es vorteilhaR zuerst mit 50%iger Essigsiiure zu ver- dfinnen. (Die starke Essigsiiure verhindert das Ausfallen von Ballaststoffen, die sonst einen gro~en Teil des Rivanols mitrei~en kSnnen.) Zu einer genaueren Mengenbestimmung, auf die bei den vorliegenden Versuchen verziehtet wurde, dtirfte sich die Einriehtung des Zeissschen Stufenphotometers zttr Fluoreszenz- liehtmessung eignenl). Auf die geschilderte Weise gelingt es leieht, Rivanol auch in gef~bten und trfiben Fliissigkeiten bis zu einer Verdtinnung yon 10 -8 nachzuweisen. Bei noch grOl~eren Verdiinnungen in eiweiI3freien L0sungen kann man sich die Eigenschaft des Rivanols, auf tannierte Baumwolle auf- zuziehen, zunutze machen: Man bringt entweder ein kleines Sttiekehen tan-

1) Inzwisehen wurde, eine Reihe yon Versuchen (s. u.) mit diesem Apparat durchgeffihrt und ergaben~ da$ sich Konzentrationsunterschiede yon 10O/o noch mit Sicherheit erkennen lassen.

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nierten Mull in die mit Essigsaure schwach anges~uerte LSsung und l~]~t unter h~ufigem Darchmischen einige Stunden stehen oder man bringt in das Abflul~rohr eines Tropftricbters einen kleinen Tampon aus demselben Gewebe und l~l~t die Flfissigkeit (eventuell mehrmals) langsam darchtropfen. Das an das Gewebe fixierte, mit Wasser nicht mehr auswaschbare, Rivanol l~6t sich dann darch seine Fluoreszenz naehweisen. (Empfindliehkeit bis etwa 10-s.)

Der 7Naehweis in Organen durch Extraktion des Faxbstoffes stie6 auf Schwierigkeiten. Er halter so lest am Eiweil], dal~ es nicht gelingt ihn in befriedigender Weise in LOsung zu bringen; auch die Hydrolyse mit starken S~aren oder Laugen ftihrte zu keinem brauchbaren Ergebnis. Schliel~lieh warde daraul verzichtet den Faxbstoff herauszulSsen, und versucht ihn direkt im Gewebe naehzuweisen. Sehon die einfache Betraehtung der Organe im auliallenden Ultraviolettlieht er~bt brauchbare Resultate. Wesenflich sehSner sind die Bilder jedoeh, wenn man Sehnitte anfertigt und diese entweder makro- skopisch in auffallendem oder mi~oskopiseh in durchfallendem UV-Licht be- traehtet. Zu diesem Zweek warden yon den Organen naeh kurzer H~tung in 10~oiger Formalinl~isung Gefriersehnitte angefertigt. (Bei zu langem Ver- weilen in der Fixierungsfliissigkeit diffundiert in diese doch etwas Rivanol; dadareh kann einerseits ein geringer Rivanolgehalt dem Nachweis entgehen, andererseits kann es naehtr~glieh in den ~ul~eren Partien des Gewebssttiekes in Stellen desselben eindringen, die intravital nieht angef~rbt waxen.) Die Schnitte werden auf dtinne Objekttrager au~gezogen (eventuell unter Zuhilfe- nahme yon etwas Eiweil]glyzerin) und am besten ohne Einbettung und ohne Deckglas, da deren Eigenfiuoreszenz stSrt, im durehfallenden Ultraviolettlieht mikroskopiert. Die rivanolhaltigen Paxtien leuchten in der eharakteristisehen Fluoreszenzfarbe auf, wiihrend die anderen Teile entweder dunkel bleiben oder eine ihnen eigenttimliche, yore Rivanol abweichende Fluoreszenz zeigen. Da die haupts~chlieh die Fluoreszenz des Rivanols erregenden Strahlen (360 bis 315 rift) aueh gewShnliehes Glas ohne weiteres darchdringen, kann der normale Kondensor eingeschaltet bleiben. Die Lichtst~rke des Fluoreszenz- liehtes ist tiberraschenderweise so gro~, dal~ auch st~rkere VergrSl~erungen benntzt werden kSnnen.

Diese Methode der Fluoreszenzmikroskopie in durchfallendem Ultra- violettlicht an Schnitten hat den Vorteil, dal~ man auch die u des Rivanols in den Organen genau lokalisieren kann. Sie kann im Ver- ein mit der auf dem gleichen 1)rinzip beruhenden Methode yon E l l i nge r und H i r t h der Beobachtung im auffallenden Ultraviolettlicht an Orga- hen in situ, die nach Abschlul~ des gr6]~ten Teiles der vorliegenden experi- mentellen Arbeiten dureh die Demonstration auf dem Pharmakologen- kongrel~ in ~tinster zu meiner Kenntnis kam, vielleieht auch ftir andere Zweeke in der Histologie, Physiologie und Pathologie geeignet sein;

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denn nicht nur intravital eingefiihrte geeignete Farbstoffe, sondern auch verschiedene Gewebe haben eine ihnen eigentiimliche Fluoreszenz, so dal~ man schon an ungefarbten Schnitten recht kontrastreiche Bilder bekommtl).

u

I. IntravenSse Injektion.

Versuch yore 10. VI. 1929. Kaninchen, 3400g Gewicht; traehtig, gedeckt am 13. V. 1929.

20 mg Rivanol in die Ohrvene. ~ach 20 Minuten wird ein Uterushorn exstirpiert und mikroskopiert.

W~hrend die Uterusschleimhaut sehr reichlich Rivanol enth~lt, sind der embryonale Tell der Placenta, die FSten und das Fruchtwasser frei yon Rivanol.

5~ach 24 Stunden wird das Tier getStet. Die Uterussehleimhaut enth~lt noch Spuren Rivanol, Placenta foet. FStus und Fruchtwasser sind frei davon. Die ~iere enth~lt Spuren, der I-Iarn Rivanol in einer K0nzentration yon etwa 1:160000. In der Leber ist Rivanol nieht mit Sicherheit nachzuweisen, in der Blasengalle betriigt die Konzentration etwa 1 : 8000, w~hrend der Darm- inhalt nur Spuren enthiilt. Deutlich nachweisbar ist das Rivanol noch in der Lunge und Milz, wiihrend in Augenkammerwasser und Gehirnsubstanz Rivanol nicht nachweisbar ist.

Versuch yore 11. VI. 1929. Kaninchen, 3200 g Gewicht; 10 mg in die Jugularis.

5Tach 5 Minuten ist das Rivanol bereits im Ham nachweisbar. ~aeh 20 ~inuten wird das Tier entblutet und das Gef~l~system mit

RingerlSsung nachgewaschen. Insgesamt werden 150 cem Fltissigkeit erhalten, mit einer Konzentration yon 1:80000 in Serum plus Sptilflfissigkeit. Die Leber enth~lt reichlich Rivanol, und zwar yore Zentrum der Leberl~ppehen gegen ihre 1)eripherie zu in steigenden Mengen; die Konzentration in der Blasengalle betr~igt 1 : 15 000. Im Dtinndarminhalt ist Rivanol deutlich nach- weisbar. In der 5~iere findet sich reiehlich Rivanol; den sthrksten Farbstoff- gehalt weisen die Tubuli contorti auf, einen wesentlich geringeren die Glo- meruli, w~hrend die abftihrenden Harnwege und das 5Tierenbecken keine deutliche Fluoreszenz erkennen lassen.

Versuch vom 7. VIII. 1929. Kaninchen, 3600 g Gewicht; tr~ehtig, gedeekt am 24. VII. 1929.

Das Tier bekam 211 35', 3 h 00' und 3 h 15' je 100 mg insgesamt. 300 mg Rivanol in die Ohrvene. Das Tier war nach der Injektion stark

dyspnoisch, zeigte aber sonst keine unmittelbar bedrohlichen Symptome. Es

1) Auch!Truc (Cpt. rend. des s~ances de la soc. de biol. Bd. 99, S. 1897) hat iibrigens bereits die Verteilung des Trypaflavins in der Kaninchenniere dureh die Betraehtung des durehgeschnittenen Organs in der Aufsieht mit einer bino- kularen Lnpe bei UV-Beleuchtung studiert.

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wurde um 3 l~ 30' entblutet und mit Ringer ausgewaschen, Insgesamt wurden 260 ccm Fltissigkeit, davon 210 ccm Serum plus Spiilfliissigkeit mit einem Gehalt von etwa 1:3000, erhalten. W~hrend die Uterusschleimhaut aul~er- ordentlich viel Rivanol enthielt, waren in der fStalen Placenta und dem Foetus nur Spuren nachzuweisen; das Fruchtwasser enthielt Rivanol in einer Kon- zentration yon 1:200000.

V e r s u c h v o m 14. IX. 1929.

Kaninchen, 3600g Gewicht; tr~chtig, gedeckt am 4. IX. 1929.

7 h 45' 10 mg Rivanol in die Ohrvene. 8 h 15' entblutet: Serum: 1: 600000; Blasengalle: 1 :10000; Dfinndarm-

inhalt : ] : 40000; Ham: 1 : 10000; Liquor, Augenkammerwasser und Frucht- wasser: 0. In den Ovarien war Rivanol reiehlich naehweisbar, am reichsteli in der Follikelwandung, w~hrend in den Corp. lutea kein Rivanol zu sehen war.

V e r s u e h yore 21. IX. 1929.

Kaninchen, 3400 g Gewicht; trhchtig, gedeckt am 4, IX. 1929.

7 h 45' 10 mg Rivanol in die Ohrvene. 8 h 45' entblutet: Serum: 1: 600000; Galle: 1 :30000; Dfinndarminhalt:

1:100000. Liquor, Augenkammerwasser, Fruchtwasser, Tr~nenfliissigkeit, Trachealschleim: kein Rivanol nachweisbar. In der Lunge in den Bron- chioli deutlieh nachweisbar, in den grSl~eren Bronchien nieht.

V e r s u c h v o m 21. IX. 1929.

Xaninchen, 3200 g Gewicht; 10 mg in die Jugu]aris.

Naeh 15 IMinuten entblutet: im Serum Rivanol 1 : 160000.

V e r s u c h v o m 15. X. 1929.

Kaninchen, 2900 g Gewicht; 90 mg in die Ohrvene.

Im Serum des Herzblutes nach 30 _M_inuten 1:150000, ~) )> ~) ~) ~) 120 ~ 1 : 200000, ~ ~) ~) >) ~) 5 Stunden 1 : 200000, >) ~) ~) >) ~> 24 ~) 1 : 200000.

~Nach 48 Stunden getStet; im Serum . . . . 1: 200000, in der Blasengalle . . . . . . . . . . . . 1 : 400.

Es bestand vollkommene Anurie.

V e r s u c h v o m 16. X. 1929.

Kaninchen, 3000 g Gewicht; 30 mg in die Ohrvene.

Im Serum des Herzblutes naeh 2 Minuten 1: 40000, ~) ~) ~ ~ ~) 60 >~ 1 : 300000, ~) ~) ~) ~) ~) 150 )) 1 : 300000, >) ~) ~) ~) ~) 22 Stunden 1 : 640000.

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Versuch yore 18. V. 1929.

Mause, 12 Tiere bekommen 15 mg Rivanol pro Kilogramm in die Sehwanz- vene; nach 30 Minuten, 60 Minuten, 120 Minuten, 4 Stun@n, 8 Stunden und 24 Stunden werden je zwei Tiere getStet und auf den Farbstoffgehalt

untersueht.

i I Ge- Lunge D~inn- Nach Blut Hara Galle Leber! xNiere Ylilz gaut darm hirn

30 g i n . 60 ~>

120 4 Stdn. 8

24 ,,

+4 444

+ +++++

+t+ 4§247 ++4 4+4

4 4 - t - 4 4

+ § 4 §

+ 4 + 4 4 4 4 4 + 4 4 + 4 4 • 4

?

§ + + = sehr reichlich, § + = reicblich, § = deutlich =t= = Spuren, -T = eben erkennbar, - - = nicht

zweifelhaft.

- - 4 + 4 + + 4

4 J r + 4- 4 ~ 4

nachweisbar, nachweisbar, ? = Gehalt

V e r t e i l a n g des R i v a n o l s z w i s c h e n P l a s m a a n d B l u t - k S r p e r c h e n .

Da sich das Rivanol nicht direkt in den roten BlutkSrperchen nach- weisen li~13t, weil der Blutfarbstoff seine Fluoreszenz bereits in geringer Konzentration auslSscht, wurde das Verteilungsverhiiltnis zwischen Plasma und BlutkSrperchen auf indirektem Wege ermittelt: Setzt man gleiehe Mengen Rivanol zu gleiehen Volumina Oxalatblut bzw. Plasma

zu, so mu6 die Rivanolkonzentration im Plasma des Gesamtblutes im Verh~ltnis zum Volumen der roten Blutkiirperchen grSl~er sein, wenn es yon diesen nicht aufgenommen wird. Stellt sieh eine gleiche Vertei- lung zwischen den BlutkSrperehen und dem Plasma ein, so wird naeh einiger Zeit die Rivanolkonzentration im Plasma des Gesamtblutes gleieh der in reinem Plasma yon vornherein vorhandenen sein. Wird schlieg- lich das Rivanol yon den BlutkSrperchen gespeiehert, so wird die Kon- zentration im Plasma des Gesamtblutes immer mehr unter die der Ver- gleiehsplasmalSsung absinken, bis sieh eventuell ein Gleiehgewichts- zustand einstellt.

E s zeigte sieh nun, dag beim Rivanol der letzte Fall eintritt: Es wird yon den roten BlutkSrperchen - - wenigstens in vitro - - gespeiehert. Die Konzentration, die kurz nach dem Zumischen des Farbstoffes im Plasma des Gesamtblutes hSher war wie in der reinen PlasmalSsung, sinkt zuniiehst in steiler, dann allm~hlieh flacher werdender Kurve bis unter die Konzentration tier reinen PlasmalSsung ab. Eine ZerstSrung

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206 xx. OTTO SGHAUMA~N.

des Rivanols, die eine Speicherung in den Erythrocyten vort~uschen kSnnCe, ist bei der aul3erordentlichen Stabilitat der Verbindung auszu- schlie~en.

Die Versuche wurden mit frischem Oxalatblut yon Pferden ange- stellt. Das reine Oxalatplasma wurde durch 1/2stiindiges Zentrifugieren bei 10000 Touren gewonnen, wobei gleichzeitig das BlutkSrperchenvolu- men bestimmt wurde.

Die daftir erhaltene Zahl von durchschnittlich 25,4% des Gesamt- blutes liegt nicht unbetr~chtlich unter der bisher fiir Pferdeblut be- kannten Zahlen. h[o n t an d o n I) findet mit der H~matokritmethode bei Vollbltitern 42--43,9 %, bei Halbblutstuten 28--35,5 %, w~hrend G 5 t z e 2) aus der Zahl der roten BlutkSrperchen pro Kubikmillimeter und dem aus den Abmessungen der einzelnen BlutkSrperchen berechneten Durch- schnittsvolumen derselben ftir Vollbliiter 38,1~o, fiir Kaltblutpferde 30,3% errechnet: Dieses abweichende Ergebnis ist wohl einerseits auf das yon mir verwendete Pferdematerial (Serumpferde), andererseits auf die yon mir angewandte Methodik zuriickzuftihren.

Das Zentrifugieren wurde in w e i t e n Zentrifugiergl~ischen bei sehr hoher Tourenzahl fortgesetzt, his das Lackfarbigwerden des Sedimentes anzeigte, da~ die BlutkSrperchen keine Plasmareste mehr zwischen sich einschlossen.

Es wurde je i ccm lO/ooige RivanollSsung einerseits zu 9 ccm Plasma, andererseits zu 9 ccm frisch aufgeschiitteltem Oxalatblut zu- gesetzt; die Rivanol-Blutmischung wurde nun tefls sofort, tefls nach verschieden langem Stehen, wobei h~ufig durchgemischt wurde, zentri- fugiert und die Konzentration der so erhaltenen Plasmali~sungen mit der reinenRivanol-PlasmalSsung verglichen. Zu diesem Zweck wurden die Plas- men auf dasVierfache mit 50 ~o iger Essigs~ure verdiinnt, mit dieser L5sung gleich gro~e Filtrierpapierschreibchen getr~nkt und nach dem Abpressen der tiberschiissigen LSsung mit reinem Filtrierpapier die Intensit~t der Ultraviolettfluoreszenz mit dem Z eissschen Stufenphotometer vergli- chen. Kontrollversuche mit gleichkonzentrierten Rivanol-PlasmalSsun- gen gaben Differenzen yon maximal 5~o. In der reinen PlasmalSsung trat auch nach langem Stehen keine Verminderung der Rivanolkonzen- tration, etwa dutch Ausfiockung des Rivanols, ein. Um etwaige, durch ungleichmal~ige Beleuchtung entstehende Fehler auszaschalten, wurden nach den ersten Ablesung die Filterblattchen vertauscht und aus den beiden Ablesungsserien dann der Mittelwert genommen.

1) Schweiz. Arch. f. Tierheilk. 1919, Bd. 61: S. 57: zitiert nach GStze . 2) Zeitschr. f. Konstitutionslehre Bd. 9~ S. 217.

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Versuche fiber Aufnahme, Yerteilung im 0rganismus usw. 207

Im folgenden vier derartige Versuche, die zwar in ihren absoluten Zahlen teilweise nicht unbetr~chtlich voneinander abweichen, in .der Richtung ihres Verlaufes jedoch tibereinstimmen.

Versueh ].

Pferdeblut, frisch entnommen, 5 ecm 3%iger ~a-Oxalatl~sung werden auf 150 ecru mit Blut aufgefallt.

Darehfahrung wie oben beschrieben. Nach 15 Minuten warden in der reinen PlasmalSsung nur 91,5% der

im Plasma des Gesamtblutes (ira folgenden karz ~>Blut<~ genannt) gefun- den; eine Wiederholung des ganzen Versuches ergab im Plasma 94,5% tier Konzentration im ~> Blut <~.

Nach 90 Minuten war die Konzentration im ~Blut(< mit 97,5% bereits niedriger wie im Plasma, nach 255 Minuten betrug die Konzentration im ~>Blut(< nur mehr 78~o, nach 22 Stunden noch 72% v o n d e r im Plasma.

Versuch 2.

In einem anderen Versuch war die Konzentration nach 22 Stunden im ~)Blut(~ noch 65% (bei Wiederholung des ganzen Versuches mit demselben Blut 65,5%), nach 48 Stunden immer noeh 57% yon der in der reinen Plasma- l(isung.

Versuch 3.

In einem dritten Versuch betrug 10 Minuten nach der Zugabe des Ri- vanols die Konzentration ira Plasma nar 83,5% yon der im ~)Blut(~; nach 70 );Iinuten war die Konzentration im ~)Blut(< bereits unter die im Plasma abgesunken und betrug nar mehr 77,5% yon clieser.

Versueh 4.

Sehliel~lich noch ein Versuch, in dem das Rivanol auffallend langsam aus dem Plasma verschwand; nach 15 Minuten war die Konzentration im Plasma nur 78% von der im ~>Blut<~ vorhandenen und nach 4 Stunden erst 87 %.

B e s t i m m u n g des B lu tk i~ rpe rehenvo lumens .

5 ecru 3 %iger Na-0xalatlSsung werden mit frisch entnommenem Pferde- blut auf 150 ccm aufgefiillt. 54 ccm des Oxalatblutes geben nach 30 Minuten Zentrifugieren bei 10000 Touren in einem weiten Zentrifugiergl~schen 12,5 ccm BlutkSrperchen und 41,5 ccm Plasma plus Oxalatl(isung oder naeh Abzug des Volumens der OxalatlSsung 37,9 eem Plasma; dies ent- spricht 24,4% BlutkSrperchen und 75,6% Plasma.

Ein zweiter in gleicher Weise angestellter Versueh ergab 26,4 % Blut- kSrperchen und 73,6% Plasma.

Mittelwert aus beiden Bestimmungen also 25,4% Blutkiirperchen und 74,6 % Plasma.

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208 XX. OTTo SCHAUMANK.

Zu den angeftihrten Versuchen ware zu bemerken: Die Pferdeblut- kSrperchen sedimentieren sehr schnell; man mtil~te daher die Bestim- mungen unter fortw/ihrendem Schtitteln ausftihren. Leider tritt dabei aber merklich Blutfarbstoff in das Plasma tiber, der dutch AuslSschung der Rivanolfluoreszenz eine Abnahme der Rivanolkonzentration im Plasma vortguschen wtirde. Da bei der vorliegenden Untersuchung aber nur festgestellt werden sollte, ob das Rivanol yon den BlutkSrperchen tiberhaupt aufgenommen wird, und ob diese Aufnahme bei Erreiehung gleicher Konzentration aufhSrt oder weitergeht, wurde das Blut nur yon Zeit zu Zeit, sobald merkliehe Sedimentierung eintrat, vorsichtig wieder durchgemischt. Bei den ktirzer dauernden Versuehen dtirfte so ein merklieher Fehler nicht entstanden sein; bei den Versuchen, bei denen das Rivanol-Blutgemisch tiber 5Tacht gestanden hatte, war dies nicht durchftihrbar. Deshalb haben die nach 22 und 48 Stunden gefun- denen Werte nur besehr~nkte Bedeutung.

Bei den Versuchen ist noeh ein Umstand bemerkenswert. Wahrend bei demselben Blur bei Parallelversuehen ftir die Sehnelligkeit des Uber- trittes des Rivanols in die B!utkSrperehen reeht gut tibereinstimmende Werte gefunden wurden, waren diese ftir das von verschiedenen Pferden zu verschiedenen Zeiten entnommene Blut reeht versehieden. Uber die Ursaehe dieser Differenzen in tier Gesehwindigkeit der Rivanolspeiehe- rung in den BlutkSrperehen bei verschiedenen Tieren kann vorli~ufig niehts atlsgesagt werden.

Festgestellt wurde - - und das war der Zweek der Versuche --, dal~ das Rivanol yon den Blutkfrperehen ebenso wie von den anderen Ge- webszellen gespeiehert wird.

E rgebn i s der i n t r a v e n S s e n Versuche.

Das injizierte Rivanol versehwindet zum grSl3ten Teil sehr raseh aus dem Serum des kreisenden Blutes. Bereits nach 2 Stunden ist nur- mehr ein Bruchteil der injizierten Farbstoffmenge im Serum nachweis- bar; nach 30 Minuten ist bereits der grS~Ite Teil des Rivanols aus dem Serum verschwunden, doch sind bei h6heren Dosierungen Spuren noch his zu 22 Stunden nachweisbar.

Die Ausscheidung des intravenSs injizierten Rivanols erfolgt sowohl durch den Harn wie durch die Galle. Im ttarn wurde es bereits nach 5 Minuten, in der Guile naeh 20 Minuten in betri~chtlieher Konzentra- tion gefunden. Der Beginn der Ausscheidung ist jecienfall noch be- deutend frtiher zu legen. In dem durch Suboccipitalstich gewonnenen Liquor, im Punktat tier vorderen Augenkammer, im Fruchtwasser, in

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Versuehe fiber Aufnahme, Verteilung im 0rganismus usw. 209

der Triinenfltissigkeit, im Speichel und dem Trachealschleim wurde es nicht gefunden.

Yon den untersuchten Organen war nut das Zentralnervensystem und alas Auge frei von nachweisbaren Rivanolmengen. Auch in den FStus geht es nicht tiber. (Bei tier exzessiv hohen Dosis yon 83 mg pro Kilogramm wurden allerdings im Fiitus und im Fruchtwasser Spuren gefunden, die aber kaum mehr als 1 ~o der gleichzeitig im Blut vorhan- denen Konzentration betrugen.)

In den 5Tieren finder sich die Hauptmenge in den Tub. contortis, weniger in den Glomerulis, wi~hrend das 5Tierenmark fast vSllig frei yon dem Farbstoff ist. In der Leber nimmt die Konzentration vom Zentrum der Leberl~ppehen gegen die Peripherie zu, die gr56te Konzentration ist in den Gallenkapillaren. Die Gallenblase vermag das Rivanol stark zu konzentrieren und enthhlt noeh Farbstoff in reiehlicher Menge, wenn er in den Organen, selbst in der Leber, kaum noeh naehweisbar ist.

II. Perorale Darreiehung.

Versuch yore 13. V. 1929.

Katze, 3300 g Gewicht; am 13. und 14. V. je 20 mg Rivanol per os mit der Schlundsonde.

14. V. 300 cem ttarn; klar hellgelb. Rivanol weder direkt noch nach Anreicherung mit tannierter Baumwolle nachweisbar.

Zur Kontrolle werden 0,1 mg Rivanol dem Ham zugesetzt, entsprechend einer Konzentration yon 1 : 3.106. 5Tunmehr ist Rivanol nach Anreicherung deutlich naehweisbar.

15. V. 140 ccm tIarn; Rivanol weder direkt noch naeh Anreicherung nachweisbar; naeh Zusatz yon 0,01 mg Rivanol zu der gesamten Harnmenge entsprechend einer Konzentration yon 1 : 14.106 l~l]t es sich naeh Anreicherung deutlich nachweisen.

Versueh vom 24. VI. 1929.

Katze, 1800 g Gewicht. Am 24. und 25. VI. ~e 20 mg Rivanol mit der Schlundsonde. 5Tach 6 Stunden getStet.

In Harn und ~iere ist Rivanol nicht nachweisbar. In der Leber ist Rivanol deutlieh nachweisbar. Die Blasengalle enth~ilt Rivanol in einer Konzentration yon etwa

1: 20 000. Darm: Im Duodenum his Ileum ist Rivanol reiehlich, im Dickdarminhalt

sehr reichlich vorhanden. Archiv f. experiment. Path. u. Pharmakol. Bd. 15L 14

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210 XX. OTTO SCHAU~A~. '

Versuch veto 26. VIII. 1929.

Katze, 1800g Gewieht; am 26. und 27. VIII. je 10rag Rivanol mit der Sehlundsonde. Am 28. VIII. getStet.

Im gesamten Darmtrakt ist Rivanol reiehlieh nachweisbar. Lebel', Niere und Ham enthalten kein Rivanol. Die Blasengalle ist wasserhell und dtinnfltissig; sie enth~lt weder Ri-

v a n o l noeh G a l l e n f a r b s t o f f .

Versuch veto 30. VIII. 1929.

Katze, 3100g Gewicht; 8 h 45' 100 mg Rivanol mit Sehlundsonde.

Um 10 h 45' wird anl~131ich eines Starlingversuehes die Zirkulation unter- brochen; um 14 h 00' Sektion.

Rivanol in der Leber reiehlieh nachweisbar, in der Blasengalle etwa 1: 5000. Harn und 5~iere sind frei yon Rivanol. Im Mageninhalt noch reichlich Rivanol. Darm: Duodenum sehr reiehlieh Rivanol naehweisbar

Jejunum reiehlieh ~> >> Oberes Ileum deutlich >~ >> Unteres Ileum und Colon kein ~> ~

Im Schnitt zeigt sieh das Rivanol in grol~er Konzentration in der Darm- schleimhaut, w~hrend es in Serosa und Muscularis nieht in naehweisbarer Konzentration vorhanden ist.

Versuch vom 12. IX. 1929.

Katze, 2200 g Gewicht; 8 h 05' 30 mg Rivanol mit Schlundsonde.

9 h 30' wird die Zirkulation unterbrochen; um l l h 3 0 ' Sektion. In der Choledochusgalle: Rivanol 1: 20000. In der Blasengalle: reichlieh vorhanden, abet weniger wie in der Chole-

doehusgalle. In der Leber reichlieh vorhanden; die Konzentration nimmt yon der

Mitte der Leberl~ppehen gegen die l~eripherie zu. Darm: Duodenum bis oberes Ileum enth~lt reichlich Rivanol; veto unteren

Ileum an ist kein Rivanol mehr nachweisbar. Die Sehleimhautzotten ent- halten wieder sehr reichlieh Rivanol, w~hrend es sich in Serosa und Muscularis nicht nachweisen l ~ t . I-Iarn ~nd Niere sind wieder frei yon Rivanol.

Versuch veto 26. VIII. 1929.

Hund, 8800 g Gewicht; 26. VIII. 100 mg Rivanol mit Schlundsonde. 27. VIII. getStet.

Im Magen- und Darminhalt ist Rivanol in geringer Menge nachweisbar. Die Blasengalle enth~lt Rivanol in einer Konzentration yon etwa 1:16000. In der Leber ist Rivanol deutlich naehweisbar. Harn und 57iere sind frei yon Rivanol.

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Versuche fiber Aufnahrne~ Verteilung im Organismus usw. 9.I1

Versueh vom 26. VIII. 1929.

Hund, 5200g Gewicht; am 26. VIH. und 29. VIII. je 100rag Rivanol mit Schlundsonde.

Am 29. VIII. 8 h 30' Fiitterung, 10 h 30' Unterbrechung des Kreislaufes, 12 h 30' Sektion,

Blut, I-Iarn und 57iere sind frei yon Rivanol. Die Blasengalle enth~lt Rivanol etwa 1: 10000. In der Leber ist es in geringer Menge nachweisbar.

Versuch vom 24. VI. 1929.

Kaninchen, 2500 g Gewicht; am 24. und 25. VI. je 20 mg mit Sehlundsonde. AIn 26. VI. getOtet.

Im Darminhalt ist Rivanol sehr reiehlieh naehweisbar, w~hrend Leber, Blasengalle, Ham und Yqiere frei ,con Rivanoi sind.

Versueh vom 4. IX. 1929.

Kaninehen, 2350 g Gewicht; 100 mg Rivanol mit Schlundsonde. Am 6. IX. get0tet.

Die Galle enthi~lt Spuren yon Rivanol, das in der Leber deuflieh naeh- weisbar ist.

Versueh yore 4. IX. 1929.

Kaninehen, 1950g Gewicht; 100rag Rivanol mit Sehlundsonde. Am 6. IX. get6tet.

Leber und Galle sowie die fibrigen Organe mit Ausnahrne des Darmes enthalten kein Rivanol. ~

Versueh yore 27. VIII. 1929.

Meerschweinchen, 300 g Gewieht; 0,5rag pro Kflogramm per os. Am 28. VIII. getOtet.

Im Dtinndarminhalt und Galle Rivanol in:Spuren nachweisbar. Harn, Niere, Leber, Mageninhalt, Dickdarm sind frei yon Rivanol.

Versuch vom 27. VIII. 1929.

~eersehweinehen, 270 g Gewicht; 5,0 mg pro Kilogramm per os. Am 28. VIII. getStet.

In der Galle sehr geringe Menge yon Rivanol: et~a 1: 100000. Ira Dtinndarminhalt Spuren, im Dickdarm reiehlich Rivanol nachweisbar. Magen, Leber, Lunge, iNiere und tIarn sind frei yon Rivanol.

14"

Page 16: Versuche über Aufnahme, Verteilung im Organismus und Ausscheidung des Rivanols, sowie seine photodynamische Wirkung

212 XX. OTTO SCIIAUiW_XNI~.

Versuch vom 27. VIII. 1929.

Meerschweineheli, 270 g Gewicht; 10,0 mg pro Kilogramm per os. Am 28. VIII. get(itet.

In Dtinn- und Diekdarm reichlich l~ivaliol IIaehweisbar. In Mageli, Leber, Galle, Lunge, lXTiere ulid Ham kein Rivanol IIaehweisbar.

Versueh yore 18. IX. 1929.

Meersehweinehen, 450 g Gewieht; 50 mg pro Kilogramm per os 9h00 '. 11 h 20' get6tet.

5Iiere, ttarn, Blut, Lunge silid frei voli Rivanol. Die Galle elith~lt Rivaliol etwa 1: 100000. In der Leber ist Rivanol vielleicht in Spureli, aber IIieht einwandfrei

IIaehzuweisen. Vom lViagen bis zum unteren Ileum ist Rivaliol sehr reiehlieh naehweis-

bar; auch das Colon enthiilt in seinem oberen Absehliitt bereits reichlieh Rivanol, w~hrelid es im C6kum nut in geringer Menge aufzufindeli ist.

Versueh vom 18. IX. 1929.

Meersehweiliehen, 500g Gewieht; 100 mg pro Kilogramm per os 1 h 15'. 3 h 15' get6tet.

In Leber, Niere und ttarn ist kein Rivanol naehweisbar. Die Blasengalle enthiilt minimale Spuren. Vom Magen his zum oberen Ileum ist Rivanol sehr reiehlieh naehweisbar,

w~ihrend das CScum etwas weniger, das Cololi nut geringe Mengeli enth~lt.

E r g e b n i s der p e r o r a l e n Ver snche .

Bei den Fleischfressern Hund und Katze wird Rivanol relativ reich- lich und schnell aus dem Darm resorbiert und quantitativ durch die Galle wieder in den Darm ausgesehieden. Die Lebergrenze wird yon dem Farbstoff unter diesen Bedingungen nieht fiberschritten; in keinem anderen Organ l i~t sich Rivanol nachweisen und auch in dem Harn geht kein unverandertes Rivanol fiber.

Bei den Pflanzenfressern Kaninehen und ~eersehweinchen wird Rivanol, wenn fiberhaupt, so nur bei sehr hohen Dosen in minimaler Menge resorbiert. Auch hier gelangt nichts yon dem Farbstoff unver- andert fiber die Lebergrenze hinaus.

Bemerkenswert ist, da]3 beim Fleisehfresser, yon dem aus noch am ehesten Rfiekschlfisse auf den ~enschen gezogen werden kiinnen, Riva- nol vom Darm aus aufgenommen und ciureh die Leber wieder in den Darm ausgesehieden wird. Das Rivanol maeht also wie der Gallenfarb- stoff dutch Darm und Leber einen >)kleinen Kreislauf (< dureh. Au~erdem

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Versuche iiber Aufnahme, Verteilung im Organismus usw. 213

wird ein Tell des Rivanols, auch bei Verfiitterung, in der Gallenblase an- gereichert, konzentriert nnd ziemlieh lange zurtickgehalten. Das thera- peutisehe Bestreben, Infektionsherde in der Leber nait peroralen Riva- nolgaben anzugreifen, ist daher experinaentell wohl begriindet.

Una die Versuche fiber das Sehicksal des per os eingeftihrten Riva- nols zu vervollstandigen, wurden noeh Versuche am Menschen dureh- gefiihrt.

Dutch 4 Tage hindureh 3naal taglieh 25 nag Rivanol in Form der Rivanoletten per os; I-Iarnkontrolle fortlanfend 3naal taglich mit tier Filtrierpapierprobe. Die blguliche Fluoreszenz des nornaalen Harnes hatte alas erstenaal 17 Stunden naeh tier ersten Rivanolgabe, nach ins- gesanat 50 nag Rivanol, eine eben wahrnehnabare griinhehe Sehattierung bekonanaen; die Farbgnderung war jedoeh so gering, dal~ die Anwesen- heit yon Rivanolspuren auf diese Weise nicht nait Sieherheit festzustellen war. Es wurde deshalb der Farbstoff aus 100 cem I-Iarn naeh sehwaehena Ansauern nait Essigsaure auf ein etwa 10 qena grol~es Stack yon tannier- tena Baunawollstoff niedergesehlagen. Nunnaehr war die Fluoreszenz des Rivanols deutlieh zu erkennen; Vergleiehsversuehe nait ktinstliehen Riva- nol-Harngenaisehen ergab ftir den untersuehten Harn eine ungefahre Rivanolkonzentration zwisehen 1 : 5 bis 1 : 10 Mill ionen. Diese Kon- zentration wurde wahrend des ganzen Versuches hie iiberschritten.

Da alas l~ivanol, was Resorption und Ausseheidung anbetrifft, sich ahnlich verh/~lt wie der Gallenfarbstoff, war es z~ erwarten, dal~ bei solehen StSrungen der Leberfunktion, bei denen Gallenfarbstoff in Blut und Ham tibergeht, aueh verftittertes Rivanol in grSl~erer Xonzentra- tion ina allgenaeinen X_reislauf und ina Ham erscheinen wtirde. Vielleieht lieSe sieh auf dieser Grundlage eine Leberfunktionspriifung aufbauen, da der Naehweis des Rivanols ina ttarn wesentlieh empfindlieher ist als der des Gallenfarbstoffes.

Herr Prinaarius Auer hatte die Liebenswtirdigkeit an der inneren Abteilung des stgdtisehen Krankenhauses in ttSehst a.M. einige dies- beztigliche Vorversuche anzustellen. Die Patienten bekamen 4 Tage hin- dureh 3naal taglieh 25 nag Rivanol per os.

Der ausgesehiedene Ham wurde tgglieh auf die Anwesenheit yon Rivanol gepriift, indena 1--2 Tropfen auf Fitrierpapier aufgetropft und nach dena Eintrocknen an naieh zur Untersueh.ung eingesandt wurden. Das vorlaufige Ergebnis war kurz folgendes:

Zwei Patienten - - ein Lungen-Ca mit Lebermetastasen und eine begin- nende Lebereirrhose - - sehieden im Ham iiberhaupt kein Rivanol aus, bei einem Patienten mit einer hepato-lienalen Angmie war Rivanol in Spuren

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214 XX. 0TTO SCHXCMA~.

(1:2--5 Millionen) nachweisbar, w~hrend bei einem. Falle yon Leber:Ca, der reiehlich Gallenfarbstoff im Ham ausschied, auch Rivanol in grOgerer Kon- zentration (etwa 1: 300000) nachweisbar war.

Diese vorl~ufigen Versuche am Menschen, die noch welter ausge- bant werden sollen, zeigen, da6 peroral gegebenes Rivanol beim Men- schen entweder gar nicht oder nur in minimalen Spuren in den allge- meinen Kreislauf und damit in den Ham gelangt, vorausgesetzt, da~ die Farbstoffausscheidung der Leber normal funktioniert. Bei ikterischen Patienten gelangt aneh das Rivanol in de~ allgemeinen Kreislauf.

I I I . P h o t o d y n a m i s c h e W i r k u n g des :Rivanols.

Da gerade an Acridinen die eigentiimliehe Eigenschaft der Photo- dynamie fhoreszierender Farbstoffe dutch T a p p e in e r und seine Schil- ler entdeckt worden ist, war natiirheh yon vornherein anzunehmen, da6 aueh das Rivanol ~hnliche Wirkung entfalten wiirde. Beim nahe ver- wandten Trypaflavin hat bereits Lenz (a. a. 0.) diesbeztigliehe Versuche angestellt, der zu dem bereits erwahnten Ergebnis kommt, da~ die photo- dynamische Wirkung beziiglich der Toxizitat bei hiiheren 0rganismen praktiseh keine Rolle spielt. Die Erfahrungen am Mensehen zeigten dann aueh, dal~ schwere Lichtsch~digungen beim Trypaflavin nicht zu befiirehten sind, wenn es auch bei intravenSser Injektion eine gewisse Sensibilisierung speziell ftir Ultraviolettstrahlung hervorzuru~en vermag, die sogar therapeutiseh in der Dermatologie anszunutzen versucht wurdel). Ganz anders liegen die Verhaltnisse dagegen bei den Porphy- rinen, die, im Dunkeln relativ ungiftig im belichteten Warmbliiterorga- nismus so schwere Schadigangen setzen wie sie bei der Porphyria conge- nita bekannt und dutch die Versuche yon H. F i s che r e) und W. Haus - m a n n a) den Selbstversueh yon N[eyer-Betz ~) und die Versuehe yon P f e i f f e r nnd J a r i s c h 5) experimentell nachgewiesen sind. Da nun

neuerdings Ge~ner G) naeh Versuchen an Salamanderlarven und isolier- ten Frosehherzen aus der Fluoreszenz des Rivanols eine besondere Gefahr fiir seine Anwendung ableiten will, wurden entsprechende Versuche am Warmbliiter angestellt. Bei peroraler Darreichung ist eine Sensibilisie-

1) Zur kombinierten Trypaflavininjektion und HShensonnenbehandluag. M. Hecht-Eleda, Strahlentherapie Bd. 301 S. 391.

2) I~Ioppe-Seylers Zeitschr. f. physiol. Chem. Bd. 82, S. 96; Bd. 84t S. 282. 3) Biochem. Zeitschr. Bd. 301 S. 276; Bd. 67, S. 309. 4) Dtsch. Arch. f. klin. Mcd. Bd. 112, S. 476. 5) Zeitschr. f. d. ges. exp. Yled. Bd. 101 S. 1. 6) Arch. f. exp." Pathol. u. Pharmakol. Bd. 142, S. 62.

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Versuche fiber Aufnahme, Verteilung im 0rganismus usw. 215

rung tier KSrperoberfli~che yon vornherein ausgeschlossen, da das Riva- nol, wie oben gezeigt, in diesem Falle nicht unveri~ndert in den allge- meinen Kreislauf gelangt, Es wurde daher das Rivanol intravenSs in steigenden Dosen bis nahe an die tSdliche Grenze, die bei weiBen ~iiusen fiber 50 mg pro Kilogran/~ iiegt=(nieht bei 15 rag:pro Kilogramm, wie Gel~ner irrttimlicherweise naeh L a q u e u r 1) zitiert, der 15 mg pro Kilo- gramm als dosis tolerata angibt) - - also bis etwa 1 mg pro Tier - - gegeben und die eine Hi~lfte der Tiere 2 Stunden lang beliehtet (Methodik s. unten). Die Tiere zeigten, wie die unbehandelten Kontrollen, aul~er einer Wiirme, taehypnoe und einer begreifliehen Unruhe keine krankhaften Ersehei- nungen und blieben wie die Dunkelkontrollen am Leben. Versuehe mit Porphyrinen, die Herr Geheimrat H. Fi s e h e r in liebenswiirdiger Weise zur Verftigung gestellt butte, zeigte n einen wesentlieh anderen Verlauf: Beim synthetischen Iso-Uro- und Iso-Koproporphyrin waren nach 1 bis 2 mg subkutan oder intravenSs die beliehteten Tiere bereits naeh 30 bis 60 Minuten in Seitenlage und naeh 2--5 Stunden tot. Beim tIiimato- porphyrin geniigten bereits 0,1--0,2 mg zum letalen Ausgang. Die ent- spreehenden Kontrollen blieben am Leben.

Wenn die Toxizitiit des Rivanols gegentiber Salamanderlarven unter den ungiinstigen, den tatsi~chlich vorkommenden Verhifltnissen in keiner Weise entspreehenden Versuehsbedingungen Ge~ners (die Tiere wur- den in cIen betreffenden RivanollSsungen dem Lieht ausgesetzt) bei Be- liehtnng auf das Dreifaehe ansteigt, so zeigt das nur, dal~ die sensibili- sierende Wirkung des Rivanols aueh unter diesen Bedingungen im Ver- gleich mit den Porphyrinen aul3erordentlich gering ist. Dies beweist ein Versuch mit ttiimatoporphyrin an Parami~cien, das bereits bei einer Ver- dtinnung von 1 : 5 000 000 bei 1 sttindiger Belichtung fast s~mtliche Tier- ehen tStet, wiihrend ftir die Dunkelkontrollen der KSrper so gut wie ungiftig ist.

u

~ethodik. Als Lichtquelle wurde eine gasgeftillte Metallfadenlampe yon 2000 Watt be-

nutzt. Sie warde gew~hlt, da sie yon allen kiinstlichen Lichtquellen noch eine dem Sonnenlicht in der Qualit~t am n~chsten kommendes Strahlengemisch aus- sender. Die Absorptionskarve des Rivanols zeigt im Ultraviolett zwei Maxima bei etwa 360 tt# und bei etwa 270 tqt (s. Karve 4, S. 216). In diesen Wellen- langenbereichen wird auch die Fluoreszenz des Rivanols am st~irksten erregt. Die als Versuehstiere dienenden Albinom~use warden am Rfieken mSglichst vollkommen enthaart. Sie befanden sich in einer gro6en Krystallisierschale,

1) Ergebn: d. inn. Med. u. Kinderheilk. Bd. 23, S. 515.

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216 XX. OTTO SCHAU)IA~N.

die yon aul~en mit fliel~endem Wasser gektihlt wurde; au~erdem war zwischen die Lampe und die Tiere noeh eine weitere 5 em hoch mit Wasser geffillte

I I I [ ] 1

Kurve 4. Absorptionsspektrum des Rivanollaktats in w~isserigen L(isungen yon steigender Verdiinnung bei 10 mm Schiehtdicke. Quarzspektrograph yon Zei$, Bogenlicht mit Spezialkohlen, oben zum Vergleich das Hg-Spektrum. Die Z~hlen

links geben die Verdiinnungen an; die Zahlen oben die Wellenlii.nge in l~,u.

Schale eingesehaltet. Die Lufttemperatur wurde auf diese Weise in der inneren Glasschale unter 40 ~ gehalten. Die Ent~ernung zwischen dem Gliihfaden und dem Boden der inneren Schale betrug 34 cm. Die ][ethodik entspricht also in ihren Grundlagen der yon P fe i f f e r und J a r i s c h (a. a. 0.) angewaadten.

Versueh vom 20. VI. 1929. Wei]e MiSuse im Gewicht zwisehen 14--15 g; je zwei Tiere bekommen

10, 15, 20, 30 und 50 mg/kg in 2~ LOsung in die Sehwanzvene. Von jeder Dosis wird ein Tier, wie oben angegeben 2 Stunden belichtet, das andere im Dunkeln gehalten. Alle Tiere iiberleben, obwohl bei s~mtliehen Tieren Rivanol in der Haut naehweisbar war.

Versuch vom 21. II. 1928. Albinom~use, etwa 15 g Gewicht; 1 mg synth. Iso-Uroporphyrin subkutan. 8 h 30' Beginn der Belichtung; 9 ~ 00' ist die Mehrzahl der Tiere in Seiten-

lage, mn 11 h 00' ist die Mehrzahl tot. 1 mg synth. Iso-Koproporphyrin subkutan. 10h00 ' Beginn die Bestrahlung, 11 h 00' deut]iche Reizerseheinungen,

12 h 00' SchluI~ der Bestrahhng. Die Tiere machen einen kranken Eindruek und sind am nachsten Morgen tot.

Versuch vom 23. II. 1928. Albinom~use, 14--17 g Gewicht (Dosen pro Maus).

1 mg Iso-Uroporphyrin intravenSs. 2 Stunden bestrahlt: nach 60 ~rlinuten krank, nach 3 Stunden tot. 1 mg Iso-Koproporphyrin intravenSs. 2 Stunden bestrah]t: nach 60 Minuten krank, nach 5 Stunden tot.

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Versuche iiber Aufnahme, Verteilung im Organismus usw. 217

Versueh vom 27. II. 1928. 1 mg Iso-Uroporphyrin intravenOs. Von 9 h 45' bis 10 h 45' und 11 h 30' bis 12 h 15' bestrahlt; um 1 h 00' tot. 2 mg Iso-Koproporphyrin intravenOs. Von 9 h 45' his 10 h 45' und 11 h 30' bis 12 h 15' bestrahlt; um 12 h 15' tot.

Versueh yore 14. III. 1928. 0,1 nlg H~matoporphyrin intravenSs. l~ach 2sttindiger Bestrahlung tot. 0,2 mg Hamatoporphyrin subkutan. 1 Stun@ nach 2sttindiger Bestrahlung tot.

Bei siimtlichen Miiuseversuchen wurden selbstverstlindlich dis ent- sprechenden Kontrotlen, unbehandelte Hell- und behandelte Dunkel- tiere, mit negativem Ergebnis durchgeftihrt. Siimtliche Porphyrine waren als 5Ta-Salze gelSst:

Pa ram~c ien .

Versuch vom 12. III. 1928. tI~imatoioorphyrin: In Verdfinnungen bis 10 -6 nach 45 ~Iinuten Be-

lichtung tot, bei 1 : 2,5.106 nach 60 Minuten tot, bei i : 5.106 naeh 60 Minuten Beliehtung noch einzelne am Leben, Die Dunkelkontrollen blieben bei 10 -~ ebenso wie die tIellkontrollen ungesch~idigt.

Z u s a m m e n f a s s u n g .

1. Es wird eine Methode beschrieben , sowohl in KSrioerfliissigkeiten wie in Organen Rivanol noch in geringen Mengen nachzuweisen.

2. IntravenSs injiziertes Rivanol verschwindet zum grii]ten Teil sehr rasch aus dem strSmenden Blur: geringe Mengen sind jedoch noeh sehr lange im Serum nachweisbar.

3. Die Ausseheidung des intravenSs injizierten Rivanols erfolgt dureh Galle and Harp.

4. Das Rivanol ist nach intravenSser Injektion in den meisten KSr- pergeweben nachzuweisen; in besonderer Konzentration in der Peripherie der Leberli~ppchen und den Tub. contorti der 5/ieren als den Ausschei- dungsorganen. Aaeh die Erythroeyten speichern Rivanol.

5. I~icht naehweisbar war es bisher in der grauen and weil~en Hirn- substanz; frei yon Rivanol waren stets Liqaor und Augenkammerwasser.

6. Dis Placenta stellt fiir das RiVanol eine fast uniiberwindbare Schranke dar; nur bei exzessiv hohen Dosen waren Spurea in den FSten und dem Fruchtwasser nachweisbar.

Page 22: Versuche über Aufnahme, Verteilung im Organismus und Ausscheidung des Rivanols, sowie seine photodynamische Wirkung

218 XX. OTTO SC~AU~AS~.

7. Peroral verfiittertes Rivanol wird bei Fleischfressern (Hund und Katze) leicht und rasch, bei Pflanzenfressern (Kanin und 1Vfeerschwein- chert) nut schwer •ad in geringer 1Vfenge resorbiert.

8. ])as aus dem Darm resorbierte Rivanol gelangt bei normalen Tieren nicht in den allgemeinen I{reislauf; es wird yon der Leber ab- gefangen und dutch die Galle wieder in den Darm ausgeschieden und macht so eine Art ~>kleinen Kreislauf<< durch.

9. Auch beim 1Vfenschen ist nach peroralen Gaben bei intakter Leber- funktion im Harn RivanoI entweder gar nicht oder nur in minimalen Spurea nachweisbar.

10. Am Warmbliiter lie$ sich eine Steigerung der Toxizit/it des Rivanols dutch Belichtung der gespritzten Tiere nicht nachweisen.

11. Bei gleicher iVfethodik fiihrten verschiedene Porphyrine zum Tod der Tiere.