versuch einer klassifikation der häufigsten federfärbungen

5
L~XI Heft [ ] Stresemann, Die Anfttnge ornith. Sammlungen. 127 Inhalt. Nachrichten fiber pr~parierte VSs bis zum Ende des 17. Jahr- huuderts . . . . . . . . . . . . . . . . . p. 112 Das 18. Jahrhundert. 1. Pr,'tparation und Aufbewahrung der VSgel . . . . . p. 116 2. Privatsammlungen . . . . . . . . . . . . . p. 11~ 3. Universit/ttsmuseen . . . . . . . . . . . . p. 122 4. Ffirstliehe Sammlungen . . . . . . . . . . . p. 122 Die beutigen Ueberreste alter Sammlungen . . . . . . . p. 124 Die Vogelpraeparation bei den primitiven VOlkern .... p. 125 Versueh einer Klassifikation der h~ufigsten Feder~rbungen.~) Yon Karl GSrnitz. Aus der Ftille der verschiedenen Federf~trbungen heben sich yon vornherein zwei Gruppen heraus: Die eine Gruppe weist, bei auffallendem Licht betrachtet, stets die gleiche F~tr- bung auf (einfache Farben), die andere tt~dert ihre Farbe mit dera Einfallwinkel des kichtes (Schiller und metallische Farben). Ueber das Zustandekommen letztgenannter Fiirbungen sind wir bisher nur ungentigend unterrichtet; sie sollen daher hier unbe- rficksichtigt bleiben. Als Triiger der Federfarben kSnnen alle Teile der Feder (Rhachis, Rami, Radii und Radioli) dienen; haupts~ichlich kommen aber die Radii und Rami in Betracht. Bekanntlich sind es zwei ganz verschiedene Faktoren, die an der Bildung der verschiedenen Federf'iirb~lngen beteiligt sein k6nnen: einmal Einlagerung von Pigmenten in die Federsubstanz, und zweitens der strukturetle Bau bestimmter Federteile. Wean wir yon einigen seltenen Farbstoffen absehen, die vorwiegend tropischen Vogelgruppen zukommen (am bekanntesten yon ihnen sind d~s Turacin und Turacoverdin der Musopha- giden), so lassen sich die Pigmente folgendermafsen einteilen: A Melanine. Sie sind als KSrnchen in die Feder- masse eingelagert und 15slich in Laugen und konzentrierten Siiuren. I. E u m e 1a n i n e. ~) Melanine yon schwarzer his schwarz- brauner Farbe, schwer 15slich, vorwiegend yon st~bchenfiirmiger Gestalt (bei Tauben daneben auch in Form auffaliend grofser, 1) 2) in eiuer Vgl. Bericht tiber die Oktobersitzung 1922. Die Begrtlndung f~r diese Art der Aufteilung der ~ielanine folgt spateren Arbeit.

Upload: karl-goernitz

Post on 21-Aug-2016

221 views

Category:

Documents


4 download

TRANSCRIPT

Page 1: Versuch einer Klassifikation der häufigsten Federfärbungen

L~XI Heft [ ] Stresemann, Die Anfttnge ornith. Sammlungen. 127

Inha l t .

Nachrichten fiber pr~parierte VSs bis zum Ende des 17. Jahr- huuderts . . . . . . . . . . . . . . . . . p. 112

Das 18. Jahrhundert. 1. Pr,'tparation und Aufbewahrung der VSgel . . . . . p. 116 2. Privatsammlungen . . . . . . . . . . . . . p. 11~ 3. Universit/ttsmuseen . . . . . . . . . . . . p. 122 4. Ffirstliehe Sammlungen . . . . . . . . . . . p. 122

Die beutigen Ueberreste alter Sammlungen . . . . . . . p. 124 Die Vogelpraeparation bei den primitiven VOlkern . . . . p. 125

Versueh einer Klassifikation der h~ufigsten Feder~rbungen .~)

Yon K a r l GSrni tz .

Aus der Ftille der verschiedenen Federf~trbungen heben sich yon vornherein zwei Gruppen heraus: Die eine Gruppe weist, bei auffallendem Licht betrachtet, stets die gleiche F~tr- bung auf (einfache Farben), die andere tt~dert ihre Farbe mit dera Einfallwinkel des kichtes (Schiller und metallische Farben). Ueber das Zustandekommen letztgenannter Fiirbungen sind wir bisher nur ungentigend unterrichtet; sie sollen daher hier unbe- rficksichtigt bleiben.

Als Triiger der Federfarben kSnnen alle Teile der Feder (Rhachis, Rami, Radii und Radioli) dienen; haupts~ichlich kommen aber die Radii und Rami in Betracht. Bekanntlich sind es zwei ganz verschiedene Faktoren, die an der Bildung der verschiedenen Federf'iirb~lngen beteiligt sein k6nnen: einmal Einlagerung von Pigmenten in die Federsubstanz, und zweitens der strukturetle Bau bestimmter Federteile.

Wean wir yon einigen seltenen Farbstoffen absehen, die vorwiegend tropischen Vogelgruppen zukommen (am bekanntesten yon ihnen sind d~s Turacin und Turacoverdin der Musopha- giden), so lassen sich die Pigmente folgendermafsen einteilen:

A M e l a n i n e . Sie sind als KSrnchen in die Feder- masse eingelagert und 15slich in Laugen und konzentrierten Siiuren.

I. E u m e 1 a n i n e. ~) Melanine yon schwarzer his schwarz- brauner Farbe, schwer 15slich, vorwiegend yon st~bchenfiirmiger Gestalt (bei Tauben daneben auch in Form auffaliend grofser,

1) 2)

in eiuer

Vgl. Bericht tiber die Oktobersitzung 1922. Die Begrtlndung f~r diese Art der Aufteilung der ~ielanine folgt spateren Arbeit.

Page 2: Versuch einer Klassifikation der häufigsten Federfärbungen

128 GSrnitz, Klassifikation der FederfS.rbuagen. [ J" f" O. ~923

kreisrunder KSrner auftreten,l). Wean Eualelanine in einfarbigen Federn an der Bildung komhinierter F~irbungen beteiligt sind, so zeigen sic eine ausgesprochene Tendenz zur Ve~lagerung in die dist~len Radiusteile.

II. P h a e o m e l a n i n e . Melanine yon rotbrauner bis schmutzig ~elber Farbe, in ihreu hetlsten Phasen sogar farblos. Sie sind leichter 15slich ais die Eumelanine; die am leichtesten 15slichen rotbr~anen Phacomelanine lassen sich schon durch 0,2 ~ kalte Natronlauge den Federn eatziehen. Die Gestalt der PhaeomelaaiakSrner ist kreisrund bis unregelmiifsig rundlich. Kreisrunde KSrner in reihenfiirmiger Anordnung rufen zuweilen besonders [ebh~fte F~rbungea hervor (z. B. weinrStliche F~rbung der Unterseite yon z~ringilla coelebs).

Eumelanine und Phaeomelanine sind durch Uebergiinge verbunden; mSglicherweise sind die letzteren Oxydationsprodukte der Eumelanine.

B. L i p oc h r o me. Sie durchsetzen in diffuser Verteiiung, gewissermaf~en gelSst, die Federmasse und sind nurser in Laugen auch in den LSsungsmitteln der Fette (Aether, Alkohol, Chloro- form etc.) 15slich. In letzterea LSsun~en geben sie charak- teristische hbsorptionsspektren. Mit konzentrierter Schwefelsiture fiirben sie sich blau (Lipocyanreaktion).

I. Z o o x a n t h i n e : yon rein gelber Farbe. II. Z o o n e r y t h r i n e : yon rein toter Farbe.

Dutch Kombination der Pigmente untereinander oder mit bestimmten Federstrukturen entsteht die Anzah[ der verschie- denen Federiiirbungen. Treten bei Mischfiirbungen mehrere Pigmentarten mit einander in Verbindung, so sind sie gew6hnlich nicht regellos durcheinander gemischt, sondern paarweise neben einander gelagert. Man kann demnach in solchen makroskopisch einfarbig erscheinenden Federn, ja selbst in einzelnen Radien, mikroskopisch eine Zeichnung feststellen (vgl. die ,,Agutifarbe" der SRugetiere). Aufserdem i.~t die Menge des eingelagerten Pig- mente~ mafsgebend filr den Farbton der Feder: biaturgemhfs gebea grofse Pigmentmengen (i n t e n s i v e Verteilun~) lebhaftere F~rbungen als geringe Mengen (d i 1 u t e Verteilung).

Die folgende Zusammenstellung sell einen Ueberbiick tiber das Zustandekommen der h~iufigsten Federt~irbungen unter be- sonderer Berticksichtigung der einheimischen Vogelarten bieten und somit einen ungef~ihren Anhalt zur Beurtei[ung der morpho- logischen F~irbungsgrundlagen geben. Sicheren hufschlufs gibt in jedem Falle nut die mikroskopische Untersuchung der Feder, wenu nOtig in Verbindung mit ehemischen Pigmentuntersuchun~en.

h. R e i n e F i i r b u n g e n : Hervorgerufen n u r d u r c h e i n e Pigmentart oder eiiie bestimmte-Struktur.

Page 3: Versuch einer Klassifikation der häufigsten Federfärbungen

L X X I Hef t I ] GSrnitz, Klassif ikat ion der Federf~.rbungen. 129

I. Reine Pigmentfarbea: Rami und Radii sind gleichm/ifsig yon Pigment erfiillt.

a. Melaninfarben. 1. E u m e l a n i n e ergeben in i n t e n s i v e r h n o r d n u n g

S c h w a r z , in d i l u t e r Verteilung S e h w a r z - b ra u n (z. B. die schwarzbraune Hauptfarbe yon .Buteo buteo und vieler anderer RaubvSgel). Die Ansicht, dais dutch schwache Pigmentierung eine graue Fiirbung hervorgerufen wird, ist irrig.

2. P h a e o m el a n i n e rufen, je nach Anzahl, Farbe und Form der PigmentkSrner die verschiedenen rotbraunen und gelbbraunen Ft~rbungen hervor. Der i n t e n s i v e a Yerteilung entspricht im allgemeinen eine d u n k e 1- r o t b r a u n e bis d u n k e l b r a u n g e l b e , der d i - l u t e n Anordnung eine h e l l r o s t b r a u n e bis 1 e h m g e 1 b e FederftLrbung.

b. Lipochromfarben. 1. Z o o x a n t h i n ergibt G e l b , und zwar je nach der

Menge des Pigmeates goldgelb (intensiv) bis blafsgelb (diiut).

2. Z o o n e r y t h r i n ergibt R o t (intensiv dunkelrot, dilut hellrot).

I[. Reine Strukturfarben. Die einzige einfache Strukturfarbe ohne jeden Pigment-

anteil ist das W e i r s . Es entsteht dadurch, dafs die an sieh farbloso Hornmasse der Feder an bestimmten Stellea mit Luft durchsetzt ist. his Tr~iger der Weifsstruktur dienen in der Hauptsache die verhorntea Markzellen der Rami and des Schaftes.

B. K o m b i n i e r t e F i i r b u n g e n . I. Kombination verschiedener Pigmente.

a. K o m b i n a t i o n b e i d e r M e l a n i n a r t e n . I. I n t e n s i v : W i l d g r a u (z. B. Rtlekenfiirbung yon

t~arus palustris). Rami und proximale Teile der Radii enthalten PhaeomelaninkSrner, die distalwiirts konti- nuieriich in dichte Massen yon Eumelanin tibergehen. Ist die PhaeomeIaainzone im Radius weiter ausgedehnt, so entsteht eino mehr gelbliche F~rbung.

2. D i l u t : O l i v e n b r a u n (z. B. Riickenfiirbung yon Erithacus rubecula). Gegenilber dem Wildgrau haben bier beide Melaninarten eine Verminderung erfahren: In den distalen Radienteilen sind die einzelnen Eume- laninkSrner unterscheidbar, in den proximalen Partien sind die Phaeomelanine moist ganz geschwunden uad in den Rami liegen auch nut geringe Mengen yon PhaeomelaninkSrnern, sodafs die Wirkung der luft- erfiilltPn M~rkzellen mehr zur Geltung kommt.

9 Jouxn, f. Orn. LXX~o Jahr~., Januar 1923.

Page 4: Versuch einer Klassifikation der häufigsten Federfärbungen

180 G6rnitz, Klassifikation der FederF.~rbungen. ~ " f" O. t. I9~3

b. Kombination beider Lipoehromarten : 0 r a n g e. Mikroskopisch betrachtet erscheint das Pigment

orangefarbener Federn (z. B. Kopfplatte yon Regulus) nut als diffuses Lipochrom, sodafs man im Zweifel sein kSnnte, ob es sich um eine Mischung yon Zooxanthin und Zoonerythriu oder um eine besondere Lipochromart handelt. Dagegen l~tfst sich durch entwicklungsgeschicht- liche Untersuchungen, fiber (lie spSter ausfiihrlicher be- richtet werden soil, der Mischcharakter dieser Fiirbung mit Sicherheit nachweisen.

c. Kombination yon Melanin und Lipochrom. Als einzige hSufigere Kombinationsfiirbung scheint

diejenige zwischen E u m e l a n i n und Z o o x a n t h i n in Betracht zu kommen. 1. I n t e n s i v : G e i b l i c h o l i v e n g r i i n ( z . B . Rticken-

f~rbung yon :Parus major etc.). Zooxanthin im Ramus und der Basis des Radius, in

den distalen Radiusteilen dichte Massen von Eumelanin. 2. D i l u t : B r S u n l i c h o l i v e n g r f i n (z. B. Rticken-

fiirbung yon Chloris sinica). Farbenanordnung wie vorstehend, abet das Eu-

melanin in diluter Verteilung. Dafs an der Entstehung obiger griiner Farben die

Blaustruktur keinen Anteil hat, zeigt das Verhalten schizochroistischer Variet~tten : Parus major bokharensis, als klimatischer Schizochroismus yon P. m. maior auf- zufassen, hat infolge Ausfalls des Zooxanthins eine g r a u e Rfickenf~irbung angenommea (vgl. u. II. a. l.); Regulus regulus bekommt in den asiatischen Trocken- gebieten (Form tristis) durch teiiweises Schwinden des Zooxanthins eine graugrtine Rfickenf~trbung. 1) Kfinst- lich l~l:st sich bei grauen Federn, beispielsweise den Rfickenfedern yon Lanius excubitor, das strukturlose Grfia dadurch erzeugen, dafs man die Federn mit gelber Wasserfarbe gut durchfiirbt und nach kurzem Aus- waschen in reinem Wasser wieder trocknen lfifst.

IL Kombination zwischen Pigmenten und Struktur. a. Melanine und Weifsstruktur.

1. E u m e l a n i n : G r a u (z. B. Rticken yon Sitla). Die Rami und die Basis der Radien sind pigmentfrei,

sodafs die weifserzeugenden Markzellen zur vollen Wirkung kommen; der distale Tell der Radien ist yon Eumelanin erffillt. Je ausgedehnter die pigmentfreie Radienzone, am so heller erscheint das Grau.

1) Dieses Graugrfin dfirfte als eine zweite dilute Form dieser Far- bungsgruppe aufzufassen sein, wobei infolge der Verminderung des Zoo- xanthins die Weifsstruktur der MarkzeUen zu erhShter Gettung kommt.

Page 5: Versuch einer Klassifikation der häufigsten Federfärbungen

Lxxz I s i Heft I ] GSrnitz, Klassifikatioa der Fcderf~rbungen.

2. Phaeomelanin: Blafs gelbbraun (z.B. sand- /ihnlicho F/irbung vieler extremer Wtistenformen).

Pigmontverteilung wio vor, nur in den Radien anstatt des Eumelanins Phaeomelanin.

b. Melanin, und zwar: Eumelanin, und R5hrchen- struktur: Blau.

Die Blaustruktur ist wohl yon der Weifsstruktur ab- zuleiten; sie kommt dadurch zustande, dafs die verdickten W~inde der Markzellen yon feinsten luftfiihrenden Kaniil- chen durchzogen werden. Die so entstandene innige Durch- dringung der Federsubstanz mit Luft wirkt als trtlbes Medium, das in Verbindung mit einer schwarzen Melanin-

unterlage nur blaue Strahlen refiektiert. Die RShrchen- struktur allein, ohne Melaninunterlage, geniigt noch nicht zum Hervorbringen der blauen Farbe. K n i e s c h e fand Blaustruktur auch in weifsen und roten Federn. Im ein- faehsten Falle kann der Melaninhintergrund durch Ein- lagerung von Eumelanin in die distalen Radiusteile ge- bildet werden (Parus coeruleus). Solche Federn unter- scheiden sich demnach yon grauen Federn nut durch die Ausbildung der RShrchenstruktur. Daher dilrfte wohl auch der zuweilen schwach bHiuliche Schein mancher grauen Federn auf beginnende RShrchenbildung zurtick- zufilhren sein. In anderen Fallen (z. B. Papageien) tritt das Melanin als direkte Unterlage unter die KanRlchen- zellen und raft so eine intensivere Blauwirkung hervor.

c. M e l a n i n , Lipochrom, and zwar Z o o x a n t h i n , und R S h r c h e n s t r u k t u r : G r f i n .

Alle drei Komponenten kSnnen in den Rami ver- einigt sein, in der Hegel in der Weise, dafs Eumelanin die Unterlage der Kiistchenzellen bildet, wiihrend das Zooxanthin die obere Rindensehicht erfiillt. Dutch Hin- zutritt yon Phaeomelanin kiinnen besondere Farbnuancen hervorgerufen werden.

Durch giinzlichen oder teilweisen Ausfall des Zooxan- thins entstehen (ira Gegensatz zu B. I. c.) blaue oder bl~iu- fiche F~rbungen (z. B. blaue Varietlit yon Melopsittacus undulatus, blitulich grauer Ton der Oberseite von ~icus viridi~ innominatus).

9*