verstand und erfahrung in kants vernunftkritik und .verstand und erfahrung in kants vernunftkritik
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Verstand und Erfahrung
in Kants Vernunftkritik und Herders Metakritik
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwrde
der
Philosophischen Fakultt
der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-
Universitt
zu Bonn
vorgelegt von
Christa Kaupert
aus
Kassel
Bonn 2006
Gedruckt mit Genehmigung der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universitt Bonn
Zusammensetzung der Prfungskommission:
Prof. Dr. Rainer Stuhlmann-Laeisz
(Vorsitzender)
Prof. Dr. Peter Baumanns
(Betreuer und Gutachter)
apl. Prof. Dr. Hans-Joachim Pieper
(Gutachter)
Prof. Dr. Gnter Bader
(weiteres prfungsberechtigtes Mitglied)
In memoriam
Walter Schulz
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Vorwort
Wenn sich zu Zeiten das instrumentelle Denken gegen das problematisierende
Denken durchsetzt und vereint mit dem technologischen Trend die Ansicht
aufkommen lt, da das Ende der Philosophie herbeigekommen sei, so sind
diese Meinungen im Grunde unwichtig.
Walter Schulz
In einer Zeit, in der empirische Wissenschaften einen berwltigenden
Vorrang vor den geisteswissenschaftlichen eingenommen haben und
behaupten, in einer Zeit, in der die Rede vom Fortschritt sich
unausgesprochen auf die Bereiche der Naturwissenschaften und der
Technik bezieht und Philosophie ihre Berechtigung noch am ehesten in
einer nachtrglichen Begrndung und Rechtfertigung von
Forschungsergebnissen aus diesem Bereich zu haben scheint, war und ist
das Studium der Philosophie und da gerade der Lehrinhalte, die heute
vielfach als erledigt gelten, fr mich immer von besonderer Bedeutung
gewesen. Schon in meiner Jugend wurde mir von meinem ersten Semester
an, als ich in Tbingen bei Erwin Metzke, dem viel zu frh Verstorbenen,
und bei Walter Schulz studierte, durch diese meine ersten Lehrer die
Freude am Lesen und Durcharbeiten nur scheinbar veralteter Texte
vermittelt. Im Nach-Denken der groen Fragen, wie sie von Philosophen
gerade in der Zeit des Deutschen Idealismus reflektiert wurden und von
denen Walter Schulz bis zu seinem Tod am Pfingstmontag 2000 immer
wieder sagte, da sie bleiben, erffnete sich mir eine Mglichkeit der
inneren Freiheit in einer Welt immer schneller wechselnder Programme
und Denkmodelle. Eine zum Grunde liegende Stabilitt der
philosophischen Texte aus frheren Jahrhunderten die dennoch die
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Mglichkeit zur Offenheit behlt durch immer fragende
Unabgeschlossenheit, kann auch heute das Denken davor bewahren, ins
Schleudern zu geraten und in bloe Unverbindlichkeit abzudriften.
Nach meiner Pensionierung als Realschullehrerin nahm ich mein frheres
Philosophiestudium in meinem Wohnort Bonn wieder auf. Wieder hatte
ich das Glck, vom ersten Semester an bei einem Lehrer studieren zu
knnen, der mir durch seine Vorlesungen und Seminare die Philosophie
und besonders Kants Philosophie der Erkenntnis so eindrucksvoll
vermittelte, da sie mir noch einmal so lebendig wurde wie damals in
meiner Jugend. Von Professor Dr. Peter Baumanns kam auch die
Anregung zu der vorliegenden Arbeit. Seiner unermdlichen Teilnahme
und seiner nie erlahmenden Geduld bei Verzgerungen verdanke ich ganz
wesentlich meine nie erlahmende Freude an dieser Untersuchung. Auch
nach seiner Emeritierung machte er es immer ganz kurzfristig mglich, in
einem persnlichen Gesprch aufgetretene Fragen und Probleme zu
errtern und wichtige Hinweise zu geben. Fr diese seine aktive Betreuung
mchte ich ihm meinen ganz ausdrcklichen Dank sagen.
Fr die so bereitwillige bernahme des Korreferats spreche ich Professor
Dr. Hans-Joachim Pieper meinen Dank aus.
Meiner jungen Freundin und Kommilitonin Dr. Susanne Weiper danke ich
sehr herzlich fr ihre unermdliche Bereitschaft zum Korrekturlesen,
meinem Kommilitonen Andreas Renghart fr seine tatkrftige Hilfe bei der
Computerfassung.
Anregend und hilfreich war der Austausch mit meinen Mitstreiterinnen
Anne Fischer und Larissa Hllen.
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Mein Dank gilt ferner Professor Dr. Dr. Claus Artur Scheier,
Braunschweig, fr sein teilnehmendes Interesse an meinem Studium und
an meiner Arbeit.
Dem philosophischen Gesprchspartner in Brasilien, Professor Dr.
Christian Klotz, Santa Maria, sei fr seine Begleitung in ausfhrlichen
Telefongesprchen, die durch sein aufmerksames Zuhren, seine
behutsamen Hinweise und seinen Zuspruch immer ermutigend waren, ganz
besonders gedankt.
Und mein Dank geht an Professor Dr. Georg-Michael Schulz, Kassel, der
mir das Exemplar der Kritik der reinen Vernunft berlie, das seinem
Vater gehrt hat.
Die Gesprche mit meinem verehrten Lehrer und Freund Walter Schulz,
die ich in seinen letzten Lebensjahren bei meinen Besuchen in Tbingen
mit ihm fhren konnte, nehmen in meiner Erinnerung fr immer einen
besonderen Platz ein. Ich widme diese Arbeit seinem Andenken.
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Inhalt
Einleitung
A) Zur Entstehungsgeschichte der Metakritik und ihrer Wirkung
B) Analysen:
1. Kapitel:
Titel und Einleitung
a) Kritik des Titels
b) Die Vernunft als Gesetz und Zeuge
c) Die Bedeutung der Sprache fr das Gemt
d) Herders Versuch einer Orientierung mit fnf Fragen:
1. Was ist Erkenntnis a priori?
2. Was heit Synthesis oder synthetisch?
3. Sind in allen theoretischen Wissenschaften der Vernunft Stze,
in denen das Prdikat mehr als das Subjekt sagt?
4. Gibts synthetische Urteile a priori?
5. Kann die Metaphysik durch eine Transzendentalphilosophie
geheilt, gebessert, fortgefhrt werden?
2. Kapitel:
Metakritik der sogenannten Transzendental-sthetik
1. Unterschiede in Kants systematischem und Herders
hermeneutischem Ansatz
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a) Anschauung
b) Erscheinung
c) Materie und Form
2. Von dem Raume
a) Kants Errterung ( 2, 3)
b) Herders Errterung
3. Von der Zeit
a) Kants Errterung ( 4-7)
b) Herders Errterung
3. Kapitel:
Metakritik der sogenannten Transzendental-Analytik
I. Einleitung zur Idee einer transzendentalen Logik
II. Von der Deduktion reiner Verstandesbegriffe
a) Kant: Von den Prinzipien einer transzendentalen Deduktion
berhaupt ( 13)
b) Herder: Vom Ursprunge und der Entwickelung menschlicher
Verstandesbegriffe
III. Zweiter Abschnitt der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe
der KrV
1) Die Prinzipien fr die Mglichkeit der Synthesis ( 14, 15)
2) Einheit der Apperzeption als das oberste Prinzip alles
Verstandesgebrauchs ( 16, 17)
3) Einheit des Selbstbewutseins und objektive Gltigkeit
( 18, 19)
4) Kants Schritt vom Da zum Wie ( 20, 21)
5) Die Bedeutung der Kategorien
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a) die doppelte Bedeutung nach F. Paulsen
b) die leere Bedeutung nach Herders Spiegelmetapher
6) Die Bedingungen zum Verstandesgebrauch ( 22-26)
a) Die Gesetze der Erkenntnis vor aller Erfahrung ( 22, 23)
b) Die Synthesis speciosa und die Synthesis intellectualis ( 24)
c) Das reine Selbstbewutsein und die konkrete Selbsterfahrung
bei Kant ( 25)
7) Herders Sichtweise des Zwiefachen von Subjekt und Objekt
8) Die Synthesis der Apprehension gem der Synthesis der
Apperzeption ( 26)
9) Gegensatz von Kants Konzeption der Natur und Herders
Apprehension der Natur
10) Resultat der Deduktion der Verstandesbegriffe ( 27)
IV. Herders Gegenentwurf:
Von der innern Verknpfung und Reihung unsrer
Verstandesbegriffe
4. Kapitel
Vom Schematismus reiner Verstandesbegriffe
A) Der Schematismus in der Kritik
a) Das transzendentale Schema als das vermittelnde Dritte
b) Schema und Bild bei Kant und in Herders Kommentar
c) Unterschiede und bereinstimmungen im Verstndnis der Zeit
d) Die transzendentale Synthesis als produktive Einbildungskraft
B) Herders Gegenentwurf:
Von Denkbildern menschlicher Verstandesbegriffe
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5. Kapitel