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Verbindung von Craniosacraler Osteopathie und AlexanderTechnik in meiner Praxis Abschlussarbeit Franziska Mettler Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel Februar 2015

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Verbindung von Craniosacraler Osteopathie und

AlexanderTechnik in meiner Praxis

Abschlussarbeit Franziska Mettler

Schule für Craniosacrale Osteopathie Rudolf Merkel

Februar 2015

Inhaltsverzeichnis

Vorwort Craniosacrale Osteopathie

Werdegang von Andrew Taylor Still Zusammenfassung von Stills Grundeinsichten: Werdegang von William Garner Sutherland Grundeinsichten von Sutherland:

AlexanderTechnik Werdegang von Frederic Matthias Alexander Grundeinsichten von Frederic Matthias Alexander

Fallbeispiele Lina Kathrin Martha Fritz Barbara

Craniosacrale Techniken 1) Kompressionstechnik 2) Stapeln 3) Initiieren von einem Stillpoint

4) Struktur verbindende Energie 5) Mass movement 6) Rocking the Dura 7) Magen 8) FIT 9) Ear pull

Vorwort In einem ersten Teil möchte ich mit dieser Diplomarbeit interessierten Klientinnen und Klienten die Methoden etwas ausführlicher erklären, mit denen ich hauptsächlich arbeite. Wider Erwarten bekam ich durch das Schreiben viele wertvolle Impulse für meine Arbeit. AndrewTaylor Still beindruckt mich mit seinem Lebenswerk sehr, so ist sein Kapitel ausführlicher geworden. Welch grosse Fertigkeit muss er besessen haben dass er sogar Infektionskrankheiten positiv beeinflussen konnte! Auch bei Alexanders Technik (im Folgenden AT genannt) fand ich wieder Kostbarkeiten für die Arbeit, die im Alltag etwas in Vergessenheit geraten sind.

Wenn ich im zweiten Teil in den Fallbeispielen aufzeige wie ich die Methoden verbinde so ist das sehr persönlich. Mir ist bewusst, dass ich beide Richtungen nicht ausschöpfe. Immer wieder gibt es bei Klienten Aspekte, welche ich mit der einen Methode behandle, jedoch genauso gut mit der anderen hätte angehen können. Für mich ist es z.B. einfacher, tiefe Spannungen mit den Mitteln der Craniosacralen Therapie (im Folgenden Cranio genannt) zu lösen. Aber ich weiss, dass man mit der AT genauso weit kommen würde. Umgekehrt weiss ich, dass ich auf dem Gebiet der Cranio erst einen ganz kleinen Bereich beherrsche. Da ist noch viel, viel mehr, das ich nutzen könnte und vielleicht so Manches, was ich jetzt mit den Prinzipien der AT löse, überflüssig machen würde. Ganz ausgelassen habe ich die Aspekte aus der Körper-Psychotherapie die ich natürlich bei Bedarf auch einfliessen lasse.

Craniosacrale Osteopathie Erst mal eine Begriffsklärung: Craniosacral ist lateinisch und bedeutet Cranium (Schädel) und Sacrum (Kreuzbein). Die Craniosacraltherapie geht in ihrer Arbeit - ganz einfach zusammen gefasst - von der Hirnflüssigkeit (Liquor) und deren Fluss zwischen Schädel, Wirbelsäule und Kreuzbein und sowie dessen Einfluss auf den Körper aus. Osteopathie setzt sich aus den beiden griechischen Worten Osteon (Knochen) und Pathos (Schmerz oder Leiden) zusammen. Es gibt in der Craniosacraltherapie verschiedene Richtungen. Die verbreitetste richtet sich nach dem Osteopathen und Chirurgen John E. Upledger (1932 - 2012). Er entschloss sich in den 70er Jahren dazu, auch Nicht-Osteopathen die craniale Osteopathie zu lehren. Dafür vereinfachte er Sutherlands Konzept und nannte es Craniosacrale Therapie. Damit wurde die Therapiemethode Vielen zugänglich und bekannt. Die Craniosacrale Osteopathie hingegen geht auf den osteopathischen Arzt William G. Sutherland zurück.

Werdegang von Andrew Taylor Still

Andrew Taylor Still am Krankenbett http://www.pulpdiddyspermutations.com/2014/08/20/andrew-taylor-still-5/

Die Osteopathie wurde von A.T. Still Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA entwickelt. Es war die Zeit um den amerikanischen Bürgerkrieg, der wegen der Frage der Sklaverei ausbrach. Die damals häufig auftretenden Infektionskrankheiten hatten ohne Antibiotika immer wieder den Tod zur Folge. Mit der damaligen Medizin (Aderlass, giftige Brechmittel, Opium, Quecksilber, Whiskey und nichtsteriler Wundchirurgie etc.) konnte kaum geholfen werden. Andrew Taylor Still wurde1828 im Mittleren Westen der USA geboren. Sein Vater war methodistischer Wanderprediger und Bauer in einem Gebiet, das eben erst erschlossen wurde. Dieser reiste, neben seiner Arbeit als Bauer, durch das Gebiet und war Mangels Ärzten auch als Laienmediziner tätig. Der junge Still war viel in der Natur und studierte schon als Kind intensiv die Anatomie von Tieren. Er liebte die Jagd und sezierte die erlegten Tiere hinterher. Still litt häufig an Kopfschmerzen. Einmal verlängerte er das Seil seiner Schaukel und legte den Hinterkopf so hinein dass ein leichter Zug und eine Schaukelbewegung an Kopf und Wirbelsäule entstand. Die Kopfschmerzen verschwanden durch diese Massnahme - für Still ein Schlüsselerlebnis. Später arbeitete er als Arzt, betätigte sich daneben aber auch als Landwirt und Ingenieur. Er erfand verschiedene landwirtschaftliche Maschinen und interessierte sich für die neu aufkommende Elektrizität. In den Jahren des Bürgerkriegs kämpfte er auf der Seite der Gegner der Sklaverei als Militärarzt. Als er machtlos zusehen musste, wie drei seiner Kinder an Meningitis starben, wandte er sich von der gängigen Medizin ab und machte sich auf die Suche nach Alternativen. Still studierte intensiv Anatomie. Er sezierte heimlich Leichen und war bekannt dafür, dass er mit einem Sack voller Knochen herum lief.

Andrew Taylor Still studiert einen Knochen http://sos.mo.gov/archives/mdh_splash/default.asp?coll=atsu

Bei der Arbeit der Bonesetter (Knocheneinrenker) fand Still Ansätze die ihm gefielen.

Er war davon überzeugt davon, dass Einschränkungen in der Struktur des Körpers dessen Funktion beeinträchtigten und so zu Krankheiten führten. Seine Vorstellung vom Körper und dessen Funktionen war wie damals üblich eine eher mechanistische. Er verglich den Körper mit einem Acker. Die Erde entspricht in diesem Bild dem Bindegewebe und die Flüsse den Blutgefässen und Nervenbahnen. Diese Flüsse „bewässern“ und „nähren“ den Acker. Wird ihr Fluss gestört, so ist die Ernte (Gesundheit) schlecht und der Mensch wird krank.

„Nicht den Kranken zu heilen ist die Pflicht des Maschinisten, sondern einen Teil des ganzen Systems so anzupassen, dass die Lebensflüsse fließen und die ausgetrockneten Felder bewässern können.“

Andrew Taylor Still, Das große Still-Kompendium, Bd. I: Autobiografie

Auf der Suche nach einer wirkungsvollen Medizin fand Still in den Heilern der Shawnee Indianer seine zweiten wichtigen Lehrer. Auch sie arbeiteten ohne Medikamente - ein Aspekt nach welchem Still suchte. Von ihnen lernte er seine Aufmerksamkeit gezielt an den Ort der Blockaden zu lenken und abzuwarten. Er erkannte immer mehr, wie gross das Potential der Hände war, nicht nur therapeutisch, sondern auch als diagnostisches Instrument. Deshalb verfeinerte er seine Arbeit mit den Händen immer mehr. Still war von der Selbstheilungskraft des Menschen überzeugt. Er war geprägt von einem sehr religiösen Zuhause, in dem Gott und alles, was er erschaffen hatte, vollkommen war. Still wandte sich aber immer mehr vom traditionellen Glauben ab und wurde von anderen philosophischen Richtungen beeinflusst. Eine der wichtigsten war die Evolutionstheorie von Herbert Spencer. Spencer sprach von Versöhnung zwischen Religion und Wissenschaft, die beide danach strebten, etwas Unerkennbares für den Menschen erfassbar zu machen. Er zeichnete ein Erklärungsmodell für die gesellschaftliche Entwicklung vom Naturvolk zum Industriestaat. Daneben kam Still unter Anderen auch mit dem Amerikanischen Transzendentalismus in Berührung. Er stand für eine freiheitliche, selbstverantwortliche, naturnahe Lebensweise und wandte sich gegen die Sklaverei.

Still sah im Arzt jemanden der den Menschen umfassend begleitete. Also Körpermediziner, Seelsorger und Philosoph in einem war. So beschrieb er zum Beispiel wie die harte Arbeit im Herbst zu Verletzungen und Überanstrengung führen. Wenn aber noch viel getan werden muss, achtet man nicht darauf. Kommen die Winterstürme, ist der Körper so geschwächt, dass er viel zu schnell erkrankt. Still suchte nach Gesundheit und nicht nach der Pathologie und versuchte die Menschen darin zu unterstützen. Sein Ansatz war somit ein salutogenetischer.

„Gesundheit zu finden ist Aufgabe des Arztes. Krankheit kann jeder finden.“

Andrew Taylor Still, Das große Still-Kompendium, Bd. II: Die Philosophie der Osteopathie

Es dauerte viele harte, entbehrungsreiche Jahre, bis Still ab ca. 1885 immer mehr Behandlungserfolge hatte und ein gefragter Arzt wurde. Gerade bei Infektionskrankheiten konnte er unter Anderem durch Ausgleich von unterschiedlich warmen Körperstellen, flexibleren und festeren Orten mit seinen Händen eine Genesung beschleunigen. 1892 gründete er eine erste Schule für Osteopathie in Kirksville (Missouri). Bald gab es mehrere Schulen mit vielen Studenten. Still stand dieser Entwicklung kritisch

gegenüber, sah er doch seine Methode zum Teil falsch angewendet. Bis ins hohe Alter verfasste er noch Bücher in denen er die Osteopahtie beschrieb, um sie so zu erhalten wie er sie entwickelt hatte. Still starb 1917 an den Folgen einer Apoplexie (Schlaganfalls). Die Ostopathie wurde immer bekannter, glich sich aber auch der Schulmedizin an und wurde ihr in den 1950er Jahren gleich gestellt.

Zusammenfassung von Stills Grundeinsichten: Der Mensch ist eine Einheit. Körper, Seele und Geist sind untrennbar.

Jedes einzelne Organ, jeder Muskel ist mit einer Haut (Faszie) überzogen. Die einzelnen Faszien sind untereinander verbunden. So kann es sein wie bei einem Tuch, wenn an einer Stell gezogen wird, wirft es Falten an einer anderen. Genauso können Beschwerden über die Faszien an anderen Orten auftreten wie das Problem liegt. Ist die Seele aus dem Gleichgewicht, wird man schneller krank und umgekehrt kann es uns emotional belasten, wenn wir krank sind.

Die Struktur und Funktion bedingen sich gegenseitig. Ist z.B. ein Gelenk (Struktur) blockiert, so schränkt dies die Beweglichkeit (Funktion) ein. Oder wird ein Muskel nicht mehr bewegt (Funktion), so bildet er sich zurück (Struktur).

Der Körper verfügt über Selbstheilungskräfte. Haben wir z.B. eine Erkrankung durchgemacht, so sind wir nachher immun gegen diesen Erreger. Oder wenn wir eine Verletzung haben gerinnt das Blut und verschliesst die Wunde.

Werdegang von William Garner Sutherland

William G. Sutherland mit einem Occiput (Hinterhauptsbein) in der Hand http://iacst.ie/history-craniosacral-therapy?pmsession=9b72664645dd90ce53f36df92d586842

William Garner Sutherland lebte 1878 bis 1954. Er wuchs wie Still auf einer Farm in

einfachen Verhältnissen auf. Ein Erlebnis prägte ihn besonders. Sutherland musste mit seinen Geschwistern einen Kartoffelacker ernten. Als sie fertig waren, schickte der Vater sie erneut zu suchen und es kamen noch mehr Kartoffeln zum Vorschein. Der Vater schickte sie ein drittes Mal und sie fanden noch mehr. Dieses hartnäckige Graben prägte Sutherlands spätere Forschung. Das Suchen nach Unsichtbarem wurde zum Leitfaden seines Lebens. Mit 14 Jahren arbeitete er zuerst in einer Druckerei, wurde Journalist und Verleger in Minnesota. In diesem Zusammenhang lernte er die Osteopathie und A.T. Still kennen und es faszinierte ihn so sehr, dass er von 1898 bis 1900 die Ausbildung zum Osteopathen absolvierte. Um sein Studium zu finanzieren redigierte er u.a. Texte seines Physiologie-Lehrers Dr. John Littlejohn. Dieser gründete 1917 die erste Osteopathieschule in Grossbritanien und legte damit den Grundstein in Europa.

Während des Betrachtens eines gesprengten Schädels kam Sutherland beim Os Temporale (Schläfenbein) der Gedanke, dass dieses genauso aussieht wie die Kiemen eines Fisches.

Kiemen eines Fisches Tentorium (Schläfenbein) von innen her gesehen.

http://www.deutschesee.de http://www.taxidermy.ch

Die Idee dass Nähte und Verzahnungen nicht umsonst vorhanden waren liess ihn nicht mehr los. Er begann die Beweglichkeit seines eigenen Schädels mit Helmen zu testen und beobachtete wie sich die Schädelknochen unter Druck verschoben. Über viele Jahre forschte er akribisch nach jeder einzelnen Bewegung der Schädelknochen und konnte durch Fixierung einzelner Knochen Symptome reproduzieren und wieder auflösen.

„Alle lebendigen Gewebe sind in stetiger rhythmischer Bewegung. Das Gehirn ist keine stille leblose Masse Nervengewebe.“

Sutherland Kompendium II

Sutherland stellte fest, dass Schädel und Kreuzbein sich synchron bewegten und diese Bewegungen auf den ganzen Körper übertrugen. Die Bewegung erfolgte rhythmisch nach dem Puls, Atem und einem langsameren Rhythmus. Er nannte ihn den Primären Lebensatem. Für ihn war es eine tiefe Kraft, die als erste manifest wird, wenn ein Lebewesen entsteht. Wie Ebbe und Flut kommt und geht sie in einer rhythmischen Bewegung, in der Ruhe des Wendepunkts sah Sutherland die grösste Kraft. Mit dieser Sichtweise stand er ganz in der Tradition seines Lehrers Still.

Im Herzen jeder Bewegung ist Stille. Alles Potential des Rhythmus liegt in der Stille.

William G. Sutherland

Sutherland entwickelte immer feinere Techniken, um fixierte Nähte zu lösen und gründete damit die craniale Osteopathie. 1944 wurde sie offiziell als Teil der Osteopathie anerkannt. Sie war aber nur einem kleinen Kreis von Therapeuten zugänglich. 1954 stirbt Sutherland.

Grundeinsichten von Sutherland: Die Schädelknochen sind frei beweglich in festen Bewegungsmustern

Das Sacrum ist frei beweglich zwischen den Beckenschaufeln

Das Neuralrohr (Gehirn und Rückenmark) hat eine Eigenbewegung

Der Liquor (Hirnflüssigkeit) hat eine rhythmische Bewegung (Fluktuation). Er nannte es Lebensatem.

Die rhythmische Bewegung überträgt sich auf die Hirnhäute und über sie auf die Knochen und das ganze Skelett. Die Bewegung ist im ganzen Körper tastbar.

AlexanderTechnik Werdegang von Frederic Matthias Alexander Die AlexanderTechnik geht auf Frederic Matthias Alexander zurück. Er wurde 1869 als Ältester von 8 Geschwistern geboren und wuchs auf einer grossen Pferdefarm auf. Da er oft krank war, unterrichtete ihn ein Hauslehrer zuhause. Später lernte er Schauspielerei und Geige. Er trat auf Laienbühnen auf und wurde vor allem als Shakespeare-Rezitator sehr erfolgreich.

Frederic Matthias Alexander http://www.alexandertechnique.com/photos

Aber immer öfter plagten ihn Heiserkeit und Atemnot. Er suchte Rat bei verschiedenen Ärzten und Stimmbildnern. Sie empfahlen ihm die Stimme zu schonen. Manchmal sprach er 2 Wochen nicht vor einem wichtigen Auftritt. Die Stimme war dann auch wirklich gut. Aber während der Aufführung wurde er so schnell heiser, dass er bis zum Schluss kaum mehr sprechen konnte. Alexander wurde klar, dass er während des Rezitierens etwas falsch machte. Er fragte den behandelnden Arzt und dieser bestätigte was Alexander festgestellt hatte. Nur konnte er nicht sagen was es war, das die Heiserkeit verursachte.

Da beschloss Alexander es selber heraus zu finden. Er suchte nach einem Unterschied zwischen dem normalen Sprechen und dem Rezitieren. Vor einem Spiegel beobachtete er sich über Monate und stellte fest, dass er die Muskeln im Nacken anspannte und damit den Kopf nach hinten und unten zog, die Luft hörbar einsog und den Kehlkopf herunterdrückte. Ihn überraschte, dass dies nicht nur beim Rezitieren sondern auch beim Sprechen passierte, allerdings in viel geringerem Masse, so dass es ihm anfänglich gar nicht auffiel und auch keine Beschwerden verursachte.

Durch langes geduldiges Üben stellte Alexander fest, dass alle Spannungen abgeschwächt wurden, wenn es ihm gelang, den Hals nicht nach hinten und unten zu ziehen. Aber leider reichte diese Einsicht nicht, um seine Stimme nachhaltig zu verbessern. Sobald er anfangen wollte sein Ziel zu Rezitieren umzusetzen, waren seine alten Muster wieder da. Er versuchte es auf eine neue Weise und gab jeden Versuch auf, gleich etwas zu „tun“ um an sein Ziel zu kommen. Es brachte ihn einen grossen Schritt weiter. Jetzt hatte er Raum, sich genau vorzustellen, was er für ein gelungenes Rezitieren brauchte. Er gab sich verschiedene Anweisungen, wie z.B. den Hals frei zu lassen ohne es zu tun.

„.... es war nötig für mich, die Erfahrung zu machen den Reiz sprechen zu wollen zu erhalten und nichts sofort darauf zu tun.“

FM Alexander, Evolution of a Technique

Aber im entscheidenden Moment wenn er sein Ziel zu Rezitieren erreichen wollte fiel er trotz aller Vorbereitung wieder ins altbekannte Muster zurück. Alexander stellte fest, dass er sich gar nicht auf seine Gefühle verlassen durfte. Er musste sich ganz auf seinen gedanklichen Prozess einlassen und konnte erst hinterher überprüfen, ob es funktioniert hat. Das heisst zu Rezitieren ohne sich übermässig anzuspannen.

„’Versuchen’ ist bloss Verstärkung dessen, was wir bereits kennen.“

FM Alexander, Bemerkungen im Unterricht

Mit all diesen Massnahmen war ihm der Durchbruch gelungen. Seine Stimme und sein Auftreten wurden so viel besser, dass dieses auch von Aussen wahrgenommen wurde und Alexander wurde bewusst, dass nicht nur er sondern fast alle Menschen denen er auf der Strasse begegnete, den Kopf unterschiedlich stark nach hinten zogen. Er bekam immer mehr Anfragen von Schauspielkollegen und später von Ärzten, die mehr über seine Arbeit erfahren wollten und bei ihm Unterricht nahmen. 1904 übersiedelte er nach London und eröffnete dort eine Praxis. Etwas später schrieb er sein erstes Buch.

Alexander unterrichtet einen Jungen ©2005 The Society of Teachers of the Alexander Technique, London

Während der beiden Weltkriege zog Alexander nach New York, um weiter arbeiten zu können. 1930 eröffnete er seine erste Schule und bot eine dreijährige Ausbildung zum Lehrer und Lehrerin der Alexander Technik an.

1948 erlitt er einen schweren Schlaganfall mit halbseitiger Körperlähmung. Mit Anwendung seiner Prinzipien gelang es ihm sich vollständig zu erholen. Er konnte absolut ruhig stehend ein Bein über eine Stuhllehne bewegen. Bis zu seinem Tod im Alter von 86 Jahren (1955) unterrichtete er.

Grundeinsichten von Frederic Matthias Alexander Er nannte dies Direktiven geben.

Wir sind eine psycho-physische Einheit.

Es ist unmöglich mentale und physische Prozesse zu trennen. Schenkt man seinem Körper mehr Aufmerksamkeit, führt dies zu einem besseren Funktionieren.

Bewegung besteht aus drei Faktoren: 1. Natürlicher Mechanismus: Bewegungsabläufe sind von Geburt an eingebaut.

Wir brauchen nicht zu wissen, welchen Muskel wir wann zum Gehen anspannen und wieder loslassen müssen.

2. Strukturelle Veränderungen: Zusätzlich beeinflussen jedoch strukturelle Veränderungen die Bewegung. Sie werden durch Unfall oder Krankheit verursacht. Oder durch lange dauernde falsche und damit schädigende Belastung.

3. Unsere Einmischung: Wenn wir uns einmischen, durch Ideen, wie wir uns bewegen sollten oder Imitation, ist dies der dritte Faktor, der zu unserem persönlichen Bewegungsmuster führt.

Unser Verstand ist so stark, dass er jedes System dominieren kann, auch natürliche Bewegungsabläufe. Haben wir z.B. als Kind bemerkt dass wir länger Rennen können wenn wir die Beine steif machen, so werden wir das in den natürlichen Bewegungsablauf integrieren, auch wenn es auf lange Sicht hinderlich sein wird. So ist es möglich, dass wir mit unseren Ideen das natürliche System blockieren und schlechter funktionieren. Hören wir auf, dies zu tun, wird unsere Bewegungsqualität besser.

Bei jeder Bewegung die wir machen, gibt es eine Veränderung in der Beziehung des Kopfes zum Rumpf. Alexander fand heraus, dass das freie Spiel zwischen Kopf und Rumpf entscheidend für die Qualität jeder Bewegung ist. Die Veränderung geht der Bewegung voraus und begleitet sie. Einer von Alexanders Schülern, Dr. W. Barlow konnte in Untersuchungen diese Veränderug nachweisen.

Wir sind oft so stark auf ein Ziel fixiert dass wir in Gedanken bereits beim Ziel sind und zu wenig überlegen, was es braucht, um das Gewünschte am Besten zu erreichen. So neigen wir z.B. dazu, mehr Kraft zu verwenden, wenn etwas nicht funktioniert. Oder wir sind in Gedanken schon bei der Arbeit anstatt auf dem Weg dorthin und bemerken nicht wie unsere Atmung stockt, die Sonne scheint... Alexander nannte das Innehalten Inhibition. Inhibition bedeutet also, nicht gleich zu reagieren, damit Raum entsteht durch den wir die Möglichkeit haben unsere Reaktion zu überdenken. So sind wir präsenter für den Moment.

Wir können uns überlegen, was wir am bessten planen sollten um unser Ziel so gut wie möglich zu erreichen. Alexander nannte dies Direktiven, Anweisungen geben. Er versuchte mehrere gleichzeitig zu denken. So z.B. den Hals frei zu lassen, guten Kontakt über die Füsse zum Boden zu haben, sein Blickfeld offen zu lassen... Er erklärte aber auch dass das eines der schwersten Dinge für seine Schüler zu Lernen war.

Unsere Körpergefühle sind unzuverlässig. Sie richten sich nach dem Gewohnten und nicht nach dem Objektiven. Was wir immer wieder machen fühlt sich gut und richtig an, auch wenn es unsere Probleme verursacht. Unser Hirn beurteilt Informationen nicht nach einem objektiven Gesichtspunkt. Es filtert heraus, was sich nicht verändert. Wir bekommen jede Sekunde unzählig viele Informationen. Über Gelenkstellungen, Temperatur, Geschmack, Geräusche... Wir sind auf ein gutes Selektionssystem angewiesen. Was sich nicht verändert, wird nicht mehr gemeldet. so wird z.B. wird unsere Haltung als gerade eingeschätzt, auch wenn sie von aussen krumm aussieht. Korrigieren wir dies, fühlt es sich für uns falsch oder eben krumm an, auch wenn es objektiv gerade ist.

Wir kreieren unsere Gewohnheiten, sie sind nicht einfach da. Jedes Mal entscheiden wir uns neu für unsere gewohnheitsmässigen Reaktionen. Dies passiert meist unbewusst, und wir nehmen die dafür benötigte Anstrengung kaum mehr wahr. Werden wir uns aber dessen wieder bewusst, steht der Weg zur Veränderung offen. Veränderung liegt in unserer eigenen Verantwortung. Wir haben die Gewohnheiten kreiert, so können wir sie auch wieder bleiben lassen.

Fallbeispiele

Ich werde in einem ersten Schritt die einzelnen Beispiele erzählen und hinterher die angewendeten Techniken näher beschreiben.

Lina

Bei einem Sturz auf der Treppe brach sich die 55jährige Lina den Unterarm. Sie bekam eine Gipsschale. Sie liebte die Arbeit im Garten und hütete regelmässig ihre Enkelkinder. Anfangs war es gar nicht so sehr der Bruch der schmerzte, sondern die Schulter und der Ellbogen. Als sie mich eine knappe Woche nach dem Sturz aufsuchte, machte sie schon wieder fast den ganzen Haushalt alleine. Ihre Schulter war hochgezogen und den Arm hielt sie ohne Armschlinge angewinkelt an den Körper gedrückt. Ich hatte den Eindruck dass sie sich nicht gut spürt und bot ihr deshalb zuerst eine Craniobehandlung an. Ich erklärte ihr was bei einem Schock im Körper passieren kann. (Wir ziehen uns zusammen, die Zirkulation vom Blut, der Atem sind eingeschränkt und unsere Wahrnehmung ist reduziert.) An den Füssen fiel mir auf, dass ihr Craniosacral Rhythmus - CRI eher schwach war. Ich ging mit meiner Aufmerksamkeit mit der Bewegung mit und der Rhythmus verstärkte sich langsam. Mit dieser Massnahme wurden auch die Faszien auf der posterioren Seite der Beine weicher und durchlässiger für meine Aufmerksamkeit. Ein Knie begann zu schmerzen. Lina erinnerte sich erst jetzt wieder, dass sie auch auf das Knie gefallen war. Ich ging weiter zum Sacrum. Dieses bewegte sich etwas. So konnte ich gleich weiter zum Diaphragma. Mit der dynamischen Kompressionstechnik (1) auf das Diaphragma wurde die Atmung sichtbar tiefer. Durch das Lösen der Schulter und Thoraxappertur fing der linke Unterarm zu schmerzen an. Für mich ein Zeichen, dass sich die Spannungen lösten. Das Occiput sass etwas schief. Ich stapelte (2) den Knochen und er wurde freier. Jetzt bat ich sie mit meinen Händen an ihrem Kopf mir den Tag des Unfalls nochmals zu schildern. Wenn der CRI schwächer (emotionales Fulkrum) wurde oder stoppte leitete ich einen Still Point (3) ein. Sie fühlte sich hinterher etwas zittrig, aber ruhig. Die Stelle des Bruchs tat noch mehr weh. Ich erklärte dass man mehr spürt, wenn sich traumatische Erfahrungen die zu festhalten im Gewebe führten sich auflösen.

Zum Schluss schauten wir noch kurz die Armhaltung an. Hier war ich froh um die Mittel der AlexanderTechnik. Ich sah gleich, dass die Schulter wieder lockerer hing. Jetzt schmerzte der Unterarm und nicht mehr die Schulter. Ich erklärte, welch negative Konsequenzen Schonhaltungen auf den Heilungsprozess haben und es sich auf längere Sicht lohnt, etwas Rücksicht zu nehmen. Lina sah das ein und die Armschlinge und Ruhe machten jetzt Sinn. Sie versprach, den Haushalt vorläufig dem Ehemann zu überlassen.

In die nächste Stunde kam Lina viel ruhiger. Nachts hatte sie nochmals vom Unfall geträumt und ihr wurde bewusst dass sie viel zu viel gemacht hatte. Sie nahm sich jetzt Zeit. Die Hand war wärmer und die Schulterschmerzen kamen nur leicht zurück. Diesmal widmete ich mich mehr dem Arm. Über die Finger suchte ich mit der Technik der Struktur verbindenden Energie (4) einen Weg durch den Bruch hoch zur Schulter und löste die Faszien des Arms. Dann schauten wir mit den Mitteln der AlexanderTechnik den schmerzenden Ellbogen an. Sie konnte den Arm fast nicht loslassen. Ihr wurde bewusst, dass sie aus Angst den Arm an den Körper zog und anwinkelte. Die Armschlinge half nur bedingt. Als sie endlich etwas loslassen konnte, wurden die Schmerzen im Ellbogen viel besser. Wir mussten diese Bewegung mehrere Male üben. Kaum nahm ich ihren Arm hoch, war die Spannung wieder da. Ich erklärte ihr, wie wichtig dass es ist, im Alltag auf die Schonhaltung zu achten und zu trainieren den Arm immer wieder loszulassen.

Die nächsten Stunden löste ich weiter die Strukturen im Arm. Wir schauten mit den Mitteln der AlexanderTechnik schrittweise die Bewegungsabläufe im Alltag an die ihr Mühe bereiteten. Wenn sie z.B. zu wenig Kraft in der Hand hatte, neigte sie dazu, die

Schulter zu verkrampfen um zu stabilisieren. Durch das bewusst werden konnte sie im Alltag wieder loslassen und merkte dass sie so fast mehr Kraft hatte wie wenn sie den Arm fixierte. Nach einem Monat bekam sie Schmerzen im anderen Daumengelenk. Im Gespräch wurde klar dass sie diese Hand jetzt mehr brauchte und überforderte. Wir besprachen die Anatomie des Daumengelenks, bei dem der relevante Teil fast beim Handgelenk sitzt. Wieder musste sie einsehen, dass noch nicht alles ging wie sie das gerne wollte. Sie war erneut gefordert, zuerst inne zu halten und dann die Bewegung auszuführen. So spürte sie immer besser wenn sie sich verkrampfte oder ungünstig bewegte. Am Schluss hatte sie fast die ganze Beweglichkeit zurück und auch gelernt auf ihren Körper zu hören anstatt mit viel zusätzlichem Kraftaufwand ihre Ziele zu erzwingen.

Kathrin Die 15 Jährige hat seit Jahren Schmerzen in den Füssen, Brustkorb und Rücken. Mal ist es besser, mal schlechter. Sie wurde schulmedizinisch gründlich abgeklärt und man fand nichts. Ich begegnete einem aufgeweckten Mädchen, die gerne alles korrekt machte. Hier war erst einmal AlexanderTechnik gefragt. Kathrin sass etwas steif aufrecht. Als ich sie frage, ob das bequem sei, verneinte sie. Sie setzte sich ganz zusammengesunken hin. So war es bequem. Die Mutter erzählte, wie schwierig es sei, dass sie oft so krumm da sitze und dass das die Rückenschmerzen sicher nur schlimmer mache. Ich erklärte, dass das grundsätzlich recht habe, aber es auf die Qualität des Sitzens mehr ankomme wie auf das gerade Sitzen. Das heisst wenn sich Kathrin aus dem oberen Rücken hochziehe, sie damit die Schmerzen eher verstärkt. Wir schauten an, wie tief unten und innen sich die Hüftgelenke befinden und ein Aufrichten beim Becken beginnen müsste, nicht im Brustkorb. Ich gab ihr als Aufgabe, sich einfach bequem hinzusetzen während der nächsten Woche und zu achten, wo ihre Hüftgelenke sich befinden. Die Mutter bat ich um ihr Einverständnis, für eine Woche die Augen vor der schlechten Haltung der Tochter zu verschliessen. Beide sahen ein was ich ihnen erklärte und es keimte wieder etwas Hoffnung, dass sie die Schmerzen loswerden könnte. Dies halft sicher mit dass es in der folgenden Woche viel besser war. Ich begleitete Kathrin Schritt für Schritt auf einer Entdeckungsreise zu ihrem Körper. Sie lernte das Becken aus den Hüftgelenken zu bewegen und den Kopf weniger in den Nacken zu ziehen. Auch für die Mutter war es eine interessante Schulung, die ihr bei ihren Nackenspannungen half. So unterstützten sie sich gegenseitig im Dranbleiben daheim. Vor dem Abschluss löste ich mit der Kompressionstechnik (1) das gespannte Diaphragma, so wurde auch die Atmung tiefer. Dann half ich ihr mit Mass movement (5) über die Füsse mehr Stabilität zu bekommen und wir unterhielten uns darüber was passiert, wenn man sehr schnell wächst und sich zu den vertrauten Menschen eine ganz neue Perspektive ergibt. Mit diesen Massnahmen war Kathrin in kurzer Zeit schmerzfrei. Manchmal plagen sie noch Nackenspannungen, die sich aber mit einer Massage der Mutter leicht lösen lassen.

Martha Geistig ist Martha mit ihren 91 Jahren noch ganz wach. Nach einem Sturz aus dem Bett hattte sie starke Rückenschmerzen, ein Brustwirbel wurde angerissen. Da sie nicht mehr so mobil ist und auf meinem Heimweg wohnt, besuche ich sie privat.

Aufstehen ist eine grosse Qual. Zuerst wendete ich die AlexanderTechnik an und zeigte ihr, wie sie am schonendsten aus dem Bett aufstehen und sich hinlegen konnte. Sie setzte sich z.B. zu hoch oben auf die Bettkante und musste dann im Bett nach unten rutschen was Schmerzen verursachte. Da sie nur auf der Seite liegen konnte und sehr berührungsempfindlich war, entschied ich mich erst mal für die Technik Rocking the Dura (6). In ihrem Rücken fehlt die Lebendigkeit, der CRI war nur schwach spürbar. Es tat ihr sichtlich gut. In den nächsten Sitzungen versuchten wir heraus zu finden was ihre Schmerzen linderte. Denn die Schmerzmittel hatten den Darm durcheinander gebracht und Martha konnte sie nicht mehr nehmen. Am Rollator tat es am wenigsten weh. Deshalb ging sie so oft wie möglich in der Wohnung auf und ab. Ich machte sie auf die angespannte Halsmuskulatur aufmerksam, den Rechtsdrall den sie beim Gehen hatte, das Festklammern mit den Händen und die vornüber gebeugte Haltung. Schritt für Schritt konnte sie alles verbessern und die Schmerzen nahmen ab. Parallel dazu behandelte ich zusätzlich zum Rücken ihren Magen und Darm. Vor allem die Motilität war eingeschränkt, darum wählte ich die Induktionstechnik (7). Nach einigen Monaten mit Behandlungen in immer grösseren Abständen war sie wieder schmerzfrei und hatte viel über ihre Bewegungsmuster gelernt, die sie auch weiterhin beobachtete.

Fritz Bevor er pensioniert wurde, arbeitete Fritz als Ingenieur. Er kam eher skeptisch. Seine Frau hatte ihn „geschickt“. Vor drei Wochen musste er notfallmässig eine Hernie in der rechten Leiste operieren. Seit Jahren litt er an Rückenschmerzen. Physio half ihm nur begrenzt. Ich bot ihm an, einfach mal eine Behandlung zu erleben und nach ein paar Tagen zu entscheiden, ob er eine Weile regelmässig kommen möchte. Denn es war für mich offensichtlich, dass seine Beschwerden nicht von heute auf morgen verschwinden würden und ich auf seine Mithilfe angewiesen war. Ich konzentrierte mich bei der Craniobehandlung auf das Operationsgebiet. Hier war eine grosse stumme Zone. Ich gab ihm auf, sich etwas auf seine Schonhaltung beim Gehen zu achten. Die Veränderung war grösser wie ich erwartet hatte. Die Schmerzen gingen merklich zurück und das nächste Mal kam Fritz motiviert und wollte viel über die Cranio wissen. Die AlexanderTechnik interessierte ihn weniger. Es waren für ihn meine „magischen“ Hände, die den Schmerz nahmen. Es dauerte mehrere Behandlungen, bis er offener wurde für sein eigenes Zutun. Er war soweit offen, wie ich ihm die Anatomie seiner Hüftgelenke erklärte. Aber dass seine Ideen Schuld an negativen Bewegungsmustern sein sollten und er sie damit über den Verstand beeinflussen konnte konnte er sich nicht vorstellen. Er war sich sein ganzes Leben gewohnt zu machen. Jetzt sollte er plötzlich damit aufhören und erst mal Denken. Ich war froh, bot mir sein Körper genügend „Baustellen“ um mit der Cranio arbeiten zu können. Seine Beschwerden wurden mit jeder Behandlung besser. Er war sehr interessiert an dem was ich spürte. So erzählte ich ihm, wie erstaunt ich über seine steifen Beine sei. Sie würden so gar nicht zu seinem Beruf und dem was er in der Freizeit machte passen. Er erzählte mehr von seiner Jugend und es wurde klar, dass er sich diese steife Haltung als Kind angeeignet haben musste. Während des 2.Weltkriegs arbeitete er als 8j. auf dem Bauernhof und musste den fehlenden Vater ersetzen. Er machte Arbeiten die eigentlich viel zu schwer waren für ihn. Wenn wir über unsere körperlichen Möglichkeiten gehen, hilft Versteifen. Es führt erst zu Problemen wenn wir nicht mehr

loslassen. Jetzt war er fasziniert. Seine Rückenbeschwerden passten genau zu der Haltung, die er beim Holz hacken oder Heu aufladen machen musste. Ganz langsam spürte er immer mehr, wie er dieses Versteifen selber produzierte und konnte es mit der Zeit unterlassen. Damit gingen seine Rückenbeschwerden so weit zurück, dass er auch wieder Wandern konnte.

Barbara Zwei Unfälle brachten Barbaras System durcheinander. Zuerst stiess sie sich den Kopf unglücklich am Lavabo als sie etwas aufheben wollte und kurz darauf ist sie mit dem Velo gestürzt. Nicht schlimm, aber seither hatte sie Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Ihr CRI war gut und sie bis auf den Kopf waren keine übermässigen Spannungen im System. Als Schwimmlehrerin hatte sie einen gut trainierten Körper und ihr Köperbewusstsein war überdurchschnittlich. Mit der FIT Technik (8) begann ich ihre Schädelnähte zu lösen. Sie empfand eine grosse Erleichterung dabei. Wir unterhielten uns über den Umgang mit den Kopfschmerzen bei der Arbeit. Schmerzmittel halfen nur begrenzt. Vor allem das laute Schreien der Kinder im Hallenbad bereiteten ihr Probleme. Ich machte sie auf die Spannung in den Schultern aufmerksam, die während dem Erzählen auftraten. Ich erklärte ihr das Konzept von Inhibition und gemeinsam suchten nach Direktiven die ihr helfen konnten, den Lärm besser zu ertragen. Bei der nächsten Sitzung waren die Kopfschmerzen viel besser und sie schlief wieder. Ich ging dieses Mal mehr auf die Hirnhäute ein. Vor allem im Tentorium cerebelli li spürte ich Spannung. Mit der Ear pull Technik (9) gab das Gewebe nach und wurde flexibel. Ich löste noch weitere Blockaden in der Thoraxappertur und im Sacrum. Damit ging es Barbara wieder so gut, dass sie selber zurecht kam. In unregelmässigen Abständen meldet sie sich, vor allem um eine für sie schwierige Unterrichtssituation mit den Mitteln der AlexanerTechnik zu analysieren.

Craniosacrale Techniken

1) dynamische Kompressionstechnik: Die beiden Hände werden auf Höhe des Diaphragmas an den Rand des Brustkorbs gelegt. Ist das Diaphragma in seiner Dynamik spürbar, kann man einen leichten Druck ins Gewebe geben. Nur so viel, dass unter den Händen eine Bewegung entlang der Spannungsmuster beginnt. Diese kann man mit den Händen begleiten, bis sie verebbt.

Mobilisierung: Der Klient kann in Rücken- oder in Seitenlage liegen. Die posteriore Hand ist der ,,Boden", die anteriore Hand gibt bei Rückenlage des/der KlientIn einen leichten Druck in Richtung Erde. Beobachte die Reaktion des Gewebes auf Deine „initiale Kompression, d. h. die leichte Kompression soll eine Mitarbeit des Gewebes einleiten und Deine Hände in Bewegung bringen. Dieser Druck wird ganz leicht verstärkt, bis die anteriore Hand sich wie von selber zu bewegen beginnt(„dynamische Kompression“) ( z. B. in Torsion, Verschiebung nach rechts oder links, Drehung etc.). Gebe nur so viel Druck, so dass du die Antwort des Gewebes noch aufnehmen kannst und das Gewebe dich durch die verschieden Spannungsmuster führt. Jede Bewegung repräsentiert ein Loslassen von verspannten Gewebefasern. Führe diese Kompressionen, die ein Lösen der transversalen Faszienfasern bewirken, mehrmals durch.

2) Stapeln: Wird der Knochen wahrgenommen, kann man den Bewegungen in die Spannungen hinein folgen. Erst eine, dann eine zweite und dritte Richtung. Man stapelt sie also dreidimensional übereinander und hält sie und gibt eine Kopression dazu für eine gute Minute fest. Nach dem Stapeln geht der Knochen Lösungsbewegungen und verändert die Bewegungsqualität verändert sich

3) Initiieren von einem Stillpoint: Nach Sutherland fluktuiert der Liquor. Wie bei Ebbe und Flut gibt es einen neutralen Punkt der Ruhe zwischen den beiden Richtungen. Dies wird als Still point bezeichnet. Durch das „festhalten“ des Gewebes in der Öffnungs- oder Schliessungsphase kann ein Still point aktiv herbei geführt werden. Es ist eine Möglichkeit dem Körper Raum zu geben sich neu zu organisieren. Gerade nach traumatischen Erfahrungen wie bei Lina kann es eine gute Möglichkeit sein, Schock im Körper fest zu stellen (der CRI wird schwächer) und durch einen Still point eine Neuorganisation zu ermöglichen. Denn was traumatisch erlebt wurde ist von aussen oft schwer zu erkennen und rational oft auch für den Betroffenen nicht nachvollziehbar.

4) Struktur verbindende Energie: Der Kontakt geht über die knöchernen Strukturen. Im Fall von Lina hatte ich die Finger in der Hand und ging mit meiner Aufmerksamkeit von einem Fingerknöchelchen zum nächsten Gelenk. So wanderte ich durch alle Knochen und Gelenke bis hoch zur Schulter und dann über die Clavicula zum Sternum. Mit der Technik der Struktur verbindenden Energie würde man eigentlich einen ganz leichten Druck auf die Knochen und Gelenke geben, um zu spüren ob sie den Druck flexibel weiter geben können, was der Idealfall ist, oder ein Gelenk starr ist oder zu wenig Widerstand bietet. Dies habe ich bei Lina wegen dem frischen Knochenbruch unterlassen und arbeitete nur mit meiner Aufmerksamkeit.

5) Mass movement: Diese Technik arbeitet mit der Körperflüssigkeit. In und um die Zellen ist Wasser. Z.B. über die Füsse kann ich mit meiner Aufmerksamkeit damit in Kontakt kommen. Ich gebe einen feinen Schiebe-Impuls, wie wenn ich Wasser anstossen möchte und beobachte, wie sich die Welle fortsetzt. Sie sollte sich frei durch den Körper fortsetzten können bis sie cranial verebbt. Sind Blockaden da, kommt die Welle zurück und ich schicke sie erneut, bis sie ganz nach oben gelangt.

6) Rocking the Dura: In Seitenlage, eine Hand am Occiput und die andere am Sacrum beobachtet man die Bewegung der beiden Schädelknochen und das Hinauf- und Hinuntergleiten der Dura. Sind die Knochenbewegungen nicht synchron, lässt sich durch das sanfte zurückhalten eines der beiden Knochen ein synchrones Schwingen erreichen. Durch das Mitgehen lässt sich die Bewegung der Dura verstärken.

7) Induktionstechnik: Die Hände auf das Organ legen, mit der Aufmerksamkeit Kontakt zur organeigenen Bewegung aufnehmen und sie anschliessend in die Öffnungs- und Schliessungsphase begleiten. Die Richtung die leichter geht sanft unterstützen, bis beide Richtungen ausgeglichen sind.

8) FIT: Bei einer eingeschränkten Schädelnaht die Finger auf jeder Seite parallel zur Naht legen. Guten Kontakt zu beiden Schädelknochen aufnehmen und leicht komprimieren. Jeden Knochen einzeln Stapeln und so in einen Schwebepunkt zum angrenzenden Knochen bringen. Dann eine leichte Kompression der beiden Knochen aufeinander zu. Den Lösungsbewegungen in der leichtesten Richtung folgen bis zum Stillpoint. Danach der neuen Bewegung folgen bis sich die Naht mehr öffnet.

9) Ear pull: Die Ohren liegen auf Höhe des Tentoriums cerebelli. Über sie lässt sich das Tentorium gut erspüren. Mit einem leichten Zug horizontal nach lateral kann man das Tentorium mobilisieren.