update arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · update arbeitsrecht neue rechtsprechung und gesetzgebung...

61
Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Mediatorin

Upload: others

Post on 23-Jun-2020

10 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

Update Arbeitsrecht

Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung

2015/2016

Seminar der IHK-Akademie München Westerham

26. November 2015

Anke Voswinkel

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht,

Mediatorin

Page 2: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

Einleitung

Copyright

Die folgenden Dokumentationsunterlagen wurden im Auftrag der IHK Akademie München

und Oberbayern erstellt und sind vom Verfasser durch das Urheberrecht geschützt.

Nachdruck, Vervielfältigung, (Weiter)-Bearbeitung – auch auszugsweise – und / oder

Weiterleitung an Dritte ist urheberrechtlich nicht gestattet. Verfasser/-in dieser Unterlagen:

Rechtsanwältin Anke Voswinkel

Kontaktdaten:

Voswinkel Rechtsanwälte

Rechtsanwältin Anke Voswinkel

Grillparzerstr. 10

81675 München

Tel.: 089/ 55 05 47 80

Fax: 089/ 55 05 47 85

E-Mail: [email protected]

www.ra-voswinkel.de

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 2

Page 3: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 3

Gliederung

A. Einstellung

B. Betriebsübergang

C. Befristung

D. Teilzeit

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

I. Gesetzgebung

II. Rechtsprechung

F. Geldleistungen

G. Vertragsklauseln

I. Gesetzgebung

II. Rechtsprechung

H. Arbeitszeit – Überstunden

I. Krankheit

J. Urlaub/Pflegezeit

K. Mutterschutz - Elternzeit

I. Gesetzgebung

II. Rechtsprechung

Page 4: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 4

Gliederung

L. Schadensersatz – Vertragsstrafe

M. Betriebsrat

N. Soziale Mitbestimmung

O. Versetzung – Vertragsänderung

P. Abmahnung - Beurteilung

Q. Kündigung

R. Personenbedingte Kündigung

S. Leistungskündigung

T. Betriebsbedingte Kündigung

U. Mitbestimmung Kündigung

V. Freistellung – Suspendierung

W. Austrittsvereinbarung

X. Zeugnis

Page 5: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 5

Einleitung

Einleitung

Update Arbeitsrecht ist eine jährliche Veranstaltung der IHK. Sie dient der

Vertiefung arbeitsrechtlicher Kenntnisse und dem Erfahrungsaustausch

unter Praktikern. Die Referentin stellt Ihnen gesetzliche Neuregelungen und

ausgewählte Gerichtsentscheidungen vor. Sie bespricht aktuelle Probleme

zum Arbeitsvertrags-, Kündigungs- und Betriebsverfassungsrecht. Erörtert

werden insbesondere die Konsequenzen neuer arbeitsrechtlicher

Entwicklungen für die betriebliche Praxis und Personalarbeit.

Die zitierten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) finden Sie

veröffentlicht in vielen Fachzeitschriften und regelmäßig auch unter

www.bundesarbeitsgericht.de, dort unter Entscheidungen.

Page 6: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 6

A. Einstellung

Bewerbungsunterlagen für den BR

AG mit Betriebsrat haben diesen nach § 99 BetrVG über geplante Einstellungen und

Versetzungen unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Die

erforderlichen Unterlagen schließen Schriftstücke, die der AG im Bewerbungsverfahren

über den Bewerber erstellt hat, ein, z.B. Ergebnisse von Einstellungstests.

Gesprächsnotizen, die für die Auswahl des AG ohne Bedeutung waren, muss

der AG nicht vorlegen, BAG 14.07.2015, 1 ABR 58/13.

Dies betrifft insbesondere formlose, unstrukturierte Gesprächsnotizen - hier „der

Personalsachbearbeiterin“ beim Vorstellungsgespräch.

Eine Protokollierungspflicht des AG über Bewerbungsgespräche besteht nicht.

Grund: der BR hat kein Teilnahmerecht an Bewerbungsgesprächen; dies muss nicht

durch die Wiedergabe der Gespräche ausgeglichen werden.

Page 7: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 7

B. Betriebsübergang

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 8: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 8

C. Befristung

Befristete Vertragsverlängerung nach Renteneintritt

Vereinbaren AG und AN nach Erreichen des Renteneintrittsalters, das

Arbeitsverhältnis befristet fortzusetzen, kann die Befristung sachlich

gerechtfertigt sein, wenn der AN gesetzliche Altersrente bezieht und die

Befristung der Einarbeitung einer Nachwuchskraft dient, BAG 11.02.2015, 7 AZR

17/13.

Erforderlich ist, dass die befristete Fortsetzung einer „konkreten, im Zeitpunkt der

Befristung bestehenden Personalplanung des Arbeitgebers dient“.

Dass der AN gesetzliche Altersrente bezieht, stellt allein keinen Sachgrund für die

Befristung „in der Person des AN“ gemäß § 14 Abs. I S. 2 Nr. 6 TzBfG

Tipp: Der Sachgrund ist also sorgfältig zu prüfen und die Beweisbarkeit sicherzustellen

Seit 01.07.2014 bietet der neue § 41 Satz 3 SGB VI erweiterte Befristungsmöglichkeiten

nach Renteneintritt, die Europarechtskonformität ist jedoch bestritten, so dass das

Risiko eines unbefristeten Arbeitsvertrags besteht.

Page 9: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 9

D. Teilzeit

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 10: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 10

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

I. Gesetzgebung

Page 11: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

Referentenentwurf zur Leiharbeit und Werkverträgen

1. Zweck des Referentenentwurfs des BMAS vom 16.11.2015:

Umsetzung des Koalitionsvertrags

„Den Missbrauch von Werkverträgen und Leiharbeit werden wir verhindern“.

2. Auswirkungen

Der vorgelegte Entwurf geht über die Koalitionsvereinbarung und

Missbrauchsfälle weit hinaus

Da der Entwurf erst in der regierungsinternen Abstimmung steht, lässt sich

der endgültige Inhalt der Rechtsänderungen noch nicht präsentieren

Was absehbar ist, ist aber äußerst bedenklich und schwierig anzuwenden,

es stellt viele etablierte Vertragsmodelle in Frage, z. B. in den Bereichen IT-

Services, Wach- und Sicherheitsdienst, Catering, Logistik

Unternehmen sollten frühzeitig ihre Vertragsmodelle, v.a. die

Zusammenarbeit mit Freien Mitarbeitern überprüfen.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 11

Page 12: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

3. Abgrenzung Arbeitsvertrag – Werkvertrag, § 611 a BGB neu

„(1) Handelt es sich bei den aufgrund eines Vertrages zugesagten Leistungen um

Arbeitsleistungen, liegt ein Arbeitsvertrag vor. Arbeitsleistungen erbringt, wer Dienste

erbringt und dabei in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert ist und Weisungen

unterliegt. Wenn der Vertrag und seine tatsächliche Durchführung einander

widersprechen, ist für die rechtliche Einordnung des Vertrages die tatsächliche

Durchführung maßgebend.

(2) Für die Feststellung, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 für das Vorliegen eines

Arbeitsvertrages erfüllt sind, ist eine wertende Gesamtbeurteilung aller Umstände des

Einzelfalls vorzunehmen. Für diese Gesamtbetrachtung ist insbesondere maßgeblich,

ob jemand

a. nicht frei darin ist, seine Arbeitszeit oder die geschuldete Leistung zu gestalten oder

seinen Arbeitsort zu bestimmen,

b. die geschuldete Leistung überwiegend in Räumen eines anderen erbringt,

c. zur Erbringung der geschuldeten Leistung regelmäßig Mittel eines anderen nutzt,

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 12

Page 13: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

d. die geschuldete Leistung in Zusammenarbeit mit Personen erbringt, die von einem

anderen eingesetzt oder beauftragt sind,

e. ausschließlich oder überwiegend für einen anderen tätig ist,

f. keine eigene betriebliche Organisation unterhält, um die geschuldete Leistung zu

erbringen,

g. Leistungen erbringt, die nicht auf die Herstellung oder Erreichung eines bestimmten

Arbeitsergebnisses oder eines bestimmten Arbeitserfolges gerichtet sind,

h. für das Ergebnis seiner Tätigkeit keine Gewähr leistet.

(3) Das Bestehen eines Arbeitsvertrages wird widerleglich vermutet, wenn die

Deutsche Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch

insoweit das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses festgestellt hat.“

Nach dem Koalitionsvertrag sollten die wesentlichen von der Rechtsprechung

entwickelten Abgrenzungskriterien gesetzlich festgeschrieben werden, tatsächlich

werden sie deutlich verändert

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 13

Page 14: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

4. Leiharbeit – Änderung des AÜG

Begrenzung der Höchstüberlassungsdauer bei demselben Entleiher auf 18

aufeinanderfolgende Monate

Längere Zeiten durch Tarifvertrag bei Tarifgeltung möglich, auch durch

Betriebsvereinbarungen aufgrund TV, nicht aber durch Übernahme einer tariflichen

Regelung von nicht tarifgebundenen Unternehmen

Gleichstellung hinsichtlich aller wesentlichen Arbeitsbedingungen, tarifliche

Abweichung maximal für 12 Monate; Übernahme durch Bezugnahme auch für nicht

tarifgebundene AG möglich

Anrechnung von Zeiten der Überlassung durch anderen Verleiher, wenn zwischen den

Einsätzen nicht mehr als 6 Monate liegen (für Überlassungszeiten ab 01.01.2017)

Kein Einsatz von Leih-AN beim Entleiher, der unmittelbar bestreikt wird

Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher, § 9 Nr. 1a und b AÜG n.F.

a) wenn in dem Vertrag Verleiher-Entleiher die Überlassung nicht ausdrücklich als AÜ

bezeichnet ist oder

b) darin die Person des Leih-AN nicht konkretisiert ist oder

c) bei Überschreitung der Überlassungshöchstdauer,

wenn Leih-AN nicht schriftlich am Vertrag mit dem Verleiher festhält.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 14

Page 15: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 15

E. AÜG - Werk- und Dienstvertrag

II. Rechtsprechung

Page 16: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 16

F. Geldleistungen

Mindestlohn bei Entgeltfortzahlung

Nach dem BAG ist in Fällen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an

Feiertagen der Mindestlohn und nicht ein etwa vereinbarter geringerer

vertraglicher Lohn fortzuzahlen, BAG 13.05.2015, 10 AZR 191/14.

Entschieden hat das BAG dies für einen nach § 7 AEntG allgemein verbindlichen Tarifvertrag

für pädagogisches Personal, die Begründung liegt jedoch in dem Entgeltausfallprinzip gemäß

§ 4 EFZG, so dass dies

auch für den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn zutreffen dürfte.

Entsprechendes hat das BAG für die Pflegebranche gem. § 2 PflegeArbbV, 11 AEntG

angedeutet, BAG 19.11.2014 5 AZR 1101/12.

Page 17: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

F. Geldleistungen

Mindestlohn bei Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Für das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV hat das BAG entschieden:

Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst begründen wie Vollarbeit einen

Anspruch auf das Mindestentgelt, nicht aber Rufbereitschaft, BAG 19.11.2014,

5 AZR 1101/12.

Übertragbar auf das MiLoG

Arbeitsbereitschaft: wache Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung;

Bereitschaftsdienst: AN hält sich außerhalb der regulären Arbeitszeit an einem vom

AG vorgegebenen Ort auf, um bei Bedarf die Arbeit unverzüglich aufzunehmen;

Rufbereitschaft: AN kann den Aufenthaltsort wählen.

Die Vergütung für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst darf geringer als für

Vollarbeit sein, muss jedoch den Mindestlohn erreichen

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 17

Page 18: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 18

F. Geldleistungen

Übernahme höherwertiger Tätigkeiten

Verrichtet ein Praktikant höherwertige Dienste, als für das Praktikum vereinbart

waren, so hat er Anspruch auf die übliche Vergütung für diese außervertraglichen

höherwertigen Leistungen gemäß § 612 Abs. 1 BGB, BAG 10.02.2015, 9 AZR

289/13.

Wer als AG den Praktikant praktikumswidrig zu höherwertigen Dienstleistungen

heranzieht, muss also mit einer Nachforderung rechnen.

Entsprechendes hat das BAG am 25.03.2015, 5 AZR 874/12 auch für die

Übernahme höherwertiger Vertretungstätigkeiten durch einen AN entschieden,

auch insoweit hatte der AN Anspruch auf die übliche Vergütung für die

höherwertige Tätigkeit.

Page 19: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 19

G. Vertragsklauseln

I. Gesetzgebung

Page 20: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

Gesetz zur Tarifeinheit

In Kraft seit 10.07.2015; keine Anwendung jedoch auf zu dem Zeitpunkt

bereits geltende TV, § 13 Abs. 3 TVG = erst bei Neuverhandlung von TVen

Ziel: Sicherung der Tarifautonomie in Fällen kollidierender Tarifverträge im

Betrieb, insbesondere Schutz-, Verteilungs-, Befriedigungs- und

Ordnungsfunktion von Flächentarifverträgen

Inhalt: neuer § 4a Tarifvertragsgesetz (TVG) „Tarifkollision“

Hintergrund/Problemstellung: Nach § 3 TVG kann der AG an mehrere

Tarifverträge unterschiedlicher Gewerkschaften gebunden sein, wenn er

Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist oder einen Haustarifvertrag

geschlossen hat, sog. Tarifpluralität. Die Anwendung kollidierender

Tarifverträge in einem Betrieb ist für den AG jedoch schwierig, insbesondere

soweit es um betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen geht.

Anlass: Änderung der BAG-Rechtsprechung 2010, Aufgabe des

Grundsatzes der Tarifeinheit; Arbeitskämpfe der Sparten- bzw.

Berufsgewerkschaften in der Daseinsvorsorge.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 20

Page 21: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

§ 4a Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 TVG

(2) „… Soweit sich die Geltungsbereiche nicht inhaltsgleicher Tarifverträge

verschiedener Gewerkschaften überschneiden (kollidierende Tarifverträge),

sind im Betrieb

nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags derjenigen Gewerkschaft anwendbar,

die zum Zeitpunkt des Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen kollidierenden

Tarifvertrags

im Betrieb die meisten in einem Arbeitsverhältnis stehenden Mitglieder hat.

Kollidieren die Tarifverträge erst zu einem späteren Zeitpunkt, ist dieser für die

Mehrheitsfeststellung maßgeblich …“

= Mehrheits- statt Spezialitätsprinzip

„(3) Für Rechtsnormen eines Tarifvertrags über eine betriebsverfassungsrechtliche Frage

nach § 3 Absatz 1 und § 177 Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes gilt Absatz 2

Satz 2 nur, wenn diese betriebsverfassungsrechtliche Fragen bereits durch Tarifvertrag

einer anderen Gewerkschaft geregelt ist.“ (= Mehrheits- statt Windhundprinzip)

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 21

Page 22: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

§ 4a Abs. 4 TVG

Zwangsverdrängung soll nur „ultima ratio“ sein

die beteiligten Gewerkschaften sind aufgefordert, sich vorher friedlich zu

einigen, z. B. durch verbandsinterne Konfliktlösung oder

Abstimmung und Abgrenzung der Zuständigkeit

Bildung von Tarifgemeinschaften

Abschluss inhaltsgleicher Tarifverträge

Abschluss von Anschlusstarifverträgen/Nachzeichnung (Anspruch einer

Gewerkschaft gegenüber dem AG)

Infopflicht über die Aufnahme von Verhandlungen über einen TV für AG

oder AG-Vereinigung, mündliches Vortragsrecht anderer Gewerkschaften

hinsichtlich ihrer Vorstellungen und Forderungen, § 4a Abs. 5 TVG

(einklagbar; keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mehrheits-TV)

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 22

Page 23: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

Auswahlrisiko des Arbeitgebers hinsichtlich der geltenden

Tarifverträge!

Prüffolge bei Tarifverträgen unterschiedlichen Inhalts

1. Welche (überschneidenden) Tarifverträge (verschiedener Gewerkschaften) kommen

für eine Anwendung in Frage?

2. Liegen dabei inhaltliche Abweichungen/Kollisionen vor? Falls ja weiter mit 3.

Falls inhaltlich identische Abschlüsse, Nachzeichnung oder Anschlusstarifverträge:

Anwendung nebeneinander, Tarifpluralität

3. - Welche Gewerkschaft hat die meisten Mitglieder

- zum Zeitpunkt des letzten kollidierenden Tarifvertrags

- im maßgeblichen Betrieb?

- Im Zweifel Einleitung eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens zur Klärung

des anwendbaren TV, § 2a Abs. 1 Nr. 6 ArbGG n.F.

Nachweis der Mehrheitsposition durch die Gewerkschaft aufgrund notarieller

Bestätigung des Mitgliederbestands, § 58 Abs. 3 ArbGG!?– Risiko, da gänzlich unklar

4. Wiederaufleben des verdrängten (= nicht unwirksamen oder nichtigen)

Minderheitstarifvertrags, wenn der Mehrheitsvertrag endet?

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 23

Page 24: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

Offene Fragen

Verfassungsmäßigkeit angesichts des Eingriffs in die Koalitionsfreiheit der

verdrängten (idR kleineren) Gewerkschaft und deren Mitglieder?

Wirksamkeit nach Art. 11 EMRK, Nr. 87, 98 ILO-Übereinkommen?

Wie wird der anwendbare Tarifvertrag im Urteilsverfahren eines AN

ermittelt, der tarifvertragliche Ansprüche einklagt?

Sperrwirkung des verdrängten (aber nicht unwirksamen oder nichtigen) TV

im Sinne der §§ 87 Abs. 1 Halbsatz 1, 77 Abs. 3 BetrVG?

Welcher Tarifvertrag gilt, wenn arbeitsvertragliche Verweisungsklauseln auf

- den verdrängten TV ( Günstigkeitsprinzip?)

- den „für das Unternehmen einschlägigen“ Tarifvertrag verweisen?

Auswirkungen auf Arbeitskämpfe? Unzulässigkeit eines Streiks der

Minderheitengewerkschaft im Betrieb um einen TV? Bewusst vom

Gesetzgeber keine Regelungen dazu aufgenommen.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 24

Page 25: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 25

G. Vertragsklauseln

II. Rechtsprechung

Page 26: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 26

G. Vertragsklauseln

Veröffentlichung von Videoaufnahmen eines AN

Bildnisse von AN dürfen nur mit ihrer schriftlichen Einwilligung veröffentlicht werden, § 22

KUG.

Eine ohne Einschränkung erteilte Einigung des AN erlischt nicht automatisch mit

Vertragsbeendigung. Der AN kann sie aber widerrufen unter Voraussetzung, dass

er dafür einen plausiblen Grund angibt. BAG 19.02.2015, 8 AZR 1011/13

Hier ging es um einen Werbefilm auf der Website eines Unternehmens, das für die

Filmaufnahmen von Teilen der Belegschaft und für die Verwendung zur

Öffentlichkeitsarbeit einschließlich Ausstrahlung die schriftliche Einwilligung des AN

eingeholt hatte: korrekt anlassbezogen, im Einzelfall, klar, gesondert. Nach Ausscheiden

aus dem Arbeitsverhältnis forderte der AN seinen ehemaligen AG auf, das Video aus

dem Netz zu nehmen und Schmerzensgeld zu zahlen.

Das BAG widerspricht ausdrücklich der Auffassung, im Arbeitsverhältnis könne es

generell keine freiwillige Einwilligung des AN i.S.v. § 4a Abs. 1 S.1 BDSG geben.

Aufgrund des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist grundsätzlich ein

Widerruf möglich, jedoch muss sich der AN dazu auf einen plausiblen Grund berufen,

nicht nur die Vertragsbeendigung als solche, und bedarf es einer Interessenabwägung.

Page 27: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 27

G. Vertragsklauseln

Datentransfer in die USA

Der Transfer personenbezogener Daten an ein US-amerikanisches-Unternehmen

kann nicht mehr darauf gestützt werden, dass sich dieses den „Safe-Harbor-

Prinzipien“ unterwirft, EuGH 06.10.2015, Rs.C-362/14

Der EuGH hat die entsprechende Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt, da

das rudimentäre Datenschutzrecht der USA kein angemessenes Datenschutzniveau

biete; der Zugriff amerikanischer Behörden auf solche personenbezogenen Daten gehe

über das hinaus, was zum Schutz der nationalen Sicherheit notwendig und

verhältnismäßig sei.

Damit ist die konzerninterne Übermittlung an Konzerngesellschaften in den USA,

ebenso wie Cloud-Anwendungen amerikanischer Anbieter, die Nutzung von Netzwerken

wie facebook oder die Einbindung von Plugins auf der Unternehmens-Website in die

Unternehmenskommunikation unzulässig.

Lösungsmöglichkeiten ?

Page 28: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

G. Vertragsklauseln

Als vorübergehende Lösungsmöglichkeit wird die Nutzung sog.

Standardvertragsklauseln, deren Text durch die Kommissionsentscheidung

2001/497/EG bzw. im Beschluss 2010/87/EU festgelegt ist, empfohlen oder

die Nutzung konzerninterner, von den zuständigen Datenschutzbehörden

genehmigter Binding Corporate Rules

- die dauerhafte Akzeptanz dieser Verfahren wird jedoch bezweifelt.

Für bestimmte Nutzungen, z. B. facebook, ist auch die Einwilligung des Betroffenen

möglich, sofern diese eindeutig und freiwillig ist, also nicht generell zur

Voraussetzung zur Nutzung eines Dienstes oder der Einstellung des Mitarbeiters

gemacht wird.

Erlaubt ist der Transfer personenbezogener Daten aufgrund besonderer gesetzlicher

Vorschriften (z.B. für Flugpassagierdaten) oder, soweit dies für eine Vertragserfüllung

zwingend erforderlich ist (z.B. für die Hotelbuchung in den USA).

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 28

Page 29: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 29

H. Arbeitszeit – Überstunden

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 30: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 30

I. Krankheit

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 31: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 31

J. Urlaub/Pflegezeit

Verweigerung doppelter Urlaubsansprüche

Ein AN hat keinen Urlaub für das laufende Kalenderjahr, soweit bereits von einem früheren

AG Urlaub gewährt worden ist (§ 6 Abs. 1 BUrlG).

Beantragt der AN in einem neuen Arbeitsverhältnis Urlaub, muss er mitteilen,

dass sein früherer AG den Urlaubsanspruch noch nicht – weder vollständig noch

teilweise – erfüllt hat. Dazu muss er grundsätzlich eine entsprechende

Bescheinigung des früheren AG nach § 6 Abs. 2 BUrlG über den gewährten

oder abgegoltenen Urlaub aushändigen. Legt der AN die Bescheinigung dem

neuen AG nicht vor, kann dieser den Urlaub zunächst verweigern. BAG

16.12.2014, 9 AZR 295/13

Tipp: Bei Neueinstellungen den AN nach bereits gewährtem oder

abgegoltenem Urlaub fragen!

Page 32: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 32

J. Urlaub/Pflegezeit

Urlaub bei Verringerung der Wochenarbeitstage

Verringert ein AN im Laufe des Jahres seine Wochenarbeitstage, so stellt sich die Frage,

was mit nicht verbrauchtem Urlaubsanspruch aus der Zeit der Vollzeitarbeit/5-Tage-

Woche geschieht. Aufgrund der EuGH-Rechtsprechung musste das BAG seine

Rechtsprechung ändern:

Der für die Zeit der 5-Tage-Woche erworbene Erholungsurlaub ist nach

Wechsel in die Teilzeit noch in vollem Umfang durch bezahlte freie Tage zu

gewähren, BAG 10.02.2015, 9 AZR 53/14.

eine anteilige Kürzung findet nur für die Zeit ab Arbeitszeitreduzierung statt.

Beispiel: Reduzierung von 5 auf 4 Wochenarbeitstagen am 15.07.2010. 30

Urlaubstage in der 5-Tage-Woche 15 Urlaubstage für 1. HJ 2010, 12 Urlaubstage

für 2. HJ 2010 (30: 2 x 4 : 5), insgesamt 27 Urlaubstage für 2010

Page 33: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

J. Urlaub/Pflegezeit

Urlaubsgewährung durch vorsorgliche Freistellung

Kündigt der AG einen AN außerordentlich, hilfsweise ordentlich, so reicht es

nicht, den AN im Kündigungsschreiben für den Fall der Unwirksamkeit der

außerordentlichen Kündigung vorsorglich unter Anrechnung sämtlicher

Urlaubsansprüche unwiderruflich freizustellen. Das BAG hat in einem neuen

Urteil v. 10.02.2015, 9 AZR 455/13 festgehalten, dass der Urlaub bei

vorsorglicher Freistellung wirksam nur dann gewährt wird, wenn dem AN die

Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs gezahlt oder jedenfalls vorbehaltlos

zugesagt wird unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses im

fraglichen Zeitraum.

Nach dem BAG ist es eine unzumutbare Einschränkung der Urlaubsgestaltung und

ein Verstoß gegen die EU-Arbeitszeitrichtlinie, wenn der AN bei Urlaubsantritt nicht

weiß, ob er das Urlaubsentgelt erhalten wird.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 33

Page 34: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

J. Urlaub/Pflegezeit

Kürzung des Erholungsurlaubs wegen Elternzeit

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG kann der AG den Erholungsurlaub der AN für jeden vollen

Kalendermonat der Elternzeit um 1/12 kürzen.

Die Kürzungsmöglichkeit wegen der Elternzeit besteht nicht, wenn das

Arbeitsverhältnis beendet ist und der/die AN Anspruch auf Urlaubsabgeltung

hat, BAG 19.05.2015, 9 AZR 725/13.

Der Kürzungsanspruch setzt den noch bestehenden Anspruch auf Erholungsurlaub

voraus.

Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist nach neuer Rechtsprechung kein Surrogat des

Urlaubsanspruchs sondern ein reiner Geldanspruch.

Tipp: Checklisten ändern und vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags zum

Ende der Elternzeit oder innerhalb einer Kündigungsfrist die Kürzung

erklären.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 34

Page 35: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

K. Mutterschutz - Elternzeit

I. Gesetzgebung

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 35

Page 36: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

K. Mutterschutz - Elternzeit

Neuregelungen von Elternzeit und Elterngeld

Geltung (seit 01.01.2015) für ab 01.07.2015 geborene oder zur Adoption

aufgenommene Kinder, § 27 BEEG, für früher geborene/aufgenommene

Kinder bleibt es bei bisheriger Rechtslage

Zweck: Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Erleichterung

der Bindung von AN an den Betrieb

Kern der Neuregelungen:

1. Anteil der Elternzeit (EZ) von bis zu 24 Monaten – neu: ohne Zustimmung

des AG – bis zur Vollendung des 8. Lebensjahres (= Tag vor 8. Geburtstag)

des Kindes übertragbar (bis 12 Monate mit Zustimmung des AG bei vorher

geborenen/adoptierten Kindern), § 15 Abs. 2 BEEG

2. Elterngeld Plus: Verdoppelung der möglichen Bezugsdauer auf 28 Monate bei

maximal hälftiger Höhe zur Erleichterung von Teilzeitarbeit während der EZ (24 + 4

Monate Partnerschaftsbonus bei TZ zwischen 25 und 30 Wochenstunden in den 4

aufeinanderfolgenden Monaten), § 4 Abs. 3-5 BEEG.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 36

Page 37: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

K. Mutterschutz - Elternzeit

Verteilung auf 3 (statt bislang 2) Zeitabschnitte möglich. Aber:

AG kann 3. Abschnitt innerhalb von 8 Wochen nach Antrag aus dringenden

betrieblichen Gründen ablehnen, wenn er (insgesamt) zwischen 3.

Geburtstag und vollendetem 8. Lj. liegen soll (neu für ab 1.7.2015

geborene/ zu adoptierende Kinder), § 16 Abs. 1 S. 6 BEEG;

Verteilung auf weitere Abschnitte nur mit Zustimmung des AG

Schriftliches Verlangen der EZ durch den AN beim AG,

a) bis vollendetem 3. Lj. grundsätzlich spätestens 7 Wochen vor gewünschtem Beginn und (nach wie vor, auch bei Übertragung)

unter Angabe, für welche innerhalb von 2 Jahren Elternzeit beansprucht wird (Festlegung bleibt!),

b) bei Übertragung zwischen 3. Geburtstag und vollendetem 8. Lj.: spätestens 13 Wochen vorher (neu für ab 1.7.2015 geborene/ zu adoptierende Kinder)

Tipp: Bei EZ-Antrag von (neuen) AN vom AG-Recht Gebrauch machen, vom AN die Bescheinigung eines früheren AG über bereits genommene EZ verlangen, § 16 Abs. 1 S. 9 BEEG.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 37

Page 38: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

K. Mutterschutz - Elternzeit

Teilzeitanspruch während Elternzeit, § 15 Abs. 7 BEEG: Schriftliche Geltendmachung für Teilzeit

bis vollendetem 3. Lj. mindestens 7 Wochen vorher,

neu: für die ev. übertragenen 24 Monate zwischen 3. Geburtstag und vollendetem 8. Lj. 13 Wochen vorher

Fiktion einer Zustimmung des AG zur Arbeitszeitverringerung und Verteilung, wenn er nicht schriftlich mit Begründung ablehnt

spätestens 4 Wochen bei EZ bis vollendetem 3. Lj.

spätestens 8 Wochen bei EZ zwischen 3. Geburtstag und vollendetem 8. Lj.

Kündigungsschutz: Der AG darf ab dem Zeitpunkt, von dem ab Elternzeit verlangt worden ist, höchstens jedoch 8 Wochen vor Beginn der Elternzeit bzw. höchstens 14 Wochen vorher bei übertragener Elternzeit, und während der Elternzeit nicht kündigen, es sei denn, die Landesbehörde hat zugestimmt, § 18 BEEG

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 38

Page 39: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

K. Mutterschutz - Elternzeit

II. Rechtsprechung

Siehe J, im übrigen keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 39

Page 40: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 40

L. Schadensersatz - Vertragsstrafe

Zulässigkeit der Überwachung durch einen Detektiv

Die Überwachung eines AN durch einen Detektiv wegen des Verdachts einer

vorgetäuschten Arbeitsunfähigkeit ist nur zulässig, wenn der Verdacht des AG

auf konkreten Tatsachen beruht. Gleiches gilt für dabei heimlich hergestellte

Abbildungen.

Verletzt der AG diese Grenzen, kann dies einen Schmerzensgeldanspruch

wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des AN begründen.

BAG, 10.02.2015, 8 AZR 1007/13

Im entschiedenen Fall begründeten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von

unterschiedlichen Ärzten wegen unterschiedlicher Erkrankungen innerhalb von 8

Wochen keinen berechtigten Anlass beobachtete Sekretärin erhielt € 1000

Schmerzensgeld.

Nicht entschieden wurde über die Zulässigkeit von Videoaufnahmen im Fall eines

berechtigten Anlasses zur Überwachung.

Page 41: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

L. Schadensersatz - Vertragsstrafe

Erstattung von Anwaltskosten in Höhe ersparter Reisekosten

Im arbeitsrechtlichen Verfahren I. Instanz trägt grundsätzlich jede Partei ihre Kosten

selbst. Dies gilt auch für einen Prozessbevollmächtigten, nicht aber für die eigenen

Reisekosten der Partei.

Erscheint die Partei nicht selbst zum Termin, sondern entsendet sie in der I.

Instanz einen Prozessbevollmächtigten, so sind die hypothetischen

Reisekosten, die der Partei statt dem Prozessbevollmächtigten entstanden

wären, grundsätzlich erstattungsfähig, BAG 2015, 10 AZB 27/15.

Wichtig für Verfahren an einem anderen Gerichtsort als dem

Arbeitgebersitz, insbesondere Streitigkeiten mit Außendienstlern an deren

Wohnsitz: Der AG kann vom AN, wenn dieser den Prozess verliert u.U. die

Reisekosten seines Anwalts statt den eigenen Reisekosten verlangen.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 41

Page 42: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 42

M. Betriebsrat

Übernachtungskosten für den Betriebsrat

Übernachtet ein Betriebsratsmitglied anlässlich einer Schulung im Hotel, so ist

der AG zur Kostentragung verpflichtet, soweit die Übernachtung erforderlich

war. Dies ist grundsätzlich danach zu beurteilen, ob das Betriebsratsmitglied im

Zeitpunkt der Beschlussfassung oder Buchung des Hotelzimmers die Kosten für

erforderlich halten durfte. Nach dem BAG, 27.05.2015, 7 ABR 26/13 sind

ausnahmsweise die nachträglich eingetretenen Umstände zu berücksichtigen,

wenn sich die Umstände erheblich geändert haben und das Betriebsratsmitglied

die Kosten für erforderlich halten durfte.

Hier ging es um die nachträgliche Notwendigkeit der Übernachtung wegen winterlicher

Witterungsbedingungen und Verkehrsbehinderungen

Page 43: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

N. Soziale Mitbestimmung

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 43

Page 44: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 44

O. Versetzung – Vertragsänderung

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 45: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 45

P. Abmahnung

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 46: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

Q. Kündigung

Altersdiskriminierende Kündigung im Kleinbetrieb

Auch im Kleinbetrieb, in dem das allgemeine Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, sind

Kündigungen nicht ohne weiteres zulässig, BAG 23.07.2015, 6 AZR 457/14:

Ist nach § 22 AGG bei der Kündigung einer AN aufgrund der von ihr

vorgetragenen Indizien eine unmittelbare Benachteiligung wegen des

Lebensalters zu vermuten und gelingt dem AG die Widerlegung der Vermutung

nicht, ist die Kündigung auch im Kleinbetrieb unwirksam.

Im entschiedenen Fall ging es um eine Arzthelferin einer Praxis, die noch 4 jüngere

beschäftigte. Die Kündigung erfolgte wegen des Wegfalls von Laborleistungen mit der

zusätzlichen Begründung, die AN sei „inzwischen pensionsberechtigt“.

Diese Entscheidung erging nach den Beweislastregeln des AGG trotz § 2 Abs. 4

AGG, nach dem für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen des allgemeinen

und besonderen Kündigungsschutzes gelten.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 46

Page 47: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 47

R. Personenbedingte Kündigung

BEM bei voller Erwerbsminderung

Eine personen- bzw. krankheitsbedingte Kündigung kann scheitern, wenn der AG nicht

vorher ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) durchführt. Die

Verhältnismäßigkeit der Kündigung kann er ohne vorheriges BEM nur begründen, wenn er

die objektive Nutzlosigkeit des BEM darlegt.

Dass dem AN eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bewilligt worden ist,

belegt allein nicht die objektive Nutzlosigkeit eines BEM, BAG 13.05.2015, 2 AZR

565/14.

Die volle Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI sagt nur etwas über den

zeitlichen Umfang der verbliebenen Leistungsfähigkeit unter den üblichen Bedingungen

des allgemeinen Arbeitsmarkts, nämlich dort nicht mindestens 3 Stunden täglich

erwerbstätig sein zu können, u.U. 6 Stunden.

Prüfungspunkt: steht dem AG eine leistungsrechte Beschäftigungsmöglichkeit zur

Verfügung, insbesondere ein freier oder durch Umsetzung frei zu machender

leistungsgerechter Arbeitsplatz? Darüber sagt die Rentenbewilligung nichts aus.

Page 48: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

R. Personenbedingte Kündigung

Nur wenn fest steht, dass keine Rückkehr an den Arbeitsplatz in den nächsten 24

Monaten zu erwarten ist, bedarf es keiner weiteren Darlegung betrieblicher

Beeinträchtigungen; die befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente sagt

darüber nichts.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 48

Page 49: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

R. Personenbedingte Kündigung

Berücksichtigung von Hilfen von Reha-Trägern

Will der AG kündigen, ohne ein BEM durchgeführt zu haben, muss er darlegen und

beweisen, dass dieses neuerlichen Krankheitszeiten nicht vorgebeugt haben und das

Arbeitsverhältnis hätte erhalten können. Die betriebsärztliche Begutachtung ersetzt kein

BEM.

Der AG muss auch darlegen, dass außerbetriebliche Therapiemöglichkeiten

nicht bestehen und auch durch die gesetzlich vorgesehenen Hilfen oder

Leistungen der Rehabilitationsträger künftige Fehlzeiten in nicht relevantem

Umfang hätten vermieden werden können, BAG 20.11.2014, 2 AZR 755/13.

Ggf. muss der AG dem AN eine angemessene Frist zur Inanspruchnahme der

Leistung setzen. Eine Kündigung ist erst möglich, wenn die Frist trotz

Kündigungsandrohung ergebnislos verstreicht.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 49

Page 50: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

R. Personenbedingte Kündigung

Leidensgerechter Arbeitsplatz und Freikündigung

Zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung kann der AG verpflichtet sein,

einen leidensgerechten Arbeitsplatz durch Ausübung seines Direktionsrechts „frei zu

machen“. Er ist nicht gehalten, einen nicht benötigten Arbeitsplatz zu schaffen.

Es besteht keine Pflicht zur Freikündigung, auch nicht für einen

Schwerbehinderten, wenn der Inhaber der in Frage kommenden Stelle

allgemeinen Kündigungsschutz genießt, BAG 20.11.2014, 2 AZR 664/13.

Offen ist, ob eine Freikündigung gegenüber einem nicht schwerbehinderten und nicht

kündigungsgeschützten Mitarbeiter notwendig ist, wenn die Kündigung für diesen

keine besondere Härte darstellt. Die Darlegungslast hätte der erkrankte AN, auch

wenn kein BEM durchgeführt wurde.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 50

Page 51: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 51

S. Leistungskündigung

Nutzung dienstlicher Ressourcen zur Herstellung privater

Raubkopien

Ein Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses kann darin liegen,

dass ein AN privat beschaffte Bild- oder Tonträger während der Arbeitszeit unter

Verwendung seines dienstlichen Computers unbefugt und zum eigenen oder

kollegialen Gebrauch auf dienstliche „DVD-“ bzw. „CD-Rohlinge“ kopiert, BAG

16.07.2015, 2 AZR 85/15.

Hier hatte ein Landesbediensteter IT-Verantwortlicher innerhalb von 2,5 Jahren etwa

über 6.000 E-Book, Bild-, Audio- und Videodateien auf seine dienstliche Festplatten

geladen und etwa 1.100 DVD-Rohlinge bearbeitet, ungefähr die gleiche Zahl, wie er für

den AG bestellt hatte. Dies möglicherweise auch unter Beteiligung weiterer Mitarbeiter.

Nach dem BAG kommt es nicht darauf an, ob ein strafbewehrter Verstoß gegen das

Urheberrechtsgesetz vorliegt.

Der Gleichbehandlungsgrundsatz findet im Rahmen verhaltensbedingter Kündigung

keine Anwendung, d. h. ob andere beteiligte AN auch gekündigt wurden, ist

unerheblich.

Page 52: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 52

S. Leistungskündigung

Unerheblich ist auch, ob der AN ggf. nicht alle fraglichen Handlungen selbst

vorgenommen hat, sondern die Handlungen anderer bewusst ermöglicht oder mit diesen

zusammengewirkt hat; anders als die Vorinstanzen war es für das BAG nicht

entscheidend, den konkreten Tatbeitrag zu ermitteln.

Unschädlich war auch, dass der AG nicht sofort die Strafverfolgungsbehörden

eingeschaltet hat, sondern sich mit eigenen Ermittlungen begnügt hat. Voraussetzung ist

jedoch, dass die Ermittlungen zügig durchgeführt werden.

Page 53: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 53

S. Leistungskündigung

Verdachtskündigung und Berufsausbildungsverhältnis

Der dringende Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung eines Azubi

kann einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, wenn der Verdacht bei

Berücksichtigung der Besonderheiten des Ausbildungsverhältnisses dessen

Fortsetzung objektiv unzumutbar macht, BAG 12.02.2015, 6 AZR 845/13.

Dem Azubi ist vorher Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und bei

erkennbarer Überforderung des Azubi ggf. das Gespräch zu unterbrechen.

Zu unterbrechen ist auch, wenn der Azubi Beratung mit einem Anwalt oder einer

sonstigen Vertrauensperson verlangt.

Aber: Keine Hinweispflicht des Ausbildenden gegenüber dem Azubi auf die Möglichkeit

der Unterbrechung oder Beratung.

Page 54: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 54

T. Betriebsbedingte Kündigung

Outsourcing bei tariflichem Kündigungsausschluss

Das BAG hat für ein Arbeitsverhältnis, für das ein tariflicher Ausschluss der ordentlichen

Kündbarkeit galt und das daher nur außerordentlich kündbar war, entschieden:

Der AG muss grundsätzlich auch dann nicht von einem Outsourcing absehen,

wenn dies ein ordentlich unkündbares Arbeitsverhältnis betrifft, auch nicht, wenn

nur ein einzelner AN betroffen ist, BAG 18.06.2015, 2 AZR 480/14.

Die Vergabe von Aufgaben eines einzelnen AN an ein Drittunternehmen ist nicht schon

per se rechtsmissbräuchlich.

Page 55: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 55

T. Betriebsbedingte Kündigung

Befristete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit

Eine betriebsbedingte Kündigung ist ausgeschlossen, wenn der AG den AN auf einem

anderen freien, ggf. geringer wertigen Arbeitsplatz einsetzen kann.

Der AG muss dem kündigungsgeschützten AN den anderen Arbeitsplatz auch

dann anbieten, wenn er diesen nur vorübergehend einrichten und daher mit

einem AN abdecken möchte, den er wirksam befristet beschäftigen kann, BAG

26.03.2015, 2 AZR 417/14. Die Möglichkeit, mit einem Stellenbewerber wirksam

eine Befristung zu vereinbaren, stellt kein kündigungsschutzrechtlich

beachtliches tätigkeitsbezogenes Anforderungsprofil dar.

Der AG muss den Arbeitsplatz auch dann anbieten, wenn er ein höheres

Beschäftigungsvolumen hat, als der von der Kündigung bedrohte AN, hier Angebot

einer freien Vollzeitstelle an eine zu 75 % in Teilzeit Beschäftigte. Eine Erhöhung der

Arbeitszeit stellt keine Beförderung dar, die nicht zu beanspruchen wäre.

Page 56: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

T. Betriebsbedingte Kündigung

Berücksichtigung von Fremdgeschäftsführern bei einer Massen-

entlassung

Nach dem EuGH sind abhängige GmbH-Geschäftsführer Arbeitnehmer im

Sinne des § 17 Abs. 1 KSchG und zählen also für die Betriebsgröße und die

Anzahl der zu Entlassenden mit, EuGH 09.07.2015, C-229/14.

Für die Abhängigkeit spielt neben der fehlenden Beteiligung an der GmbH die

jederzeitige Abberufungsmöglichkeit und damit die mittelbare Weisungsabhängigkeit

des Organs eine Rolle.

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 56

Page 57: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 57

U. Mitbestimmung Kündigung

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 58: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 58

V. Freistellung - Suspendierung

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 59: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 59

W. Austrittsvereinbarung

Aufhebungsverträge als Massenentlassung

Aufhebungsverträge zur Vermeidung einer betriebsbedingten Arbeitgeber-

kündigung stehen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 2 KSchG einer Entlassung

gleich BAG 19.03.2015, 8 AZR 119/14.

Sie zählen daher für die Schwellenwerte von Entlassungen, die eine

Massenentlassungsanzeige verpflichtend machen, mit.

Die nahtlose Weiterbeschäftigung entlassener Mitarbeiter als freie Mitarbeiter ist

unerheblich.

Vorgeschaltete sog. Freiwilligenprogramme vor einer größeren Kündigungswelle lösen

also u.U. die Anzeigepflicht aus.

Page 60: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin 60

X. Zeugnis

Keine neue Rechtsprechung vorzustellen.

Page 61: Update Arbeitsrecht - ra-voswinkel.de · Update Arbeitsrecht Neue Rechtsprechung und Gesetzgebung 2015/2016 Seminar der IHK-Akademie München Westerham 26. November 2015 Anke Voswinkel

2015/2016 © Anke Voswinkel Rechtsanwältin

Haftungsfreistellung:

Der Inhalt der Seminarunterlagen kann eine Beratung im Detail bezogen auf

den konkreten Einzelfall nicht ersetzen. Es wird um Verständnis gebeten,

dass wir eine Haftung aus dem Skript nicht übernehmen können.

61