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Umsetzung der WRRL an großen Flüssen – Anspruch und Wirklichkeit Christian Wolter Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis Umwelt, Menz, 13.10.2016

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Page 1: Umsetzung der WRRL an großen Flüssen Anspruch … · Umsetzung der WRRL an großen Flüssen – Anspruch und Wirklichkeit Christian Wolter Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis

Umsetzung der WRRL an großen Flüssen –Anspruch und Wirklichkeit

Christian Wolter

Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis Umwelt, Menz, 13.10.2016

Page 2: Umsetzung der WRRL an großen Flüssen Anspruch … · Umsetzung der WRRL an großen Flüssen – Anspruch und Wirklichkeit Christian Wolter Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis

Inhalt

• Umweltziele der WRRL• Zielerreichung• Maßnahmenprogramme• Große Flüsse, Beispiel Oder• Schlussfolgerungen

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Umweltziele der WRRL

• Paradigmenwechsel in der Gewässerbewirtschaftung• Ökologischer Zustand als gleichwertiges Umweltziel zu 

Wasserqualität und ‐dargebot• Guter ökologischer Zustand / Potential bis 2015 (2027)• 4 biologische Qualitätselemente (BQE), erstmals Fische

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ZielerreichungÖkologischer Zustand der Oberflächengewässer in Europa

EEA 2012

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Zielerreichung

EEA 2012, EC 2012 SWD(2012) 379 final; ETC/ICM Tech. Rep. 1&2/2012

Ökologischer Zustand der Oberflächengewässer in Europa(1st RBMPs)

• 104.311 Fließgewässerwasserkörper (FWK); Gesamtlänge 1.175.000 km (Ø 11,3 km)

• 56% aller FWK (64% der Gesamtlänge) verfehlen GES/GEP

752.000 Fluss‐km!!!• Hydromorphologische Beeinträchtigungen und 

Habitatverlust als Hauptursachen (in 48,2% bzw. 42,7% der FWK)

• 96% der 157 Flussgebietseinheiten Europas planen hydromorphologische Verbesserungsmaßnahmen

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Zielerreichung in Deutschland

Statusreport 2004

62% aller Flüsse in Gefahr, den guten ökologischen Zustand nicht 

zu erreichen

1. Bewirtschaftungsplan 2009

92,2% aller Flüsse nicht im guten ökologischen Zustand

Page 7: Umsetzung der WRRL an großen Flüssen Anspruch … · Umsetzung der WRRL an großen Flüssen – Anspruch und Wirklichkeit Christian Wolter Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis

Zielerreichung in DeutschlandStatusreport 2004

62% aller Flüsse in Gefahr, den guten ökologischen Zustand nicht 

zu erreichen

1. Bewirtschaftungsplan 2009

92,2% aller Flüsse nicht im guten ökologischen Zustand

Arle et al. (2016)

2. Bewirtschaftungsplan 2015

93,3% aller Flüsse nicht im guten ökologischen Zustand

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Woran liegt‘s? – Maßnahmeprogramme

Datengrundlage für die Analyse der deutschen Maßnahmenprogramme im 1. Bewirtschaftungsplan

(Kail & Wolter 2011)

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Maßnahmeprogramme

Kail & Wolter (2011)

Anteil der Wasserkörper mit Maßnahmen

0 20 40 60 80

MorphologieKonzeptionelle Maßnahmen

PunktquellenDurchgängigkeitDiffuse QuellenWasserhaushalt

AndereWasserentnahmen

Anteil Wasserkörper (%), N= 5948

Maß

nahm

engrup

pen 

Page 10: Umsetzung der WRRL an großen Flüssen Anspruch … · Umsetzung der WRRL an großen Flüssen – Anspruch und Wirklichkeit Christian Wolter Bundesverband Deutscher Stiftungen, Arbeitskreis

Maßnahmeprogramme

Kail & Wolter (2011)

Anteil der Wasserkörper mit Maßnahmen

0 20 40 60 80

MorphologieKonzeptionelle Maßnahmen

PunktquellenDurchgängigkeitDiffuse QuellenWasserhaushalt

AndereWasserentnahmen

M69 Herstellung Durchgängigkeit M73 Habitate im Uferbereich

M70 Initiieren eigendynam. EntwicklungM79 Anpassung Gewässerunterhaltung

M72 Laufveränderung, Ufer‐, SohlgestaltungM501 Konzepte, Studien, Gutachten

M30 Reduzierung Nährstoffeintrag LW

Anteil Wasserkörper (%), N= 5948

Einzelmaß

nahm

enMaß

nahm

engrup

pen 

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Maßnahmeprogramme

Kail & Wolter (2011)

PCA Biplot der FG‐Typen nach Anteil FWK mit Maßnahmen

84,7 % erklärte Varianz

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Maßnahmenumfang

Wolter et al. (2011)

©Severin Hohensinner, BOKU

1925

• 90% der historischen Auen funktionell verloren

• 21% (6‐45%) mittlere Laufverkürzung

• 100% der Furkationsbereicheverloren

• ≈92% aller Inseln entfernt

• ≈60% (43‐>95%) der Ufer künstlich fixiert 

• Dramatischer Verlust flacher Uferhabitate

Revitalisierung von 30%, 40%, …% der Uferlänge 

erforderlich !?!

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Zäumen wir das Pferd von hinten auf?D

10+ km²

WRRL2500 km²

Nationale Fließgewässertypologie

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Zäumen wir das Pferd von hinten auf?

WRRL2500 km²

InterkalibrierungIn 3 Phasen 2005‐2016

‐ Gewässertypen‐ Monitoringprogramme‐ Bewertungsverfahren‐ BQE‘s

Interkalibrierung„Large Rivers“

Start 2015 – Ende ???

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Ignoranz – Bsp. Oder• Unter‐ und Mittellauf frei fließend (ab 

Oder‐km 300)

• Keine Wanderhindernisse zur Ostsee

• Sandbänke, Tiefenvarianz 

Vorranggewässer Wiederansiedlung Atlantischer Stör

Einziges Vorkommen Baltischer Goldsteinbeißer in D

Einziger sich selbst erhaltender Wandermaränen‐Bestand in D

Größte Quappen‐Population in D

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BVWP 2030

Geringe Schifffahrtsbedeutung vs hohe ökologische Wertigkeit

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Ignoranz – Bsp. Oder

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PL 2015 Odra‐Vistula Flood Management Project

• Regulierung der frei fließenden Oder zwischen km 300 und 542 von Wasserstraßenklasse II zu III

• Regulierung der Grenzoder auf 1,8 m Sohltiefe bei MNW

• Bau von Häfen und Liegeplätzen

• Erweiterung, Neubau von Deichen

• Ertüchtigung Marwitzer Polders

• Einpolderung Zwischenoderland

Ignoranz – Vorwand Hochwasserschutz

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PL 2015 Odra‐Vistula Flood Management Project

Einpolderung ZwischenoderlandErtüchtigung Marwitzer Polder

© Sascha Maier (2016)

Regulierung der Grenzoder auf 1,8 m Sohltiefe bei MNW

Erweiterung, Neubau von DeichenAufweitung von 6 km Kanalstrecke

Regulierung von 242 km Oderstrecke zu Wasserstraßenklasse III

Ignoranz – Vorwand Hochwasserschutz

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Aktualisierte Stromregelungskonzeption (BAW 2014)

Ziele:

• Deutsch‐polnische Stromregelungskonzeption für Unterhaltung der Strombauwerke der Grenzoder

• 1,8 mWassertiefe über die gesamte Stromsohle (Eisbrecher‐Einsatz) an 80% bzw. 90% der Tage im Jahr bei Abflüssen von 160 m³/s bzw. 250 m³/s

• Im Rahmen der laufenden Unterhaltung• Ohne UVU, FFH‐VU, LBP, …• Planung klammerte Auswirkungen auf 

WRRL und FFH‐RL explizit aus

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Aktualisierte Stromregelungskonzeption (BAW 2014)

Min. 1,8 m Wassertiefe bei Q= 250 m³/s an 90% der Tage im Jahr = Tiefe 3,0 m bei Bemessungs‐Wasserstand EMW2010(QEMW2010= 500 m³/s)

Tiefenvorgaben

Min. 1,8 m Wassertiefe bei Q= 160 m³/s an 80% der Tage im JahrTiefeEMW2010= 2,7 mQEMW2010= 300 m³/s

aus BAW (2014)

SohlbreitenIst: 140‐170 mSoll: 126 m

Ist: 120‐160 mSoll: 112 m

Ist: 80‐100 mSoll: 72 m

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Aktualisierte Stromregelungskonzeption (BAW 2014)

Soll‐Sohlbreiten: 72‐126 m

© WSV.de

Benötigte Fahrrinnenbreite: 31 m

=> 2 bis 4fach überhöhte Fahrrinnenbreiten

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Prognostizierte Zielerreichung (BAW 2014)

• Langzeitprognosen in einem morphologisch aktiven Fluss sind immer mit relativ großen Unsicherheiten verbunden

• Weder sind Daten für den Ist‐Zustand im Detail bekannt, noch können relevante Parameter für die Zukunft … genau vorhergesagt werden

• … geschlossene Eisdecke wird sich auf den Feststofftransport und damit auf die Sohlentwicklung in einer unbekannten Art und Weise auswirken. 

• Neigung der Buhnenköpfe (1 : 10) kann die Bildung von großen Buhnenkopfkolken verhindern und die Stromsohle vergleichmäßigen

Ob das den Aufwand rechtfertigt bleibt offen, zeigt sich aber in 40 Jahren

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Prognostizierte Umweltauswirkung

• Homogenisierung des Stromschlauchs• Verlust von Sandbänken und Tiefenvarianz• Verringerung der Strukturvielfalt• ökologische Verschlechterung 

• steht damit der Zielerreichung nach WRRL entgegen

• verstößt gegen das Verschlechterungsverbot der WRRL

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Rhein199 Mio. t

Elbe25 Mio. t Oder

0,45 Mio. t

Volle Unterhaltung 

als Wasserstraße

Ökologisches VorranggewässerRevitalisierung

An den Fluss angepasste Schifffahrt

Schlussfolgerungen ‐Wasserstraßentransport 2012

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Schlussfolgerungen

• Große Flüsse – Große Maßnahmen

• Maßnahmen zur ökologischen Zustandsverbesserung unumgänglich, wie z.B. Inseln, Inselbuhnen, Anschluss von Nebengewässern 

• Ausweisung der Oder als ökologisches Vorranggebiet und Anpassung der Schifffahrt an einen morphologisch aktiven Fluss

• Nutzungen müssen auf den Prüfstand / in Frage gestellt werden

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Ein neues Bündnis für die Oder und unsere großen Flüsse