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Prof. Dr. Olaf Sosnitza Vorlesung Handelsrecht Überblick HGB Erstes Buch, §§ 1 - 104: Handelsstand Kaufleute, Handels- und Unternehmensregister, Handels- firma, Prokura und Handlungsvollmacht, Handelsgehil- fen, Handelsvertreter, Handelsmakler Zweites Buch, §§ 105 - 237: Handelsgesellschaften und stille Gesellschaft OHG, KG, StG Drittes Buch, §§ 238 - 342e: Handelsbücher Viertes Buch, §§ 343 - 475h: Handelsgeschäfte Allgemeine Vorschriften, Handelskauf, Kommissionsge- schäft, Frachtgeschäft, Speditionsgeschäft, Lagergeschäft Fünftes Buch, §§ 476 - 905: Seehandel

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Prof. Dr. Olaf Sosnitza Vorlesung Handelsrecht

Überblick HGB

Erstes Buch, §§ 1 - 104: Handelsstand

Kaufleute, Handels- und Unternehmensregister, Handels-

firma, Prokura und Handlungsvollmacht, Handelsgehil-

fen, Handelsvertreter, Handelsmakler

Zweites Buch, §§ 105 - 237: Handelsgesellschaften

und stille Gesellschaft

OHG, KG, StG

Drittes Buch, §§ 238 - 342e: Handelsbücher

Viertes Buch, §§ 343 - 475h: Handelsgeschäfte

Allgemeine Vorschriften, Handelskauf, Kommissionsge-

schäft, Frachtgeschäft, Speditionsgeschäft, Lagergeschäft

Fünftes Buch, §§ 476 - 905: Seehandel

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Verhältnis HGB - BGB

Eigenständigkeit des Handelsrechts (h.M.)

Zwei-Code-System (HGB/BGB)

Ebenso Frankreich; anders Italien, Niederlande,

Schweiz (Code unique)

Subjektives System

Anknüpfung an Kaufmannseigenschaft, §§ 1 ff. HGB

Anwendungsvorrang

Das HGB als Sonderprivatrecht der Kaufleute

Handelsrechtliche Normen haben Vorrang,

bürgerliches Recht ist subsidiär, vgl. Art. 2 I EGHGB

( lex specialis derogat legi generali)

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Rechtsquellen

Handelsrecht im engeren Sinne Handelsrecht im weiteren Sinne

HGB BGB

Handelsgewohnheitsrecht WG

Handelsbräuche ScheckG

Gerichtsstand des Erfüllungsortes, § 29 II ZPO DepotG

Gerichtsstandsvereinbarung, § 38 I ZPO VVG

Unionsrecht: UWG

- Publizitätsrichtlinie GWB

- Handelsvertreterrichtlinie

- Bilanzrichtlinien

- Zweigniederlassungsrichtlinie

Internationale Übereinkommen ( Wiener UN-Kaufrecht)

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Geschichte des Handelsrechts

Mittelalter Entwicklung eines Handelsstandes mit Regelungen, (1200 – 1500) insbesondere Hanse und norditalienische Stadtrege- lungen Frühe Neuzeit Merkantilordnungen mit zunehmend zentraler (1500 – 1800) Gesetzgebung (in Deutschland des Reiches, der Fürsten oder sonstiger Territorialherren)

1794 Preußisches Allgemeines Landesrecht (ALR), mit erster

umfassender Regelung des Handels- und Gewerbe-rechts in Deutschland ( II 8 §§ 475 ff.)

1807 Code de Commerce in Frankreich 1861 Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch (ADHGB) 1869 Gründung des Bundesoberhandelsgerichts ( BOHG), Leipzig (wurde 1871 zum ROHG und 1879 zum RG) 1900 Handelsgesetzbuch (HGB) 1937 Ausgliederung des Aktienrechts in AktG 1998 HandelsrechtsreformG (HRefG), Transportrechtsre-

formG ( TRG) 2007 Elektronisches Handels- und Unternehmensregister

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Grundprinzipien

1. Grundgedanken

- Kaufleute sind weniger schutzwürdig

- Handelsverkehr ist auf Schnelligkeit und Rechtssicherheit

angewiesen

2. Konsequenzen

a) Erweiterung der Privatautonomie

insbesondere durch weniger Formerfordernisse

z.B. §§ 348, 350 HGB; § 310 BGB; §§ 29 II, 38 I ZPO

b) Stärkerer Verkehrs- und Vertrauensschutz

- Handelsregisterpublizität, § 15 HGB

- Guter Glaube an Verfügungsbefugnis, § 366 HGB

- Schweigen mit Erklärungswert ( § 362 HGB und

kaufmännisches Bestätigungsschreiben)

- Mindestumfang der Prokura, §§ 49, 50 HGB

c) Höhere Sorgfaltsobliegenheiten

- Obliegenheit zu widersprechen ( § 362 HGB und kaufmänni-

sches Bestätigungsschreiben)

- Rügeobliegenheit des Käufers, § 377 HGB

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Bedeutung der Kaufmannseigenschaft

Tatbestandsmerkmal

1. Ausdrücklich z.B. § 346 HGB

2. „Handelsgewerbe“ z.B. § 354 I HGB

3. „Handelsgeschäfte“ z.B. § 350 HGB

Pflichten

1. Registerpflicht a) Anmeldung von Tatsachen §§ 29, 58, 106, 107, 143 HGB b) Einreichung von Schriftstücken §§ 33 II, 325 ff. HGB

2. Firmenführung

§§ 17 ff. HGB

3. Geschäftsbriefpublizität § 37 a HGB

4. Rechnungslegung §§ 238 ff. HGB

Auslegung BGB

1. Zugang von Willenerklärungen, § 130 BGB

2. Sittenwidrigkeit von Rechtsgeschäften § 138 BGB 3. Schadensnachweis, § 252 S. 2 BGB

4. Schadensminderungspflicht, § 254 BGB

5. Haftungsmaßstab, § 276 BGB

6. Zinsschaden, § 288 IV BGB

7. AGB, § 310 I BGB

8. Nutzungsersatz, § 818 I BGB

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Kaufmannseigenschaft

Kraft Betriebs eines Handelsgewerbes

Gewerbe ist Han-delsgewerbe, da es nach Art u. Um-fang kfm. Einrich-tung erfordert

Gewerbe erfor-dert zwar keine kfm. Einrichtung, aber freiwillige Eintragung

Land- u. Forstwirtschaftl. Gewerbe erfor-dert kfm. Ein-richtung und freiwillige Eintra-gung

Kraft Betriebs eines ein-getragenen Gewerbes

Kraft Gesellschaftsform

Istkaufmann, Kannkaufmann Uneigentlicher Fiktivkaufmann, Formkaufmann § 1 HGB § 2 HGB Kannkaufmann, § 5 HGB § 6 HGB § 3 HGB

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Der Istkaufmann, § 1 HGB

1. Gewerbe

a) Selbständige Tätigkeit

b) Nach außen erkennbar

c) Auf Dauer angelegt

d) Erlaubt (str.)

e) Gewinnerzielungsabsicht

f) Kein freier Beruf

2. Handelsgewerbe, § 1 II HGB Unternehmen erfordert nach Art oder Umfang einen in kaufmänni-scher Weise eingerichteten Gewerbebetrieb

a) Art = qualitatives Kriterium z.B. Natur und Vielfalt der üblichen Geschäfte, Art des Kunden- kreises, Abwicklungsweise der Geschäfte

b) Umfang = quantitatives Kriterium z.B. Umsatzvolumen, Anlage- u. Betriebskapital, Zahl der Beschäftigten u. Betriebsstätten, Umfang der Werbung

c) Kaufmännische Einrichtung z.B. Personaleinsatz, Aufteilung in Geschäfts- bzw. Zuständig- keitsbereiche, Buchführung, Aufbewahrung der Korrespondenz

d) Erforderlichkeit = zur ordentlichen und übersichtlichen Geschäftsführung notwendig

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Der Kannkaufmann, § 2 HGB

1. Gewerbe

a) Selbständige Tätigkeit b) Nach außen erkennbar c) Auf Dauer angelegt d) Erlaubt (str.) e) Gewinnerzielungsabsicht f) Kein freier Beruf

2. Kein Handelsgewerbe nach § 1 II HGB

3. Aber Eintragung in das Handelsregister

(Klausurtipp: Bei Eintragung ist Prüfung von § 1 II HGB überflüssig)

Eintragung kann aber durch Löschung ex nunc wieder rückgängig gemacht werden, § 2 S. 3 HGB („Kaufmann mit Rückfahrkarte“)

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Der uneigentliche Kannkaufmann, § 3 HGB

1. Land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb

- Gewinnung und Verwertung pflanzlicher oder tierischer Rohstoffe durch Bodennutzung

- Egal ob Haupt- oder Nebenbetrieb, § 3 III HGB

2. Erforderlichkeit eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs

(falls (-) => Eintragung nach § 2 HGB möglich, da land- und forstwirtschaftliche Urproduktion nach heute h. M. Gewerbe)

3. Eintragung im Handelsregister

- Konstitutiv (Privileg) - Keine Löschung („Kaufmann ohne Rückfahrkarte“)

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Kaufmann kraft Eintragung, § 5 HGB

1. Gewerbe

a) bis f) siehe oben

2. Eintragung in das Handelsregister

3. Berufung auf die Eintragung (h. M.) - Ausdrücklich oder konkludent - Auch Gewerbetreibender selbst - Gutgläubigkeit unerheblich

4. Geltung nur im Privat- und Prozessrechtsverkehr - Nicht im öffentlichen Recht und Strafrecht (vgl. § 7 HGB) - Nicht bei Ansprüchen aus Delikt und ungerechtfertigter Bereicherung, sofern nicht mit Geschäftsverkehr zusammenhängend

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Eigener Anwendungsbereich des § 5 HGB?

Str.

1. Nein:

Alle Fälle, die § 5 HGB erfasst, fallen bereits unter § 2 HGB

2. Ja (h. M.): § 2 HGB setzt freiwillige Eintragung mit materiell rechtsgestaltender Willenserklärung, Kaufmann nach dieser Norm sein zu wollen, voraus => unter § 5 HGB, nicht aber unter § 2 HGB fällt:

- Geschäftsbetrieb des Istkaufmanns sinkt zum Kleingewerbe herab

- Eintragung aufgrund unwirksamer Willenserklärung

- Irrtümliche Eintragung ohne eigene Veranlassung

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Handelsgesellschaften, § 6 I HGB

Personengesellschaften Kapitalgesellschaften

betreiben Handels-gewerbe

OHG, KG §§ 105 I, 161 I HGB

(sonst BGB-Gesellschaft)

(EWIV, vgl. § 1 EWIV-

AusführungsG)

sind Handelsgesellschaften - AG (§ 3 AktG) - GmbH (§§ 1, 13 III GmbHG) - KGaA (§§ 3, 278 III AktG) - SE (Art. 10 SE-VO i.V.m. § 3 AktG)

Übersicht Formkaufmann

Vereine, § 6 II HGB

Kapitalgesellschaften - AG - GmbH - KGaA - SE

Genossenschaften - eG (§ 17 II GenG) - SCE ( Art. 9 SCE-VO)

= körperschaftlich strukturierte Gesell- schaften, §§ 21 ff. BGB

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Scheinkaufmann

Wer durch zurechenbares Verhalten den Anschein erweckt, Kaufmann zu sein, muss sich grundsätzlich als ein solcher behandeln lassen.

Voraussetzungen: 1. Subsidiarität

§§ 2, 5, 15 I, III HGB greifen nicht ein 2. Rechtsschein

Jedes erkennbare Verhalten, aus dem ein objektiver Dritter den Schluss der Kaufmannseigenschaft ziehen darf

3. Zurechenbarkeit

- Rechtsschein selbst gesetzt => kein Verschulden nötig

- Rechtsschein durch Dritten gesetzt => Scheinkaufmann muss Verhalten des Dritten kennen

oder kennen können und Einschreiten war zumutbar 4. Gutgläubigkeit des Dritten

- Wird grundsätzlich vermutet

- Schädlich ist bereits einfache Fahrlässigkeit

- Im Allgemeinen keine Nachforschungspflicht

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5. Kausale Vertrauensbetätigung

Dritter wird im Vertrauen auf Kaufmannseigenschaft zu rechtsgeschäftlicher oder tatsächlicher Entscheidung veranlasst

6. Im privatrechtlichen Geschäftsverkehr

Nicht:

- im reinen Deliktsrecht (keine kausale Vertrauensbetätigung)

- im öffentlichen Recht

- im Strafrecht

Rechtsfolgen: Scheinkaufmann ist kein Kaufmann! Muss sich aber grundsätzlich wie ein Kaufmann behandeln lassen. Einschränkungen: - Wirkung nur inter partes, nicht gegenüber unbeteiligten Dritten - Wirkung nur für, nicht gegen gutgläubigen Dritten - Keine Abweichung von zwingenden Schutzvorschriften (§§ 104 ff. BGB; 343, 766, 780, 781 BGB => §§ 348, 350 HGB nicht anwendbar)

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Nicht eintragungsfähige Tatsachen

Eintragungsfähige Tatsachen

Handelsregistereintragungen

Nur eintragungsfähige Tatsachen z.B.: - § 2 HGB - § 3 HGB - § 25 II HGB - § 28 II HGB - § 49 HGB

Eintragungspflichtige Tatsachen z.B.: - § 29 HGB - § 31 HGB - § 53 HGB - §§ 106 f., 143 HGB - §§ 36 ff. AktG - §§ 7 ff. GmbHG

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Eingetragene und bekanntgemachte Tatsachen, § 15 II HGB

Gedanke: Vertrauensschutz wird im Interesse des Eintragenden zerstört.

I. Voraussetzungen 1. Eintragungspflichtige wahre Tatsache 2. Eintragung und Bekanntmachung 3. Keine Schonfrist nach § 15 II 2 HGB

a) Rechtshandlung nicht innerhalb von 15 Tagen nach Bekanntmachung oder

b) Dritter kannte Tatsachen oder hätte sie kennen müssen (Beweislast des Dritten)

II. Rechtsfolge Eintragender kann sich Dritten gegenüber auf die eingetragene Tatsache

berufen (Wahlrecht)

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Negative Publizität, § 15 I HGB

Regel: „Dem Schweigen des Handelsregisters darf man trauen“

I. Voraussetzungen

1. Eintragungspflichtige wahre Tatsachen

- Deklaratorische wie konstitutive Eintragungen

- Str. ist sekundäre Unrichtigkeit (korrespondierende Voreintragung einer eintragungspflichtigen Tatsache fehlt, z.B.: Weder Prokuraerteilung noch Widerruf eingetragen)

h. M.: § 15 I HGB ist anzuwenden

2. Nichteintragung oder Nichtbekanntmachung 3. Angelegenheit des Betroffenen

Betroffener ist, wer infolge der Eintragung bzw. Bekanntmachung einen Vorteil haben würde

4. Gutgläubigkeit des Dritten

Schädlich ist nur positive Kenntnis

5. Handeln im Rechtsverkehr

Reiner Rechtsverkehr ausgenommen

II. Rechtsfolge

Wahlrecht: Dritter kann sich auf Registerlage oder wahre Rechtslage berufen.

Nach h. M. gilt „Rosinentheorie“: Dritter kann sich auch teilweise auf wahre Rechtslage und teilweise auf Rechtsschein des Registers berufen.

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Positive Publizität, § 15 III HGB

Prinzip: Vertrauen eines Dritten auf ausdrücklichen Inhalt des Handelsregisters wird geschützt

I. Voraussetzungen 1. Abstrakt eintragungspflichtige Tatsache 2. Unrichtige Bekanntmachung

Wenn Abweichung zwischen tatsächlicher Rechtslage und Bekanntmachung besteht.

Fallgruppen:

a) Eintragung richtig, Bekanntmachung weicht ab b) Bekanntmachung ohne Eintragung c) Eintragung = Bekanntmachung, aber beides falsch d) Eintragung ≠ Bekanntmachung und beides falsch

3. Gutgläubigkeit des Dritten

Schädlich ist nur positive Kenntnis

4. Veranlassungsprinzip

Betroffener muss unrichtige Bekanntmachung veranlasst haben (h. M.). Es genügt aber schon Stellung eines richtigen Eintragungsantrags.

5. Handeln im Rechtsverkehr Reiner Deliktsverkehr ausgenommen

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II. Rechtsfolge

Dritte kann sich auf Registerlage oder wahre Rechtlage berufen (Wahlrecht)

III. Ergänzung durch Gewohnheitsrecht (1) Wer durch eine unrichtige Anmeldung eine unrichtige Eintragung veranlasst, muss sich die Eintragung von redlichen Dritten entgegenhalten lassen. (2) Wer eine unrichtige Eintragung zwar nicht veranlasst hat, aber es schuldhaft unterlässt, die Unrichtigkeit zu beseitigen, muss sich die Eintragung von redlichen Dritten entgegenhalten lassen.

=> Verbleibende Fallgruppen:

- Eintragung falsch, aber Bekanntmachung richtig - Eintragung falsch, Bekanntmachung noch nicht erfolgt - Eintragung/Bekanntmachung einer nicht eintragungspflichtigen

Tatsache

Im Unterschied zu § 15 III HGB erfordert Haftung nach Gewohnheitsrecht aber zusätzlich:

- tatsächliche Kenntnis des Dritten von Rechtsschein - Ursächlichkeit der unrichtigen Eintragung für das Verhalten des Dritten

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Die Firma, §§ 17 ff. HGB

I. Begriff

Firma = Name des Kaufmanns Nicht des Unternehmens!

II. Funktion

Kennzeichnung, Identifizierung und Unterscheidung

III. Rechtsnatur

Doppelnatur (h. M.):

Persönlichkeitsrecht und Vermögensrecht

IV. Arten 1. Personalfirma

„Eckard Pache e. K.“, „F. Rankenstein OHG“ 2. Sachfirma

„Würzburger Weinbau GmbH“ 3. Phantasiefirma

„Schaun mer mal e. K.“, „Glücksbärchi KG“ 4. Mischfirma

„Hundedressur Eckard Pache e. K.“

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Firmengrundsätze

I. Grundsatz der Firmenmehrheit 1. Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft, § 18 I HGB a) Kennzeichnungseignung

Alle Zeichen, die im Verkehr als Namen verstanden werden Bsp: Namen, Pseudonyme, Beschreibungen, Buchstabenkombinationen Nicht: Bildzeichen, Zahlenfolgen, @-Zeichen (str.) b) Unterscheidungskraft

Eignung, den Unternehmensträger abstrakt und generell von anderen zu unterscheiden In der Regel zu bejahen Nicht: - Gattungsmäßige Bezeichnungen („Fettchemie“, „Leasing-Partner“) - Allerweltsnamen (Müller, Meier, Schulze) - str. 2. Irreführungsverbot, § 18 II HGB

Täuschungseignung genügt Bsp.: „International“ bei rein lokaler Tätigkeit „Finanzierung“ bei bloßer Vermittlung „GbR mbH“

Wesentlichkeit

Ersichtlichkeit

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3. Rechtsformzusatz und Haftungsbeschränkung, § 19 HGB a) Rechtsformzusatz, § 19 I HGB

- Einzelkaufmann „eingetragener Kaufmann“, „e. K.“, e. Kfm.“

- Offene Handelsgesellschaft „Offene Handelsgesellschaft“, „OHG“

- Kommanditgesellschaft „Kommanditgesellschaft“, „KG“ b) Rechtsformzusatz nach anderen Normen

- Aktiengesellschaft, § 4 AktG „Aktiengesellschaft“, „AG“

- Kommanditgesellschaft auf Aktien, § 279 AktG „Kommanditgesellschaft auf Aktien“, „KGaA“

- Gesellschaft mit beschränkter Haftung, § 4 GmbHG „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“, „GmbH“

- Genossenschaft, § 3 GenG „eingetragene Genossenschaft“, „eG“ c) Haftungsbeschränkung, § 19 II HGB

OHG oder KG ohne persönlich haftende natürliche Person Bsp.: GmbH & Co KG, GmbH & Co OHG, AG & Co KG, e. V. & Co KG

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II. Grundsatz der Firmenbeständigkeit

Erlaubnis der Firmenfortführung 1. Bei Namensänderung, § 21 HGB Bsp.: Eheschließung (vgl. § 1355 BGB) 2. Bei Erwerb des Handelsgeschäfts, § 22 HGB a) Erwerbsformen

- Dauerhaft durch Rechtsgeschäft unter Lebenden, § 22 I, 1. Alt. HGB

- Dauerhaft von Todes wegen, § 22 I, 2. Alt. HGB

- Vorübergehend durch Rechtsgeschäft, § 22 II HGB b) Voraussetzungen

- Zulässige bisherige Firma

- Übertragung des Unternehmens (mindestens Kern und wesentliche Einrichtungen)

- Einwilligung des bisherigen Inhabers oder dessen Erben 3. Bei Änderung im Gesellschafterbestand, § 24 HGB a) Aufnahme als Gesellschafter in bestehendes

Handelsgeschäft, § 24 I, 1. Alt. HGB

=> bereits in § 22 I, 1. Alt. HGB erfasst (§ 19 I Nr. 2, Nr. 3 und ggf. II HGB nötig!)

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b) Wechsel im Gesellschafterbestand (Eintritt, Austritt),

§ 24 I, 2. Alt., 3. Alt. HGB Bsp.: Die „C OHG“ besteht aus A, B und C. Tritt C aus, bedarf die Firmenfortführung seiner

Einwilligung, § 24 II HGB. Treten C und B aus, geht das Geschäft von einer

Personengesellschaft auf A als Einzelkaufmann über. => „C OHG“ wäre irreführend, da nur noch A haftet => „C OHG, Inhaber A e. K.“ (+) zulässig III. Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit, § 30 I HGB Jede neue Firma muss sich von im Firmenbezirk bereits bestehenden und eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden (Prioritätsprinzip). - Personalfirma

Bei gleichem Familiennamen Unterscheidung durch verschiedene Vornamen.

Bei gleichen Vor- und Nachnamen sind (tätigkeitsbezogene) Zusätze aufzunehmen.

- Sachfirma

Höhere Anforderungen als bei Personalfirma

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IV. Grundsatz der Firmeneinheit Der Unternehmensträger darf für ein und dasselbe Unternehmen nur eine Firma führen („Ein Unternehmen – eine Firma“).

Problem: Für mehrere Unternehmen verschieden Firmen möglich? 1. Einzelkaufmann

(+) str. nur, ob er darf oder muss 2. Personen- und Kapitalgesellschaft

(-) immer nur eine Firma 3. Zweigniederlassung (vgl. § 13 HGB)

= zwar nicht getrenntes und organisatorisch eigenständiges Unternehmen, aber so selbständig organisiert, dass sie beim Wegfall der Hauptniederlassung als eigene Hauptniederlassung fortbestehen könnte

- Darf unter Firma der Hauptniederlassung betrieben werden

- Zusatz möglich („Zweigniederlassung“)

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V. Grundsatz der Firmenöffentlichkeit Die Firma ist der Öffentlichkeit kundzugeben 1. Eintragung im Handelsregister

- Firma und Ort der Handelsniederlassung, § 29 HGB

- Änderung und Verlegungen, § 31 I HGB

- Erlöschen, § 31 II HGB

- Insolvenzverfahren, § 32 HGB 2. Angaben auf Geschäftsbriefen, §§ 37a, 125a HGB (auch § 80 AktG, § 35a GmbHG, § 25a GenG)

- Firma

- Rechtsformzusatz nach § 19 I HGB

- Ort der Handelsniederlassung

- Registergericht

- Handelsregisternummer

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Firmenschutz

I. Firmenmissbrauchsverfahren, § 37 I HGB

- Von Amts wegen

- Unterlassung

- Durchsetzung: Festsetzung von Zwangsgeld

II. Privatrechtliche Ansprüche 1. Auf Unterlassung

a) aus § 37 II 1 HGB

b) aus § 1004 I BGB analog i. V. m. § 823 I oder § 12 BGB

c) aus § 12 S. 2 BGB

d) aus §§ 15 IV, 5 II MarkenG

e) aus §§ 3, 5, 8 UWG 2. Auf Schadensersatz (§ 37 II 2 HGB)

a) aus §§ 823 I i. V. m. 12 BGB

b) aus §§ 823 II i. V. m. § 37 II HGB

c) aus § 826 BGB

d) aus §§ 15 V, 5 II MarkenG

e) aus §§ 3, 5, 9 UWG

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Haftung bei Unternehmenseintritt, § 28 HGB

I. Voraussetzungen

1. Geschäft eines Einzelkaufmanns

Kaufmannseigenschaft nötig (h.M.)

2. Entstehung einer OHG oder KG

- Eintretender muss kein Kaufmann sein

- Entstehung einer GbR nicht ausreichend (h.M.)

- Nicht: Einbringung einer bestehenden Gesellschaft

(h.M.: § 25 HGB)

3. Bisheriges Unternehmen wird eingebracht und fortgeführt

Firmenfortführung nicht nötig

II. Rechtsfolge

1. Früherer Geschäftsinhaber haftet weiter

- aus Schuldgrund

- daneben als Gesellschafter der neuen OHG bzw. KG:

- als phG (§ 128 HGB in OHG; §§ 128, 161 II HGB in KG)

- als Kommanditist (§ 171 HGB)

- jeweils i.V.m § 28 III HGB

2. Neue OHG bzw. KG haftet ebenfalls, § 28 I 1 HGB

Gesetzlicher Schuldbeitritt

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Haftung für Schulden bei Übernahme

eines Unternehmens

I. Haftung bei Firmenfortführung, § 25 I 1 HGB

1. Normzweck: Schutz von Haftungsewartungen des Verkehrs

2. Rechtsgrund – str.

a) Erklärungstheorie

b) Rechtsscheintheorie

c) Haftungsfondtheorie

d) Theorie der Haftungskontinuität

3. Voraussetzungen

a) Erwerb eines Handelsgeschäfts unter Lebenden

Unerheblich ist Wirksamkeit des Verpflichtungs- oder Ver-fügungsgeschäfts (h.M.)

b) Fortführung des Handelsgeschäfts

c) Fortführung der bisherigen Firma

Identität des Firmenkerns genügt

d) Verbindlichkeit im Betrieb des Geschäfts begründet

- Keine Haftung für private Schulden

- Keine Anwendung von § 25 I HGB bei Erwerb vom Insol-

venzverwalter

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4. Rechtsfolge

a) Früherer Inhaber haftet weiter, § 26 HGB

b) Neuer Inhaber haftet, § 25 I 1 HGB

- Auch mit Privatvermögen

- Gesetzlicher Schuldbeitritt (§§ 421 ff. BGB)

- Ausschluss nach § 25 II HGB möglich

II. Haftung ohne Firmenfortführung, § 25 III HGB

- Keine Haftung aus § 25 I 1 HGB

- Besonderer Verpflichtungsgrund:

(1) Handelsübliche Bekanntmachung der Übernahme

(2) Allgemeine zivilrechtliche Haftung

(a) Vertraglicher Schuldbeitritt, § 311 I BGB

(b) Übernahmevertrag, § 414 BGB

(c) Gesetzliche Schuldübernahme, z.B. § 613 a BGB

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Haftung beim Unternehmenserwerb

von Todes wegen, § 27 HGB

I. Voraussetzungen

1. Handelsgeschäft im Nachlass

Nicht: Gesellschaftsanteile

2. Fortführung des Handelsgeschäfts

Nicht bei Testamentsvollstreckung, §§ 2197 ff. BGB

3. Fortführung der bisherigen Firma

h.M. § 27 HGB als Rechtsgrundverweisung auf § 25 HGB

II. Rechtsfolge

Erbe haftet für frühere Geschäftsverbindlichkeiten

(nicht Privatschulden)

Haftungsausschuss

- nach § 27 II HGB durch Einstellung des Geschäfts inner-

halb von drei Monaten

- nach §§ 27 I, 25 II HGB durch bloße Erklärung des Erben

(h.M.)

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Prokura

I. Begriff

Rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht mit weitreichendem, zwingend festgelegtem Inhalt, §§ 48 ff. HGB

II. Arten

1. Einzelprokura, § 48 I HGB

2. Gesamtprokura, § 48 II HGB

Mehrere Personen können nur gemeinschaftlich vertreten

a) Echte Gesamtprokura Aktiv: P1 und P2

Passiv: P1 oder P2 (§ 164 III BGB)

b) Halbseitig echte Gesamtprokura Gesamtprokurist P1 kann nur mit Einzelprokurist P2 handeln. Einzelprokurist P2 kann aber allein handeln.

c) Gemischte (unechte) Gesamtprokura Prokurist + organschaftlicher Vertreter z. B. P + Komplementär d) Unzulässig:

- P + unternehmensfremder Dritter (Verbot der Drittorganschaft)

- P + Einzelkaufmann

- P + Unternehmensangehöriger ohne Vertretungsmacht

- P + Handlungsbevollmächtigter (§ 54 HGB)

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Inhalt und Umfang der Prokura

I. Grundsatz

Ermächtigt zu allen Arten von Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt, § 49 I HGB

=>Auch betriebsfremde, d. h. branchenübergreifende Geschäfte

Nicht:

- Privatgeschäfte des Einzelkaufmanns

- Grundlagengeschäfte (Änderung des Unternehmensgegenstandes, Be-triebseinstellung oder -veräußerung, Liquidation)

- Prinzipalgeschäfte (Erteilung von Prokura oder Unterprokura, § 48 I HGB; Anmeldung der Firma zum Handelsregister, §§ 29, 31 HGB)

- Grundstücksgeschäfte (es sei denn: Immobiliarklausel, § 49 II HGB)

- Insichgeschäfte (es sei denn: Befreiung, § 181 BGB)

II. Beschränkungen im Außenverhältnis

Stellvertretungsrechtliches Abstraktionsprinzip gilt im HGB noch strenger: Beschränkungen sind gegenüber Dritten grundsätzlich un-wirksam, § 50 I HGB

Ausnahmen:

- Missbräuchliches Zusammenwirken von Prokurist und Geschäfts-gegner (Kollusion)

- Einseitiger Missbrauch: Wenn (1) Prokurist vorsätzlich [= strenger als BGB!] und zum Nachteil des Prinzipals handelt und (2) Dritter mindestens grob fahrlässig in Unkenntnis des Prokuristen-verhaltens ist

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- 2 -

- Vertraglicher Zustimmungsvorbehalt

- Fehlende Schutzwürdigkeit (z. B. Gesellschafter als Vertrags-partner)

- Niederlassungsprokura, § 50 III 1 HGB

III. Erlöschen der Prokura

Prokura erlischt:

- durch jederzeitigen Widerruf, § 52 I HGB

- mit Tod des Prokuristen (nicht des Prinzipals, § 52 III HGB)

- mit Beendigung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses, § 168 S. 1 BGB (z. B. Kündigung des Dienstvertrages)

- mit Betriebseinstellung

- bei Verlust der Kaufmannseigenschaft durch Prinzipal

- bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Prinzipals (§§ 117 I, 115 I InsO)

- wenn Prokurist selbst zum Inhaber bzw. zum Vertretungsorgan der Gesellschaft wird

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Handlungsvollmacht, § 54 HGB

I. Arten

- Generalhandlungsvollmacht, § 54 I 1. Fall HGB => Betrieb des Handelsgewerbes

- Arthandlungsvollmacht, § 54 I 2. Fall HGB => Bestimmte Art von Geschäften

- Spezialhandlungsvollmacht, § 54 I 3. Fall HGB => Einzelne Geschäfte

II. Sonderfall der Abschlussvollmacht, § 55 HGB

- Ratio: Spezielle Interessenlage des Außendienstes

- Gilt für Handelsvertreter (§§ 84 ff. HGB) und Handlungsgehilfen (§§ 59 ff. HGB)

- Beschränkungen im Interesse des Prinzipals, § 55 II, III HGB (Vertragsänderungen, Zahlungsannahme)

- Erweiterungen im Interesse des Rechtsverkehrs, § 55 IV HGB (Mängelanzeigen, Rücktritt, Minderung, Mahnung)

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Vollmacht des Ladenangestellten, § 56 HGB

I. Rechtsnatur

Str.: - Widerlegbare Vermutung einer Anscheinsvollmacht (h. M.) - Gesetzliche Fiktion (a. A.)

II. Voraussetzungen

1. Hilfsperson des Kaufmanns => Wer mit dessen Wissen und Wollen für ihn tätig wird

2. Laden oder Warenlager

=> Für Publikum zugänglicher Geschäftsraum

3. Verkauf oder Empfangnahme => Einschließlich vorbereitender und begleitender Handlungen

4. Gutgläubigkeit des Dritten Keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis, § 54 III HGB, §§ 173, 122 II BGB

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Vergleich der Stellvertretungsformen

Prokura Handlungsvollmacht Ladenvollmacht

Person des Vollmachtgebers

Nur Kaufmann Nur Kaufmann (str.) Auch nicht eingetragener Kleingewerbetreibender

Erteilungsbefugnis Nur Prinzipal Auch Prokurist oder

Handlungsbevollmächtigter –

(Gesetzliche Vermutung)

Art und Weise der Erteilung

Nur ausdrücklich Auch konkludent –

(Gesetzliche Vermutung)

Handelsregister Eintragungspflichtig Nicht eintragungsfähig –

(Gesetzliche Vermutung)

Umfang Alle Arten von Geschäften eines

Handelsgewerbes Alle gewöhnlichen Geschäfte

Gewöhnliche Verkäufe und Empfangnahmen

Besondere Ermächtigung

Grundstücke

- Grundstücke - Wechsel - Darlehen - Prozesse

Grenze des Gutglaubensschutzes

- Kollusion - Bewusster Missbrauch

und grobe Fahrlässig- keit des Dritten

- Kollusion - Fahrlässige Unkenntnis

des Dritten genügt

- Kollusion - Fahrlässige Unkenntnis

des Dritten genügt

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Hilfspersonen des Kaufmanns

Unselbständige (=Arbeitnehmer)

Handlungsgehilfe §§ 59 ff. HGB

Auszubildender/Volontär §§ 60-62, 75f., 82a HGB, BBiG

Selbständige (Geschäftsmittler) (=Gewerbetreibende)

Kommissionsagent

Vertragshändler

Kommissionär

Handelsmakler

Handelsvertreter

Franchisenehmer

+ Arbeitsrecht!

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Handelsvertreter

Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, § 84 I 1 HGB I. Rechtsgrundlagen

- Handelsvertreter-Richtlinie 86/653/EWG - §§ 84-92c HGB - §§ 675 I i.V.m. 663, 665-670, 672-674; 611 ff. BGB

II. Arten

1. Nach Inhalt der Tätigkeit: - Vermittlungsvertreter - Abschlussvertreter

2. Nach Kreis der Unternehmer: - Mehrfirmenvertreter - Einfirmenvertreter, § 92a HGB

III. Pflichten und Rechte des Handelsvertreters

1. Pflichten a) Tätigkeitspflicht, § 86 I 1. Hs HGB b) Interessenwahrnehmung, § 86 I 2. Hs HGB c) Benachrichtigung, § 86 II HGB d) Befolgung von Weisungen, §§ 675 I i.V.m. 665 BGB e) Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, § 90 HGB

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2. Rechte a) Provisionsansprüche

aa) Abschluss- oder Vermittlungsprovision, § 87 I 1 HGB bb) Bezirks- und Kundenkreisprovision, § 87 II HGB cc) Inkassoprovision, § 87 IV HGB dd) Delkredereprovision, § 86b I HGB

b) Aufwendungsersatz, § 87d HGB c) Überlassung von Unterlagen, § 86a I HGB d) Benachrichtigung und Information, § 86a II HGB e) Ausgleichsanspruch, § 89b HGB f) Karenzentschädigung, § 90a I 3 HGB

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Handelsmakler

Handelsmakler ist, wer gewerbsmäßig für andere Personen, ohne ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Verträgen über die Anschaf-fung oder Veräußerung von Gegenständen des Handelsverkehrs über-nimmt, § 93 I HGB I. Rechtsgrundlagen

- §§ 93-104 HGB - §§ 652 ff. BGB

II. Rechtsnatur

Handelsmaklervertrag ist besondere Form des Maklervertrags nach § 652 BGB. Unterschiede: - Handelsmakler handelt gewerbsmäßig - Bloßer Nachweis genügt nicht - Handelsmakler vermittelt nur Verträge über Anschaffung oder

Veräußerung von Gegenständen des Handelsverkehrs => nicht: - Grundstücke, § 93 II HGB

- Unternehmen - Vermietung und Verpachtung - Werk- und Dienstverträge (insbesondere Arbeitsver-

träge)

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III. Rechtsverhältnisse

§ 433 BGBVerkäufer (Auftraggeber)

Käufer (Geschäftsgegner)

§ 93 HGB vermittelt§ 652 BGB

Handelsmakler

Handelsmakler wird regelmäßig nur von einer Seite beauftragt; Doppeltätigkeit ist nur erlaubt, wenn vertraglich zugelassen. Typischerweise beschränkt sich der Handelsmakler auf die Vermitt-lungstätigkeit, sodass der Vertragsschluss des vermittelten Geschäfts unmittelbar zwischen dem Auftraggeber und dem Geschäftsgegner vorgenommen wird. Der Handelsmakler kann aber auch vom Auftraggeber Abschluss-vollmacht erhalten, §§ 164 ff. BGB. Bei Schlussnote mit Parteivorbehalt ( § 95 I HGB) ist Stellung des Handelsmaklers umstritten: Botenschaft (ad incertam personam) oder Stellvertretung.

IV. Haftung, § 98 HGB

- Gegenüber Auftraggeber (geht § 280 I BGB vor) - Gegenüber Drittem (gesetzlicher Fall des Vertrages mit Schutzwir-

kung für Dritte!) V. Lohnanspruch, § 99 HGB

Von jeder Partei zur Hälfte

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Der Kommissionär

Kommissionär ist, wer sich als Gewerbetreibender zum Abschluss eines

Ausführungsgeschäfts im eigenen Namen für fremde Rechnung

verpflichtet.

Kommissionsvertrag §§ 383 ff. HGB,

§§675, 663, 665 – 670, 672 – 674 BGB Kommittent Kommissionär

Abwicklungsgeschäft z.B. §§ 929 ff., 398 ff. BGB Ausführungs- z.B.

geschäft 433 BGB

Dritter

Es gibt drei Arten von Kommissionsgeschäften:

1. Die „eigentliche“ Kommission nach Gewerbe, §§ 383, 406 II HGB An- oder Verkauf sowie Werklieferung durch Kommissionär gewerbsmäßig als Kaufmann (§ 383 I HGB) oder als nicht eingetragener Kleingewerbetreibender (§ 383 II HGB)

2. Die „uneigentliche“ Kommission nach Gewerbe, § 406 I 1 HGB Andere Geschäfte als Waren- oder Wertpapierumsatz (z.B. Verlag eines Buches)

3. Die „unregelmäßige“ Kommission, § 406 I 2 HGB Wird gelegentlich im Betrieb eines grundsätzlich auf andere Geschäfte gerichteten Handelsgewerbe von Kaufmann (direkt) oder nicht eingetragenem Kleingewerbetreibenden (analog) vorgenommen, sog. Gelegenheitskommission

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Rechtsstellung des Kommissionärs

I. Pflichten des Kommissionärs

1. Ausführungspflichten, § 384 I HGB

- Um Abschluss bemühen

- Kommissionsgut prüfen, §§ 388, 391 HGB

- Kommissionsgut verwahren, § 390 HGB

- Weisungen befolgen, §§ 385, 386 HGB

2. Abwicklungspflichten, § 384 II HGB

- Benachrichtigung

- Herausgabe, §§ 675, 667 BGB, § 387 HGB

II. Rechte des Kommissionärs

1. Provisionsanspruch, § 354 I HGB

2. Aufwendungsersatzanspruch, §§ 675, 670 BGB, § 396 II HGB

3. Sicherungsrechte

- Gesetzliches Besitzpfandrecht am Kommissionsgut, § 397 HGB

- Pfandähnliches Befriedigungsrecht bei Einkaufskommission,

§ 398 HGB

- Bevorzugtes Befriedigungsrecht an Forderungen, § 399 HGB

- Zurückbehaltungsrecht, §§ 369 ff. HGB

4. Selbsteintrittsrecht, § 400 HGB

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Das Ausführungsgeschäft des Kommissionärs

I. Verkaufskommission

Kommittent Kommissionär

(Veräußerer)

§§ 929 S. 1, § 433 BGB

185 BGB

Dritter

(Erwerber)

II. Einkaufskommission

Kommittent Kommissionär

(Erwerber) §§ 929, 930 BGB

§ 929 S. 1 BGB § 433 BGB

Dritter (Veräußerer)

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Kommissionsagent

Kommissionsagent ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für Rechnung eines anderen Unternehmens Geschäfte im eigenen Namen abzuschließen

Kommissionsagent

Unternehmer

Kommissionsagenturvertrag (= typengemischter Vertrag) §§ 85 ff. HGB (analog), § 675 I i.V.m. §§ 611 ff. BGB

z.B. § 433 BGBDritter

Im Außenverhältnis: §§ 384 ff. HGB Im Innenverhältnis: §§ 85 ff. HGB analog

- Vergütung, § 87 II HGB - Aufwendungsersatz nur nach § 87d HGB - Vertragsurkunde, § 85 HGB - Delkredereprovision, § 86b HGB - Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, § 90a HGB - Ordentliche Kündigung, § 89 HGB - Außerordentliche Kündigung, § 89a HGB - Ausgleichsanspruch, § 89b HGB

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Vertragshändler

Vertragshändler ist, wer als Unternehmer ständig damit betraut ist, die Produkte eines anderen Unternehmers (des Herstellers) im eigenen Namen und für eigene Rechnung abzusetzen und deren Absatz in ähnlicher Weise wie ein Handelsvertreter oder Kommissionsagent zu fördern.

Vertragshändler

Vertragshändelervertrag (=Rahmenvertrag)

Dritter

Kaufvertrag § 433 BGB

Verträge über einzelne Sachen, § 433 BGB

Unternehmer (=Hersteller)

Typische Pflichten des Vertragshändlers: - Kauf der Vertragsprodukte - Interessenwahrnehmung - Wettbewerbsverbot - Weisungen befolgen (z.B. Werbung)

§§ 89, 89a, 90a HGB analog anwendbar, wenn Vertragshändler so in Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist, dass er dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat (insbesondere vertragliche Weisungsrechte). Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB setzt Pflicht zur Überlassung des Kundenstamms voraus.

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Franchisenehmer

Franchisenehmer ist, wer als selbständiger Unternehmer im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, aber aufgrund eines Rahmenvertra-ges einem bestimmten Vertriebs- und Organisationskonzept unterliegt und für die Nutzung der Ressourcen des Franchisegebers (z.B. Know-how, Marken, Werbung) eine Franchisegebühr zu entrichten hat.

Abgrenzung

- vom Vertragshändler: Zahlung einer Gebühr für Ressourcen

- vom Kommissionär/Kommissionsagent: Handeln auf eigene

Rechnung

- vom Arbeitnehmer: Selbstständigkeit nach § 84 I 2 HGB

Arten

- Produktionsfranchising ( McDonald`s, Coca Cola)

- Vertriebsfranchising ( Benetton)

- Dienstleistungsfranchising ( Konzept zur chemischen Reinigung)

Pflichten des Franchisenehmers

- Konzeptanwendung

- Zahlung der Franchisegebühren

- Eintrittsgebühr (entry fee)

- Umsatzbeteiligung (franchise fee)

- Abnahme der Produkte des Franchisegebers

Analoge Anwendung der §§ 85 ff. HGB entsprechend den Grundsät-

zen zum Vertragshändler

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Das Handelsgeschäft, § 343 HGB

Alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehören. (≠ §§ 22-28 HGB!)

I. Geschäft

= Jedes rechtserhebliche willentliche Verhalten

- Mehrseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Kaufvertrag, Übereignung)

- Einseitige Rechtsgeschäfte (z.B. Rücktritt, Kündigung)

- Rechtsgeschäftsähnliche Handlungen (z.B. Mahnung)

- Gewollte Realakte, str. (z.B. Verbindung, Vermischung, Wettbewerbshandlung, deliktische Schädigung)

II. Kaufmannseigenschaft

Kaufmann nach §§ 1-6 HGB

Bedeutung auch für Nichtkaufleute:

- bei lediglich einseitigen Handelsgeschäften (vgl. § 345 HGB)

- kraft ausdrücklicher Anordnung (§§ 383 II 2, 407 III 2, 453 III 2, 467 III 2 HGB)

- gegenüber Scheinkaufmann

- bei analoger Anwendung (z.B. Angehörige der freien Berufe)

III. Betriebsbezogenheit

Mindestens mittelbarer oder entfernter Funktionszusammenhang z.B. auch

- Hilfsgeschäfte (Kreditaufnahme, Materialeinkauf)

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- Vorbereitende Geschäfte (Anmietung von Geschäftsräumen)

- Abwicklungsgeschäfte (Unternehmensverkauf)

Nicht: Privatgeschäfte des Kaufmanns Vermutungen, § 344 HGB:

- Rechtsgeschäfte im Zweifel zum Betrieb gehörig (Abs. 1)

- Schuldscheine (Abs. 2)

IV. Arten des Handelsgeschäfts

Einseitiges = nur ein Beteiligter ist Kaufmann Beiderseitiges = beide Beteiligte sind Kaufleute Grundsätzlich gelten §§ 346 ff. HGB auch für das nur einseitige Handelsgeschäft, vgl. § 345 HGB z.B.: §§ 352 II, 355-357, 358-361, 363-365, 366, 367 HGB Nur auf beiderseitige Handelsgeschäfte sind anwendbar z.B.: §§ 346, 353, 369, 377, 379, 391 HGB Nur für kaufmännische Vertragspartei anwendbar sind z.B. §§ 347-352 I, 353, 354, 368 HGB

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Vertragsschluss durch Schweigen

I. Grundsatz

Schweigen hat keinen Erklärungsgehalt

II. Erste Ausnahme: Schweigen auf Angebot zur

Geschäftsbesorgung, § 362 HGB

1. Voraussetzungen a) Antrag auf Abschluss eines Geschäftsbesorgungsvertrages,

§ 675 BGB

b) Empfänger ist Kaufmann oder kaufmannsähnlicher Geschäftsteilnehmer, dessen Geschäftsbetrieb auf Geschäftsbesorgung gerichtet ist

c) Bestehende Geschäftsverbindung (Abs. 1 S. 1) oder invitatio ad offerendum (Abs. 1 S. 2)

d) Üblichkeit des Geschäfts (Abs. 1 S. 1) oder Antrag gedeckt von invitatio ad offerendum (Abs. 1 S. 2)

2. Rechtsfolge

Schweigen gilt als Annahme (vgl. auch § 663 BGB)

III. Zweite Ausnahme: Schweigen auf kaufmännisches

Bestätigungsschreiben

1. Begriff Kaufmännisches Bestätigungsschreiben = Schreiben, in dem der Bestätigende seine Auffassung über das

Zustandekommen und den Inhalt eines formlos geschlossenen Vertrages kundtut

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Deklaratorisch = ohne Ergänzung oder Abweichung

Konstitutiv = Kein Vertragsschluss bzw. mit Ergänzungen oder Abweichungen

2. Rechtsgrund = Gewohnheitsrecht und Handelsbrauch, § 346

HGB 3. Voraussetzungen

a) Parteien sind Kaufleute oder kaufmannsähnliche Personen (nach a.A. muss dies nur der Empfänger sein)

b) Vertragsverhandlungen

c) Müssen aus Sicht der Beteiligten zu Vertragsschluss geführt haben (Abgrenzung zur Auftragsbestätigung = Annahme eines Vertragsangebots, vgl. § 150 II BGB)

d) Wiedergabe des wesentlichen Inhalts

e) Zugang unverzüglich nach Verhandlungen ( § 130 BGB)

f) Schutzwürdigkeit des Bestätigenden = wenn er Schweigen des Empfängers als Einverständnis auffassen durfte

aa) Fehlt bei Unredlichkeit z.B. bewusst unrichtige Wiedergabe

bb) Fehlt bei sich kreuzenden Bestätigungsschreiben

cc) Fehlt bei gravierenden Änderungen Ergänzungen oder Abweichungen dürfen nicht derart gravierend sein, dass der Bestätigende nach Treu und Glauben nicht mehr mit widerspruchsloser Hinnahme rechnen durfte, § 242 BGB

g) Kein unverzüglicher Widerspruch

4. Rechtsfolge

Vertrag gilt mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens

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3

IV. Anfechtbarkeit?

1. Anfechtung wegen Irrtums über Wirkung des Schweigens? (-)

2. Anfechtung wegen Irrtums über Inhalt des Antrags bzw. des Bestätigungsschreibens

(+) §§ 119 ff. BGB Ausnahme: Irrtum beruht auf fehlender kaufmännischer

Sorgfalt

3. Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

a) Bei § 362 HGB (+) § 123 f. BGB analog

b) Beim kaufmännischen Bestätigungsschreiben (-) unnötig, da bei Arglist des Bestätigenden ohnehin keine

Schutzwürdigkeit (oben III. 3. f. aa.)

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Kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht

Das kaufmännische Zurückbehaltungsrecht nach §§ 369-372 HGB ist Sicherungsmittel und pfandartiges Befriedigungsrecht (vgl. § 371 HGB)

I. Voraussetzungen

1. Kaufleute

2. Fällige Geldforderung

3. Aus beiderseitigem Handelsgeschäft

4. Verpfändbare bewegliche Sache oder Wertpapier

5. Im Eigentum des Schuldners (oder Gläubigers mit Rück- oder Weitergabepflicht, § 369 I 2 HGB)

6. Besitz des Gläubigers mit Willen des Schuldners

7. Kein Ausschluss (durch Vereinbarung oder kraft Gesetzes, § 369 III HGB)

II. Rechtsfolgen

1. Leistungsverweigerungsrecht, § 369 I 1 HGB

2. Befriedigungsrecht, § 371 HGB - Vollstreckungsbefriedigung, §§ 809, 841 ff. ZPO - Verkaufsbefriedigung, § 371 II HGB i.V.m. §§ 1233 ff. BGB

3. Absonderungsrecht, § 51 Nr. 3 InsO

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Kontokorrent

Kontokorrent liegt nach § 355 I HGB vor, wenn jemand mit einem Kaufmann derart in Geschäftsverbindung steht, dass die aus der Verbindung entstehenden Ansprüche und Leistungen nebst Zinsen in Rechnung gestellt und in regelmäßigen Zeitabschnitten durch Verrechnung und Feststellung des Überschusses ausgeglichen werden. I. Zweck

1. Zahlungsvereinfachung

2. Vereinheitlichung

3. Sicherung des Gläubigers

II. Voraussetzungen

1. Geschäftsbeziehung

2. Mit Kaufmann (oder §§ 407 III 2, 453 III 2, 467 III 2 HGB) Nichtkaufleute können sog. uneigentliches Kontokorrent nach § 311 I BGB vereinbaren (mit §§ 355 II, III, 356 f. HGB analog)

3. Kontokorrentabrede a) Einstellen b) Verrechnen c) Saldo feststellen und mitteilen

III. Rechtsfolgen

1. Mit Einstellung verlieren Einzelforderungen ihre Eigenständigkeit und werden zu Rechnungsposten

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2. Verrechnung automatisch (ohne Aufrechnungserklärung) und mit Erfüllungswirkung => Entstehung einer kausalen Saldoforderung

3. Anerkennung des Saldos als abstraktes Schuldanerkenntnis, §§ 781, 782 BGB => Entstehung einer abstrakten Saldoforderung (kondizierbar nach § 812 II BGB; Umkehr der Beweislast)

IV. Pfändung des Saldos

1. Pfändung des Zustellungssaldos = Pfändung des Saldos, der sich im Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner (§ 829 III i.V.m. §§ 166 ff. ZPO) ergibt, vgl. § 357 HGB

=> Verhindert Minderung, erfasst aber nicht zukünftige Habenposten; deshalb zusätzlich: 2. Pfändung des künftigen Saldos

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Handelsrechtlicher Gutglaubensschutz

§ 366 HGB erweitert den Schutz nach §§ 932 ff., 1207 f. BGB um den Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis I. Voraussetzungen

1. Veräußerer bzw. Verpfänder muss Kaufmann sein (oder §§ 383 II 2, 407 III 2, 453 III 2, 467 III 2 HGB) Nach h.M. kein Schutz des guten Glaubens an die Kaufmannsei-genschaft

2. Bewegliche Sache

3. Betriebsbezogene Verfügung

4. Im Übrigen wirksames Verfügungsgeschäft Kein Schutz des guten Glaubens an die Geschäftsfähigkeit

5. Guter Glaube des Erwerbers an Verfügungsbefugnis Auch an Vertretungsbefugnis? – str. (+) HGB unterscheidet nicht klar (-) Dritter hinreichend durch Scheinvollmacht geschützt

6. Übrige Voraussetzungen der §§ 932 ff. bzw. 1207, 1208 BGB, ins-besondere § 935 BGB i.V.m. § 367 HGB

II. Rechtsfolge

Wirksame Übereignung bzw. Verpfändung

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Handelskauf Überblick

Regelung des Handelskaufs in §§ 373 - 381 HGB

Inhalt der Regelungen:

1. Allgemeine Leistungsstörungen

a) Annahmeverzug des Käufers, §§ 373, 374 HGB

b) Bestimmungskauf, § 375 HGB

c) Fixhandelskauf, § 376 HGB

2. Mängelgewährleistung

a) Rügeobliegenheit des Käufers, § 377 HGB

b) Aufbewahrungspflicht des Käufers, § 379 I HGB

c) Notverkaufsrecht des Käufers, § 379 II HGB

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Begriff des Handelskaufs

Handelskauf ist ein Kaufvertrag, der für mindestens eine Partei eine Han-

delsgeschäft i.S.d. § 343 HGB darstellt (Beidseitigkeit nur bei §§ 377, 379

HGB nötig) und eine Ware, Wertpapiere oder eine Werklieferung

(381 HGB) zum Gegenstand hat.

Internationaler Handelskauf

Bei Geschäften mit Auslandsberührung kann der CISG (Convention on

Contracts for the International Sale of Goods) eingreifen: Wenn Verkäufer

und Käufer ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten des

Übereinkommens haben, Art. 1 I lit. a CISG

Hauptunterschiede zum BGB/HGB:

- Verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung, Art. 74 ff. CISG

- Sachmängelrüge innerhalb „angemessener“ Frist, Art. 39 I CISG

- Rügeversäumung lässt nicht stets alle Käuferrechte entfallen,

Art. 44 CISG

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Annahmeverzug des Käufers

Bei Annahmeverzug des Käufers hat der Verkäufer ein erleichtertes Recht

zur Hinterlegung und zum Selbsthilfeverkauf (Ratio: Lagerräumung!)

I. Hinterlegung, 373 I HGB

1. Jede Ware ist hinterlegungsfähig (Unterschied zu § 372 S. 1 BGB)

2. Öffentliches Lagerhaus oder sonst in sicherer Weise

(nach § 372 BGB nur beim Amtsgericht)

3. Keine Erfüllungswirkung (anders nach §§ 378, 376 II BGB)

II. Selbsthilfeverkauf, § 373 II HGB

1. Jede Ware (nach § 383 BGB nur hinterlegungsunfähige Waren)

2. Durchführung

a) Öffentliche Versteigerung, § 373 II 1, 1. Alt. HGB

b) Freihändiger Verkauf, § 373 II 1, 2. Alt. HGB

3. Wirkung

a) Verkäufer handelt im Auftrag des Käufers, §§ 666, 667, 670 BGB

b) Lieferschuld aus § 433 I BGB wird erfüllt

4. Alternative: Deckungskauf auf eigene Rechnung des Verkäufers

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Fixhandelskauf, 376 HGB

Ein sog. „ relatives Fixgeschäft“ liegt vor, wenn die Einhaltung

der Leistungszeit nach dem Parteiwillen so wesentlich ist, dass das Ge-

schäft mit ihr „stehen und fallen“ soll.

Typische Klauseln: „fix“, „genau“, „präzise“ oder „spätestens“ in

Verbindung mit genauen Terminangaben

Folgen:

1. Gesetzliches Rücktrittsrecht

2. Erfüllungsanspruch des Gläubigers (ebenso wie Gegenleistungsan-

spruch des Schuldners=Kaufpreiszahlung) entfällt, wenn Gläubiger

nicht sofort anzeigt, dass er auf Erfüllung bestehe („Vertragsaufhebung

kraft Gesetzes“)

=> Käufer ist nach § 376 I 1 HGB nur noch zu Rücktritt

und Schadensersatz berechtigt

3. Schadensersatz statt der Leistung erfordert nur Verzug des Schuldners,

keine Nachfristsetzung (anders §§ 280 I, III, 281 BGB)

4. Gläubiger hat Wahl und kann auch Schadensersatz nach Rücktritt

verlangen (h.M., vgl. § 325 BGB)

5. Schadensberechnung

a) Konkreter Schaden, § 252 S. 2 BGB

b) Abstrakter Schaden, § 376 II HGB

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Untersuchungs- und Rügepflicht, § 377 HGB

Ratio: Schnelle Klarheit über Abwicklung des Vertrages

Rechtscharakter: Obliegenheit (keine Rechtspflicht)

I. Voraussetzungen

1. Beiderseitiger Handelskauf

Scheinkaufmann nur als Käufer

2. Ablieferung

= wenn Ware so in den Machtbereich des Käufers gelangt ist, dass

dieser tatsächliche Möglichkeit zur Untersuchung hat

(╪ Übergabe oder Gefahrübergang)

3. Untersuchung

Entgegen Wortlaut des § 377 HGB (…zu untersuchen und…Anzeige zu

machen) genügt Rüge ohne vorherige Untersuchung (sog. Verdachtsrüge)

4. Rüge (= Anzeige)

- Muss nach Art und Umfang das Mangels inhaltlich bestimmt sein

- Nicht formbedürftig

- Zugang analog § 130 BGB (h.M.; a.A.: rechtzeitige Absendung genügt)

5. Rechtzeitigkeit

a) Unverzüglich = ohne schuldhaftes Zögern, § 121 I 1 BGB

b) Zeitspanne hängt von Grad der Erkennbarkeit ab

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- Offenkundige Mängel

=> Bedürfen keiner Untersuchung, daher sofort zu rügen

- Durch Untersuchung erkennbare Mängel

=> Doppelte Frist:

(1) Unverzügliche Untersuchung („soweit nach ordnungsgemäßem

Geschäftsgang tunlich“)

Hängt von Umständen ab: Kosten, Zeitaufwand, technische

Kenntnisse etc.

(2) Unverzügliche Rüge

Regelfall: 1 bis 2 Tage

- Verborgene oder verdeckte Mängel, § 377 II HGB a.E.

= auch durch ordnungsgemäße Untersuchung nicht erkennbar

=> Unverzügliche Rüge nach Entdeckung, z.B. Reklamation

6. Schutzwürdigkeit des Verkäufers

Fehlt bei arglistigem Verschweigen, § 377 V HGB

II. Rechtsfolgen

1. Bei ordnungsgemäßer Rüge

=> Sämtliche Rechte bleiben bestehen

2. Bei unterlassener Rüge

a) Ware gilt als genehmigt, § 377 II, III HGB

b) Gilt auch bei weniger wertvollem aliud und bei Zuweniglieferung