Über die wirkung von arecaidinestern auf den blutdruck der katze

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~Naunyn-Schmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 254, 159--169 (1966) Uber die Wirkung yon Arecaidinestern auf den Blutdruek der Katze ]~EI%I~D KUMI~IER, I~:EI)IZ LULLMA:N17 und ]~l~ICiI MUTS(]ITLER* Institut fiir Pharmakologie, Universit~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. H. LiiLT.~A~) Eingegangen am 9. Januar 1966 Arecolin ist der Methylester des Areeaidin, es besitzt Acetylcholin (ACh)-artige Wirkungen (M~M~, 1890; PLwscg, 1895; M~I]~, 1907; DIxoN, 1924; ST]~A~SSO~, 1937; HOLTZ u. WESTE~MA~, 1955; VA~ I%OSStTM, 1962). Die Substanz muI3 daher mit ACh-Reeeptoren reagieren k6nnen. Um diese Reeep~oren nigher zu charakterisieren, haben wir Experimente mit systematisch abgewandel~en Arecaidinderivaten dureh- geffihrt, die yon MIJTSCHLEI~ synthetisier~ wurden. Wir verspraehen uns davon einen Beitrag zur Besehreibung des Verhaltens versehiedener ACh-Reeeptoren. Arecaidinester (siehe Formel), die als cyclisierte ACh-Analoga auf- gefaSt werden k6nnen, wurden folgendermaSen verandert: 1. Ketten- verli~ngerung; 2. Ringhydrierung und 3. Quaternisierung. 0--1% / Dureh Untersuehung dieser Verbindungen an ,,Musearin-artigen" und ,,Nicotin-artigen" ACh-Receptoren erwarten wir Auskunft darfiber, welehe Anforderungen die beiden Reeeptorentypen an ,,ihre" zuge- hSrigen Agonisten stellen. Im folgenden soil zunaehst fiber Experimente beriehtet werden, die am Blutdruek der Katze ausgeffihrt wurden. ,~Iethodik Katzen beiderlei Geschlechts, deren Gewichte zwischen 2 und 4 kg lagen, wurden mit Ather narkotisiert und auf dem Operationstisch fixiert. Die Tiere erhielten dann durch eine in die Vena femoralis eingebundcne Kaniile Urethan in dem MaSe inji- ziert, in dem die Ather-/qarkose abklang, Wir versuchten, mit mSglichst wenig Urethan auszukommen, es wurden maximal 4 ml einer 250/0 LSsung pro kg (also 1 g Urethan/kg) ffir eine langdauernde Narkose verwendet. -- Der Blutdruck wurde * Pharmazeutisches Institu$, Univ. Mainz.

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Page 1: Über die Wirkung von Arecaidinestern auf den Blutdruck der Katze

~Naunyn-Schmiedebergs Arch. Pharmak. u. exp. Path. 254, 159--169 (1966)

Uber die Wirkung yon Arecaidinestern auf den Blutdruek der Katze

]~EI%I~D KUMI~IER, I~:EI)IZ LULLMA:N17 und ]~l~ICiI MUTS(]ITLER*

Institut fiir Pharmakologie, Universit~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. H. LiiLT.~A~)

Eingegangen am 9. Januar 1966

Arecolin ist der Methylester des Areeaidin, es besitzt Acetylcholin (ACh)-artige Wirkungen (M~M~, 1890; PLwscg, 1895; M~I]~, 1907; DIxoN, 1924; ST]~A~SSO~, 1937; HOLTZ u. WESTE~MA~, 1955; VA~ I%OSStTM, 1962). Die Substanz muI3 daher mit ACh-Reeeptoren reagieren k6nnen. Um diese Reeep~oren nigher zu charakterisieren, haben wir Experimente mit systematisch abgewandel~en Arecaidinderivaten dureh- geffihrt, die yon MIJTSCHLEI~ synthetisier~ wurden. Wir verspraehen uns davon einen Beitrag zur Besehreibung des Verhaltens versehiedener ACh-Reeeptoren.

Arecaidinester (siehe Formel), die als cyclisierte ACh-Analoga auf- gefaSt werden k6nnen, wurden folgendermaSen verandert : 1. Ketten- verli~ngerung; 2. Ringhydrierung und 3. Quaternisierung.

0--1% /

Dureh Untersuehung dieser Verbindungen an ,,Musearin-artigen" und ,,Nicotin-artigen" ACh-Receptoren erwarten wir Auskunft darfiber, welehe Anforderungen die beiden Reeeptorentypen an ,,ihre" zuge- hSrigen Agonisten stellen. I m folgenden soil zunaehst fiber Experimente beriehtet werden, die am Blutdruek der Katze ausgeffihrt wurden.

,~Iethodik Katzen beiderlei Geschlechts, deren Gewichte zwischen 2 und 4 kg lagen, wurden

mit Ather narkotisiert und auf dem Operationstisch fixiert. Die Tiere erhielten dann durch eine in die Vena femoralis eingebundcne Kaniile Urethan in dem MaSe inji- ziert, in dem die Ather-/qarkose abklang, Wir versuchten, mit mSglichst wenig Urethan auszukommen, es wurden maximal 4 ml einer 250/0 LSsung pro kg (also 1 g Urethan/kg) ffir eine langdauernde Narkose verwendet. -- Der Blutdruck wurde

* Pharmazeutisches Institu$, Univ. Mainz.

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160 BElial) KwI~IEI% H~IXZ L~3LL~AXl~ und EI~IC~ MOTSe~L]~I~:

mit einem Quecksilbermanometer in der Arteria carotis gemessen. Die zu unter- suehenden Substanzen wurdei1 intravenSs injiziert, die Dosen-Angaben erfolgen in In Mol/kg. A]]e terti~ren Arecaidinester waren Ms Salze (meistens Hydroehloride) ausreiehend gut wasserlSslich, ebenso die quartgren Verbindungen in Form der Jodmethylate bzw. Jodgthylate oder Jodpropylate.

Die in einer Abbildung Zusammengestellten Dosis-Wirkungs-Kurven entsprechen jeweils einem Versueh an einem Tier. Sie sind repr~sentativ ffir mindestens fiinf, meistens aeht bis zehn Versuehe, in denen sich gMche Sehwellendosen und eine gleiche Steilheit der Dosis-Wirkungs-Kurven ergeben hatte, die naeh den Prinzipien yon AlgIErS interpretiert werden.

Versuchsergebnisse A. Abhiingigkeit der Wirlcung yon der Seitenkettenliinge

1. Tertidre Arecaidinester. Diese terti£ren Ester wirken aussehlieglich blutdrueksenkend, der Effekt klingt so sehnell wie eine ACh-Wirkung ab (Abb. 1). In der Abb.2 sind die Dosis-Wirkungs-Kurven der sieben untersuehten Areeaidinester aufgetragen, zum Vergleieh wurde ACh herangezogen. Alle Dosis-Wirkungs-Kurven laufen parallel. Der wirk- samste Ester ist der AreeMdin-&thyl-ester, dessen blutdruekwirksame Schwellendosis bei 0,005 m Mol/kg liegt, ACh ist 12--15 real st£rker wirksam. Der Methylester des Areeaidin, also Arecolin, hat eine dreifach geringere Affinit/it als der J~thylester. Der Propylester ist dagegen wesentlieh weniger ~-irksam (etwa 50 fach), der Butylester zeigt keinen so ausgepr/igten Affinitgtsverlust wie der Propylester. Die anderen ,,lang- ket t igea" Ester (Pentyl-, Isopropyl-, Isobutyl-) sind in ihrem Verhalten dem Propylester des AreeMdin vergleiehbar. In der Tabelle sind die /~quipotenten Dosen zusammengestellt.

TabeUe. Vergleich ti~uipoteuter Dosen von Arecaidin- und Dihydroarecaidin-estern

40 m m t t g Blutdrucksenkung

tertii~re nicht hydr ier t hydr ier t Abschw~chung Arecaidinderivate In~ol/kg mMol/kg um Faktor

Methyl 0,006 0,48 80 Athyl 0,002 0,8 400 Propyl 0,1 20,0 200 Isopropyl 0,2 42,0 220 Butyl 0,035 35,0 1000 Isobutyl 0,13 4,0 30

Die im Ring hydrierten, terti/tren Areeaidinester wirken ebenfalls blutdrueksenkend, sie haben allerdings erheblieh an Wirksamkeit ver- loren, wie unten ausfiihrlieh dargelegt wird. Die Dosis-Wirkungs-Kurven der DihydroareeMdin-ester sind in der Abb. 3 dargestellt. W/~hrend die Abh~tngigkeit der Wirkung yon der Dosis bei dem Methyl- und ~thyl- ester ebenso steil verl/~uft wie bei den nieht hydrierten Estern, ist die

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Arecaidinester und Blutdruck 161

mmHg

140

_..120_

I(~N

80

60

Abb. 1. ]~lutdruckversuch an einer Katze. ]Is werden jeweils steigende Dosen yon Acetylcholin und den verschiedenen Arecaidinestern intraven5s injiziert. Dosenangaben in m Mol/kg. Zeitschreibung

in Minuten

terti~re Arecoidinderivote

I ~thy=r rBt= IsobutL r

\ ° \ .

0.00001 0.0001 0.001 0.01 0.1 rn Hol/kg log.HaSstab

Abb.2. Dosis-Wirkungs-Kurven terti~rer Arecaidinester und ~on Acetylcholin. Abszisse: Dosis log in m i~ol/kg, Ordinate: Blu~druck in m m t tg

Steilheit der Dosis-Wirkungs-Kurven yon den langkettigen Estern ge- ringer. Diese Ester haben sowohl eine geringere Affinit/it wie aueh eine herabgesetzte intrinsic activity.

2. Quartiire Arecaidinester. Wi~hrend bei den terti~ren Estem die L~nge der Seitenkette den quantitativen Aspekt der Wirkung beeinfluBt, hi~ngt bei den quart~ren Verbindungen aueh die Wirkungsqualit£t yon

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162 BER~) KU~MEI~, tIEr~z LiiLLM~_~N un4 El~IOlZ iVIUTSO~ER:

der Kettenl/inge ab. So 1/~$t das quart/ire Arecolin den Blutdruck ab- sinken, der Xthylester senkt und steigert den Blutdruck je naeh Dosis (siehe Abb. 7), w/ihrend die liingerkettigen Arecaidin-ester-jodmethylate den Blutdruek nur noeh steigern.

mmHg I~0

120

100

80

60

tert. hydr. Arecaidinderivate

'-.Methyt .. I Butyl*.. ,.Jsoprop/L ~'.~Athyi .Isobutyt " ~ o " - . I - - . \ . "-.. ~ Propy~'~-: .

"\ ~ "~.~. .~ ...

" " - - .

~ . " \

o.I 1.o ~o.o mMot/ka Log. Ha f~stab

Abb.3 . D o s i s - W i r k u n g s - K n r v e n yon Es t e rn des ter t i~ren Dihydroareea id in . Abszisse: Dosis log in m ~ o l / k g , Ord ina t e : B lu td ruck in m m H g

18o

160

mmHg 140

quat. hydr.

A recaid inderivatej/...I~.

AthyL

120 ~,Methyt

'°l, ",... 0,01 0.1 \ Log.Haltstab

/ /

Propyl

/ ° 1../Isopropy[ e / , ~ . e

1.0 mMol/kg Abb.4 . Dos i s -Wi rkungs -Kurven yon E s t e r n des quar t~ren n ihydroa reea id in . Abszisse: Dosis log in

m ~ o ] / k g , Ord ina te : B lu td ruek in m m H g

Auch die im Ring hydrierten, quart/iren Areeaidinester sind in ihrer Wirkung yon der Kettenl/~nge abh/~ngig. So senkt der quart/ire Methyl- ester des Dihydroareeaidill ebenso wie der quart/ire Methylester des Arecaidin den Blutdruck, die benStigte Dosis ist aber etwa 10faeh so

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Arecaidinester und Blutdruck 163

hoch. Der quarti~re Dihydroarecaidin-i~thyl-ester besitzt nur noch pressori- sche Wirkungen. Mit Zunahme der Kettenli~nge werden die ,,Affilfit~t" und,,intrinsic activity" immer geriager (Abb. 4), die Butyl- uad Isobutyl- ester sind unwirksam. Die Abbfldung li~Bt erkennen, wie mit Zunahme der Kettenli~nge um eine Methylengruppe die Affinit~t um eine Zehner- potenz abnimmt, zusi~tzlieh zeigt sie aber auch die pl5tzliche qualitative J~nderung der Wirkung zwischen dem Methyl- und J~thylester des quar- ti~ren Dihydroarecaidin.

B. AbhgngigIceit der Wir]cung yon der Ringhydrierung

1. Tertiggre Arecaidinester. Durch die Hydrierung wird die Wirkung aller terti~ren Ester abgesehw~cht, die blutdrucksenkende Wirkung bleibt aber erhalten. Das AusmaI3, in 4em die Hydrierung die Affinit~t herabsetzt, ist aber sehr unterschiedlich. In der Tabelle sind i~quipotente Dosen ffir jedes Esterpaar und der sich daraus ergebende Wirkungs- ver]ust zusammengestellt. Dieser Verlust kann grol3 wie bei den J~thyl- und Butylestern (Faktor 400 bzw. 1000) oder gering wie bei den Methyl- und Isobutylestern (Faktor 80 bzw. 30) sein.

2. Quart~re Arecaidinester. Die Hydrierung ffihrt auch bei den quar- ~ren Estern zu einer Wirkungsabschwi~chung, sie ist im Gegensatz zu den Befunden mit den terti/~ren Derivaten kleiner und weitgehend un- abhiingig yon der Liinge der Seitenkette.

C. Quaternisierung

Das Jodmethylat des Arecaidin-methy]-esters (,, Quart~res Arecolin") senkt den Blutdruek quantitativ und qualitativ wie die terti£re Aus- gangssubstanz. Die Dosis-Wirkungs-Kurven in der Methylester-l%eihe sind in der Abb.5a zusammengestellt. Die l~inghydrierung sehw~cht den Blutdruekeffekt der quaternisierten Verbindung lediglich um etwa den Faktor 10 ab. In der ~thylester-Reihe ffihrt die Quaternisierung zu einer Abschwhchung der blutdrucksenkenden Wirksamkeit und zum Auftreten kurzdauernder Blutdrucksteigerungen. Diese biphasisehe Wirkung geht aus der Originalkurve (Abb. 7) und den Dosis-Wirkungs- Kurven (Abb. 5 b) hervor. Das Dihydroarecaidin-~tthyl-ester-jodmethylat hat nur noeh schwache pressorisehe Wh'kungen. Der quaternisierte Propylester steigert den Blutdruek nach hohen Dosen (0,5--2,0 m Mol/kg), die quart~ren Isopropyl-, Butyl- und Isobutylester des Dihydroarecaidin sind nicht mehr blutdruckwirksam.

Die oben beriehteten Ergebnisse fiber den Einflul3 der Quaternisierung auf die Blutdruekwirksamkeit gelten nur ffir die Jodmethylate. Bei einigen Verbindungen haben wir zus~tz]ieh gepriift, we]ehe Wirkung die Einfiihrung eines l~ngeren Substituenten am ringst~ndigen Stiekstoff- atom auf die pharmakologische Wirkung besitzt. So standen uns ffir die

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220

200

180

:mrnHc

,14C

120

100

80

1 6 4 BERl~D K ~ I l W E R , HEINZ L~LLMANN u n d El~ICH MUTSCItLER:

mrnHg MethyLester

i~o! I ~.,xquat, hydr. "x~'r t'~hY d r'

120| . . ~ t e rt. I " \ " ~ J

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dr.

kbb . 5. Dosis-Wirkungs-Kurven der bie~hyl- und -%,thyles~er yon Areeaidin, Dihydroarecaidin, quar- t~rem Arecaidin und quart, ,rein Dihydroareeaidin. kbszisse: Dosis log in m ~Iollkg, Ordinate: Blu tdrack in ram Hg. oben: Flethylester, unten: J~thylester. Der _~thylest.er des quart~ren Areeaidin ha t eine biphasisehe Wirkang (siehe Abb. 7), das gestriehelte Areal verbindet dis depressorisehen und

pressorischen ~ a x i m a der einzelnen biphasischen Effekte

Methylester undHthylester des Are caidin auch die Jod~ithylate und Jodpro- pylate zur Vefffigtmg. Die Dosis-Wirkungs-Kurven in der Abb. 6 demon- strieren den~¥irkungsverlust des quart,~ren Arecaidin-methyl-ester, wenn der Stickstoff l~ngere Substituenten als die Methylgruppe tr~gt. Dieser Wirkungsverlust ist erheblich: Es muff vom Arecaidin-methyl-ester- ]odpropylat fast das 1000f ache gegeben werden, um dieselbe Wirkung ~de mit dem Arecaidin-methyl-ester-]odmethylat zu erzielen. Auch ffir

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Arecaidinester und Blutdruck 165

den quartgren Arecaidin-gthyl-ester fiihrt die Kettenverlgngerung am Stickstoffatom zu einer Wirkungs~bschwgchung. Wghrend das Arecaidin- gthyl-ester-jodmethylat die biphasische Wirkung besitzt, wirkt das Athylat nur noch pressoriseh und zwar weniger stark als das Methylat. Das entsprechende Propylat des Arecaidin-gthyl-ester zGigt ~uch in hohen Dosen keine Wirkung mehr.

lOO I

80

0 hi

j 7 0 - C H 3

/ x I'13C (CH3)nl_3

0001 0.01 0.1 1.0 m M o l . / k q tog. Mo flstab

Abb.6. Dosis-Wirkungs-Eurven des Areeaidin-methyl-es~er-jodmethylat, -jodg~thylat und -jod- propylat. Abszisse: Dosis log in m h~ol/kg, Ordinate: Blutdruck in m m t tg

D. Wirlcung der Arecaidinester nach Atropin- oder Hexamethonium- Vorbehandlung

Die blutdrucksenkende Wirkung aller tertigren Arecaidinester lgl~t sich durch Atropinvorbehandlung aufheben. Das gilt auch fiir die Methyl- und J~thylester des Dihydro~recaidin. Die Propyl- und Butylester (sowie die entsprechenden Iso-Verbindungen) des im Ring hydrierten Arecaidin senken jedoch auch nach Atropin-Zufuhr den Blutdruck. Es muB ffir ]etztere eine direkte muskulgre ,,papaverinartige" Wirkung angenommen werden.

Wie oben ausgeffihrt wurde, vergndern die Ester nach der Qu~terni- sierung zum Teil ihre Wirkung. ~ur der Methylester des Arecaidin wirkt auch in der quartgren Form ausschlieBlich blutdrucksenkend. Nach Atropin-Vorbehandlung ist die blutdruGksenkende Wirkung nicht mehr vorhanden, unter dieser ]~edingung w~rd aber jetzt Gin pressorischer EffGkt demaskiert. Diese blutdrueksteigernde Wirkung erfordert jedoch eine um das 10fache hShere Dosis als die Blutdruoksenkung. Der ~ber- gang yon depressorischer zu pressorischer Wirkung lg~t sioh besonders

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166 B]~RND KVMMEI~, HEINZ Li )LL~ANN u n d ERIOK MVTSeHLER:

klar bei dem Arecaidin-~thyl-ester-jodmethylat demonstrieren (Abb. 7). Bei kleinen Dosen iiberwiegt die blutdrucksenkende, bei hohen die steigernde Wirkung. Nach Atropin-Vorbehandlung ist der depressorisehe Effekt aufgehoben, dafiir steigern dann schon kleinere Dosen den Blut- druek (siehe ebenfalls Abb. 7).

Arecaidin-~ithyl-ester-jodmethylat

Abb. 7. Blutdruekversuch an einer Katze. Steigende Dosen des Xthylesters vom quartKren Arecaidin werden intraven6s injiziert (Dosisangaben in m Mol/kg). Nach Atropin-Gabe ist die blutdrucksenkende

Wirkung des Esters aufgehoben. Zeitsehreibung in l~inuten

Nach Vorbehandlung mit Hexamethonium bleibt die blutdruek- senkende Wirkung der untersuchten Substanz erhalten. Die pressorisehen Effekte werden dagegen vSllig aufgehoben.

Besprechung der Versuchsergebnisse Der Methylester des Areeaidin (Arecolin) sowie alle anderen unter-

suehten terti~ren Ester senken den Blutdruck. Diese Wirkung ist durch Atropin-Vorgabe aufzuheben und kann daher als ~usearin-artig bezeieh- net werden. Die Dosis-Wirkungs-Kurven der Arecaidinester verlaufen parallel zueinander (Abb.2), dies deutet auf eine etwa gleieh starke intrinsic activity bei unterschiedlicher Affinit/~t hin. Es kSnnte hier ein- gewendet werden, d~l~ die quantitativen Unterschiede zwisehen den ein- zelnen Estern durch verschiedene Eliminationsgeschwindigkeiten ver- ursaeht wiirden. Dieser Einwand 1/£~t sich aus den hier dargestellten Blutdruekversuchen nieht widerlegen. Unsere Versuche an isolierten Organea ergeben jedoch eher noch grSl3ere Differenzen zwisehen den

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Arecaidinester und Blutdruck 167

vinzelnen Es~ern als es bier am Blutdruck beschrieben wird, so dab ein EinfluB yon EIiminationsvorg/~ngen unwahrscheinlich ist. Die Hydrierung der l)oppelbindung im Ring sehw/~eht die Wirkung der tertigren Areeai- dinester erheblieh ab. Die Aftinit/~t des Esters mit der gr6131~en Affinit~t, des ]~thylesters, wird um einen Faktor yon 400 vermindert (Abb.8). Abet aueh der Sehritt vom ]~thylester zum Propylester geht mit, einem

log, 10.0

~ / ~ Areco[in =1,0

1.f

0.;

0,0!

0.00'

C1 C2 C3 C4~ C5 Ci3 Ci/, Methyl. ~,thy[ Propyt Butyt Pentyt Iso- Iso-

propyt butyt Abb.8. Abh~ingigkei~ gleiehstarker :Blutdruckeffekte (Senkung urn 10 mm Hg) yon der Kettenl/inge der Ester. Abszisse : Anzahl der C-Atome in der Seitenkette, Ordinate: relativeWirksamkeit der Ester in log. MaBstab, Arecaidin-methyl-ester (Arecolin) ist gleich 1,0 gesetzt. A --,-,A terti/ire Arecaidin-

ester; a. a terti~re Dihydroarecaidin-ester, m - - m quartare Areeaidinester

starken Verlust an Affinit/~t einher. Die hier fiir Arecaidinester beschrie- bene Abh/~ngigkeit der Wirkung yon dor Ke~tenl/~nge ist yon anderen Subs~anzgruppen wie zum Beispiel den Cholinestern her bekannt (Zusammenfassung bei ARIE~S, 1964; BARLOW, 1964).

Nach Quaternisierung des ringst~ndigen Stickstoff-Atoms gewinnen die Arecaidines~er nicotinartige Wirkung, ohne d~6 der Methyl- und J~thylester ihre musoarinartige ~rirkung verlieren (Abb. 8). Der l~Iusoa~Gn- artige Effekt iiberdeckt beim ~Iethylester die pressorische ~qrkung voll- st/~ndig, beim ~thylester die BIutdrucks~eigerung nut bei kleinen Dosen. I)araus mu$ geschlossen werden, daf~ cliese beiden Ester eine grSBere

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168 BERN]) ]~lJl~II~]t~, I-I]~INZ LULL1VIANN und EIcIe]t ~UTSCtILER:

Affinitgt zu den Muscarin-Receptoren als zu den Nieotin-Receptoren besitzen. Vom Propylester an weisen die quart/~ren Substanzen aussehlieg- lieh Nieotin-artige Wirkung auf. 1-Iydrierung der quaternisierten Are- caidinester sehwgeht die Wirkungen ab, der Methylester senkt den Blut- druck weiterhin, w/ihrend der Dihydroarecaidin-/~thyl-ester aussehlieB- lieh Nieotin-artig wirkt. Die dihydrierten Butylester sind unwirksam. Werden die Muscarin-Reeeptoren dutch Vorbehandlung mit Atropin ausgesehaltet, zeigen alle quaternisierten Arecaidinester nieotinartige Wirkung.

Wird die Quaternisierung statt dutch die Einffihrung einer Methyl- gruppe dutch eine Athylat- oder Propylatbildung vorgenommen, so. resultieren wesentlieh weniger udrksame Substanzen. Ffir den Muscarin- Receptor seheint es gleiehgfiltig zu sein, ob das Stiekstoffatom der Are- caidine terti/~r-vierbhadig oder quart/ir als Methylat vorliegt, eine Ver- liingerung der Substituenten (Xthylat oder Propylat) sehw/ieht dagegen die Affinitgt und intrinsic activity erheblich ab. Der Nieotin-l%eeeptor dagegen reagiert nieht mit den tertiiiren, vierbindigen Arecaidinestern, sondern bedarf eines quaternisierten Stiekstoff-Atoms.

Die Tatsaehe, dag Areeolin und Piloearpin als tertigre Verbindungen iiberhaupt so stark wirksam sind, ist erstaunlieh (VAN RossuM), denn terti~re Amine sind im allgemeinen wesentlich weniger eholinergiseh wirk- sam als ihre quartgren Analog-Verbindungen (Zusammenfassung bei AMIENS, 1964; ]3ARLOW, 1964). Fiir die Methyl- und Xthylester des Areeaidin gilt diese Regel nicht. Da die vorliegende Untersuchung art einem recht komplexen Objekt durchgeffihrt ist, 1/~l?t sieh das Verh/tltnis l~eeeptor-Areeaidinderivat noch nieht genfigend scharf beschreiben. Wit haben daher Versuche an weiteren Objekten mit Aeetyleholin-I~eeep- toren durchgefiihrt und die physikoehemisehen Eigenschaften der Ester n/~her bestimmt. ~ber diese Versuchsergebnisse wird in Kfirze berichtet werden.

Zusammenfassung 1. Am B1utdruck der Katze wurden Ester des Arecaidin und des.

Dihydroareeaidin und deren quart~re Formen auf Mnsearin- und Nieotin- artige Wirkung nntersueht.

2. I)er Areeaidin-gthyl-ester besitzt den st/~rksten Musearin-artigen Effekt, Verlgngerung der Seitenkette sehw/~eht die Wirkung ab. Ebenso fiihrt die Ringhydrierung bei den tertigren Estern zu einem erhebliehen Wirkungsverlust.

3. Quaternisierung des Areeolin (Areeaidin-methyl-ester) beeinflul3t. den Musearin-artigen Effekt nieht, der quart/~re ~thylester besitzt lV[usearin- und Nieotin-artige Wirkungen, die 1/~ngerkettigen Ester nur noeh die Nieotin-artige Wirkungskomponente. Hydrierung der quart~rer~ Verbindungen schwi~cht die Wirksamkeit weniger stark ab als es bei dea

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Arecaidinester und Blutdruek 169

terti~ren Estern der Fall ist. Wird die Quaternisierung start durch Methylatbildung durch ~thylat- oder Propylatbfldung durchgeffihrt, ergcben sich sehwi~cher wirksame Substanzcn.

Summary 1. The musearine- and nicotine-like actions of arecaidine and dihydro-

arecaidine esters and of their quaternized analogues were investigated upon the blood pressure of the cat.

2. The strongest muscarine-like action was observed for the ethyl ester of areeaidine, whereas the propyl and butyl esters proved far less active. Hydrogenation of the double bond markedly decreased the affinity of the tertiary compounds.

3. Quaternization of arecoline (methyl ester of arecaidine) did not influence the muscarine-like action. The quaternized ethyl ester, however, possessed both muscarine- and nicotine-like properties. Quarternized esters with longer side chains only acted nicotine-like. Hydrogenation of the double bond only slightly decreased the affinity of the quaternary derivatives.

4. Compounds quaternized as ethyl or propyl iodides proved less active than those quaternized as methyl iodides.

Literatur A~IE~s, E. J.: Molecular pharmacology. New York, London: Academic Press 1964. BARLOW, t~. B. : Introduction to chemical pharmacology. London: Methuen & Co.

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STEFA~SSO~, K. : Die Darmwirkung des Arecolin. 7Naunya-Schmiedebergs Arch. exp. Path. Pharmak. 185, 429 (1937).

Prof. Dr. reed. ~. LULL~AN~ Institut fiir Pharmakologie, Universit~t 23 Kiel, ttospitalstr. 4--6