Über die bedeutung der typen für den verlauf von coli-pyelitiden

2
x6. JULI ~9e5 KL.INISCHE \VOCHENSCHRII~T. 4. J AHKGANG. Nr. 29 und COPHER, Jourm of the Americ. med. assoc. 82, 1777. 1924. - - KAL~Kund Scn6NDUBE, Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 47 U- 1925, Nf. 14. -- STE'vVART, Americ. journ, of roentgenol, a. radium therapy x3, 3. 1925. -- TUF~IER und NEMOURs-AuGUSTE, Presse m› 1925, Nr. 22 0BER DIE BEDEUTUNG DER TYPEN FOR DEN VERLAUF VON COLI-PYELITIDEN. Von L. BITTERu n d M, GUNDEL. Aus dem Untersuchungsamt ftir ansteckende Krankheiten beim Hygienischen Institut in Kiel (Leiter: Prof. Dr. L .BITTER). In zwei Mitteilungen (Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 47 und, Zeitschr. f. Hyg. n. Infektionskrankh. lO4. 1925) haben wir die Aufmerksamkeit auf Beobachtungen gelenkt, die unserer Ansicht nach von einem gewissen Wert ffir die Therapie und Prognose der Pyelitis zu sein scheinen. Wir haben finden k6nnen, daB ira allgemeinen die 'In- fektionen bei Pyelitiden mit hgimolysierenden Colibalcterien einen akuten Beginn zeitigen mit sti~rmischen Erscheinungen, wie starken Schmerzen, hohem Fieber, wo~,_i sie aber aus: gezelchnet sind durch ein relativ sehr, schn,dles Abklingen der zuerst meist sehr bedrohlichen Erscheinungen. Hingegen haben wir feststellen k6nnen, daB die Infektionen mit nicht- h™ Colibakterien emen ganz allmiihlichen Beginn ~lehmen und dann ein-ausgesprochen chronisches Krankhelts- bild darstellen, das sich ira allgemeinen tiber eine l~ngere Zeit erstreckt, in vielen FXllen iiber mehrere Jahre. Wegen der Wichtigkeit dieser Fragen ~ben wir nun nach Abschlu~3 der den Bakteriologen eigentlich mehr interessle- renden Untersuchungen iiber die serologischen Zusammen- h~nge innerhalb der Coligruppe die ftir den Kliniker interes- santeren oben dargestellten t3eobachtungen weiter nach- gepriift. Wir verftigen j etzt tiber ein Material von 119 FXllen, das wir hier als Abschhf3 dieser Untersuchungen vorlegen m6chten. ' Um einem Einwand zu begegnen, diirfen wir als Nicht- kliniker hervorheben, daB diegroBe Mehrzahl der F~lle aus Kliniken, ein weiterer Teil von Fach~rzten stammt und daB in tiber 9o% der F~lle die Diagnose durch Uretherenkathete- rismus gesichert wurde. Unser Material setzt sich folgendermaBen zusammen: Zahl der Pyelitis-Infektionen mit Bact. coli comm. ohne HXmol~se ......... " ...... 5 o, Gru.ppe A Zahl der Pyelitis-InIektionen mit Baet. coli comm. mit H~tmolyse ......... : ...... 2o, Gruppe D Zahl. der Pyelitis,Infektionen mit Baet coli xmper- fecrum o. H ........... : i ...... 12, Gruppe F Zahl der P~gelitis-InIektionen mit t3aef coti ~mper- fectum mit H . . . . . . . . . . . . . . . IO, Gruppe J Zahl der Pyelitis-Infektionen mit Baet. lactis aerogenes ...... . . . . . . . . . . . . [ i Zahl der Mischy von Bact. eoli comm. oh. ne und mit H~molyse . . . . . . . . . . 8 Zahl der Misch-Infektionen von anderen St~mmš 8 Unter unseren sXmtlichen 5o F~llen von Infektionen mit nicht-h~molysierenden Colibakterien vom Typ Bacterium coli commune (Gruppe A? l” wir ausnahmslos die be- kan¡ chronischen Krankheitsbilder geseheia. In Mien Krknkengeschiqhten, die uns liebenswtirdigerweise im Auszug auf unsere Anfrage zhgeschickt wurd~n, finden sich die-Ver- merke: allm~hlicher Beginn, langsam einsetzend, kein Fieber, kein akuter Beginn usw. Ganz ausnahmsweise finden sich bei dem einen oder anderen Patienten einmal ganz leichte Fieberzacken (aber nie iiber 38,5~ Die Krankheit setzt bei den ,,A-Erkrankungen" gewShnlich mit Kopf- und Rticken- schmerzen ein, die ant~nglich noch gut ertr~glich sind, ~dann aber bei lXngerem Vorhand› die Patiente-n zum Arzt 1395 Abgesehen von diesen 50 F~llen haben wir drei aus dem Rahmen herausfallende Untersuchungsergebnisse aus der Frauenklinik Kiel, die auch dort bakteriologisch zuerst unter- sucht worden sind. S~mtliche 3 F~lle waren durch Colist~mme vom Typ Bact. coli commune bedingt, aber mit akutem Krank- heitsbild ! Es handelte sich um Sehwang• Wir mi~ssen nach eingehender Wfirdigung der klinischen Bilder bel Schwangerschaftspyelitiden von den Infektionen mit dem Typ Bact. coli commune die Infektionen mit A-St~mmen ausschlieBen, die in der Schwangerschaft auftreten [in selte- neren F~llen auch im Wochenbett), da diese unter dem Bilde einer akuten Pyelitis aufzutreten pflegen. Diese I™ bilder sind jedoch bedingt durch eine pl5tzliche StaUung des infizierten Harnes und hierdurch auftretende Resorptions- erscheinungen. Diese Stauungen k6nnen nun erkl~rt werden einmal durch eine mechanische Verl” des Ureters durch den wachsenden Uterus (hiš spr~che besonders das fast regelm~tBige Auftreten der Stauung in der rechten Niere durch Torsion und Dextro-Version des graviden Uterus) oder aber andererseits durch die anaiomische Anlage des rechten Ureters. Der in diesen FXllen nun fibliche Ureteren- Katheterismus bringt nach diesbš freundlichst ge- machten Angaben seitens der Jkrzte der Frauenklinik das akute I™ in der Regel zum sof0rtigen Verschwin- den Das ab und zu am I. oder 2. Tage darauf beobachtete wieder akute Ansteigen der Temperatur unter starken Schmer- zen usw. wird ,aut neuerliche Stauungen zur Das erst- bzw. zweitmalige Katheterisieren des Nierenbeckens und der damit geschaffene AbfluB gibt dann in der Regel einen I~bergang in das oben n~her bespro™ Krankheits- bild. Dieses chronfsche Krankheitsbild haben wir also, um es noch einmal kurz zusammenzufassen, bis jetzt bel allen Infektionen mit St~mmen vom Typ Bact. coli commune bel Patienten gleich welchen Alters, mit Ausnahme der Schwangerschaftspyelitiden, regelm~tBig gesehen. In ~hnlicher Weise wie die Infektionen mit der Gruppe A verlaufen die mit dem Typ Baet. coli imperfectum (Gruppe F). Sie sind seltener; wir verfiigen tibc™ 12. Bei di,esen F~llen werden nur die Schmerzen bel der Erkrankungim allgemeinen ats st~rker bezeichnet als bei den Pyelitiden mit Erregern der Gruppe A Ein ganz andezes Krankheitsbitd finden wir nun bel den F~llen, wo wir h~molysierende Colibakterien aus dem Katheter- urin ztichteten. Es scheint hier gloe zu sein, ob die St~tmme dem Typ Bact. coli commune haemolyticum (Gruppe D) oder Bact, coli imperfectum haemolyticum (Gruppe J) angeh6ren. Wir beobachteten 2o FXlle der Gruppe D und io F~tlle der Gruppe J. Bei diesen FXllen setzen die Etkran- kungen ein mit ganz sttirmischen Erscheinungen (hohem Fieber, starken Schmerzen, schwerem KrankheitsgeftihlL Die Patienten werden relativ oft unter der Diagnose Appen- dicitis u. a in die Klinik eingeliefert und erst hier wird die Diagnose Pyelitis gestellt. Die Beschwerden klingen ganz pl6tzlich wieder ab (gew6hnlich nach 4--5, seltener nach 7--IO Tagen). Nur ganz ausnahmsweise haben wlr 1miner neuauftretende Rezidive gesehen, die an Sepsis denken lassen, und_ wo jedes neue Rezidiv wie der erste An ganz akut einsetzt und nach 4--5 Tagen wieder einem relativen Wohl- befinden Platz macht. Besonders instruktiv wurde uns das letztgenannte Verhalten demonstriert bei einem S~ugling, dessen ausgesprochen septische Fieberkurve sich tiber Monate erstreckte die Krankl~eitserscheinungen verschwanden dann aber ohne besondere The~aiSie mit einer gewissen P16tzlich- keit. Eine Zwischenstellung scheinen die Infektionen mit dem Bact. lattis aerogenes einzunehmen. Das Bact.- lactis aerogenes ist ja nach seinem kulturellen Verhalten nicht von der Coligruppe abzutrennen, jedoch ist sein Kapselbildungs- verm6gen so wichtig ~, daB eine Differenzierung n6tig ist. Wir haben in unserem Material 11 F~tlle. Wir sehen hier I™ bril Die Dauer der" Erkrankung ist bel iiber 1/a der FXlle heitsbilder, die akut einsetzen nm nach 5--7~14 Tagen mit mehreren Jahren angegeben, bel reichlich einei/1 weiteren" einen l~bergang in das chronische Bild der ;,2s zu Drittel mit 1/2 bis i Jahf und bel den restierenden mit i bis nehmen. Es schš jedochl daB die Krankheitsdauec im 6 Monaten. allgemeinen:nicht:l~nger als 2--6 Monate ist. Auch scheinen

Upload: l-bitter

Post on 10-Aug-2016

228 views

Category:

Documents


6 download

TRANSCRIPT

Page 1: Über die Bedeutung der Typen für den Verlauf von Coli-Pyelitiden

x6. JULI ~9e5 K L . I N I S C H E \ V O C H E N S C H R I I ~ T . 4. J A H K G A N G . Nr . 29

u n d COPHER, Jourm of the Americ. med. assoc. 82, 1777. 1924. - - KAL~K und Scn6NDUBE, Klin. Wochenschr. 1924, Nr. 47 U- 1925, Nf. 14. - - STE'vVART, Americ. journ, of roentgenol, a. radium therapy x3, 3. 1925. -- TUF~IER und NEMOURs-AuGUSTE, Presse m› 1925, Nr. 22

0B E R DIE BEDEUTUNG DER TYPEN FOR DEN VERLAUF VON COLI-PYELITIDEN.

Von

L. BITTER und M, GUNDEL. Aus dem Untersuchungsamt ftir ansteckende Krankheiten beim Hygienischen Inst i tut

in Kiel (Leiter: Prof. Dr. L .BITTER).

I n zwei Mi t t e i l ungen (Klin. Wochenschr . 1924, Nr . 47 und, Zei tschr . f. Hyg. n. I n f e k t i o n s k r a n k h . lO4. 1925) h a b e n wir die A u f m e r k s a m k e i t auf B e o b a c h t u n g e n gelenkt , die unse re r A n s i c h t n a c h v o n e inem gewissen W e r t ffir die T h e r a p i e und Prognose der Pye l i t i s zu sein sche inen .

W i r h a b e n f inden k6nnen , daB ira a l l geme inen die ' I n - f ek t i onen bei Pye l i t i den m i t hgimolysierenden Colibalcterien e inen akuten Beginn zei t igen m i t sti~rmischen Erscheinungen, wie s t a r k e n Schmerzen , h o h e m Fieber , wo~,_i sie abe r aus : geze lchne t s ind d u r c h ein r e l a t i v sehr, schn,dles A b k l i n g e n de r zuers t m e i s t sehr b e d r o h l i c h e n E r s c h e i n u n g e n . H i n g e g e n h a b e n wir f es t s t e l l en k6nnen , daB die I n f e k t i o n e n m i t nicht- h™ Colibakterien e m e n ganz allmiihlichen Beginn ~lehmen u n d d a n n e i n - a u s g e s p r o c h e n chronisches Krankhelts- bild dars te l len , das s ich ira a l lgemeinen t iber eine l~ngere Ze i t e r s t reck t , in vielen FXllen i iber m eh r e r e J a h r e .

W e g e n der W i c h t i g k e i t dieser F r a g e n �9 ~ben wir n u n nach Abschlu~3 der den Bak te r io logen e igen t l i ch m e h r in teress le- r e n d e n U n t e r s u c h u n g e n i iber die serologischen Z u s a m m e n - h~nge i n n e r h a l b der Col igruppe d ie ftir den Kl in iker in teres- s a n t e r e n oben da rges t e l l t en t 3 e o b a c h t u n g e n wei te r nach - gepri i f t . W i r ver f t igen j e t z t t iber ein Ma te r i a l von 119 FXllen, da s wir hier als Abschh f3 dieser U n t e r s u c h u n g e n vor legen m6ch ten . ' U m e inem E i n w a n d zu begegnen , di i r fen wir als N ich t -

k l in iker h e r v o r h e b e n , daB d i e g r o B e M e h r z a h l der F~lle a u s Kl in iken , ein wei te re r Teil v o n F a c h ~ r z t e n s t a m m t und daB in t iber 9 o % der F~lle die Diagnose d u r c h U r e t h e r e n k a t h e t e - r i s m u s ges icher t wurde .

U n s e r Mate r i a l s e t z t s ich fo lgendermaBen z u s a m m e n :

Zahl der Pyeli t is-Infektionen mit Bact. coli comm. ohne HXmol~se . . . . . . . . . " . . . . . . 5 o, Gru.ppe A

Zahl der Pyelit is-InIektionen mit Baet. coli comm. mi t H~tmolyse . . . . . . . . . : . . . . . . 2o, Gruppe D

Zahl. der Pyeli t is ,Infektionen m i t Baet coli xmper- fecrum o. H . . . . . . . . . . . : i . . . . . . 12, Gruppe F

Zahl der P~gelitis-InIektionen mit t3aef coti ~mper- fectum mit H . . . . . . . . . . . . . . . IO, Gruppe J

Zahl der Pyel i t i s - Infekt ionen mit Baet. lactis aerogenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . [ i

Zahl der Mischy von Bact. eoli comm. oh. ne und mit H~molyse . . . . . . . . . . 8

Zahl der Misch-Infektionen von anderen St~mmš 8

U n t e r unse ren sXmtl ichen 5o F~l len von I n f e k t i o n e n m i t n i c h t - h ~ m o l y s i e r e n d e n Co l ibak te r i en v o m T y p B a c t e r i u m coli c o m m u n e (Gruppe A? l” wir a u s n a h m s l o s die be- k a n ¡ ch ron i schen K r a n k h e i t s b i l d e r geseheia. In Mien Krknkengesch iqh t en , die uns l iebenswt i rd igerweise im Auszug auf unse re Anf rage zhgesch ick t wurd~n, f i nden s i ch d ie -Ver - m e r k e : a l lm~hl icher Beginn , l a n g s a m e inse tzend , ke in Fieber , ke in a k u t e r Beg inn usw. Ganz a u s n a h m s w e i s e f inden sich bei d e m einen oder a n d e r e n P a t i e n t e n e i n m a l ganz le ichte F i e b e r z a c k e n (aber nie i iber 38,5~ Die K r a n k h e i t s e t z t be i d e n , , A - E r k r a n k u n g e n " gewShn l i ch m i t Kopf - u n d R t i cken - s c h m e r z e n ein, die an t~ng l i ch noch g u t e r t r~g l ich s ind, ~dann a b e r bei lXngerem V o r h a n d › d i e Pat iente-n z u m A r z t

1395

A b g e s e h e n v o n diesen 50 F~l len h a b e n wir dre i aus d e m R a h m e n he raus fa l l ende U n t e r s u c h u n g s e r g e b n i s s e aus de r F r a u e n k l i n i k Kiel, die a u c h d o r t bak t e r io log i sch zue r s t u n t e r - s u c h t worden sind. S~mt l i che 3 F~lle w a r e n d u r c h Co l i s t~mme v o m T y p Bac t . coli c o m m u n e bed ing t , abe r m i t a k u t e m K r a n k - he i t sb i ld ! Es h a n d e l t e sich u m Sehwang• W i r mi~ssen n a c h e ingehende r Wf i rd igung der k l i n i s chen B i lde r bel S c h w a n g e r s c h a f t s p y e l i t i d e n v o n den I n f e k t i o n e n m i t d e m T y p Bac t . coli c o m m u n e die I n f e k t i o n e n m i t A - S t ~ m m e n ausschl ieBen, die in der S c h w a n g e r s c h a f t a u f t r e t e n [in sel te- n e r e n F~ l l en a u c h im W o c h e n b e t t ) , d a diese u n t e r dem Bi lde e iner a k u t e n Pye l i t i s a u f z u t r e t e n pflegen. Diese I ™ b i lde r s ind j e d o c h b e d i n g t du rch eine pl5tzliche StaUung des in f i z i e r t en H a r n e s und h i e r d u r c h a u f t r e t e n d e Reso rp t ions - e r sche inungen . Diese S t a u u n g e n k 6 n n e n n u n e rk l~ r t we rden e i n m a l d u r c h eine m e c h a n i s c h e V e r l ” des U r e t e r s d u r c h den w a c h s e n d e n U t e r u s (hiš sp r~che b e s o n d e r s das fas t regelm~tBige A u f t r e t e n de r S t a u u n g in d e r r e c h t e n Niere d u r c h Tors ion u n d D e x t r o - V e r s i o n des g r a v i d e n Ute rus ) oder abe r ande re r se i t s d u r c h die a n a i o m i s c h e Anlage des r e c h t e n Ureters . Der i n d iesen FXllen n u n f ibl iche U r e t e r e n - K a t h e t e r i s m u s b r i n g t n a c h diesbš f r e u n d l i c h s t ge- m a c h t e n A n g a b e n se i tens d e r Jkrzte de r F r a u e n k l i n i k das a k u t e I ™ in de r Regel z u m sof0r t igen Ver schwin - den Das a b und zu a m I. oder 2. Tage d a r a u f b e o b a c h t e t e wieder a k u t e A n s t e i g e n de r T e m p e r a t u r u n t e r s t a r k e n Schmer - zen usw. wi rd ,aut neuer l i che S t a u u n g e n zur �9 Das ers t - bzw. zwei tmal ige K a t h e t e r i s i e r e n des N i e r e n b e c k e n s u n d der d a m i t geschaf fene Abf luB g i b t d a n n in der Rege l e inen I~bergang in das oben n~he r b e s p r o ™ K r a n k h e i t s - bi ld. Dieses chronfsche K r a n k h e i t s b i l d h a b e n wir also, u m es noch e i n m a l ku rz z u s a m m e n z u f a s s e n , bis j e t z t be l a l l en I n f e k t i o n e n m i t S t ~ m m e n v o m T y p Bac t . coli c o m m u n e bel P a t i e n t e n gleich we lchen Alters , m i t A u s n a h m e de r S c h w a n g e r s c h a f t s p y e l i t i d e n , regelm~tBig gesehen.

In ~hn l i che r Weise wie die I n f e k t i o n e n m i t de r G r u p p e A ve r l au fen die m i t d e m T y p Baet . coli i m p e r f e c t u m (Gruppe F). Sie s ind se l t ener ; wir ver f i igen tibc™ 1 2 . Be i di,esen F~ l l en w e r d e n n u r die S c h m e r z e n bel der E r k r a n k u n g i m a l l geme inen ats s t~ rke r b e z e i c h n e t als bei den P y e l i t i d e n m i t E r r e g e r n der G r u p p e A

E in ganz andezes K r a n k h e i t s b i t d f inden wir n u n bel den F~llen, wo wir h~molys i e rende Co l ibak te r i en aus d e m K a t h e t e r - u r i n z t ich te ten . Es s che in t h i e r g lœ zu sein, o b die St~tmme d e m T y p Bac t . coli c o m m u n e h a e m o l y t i c u m ( G r u p p e D) oder Bac t , coli i m p e r f e c t u m h a e m o l y t i c u m (Gruppe J ) angeh6ren . W i r b e o b a c h t e t e n 2o FXlle der G r u p p e D u n d io F~tlle de r G r u p p e J. Bei d iesen FXllen se tzen die E t k r a n - k u n g e n ein m i t ganz s t t i rm i schen E r s c h e i n u n g e n ( h o h e m Fieber , s t a r k e n Schmerzen , s c h w e r e m Krankhe i t sge f t i h lL Die P a t i e n t e n werden r e l a t i v of t u n t e r der Diagnose A p p e n - dic i t i s u. a in die Kl in ik e ingel iefer t u n d e rs t hier wi rd die Diagnose Pye l i t i s gestel l t . Die B e s c h w e r d e n k l ingen g a n z p l6 tz l ich wieder a b (gew6hnl ich n a c h 4 - - 5 , se l t ene r n a c h 7 - - I O Tagen) . N u r ganz a u s n a h m s w e i s e h a b e n wlr 1miner n e u a u f t r e t e n d e Rez id ive gesehen, die an Sepsis d e n k e n lassen , und_ wo jedes neue Rez id iv w ie der e r s te A n � 9 ganz a k u t e in se t z t u n d n a c h 4 - - 5 T a g e n wieder e inem r e l a t i v e n W o h l - b e f i n d e n P l a t z m a c h t . Besonde r s i n s t r u k t i v wurde uns da s l e t z t g e n a n n t e V e r h a l t e n d e m o n s t r i e r t bei e inem S~ugl ing, dessen ausgesp rochen sep t i sche F i e b e r k u r v e s ich t iber M o n a t e e r s t r e c k t e die Krank l~e i t s e r sche inungen v e r s c h w a n d e n d a n n abe r ohne besonde re The~aiSie m i t e iner gewissen P16tzl ich- kei t .

E i n e Zwi schens t e l l ung sche inen die I n f e k t i o n e n m i t d e m Bact . l a t t i s aerogenes e i n z u n e h m e n . Das B a c t . - l a c t i s ae rogenes i s t j a n a c h se inem ku l t u r e l l en V e r h a l t e n n i c h t v o n de r Col ig ruppe a b z u t r e n n e n , j edoch i s t sein K a p s e l b i l d u n g s - v e r m 6 g e n so wich t ig ~, daB eine Di f f e renz i e rung n6 t ig ist . W i r h a b e n in u n s e r e m Mate r i a l 11 F~tlle. W i r s ehen h i e r I™

bri l �9 Die D a u e r der" E r k r a n k u n g i s t bel i iber 1/a der FXlle he i t sb i lder , die a k u t e inse tzen n m n a c h 5 - - 7 ~ 1 4 T a g e n m i t m e h r e r e n J a h r e n angegeben , bel re ich l ich einei/1 weiteren" e i n e n l~be rgang in das ch ron i sche Bi ld der ; ,2s zu D r i t t e l m i t 1/2 bis i J a h f u n d be l den r e s t i e r enden m i t i bis n e h m e n . Es s chš jedochl daB die K r a n k h e i t s d a u e c i m 6 Mona ten . a l l g e m e i n e n : n i c h t : l ~ n g e r als 2 - - 6 M o n a t e ist. A u c h s c h e i n e n

Page 2: Über die Bedeutung der Typen für den Verlauf von Coli-Pyelitiden

139 6 K L I N t S C H ] E W O C H E N S C H

diese F~lle der Therapie gegeniiber n icht so res is tent zu sein wie die A- oder F -Pye l i t iden .

Aul3erordentl ich in te ressant sind die Mischinfektionen. In unseren sAmtlichen 8 F~l len von Mischinfekt ionen der Gruppe A und D haben wir den aku ten Beginn und dann den (3bergang in das chronische t3ild. Wi r sehen, daB diese FXlle von Mischinfekt ionen gar n icht so sel ten sind. Zur Technik der Un te r suchungen ist bei d i e se r Gelegenhei t aber noch e inmal hervorzuheben , daB unbed ing t ve r l ang t werden roui3, n icht nur eine d i rekte Aussaat des Ur ins auf die verschiedenen NAhrb6den zu machen, sondern no twend ig ist eine 24stfindige Anre icherung in mindes tens Io ccm Bouil lon. Wir haben verschiedene Mule beobachte t , dal3 aus der d i rek ten Aussaat nur Bact . coli commune gezi ichte t wurde und erst n~ch der Anre icherung sich einige h~molys ierende Colibakter ien zeig- ten. Dal3 gerade bei diesen F~Lllen ein solches kul turel les Verhal ten leicht mSglich ist, e rhel l t ja aus dem ganzen Krank- hei t sb i ld : h~ufig erhal ten wir die Ur ine erst nach mehreren Krankhe i t s t agen , wo u. U. bere i t s die h~molys ierenden Coli- bak te r ien ganz zur t ickgetre ten sein k6nnen. F~lle, bei denen nach einer gewissen Krankhe i t sdaue r der eine oder andere Col i typ bei den Mischinfekt ionen verschwinde t oder erhebl ich an Zahl h in te r die anderen zur i icktr i t t , haben wir r e l a t iv hAufig beobachte t . Aus der Reihe der 8 anderen Misch- infekti<)nen ist n ichts Wesent l iches hervorzuheben . Sie ent- sprechen in ih rem Krankhei t sb i ld den Erscheinungen, wie wir sie bei den einzelnen Gruppen gesehen haben.

Zum Schlul~ seien uns noch einige Wor t e fiber die Bedeu tung dieser Beobach tungen frit Therap ie und Prognose der Pyel i t i s ges ta t te t . Wir haben verschiedene Mule l%eobachten k6nnen, dal3 Vaccinen hergeste l l t wurden ftir F~lle, die als Infekt ions- erreger h~molysierende Col i typen ha t t en . In diesen F~llen war der Pa t i en t wieder hergestel l t , als die Vaccine geliefert wurde. Es dtirfte sich also unter diesen Ums t~nden empfehlen, fiirs erste von der Anwendung einer Vaccine abzusehen und v ie lmehr zu warten, ob ein Rez id iv auf t r i t t . I s t dies der Fall , dann kann allerdings die Vacc ine von ganz erhebl ichem Nutzen sein. Fi l r die Prognose s ind im al lgemeinen unsere Beobach tungen bedeutungsvol l . Bei In fek t ionen mi t h~moly- s ierenden Col ibakter ien kSnnen wir sagen, dal3 mi t grol~er Wahrschein l ichkei t der Verlauf der E r k r a n k u n g kurz ist und die Kranken schnell wiederhergeste] l t sind. Bel In fek t ionen mi t n ich t -h~molys ierenden Col ibakter ien ist dagegen mi t l~ngerer Krankhe i t sdaue r zu rechnen und die Therapie but mi t al len Mitteln, die uns zut Verffigung stehen, einzusetzen. Dal3 Vaccine therapie bei diesen E r k r a n k u n g e n von ganz besonderer Wich t igke i t ist, lehren in ~ b e r e i n s t i m m u n g mi t dies- beziigl ichen Angaben der L i t e ra tu r uuch unsere Erfahrungen.

Wir diirfen zum Schlul3 hervorheben, daB wir es durchaus fiir m6glich halten, da~ FMle v o r k o m m e n k6nnen, die e twas ans dem von uns beschriebenen R a h m e n herausfal len. Wir haben al lerdings bei unseren Pye l i t iden immer dieselben ein- deut igen Beobach tungen machen k6nnen.

DIE AUSSCHLIESSLICHE STRAHLENBEHANDLUNG DES COLLUM-CARCINOMS.

Von

Dr. FRIEDRICH VOLTZ, Leiter der Strahlenabteilung der Universit~ts-Frauenklinik Mfinchen

(Vorstand: Geheimrat Prof. Dr. DODERLEIN).

Es mehren sich in le tz ter Zei t in der wissenschaft l ichen L i t e ra tu r die Arbei ten , in denen -von e inem , ,Versagen" der ausschliel31ichen St rah len therapie bei dem gynAkologischen Carcinom gesprochen wird. In allen diesen Arbe i ten wird behaupte t , es sel notwendig, die operablen Carcinome wieder wie frfiher zu operieren nnd lediglich die inoperublen FAlle der S t ruh lenbehandlung zuzufiihren. Das bel iebte aber irre- f i ihrende Schlagwor t ,,die anfAngliche Wel le der Begeis te rung ffir das alleinige Bes t rah lungsver fahren b a t einen erhebl ichen Ri ickschlag e r l i t t en" kann man immer und immer und immer wieder lesen. Wir f inden Redewendungen, wie ,,leider sind

R I F T . 4. J A H R G A N G . Nr . 29 x6:JULII92~

die schSnen Hoffnungen, welche man auf die S t rah len ira Kampfe gegen mal igne Tumoren gesetzt hat , n icht in E r - ft i l lung gegangen" oder , ,dem anf~tnglichen Opt imismus in der S t rah lenbehand lung haben.schwere En t tguschungen P la t z machen mtissen." Geht man diesen Arbei ten auf den Grund und sucht nach Beweisen fiir solche Behauptungen , so f inde t m a n sie nicht . Es wird mi t Argumen ten gearbei te t , die ent- weder falsch oder n icht s t ichhal t ig sind.

Von diesen Arbeiten m6chte ich hier eine besonders nennen, ngmlich eine Arbeit von WALTHER FORST1) : ,,Die Vorbestrahlung bei Collumcarcinom des Uterus und ihr Einflul3 auf die postopera- tive Infektion aus endogener Ursache". F*2~ST emp�9 in ihr die u der Collumcarcinome. Er sieht in der Vorbestrah- lung ein Mittel die Operationsresultate zu verbessern, weil es gelingt, dnrch die Vorbestrahlung die Peritonitis aus endogener Ursachen den Hauptgrund fiir die primare Mortalitgt bei Careinomoperatio- nen, fast ganz auszusehalten. Den gleiehen Weg ging aus gleieher l~berlegung iibrigens friiher schon A. MAYER~), der durch die Vor- bestrahlung die primare Mortalitgt von lO,9% auf 4,o% herab- drtieken konnte. In der Einleitung seiner Arbeit f~tllt FOI~ST eben- falls ein abfglliges Urteil tiber die ausschliel31iche Strahlenbehand- lung.

Es soll deshalb an dieser Stelle e inmal gezeigt werden, dal3 die ausschlieBliche S t rah len therap ie bel dem gyn~ikolo- gischen Carcinom, vor a l lem aber bei dem Col lumcarcinom, kelneswegs versag t hat . I m Verlaufe dieser Ausft ihrungen soll dann auch Ste l lung genommen werden zu den , ,Gri inden" der Gegner, woftir die von FORST angef i ihr ten typische Bei- spiele sind.

Der Beweis dafiir, daB wir berecht ig t sind, an der aus- schliel31ichen St rah len therapie der gyn/ikologischen Carcinome fes tzuhal ten und dami t auch die operablen Fgllœ der Strahlen- behandlung zuzufiihren, wird erbracht durch die S ta t i s t iken der Kliniken, welche die alleinige S t rah len therapie iiben und ara besten durch die Stat is t iken, welche an einem grofler~ Krankenmate r i a l gewonnen sind.

Zunachst zu dem statistischen Material unserer Klinik. In den Jahren 1912--1918 wurden in der Mfinchener Frauenklinik lO16 krebskranke Frauen behandelt und zwar aUsschliel~lich mit radio- aktiven Substanzen. Von diesen lO16 Carcinomen waren 962 Car- cinome der weiblichen Genitalien, Die im Jahre I923 ~ber diese 962 Fi~lle aufgestellte Statistik bietet die Ilachfolgenden Zahlen. Bemerkt sei dabei ausdrficklieh, dal3 als ,,geheilt" nur solche Kranke gebucht wurden, die nachweisbar nach 5 Jahren noch lebten und rezidiv]rei waren.

Von den 952 Genitalcarcinomen waren 755 Halscarcinome des Uterus. Davon sind geheilt lO 3 F~Llle, was einer absoluten Heilungs- ziffer von 13,2% entspricht. TeilO man dieses I™ in verschiedene Gruppen auf, so ergibt sich iolgendes Bild: Gruppe I (operable F~lle): i i o FMle, geheilt 48 F~lle----43,6 % G™ II (Grenzf~lle) : 136 FiLlle, geheilt 31 F~lle=22,o% Gruppe I I I (inoperable FAlle): 34 ~ FMle, geheilt 23 FMle= 6,7% Gruppe IV (infauste FMle): I69 Fi~lle, geheilt I Fall; 67 F~lle

verliel3en als vollkommen aus- sichtslose F~lle unbehandelt dle Klinik.

Dies sind die Resultate ohne ]eden Abzug der 755 ausschliel31ich mit radioaktiven Substanzen behandelten Collumcarcinome.

~3ber die tibrigen 2o 7 Genitalcarcinome und die Resultate, die mit der ausschliel31iehen Strahlenbehandlung bel diesen erreicht wurde, wird in einer weiteren Arbeit gesondert berichtet werden.

Heure sind wir in der Luge, auch tiber das Mater ia l der Jah re 1918 und I 9 i 9 s ta t is t ische Angaben zu bringen, da wir hier i iber die nunmehr 5j~hr. Beobachtungsze i t verfiigen.

Iii diesen beidei1 Jahren gingen 313 Collumcarcinorne der I™ zu. Von diesen wurden 272 F~lle der Strahlenbehandlung zugeIiihrt, wi~hrend 42 FMIe als absolut infauste Fi~lle die Klinik wieder un- behandelt verliel3en. Diese 272 ]~~lle wurden teils ausschlieBlich mit radioaktiven Substanzen behandelt, teils kombiniert mit radio- aktiven Substanzen und R6ntgenstrahlen bestrahlt, denn ira Jahre 1918 nahm die Klinik auch die R6ntgenstrahlenbehandlung der Carcinome auf.

Von diesen 313 Collumcarcinomen sind heute nach 5 Jahren gesund und rezldiv•rel 39. Dies ergibt eine absolute HeiIungsziffer von 12,4%. Zieht man die unbehandelten FAlle ab, so ergibt sich fiir die 272 der Strahlenbehandlung zugefiihrten Falle eine Heilungs- ziffer von 14;3%. Wird das Material in die 4 Gruppen aufgeteilt, so erhaltea wir die folgenden Zahlen: