Über das fluor und einige neuere fluoride

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Zeitschrif t fur angewandteChemie. Organ des Vereins deutscher Chemiker. IX. JabPgang. Heft 29. 19. Juli 1907. Alleinige Annahme von Inseraten bei August Scherl, (3. m. b. H., Berlin SW 68, Zimmerstr. 37/41 und Danbe & Co., G. m. b. H., Berlin SW 19, Jerusalemerstr. 53/54 yowie in deren Filialen: Bremen, Obernstr. 16. Breslau, Schweidnitzerstr. 11. Chemnitz Sa., Marktgahchen 3. Dresden, Seestr. 1. Elberfeld, Herzogstr. 38. Frankfurt a. M., Kaiseistr. 10. Ealle a. S., Gro&e Stein. str. 11. Hamburg Alter Wall 76. Eannover, Georgstr. 39. Kassel, Obere Konigstr. 27. K6ln a. Rh., Hohestr. 145. Leipzfig Petersatr. 19, I. Magdeburg, Breiteweg 184, I. Miinohen, Kaufingerstr. 25 (Domfreiheit). Niirnberg, Kaiserstr.'Ecke Fleischbrticke. StraBburg 1. E., Giehhausgasse 18CB. Stuttgart, Konigstr. 11, I. Wien I, Graben 28. WUrzburg, Franziskanergasse 6119. Ziiriah, Bahnhofstr. 89. Der Insertionspreis betriigt pro mm Hohe bei 46 mm I'reite (3 gespalten) 16 Pfennige, auf den beiden Bukeren Umschlagseiten u) Pfennige. Bei Wiederholungen tritt entsprechender Rabatt ein. Beilagen werden pro 1000 Sttick mit 10.60 M fllr 5 Gramrn Gewicht berechnet; for schwere Beilagen tritt besondere Vereinbarung ein. INHALT: 0. Ruff: Uber das Fluor und einige neiiere Fluoride 1217. Graefe: Die Abteufarbeiten auf Schacht Hildesia 1220. P. It0 h l a n d : Uber die Bildung von Estrichgips im Kolonnenapparat einer Ammonidksodafabrik 1222. E. Wedekind: Fortschritte in der organischen Chemie im Jahre 1906 (SchlitB) 1229. R. Fan t o: Verkochon unit Destillieren sch8nmeuder Flussigkeiten 1233. Referate: Piiarmazeutischc Chcniie 1234: - Gerichtliclie Chernie E49, Wirtschafelich-gewerblicher Teil: Tagesgescbichtliche iind Ihndelsrundschau: Das amerikanische Reinnahrungsmittelgesetz 12513; ~ Bergbau und Metallverarbeitung in Chile 1906; - Die Graphitaushihr Ceylons ini Jahre 1906: - Der Anteil Deutschlands an der Einfuhr Crglons; - Die Minrralproduktion Japans irri Jahre 1906; - Die Goldproduktion Westaustraliens; - Lon- don: Engl. Salpetergesells(:hafteii i263; - Ein- und Ansfuhr der haupts8chlichuten Handelsartikel der Niederlande irn Jahre 1906; -- Hutiland : Reiche Lager von Monazitsand 1'264; - Lodz; - Kupfergewinnung im Ural im Jahre 1%; - Italien: Tala fur die Verzollung von Mineral-, Harz. nnd Teeriilen; - Italien: Einfuhr pharmazeutischer Erzeugnisse RUS der Schweiz; - Frankreich; - Wien; - Znr Gerbextrakteinfuhr; - Berlin : Die VerhBltnisse in der KohlensBureindustrie 1255; ~~ Berlin : Olgehalt der indischen Olsaaten; - Coburg; - Elberfeld; - Frank- furt a. M.; - Kiiln; - Munchen: Ausstelluug'*- Trier; - Handelsnotizen 1'256; - Aus anderen Vereinen uiid Ver- snrornluugen: Schweizericche naturforschend& Gesellsehaft; - Russisehe Physiko.chemische Gesellschaft ; - 111. iiiternatiorialer Eetr.olenmlioiigreQ. - Society of Chemical Industry; - 1lluminat.ing Engineering Society; - Personal- und Hochschnlna~hricdt~~n 1%'. 11. Perkin + 1268: - Eingelaufene Bucher; ~ Patoritlistell 1250. Verein deutscher Chemiker: Sitzung der Abteilnng fiir Mineraliilehemie auf der Hauptversarnmlung des Vereins Deutscher Chcrniker 1263; - Berliner Bezirksvereiii 122. Uber das Fluor und einige neuere Fluoride. Von OTTO BUFF. Vortrag gehalteii aul' der H:tuptversanimlung des Vereins dentscher Chemiher am 24.;5. 1907 in Danzig. (Eingeg. d. 28.!5. 1907.) Es macht mir Freudc, heute cinem groBeren Kreis von Fachgenossen Versuche und Praparate aus dcr Chemie des Fluors und seiner Verbindungen vorfiihjen zu konnen, mit deren Studium ich mich mit meinen Assistenten und Schiilern seit einigen Jahren bcfaBt habe. Um Sie zunLchst in das Gebiet nnd seine Xr- beitsmethoden einzufiihren, werdc ich Ihnen das zurzeit immer noch einzige, wirklich gangbare Ver- fahren M o i s s a n s zur Darstellung von Fluor vor- fiihren - die Elektrolyse wasserfrcicr FluBsLure unter Zusatz von Kaliumfluorid. Die Darstellung geschieht in drei $bschnitten: 1. Die Bereitung von trockenem Kaliumfluo- ridfluorwasserstoffsalz, welche wir in einer Kupfer- retorte unter Durchleiten eines trockenen Kohlen- raure- oder Luftstroms bei einer Tempcratur von 150-200" und unter zeitweisem Vermahlen in einer Schrotmiihle durchfiihren. (Apparatur vergezeigt.) 2. Die Herstellung von wasserfreier FluBsaure aus dcm vorigcn durch Erhitzcn des getrockneten Salzcs. Wir bringen das getrockncte Salz in eine Ch. 1807, Kupferretorte mit damn sich anschlieBendem Kup- ferkuhler und erhitzen auf einem Fletcherbrenner, bis praktisch keine FluBsaure mehr entweichtl). ( Apparatur. ) 3. Die Elektrolyse selbst. Vor deren Reginn wird der wasserfreien Gaure Kaliumfluoridfluor- wasserstoffsalz KF. HI! zugesetzt. Sls Kiihlmittel verwenden wir statt des teuren Chlormethyls (ca. 4,OO 12 pro kg) feste Kohlensaure in Alkohol von der prol/, Stunde ca. 10 kg notig sind. (Apparatnr.) Be- dauerlioh ist an dem an und fur sieh sehr eleganten Verfahren eincrseits die groOsc Miihewaltung, die dcssen Vorbcreitung im Gefolge hat und anderer- seits dessen Kostspieligkeit,. Nicht allein, daB sehr vie1 Kaliumsalz und feste KohlensBure nijtig sind, auch die Apparatur selbst nutzt sieh sehr stark ab, und besonders die t,eurc Platinelektrode hedarf hau- fig genug dcr Erncuerung. Die Reaktionsfahigkeit des elementaren Fluors wird durch folgende Versuclie klar veranschaulieht werden : Reaktionen des Fluors mit Arsen, Bntimon und Zinnz), Schwefel, Jod, Phosphor, Bor und Silicium, 1) Es wurde jiingst von anderer Seite (die betr. Litcraturstelle konnten wir nicht hingewiesen, daB wasserfrcie Flu gefaBen bereitet werden konntc. Wir haben dies schon T-or ,Jahren gelegentlich so geiibt, allerdings ohne in unseren Arbcitcn besonders darauf hinge- wiesen zu haben. , 2) Die meisten Metalle reagieren bei gewohn- 15.3

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Page 1: Über das Fluor und einige neuere Fluoride

Zeitschrif t fur angewandte Chemie. Organ des Vereins deutscher Chemiker.

IX. JabPgang. Heft 29. 19. Juli 1907.

Alleinige Annahme von Inseraten bei August Scherl, (3. m. b. H., Berlin SW 68, Zimmerstr. 37/41 und Danbe & Co., G. m. b. H., Berlin SW 19, Jerusalemerstr. 53/54

yowie in deren Filialen: Bremen, Obernstr. 16. Breslau, Schweidnitzerstr. 11. Chemnitz Sa., Marktgahchen 3. Dresden, Seestr. 1. Elberfeld, Herzogstr. 38. Frankfurt a. M., Kaiseistr. 10. Ealle a. S., Gro&e Stein. str. 11. Hamburg Alter Wall 76. Eannover, Georgstr. 39. Kassel, Obere Konigstr. 27. K6ln a. Rh., Hohestr. 145. Leipzfig Petersatr. 19, I. Magdeburg, Breiteweg 184, I. Miinohen, Kaufingerstr. 25 (Domfreiheit). Niirnberg, Kaiserstr.'Ecke Fleischbrticke. StraBburg 1. E., Giehhausgasse 18CB. Stuttgart, Konigstr. 11, I.

Wien I, Graben 28. WUrzburg, Franziskanergasse 6119. Ziiriah, Bahnhofstr. 89. Der Insertionspreis betriigt pro mm Hohe bei 46 mm I'reite (3 gespalten) 16 Pfennige, auf den beiden

Bukeren Umschlagseiten u) Pfennige. Bei Wiederholungen tritt entsprechender Rabatt ein. Beilagen werden pro 1000 Sttick mit 10.60 M fllr 5 Gramrn Gewicht berechnet; for schwere Beilagen tritt besondere Vereinbarung ein.

I N H A L T : 0. R u f f : Uber das Fluor und einige neiiere Fluoride 1217. G r a e f e : Die Abteufarbeiten auf Schacht Hildesia 1220. P. It0 h l a n d : Uber die Bildung von Estrichgips im Kolonnenapparat einer Ammonidksodafabrik 1222. E. W e d e k i n d : Fortschritte in der organischen Chemie im Jahre 1906 (SchlitB) 1229. R. F a n t o: Verkochon unit Destillieren sch8nmeuder Flussigkeiten 1233.

Referate: Piiarmazeutischc Chcniie 1234: - Gerichtliclie Chernie E49,

Wirtschafelich-gewerblicher Teil: Tagesgescbichtliche iind Ihndelsrundschau: Das amerikanische Reinnahrungsmittelgesetz 12513; ~ Bergbau und Metallverarbeitung in Chile 1906; - Die Graphitaushihr Ceylons ini Jahre 1906: - Der Anteil Deutschlands an der Einfuhr Crglons; - Die Minrralproduktion Japans irri Jahre 1906; - Die Goldproduktion Westaustraliens; - Lon- don: Engl. Salpetergesells(:hafteii i263; - Ein- und Ansfuhr der haupts8chlichuten Handelsartikel der Niederlande irn Jahre 1906; -- Hutiland : Reiche Lager von Monazitsand 1'264; - Lodz; - Kupfergewinnung im Ural im Jahre 1%; - Italien: Tala fur die Verzollung von Mineral-, Harz. nnd Teeriilen; - Italien: Einfuhr pharmazeutischer Erzeugnisse RUS der Schweiz; - Frankreich; - Wien; - Znr Gerbextrakteinfuhr; - Berlin : Die VerhBltnisse in der KohlensBureindustrie 1255; ~~ Berlin : Olgehalt der indischen Olsaaten; - Coburg; - Elberfeld; - Frank- furt a. M.; - Kiiln; - Munchen: Ausstelluug'*- Trier; - Handelsnotizen 1'256; - Aus anderen Vereinen uiid Ver- snrornluugen: Schweizericche naturforschend& Gesellsehaft; - Russisehe Physiko.chemische Gesellschaft ; - 111. iiiternatiorialer Eetr.olenmlioiigreQ. - Society of Chemical Industry; - 1lluminat.ing Engineering Society; - Personal-

und Hochschnlna~hricdt~~n 1%'. 11. Perkin + 1268: - Eingelaufene Bucher; ~ Patoritlistell 1250.

Verein deutscher Chemiker: Sitzung der Abteilnng fiir Mineraliilehemie auf der Hauptversarnmlung des Vereins Deutscher Chcrniker 1263; -

Berliner Bezirksvereiii 122.

Uber das Fluor und einige neuere Fluoride.

Von OTTO BUFF. Vortrag gehalteii aul' der H:tuptversanimlung des

Vereins dentscher Chemiher am 24.;5. 1907 in Danzig.

(Eingeg. d. 28.!5. 1907.)

Es macht mir Freudc, heute cinem groBeren Kreis von Fachgenossen Versuche und Praparate aus dcr Chemie des Fluors und seiner Verbindungen vorfiihjen zu konnen, mit deren Studium ich mich mit meinen Assistenten und Schiilern seit einigen Jahren bcfaBt habe.

Um Sie zunLchst in das Gebiet nnd seine Xr- beitsmethoden einzufiihren, werdc ich Ihnen das zurzeit immer noch einzige, wirklich gangbare Ver- fahren M o i s s a n s zur Darstellung von Fluor vor- fiihren - die Elektrolyse wasserfrcicr FluBsLure unter Zusatz von Kaliumfluorid.

Die Darstellung geschieht in drei $bschnitten: 1. Die Bereitung von trockenem Kaliumfluo-

ridfluorwasserstoffsalz, welche wir in einer Kupfer- retorte unter Durchleiten eines trockenen Kohlen- raure- oder Luftstroms bei einer Tempcratur von 150-200" und unter zeitweisem Vermahlen in einer Schrotmiihle durchfiihren. (Apparatur vergezeigt.)

2. Die Herstellung von wasserfreier FluBsaure aus dcm vorigcn durch Erhitzcn des getrockneten Salzcs. Wir bringen das getrockncte Salz in eine

Ch. 1807,

Kupferretorte mit damn sich anschlieBendem Kup- ferkuhler und erhitzen auf einem Fletcherbrenner, bis praktisch keine FluBsaure mehr entweichtl). ( Apparatur. )

3. Die Elektrolyse selbst. Vor deren Reginn wird der wasserfreien Gaure Kaliumfluoridfluor- wasserstoffsalz KF. HI! zugesetzt. Sls Kiihlmittel verwenden wir statt des teuren Chlormethyls (ca. 4,OO 12 pro kg) feste Kohlensaure in Alkohol von der prol/, Stunde ca. 10 kg notig sind. (Apparatnr.) Be- dauerlioh ist an dem an und fur sieh sehr eleganten Verfahren eincrseits die groOsc Miihewaltung, die dcssen Vorbcreitung im Gefolge hat und anderer- seits dessen Kostspieligkeit,. Nicht allein, daB sehr vie1 Kaliumsalz und feste KohlensBure nijtig sind, auch die Apparatur selbst nutzt sieh sehr stark ab, und besonders die t,eurc Platinelektrode hedarf hau- fig genug dcr Erncuerung.

Die Reaktionsfahigkeit des elementaren Fluors wird durch folgende Versuclie klar veranschaulieht werden :

Reaktionen des Fluors mit Arsen, Bntimon und Zinnz), Schwefel, Jod, Phosphor, Bor und Silicium,

1) Es wurde jiingst von anderer Seite (die betr. Litcraturstelle konnten wir nicht hingewiesen, daB wasserfrcie Flu gefaBen bereitet werden konntc. Wir haben dies schon T-or ,Jahren gelegentlich so geiibt, allerdings ohne in unseren Arbcitcn besonders darauf hinge- wiesen zu haben. ,

2) Die meisten Metalle reagieren bei gewohn-

15.3

Page 2: Über das Fluor und einige neuere Fluoride

1318 Ruff: Uber das Fluor und einige neuere Fluoride. i n n g ~ $ ~ ~ ~ ~ f ~ ~ ~ & , .

aus denen sich AspF,, SbF,, SnF,, SF,, JF,, PF,, PF,, BF,, SiF, bilden.

Wenn somit auch eine ganze Anzahl von Metal- loidfluoriden aus den entsprechenden Elementen und elementarem Fluor leicht erhaltlich sind, so verhindern doch die Kostspieligkeit und die Schwie- rigkeiten der Herstellung von Fluor die Bereitung groaerer Mengen auf diesem Wege.

Diese Grunde waren fur mich die Veranlassung, nach Mitteln und Wegen zu suchen, die vor wenigen Jahren noch fast samtlich unbekannten wasserfreien Fluoride der 4.-7. Gruppe des periodischen Systems ohne vorausgehende Darstellung elementaren Fluors zu gewinnen. Ich hegte dabei wie so mancher andere Forscher, der sich vor mir auf diesem Gebiete be- tatigt hat, die Hoffnung, unter diesen Fluoriden auch, vielleicht ein solclies zu finden, das sich wieder als Ausgangsmaterial zur Darstellung von Fluor selbst verwenden lielje.

So galten zuniichst' eine R,eihe von Versuchen der Darstellung von reinem Bleitetrafluorid, Wis- mutpentafluorid und Edelmetallfluoriden oder Verbindungen dieser mit anderen Fluoriden, von denen samtlich von vornherein anzunehmen resp. bekannt war, daW sie beim Erhitzen unter Abspal- tung von Fluor und Bildung niedrigerer Fluoride zerfallen warden.

Ich wiirde mich hier darauf beschrinken, zu bemerken, daW keiner dieser Versuche zum eigent- lichen Ziel gefuhrt hat, wemi wir nicht einige andere interessante Beobachtungen dabei gemacht hatten.

So haben wir das von B r a u n e r 3 ) beschrie- bene H l e i t e t r a f l u o r i d fluorkalium-Doppel- salz PbF4. 3KF, HF ohne erhebliche Schwierigkeiten auch in groBerer Menge darzustellen gelernt und reichlich Kosten und Muhe darauf verwandt, das- selbe nach der Vorschrift von B r a u n e r in einer Platinrohre so zu erhitzen, daW elementares Fluor in groBeren Mengen dabei anftrit)itt'. Es ist uns dies aber nicht gelungen. Zwar wird Jodkaliumstarke- losung von den sich entwickelnden Gasen geblaut, auch laBt sich die Bildung von Fluor deutlich am Geruch erkennen, aber die Entziindung von Silicium konnten wir nie erreichen ; die Fluormengen, welche das Salz v o r seinem Schmelzen zusammen mit der stets noch in ihm enthaltenen FluWskure in der Zeit- einheit entwickelt,, sind zu gering; erhitzt man das Salz aber weiter bis zum Schmelzen, so wird alles frei werdende Fluor zur Bildung von Platintetra- fluorid verbraucht, das sich in iiquivalenter Menge in der Schmelze lijst und darin auch bei Hellrotglut noch nicht zersetzt wird. Wenn daher B r a u n e r von seinem Verfahren meint, daB in deniselben ein verlaalicher cheniischer Wcg gegeben sei, Fluor dar- zustellen, so ist dies unseres Erachtens entschieden zuviel gesagt; denn es kann sich hijchstens um eine interessante Bildungsweise des Pluors handeln.

Das Braunersche Salz ist recht bestindig nnd kann zu mancherlei Umsetzungen Verwendung fin- den. (Expp.) Eben so leicht laBt sich das noch nicht beschriebene entsprechende hmmoniumsalz ge- winnen; aber das Bleitetrafluorid selbst konnten wir bisher weder hieraus, noch auf anderen Wegen darstellen. So viel aber ergab sich schon mit Sicher-

licher Temperatur nix oberfllichlich, vollstandiger erst beim Erwarmen.

3) Z. anorgan. Chemie 7, 1.

heit, daBdieSchluDfolgerungenBr a u n e r s ausseinen Versuchen, daB das PbF4 in drei Modifikationen auftrete, als viel zu weitgehend zu bezeichnen sind.

Was das W i s m u t p e n t a f l u o r i d an- belangt, so bietet es gar keine Schwierigkeit, eine ziemlich reine Losung von fiinfwertigem Wismut in FluBsaure zu bereiten, indem man von dem Ge- misch von Wismuttrioxyd und -pent,oxyd ausgeht, das man beim Einleiten von Chlor in eine Suspension von Wismuthydroxyd in Kalilauge erhalt, und die- ses in konzentriertester FlulJsaure lost"); denn das T.Vismutt,rifluorid, das gleichzeitig gebildet wird, ist praktisch so gut wie unloslich in wasseriger FluB- saure. Reim Eindampfen dieser Losung im Vakuum bleibt einWismutoxyfluorid von gelber Farbe, welches von Wasser unter Bildung von Wismutpentoxyd zersetzt wird und beim Reiben oder Erhitzen auf 80 explosionsartig in Wismuttrifluorid und Sauer- stoff zerfallt. (Exp.) Leider ist die Losung des Wis- mutpent,afluorids iiberaus leicht zersetzlich; sie wird schon von dem Platin, in dem sie bereitet und ev. aufbewahrt werden muW, unter Ent'wicklung von Sauerstoff und Ausscheidung von Wismutt'rifluorid katalytisch. zersetzt, um so schneller, je rauher dessen Oberflache ist, und l a B t sich bei gewohnlicher Temperatur eigent,lich nur in FluBspatgefiWen langer aufbewahren. Die Losung gibt eine R'eihe von in- teressanten Keaktionen , bei denen sich Wismut- trifluorid ausschcidet ; so zerset,zt sie sich niit Wasserstoffsuperoxyd stiirmisch nach der Gleichung BiF, + H,O, = BiF, + 2HP + 0, (diese Re- aktion eignete sich am besten zur quantitativen Ermittlung des Wismutpentafluoridgehaltes dieser Losung) ; Nangansalze werden ohne weiteres zu Ubermangansaure oxydiert ; ChromsBure wird aber nicht in UberchromsLure iibergefiihrt; Zusatz von Salzsaure hat stiirmische Chlorentwicklung zur Folge. Alkohol wird zu Aldehgd oxydiert LI.

a. m. Beim Verdiinnen mit Wasser oder anf Zusatz von Ammoniak scheidet sich ein Wismutpentoxyd- hydrat von brauner Farbe aus, das ahnliche Reak- tionen zeigt, wie die obengenannte Losung. (Expp.)

Diese Versuche bieten ein besonderes Interesse schon deshalb, weil u. a. G u t b i e r und seine Schiiler in einer Reihe von Arbeiten in Zweifel ge- zogen haben, daW funfwertige Wismutverbindun- gen bis jetzt dargestellt worden seien und die Frage nach der hoheren Wertigkeitsstufe des Wismuts fur unentschieden erklarenj). H u t c h i n s jr. und V i c t o r L e n h e r 6 ) kommen selbst zum Schlusse , daB Wismuthalogenverbindungen, in denen Wismut mehr als dreiwertig auftritt, nicht existenzfahig seien. Unsere Analysen zeigen, daW es sich in unserem Fall nur uni funfwertiges Wis- mut handeln kann.

Die Gewinnung von Edelmetallfluoriden ohne Zuhilfenahme von elementarem Fluor, die schon von den verschiedensten Forschern versucht worden ist, bemiihten wir uns, durch Umsetzung der Edel-

4) W e i n l a n d n. L a u e n s t e i n haben sich (Z. anorg. Chem. 20, 46) mit dieser Losung bereits be- xhiiftigt und einige der unten erwahnten Reak- tionen bereits beobachtet; doch ist ihnen der Nachweis ihres Gehaltes an f u n f wertigem Wis- mut einwandsfrei nicht gegluckt.

5) Z. anorg. Chem. 48,162, 298; 49, 43'2; 60, 210. 6 ) J. Sm. Chem. Soc. 29, 31-33.

Page 3: Über das Fluor und einige neuere Fluoride

XX. Jahrgan.6. Heft 29. 19. Jull 1907.1 Ruff: Uber das Fluor und einige neuere Fluoride. 1219

metallhalogenverbindungen mit wasserfreier FluB- slure, sowie durch Liken der Oxyde in KieselfluB- saure und Eindampfen dieser Losungen zu er- reichen. Aber die erstere lieB sich uberhaupt nicht erzielen, und was die letztere betrifft, so ist wie beim Bleitetrafluorid und Wismutpentafluorid auch bei den Silicofluoriden der Edelmetalle die hydroly- tische Dissoziation zu grofi, als daB es miiglich ware, sie aus wasseriger Losung zu erhalten. Auch Ver- suche zur Herstellung ihrer wasserfreien Doppelsalze haben bislang noch nicht zum Ziel gefuhrt. Gleich- wohl bleibt auf diesem Gebiet noch vie1 zu tun.

In einer weiteren Versuchsreihe nahmen wir alte Versuche von F r e m y wieder auf, der die Ein- wirkung von Chlor auf verschiedene Fluoride stu- dierte, verwandten jedoch hierbei ausschlieBlich wasserfreie Metallfluoride und f 1 ii s s i g e s Chlor. Die Mehrzahl dcr untersuchten Fluoride erwies sich auch dem flussigen Chlor gegenuber vollig indiffe- rent, wie dies F r e ni y und auch &I o i s s a n fur gasformiges festgestellt hatten, nur das Antimon- trifluorid nahm Chlor auf, hierbei die Verbindung (SbF,),SbCl, bildend, welche sich ohne besondere Miihewaltung in groIjerer Menge erhalten la&. (Vorgezeigt.) Diese Substanz diente uns zum Stu- dium der verschiedenen moglichen Antimonpenta- fluorid-8ntimonpentachlorid-Kombinationen, deren Untersuchung aber noch nicht vollig abgeschlossen ist; sie eignet sich aber auch zu mancherlei Um- setzungen, bei clenen wir sonst Antimonpentafluorid verwenden miifiten, wie z. B. zur Herstellung von An t i m on p e n t a f lu or i d n i t r o s y 1 f l u o r i d (vor- gezeigtj und unserem Nitrosylfluorid selbst und diirfte, da es sich leicht unter ausschlieBlicher Ver- wendung von GlasgefaWen herstellen l a B t , wohl noch groBere Bedeutnng gewinnen.

Neben allen diesen Versuchen, das elementare Fluor selbst auf bequemere Weise zu gewinnen, gingen unsere Bemuhungen, die Fluoridchemie be- sonders in der 4. und 5. Gruppe des periodischen Systems auf voin Fluor unabhangigen Wegen weiter auszubauen : So erhielten wir durch Umset,zung von Fluorsilber mit Nitrosylchlorid das farblose, bei -56" siedende N i t r o s y l f l u o r i d 7 ) , und in Gegenwart von Arsentrifluorid eine Ve r b i n d u n g des N i t r o s y l f l u o r i d s m i t d r s e n p e n - t a f 1 u o r i d das AsF,.NOF, dem ha logen der oben erwahnten Verbindung SbF,.NOF 8). WBh- rend das freie Nitrosylfluorid in seinen Reaktionen an das Fluor sclbst erinnert, sind die beiden letzt- genannten Verbindungen durch eine ganz besondere Restandigkeit gekennzeichnet.

Durch Umset'zung von Schwefelstickstoff niit etwas feuchter FluBsaure erhielten wir das bei -30 siedende T h j o n y l f l u o r i d 9 ) . Eine ganze Reihe von noch unbekannten Fluoriden aber er- hielten wir aus wasserfreier FluBsaure und den Halogenverbindungen der betreffenden Elemente.

Besonders leicht eiitxteht so aus Titantetra- chlorid und wasserfreier FluBsaure das T i t a n - t e t r a f 1 u o r i d 10) (Exp.): eine feste weiBe, bei

7 ) Z. anorg. Chem. 41, 190 (19031. 8) Noch nicht veroffentlicht. 9) Berl. Bcrichte 38, 549 (1905). lo) Berl. Brrichte 36, I777 (1903) u. 37, 673

(1904).

284", also hiiher als das Chlorid (136"), siedende Verbindung. Dieselbe dient'e uns wiederum ah Ausgangsmaterial fur die Herstellung von S i 1 i - c i u m f 1 u o r o f o r m aus Siliciumchloroformll). Dies ist ein farbloses Gas, das bei -800' siedet (F ca. -1 10 ") und sich mit Wasser zu Silicoameisen- saure umsetzt. Etwas schwieriger lieBen sich das bis dahin noch unbekannte wasserfreie Zinntetrafluorid und das Ant,imonpentafluoridl2) erhalten. Die Chlo- ride dieser Elemente mussen rnit wasserfreier FluB- saure viele Stunden lang am RiickfluBkiihler ge- kocht werden, ehe die Umsetzung vollstandig wird, indem die Reaktion uber eine Reihe von Zwischen- stufen fortschreitet. (Apparatur.) Das Z i n n - t e t r a f 1 u o r i d 13) ist eine weil3e bei 705 O destil- lierende Substanz, deren Umsetzungen wir eingehend studierten, ohne sie bisher veroffentlicht zu haben.

Das A n t i m o n p e n t a f lu o r i d14) ist diese farb- lose, dicke, bei 150 siedende Fliissigkeit, welche in ganz trockener Form das Glas nicht angreift und dank ihrer Reaktionsfahigkeit in der Pluorchemie besonders ausgedehnter Anwendung fahig ist. Mit Brom, Jod, Schwefel bildet es Verbindungen, mit Phosphor reagiert es unter Feuererscheinung.

Organische Substanzen werden meist sofort an- gegriffen und bei Zutritt von Luftfeuchtigkeit, auch verkohlt. (Exp. Benzol, Papier und Antimonpenta- fluorid). Mit den meisten Chloriden setzt es sich um zu den entsprechenden Fluoriden, so z. B. mit Wolf< ramhcxachorid zu W o l f r a m hexaf lu or i d , das bei +2,5" schmilzt und bei +19,5" siedet. Die Reakt'ion 1aBt sich in GlasgefaIjen ausfuhren. (Exp.) Das Wolframliexafluorid ist das schwerste bis jetzt bekannte Gas; es entsteht auch bei der Umsetzung von Arsentrifluorid und von wasserfreier Flus- saure mit Wolframhexachlorid; gegen Wasser und Reduktionsmittel jeder Art ist es iiberaus empfind- lich und wird dureh letztere zu einem niedrigeren blauen Fluorid reduziert. Indem wir auch das W o 1 f I' a m d i o x y d i f l u o r i d Wo If r a m - o x y t e t r a f 1 u o r i d aus den betreffenden Chlo- riden mit wasserfreier Flulkaure darstellten - erstercs allerdings nicht in reiner Form -, wurde die theoretisch vorauszusehende Reihe von Fluoriden des sechsw-ertigen Wolframs vervollstandigtl5).

Mit Arsentrifluorid setzt sich das Antimon- pentafluorid bei gleichzeitiger Gegenwart von Brom zu A r s e n p c n t a f l u o r i d l f i ) um, einem bei -80 ' schmelzenden, -53 siedenden Gase, das

und

11) Btil. Rerichte 38, 53 (1905). 12) In ;IT o i s s a n s Handbuch finclct sich bei

dntiinonpcntsfluorid die Notiz, da13 er dessen Bil- dung aus L4ntirr;on und Fluor nachgewiesen hatte (Bd. 11, 24); es ist das nicht richtig, denn er beob- achtete hierbei ein f e s t e s weifies Pluorid (,,Le Fluor", S. 207, 221, 228), wahrend Antimonpenta- fluorid eine Fliissigkeit ist. Es i s t natiirlich kein Zweifel, daB es sich aus den Elrmenten erhalten laBt, und unsere Experimente haben das durchaus bestatigt, aber das erste Produkt der Reaktion ist das Bifluorid, aus dem allmShlich die Verbindungen (SbF3),-,. SbF, hervorgehcn, und erst ganz lang- sam das flussige Pentafluorid.

13) Berl. Berichte 37, 681 (1904). 14) Berl. Berichte 37, 677 (1904); 39, 4310

15) Z. anorg. Chem. 52, 256 (1907). 16) Berl. Berichte 39, 67 (1906).

(1906).

153*

Page 4: Über das Fluor und einige neuere Fluoride

1220

X:NO,F NOF Kp-63,5" Kp-56O F--1390 F-134"

P:PF, POF3 PF, Kp-95" Kp--16' P--160" F--85"

As:AsF~ AsF5 Kp+63" Kp-53" ~--8,50 ~ - 8 0 n

[ Zeitschrift fur Graefe: Die Abteufarbeiten auf Schacht Hildesia. anzewandte Chemie.

Sb : SbF, ShF5 Kp 319O Kp 150°

Bi:BiF3 BiF, (nur in Losuilg)

V:VP, VF5 inur in (nnr in Liisung) Liisung)

sich ebenso wie die ubrigen von uns dargestellten Fluoride in Wasser unter Zersetzung leicht lost. (Vorgezeigt.) So ist es gelungen, wie die nachstehen- den Tabellen zeigen, in der 4. und 5. Gruppe die Mehrzahl der noch unbekannten einfachstcn Fluo- ride zu gewinnen.

F l u o r i d e d e r E l e m e n t e d e r IV. G r u p p e .

Kp-15" genauere Daten unlrekannt17) C : CFa , CF,H, CFZH,, CFH3

Hi : SiFI Si HFB

Ti :TiFI Ti,F, Kp-97 " Kp--80" F--110"

Ki, 400" [subl.) Zr : ZIF,

(dunkle Rotgl nt) Ge : GeP, Sn : GnPd SIlE',

17) Ihre Ermitt,lung haben w-ir in Aussicht genommen.

Fast jeder Erfolg auf diescm Gebict war er- neut ein Beweis dafiir, daW das Gesetz von der peri- odischen Abhiingigkeit der Eigenschaften der Ele- mente von ihrem Atomgewicht', auch fur ihre Ver- bindungen, einschlieBlich der Fluoride gilt.

Es wiirc noch manches uber mehr oder weniger gegluckte Versuche zu berichten, die wir angestellt, haben, um einen Fluorstickstoff, ein Chromylfluorid, ein Chromhexafluorid, ein Manganylfluorid zu ge- winnen. Ich kiinnte auch uber Versuche berichten, die so leicht zugingliche Fluorsulfonsaure ausgc- delinter zu verwerten u. a. m.; aber bei der Kiirze der Zeit mogen diese Versuche spateren Publikatio- nen vorbehalten bleiben, bei denen sie neben ande- pen, besser gegliickten, hoffentlich nur registriert zu werden brauchen.

Die Abteufarbeiten auf Schacht Hildesia.

Von Diplom - Ingenieur GRAEFE - Die& holzen.

Hochgeehrte Damen und Herren ! dls mir die &lit- teilung m r d e , daW fur die Tagung des dritten deut- schen Kalitages in Hildesheim die Besichtigung der Schachtanlage der Gewerkschaft Hildesia in das Programm aufgenommen sei und von der Reprasen- tanz des meiner technischen Leitung unterstellten V7erkes Einwendungen dagcgen nicht erhoben wur- den, beschlich sich meiner eine gewisse Sorge.

Icli war mir bewuBt, den hochgechrten Teil- nehmerinnen und Teilnehmern kein fertiges Kali- werk vorfuhren zu konnen, sondern erst ein solches, welches uber Tage der Vollendung harrt.

Meine hochgeehrten Herrschaften ! Sie miissen sich deshalb begnugen mit dem, was ich Ihnen in halbfertigem Zustand zu zeigen in der Lage bin. Ich habe versucht, Ihnen wenigstens im Bild eine Darstellung des in kurzer Zeit fertigen Werkes Hil- desia zu geben.

Die ersten bergmannischen Arbeiten der Ge- werkschaft Hildesia fallen in die Jahre 1894-1897. Es wurden in dieser Zeit in dem uber 10 preuOische Normalfeldcr groRen Terrain unserer Gesellschaft fiinf Diamantbohrungen ausgefiihrt, welche eine streichende Lange von 4600 m anfgeschlossen haben.

Es wurde zu weit fiihren, auch nicht in den Rahmen meines Vortrages gehoren, die cinzelnen Bohrresultate mitzuteilen. Es ist ja bekannt, daR aul3er sehr reinem Carnallit, Kainit , Sylvinit eine SylvinlagerstLtte von seltener Reinheit (92"/0 KC1) in uber 4 m starker Lagerung aufgeschlossen ist.

Ich habe in der kleinen Ausstellung von Salzcn aus unserem Schacht versucht, Ihnen einen Uber- blick iiber die Eigenart unserer Salze zu geben. d l s Ansatzpunkt fur unseren Gchacht wurde Diamant- bohrung Nr. I11 gewiihlt. Ich bitte gefalligst, hier- von Kenntnis zu nehmen, da wir interessante Wahr- nehmungen beim Schachtabteufen, wo wir bis zur jetzigen Teufe des Schachtes von 720 m das,Bohr- loch zu verfolgen Gelegenheit hatten, machten.

Nit dem Abteufen des Schachtes wurde am 18. November 1897 in kreisrunder Form mit einem lichten Durchmesser von 6200 mm begonnen. Der