theoretisches zur bestimmung der lebensdauer von schädlingen auf grund der anopheles-untersuchungen...

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Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdauer von Schadlingen auf Grund der Anopheles-Untersuchungen von Schiiffner und von Grassi. Von E. Martini. (hus dem Institut fur Schiffs- und Tropenkrankheiteu, Hamburg.) (Nit I hbbilduug.) ~ .. . In den letzten Jahren habeu die Arbeiteu aus dem Laboratorium fur Malaria-Uiitersuchung der Herren Schiiffner und Swellengrebel be- gonnen, die Epidemiologie der Malaria auf vollig esakte Grundlagen zu stellen, und mit Freude begrul3t man jede neue Arbeit des Instituts, die jedesmal einen erheblichen Fortschritt in der angegebenen Richtung be- deutet und daneben stets noch zum Nachdenken iiber eine Menge anderer Fragen anregt. Es ist daher auch wohl selbstverstandlich, da13, wenn man in einzelnen Piinkten glaubt, da13 die an sich richtigen Ergebnisse ver- kehrt verstanden werden kijnnten, man sofort zur Feder greift, um eine Aiissprache herbeizufiihren. Auf Seite 83 der Nededeelingen van den burgerlijken geneskundigen Dienst in Nederlandsch Indie gehen Schiiffner und Hylkema der Frage zu Leibe, wie gro0 die Sterblichkeit der Anopheles litdloui durch- schnittlich sei und ob sie Werte annehmen konne, welche den geringen Plasmodien-Index der Xucken erklaren wiirde. Sie iiberlegen folgenderrnaBen : Es wurde berechnet, daI3 23 Ol0 der Bevolkerung Halbmonde in geniigender Zahl hatten, urn Mucken infizieren zu konnen. Diese gehen auf die 57% Tropika-Infektionen unter der Be- volkerung zuruck. Liegen die Verhaltnisse riicksichtlich der Ganietenzahl bei der Tertiana sbenso, so sind bei 650/0 Gesamt-Malaria . .230/, = 260j0 der Bevolkerung infektiiise Gametentrager. Wiirden sich 100 o/o der Ludlowi -Mucken, welche an geeigneten Ciametentragern saugen, infizieren, so mixden von Mucken, die je einmal den Menschen gestochen haben, 26 Ol0 sich infizieren. Die Nachpriifung der Infizierbarkeit der Miicken an Ort und Stelle ergaben fur Tropika !);O/oi fur Tertiana 54OIO. Auf Grund dieser letzten Ziffer wird eine ge- ringfiigige Korrektion von 260/, auf 25 O/o rorgenommen. Es werden dann folgende Voraussetzungen gemacht: (5 5 .i 7 1. da13 die Niicken niir an Menschenblnt saugen, was mit den iirtlichen Verhaltnissen hcgriinrlet v:ird,

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Page 1: Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdauer von Schädlingen auf Grund der Anopheles-Untersuchungen von Schüffner und von Grassi

Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdauer von Schadlingen

auf Grund der Anopheles-Untersuchungen von Schiiffner und von Grassi.

Von

E. Martini. (hus dem Institut fur Schiffs- und Tropenkrankheiteu, Hamburg.)

(Nit I hbbilduug.) ~ .. .

In den letzten Jahren habeu die Arbeiteu aus dem Laboratorium fur Malaria-Uiitersuchung der Herren Schi i f fner und Swel lengrebe l be- gonnen, die Epidemiologie der Malaria auf vollig esakte Grundlagen zu stellen, und mit Freude begrul3t man jede neue Arbeit des Instituts, die jedesmal einen erheblichen Fortschritt in der angegebenen Richtung be- deutet und daneben stets noch zum Nachdenken iiber eine Menge anderer Fragen anregt. Es ist daher auch wohl selbstverstandlich, da13, wenn man in einzelnen Piinkten glaubt, da13 die an sich richtigen Ergebnisse ver- kehrt verstanden werden kijnnten, man sofort zur Feder greift, um eine Aiissprache herbeizufiihren.

Auf Seite 83 der Nededeelingen van den burgerlijken geneskundigen Dienst in Nederlandsch Indie gehen Schi i f fner und Hy lkema der Frage zu Leibe, wie gro0 die Sterblichkeit der Anopheles litdloui durch- schnittlich sei und ob sie Werte annehmen konne, welche den geringen Plasmodien-Index der Xucken erklaren wiirde.

Sie iiberlegen folgenderrnaBen : Es wurde berechnet, daI3 23 O l 0 der Bevolkerung Halbmonde in geniigender Zahl hatten, urn Mucken infizieren zu konnen. Diese gehen auf die 5 7 % Tropika-Infektionen unter der Be- volkerung zuruck. Liegen die Verhaltnisse riicksichtlich der Ganietenzahl

bei der Tertiana sbenso, so sind bei 650/0 Gesamt-Malaria . .230/, = 260j0

der Bevolkerung infektiiise Gametentrager. Wiirden sich 100 o/o der Ludlowi -Mucken, welche an geeigneten

Ciametentragern saugen, infizieren, so mixden von Mucken, die je einmal den Menschen gestochen haben, 26 Ol0 sich infizieren. Die Nachpriifung der Infizierbarkeit der Miicken an Ort und Stelle ergaben fur Tropika ! ) ;O /o i fur Tertiana 54OIO. Auf Grund dieser letzten Ziffer wird eine ge- ringfiigige Korrektion von 260/ , auf 25 O/o rorgenommen.

Es werden dann folgende Voraussetzungen gemacht:

(5 5 .i 7

1. da13 die Niicken niir an Menschenblnt saugen, was mit den iirtlichen Verhaltnissen hcgriinrlet v:ird,

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134 N a r t i n i :

2. daB die genannten Prozentsatze der Empfanglichkeit gegen Tropika und Tertiana (von denen uns leider nicht gesagt wird, aus welchen Zahlen sie ermittelt wurden, so darJ iiber ihren wahrscheinlichen Fehler kein Urteil moglich ist) auch bei sehr grol3en Zahlen richtig bleiben,

2. daB die Mucken durchschnittlich jeden zweiten Tag Blut saugen, 4. dalj die Cysten nach dreimal 24 Stunden nachweisbar werden, 5. daB in der Reobachtungszeit Gleichgewicht in den Verhaltnissen der

Miicken und ihrer Infektionen herrscht.

Es soll nun berechnet werden, wieviel Prozent nachweislich infizierte Mucken es geben wird. Die Gesamtzahl der Miicken wird ,,a" genannt, der tagliche Abgang ,,b", mithin, da Gleichgewicht, der tagliche Zugang an frischen Mucken ,b". - Habe ich nun eine Tagesklasse Jtiicken, welche

nach zweimal heute Blut saugen, so leben davon niorgen noch a

a + b' a2 a3

24 Stunden und nach dreimal 24 Stuuden ~ _ _ ~ - Tiiglich (a + b)? (a + b)3'

gehen nun zur Zahl der nachweislich infizierten solche zu, welche vor drei Tagen noch uninfiziert waren und damals Blut sogen. Es wareu das bei 60J0 Plasmodienindex der Niicken a . 0,94 . 1J2. da ja jeden zweiten Tag Blut genomnien werden sollte. An einem i n f e k t i o s e n GametentrHger gesogen haben also damals nnd konnten infektios werden

'1, a . 0,94. 250J0 = a . - Jetzt, drei Tage splter, lassen davon so viele

Plasniodiencysteii erkennen, als wirklich dreinml '24 Stunden iiberleben.

Diese Zahl mu13 den taglichen Verlust Das sind a . ~-

unter den 0.06 a nachweis l ich infizierten Miicken aufwiegen, der ja

0,94 S '

a3 0,94 8 * (i-+-b)'

\

gleich sein soll 0,06 a . a a3 Aus der Gleichung 0,94 a . (a +-by a + h'

a a + b

= 0,06 a -- - berechnen die Rutoren nun die %ah1 der taglich sterbenden

b = 0,69 a oder den Prozentsatz des taglichen Abganges = 6901,. . Hierzn mogen ein paar Benierkungen gestattet sein.

1. Der Prozentsatz der Gametentrager ist nicbt ganz hoch genug berechnet. Aus Seite 79 ergibt sich, da13 570/, Tropika, 2801, Tertiaaa, im ganzen

Malaria in 650Jo der Be-rolkernng oorlagen. Es mussen also l o o / , Misch-

infektionen d:igewesen sein. Von diesen werden natiirlich 23 OJ0 - = 4 o,'o

achon infolge ihrer zahlreichen Tropika-Gameten infcktiijs sein, die ubrigeu 6 OJ0 konnten aber noch infolge ihrer Tertiana infektiijs gewesen sein. Diese 60J0 miifiten also zu den 1SO/, reiner Tertiana hinzugeziihlt werden

= 240/,, von denen dann wieder - geniigend reiche Gametentrager

10 57

23 57

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Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdaucr \-on Schadlingen. 135

24 wiiren. 23 O i 0 ri? = 10 o/o. Von den saugenden Miicken wiirde an Tropika

insgesamt also an Menschen bei einmaligeni infiziert - - - - ~ an Tertinna

Stechen 23O/, . - . + loo/, . - = 27,7°/0 oder rund 28O/,. Der Unter-

schied dieser Berechnung gegenuber der von den Autoren gegebenen, ist, wie man sieht, im Erfolg a d e r s t klein und vielleicht deshalb die um- standliche Berechnung'von ihrien vermieden, doch hielt ich es fiir richtiger, auf diesen Punkt einzugehen, damit aus ihm nicht von aiiderer Seite Widerspruch gegen die Stichhaltigkeit der Ergebnisse erhoben werden kann.

2. Nahmen die Autoren aelbst in,einer kurzen Besprechung der Pehler- quellen ihres Anschlages an, daB die Zahl der Miicken, die jeden Tag Rlut saugen, kleiner sein wird, namlich nur 1/3. Es 1aBt sic11 das natiir- Aich nicht mit Bestimmtheit entscheiden, aber nach Se l las Beobachtungen 1920 wiirde man etwa folgendes erwarten:

Nachdem die Miicke ausgeschliipft ist, begattet sie sich und fliegt wohl schon am selben Abend zum Blntsaugen. Zum Verdauen braucht sie nicht ganz zweiinal 24 Stunden, gleichzeitig sind die Eier gereift, sie fliegt dann zur Eiablage und kommt erst in der auf die Ablageuacht folgenden Nacht wieder zum Saugen. Schliipftag, Begattung, Saugenacht, Terdauungsnacht, Legenacht, Saugenacht

usw., so daB zwischen einer und der anderen Mahlzeit 3 x 2 4 Stunden durch- schnittlich wenigstens liegen wurden. Es wurde dann die Zahl in den An- satzen an Stelle zii verwerten sein, was natiirlich nicht bedeutungslos ist.

Anm.: Ich verwandte die zur Zeit wohl besten Beobachtungen iiber diese Frage, welche vorliegen, mu13 aber bemerken, daB in meinem Laboratorium gerade in diesen Tagen von meiner Laboratoriumsgehilfin Frl. Rieck beobachtet ist, da13 dieselben bifurcatus 3 Tagc hintereinander staclicn und sich ganz vollsogen, ehe das alte Blut ganz verdaut war. Solche Falle tggiichen Saugens scheinen danach doch haufiger zu sein als gewohn- lich angenommen wird.

3. Der Einschriinkungsfaktor der Nuckenzahl durch den Tod ist a a - b meiner Meinung nach nicht --, sondern __-- . Habe ich z. B. am

a + b a SchluB von Tag 1 (oder Beginn von Nacht 2 ) 100 Niicken, und ist 69% Abgang in 24 Stunden richtig, so habe jch zu Beginn von Nacht 3 von

97 .54 . 100'

9 i 54 100 100

100'

1 2 3 4

100 - 69 100 diesen 100 Mucken noch 31, das ist aber 100 x -__- = a .

a 100 a + b 100 + 69

und nicht a . _- = 100 . - -- = .59.

a - b a

-_ -

Selbstverstandlich ist an sich die Richtigkeit des Gedaukenganges nicht beriihrt, der zu der Erkenntnis fiihrte, da13 nnd wie sich aus den1 Plasmodien-Index der Stechmiicken ein SchluB auf ihren durchschnittlicheu Abgang machen laBt, es ist allerdings notwendig fiir mich die Uberlegungen weiterhin mit beiden GroBen durchzufuhren.

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Ya r t i n i : 136

Unter Beriicksichtigung von Bemerkuug 1-3 lautet unser Ansatz 35 a - b 3 b

3 a . a . . ( a--) - 0,06 a . = 0. Diese Gleichung la13t sich durch 0,94 . .

a - b a

a dividieren, nennt man ferner den Ausdruck - --, also den Teil einer

Tagesklasse, welche 24 Stunden iiberlebt , ,,2L (<frJYtfi<) in Gegensatz zii

= ,,6" ( 3 u ~ ~ o v r ~ c ) , so 1aBt sich die Gleichung umformen in 33- 3 F' h a + 3,6839 9 - 1 = 9. Die Wurzel dieser Gleichung findet man gleich 0,37, dementsprechend wird der Prozentsatz der einen Tag Uterlebenden 63O/, oder C= 0,63.

Anm.: Die hier als ,,a' und ,,c' eingefiihrten Begriffe sind in der Versicherungs- rechnung sehr wichtig, dort aber entsprechend der groleren Lebensdauer des Menschen woht meist auf 1 Jahr bezogen. Sie heilen ,,Sterbenswahrscheinlichkeit'. und ,,Lebens- nahrscheinlichkeiP z. B. einer bestimmten Jahresklasse.

Was nun die Autoren zeigen wollten, ist zweifellos richtig, namlich daB es eine tagliche Sterbenswahrscheinlichkeit der Miicken gibt, die a l l e in die geringe Zahl der infizierten Miicken erklart, ohne daB man sonst besondere Verhaltnisse heranzuziehen braucht. Selbstverstandlich sollte damit nicht gesagt sein, daB diese Sterblichkeitsziffer wirklich ist und daQ man sich folglich mit ihr beruhigen konne. Nun gibt es in der Tat einige Wege, um die Wirklichkeit dieser Zahl auf ihre Wahrscheinlichkeit zu priifen.

Es IaBt sich namlich untersuchen: I. Stimmt ein angenommenes 3 mit der Erhaltung der Miicken-

art im Gleichgewicht iiberein 3 11. Stimmt die Annahme des 4 mit der Zahl der infel i t'" losen

Xiickenstiche iiberein, welche wir annehmen miissen ? 111. Stimmt das angenomniene 3 leidlich zu Grassis Beobacli-

tungen iiber die Lebensdauer der Anophelen :?

I. Wir miissen hier ausgehen yon dem Vermehrungswert des einzelneu

Weibchens, wie ich diesen in meiner Arbeit 1917 begriindet habe. Dort handelt es sich um Lause. Wenn ein Weibchen iin Leben giinatigenfalls 200 Eier ablegen kann und also in der niichsten Generation 200 er- wachsene Wachkorumen haben k a n n , von denen rund 100 wieder Weibchen sein mogen , wieviele Weibchen der naehsten Generation werden dann du rchschn i t t l i ch einem Weibchen entstammen? D. h. unter Beriick- sichtigung der regelmagig vorkomnienden Vernichtungsziffern auf den verschiedepen Stadien. Es ist klar, daB, wenn ich die Frage etwa auf die Nonnenfalter anwende, in einem Walde, wo Jahr fur Jahr ungefiihr die gleiche Zahl fliegt, daQ diese Ziffer 1 ist, in der Zeit einer Zunahnie der SchPdlinge wird sie groBer, in der Zeit der Abnahme kleiner sein.

Diese ganz einfache Uberlegung beweist das Irrefiihrende aller Ue- hauptungen, wie die : Mit Totschlagen einer Miicke schliige ich implicite in der nachsten Generation 200, in der iibernachsten 20000 tot usw..

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Theoretische\ zur Restitiiruung der Lebensdaiier von Schadlingen. 137

dann hatte AdEm, als er aus dem Paradiese vertrieben, die erste Mucke erschlug, was doch wohl vorgekomnien sein durfte, implicite alle Mucken der Welt erschlagen. In Zeiten der Zunahme schlagt man fur die nachsten Generationen hiichstens etwas mehr als 1, bei abnehmender Plage sicher weniger als 1 durchschnittlich tot. (Vgl. ubrigens uber den sicher ein- tretenden volligen Ausgleich SIar t ini 1921, Kap. VIIL) Diese Zunahme oder Abnahme hangt davon ab, wie gro13 im Laufe einer vollen Generation voii Geburt des Weibchens bis zur Geburt des Weibchens der Abgang ist, und es mu13 dabei auch berechnet werden, daB die Eier nicht alle gleich- zeitig gelegt werden, sondern nacheinander und die Zahl der legenden Weib- chen auch in der Legeperiode durch nichtphysiologischen Tod sicher zuriick- geht. Man kann den Vermehrungswert eines Tieres in zwei Abteilungen zer- legen. den Weibchenwert des Eies ,,y" und den Eierwert des Weibchens ,,d.

Legt eine Niicke in einem Gelege 200 Eier, davon 100 weibliche, uud gehen auf dem Ei-, Larven- und Puppenstadium niir die Hdfte zu- grunde, so ist der Weibchenwert (,,yLC) von 200 Eiern 50 oder von einem Ei y = 0,25. Nehmen wir nun wie oben an, daB ein Weibcheu in der dritten Nacht zur Eiablage komrct und nehmen mir an, da13 in dieser Zeit von 100 Weibchen noch 2 leben und also zusammen 400 Eier legen,

400 so ist der Eiwert eines jungfraulichen Weibchens w - = 4 und der 100

Vermehrungswert = Weibchenwert des Eies x Eiwert des Weibchens = 4 x 0,25 = 1. Ganz allgeniein gilt der Satz, daB, menn Gleichgewicht herrscht, w . y = 1 ist. ( t j y > 1 bedeutet Zunahme, toy < 1 Abnahme des Srtbestandes. Nehmen wir an, daB bis ziir ersten Eiablage von der Gebort drei Tage vergehen und dann immer drei Tage bis zur nachsten Eiablage, so

wiirden von 100 Weibchen die zweite Eiablage erleben 4. loo, also ein so geringer Bruchteil, da13 die zweite Eiablage ~berhaupt nicht mit in Rech- nung gesetzt werden braucht und erst recht nicht die dritte. Das macht .;chon wahrscheinlich, da13 die als Beispiel gewahlten Zahlen nicht der Wirk- lichkeit entsprechen, denn wozu sollte die Natur dann den Mucken die Mog- lichkeit zu drei oder vielleicht noch mehr Sltzen Eiern gegeben haben.

Der Eiwert des Weibchens ist offenbar 200 <3. Dies gleich 4 gcsetzt, 1

wie grog ist dann <. Der Ansatz lautet Ci= oder :'= 0,27. Unter 50 den gemachteri Voraussetzungen wiirde also sogar noch bei einer Sterbens- wahrscheinlichkeit yon 0,73 der Artbestand in1 Gleichgewicht bleiben.

Mir scheint aber ein wesentlich hoherer Abgang an Larven, Eiern und Puppen wahrscheinlich. Denken wir einmal, daB hier nur l/lo uber- leben, dann wird der Weibchenwert des Eies=0,05, der Eiwert des jungen Weibchens = 20 nnd < d = 0,1, <= 0,46 und 4 = 0,54. Mau kann sich von den] Weibchenwert des Eies eiue annahernde Vorstellung machen aus dem Verhaltnis der Hiiufigkeit junger Larven zur Hanfigkeit

4

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X a r t i n i : 138

der Puppen, die man in den Gewassern findet, und da bin ich allerdings geneigt, noch y=O,O5 fur giinstig zu erachten unter den hiesigen Ver- haltnissen. Das wiirde gegen die Wirklichkeit der Schiif fnerschen Sterbenswahrscheinlichkeit ron 69 O/o sprechen. Wie verhllt sich diese Zahl, wenn man die anderen Werte namlich 3 = 0,37 und also <= 0,63 zugrunde legt. Der Eiwert des Weibchens ist ja nach den gemachten Annahmen 200 ,;3 + 200 56 + 200 <!’ usw., was dasselbe ist wie

1 - t s 1 1

1 - p - 200C3 - - Da wir alle Gelege, welche noch vou einer beachtlichen

Anzahl Weibchen abgesetzt werden, mit rechnen , also ,pi‘ so groS wahlen, daB cjn klein genug wird, um vernachlassigt zu werden, so ist

200 5 3

] - L 3 ’ , , 1 , p = __ Fur <= 0,63 wird 5 3 = 0,25 und I?) = 66,66 und da y . IO

= 1 sein soli, y = 0,03. Nun ist ja die Uberlebenswahrscheinlichkeit der Eier zur Imago doppeIt so grolj wie der Weibchenwert, er wird also gleich -0,06 fur die Gesamtentwiclilung. Rechnet man diese zu 12 Tagen und nimmt die Gefahrdung aller Jugendstufen gleich grolj an, so ergibt sich als Lebenswahrscheinlichkeit fiir den Tag O,O(i ’ /~~ = 79,l o/o. Die tagliche Sterbenswahrscheinlichkeit der Brut wird dann rund lf5. eine Beineswegs unwahrscheinliche Zahl.

11. Von einer Tagesklasse Weibchen werden wieviele infektios unter den

obigen und der meiteren Annahme, daB das Weibchen in 10 x 24 Stunden nach der Iufektion bereits Sichelkeime hat, was mir wieder e k e recht giinstige Annahme zu sein scheint.

Offenbar leben dann noch 510 a Miicken. 5= 0,31 gesetzt, ergibt das < Lo = 0,0000082 oder : Auf 100 000 infizierte Anopheles-Weibchen erreicht kaum eines den Zustand der Speicheldriiseninfektiou. Da nun die in- fizierten nur ungefahr einer Tagesklasse mnchen und wir annehmen wollen, daB nach dieser Zeit der physiologische Tod noch eine Anzahl Tage auf sich warten la&, wird in einer gegebenen Amphiles-Bevolkerung die Zahl der Speicheldriiseninfektionen uuter den Weibchen ziemlich genau

auf 1 Million, denn die Reihensumniierungen zur Berechnung der Ge- samtzahlen der gleichzeitig vorhandenen Anophelen End der gleichzeitig Torhandenen Speicheldriiseninfektionen auf Grund der Tageslrlasst?q er- geben jede ungefahr das gleiche Vielfache des ersten Gliedes, in unseren Beispielen annahernd das 1,45 fache. Tritt der physiologische Tod nach dem 10. Tage schon sehr bald ein, so wiirde das Verhaltnis der Speichel- driiseninfektionen noch etwas ungiinstiger werden. Dan also nur, wer annahernd 300 Muckenstiche durchschnittlich jede Nacht durch das ganze Jahr erhalt, Aussicht hat, im Laufe eines Jahres infiziert zu werden, spricht wieder gegen die Wirklichkeit der Schiiffnerschen Zahl.

Wenn nicht die Entwicklung der Plasmodien in der besonders giinstigen Miicke und bei gunstigem Rlima wesentlich rascher geht, mufi

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Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdauer von Schadliugen. 239

Bur Erklarung einer Malaria-Epidemie eine vie1 geringere Sterblichkeit der Miicken angenonimen werden.

Piir die zweite Zahlenreihe ergibt sich ;lo = 0,00985 oder es wiirde rund l!loo der infizierten Mucken, welche an einem infektiosen Menschen gesogen haben, ansteckend werden. Gehen wir von einer Tagesklasse anf die Gesamtbevolkerung an Miicken iiber, die bei einer physiologischen Lebensdauer von n Tagen aus n Tagesklassen zusammengesetzt ist, von denen jede altere urn { kleiner als die einen Tag jiingere ist, und ist a der durchschnittliche Anfangswert einer Tagesklasse, so wird die Summe der-

1-cr" selbeu a --I und die Summe der 10 Tage oder mehr alten

I - & 1 - < n - 1 0

a :lo - ~ , . Macht man weiter die Annahme, daB n so groR ist, dal3

5"- lo klein gecug wird, urn in1 Rahmen unserer Rechnung vernachlassigt zu werden (z. B. n = 2 0 oder mehr), dann ist die Zahl der iiber 10 Tage alten Miicken im Verhaltnis zu der Zahl der Mucken iiberhaupt

1--i

Von diesen Miicken sogen ja aber nur 48/100 niit Erfdg an einem iu- fektiosen Menschen, so da13 die Wirkung der ersten Blutmahlzeit allein einen Prozentsatz roo 0,285'0 bedingt. Da aber auch der zweite Stich nach 3 Tagen, der dritte nach 6 Tagen usw. von Badeutung ist, jedoch r o n geringerer, da der zweite Stich ja urn bei a t3, der dritte bei a c 6 Miicken vorkommt, so mu13 0,28 Y l O noch mit der Reihe 1 + Q3 + c 6 nsm. multipliziert werden oder wie aus der Recbnung (S. 5) ethellt, mit Der Satz infektioser Miicken wiirde bei dieser Annahme gefunden zu '8/75 <lo = 0,003671 oder rund 40/,, der gesaniten jeweils vorhandeneu 31 iickenbevolkerung.

Unter Beriicksichtigung der Anmerkung S. 3 kommen wir noch zu hoheren %iffern. Wenn namlich im extremen Falle angenonimen werden konnte, da13 jede Miicke jeden Tag saugt, so ist natiirlich an Stelle von

niultiplizieren. Das Endergebnis wiirde also uugefahr doppelt SO groR. Aber auch bei der Schiiffnerschen ZahI c=0,31 wird diese Summe grol3 genug, daB wir sie beriicksichtigen miissen, namlich '0°j69 oder rund 1 d. h. wir brauchton statt 300 Miickenstiche pro Bacht nur 200 zu fordern. um leidlich sichere Infektionen im Lanfe des Jahres zu erhalten. Die HauptschluBfolgerung wird dadurch, wie man sieht, nicht beriihrt. Das Richtige wird wohl irgendwo zwischen den beiden hier dnrchgefuhrteu schematiachen Verhiiltnissen liegen.

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140 M a r t i n i :

Das wurde also bedeuten, daB durchschnittlich jeder 125. ilnopheles- stich Nalaria bringt. Es ist ja zweifellos noch vie1 im Vergleich mit jenen Fallen, wo, wie meist in Malariagegenden, kauni mehr als So/, der Nucken infiziert gefunden werden.

\Venn nun auch bei diesen, lediglich zu Beispielszivecken durch- gefiihrten Rechnungen Ergebnisse erhalten werden, welche wiederum gut zu den allgemeinen Anschauungen der Malaria- und Miickenkunde, soweit solche bisher vorliegen, zu stimmen scheinen, und die daher dafur sprechen, da13 die ubrigen Voraussetzungen, von denen Schuf fne r und Hy lkema ausgingen, ziemlich richtig sein werden, so diirfen wir doch nicht unter- lassen, zii unterstreichen, da13

1. die Rechnung stark schernatisiert ist, 2. die Annahme von 10 Tagen bis zur Sichelkeimentwicklung fur

3. Zahlen, wie 6 0 1 , infizierte Anophelen einen sehr erheblichen

und da13 aus allen diesen Griinden irgendwelche Sicherheit den gewonnenen Ergehnissen nicht zukommt. Die 40/00 infektioser Muckeu konnten auch So/, , oder 2 O/,, sein. Wahrscheinlich sogar ebensogut noch weit mehr oder noch weit weniger.

Die Aufstellnng solcher Rechnungen aber legt zugleich - und das ist einer der wichtigsten Erfolge der Schuffnerschen Bestrebung - diejenigen Angaben klar, welche mit moglichster Genauigkeit ermittelt werden mussen, um unserm Urteil in Malariafragen eine sichere Grundlage zii geben. Ein solcher Wert ist zweifellos der naturliche Plasmodien- index der Niicken. Er ist aber auch ungeheuer miihselig zu bestimmen.

111. Grassi hat .insgesamt rund 10000 gefarbte Mucken in mehreren Ver-

suchen ausgesetzt und gesehen, wieviele er wiederfangen konnte. Xach dem 14. Tage gelang es in keinem Falle mehr. Wahrend wir nun bei den bis- herigen Betrachtungen mit Tagesklasseii und nicht physiologischer Sterblich- keit rechneten, spielt hier auch die physiologische Sterblichkeit eine Rolle, und das Ausgangsniaterial ist eine Nischung verschiedener Altersklassen.

Die Zahlen , welche auf Crund scheniatischer Berechnungen nach 1 mal, 2 mal, n ma1 24 Stunden von 10 000 Anophelen gleicher Tagesklasse noch ubrig sein muBten bei Zugrundelegung der Schuffnerschen (Rubrik und Kurve IV) und mit unserer (Rubrik und Kurve I) Annahme iiber die Lebenswahrscheinlichkeit, ergeben die untenstehenden Tabellen und Kurven.

Man sieht ohne weiteres, dn13 Spalte und Kurve 'I nur dann ZII

Grass i s Zahl passen, wenn man annimmt, daB iu den spiiteren Fangen nur noch etwa 1,/6-1/lo der wirklich iiherlebenden gefarbten Mucken gc- fangen ware. Es ist aber nach der Darstellung des Autors keineswegs un\\,ahrscheinlich, daR dieser Satz doch hoher ist. Die JV. Kurve, tler

die dortigen. Verhaltnisse einer Nnchprufung bedurfen,

mittleren Fehler haben,

(Siehe Tabelle auf S. 141.)

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Theoretisches zur Bestimmung der Lebensdauer von Schadlingen. 141

Muckenzahlen am n t e n Tage U I I1 0 10 000 10 000 1 6 300 6 296 2 3 969 3 963 3 2 500 2 492 4 1575 1.566 5 995 98ti 6 627 618 7 395 385 S 249 239 9 157 141

10 99 s9 11 62 52 12 39 , 29 13 25 15 14 1 6 6 15 10 0 16 6 - 4 17 4 18 2 19 2 20 1 21 1 22 0 23 24 25 26

bei Voraussetzung I-IV 111 IV

10 000 10 000 6 740 3 100 4.543 961 3 062 298 2 064 92 1391 29

938 9 632 3 426 1 287 0 193 130 88 59 40 “7 18 12 8 6 4

2 1 1 1 0

’1 J

ja die Schuffnersche Zahl zugrunde liegt, wiirde bereits vor deiu 10. Tage keine lebende Miicke von 10 000 mehr iibrig lassen, also unter keinen Umstanden zii den Ergebnissen von Grassi l ) stimmen.

Wie andert sich die Kurve, wenn die physiologische Sterblichkeit mit berucksichtigt wird? Die kleinste durchschnittliche physiologische Lebens- dauer, welche mir die Beobachtungen von Grassi unter seinen Verhiilt- nissen anzunehmen crlaubt, scheint mir 14 Tage. Wir machen also die Annahme, der physiologische Tod wiirde ein Anopheles durchschnittlich am 15. Tage nach seiner erstmaligen Ankunft in einer Stallung usw. ereilen.

Selbstverstandlich durchschnittlich. Wurde ich eine Tagesklasse be- obachten konnen, so wiirden wahrscheinlich die ersten schon wegen Ab- lauf ihres Lebenskreises etwa nach 11 Tagen, andere vielleicht erst nach 18 oder 19 sterben. Dazwischen liegen aber die Tage, an denen der Abgang durch naturlichen Tod besonders pol3 ist. . - ..

l) Fur Italien.

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142 M a r t i n i :

Denkt man sich die starken Abgange durch gewaltsamen Tod rechne- risch ausgeglichen , so werden sich die physiologischen Todesfalle wahr- scheinlich etwa nach Art einer Zufallskurce verteilen und wir konnteu vielleicht annehmen, daB der Mittelwert derselben zwischen 14 ma1 und 15 ma1 24 Stunden liegen wurde. Ini folgenden mu13 wieder schematisiert werden, urn die Rechnung durchfuhren zu konnen. Es wird deshalb ge- rechnet, als ob die gesamte Tagesklasse im Augenblick eben dieses Nittel- wertes dem physiologischen Tode verfiele.

d u s den oben durchgefuhrten Berechnungen ergibt sich schou, da13 man die Gesamtzahl gleichzeitig lebender Anophelen A als Summe der frischesten Tagesklasse und der Reste der alteren auffassen kann und sofern man alle Tagesklassen ursprunglich gleich annimmt, folgenrle Gleichung zustande kommt :

iu der A die Gesamtzahl der zugleich vorhandenen Mucken, a die ur- sprungliche Starke einer Tagesklasse und n die Tage bis zum physio- logischen Tode bedeutet. Wurde nun die letzte vorhandene Tagesklasse die sein, welche 14 Tage vorher geboren wurde, da die nachstaltere ja schon natiirlichen Todes verstorben mare, so wiirde bei der Annahnie <== 0,63 und A = 10 000, a = 3704 sein, davon waren am 14. Tage noch ubrig a . ;14= 3704 : 0,0016 = 5,93 oder rund 6. Diese Ziffer bezeichnet also denjenigen Anteil an einer Muckenmenge von 10000 aus allen Alters- klassen gemischten Stucken, welche jeweils die alteste Klasse ausmacht oder diejenige Zahl, welche in 24 Stunden natiirlichen Todes verstirbt.

Es lehen nach 1 Tag daher (10 000 - 6) 0,6;1, nach 2 Tagon [(lo 000 -6) 0,63- 61 0,63, nach 3 Tagen ( [ ( l O O O O - 6) 0,63- 61 0,63 - 6 1 0,63 nach n Tagen { [(A - p) ;-- p1<- p ) C usw. II ma1

Hier bedeutet A 'die Gesamtzahl gleichzeitiger Miicken, p die Starke der altesten Tagesklasse unter h e n = der %ah1 derer, welche taglich der psysiologische Tod ereilt, 5 die Uberlebenswahrscheinlichkeit und n die Zahl der Tage.

Das ergibt fur die ersten 16 Tage berechnet die'Spaltc I1 der oben- stehenden Tabelle und Kurve I1 der Nebenabbildung.

Man versteht leicht. daW in der Bauptkurve, in dcr eine ULicke nur I/(;,, nim ist, die Unterschiede beider Kurven, die sich also allmahlich auf I/,; mm voneinander ent- fernen. nicht einzutragen gewesen waren.

Die Nebenfigur stellt den Verlauf der Kurve vom 8. Tage ab urn das 20fache uberhoht dar, 1 Mucke I/:, mm. In diesem Raum folgen die Zahlen bei Berucksichtigung der natur- lichen Sterblichkeit, untere Kurve, der oberen Kurve annahernd genau auf 31/3 mm Abstand. Die x-Achse wird daher nicht asymptotisch erreicht, sondern in Punkt 15 geachnitten.

Bei Bcriicksichtigung der Tatsachen, daW das physiologische Absterben einer Alters- klasse sich uber mehrere Tage verteilt, wurde die Kurve TI noch etwas tiefer liegen,

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Theoretisches z w Bestimniung der Lebensdauer von Schadlingen. 143

ciafiir aber am aulersteo Ende die schematische Kurve schneiden und tangential an die x-Achse herantreten. Ila der Nebenfigur.

Wiirde der physiologische Tod erst spater eintreten, so wiirde die 11. Kurve sich der I. noch mehr nahern z. B., wenn derselbe erst zwischen 19. und 20. Tag eintrate, auch

1(~900

4ULO

2m

1603

1200

800

400

I 2 .$ 4 2 lj T S 9 10 11 12 13 14 16 16 1T .lbb. 1.

in der Nebenzeichnung auf mm. Wurde er im Durchschriitt schon am 13.-14. Tage eintreten, so wurde die schematische Kurve I1 bereits zwischen 13 und 14 die NullKnie schneiden und der Abstand von der I. Kurve wiirde zuletzt ungefahr 5 mm sein usw.

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144 M a r t i n i :

Fur den Yergleich von Grassis Zahlen mit den ~orliegenden schema- tischen Rechnungen ergeben sich folgende Schwierigkeiten.

1. Wir wissen nicht, ob das, da13 wir nach Schuffners Beobachtungeu vermuteten, auch fur Italien zutrifft? Man muBte das fur Maccarese j a an sich leicht aus je zwei aufeinander folgenden Fangen Grassis er- mitteln kiinnen, deren Quotient es sein mul3te (man vergleiche die obigeu Zahlenreihen). Das ist aber mit der notigen Genauigkeit (trotz der physio- logischen Sterblichkeit) nur bei Pangen aus den ersten Tagen der Fall, hochstens etwa bis zum 8. (Fehler bis rund 1 in der zweiten Stelle). Auch wird nur in diesen Fangen die Zahl groB genug sein, daIl nicht der Zufnll sehr erhebliche Fehler in die Rechnung bringt. Gerade solche Zahlen, ohne Unterschied des Raumes, gefangen in den Tagen etwa V O ~

3-8, fehlen aber in den Versuchen von Grass i fast ganz. Am ehesteu scheinen noch die Zahlen des Versuches 13 geeignet. Es ergeben sich

16. X. 17. X. 18. x. 19. x. 15. x. 1 b. x. 17. x.

aus i/g$ = 0,65

aus--- = 0,82, aus ~ T- - = 0,67, aus - - - ~ = 0,83, ails = 0,40,

Der Mittelwert ware 0,67. Diese Lebenswahrscheinlichkeit ware etwas griil3er als die von uns angenommene. Man mu13 aber bedenken, da13 nach Art des Versuches ein Zuwandern im Verlauf der Tage moglich ist, also die wirkliche Uberlebenswahrscheinlichkeit kleiner gewesen sein wird, ferner da13 bei den sehr kleinen Zahlen die FehlergroSe der Berechnung aullerordentlich groR ist.

Wahrend es an sich moglich sein mull, durch sehr gro13e Versuche die Lebenswabrscheinlichkeit auf diesem Wege recht genau zu ermitteln nnd dann auch rechnerische Ruckschlusse auf die natiirliche Sterblichkeit zu ziehen, indem man aus der Sumrne der zur Zeichnung von Kurve I1 fiihrenden Reihe p ausrechnet, kann man also zurzeit nur sagen, daB, soweit sich ails diesen Angaben beurteilen IaBt, es moglich ist, da13 die Zahlen fur Italien nicht sehr weit von denen Niederlandisch-Indiens entferiit liegen.

N. B. Ob die Sterbenswahrscheinlichkeit in verschiedenen Jabreszeiten sehr ver- schieden ist, ist fraglich. Die grofleren Gefahren diirften auf den Fliigen zur Eiablago und wieder zurn Stall bestehen und diese werden ja rnit Verlangerung des Lebens durch Kalte auch relativ seltener.

2. Zahlt man die Pange der spateren Tage, welche ja in allen Ver- suchen ermittelt sind, zusammen, so erhalt man

VII VIII 1s s XI XI1 XI11 SIV 33 11 9 S 3 2 1 3 3 3 11 9 ti 3 1 0 1

Die untere Reihe enthalt die Ergebnisse unter Weglassung von Versuch 6, bei dem Angaben uber Tag VII, VIM, IX fehlen, durfte also vorzuziehen sein.

Auch hier sind die Zahlen so klein, da13 die zufalligen Fehler eine siqhere Beurteilung nicht zulassen. AuBerdern fehlt jeder Anhalt, wic grolj die Zahl der gefangenen gefarbten Stucke im Verhaltnis der Gesamt-

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Theoretisches zur Bestimtnung der Lebensdauer von Schiidlingen. 145

zahl der vorhandenen ist, mit welcher Zahl man also die oben angefuhrte Reihe multiplizieren muB, um Werte zu bekomnien, welche sich rnit den Kurven vergleichen lassen. Ich habe 20 gewahlt, weil dadurch die Ordinaten eine ahnliche GroBe wie die der Kurven gewinnen. Man sieht, dabin der Tat die Zahlen Grassis (kleine Kreuze der Nebenfigur) rnit aller nur wiinschens- werten Genauigkeit um die beiden Kurven I und I1 fallen, deren Unter- schied allerdings so gering ist im Verhaltnis zu den Zufalligkeiten der Pangsahlen, das sich nicht sagen lli13t, welche besser zu den Tatsachen pafit.

Auch muB beachtet werden, daB bei einer Uberhohung der Fangkurve ,urn das 20fache die Voraussetsung ist, daB ein nicht unerheblicher Prozent- satz der wirklich noch vorhandenen gefarbten Stucke gefangen wird, mithin der Abgang durch Fang auch EinfluB aaf die Rurve gewinnt, d. h. in dem durch nicht physiologischen Tod abgehenden bereits enthalten sein muS, so daB fur den nicht physiologischen Tod unter natiirlichen Verhaltnissen doch &was Bleinere Zahlen angenommen werden miiBten. Hier liegt fur weitere statistische Untersuchungen eine gewisse, aber iiberwindbare Schwicrigkeit.

Man ist vielleicht der Yeinung, daB mit solchen Uberhohungen jede Kurve fur ein gegebenes Tatsachenmaterial passend gemacht werden kann. Das ist keineswegs der Fall. Nehme ich die anscheinend nur wenig abweichende Zahl 5 = 0,674, welche wir oben aus , G r a s s i s Versuch 13 berechneten, und iiberhohe sie so, daS diese Kurve I11 den Punkt .auf der Ordinate 11 mit der Kurve I gemein hat, so sieht man sofort, d d sie vor diesem Punkt unterhalb. hinter demselhen oberhalb von I verlauft und zu den gefundeneu I'unkten nach G r a s s i s Beobachtungen schlechter liegt. Wiirde ich die Ordinaten der letztercn rnit einem echten Bruch oder die der Kurve I11 rnit einem unechten multipli- zieren, um im vorderen Teil bessere obereinstimmung zu erhalten, so wiirde es hinten urn so schlechter werden und umgekehrt. Auch d i e Bcriicksicbtigung der physiologischen Sterblichkeit, welche nirgends mehr als 4 mm abwarts ergeben wurde, wiirde dies Verhaltnis nicht ausreichend bessern. Wir vermuteten eben ja aber schon auf Grund allgemeiner Uberleguugen, da13 der berechnete Wer t 0,674 zu hoch sein wiirde, das eben wird hestatigt dadurch, daB die Kurve 111 zu flach ist.

Weil Grass i auch speziellere Pragen durch seine Versuche beant- worten wollte, sind sie so angesetzt, da13 zwar im allgenieinen die sehr rasche Abnahme der Miickenzahl bewiesen wjrd, daB aber eine genauere Auswertung nicht moglich ist. Eine solche wird aber auch trotz besonders daraufhin angesetzter Versuche schwierig zu ermitteln sein, weil Viehstand und Viehbewegung, Warme, Wind und anderes zweifellos einen grol3en Ein- ilun auf Zerstreuung 1) and Lebensdauer der Mucken haben. Diese Verhalt- nisse sind in siidlichen Landern wohl durch griiBere Zeiten leidlich gleich- .artig, in unserem Kliina waren entsprechende Versuche ziemlich hoffnungslos.

Waswir aberdurchdenvergleich mit G rassis Zahlen erkundenwollten,die Frage,ob dieaus Schi i f fners Uberlegungen bei iiliiglichstgenauerBerechnung sich ergebende Lebenswahrscheiniichkeit mit Grass i s Beobachtungen stimmt, isterreichtundeinediirchaus befriedigendeUbereinstimmuHggefuuden worden.

Diese 111. Kurve ist eben zu flach.

') Auf die wiichtige Frage de i Abwandcrung der Mucken uud ihren Anteil an den Befunden bin ich hier nicht eingegangen, um die Fragen nicht noch weiter zu verwickeln. Es ist nicht unwahrscheinlich, daQ fu r die spateren Tage in G r a s s i s Versuchen ibre Bedeutung nicht groB ist, ebenso bei S c h i i f f n e r . in einem dicht bevolkerten, :lei&- n a i g Malaria verseuchten Lande spielt sie nur fiir die Versuche, nicht fiir die Epi- demiologie eine Rolle, da Abwanderung durch Zuwanderung ausgeglichen mird'.

Zeitschrift fiir nngewnndtc Entornologic. IS, 1. 10

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146 Martini: Theoretisches zur Bestimmnng der Lebensdauer YOU Schadlingen.

Die drei Vergleiche der gewonnenen Lebenswahrscheinlichkeit von 0,63 mit anderen Anhaltspunkten a m der Nalarialehre stimmen so gut, mie man nur irgend erwarten kann, besonders wenn man bedenkt, daR. diese Zahl , JLC auch nach Gegend und Jahreszeit verschieden sein wird. Immerhin bezogen sich alle drei Priifungen auf Zeiten, welche der Ano- pheles- und Bfalariaentwicklung offenbar sehr giinstig sind, in denen a l s ~ eine gewisse Ubereinstimmung angenommen werden kann. Dies Ergebnis ist sehr befriedigend, da es meiteres Vorgehen auf dem eingeschlagenen Wege nicht aussichtslos erscheinen lalt.

Selbstverstandlich ist diese Technik keineswegs auf die Malaria- forschung beschrankt. In sehr vielen Fallen ist es bei lnsekten unmoglich, die physiologische Lebensdauer im Versuchskasten einwandfrei festzustellen- Die wirklich durchschnittliche Lebensdauer und damit die wahrscheinlichen Vermehrungsziffern werden sich wohl kaum jemals unmittelhar beobachten lassen. In dieser Schwierigkeit bietet ganz allgemein die stfttistische Untersuchung eines gefarbten Materiales und die rechnerische Aus- wertung der Befunde einen Ausweg, den. trotz seiner Schwierigkeit zu betreten, die bisher vorliegenden Erstlingsergebnisse durchaus ermutigen.

Eine sehr wesentliche Einschrankung erleidet allerdings das Verfahren in seiner bisherigen Form dadurch, dal die Abnahme der ausgesetzten Schar im Beobachtungsgebiet durch Abwanderung nicht beriicksichtigt werden kann. Diese Abwanderung in die Umgebung wird nach Schilde- rung der ortlichen Verhaltnisse von Schi i f fner sowohl wie r o n Grass i fur sehr klein gehalten. An anderen Orten ist sie das wohl sicher nicht. Die oben besprochene Technik ist daher naturgemal vorerst allein auf giinstige zur Abwanderung der Schldlinge wenig Veranlassung gebende Ortlichkeiten angewiesen. Die Schliisse auf die Malariaepidemiologie unter- liegen der Beschrankung aber insofern nicht, als hier die Abfliegendenl durch Zufliegende ersetzt werden und letztere in einem ziemlich gleich- malig verseuchten Gebiet, auch etwa in gleichem Prozentsatz in dem. Nachbargebiete infiziat sein werden, wie im Beobachtungsgebiet.

Es scheint mir aber fraglos, daB die durch Abwanderungsmoglichkeit sich ergebende Schwierigkeit sich iiberwinden la& sofern nur, was fur solche Untersuchungen notwendig erscheint I in geniigend grofizugiger Weise und mit ausreichenden Mitteln gearbeitet werden kann.

Literatur. 1. Schi i f fner und Hylkema, Die Nalaria-Epidemie in Naras im Jahre 1918. Meded.

Burgerl. Geneesk. Dienst in Nederl. Indie. 1921. S. 49. 2. Grassi , Osservazioni sulla vita degli anofeli. Wota I. Reale Accademia Nazionale

del Lincei. 1920. Bd. XXIX. 3. Sella , Seconda Reiazione della lotta Antinlalarica a Fiumicino (Roma). Horn 1920. 4. Mart in i , Zur Kenntnis des Verbaltens der Lause gegenuber Warme. Zeitschr. f.

angew. Entomol. 1917. Bd. IV. H. 1. 5. - - Rerechnungen und Beobachtungen zur Epiderniologie und Bekiimpfung der

Malaria auf Grund von Balkanerfahrungen. Hamburg 1921, W. Gente.