text aus: weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab...

2
Text aus: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? (Kinderbilderbuch „Guess how much I love you“ von Sam McBratney und Anita Jaram, Deutsch von Rolf Inhauser, Verlag Sauerländer, ISBN 3-7941-4402-3) 6,90 EUR (auch auf schwäbisch) Der kleine Hase sollte ins Bett gehen, aber er hielt sich noch ganz fest an den langen Ohren des großen Hasen. Der kleine Hase wollte nämlich sicher sein, dass der große Hase ihm auch gut zuhört. „Rate mal, wie lieb ich dich hab“, sagte er. „Oh“, sagte der große Hase, „ich glaub nicht, dass ich das raten kann.“ “So sehr“, sagte der kleine Hase und breitete sein Ärmchen aus, so weit er konnte. Der große Hase hatte viel längere Arme. „Aber ich habe dich sooo sehr lieb“, sagte er. Hm, das ist viel, dachte der kleine Hase. “Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann“, sagte der kleine Hase. „Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann“, sagte der große Hase. Das ist ziemlich hoch, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so lange Arme hätte. Dann hatte der kleine Hase eine gut Idee. Er machte einen Handstand und streckte seine Füße am Baum hoch. „Bis zu meinen Zehen hoch hab ich dich lieb“, sagte er. „Und ich hab dich bis zu deinen Zehen hoch lieb“, sagte der große Hase und schwang den kleinen Hasen in die Luft. “Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb“, sagte der kleine Hase lachend und hüpfte auf und ab. „Aber ich habe dich lieb, so hoch ich hüpfen kann“, sagte der große Hase lächelnd und hüpfte so hoch, dass seine Ohren die Zweige berührten. Tolle Hüpferung, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so hoch hüpfen könnte. „Ich habe dich den ganzen Weg bis zum Fluss runter lieb“, sagte der kleine Hase. „Ich habe dich bis zum Fluss und über die Berge lieb“, sagte der große Hase. Oh, das ist sehr weit, dachte der kleine Hase. Er war schon so müde, dass er sich gar nichts mehr ausdenken konnte. Dann schaute er über die Büsche und Bäume hinaus in die große, dunkle Nacht. Es konnte ja wohl nichts weiter weg geben als den Himmel. “Ich habe dich lieb bis zum Mond“, sagte der kleine Hase und machte die Augen zu. „Oh, das ist weit“, sagte der große Hase. „Das ist sehr, sehr weit.“ – Der große Hase legte den kleinen Hasen in sein Blätterbett, beugte ich über ihn und gab ihm einen Gutenachtkuss. Dann kuschelte sich der große Hase an den kleinen Hasen und flüsterte lächelnd: „Bis zum Mond ... und wieder zurück haben wir uns lieb.“ ----- (Ich lese die Geschichte vor und lege dazu die Bilder (als Farbfolien) auf den OHP.)

Upload: leanh

Post on 17-Sep-2018

214 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Text aus: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab ...letbw.de/wp-content/uploads/2013/01/Weißt-du-eigentlich-wie-lieb... · “Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb“,

Text aus: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? (Kinderbilderbuch „Guess how much I love you“ von Sam McBratney und Anita Jaram, Deutsch von Rolf Inhauser, Verlag Sauerländer, ISBN 3-7941-4402-3) 6,90 EUR (auch auf schwäbischJ)

Der kleine Hase sollte ins Bett gehen, aber er hielt sich noch ganz fest an den langen Ohren des großen Hasen. Der kleine Hase wollte nämlich sicher sein, dass der große Hase ihm auch gut zuhört. „Rate mal, wie lieb ich dich hab“, sagte er. „Oh“, sagte der große Hase, „ich glaub nicht, dass ich das raten kann.“ “So sehr“, sagte der kleine Hase und breitete sein Ärmchen aus, so weit er konnte. Der große Hase hatte viel längere Arme. „Aber ich habe dich sooo sehr lieb“, sagte er. Hm, das ist viel, dachte der kleine Hase. “Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann“, sagte der kleine Hase. „Ich hab dich lieb, so hoch ich reichen kann“, sagte der große Hase. Das ist ziemlich hoch, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so lange Arme hätte. Dann hatte der kleine Hase eine gut Idee. Er machte einen Handstand und streckte seine Füße am Baum hoch. „Bis zu meinen Zehen hoch hab ich dich lieb“, sagte er. „Und ich hab dich bis zu deinen Zehen hoch lieb“, sagte der große Hase und schwang den kleinen Hasen in die Luft. “Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb“, sagte der kleine Hase lachend und hüpfte auf und ab. „Aber ich habe dich lieb, so hoch ich hüpfen kann“, sagte der große Hase lächelnd und hüpfte so hoch, dass seine Ohren die Zweige berührten. Tolle Hüpferung, dachte der kleine Hase. Wenn ich nur auch so hoch hüpfen könnte. „Ich habe dich den ganzen Weg bis zum Fluss runter lieb“, sagte der kleine Hase. „Ich habe dich bis zum Fluss und über die Berge lieb“, sagte der große Hase. Oh, das ist sehr weit, dachte der kleine Hase. Er war schon so müde, dass er sich gar nichts mehr ausdenken konnte. Dann schaute er über die Büsche und Bäume hinaus in die große, dunkle Nacht. Es konnte ja wohl nichts weiter weg geben als den Himmel. “Ich habe dich lieb bis zum Mond“, sagte der kleine Hase und machte die Augen zu. „Oh, das ist weit“, sagte der große Hase. „Das ist sehr, sehr weit.“ – Der große Hase legte den kleinen Hasen in sein Blätterbett, beugte ich über ihn und gab ihm einen Gutenachtkuss. Dann kuschelte sich der große Hase an den kleinen Hasen und flüsterte lächelnd: „Bis zum Mond ... und wieder zurück haben wir uns lieb.“

----- (Ich lese die Geschichte vor und lege dazu die Bilder (als Farbfolien) auf den OHP.)

Page 2: Text aus: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab ...letbw.de/wp-content/uploads/2013/01/Weißt-du-eigentlich-wie-lieb... · “Ich hab dich so hoch wie ich hüpfen kann lieb“,

Es ist doch wunderschön, wie lieb die Beiden sich haben. Und auch wenn der große Hase den kleinen Hasen immer ein wenig übertrifft, es ist doch für den kleinen Hasen wunderschön, so sehr geliebt zu werden. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass der große Hase eines Tages den kleinen Hasen nimmt und einem anderen großen Hasen in die Hand drückt? – Unvorstellbar! Die Geschichte haben wir viele Male unseren Kindern vorgelesen. Die Geschichte erinnert mich immer an die ersten Wochen und Monate mit unserem ersten Kind, unserer Tochter Mirjam. Wenn ich von der Arbeit nach Hause kommen bin, habe ich als kurz meine Frau begrüßte und dann bin ich als Erstes zu Mirjams Kinderbettchen. Ich habe mich daneben gesetzt und ihr einfach nur zugesehen. Wie sie schläft, wie sie atmet, wie sie sich manchmal im Schlaf bewegt oder das Gesicht verzieht. Das war für mich interessanter und spannender als alles andere. Genauso hat es mir unheimlich Spaß gemacht, die Mirjam im Babywagen durch die Gegend zu schieben. Das wir unsere kleine Mirjam eines Tages hergeben, d.h. einer anderen Familie in die Arme drücken könnten – das wäre für meine Frau und mich unvorstellbar gewesen!! Völlig absurd, auf einen derartigen Gedanken wären wir trotz einigen anstrengenden Nächten nie gekommen. Warum? Genauso wie bei dem großen Hasen haben wir unser Kind viel zu sehr geliebt als dass wir je bereit gewesen wären, uns von ihm zu trennen. Könnt Ihr Euch vorstellen, dass es Eltern gibt, die bereit sind sich von ihren kleinen Kindern zu trennen obwohl sie sie lieben?? – Als das nationalsozialistische Deutschland Polen überfallen hatten, wurden systematisch die Juden vertrieben. Sie mussten in Massen zum Bahnhof marschieren, wo sie in Viehwaggons eingesperrt in Konzentrationslager transportiert und dort vernichtet wurden. Etliche jüdische Frauen konnten ihre Babys dadurch retten, dass sie auf dem Weg zum Bahnhof ihr Baby einer wildfremden polnischen Frau in den Arm gedrückt haben, in der Hoffnung dass diese das Baby ihr abnimmt und für das Kind weiter sorgt. Könnt Ihr Euch den Schmerz dieser jüdischen Mütter vorstellen? Die haben ihre Babys genauso geliebt, wie wir unsere Mirjam. Und gerade weil Sie geliebt haben und weil sie geahnt haben, dass sie alle getötet werden, waren sie bereit ihr Baby einer fremden Frau in den Arm zu drücken, in der Hoffnung, dass ihr Baby nicht sterben muss. Könnt Ihr Euch den Schmerz dieser jüdischen Mütter vorstellen? Das war für sie als würde ihr Herz in Stücke gerissen werden. Noch jemand hat sich sein Kind vom Herz gerissen. Gott hat sich seinen Sohn vom Herzen gerissen und ihn auf die Erde gesandt. Obwohl er sein Kind viel vollkommener liebt als wir Menschen es können, hat Gott es getan. Er hat es getan, obwohl er weiß, wie die Menschen miteinander umgehen. Jeder von Euch hat schon erlebt, wie Menschen zueinander sein können: Manchmal nett und freundlich, aber häufig grausam, egoistisch und gemein. Gott hat das ganz genau gewusst und trotzdem hat er seinen Sohn als kleines ohnmächtiges Baby auf die Welt kommen lassen und in die Arme von Menschen gelegt. Warum? – Weil Gott – genauso wie bei den jüdischen Müttern - etwas noch wichtiger war als sein geliebtes Kind in seiner Nähe zu behalten. Was war ihm noch wichtiger? Gott war es noch wichtiger, uns Menschen zu zeigen, wie sehr er jeden von uns lieb hat. Wie sehr er mich lieb hat und wie sehr er dich lieb hat. Darum feiern wir Weihnachten. Das ist für mich eine ganz wichtige Botschaft von Weihnachten: Weißt du eigentlich, wie lieb Gott dich hat?? (Von Christoph Westram, Berufsschullehrer aus KA)