teil 2 selbstorganisation und emergenz

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Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 1 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte Teil 2 Selbstorganisation und Emergenz ktuelle Themen bei Eingebetteten Systemen – Organic Computing SS 2010 Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

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Aktuelle Themen bei Eingebetteten Systemen – Organic Computing SS 2010 Prof. Dr. Uwe Brinkschulte. Teil 2 Selbstorganisation und Emergenz. 2. Selbstorganisation und Emergenz. 2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation 2.2 Adaptive und Selbstorganisierende Systeme - PowerPoint PPT Presentation

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Page 1: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 1 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Teil 2

Selbstorganisation und Emergenz

Aktuelle Themen bei Eingebetteten Systemen –Organic Computing

SS 2010

Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Page 2: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 2 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2. Selbstorganisation und Emergenz

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

2.2 Adaptive und Selbstorganisierende Systeme

2.3 Selbst-X Eigenschaften

2.4 Definition von Emergenz

2.5 Negative und positive Emergenz

2.6 Herausforderungen

Page 3: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 3 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Was ist Selbstorganisation?

Einige Definitionen:

"The ability of certain non-equilibrium systems to develop structures and patterns in the absence of external control or manipulation"

www.geos.ed.ac.uk/homes/mnaylor/glossary.html

Page 4: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 4 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

"A process of attraction and repulsion in which the internal organization of a system, normally an open system, increases in complexity without being guided or managed by an outside source"

En.wikipedia.org/wiki/self-organisation

"The essence of self-organization is that system structure often appears without explicit pressure or involvement from outside the system. …resulting from the interaction among the components…"

http://www.calresco.org/sos/sosfaq.htm

Page 5: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 5 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Zusammengefasst:

Selbstorganisation bezieht sich auf einen Prozess, bei dem sich die interne Ordnung eines Systems selbsttätig und ohne äußeren Eingriff erhöht.

Selbstorganisation benutzt üblicherweise vier grundlegende „Zutaten“:

Positive Rückkopplung

Negative Rückkopplung

Gleichgewicht von Nutzung und Erforschung

Vielfältige Interaktionen

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Page 6: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 6 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

In der Biologie ist Selbstorgansiation meist verbunden mit:

Morphogenese, (Entwicklung und Wachstum lebender Organismen)

Homeostase (Selbsterhaltende Natur von Systemen von der Zelle bis zum Organismus)

Schwarmverhalten (Vögel, Fische, ...)

Selbstorganisation findet sich auch in der Physik:

z.B. Strukturbildung in der Astrophysik (Sterne, Galaxien, ...)

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Page 7: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 7 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiele:

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Ameisenkolonien

Vogelschwärme

Page 8: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 8 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiele:

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Fischmuster

Galaxien

Page 9: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 9 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiele:

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Internet Verkehrsstau

Page 10: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 10 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: Ameisenstrassen

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Nest

Futterquelle

Zwei Wege

Unbekannte Entfernung

Ameisen sehen schlecht

Trotzdem finden sie den kürzeren Weg

Wie?

Page 11: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 11 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: Ameisenstrassen

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Nest

Futterquelle

Sie erforschenbeide Wege

Sie benutzenPheromone zurMarkierung(Rückweg)

Auf dem kürzerenWeg sammeln sichmehr Pheromone

Ameisen folgen denstärkeren Pheromonen

Immer mehrAmeisen nehmen den kürzeren Weg

Die Pheromone auf demlängeren Weg verblassen

Page 12: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 12 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Dies ist Selbstorganisation, da

eine einzelne Ameise niemals den kürzesten Weg finden würde

sie nur auf ihre sichere Rückkehr ins Nest bedacht ist (Pheromone)

sie hierzu einfachen lokalen Regeln folgt

sich nur in der Gruppe der Effekt des Findens kürzester Wege ergibt

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

Page 13: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 13 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Wann ist etwas selbstorganisiert?

Das kann eine Frage des Betrachtungs-Standpunktes sein.

Scheduling-Beispiel:

In einem System sollen Aufträge nach ihrer Wichtigkeit (Priorität) geordnet werden

=> die Ordnung des Systems soll erhöht werden

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

2 8 51 3 1 2 53 8

Page 14: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 14 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

1. Zentraler Scheduler außerhalb des Systems

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

2 8 51 3

System

Scheduler

System

Scheduler

1 2 53 8

Nein!Selbstorganisation?

Page 15: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 15 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2. Zentraler Scheduler innerhalb des Systems

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

2 8 51 3

System

Scheduler

System

1 2 53 8

Vielleicht?Selbstorganisation?

Scheduler

Page 16: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 16 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

3. Dezentrales Scheduling durch Kommunikation der Aufträge untereinander

2.1 Definition und Grundlagen der Selbstorganisation

2 8 51 3

System System

1 2 53 8

Ja!Selbstorganisation?

=> wir brauchen eine präzisere Definition!

Page 17: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 17 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines Systems1)

Ein System erzeugt eine Ausgabe aus gegenwärtigen und vergangenen Eingaben.

Das Verhalten des Systems, welche diese Ausgabe aus den Eingaben erzeugt, kann sich hierbei über die Zeit ändern

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

1) Die folgenden Definitionen lehnen sich an Gero Mühl (On the Definitions of Self-Managing and Self- Organizing Systems, SAKS 2007) und Hartmut Schmeck (Tutorial on Organic Computing, SASO 2009) an

Page 18: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 18 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Formal:

Ein System ist gekennzeichnet durch ein Tripel bestehend aus der Eingabe I, der Ausgabe O und dem Verhalten B

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

BI O

o(t) = b(t, i(0 ... t)) mit b B, o O und i I

B I x O

Page 19: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 19 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel:

System „Wegsteuerung“ eines autonomen Fahrzeugs berechnet aus den Eingabedaten von Kameras (Sensoren) Ausgabedaten an Motoren (Aktoren), um einen bestimmten Weg zu fahren

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Weg-steuerun

g

Kamera-daten

Motordaten

Page 20: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 20 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines adaptiven Systems

Ein adaptives System ist ein System, bei dem das Ein- /Ausgabeverhalten variablen Erwartungen entspricht

Das heißt, ein adaptives System passt sich an geänderte Erwartungen an

Formal:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

b(t) E(t) mit Erwartung E(t) I x O

Page 21: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 21 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel:

Eine Erwartung an die Wegsteuerung des vorigen Beispiels ist die Präzision. Diese kann sich bei einem adaptiven System mit der Zeit ändern, z.B. bei Einfahrt in schwieriges Gelände

t < t1: Präzision = 20 cm

t t1: Präzision = 5 cm

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 22: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 22 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Bei adaptiven Systemen ist es durchaus möglich, dass das Ein-/Ausgabeverhalten auch erst verzögert wieder den Erwartungen entspricht.

Das heißt, es kann eine Zeitspanne geben, in der das Verhalten nicht den Erwartungen entspricht:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

t1 t2

t

b(t) E(t)

b(t) E(t)

b(t) E(t)

E(t) ändert sich

Page 23: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 23 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Es stellt sich nun die Frage, woher das adaptive System von den geänderten Erwartungen erfährt?

Offensichtlichste Methode: die Erwartungen sind Teil der Eingabe

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 24: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 24 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines managbaren Systems

Ein managbares System ist ein adaptives System, bei dem das Systemverhalten über die Eingabe gezielt geändert werden kann

Man unterscheidet nun zwischen regulärer Eingabe, welche Eingabe des Systemverhaltens ist und Steuerungseingabe, welche das Systemverhalten verändert

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 25: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 25 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Formal:

Ein managbares System ist gekennzeichnet durch ein Tripel bestehend aus der Eingabe I, der Ausgabe O und dem Verhalten B, wobei sich die Eingabe I unterteilt in die reguläre Eingabe R und die Steuerungseingabe C

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

BR

O

o(t) = b(t, i(0 ... t)) mit b B, o O und i I

I = R C

CI

Page 26: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

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Beispiel:

Die gewünschte Präzision wird der Wegsteuerung durch eine Steuerungsvariable mitgeteilt

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Weg-steuerun

g

Kamera-daten

MotordatenPräzision

Page 27: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 27 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Es stellt sich als nächstes die Frage, wie die Steuerungs-eingaben erzeugt werden?

Diese können durch externes Wissen (z.B. durch den Menschen) erzeugt oder aber auch aus den regulären zur Verfügung stehenden Eingaben sowie den Ausgaben abgeleitet werden.

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 28: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 28 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines Selbstmanagbaren Systems

Ein selbstmanagbares System ist ein managbares System, bei dem die Steuereingaben allein aus gegenwärtigen oder vergangenen regulären Eingaben abgeleitet werden können

Formal:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

c(t) = F(r(0 ... t), o(0 … t)) mit F: Controller-Funktion

Page 29: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 29 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel:

Die gewünschte Präzision kann aus gegenwärtigen und vergangenen Kameraeingaben sowie Motordaten selbst ermittelt werden, d.h. schwieriges Gelände wird auf Grund von Kamera- und Motordaten erkannt.

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Weg-steuerun

g

Kamera-daten

MotordatenPräzision

Präzisionserkennung

Page 30: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 30 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines Selbstgemanagten Systems

Ein selbstgemanagtes System ist ein selbstmanagbares System, bei dem die Controller-Funktion inhärenter Bestandteil des Systems ist.

Formal:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

C = 0

B‘R O BR O

B‘F

RC

O

Page 31: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 31 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel:

Präzisionserkennung ist Bestandteil der Wegsteuerung.

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Weg-steuerun

g

Kamera-daten Motordate

n

Präzisionserkennung

Page 32: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 32 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Bisher: Blackbox Ansatz

Zur Definition von Selbstorganisation müssen wir jedoch in das System hineinschauen:

Selbstorganisation bedeutet, dass sich auch die Struktur des Systems sich den Erwartungen anpasst

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 33: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 33 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition eines Selbstorganisierenden Systems1)

Ein selbstorganisierendes System ist ein selbstmanagendes System, dessen Struktur sich den Erwartungen anpasst.

Die Steuerung von Selbstmanagement und Strukturanpassung ist hierbei dezentral.

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

1) Nach Gero Mühl (On the Definitions of Self-Managing and Self-Organizing Systems, SAKS 2007)

Page 34: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 34 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel:

Die Softwarekomponenten der Wegsteuerung und Präzisions-erkennung verteilen sich selbstständig und dezentral auf die zur Verfügung stehenden Prozessoren

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Weg-steuerun

g

Kamera-daten Motordate

n

Präzisionserkennung

Prozessor 1 Prozessor n

. . .

Page 35: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 35 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Hierarchie von adaptiven bis selbstorganisierenden Systemen:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Adaptive Systeme

Managbare Systeme

Selbstmanagbare Systeme

Selbstgemanagte Systeme

Selbstorganisierende Systeme

Page 36: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 36 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Kann man Selbstorganisation quantifizieren?

Kann man einen Grad der Selbstorganisation definieren?

z.B. zu 100% selbstorganisiert

zu 50% selbstorganisiert

zu 10% selbstorganisiert

zu 0% selbstorganisiert

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 37: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 37 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Definition des Grades der Selbstorganisation/Selbstmanagements1)

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

1) Angelehnt an Hartmut Schmeck (Tutorial on Organic Computing, SASO 2009)

BR

B‘F

R

Ci

OCe

Erweiterung des selbstgemanagten, selbstorganisierenden Systems: externe (Ce) und interne (Ci) Steuerungseingaben

O

Page 38: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 38 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Es sei nun:

Vi : interne Variabilität des Systems, also die Anzahl Bits der internen Steuerungseingabe Ci

(= ld(Anzahl interner Systemzustände))

Ve : externe Variabilität des Systems, also die Anzahl Bits der externen

Steuerungseingabe Ce (= ld(Anzahl externer Systemzustände))

mit Vi ≥ Ve gilt

R: Reduktion der Komplexität, R = Vi - Ve

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 39: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 39 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Damit lässt sich für statische Systeme (konstante Variabilität) der Grad der Selbstorganisation bzw. des Selbstmanagements definieren:

S: Grad von SO/SM, S = (Vi - Ve) / Vi = R / Vi

Beispiel:

Vi = 12 Bit, Ve = 5 Bit => S = (12 - 5) / 12 = 0.58 = 58%

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

Page 40: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 40 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Dies lässt sich auch auf dynamische Systeme (veränderliche Variabilität) erweitern. Es sei:

vi(t): interne Variabilität zum Zeitpunkt t

ve(t): externe Variabilität zum Zeitpunkt t

Beispiel:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

t

vi

t

ve

Page 41: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 41 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Die Reduktion der Komplexität über einen Zeitraum t1 … t2 definiert sich zu:

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

t

vi /ve

t1 t2

2

1

21 )()(),(t

t

dttvtvttr ei

2

1

2121 )(/),(),(t

t

dttvttrtts i

Der Grad von SO/SM über einen Zeitraum t1 … t2 definiert sich zu:

Page 42: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 42 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Für zeitdiskrete Systeme mit einer Abtastperiode t ergibt sich die Reduktion der Komplexität in einem Zeitraum n1t ... n2t :

2.2 Adaptive und selbst- organisierende Systeme

2

1

21 ))()((),(n

ntnvnvnnr ei

2

1

2121 ))(/(),(),(n

ntnvnnrnns i

Der Grad von SO/SM definiert sich zu:

Page 43: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 43 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Wichtige Selbst-X Eigenschaften für Organic Computing

1. Selbstkonfiguration

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, selbsttätig eine initiale, funktionsfähige Konfiguration zu finden.

Diese muss nicht optimal sein, aber einen ordnungsgemäßen Betrieb ermöglichen

Selbstkonfiguration kann zentral durch einen im System enthaltenen Konfigurationsmanager oder dezentral durch Interaktion der Systemkomponenten erfolgen (vgl. vorige Betrachtung zur Selbstorganisation

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 44: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 44 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: initiale Taskzuordnung in einem verteilten System

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .

Task 1

Task 2

Task 3

Task 4

Task m

. . .

Page 45: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 45 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Taskzuordnung erfolgt z.B. nach:

Verfügbarkeit von Ressourcen (Schnittstellen, Geräten, …)

Eignung der Prozessoren (Taktrate, Speicher, …)

Auslastung der Prozessoren (Taskanzahl, …)

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1Task

2Task

3Task

4Task

m

Page 46: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 46 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2. Selbstoptimierung

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, selbsttätig eine bessere Konfiguration als die gegenwärtige zu finden.

Dies kann entweder dazu dienen, bestimmte Systemparameter zu verbessern (z.B. Performanz, Energieverbrauch, …) oder einem drohenden Defekt zuvor zukommen (z.B. Hotspots)

Selbstkonfiguration kann zentral oder dezentral erfolgen

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 47: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 47 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: Optimierung der Taskzuordnung in einem verteilten System

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1Task

2Task

3Task

4Task

m

Entlastung von Prozessor 2 zur Vermeidung eines Hotspots

Page 48: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 48 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1Task

2Task

3Task

4Task

m

Taskverschiebung erfolgt z.B. nach:

Performanz

Energievorrat

Temperatur

Page 49: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 49 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

3. Selbstheilung

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, selbsttätig Defekte auszugleichen und wieder eine ablauffähige Konfiguration herzustellen.

Defekte können in der Hardware oder Software auftreten.

Selbstheilung kann zentral oder dezentral erfolgen, allerdings birgt die zentrale Variante das Risiko eines Single-Point-of- Failure

Bei Ausfall eines zentralen Selbstheilungsmanagers verliert das System die Fähigkeit zur Selbstheilung => redundante Ausfallmanager oder dezentrale Lösung

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 50: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 50 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1Task

2Task

3Task

4Task

m

Beispiel: Selbstheilung durch neue Taskzuordnung bei Ausfall eines Prozessors

Page 51: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 51 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1

Task 2

Task 3

Task 4

Task m

Problemstellung bei der Selbstheilung:

Erkennung von Defekten/Fehlern

Verlust bzw. Rettung von Zustandsinformation

Beseitigung von Störquellen

kein Nachwachsen wie bei biologischen Systemen

...

Page 52: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

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4. Selbstschutz

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, sich selbsttätig vor Angriffen zu schützen.

Angriffe können von innen oder außen erfolgen.

Selbstschutz kann passiv (Unempfindlichkeit gegen bestimmte Angriffe) oder aktiv (Gegenmaßnahmen zur Neutralisierung des Angriffs/Angreifers) erfolgen.

Selbstschutz kann zentral oder dezentral erfolgen, allerdings birgt die zentrale Variante das Risiko eines Single-Point-of- Attack

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 53: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 53 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1

Task 2

Task 3

Task 4

Task m

Beispiel: Erkennung und Abweisung fremder Tasks

Task x

fremd/eigen ? fremd/eigen ? fremd/eigen ?

Page 54: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 54 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Möglichkeiten des Selbstschutzes

Aufbau von Barrieren und Rechten

Fremd/eigen-Erkennung (Tasks, Nachrichten, Komponenten, …)

Ausfiltern unbekannter Objekte

Erkennung von Anomalien (Datenaufkommen, Speichernutzung, …)

Anlehnung an das Immunsystem in der Biologie

Page 55: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 55 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

5. Selbstbewusstsein

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, sich seiner eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten bewusst zu sein.

Dies ist eine notwendige Grundlage für viele andere Selbst-X Eigenschaften.

Ohne Kenntnis der eigenen Fähigkeiten (z.B. Speicherkapazität, Rechenleistung, verfügbare Schnittstellen, Energieverbrauch, Energievorrat, …) ist Selbstkonfiguration, Selbstoptimierung oder Selbstheilung kaum durchführbar.

Fähigkeiten und Eigenschaften können hierbei statisch (z.B. Rechenleistung) oder dynamisch (z.B. Energievorrat) sein

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 56: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 56 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: Selbstbewusstsein bei Selbstkonfigurierung

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1(Festkomma-

Hardware)

Prozessor 2(Gleitkomma-

Hardware)

Prozessor n

. . .

Task 1

Task m

Gleitkomma-intensive Berechnungen

Benutzt im wesentlichen Festkomma-Arithmetik

Page 57: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 57 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

6. Selbsterklärung

Beschreibt die Eigenschaft eines Systems, Vorgänge, Maßnahmen und Entscheidungen gegenüber den Benutzern zu erklären.

Dies erhöht die Akzeptanz beim Benutzer.

Die Grundlagen und Entscheidungskriterien für vom System getroffenen Veränderungen können veröffentlicht werden.

Dies erfolgt in einer für den Menschen verständlichen Form (z.B. schwierig bei neuronalen Netzen)

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Page 58: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 58 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Beispiel: Taskverlagerung (Selbstoptimierung)

Erklärung des Grundes für die Verlagerung: Temperatur auf Prozessor 2 überschreitet kritische Grenze von 85°

2.3 Selbst-X Eigenschaften

Prozessor 1 Prozessor 2 Prozessor n

. . .Task

1Task

2Task

3Task

4Task

m

Page 59: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 59 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Was ist Emergenz?

Einige Definitionen:

"In philosophy, systems theory, science,and art, emergence is the way complex systems and patterns arise out of a multiplicity of relatively simple interactions. Emergence is central to the theories of integrative levels and of complex systems." (Engl. Wikipedia, http://en.wikipedia.org/wiki/Emergence)

2.4 Definition von Emergenz

Termiten-Kolonie

Page 60: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 60 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

"Emergenz (lat. emergere: auftauchen, hervorkommen, sich zeigen), gemäß Aristoteles auch Übersummativität, ist die spontane Herausbildung von Eigenschaften oder Strukturen auf der Makroebene eines Systems auf der Grundlage des Zusammenspiels seiner Elemente. Dabei lassen sich die emergenten Eigenschaften des Systems nicht - oder jedenfalls nicht offensichtlich - auf Eigenschaften der Elemente zurückführen, die diese isoliert aufweisen."

(Deutsches Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz)

2.4 Definition von Emergenz

Eis Kristall

Page 61: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 61 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Emergenz in der Wahrnehmung

2.4 Definition von Emergenz

Die Wahrnehmung des Dalmatiners emergiert aus den Punkten

Quelle: Deutsches Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Emergenz

Page 62: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

Hier wird Wissen Wirklichkeit Organic Computing – Teil 2, Folie 62 - Prof. Dr. Uwe Brinkschulte

Zusammengefasst:

Emergenz ist ein mögliches Resultat von Selbstorganisation

Emergenz heisst, lokale Interaktionen können zu vollständig neuen globalen Eigenschaften führen

Wechselwirkungen auf der Mikroebene führen zu überraschenden Resultaten auf der Makroebene

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile

Grundlegende Frage: kann man Emergenz messen bzw. quantifizieren?

2.4 Definition von Emergenz

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Quantifizierung von Emergenz mittels der Entropie1)

Entropie ist ein Maß für Ordnung bzw. Unordung

Je höher die Entropie, desto kleiner die Ordnung

Je kleiner die Entropie, desto höher die Ordnung

Da Emergenz Strukturen (= Ordnung) in einem System erzeugt, erscheint die Entropie als sinnvolles Maß für die Emergenz

2.4 Definition von Emergenz

1) Angelehnt an C. Müller-Schloer und M. Mnif

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Statistische Definition der Entropie eines Systems mit binärer Informationsdarstellung nach Shannon:

Ein Ereignis i trete mit der Wahrscheinlichkeit pi auf 1)

Das Auftreten von Ereignis i entspricht somit der Auswahl von einem aus 1/pi gleichwahrscheinlichen Ereignissen

Beispiel:

Ein Ereignis trete mit der Wahrscheinlichkeit 0.5 auf. Dies entspricht der Auswahl von einem aus 1/0.5 = 2 gleichwahrscheinlichen Ereignissen

2.4 Definition von Emergenz

1) Ein Ereignis ist in Shannons Originalarbeit das Auftreten eines Zeichens in einem Übertragungskanal

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Statistische Definition der Entropie eines binären Informationssystems nach Shannon:

Um 1/pi Ereignisse in einem binären System unterscheiden zu können, benötigt man log2(1/pi) = -log2(pi) Bits

Das Auftreten eines Ereignisses i mit Wahrscheinlichkeit pi

hat somit einen Informationsgehalt Ii = -log2(pi)

Beispiel: Der Informationsgehalt des Ereignisses "Zahl" bei einem Münzwurf beträgt log2(2) = -log2(0.5) = 1 Bit 1 Shannon

Je geringer die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, desto höher ist sein Informationsgehalt

2.4 Definition von Emergenz

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Statistische Definition der Entropie eines binären Informationssystems nach Shannon:

Gegeben sei nun ein System mit n unabhängigen Ereignissen 1).

Die Entropie des System nach Shannon ist nun definiert als der mittlere Informationsgehalt dieser Ereignisse:

2.4 Definition von Emergenz

n

i

ii ppH1

2 )(log

1) In Shannons Originalarbeit sind die n unabhängigen Ereignisse das Alphabet, d.h. die Menge unterschiedlicher Zeichen, die übertragen werden können

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Beispiel: Abfolge von zwei Ereignissen A und B

Ereignisfolge 1: A A B A B B A B

H = -(4/8 * log2(4/8) + 4/8 * log2(4/8)) = 1

Ereignisfolge 2: A A A B A A A A

H = -(7/8 * log2(7/8) + 1/8 * log2(1/8)) = 0.54

Je gleichverteilter die Häufigkeit der Ereignisse, desto höher ist die Unordnung/Entropie

Die konkrete Reihenfolge spielt bei dieser Definition der Entropie jedoch keine Rolle, die Ereignisfolge A A A A B B B B liefert ebenfalls H = 1

2.4 Definition von Emergenz

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Sie ist jedoch trotzdem ein brauchbares Maß, um Strukturen zu erkennen.

Beispiel: Verteilung von 7 Stöckchen auf einem Raster (9 Felder 9 Ereignisse)

2.4 Definition von Emergenz

1/7 1/7 1/7

1/7 1/7

2/7

4/7

3/7

H = -(5*(1/7 * log2(1/7)) + 1*(2/7 * log2(2/7)))

= 2.52

H = -(3/7 * log2(3/7)) + 4/7 * log2(4/7))

= 0.98

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Wie groß ist die maximal mögliche Entropie in einem System?

Maximale Entropie liegt bei Gleichverteilung vor, d.h. pi = 1/n

=>

2.4 Definition von Emergenz

n

i

nnn

H1

22max )(log)1

(log1

Im Beispiel mit den Ereignissen A und B ergibt sich also Hmax = log2(2) = 1

Im Beispiel mit den Stöckchen ergibt sich Hmax = log2(9) = 3.16

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Wie quantifiziert man nun Emergenz mittels Entropie?

Emergenz ist die Abnahme der Entropie:

M = H

Dies kann man nun absolut oder relativ berechnen:

Mabsolut(t) = Hmax - H(t)

Mrelativ(t1,t2) = Mabsolut(t2) - Mabsolut(t1) = H(t1) - H(t2)

2.4 Definition von Emergenz

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Wieder zurück zum Beispiel mit den Stöckchen:

Ameisenhaufen-Algorithmus

Die Ameisen folgen einfachsten Regeln:

Wann immer eine Ameise, die gerade kein Stöckchen trägt, ein Stöckchen findet, nimmt sie es mit.

Wann immer eine Ameise, die gerade ein Stöckchen trägt, auf ein weiteres Stöckchen trifft, lässt sie ihr Stöckchen fallen

Dies führt zu einem emergenten Effekt:

Auf einem zweidimensionalen Feld (Raster) zufällig verteilte Stöckchen sammeln sich zu Haufen

2.4 Definition von Emergenz

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Vor Anwendung des Ameisenhaufen-

Algorithmus

2.4 Definition von Emergenz

Mabsolut(t1) = 3.16 - 2.52 = 0.64

Nach Anwendung des Ameisenhaufen-

Algorithmus

Mabsolut(t2) = 3.16 - 0.98 = 2.18

Mrelativ(t1,t2) = 2.52 - 0.98 = 1.54

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Weitere Beispiele für emergente Effekte:

Mehrere parallele Fahrstühle in einem Gebäude

Jeder einzelne Fahrstuhl folgt einer einfachen lokalen Regel:

Stoppe auf dem nächsten Stockwerk mit Fahrstuhl- anforderung in Fahrtrichtung

Dies führt zu einem Bündelungseffekt

Mehrere Fahrstühle tendieren dazu, sich gleichförmig zu bewegen und auf den selben Stockwerken zu halten

2.4 Definition von Emergenz

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2.4 Definition von Emergenz

Stockwerk 1

Stockwerk 2

Stockwerk 3

Stockwerk 4

Stockwerk 5

Fahrstuhl 1 Fahrstuhl 2 Fahrstuhl 3 Fahrstuhl 4

5 Stockwerke 5 Ereignisse

Hmax = log2(5) = 2.32

H(t1) = -(4 * (1/4 * log2(1/4)) = 2

Mabsolut(t1) = 2.32 - 2 = 0.32

t = t1

H(t2) = -(3/4 * log2(3/4) + 1/4 * log2(1/4))) = 0.81

Mabsolut(t2) = 2.32 - 0.81 = 1.15

Mrelativ(t1,t2) = 2 - 0.81 = 1.19

t = t2

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Weitere Beispiele für emergente Effekte:

Stau aus dem Nichts

Autos auf Kreisbahn, jeder Fahrer folgt einer einfachen lokalen Regel:

Fahre wenn möglich mit 20 km/h, halte sicheren Abstand zum Vordermann

Auch dies führt zu einem Bündelungseffekt => Sto and Go Welle

2.4 Definition von Emergenz

Quelle: New Journal of Physics 10, 2008

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Emergenz ist ein Effekt, der bei selbstorganisierenden Systemen auftreten kann.

Man kann zwischen negativen (unerwünschten) und positiven (erwünschten) emergenten Effekten unterscheiden.

Beispiele für negative Emergenz:

Stau aus dem Nichts (Verringerung des Verkehrsdurchsatzes)

Bündeleffekt bei Aufzügen (Verlängerung der Wartezeit, die Aufzüge verhalten sich wie ein großer Aufzug)

2.5 Negative und positive Emergenz

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Beispiele für positive Emergenz:

Ameisenhaufen-Algorithmus (Dezentrales paralleles Bündeln/Sortieren)

Ameisenstrassen-Algorithmus( Dezentrales paralleles Finden kürzester Wege)

=> Aufgabe bei selbstorganisierenden Eingebetteten Systemen:

Unterdrückung negativer und Förderung positiver Emergenz

2.5 Negative und positive Emergenz

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Beispiele für die Unterdrückung negativer Emergenz:

Bündelungseffekt bei Aufzügen: Zentrale Aufzugsteuerung (Nachteil: Verlust der Dezentralität, kompletter Aufzugsausfall bei Ausfall der zentralen Steuerung) Dezentrale Lösung zur Unterdrückung bzw. zumindest

Schwächung des negativen emergenten Effektes Veränderung der lokalen Regeln für einen Aufzug Einführung von lokaler Kommunikation des Aufzugs mit den beiden Nachbaraufzügen Wenn einer der Nachbaraufzüge bereits auf dem nächst angeforderten Stockwerk halten wird, überspringe diese Anforderung. Wenn hierdurch kein Halt mehr in Fahrtrichtung, ändere die Fahrtrichtung

2.5 Negative und positive Emergenz

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Beispiele für die Unterdrückung negativer Emergenz:

Stau aus dem Nichts

Zentrale Steuerung hier praktisch nicht möglich

Dezentrale Lösung: Veränderung der lokalen Regeln für ein Fahrzeug

Einführung von lokaler Kommunikation mit dem Vorgänger- und Nachfolger-Fahrzeug

Fahrzeug teilt seinem Nachfolger eigene Geschwindigkeits- änderung mit

Fahrzeug teilt seinem Nachfolger gewünschten Sicherheits- abstand mit

2.5 Negative und positive Emergenz

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Beispiele für die Förderung positiver Emergenz:

Ameisenstrassen

Anpassung der Verfallszeit der Pheromone

Zu kurze Verfallszeit: Rückweg wird nicht mehr gefunden

Zu lange Verfallszeit: Die Zeit für das Auffinden kürzester Wege verlängert sich

Als Grundvoraussetzung zur Förderung oder Unterdrückung von Emergenz-Effekten muss man diese jedoch erst einmal erkennen!

2.5 Negative und positive Emergenz

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Emergente Effekte können hierbei in unterschiedlichen Dimensionen auftreten und auch mehrdimensionalen Charakter besitzen.

Beispiele:

Muster in der Zeit

Muster im Raum (1-dimensional, 2-dimensional, 3-dimensional)

Muster in Zeit und Raum

2.5 Negative und positive Emergenz

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Von eingebetteten Systemen fordern wir ein definiertes Verhalten gemäß unseren Erwartungen

Selbstorganisierende Systeme besitzen große Freiheitsgrade und weißen ggf. emergente Effekte auf.

Ist dies nicht ein Widerspruch?

Nicht wirklich, wir müssen dem selbstorganisierenden System aber einen Rahmen vorgeben, innerhalb dessen es arbeiten muss

Die Einhaltung dieses Rahmens muss garantiert werden

2.6 Herausforderungen

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Beispiel: selbstorganisierende Ampelsteuerung an einer Kreuzung

Die Ampelsteuerung könnte „auf die Idee kommen, größtmöglicher Durchsatz wird erreicht, wenn alle vier Ampeln grün zeigen“

Das muss natürlich verhindert werden

2.6 Herausforderungen

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Wir müssen also dafür sorgen, dass das System sich selbst organisiert (Beherrschung von Komplexität, sich ändernde Bedingungen, Fehler), aber trotzdem einen Rahmen (unsere Erwartungen) einhält

Wir brauchen also:

Eine Kontrollinstanz, die eingreift wenn das System den Rahmen verlässt

Eine Beobachtungsinstanz, die ein Verlassen des Rahmens erkennt

=> Grundarchitektur für Organic Computing (siehe nächstes Kapitel)

2.6 Herausforderungen

Page 85: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

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Weiteres Beispiel für das Einhalten von Erwartungen:

Zeitverhalten bei Echtzeitsystemen

Das selbstorganisierende System muss Zeitbedingungen einhalten.

Diese können unterschiedlich ausfallen: Zeitbedingungen müssen nur im stabilen Systemzustand eingehalten werden, nicht aber während einer Selbstkonfigurations, -optimierungs und -heilungsphase Zeitbedingungen müssen im fehlerfreien Systemzustand eingehalten werden, nicht aber während einer Selbstheilungsphase Zeitbedingungen müssen in jedem Systemzustand eingehalten werden

2.6 Herausforderungen

Page 86: Teil 2 Selbstorganisation  und Emergenz

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Verfeinerung des Verhaltens:

2.6 Herausforderungen

Akzeptables Verhalten

(entspricht den Erwartungen)

Übergangsverhalten (entspricht nicht den Erwartungen, kann aber

wieder in erwartetes Verhalten überführt werden)

Nicht-akzeptables Verhalten(entspricht nicht den Erwartungen, kann nicht mehr

in erwartetes Verhalten überführt werden)

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Robustes Verhalten eines selbstorganisierenden Systems:

Gegeben sei eineStörung d

2.6 Herausforderungen

Akzeptables Verhalten

Übergangsverhalten

Nicht-akzeptables Verhalten

Stark robustes Verhalten bezüglich d

Schwach robustes Verhalten bezüglich

d

Nicht robustes Verhalten bezüglich d

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Flexibles Verhalten eines selbstorganisierenden Systems:

Gegeben sei eine Änderung des akzeptables Verhaltens b

2.6 Herausforderungen

Akzeptables Verhalten

(alt)

Übergangsverhalten

Nicht-akzeptables Verhalten

Stark flexibles Verhalten bezüglich b

Schwach flexibles Verhalten bezüglich

b

Nicht flexibles Verhalten

bezüglich b

Akzeptables Verhalten

(neu)

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Je nach Anwendung ist starke oder schwache Robustheit und Flexibilität gefordert.

Im sicherheitskritischen Bereichen muss dies garantiert werden

Vertrauenswürdigkeit von selbstorganisierenden Systemen

Dies ist ein noch ganz junges Forschungsgebiet

2.6 Herausforderungen