symmetrien verlängern das leben von schrödingers kätzchen

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246 | Physik in unserer Zeit | 31. Jahrgang 2000 | Nr. 6 Wendet man die Quantenmechanik auf makroskopische Objekte an, gelangt man zu scheinbar paradoxen, der täglichen Erfahrung widersprechenden Schlussfolgerungen. Eine „Schrödinger-Katze“ ist ein berühmtes Beispiel hierfür. Was genau ist eine Schrödinger-Katze, und warum hat noch niemand eine beobachtet? Um das Bizarre an dem von Schrödinger vorgeschla- genen Zustand zu erfassen, mag es nützlich sein, den Zu- standsbegriff der Quantenmechanik kurz zu rekapitulieren. Aus der klassischen Mechanik sind wir es gewöhnt, dass wir einen vollständigen Satz von Bestimmungsgrößen eines Systems bestehend aus allen Orten und allen Impulsen al- ler Teilchen beliebig genau und gleichzeitig angeben kön- nen. Man sagt, der Zustand des klassischen Systems ist be- stimmt durch die gleichzeitige Angabe aller Orte und Im- pulse aller Teilchen. Eine der zentralen Aussagen der Quan- tenmechanik ist dagegen, dass prinzipiell der Ort x und der Impuls p x eines Teilchens in die gleiche Richtung, in der die kartesische Koordinate x gemessen wird, nicht gleichzeitig genau bekannt sein können. Misst man den Ort sehr genau (und es gibt in der Quantenmechanik prinzipiell keine Ein- schränkung dieser Genauigkeit), so ist das Ergebnis einer unmittelbar folgenden Impulsmessung völlig unbestimmt, und umgekehrt. Es fehlt sozusagen die Hälfte der klassi- schen Information. Ganz allgemein macht die Quantenme- chanik nur statistische Aussagen über den möglichen Aus- gang von Messungen. Der Zustand eines Systems wird voll- ständig durch eine Wellenfunktion (auch Zustandsvektor genannt) ψ beschrieben, der es erlaubt, Wahrscheinlich- keitsverteilungen für beliebige messbare Größen (Obser- I m Jahre 1935 schrieb Erwin Schrödinger eine Folge von drei Artikeln über „Die gegenwärtige Situation in der Quantenmechanik“ [1]. Anlass für diese – wie er sich aus- drückte – „Generalbeichte“ war die berühmte, im gleichen Jahr erschienene Arbeit von Albert Einstein, Boris Podolsky und Nathan Rosen [2]. Diese Arbeiten markieren die viel- leicht wichtigsten Meilensteine in der Auseinanderseztung von Schrödinger und Einstein über die Vollständigkeit der Quantenmechanik. Ein kurzer Abschnitt am Ende des ersten der drei Artikel beschreibt einen „burlesken“ quantenme- chanischen Zustand, die „Schrödinger-Katze“ von dem in diesem Aufsatz die Rede sein soll. Seine mögliche Existenz an sich, seine Geisterhaftigkeit, aber auch konkrete Expe- rimente, die ihm auf den Leib rücken, sorgen bis heute für Aufregung. Verschränkte Quantenzustände Symmetrien verlängern das Leben von Schrödingers Kätzchen DANIEL B RAUN Wechselwir- kungen mit der Umgebung ver- hindern die Be- obachtung von Schrödinger-Kat- zen. Ausnahmen sollten aber mög- lich sein, wenn die Wechselwirkung mit der Umge- bung eine Sym- metrie besitzt.

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Page 1: Symmetrien verlängern das Leben von Schrödingers Kätzchen

246 | Physik in unserer Zeit | 31. Jahrgang 2000 | Nr. 6

Wendet man die Quantenmechanik auf makroskopischeObjekte an, gelangt man zu scheinbar paradoxen, dertäglichen Erfahrung widersprechenden Schlussfolgerungen.Eine „Schrödinger-Katze“ ist ein berühmtes Beispiel hierfür.Was genau ist eine Schrödinger-Katze, und warum hat nochniemand eine beobachtet?

Um das Bizarre an dem von Schrödinger vorgeschla-genen Zustand zu erfassen, mag es nützlich sein, den Zu-standsbegriff der Quantenmechanik kurz zu rekapitulieren.Aus der klassischen Mechanik sind wir es gewöhnt, dasswir einen vollständigen Satz von Bestimmungsgrößen einesSystems bestehend aus allen Orten und allen Impulsen al-ler Teilchen beliebig genau und gleichzeitig angeben kön-nen. Man sagt, der Zustand des klassischen Systems ist be-stimmt durch die gleichzeitige Angabe aller Orte und Im-pulse aller Teilchen. Eine der zentralen Aussagen der Quan-tenmechanik ist dagegen, dass prinzipiell der Ort x und derImpuls px eines Teilchens in die gleiche Richtung, in der diekartesische Koordinate x gemessen wird, nicht gleichzeitiggenau bekannt sein können. Misst man den Ort sehr genau(und es gibt in der Quantenmechanik prinzipiell keine Ein-schränkung dieser Genauigkeit), so ist das Ergebnis einerunmittelbar folgenden Impulsmessung völlig unbestimmt,und umgekehrt. Es fehlt sozusagen die Hälfte der klassi-schen Information. Ganz allgemein macht die Quantenme-chanik nur statistische Aussagen über den möglichen Aus-gang von Messungen. Der Zustand eines Systems wird voll-ständig durch eine Wellenfunktion (auch Zustandsvektorgenannt) ψ beschrieben, der es erlaubt, Wahrscheinlich-keitsverteilungen für beliebige messbare Größen (Obser-

Im Jahre 1935 schrieb Erwin Schrödinger eine Folge vondrei Artikeln über „Die gegenwärtige Situation in der

Quantenmechanik“ [1]. Anlass für diese – wie er sich aus-drückte – „Generalbeichte“ war die berühmte, im gleichenJahr erschienene Arbeit von Albert Einstein, Boris Podolskyund Nathan Rosen [2]. Diese Arbeiten markieren die viel-leicht wichtigsten Meilensteine in der Auseinanderseztungvon Schrödinger und Einstein über die Vollständigkeit derQuantenmechanik. Ein kurzer Abschnitt am Ende des erstender drei Artikel beschreibt einen „burlesken“ quantenme-chanischen Zustand, die „Schrödinger-Katze“ von dem indiesem Aufsatz die Rede sein soll. Seine mögliche Existenzan sich, seine Geisterhaftigkeit, aber auch konkrete Expe-rimente, die ihm auf den Leib rücken, sorgen bis heute fürAufregung.

Verschränkte Quantenzustände

Symmetrien verlängern das Leben von Schrödingers Kätzchen DANIEL BRAUN

Wechselwir-kungen mit derUmgebung ver-hindern die Be-obachtung vonSchrödinger-Kat-zen. Ausnahmensollten aber mög-lich sein, wenn dieWechselwirkungmit der Umge-bung eine Sym-metrie besitzt.

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vablen) eindeutig zu bestimmen. Je nach Wellenfunktionkann dann zum Beispiel die Wahrscheinlichkeitsverteilungdes Ortes eines Teilchens beliebig scharf werden, auf Kostender Schärfe der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zu-gehörigen Impulskomponente.

Heisenbergsche UnschärfeMathematisch präzise formuliert wird dieser Mangel anInformation im Vergleich zum klassischen Fall durch dieHeisenbergsche Unschärferelation zwischen der statis-tischen Unsicherheit ∆x einer Ortsmessung und der einerImpulsmessung, ∆px, gemäß

∆x∆px ≥ h/4π,

wo das Heisenbergsche Wirkungsquantum h in unserengewohnten, der klassischen Erfahrung entspringenden SI-Einheiten extrem klein, aber doch endlich ist: h = 6,625 10-34 Js.

Eine Analogie zur statistischen Mechanik scheint sichaufzudrängen: Auch in der klassischen Mechanik gibt es oftSituationen, in denen man nicht alle Orte und Impulse vonallen Teilchen gleichzeitig kennt, wie bei einem Liter Luftbei Normalbedingungen. Man behilft sich dann mit einerstatistischen Beschreibung. Allerdings kann man dabeidavon ausgehen, dass die Orte und Impulse aller Teilchenzu jedem Zeitpunkt im Prinzip beliebig scharf vorliegen –nur sind wir eben aus praktischen Gründen nicht in derLage (oder auch gar nicht daran interessiert), sie allegleichzeitig zu messen. Ist es vielleicht auch so in derQuantenmechanik? Haben die Impulse und Orte prinzipiellvielleicht doch gleichzeitig scharfe Werte, und wir sind nur(noch?) nicht in der Lage, sie gleichzeitig zu messen? Kannes verborgene Parameter geben, die wir nicht unterKontrolle haben, die auch die Impulse eindeutig bestimmenwürden, wenn wir die Orte messen? Dies ist in der Tat dieSchlussfolgerung, zu der Einstein, Podolsky und Rosengelangten [2]. Schrödinger lieferte dagegen schon 1935gewichtige Argumente, die eine den klassischen Zustands-begriff rettende Existenz verborgener Parameter aus-schließen [1]. Einer experimentellen Entscheidung zu-gänglich wurde die Frage knapp 30 Jahre später, als JohnBell Ungleichungen aufstellte, die bei der Existenzverborgener Parameter erfüllt sein müssten [3]. Ein erstmalsvon Aspect, Dalibard und Roger durchgeführtes Experiment[4] und viele folgende zeigten:Die Bellschen Ungleichungensind in der Quantenmechanik immer verletzt, sprich es gibtkeine verborgenen Parameter [5].Wir müssen uns daran ge-wöhnen, dass die Observablen, für die der Zustandsvektoreine Wahrscheinlichkeitsverteilung endlicher Breite vorher-sagt, prinzipiell unbestimmt sind – bis sie eben gemessenwerden. Erst bei der Messung kommt ihnen ein objektiverWert zu – der Messwert. Bei häufiger Wiederholungderselben Messung am jeweils in der gleichen Art und Weise präparierten System (und mit einem in der gleichenWeise präparierten Messapparat!) wird man eine Vertei-

lung von Messwerten erlangen, die der mittelsZustandsvektor vorhergesagten Wahrscheinlichkeitsver-teilung entspricht.

Man kann stets Zustände konstruieren, in denen einebeliebig ausgewählte Observable unbestimmt ist, indemman sich ein zentrales Prinzip der Quantenmechanikzunutze macht: Das Superpositionsprinzip für Zustands-vektoren. Es besagt: Sindψ1und ψ2 zwei beliebigeerlaubte Zustandsvektoreneines Systems, dann ist auchjede lineare Superposition

ψ =c1ψ1 + c2ψ2

mit beliebigen komplexenZahlen c1 und c2 wieder einerlaubter Zustand [6]. Ist inden beiden Zuständen ψ1

und ψ2 die ausgewählte Ob-servable A scharf bestimmt,nimmt aber in beiden Zu-ständen einen jeweils ver-schiedenen Wert an, sagenwir a1 im ersten Zustand, a2

im zweiten, dann ist der Wertvon A im Zustand ψ jeden-falls unscharf. Genauer ge-sagt wird eine Messung derObservablen am im Zustandψ präparierten System malden Wert a1 (und zwar mitder Wahrscheinlichkeit |c1|2),mal den Wert a2 (mit derWahrscheinlichkeit |c2|2) er-geben. Vor der Messung istder Zustand der Observablenprinzipiell unbestimmt.

So weit so gut. Groteskwird es allerdings, wenn wirObservable betrachten, vondenen wir gewohnt sind,dass sie stets scharf be-stimmt sind. Lassen wirSchrödinger mit dem Ori-ginalrezept für den später als„Schrödinger-Katze“ in dieGeschichte eingegangenenZustandsvektor zu Wortkommen [7]:

„Man kann auch ganzburleske Fälle konstruieren.Eine Katze wird in eineStahlkammer gesperrt, zu-sammen mit folgender Höl-lenmaschine (...): in einem

DA S S U PE R P OS I T I O N S PR I N Z I P |

Auf zwei enge Spalte im Abstand d treffen von links einzelne Teilchen mit Impuls p. Jeder Spalt kann als Ausgangspunkt einer Zylinderwelle ψν (ν = 1,2) aufgefasst werden, deren Phase weit weg von den Spalten (Abstand des Schirmes L >> d) als die einer ebenen Welle genähert werden kann (ν = 1,2),

ψν = exp [ikk(xx – xxν)]/√(|xx – xxν|),

wobei die Position der Spalte durch xx1 =(0,d/2), und xx22 = (0,-d/2) gegeben ist, und kk = (kx, ky) den Wellenvektor mit dem Betrag k = 2π/λ bedeutet. Die De-Broglie-Wellenlänge λ = h/p ist durch das Planck-sche Wirkungsquantum h und den Impulsbestimmt.

Wird das System nicht durch äußere Ein-flüsse gestört, beobachtet man das zur Superposition ψ = ψ1 + ψ2 gehörige In-terferenzbild mit einer Wahrscheinlich-keitsverteilung, die nahe der Schirmmittegegeben ist durch

p (x = L, y) = |ψ|2 ≅ (4/L)cos2(ky d/2).

Maxima liegen in Richtungen θ (bzgl. der x-Achse) definiert durch ky d/2 = nπ, n = 0, 1, 2, 3… und führen auf die üblicheBedingung d sin θ = n λ.

Im Falle eines klassischen Gemisches (sprich man würfelt, ob Spalt 1 oder Spalt 2 geöffnet wird) ist die Intensitäts-verteilung dagegen gegeben durch die Summe der Einzelspaltbilder, |ψ1|2 + |ψ2|2 und zeigt kein Interferenz-muster.

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GEIGERschen Zählrohr be-findet sich eine winzigeMenge radioaktiver Substanz,so wenig, dass im Laufe einerStunde vielleicht eines vonden Atomen zerfällt, ebensowahrscheinlich aber auchkeines; geschieht es, sospricht das Zählrohr an undbetätigt über ein Relais einHämmerchen, das ein Kölb-chen mit Blausäure zer-trümmert. Hat man diesesganze System eine Stundelang sich selbst überlassen,so wird man sich sagen, dassdie Katze noch lebt, wenn in-zwischen kein Atom zerfallenist.

Der erste Atomzerfallwürde sie vergiftet haben.Die ψ-Funktion des ganzenSystems würde das so zumAusdruck bringen, dass in ihrdie lebende und die tote Kat-ze (s.v.v.) zu gleichen Teilengemischt oder verschmiertsind.“

Wir sind es gewohnt,dass eine Katze entweder totoder lebendig ist. Was be-deutet die quantenmecha-nische Superposition dieserbeiden Zustände? Warumwerden solche Superpositio-nen in der klassischen Physiknie beobachtet? Muss das sosein?

Das Wesen der Schrödinger-KatzeDas Wesentliche und Eigen-artige an der Schrödinger-Katze ist offensichtlich dieSuperposition makrosko-pisch verschiedener Zustän-de. Die beiden Zustände „le-bendig“ oder „tot“ der Katzesind nur zwei metaphorischeBeispiele für solch eine gro-tesk anmutende Überlage-rung. Man kann leicht eineVielzahl analoger Superposi-tionen konstruieren, die ähn-lich ungewohnt sind, wie dieSuperposition von Zuständen

eines Tennisballs, der in einem Zustand in eine bestimmteRichtung fliegt, im anderen Zustand in die entgegengesetzteRichtung; oder sich in einem Zustand hier befindet, im an-deren am entgegengesetzen Ende des Tennisplatzes. Groteskmuten diese Beispiele an, weil wir aus der klassischen Me-chanik zu wissen glauben, dass der Ort eines makroskopi-schen Objektes wie ein Tennisball zu jedem Zeitpunktscharf definiert ist, genauso wie sein Impuls. Und die Bei-spiele haben alle gemeinsam, dass sie noch niemals beob-achtet wurden.

Vom Standpunkt der Quantenmechanik aus ist daszunächst sehr erstaunlich: Sie erhebt den Anspruch,umfassender zu sein als die klassische Mechanik, und esgibt in ihr keine inhärente Größe eines Systems, ab der ihreZuständigkeit aufhören sollte. Alle derartigen Super-positionen sollten also mit dem gleichen Recht auftretenwie Zustände, in denen Orts- und Impulsunschärfe beideklein sind. In der mikroskopischen Welt sind beliebigeSuperpositionen in der Tat gang und gäbe. Das berühmteDoppelspaltexperiment beruht auf einer solchen Über-lagerung (siehe „Das Superpositionsprinzip“ Seite 247).Was

würde man eigentlichbeobachten, läge einSchrödinger-Katzenzu-stand tatsächlich vor?

Als erstes ist klar,dass man der Katze imSchrödinger-Katzenzu-stand mittels einer ein-zigen Messung nichtsbesonderes anmerken

würde. Gesetzt den Fall, wir hätten eine Observable, die esuns gestattet, zu entscheiden ob die Katze tot oder leben-dig ist, so muss die Messung doch sehr oft an der im iden-tischen quantenmechanischen Zustand präparierten Katzewiederholt werden, bevor man überhaupt nur hoffen kann,etwas Außergewöhnliches festzustellen [8]. Die Schrödin-ger-Katze manifestiert sich eben als Verschmierung der Wel-lenfunktion und nicht als der Katze selbst! Das ist ganz ana-log zu einem Doppelspaltexperiment mit einzelnen Elek-tronen (oder, wie kürzlich demonstriert, mit Fulleren-Mo-lekülen, molekularen „Tennisbällen“ bestehend aus 60 Koh-lenstoffatomen [9], siehe auch A. Zeilinger in Physik in un-serer Zeit 5/2000). Jedes einzelne Elektron wird stets alspunktförmiges Teilchen nachgewiesen. Es markiert also ei-nen winzigen Leuchtpunkt auf einem Fluoreszenschirm,viel winziger als die „Verschmierung“ der Wellenfunktion,die der Ausdehnung des Interferenzmusters entspricht.

Man beachte, dass die Verschmierung der Wellen-funktion stets über eine Verschmierung der Wahrschein-lichkeitsverteilung der Messergebnisse nachgewiesen wird.Umgekehrt genügt aber eine verschmierte Wahrschein-lichkeitsverteilung nicht als Nachweis einer Schrödinger-Katze: Wäre die Katze im Schrödinger-Katzenzustand undman machte sehr oft eine Messung ihrer Lebendigkeit,startend jedesmal vom gleichen Anfangszustand aus, so

KO H Ä R E N Z U N D S Y M M E T R I E |Dekohärenz kann quantitativ beschrieben wer-den, indem man das eigentlich interessierendeSystem an eine „Umgebung“ koppelt, die vielezusätzliche Freiheitsgrade enthält und daher einWärmebad bildet. Das Gesamtsystem ist abge-schlossen und kann mit der Standardquanten-mechanik beschrieben werden. Der Hamilton-Operator H für die Gesamtenergie setzt sich ausdem des Systems an sich, Hs, dem des Bades, Hb

und einer Kopplung Hsb zusammen,

H = Hs + Hsb + Hb.

Die Kopplung ist ein Produkt aus einem „System-kopplungsagenten“ S und einem „Badkopplungs-agenten“ B, Hsb = SB (oder eine Summe solcherTerme), zum Beispiel ein Produkt aus den beidenKoordinaten des interessierenden Teilchens undden Teilchen des Bades. Betrachten wir die Zeit-entwicklung eines Produktzustandes ψjk = σjβk

des Gesamt-systems beste-hend aus einemEigenzustand σj

von S zum Eigen-wert Sj und einemEigenzustand βk

von B zum Eigen-wert bk allein auf-grund der Kopp-lung Hsb, so stel-len wir fest, dassder Interferenz-term ψ1k*ψ2k ge-genüber dem frei-en Fall einen zu-sätzlichen zeit-

abhängigen Phasenfaktor exp[2πi(s1–s2)bktIh]erhält, der vom Zustand des Bades abhängt.Wiederholt man das Experiment sehr oft, wirddas Bad stets in einem anderen Zustand sein, dadie Badfreiheitsgrade nicht kontrollieren werdenkönnen. Man muss also über die Badzuständemitteln, sprich über alle möglichen bk summie-ren. Dabei entsteht eine Summe sehr vieler oszil-lierender Terme, und der resultierende „effekti-ve“ Interferenzterm mittelt sich sehr schnell zunull. Das ist das Phänomen der Dekohärenz.

Ausnahmen sind aber möglich! Gehören die beiden Zustände σ1 und σ2 zu einem entartetenEigenwert, also s1 = s2, so verschwindet die zu-sätzliche Phase für alle Zeiten und die beiden Zustände bleiben kohärent überlagert. EntarteteEigenwerte entstehen, wenn die Kopplung an die Umgebung eine Symmetrie besitzt.

System

Umgebung

Wärmebad

DIE SCHRÖDINGER-

KATZE MANIFESTIERT

SICH ALS VER-

SCHMIERUNG DER

WELLENFUNK TION

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würde man sie in 50 % aller Fälle tot, in 50 % aller Fällelebendig finden. Das ist aber nichts anderes, als wenn wirihr Schicksal einfach mit einem klassischen Würfelauswürfeln würden – und das bringt die Katze natürlichnicht in einen Schrödinger-Katzenzustand. Letzterer lässtsich so also nicht von einem klassischen „Gemisch“ vonZuständen unterscheiden.

Es gibt aber einen gravierenden Unterschied zwischenquantenmechanischen Superpositionen und klassischenGemischen: Erstere sind interferenzfähig, letztere nicht.Allerdings ist es alles andere als klar, wie man Interferenzenaus einer Katze in den beiden Zuständen „tot“ und„lebendig“ gewinnen kann. Betrachten wir daher lieber daserwähnte Doppelspaltexperiment (siehe „Das Superposi-tionsprinzip“ Seite 247), um zu verstehen, was Interferenzbedeutet: Im Falle eines klassischen Gemisches (sprich:manwürfelt aus, ob Spalt 1 oder Spalt 2 geöffnet wird) ist dieIntensitätsverteilung gegeben durch die Summe derEinzelspaltbilder, |ψ1|2 + |ψ2|2. Man erhält also zwei breiteMaxima jeweils gegenüber den beiden Spalten. Bei einerquantenmechanischen Superposition, wenn beide Spaltegleichzeitig geöffnet sind und das System nicht von außengestört wird, ist die Intensitätsverteilung dagegen |ψ1 +ψ2|2. Sie unterscheidet sich durch die beiden Interferenz-terme ψ1 ψ2* + ψ1*ψ2 vom klassischen Resultat. Diese Inter-ferenzterme sind verantwortlich für die bekanntenBeugungsmaxima beim Doppelspalt. Das Interferenzmusterhängt zudem von den relativen Phasen von ψ1 und ψ2 ab.Zusätzliche Phasenfaktoren können auftreten, wenn voreinem Spalt ein zusätzliches Hindernis aufgebaut wird, sodass sich das Teilchen dort verlangsamt – ganz analog derVerwendung von phasenschiebenden Plättchen in derOptik. Sind allgemein ψ1 und ψ2 zwei Zustände scharferEnergie E1 und E2, so führt auch eine freie zeitliche Ent-wicklung während der Zeit t zu einem zusätzlichen relativenPhasenfaktor, nämlich einem Faktor exp[2πi(E1-E2)t/h].Damit lässt sich auch eine Überlagerung ψ1 -ψ2 realisieren,und diese führt zu einem anderen Interferenzbild.

Gründe für die Abwesenheit von Schrödinger-Katzen in der klassischen Physik

Halten wir fest: Ein Schrödinger-Katzenzustand unter-scheidet sich von einem klassischen Gemisch durch dasAuftreten von Interferenzen. Hieraus leiten sich mehrereGründe dafür ab, dass wir sie in der klassischen Mechaniknie beobachten.

Ein GrößenordnungsproblemStellen wir uns vor, wir wollten das Doppelspaltexperimentmit Tennisbällen ausführen. Nehmen wir für die Masse desTennisballs m ≅ 100 g an und für seine Geschwindigkeit v≅ 1m/s, so ergibt sich eine De-Broglie-Wellenlänge von λ =h/mv ≅ 10-33 m. Das ist viel viel kleiner als die Größe einesAtoms, die typischerweise 10-10 m beträgt. Da einInterferenzbild aber nur auftritt, wenn der Abstand derSpalte vergleichbar ist mit der Wellenlänge, ist klar, dass wir

gar kein genügend feines Gitter bauen können, an dem dieTennisbälle gestreut werden könnten. Die Tennisbälle sehrviel langsamer zu machen, so dass λ ≅ d wird, ist auchnicht realistisch, da dann das thermische Rauschen bei denheute erreichbaren Tiefsttemperaturen zu Fluktuationen inder Geschwindigkeit führt, die größer sind als diegewünschte Geschwindigkeit. Wir müssen also offen-sichtlich deutlich masseärmere Objekte verwenden. In [9]wird auf eine heutige technische Grenze von etwa 107 bis108 Protonenmassen spekuliert, die dereines kleinen Virus entspricht.

Präparation und Detektion Für das Doppelspaltexperiment müssenalle verwendeten Teilchen möglichstpräzise in ein und dem selben Im-pulseigenzustand präpariert werden.Die ist schon für ein Elektron und erstrecht für ein Virus ein sehr schwierigherzustellender Zustand, bedeutet erdoch eine vollständige Delokalisierungim Ortsraum. Natürlichere Zuständewären Wellenpakete, die eine gewisseLokalisierung im Ortsraum bewirken,dafür aber auch eine Impulsunschärfebedingen. Es lässt sich leicht zeigen,dass sich eine kleine Impulsunschärfe∆p in eine longitudinale Kohärenzlängeder Größenordnung lc = λ/(∆p/p) =h/∆p übersetzt, innerhalb der dieTeilchen auf den Schirm treffenmüssen, um noch Interferenz erzeugenzu können. Dies stellt sehr hoheAnforderungen an die Präparation undDetektion der Teilchen.

DekohärenzSelbst wenn man relativ leichte Objek-te verwendet und das Präparations- undDetektionsproblem gelöst hat, verbleibtein weiteres fundamentales Problem:Entgegen unserer Idealisierung, in derdas zu beugende Teilchen nur mit demDoppelspalt und am Ende mit dem De-tektor wechselwirkt, ist in der Naturdas Teilchen natürlich nicht allein aufder Welt. Auf dem Weg von der Quellebis zum Schirm wechselwirkt es mit einer Vielzahl andererTeilchen, wie etwa Restmoleküle in der so gut wie möglichevakuierten Apparatur oder mit Photonen (und seien es nurdie der thermischen Hintergrundstrahlung). Solch eineWechselwirkung löscht im Allgemeinen das Interferenzbildsehr schnell aus. Der Grund hierfür ist klar:Wir könnten bei-spielsweise Lichtstreuung dazu benutzen, um festzustellen,ob das Teilchen durch den ersten Spalt ging oder durch denzweiten. Dazu müssen wir nur den ersten mit Licht be-

Z W E I N I V E AUATO M E I N E I N E M R E S O N ATO R|In einem Resonator für Lichtwellen, einem verspiegelten Hohlraum, sitzenN Zweiniveauatome. Genau eine Modedes Resonators sei in Resonanz mitdem Übergang der Atome, die Fre-quenz f dieser Mode entspricht gemäßE = hf dem Energieabstand der atoma-ren Niveaus. Die Umgebung bestehtaus einem Kontinuum elektromagne-tischer Moden außerhalb des Resona-

tors. Ist letzterer geschlossen, kanndie direkte Kopplung der Atome an dieUmgebung vernachlässigt werden. Dieeinzige Kopplung an die Umgebungfindet dann über die Resonatormodedurch das Entweichen von Photonenstatt, wenn die Spiegel nicht zu 100 %reflektieren. Bei großen Atomzahlenunterscheidet diese Kopplung nur sehrschwach zwischen einem Zustand, indem n Atome an- und N – n abgeregtsind, und dem umgekehrten Zustand(n Atome ab- und N-n angeregt). DieÜberlagerung zweier solcher Zuständebildet daher eine relativ langlebigeSchrödinger-Katze.

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leuchten, und re-gistrieren, ob beimDurchgang desTeilchens Photo-nen gestreut wer-den oder nicht. Esist wohlbekannt,dass eine Messungdes Weges, dendas Teilchen tat-sächlich nimmt,zu einer Zerstö-rung des Interfe-renzmusters führt.Das ist einleuch-tend, denn wennwir wissen, dassdas Teilchen durchden ersten Spaltgeht, können wirden zweiten auchzumachen, undumgekehrt. Dasheißt, man ist jetztwieder in der Si-tuation, in der einSpalt zufällig ge-

öffnet wird und erhält deshalb wieder ein klassisches Ge-misch. Die Zerstörung des Interferenzbildes aufgrund einerWechselwirkung mit der Umgebung (sei es aufgrund einerMessung oder durch unkontrollierte Einflüsse) wird als De-kohärenz bezeichnet.

Auch rein klassisch bleibt ein Restgas in der Apparaturnatürlich nicht unbemerkt:Ein schnell einfallendes Teilchenwird abgebremst, bis seine Geschwindigkeit der mittlerenthermischen Geschwindigkeit der Restgasatome entspricht.Die Zeitskala τκl, auf der das passiert, hängt von der Dichtedes Restgases ab. In einer Reihe theoretischer Arbeiten derletzten Jahre hat sich herausgestellt, dass die Interferenz-fähigkeit der ursprünglichen Superposition aber typischer-weise auf einer viel kürzeren Zeitskala verlorengeht [10-14]. Baut man sich etwa eine Superposition von zweiWellenpaketen im Abstand d (also ganz ähnlich derSuperposition der beiden Zylinderwellen beim Doppelspalt-experiment) und koppelt das Teilchen an ein Wärmebadder Temperatur T, dann verschwinden die Interferenztermeauf der Zeitskala τdec = τκl (λth/d)2, wo λth = h/√(2πmkBT)die so genannte thermische De-Broglie-Wellenlänge desTeilchens bedeutet. Das Plancksche Wirkungsquantum imZähler weist diese Länge als mikroskopische Skala aus. Beimakroskopischem Abstand d erscheint die Dekohärenz imVergleich zur klassischen Dämpfung um den riesigen Faktor(d/λth)2 beschleunigt. Man spricht daher auch von „Deko-härenzbeschleunigung“. Sie ist der vielleicht wichtigsteGrund, warum Schrödinger-Katzen nie beobachtet werden.Dekohärenz würde Schrödinger-Katzen auch dann sofort

zerstören, wenn man zu mesoskopischen Objekten gehtund sowohl das Präparations- als auch das Detektions-problem in den Griff bekommt. Um einen Eindruck derGrößenordnung des Beschleunigungsfaktors zu bekommen:Für ein Virus mit 108 Protonenmassen delokalisiert in zweiWellenpaketen im Abstand 1 µm beträgt er bei Zimmer-temperatur ungefähr 1016!

Rettung durch SymmetrieIst beschleunigte Dekohärenz ein unvermeidbares Phä-nomen? Ein Naturgesetz?

In den letzten Jahren hat sich herausgestellt, dass dasnicht der Fall ist [13, 15]. Sehr viel hängt in der Tat von derArt der Kopplung an die Umgebung ab (siehe „Kohärenzund Symmetrie“ Seite 248). Man kann sich den Einfluss derUmgebung wie einen dauernden Messversuch vorstellen. Inder Tat ist eine Messung ja nur ein Spezialfall einer Wechsel-wirkung mit einem makroskopischen System, nämlich demMessinstrument. Besitzt die Kopplung an die Umgebungeine gewisse Symmetrie, so dass die Umgebung die beidenZustände der Schrödinger-Katze gar nicht unterscheidenkann, geht auch die Kohärenz nicht verloren, und dasInterferenzmuster bleibt erhalten! Es ist so, als würde manversuchen, den Weg des Teilchens durch den Doppelspaltzu bestimmen, indem man ihn beleuchtet und guckt, woherdas Streulicht kommt. Verwendet man aber Licht so langerWellenlänge, dass der Abstand der beiden Spalte gar nichtaufgelöst werden kann, dann wird das Interferenzbild nichtgestört – was auch naheliegt, da Photonen sehr großerWellenlänge nur sehr geringe Energie besitzen und daherdas Teilchen nicht sonderlich beeinflussen.

Es gibt erstaunlich viele symmetrische Kopplungen inder Natur. In „Zweiniveauatome in einem Resonator“, Seite249, diskutieren wir ein spezielles Beispiel von Atomen (dieder Einfachheit halber nur zwei Energieniveaus besitzensollen) in einem Resonator. Die Kopplung an dieUmgebung, ein Kontinuum von elektromagnetischenModen außerhalb des Resonators, kommt nur über eineeinzige Mode des Resonators zustande, die mit demÜbergang der Atome in Resonanz steht. Es lässt sich leichtzeigen, dass diese Kopplung bei großen Atomzahlenpraktisch die gleiche ist für kollektive Zustände der Atome,die sich nur durch gleichzeitigen „Flip“ aller Atomeunterscheiden (sprich alle angeregten Atome werdenabgeregt und umgekehrt) [13]. Darüber hinaus gibt es beibeliebigen Atomzahlen N exponentiell viele Zustände,≅ ( exp N)/√––

N, für die der Eigenwert des Systemkopplungs-agenten exakt verschwindet. Alle diese Zustände formendaher, sollte es keine weiteren Dekohärenzmechanismengeben, einen riesigen kohärenten Unterraum im Raum allermöglichen Zustände [16-19].

Auf dem jungen, sich stürmisch entwickelnden Gebietder Quantencomputer [20] haben diese „dekohärenzfreienUnterräume“ seit zwei Jahren große Bedeutung erlangt. Ineinem Quantencomputer wird Information in quanten-mechanischen Wellenfunktionen gespeichert und verar-

B I O G R A PH I E |Erwin Schrödinger

12. 8. 1887 Geburt in Wien1906 Beginn des Physikstudiums in Wien1910 Promotion über Luftelektrizität1920/21 Dozent in Jena, Stuttgart und Breslau1921 Professor in Zürich1927 Nachfolger Max Plancks an der Universität Berlin1933 Physik-Nobelpreis gemeinsam mit Paul Dirac und

Emigration nach England und Österreich1938 Flucht nach Italien und Belgien 1939 Gründungsdirektor des Institute for Advanced

Studies in Dublin1956 Rückkehr nach Wien4.1.1961 Tod in Wien

LiteraturE. Schrödinger, Mein Leben, meine Weltansicht, 1989D. Hoffmann, Erwin Schrödinger, 1984.

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beitet. Man hofft, aufgrund des Superpositionsprinzips vieleAnfangszustände gleichzeitig zu überlagern und parallelverarbeiten zu können und daher eine große Beschleu-nigung bestimmter Algorithmen zu erreichen. Der Com-puter befindet sich aber praktisch immer in einemSchrödinger-Katzenzustand. Zwar unterscheiden sich dieZustände nicht makroskopisch, aber doch mesoskopisch,sprich man muss mit Wellenfunktionen rechnen, die sichüber einige hundert Atome erstrecken. BeschleunigteDekohärenz wird damit eines der Hauptprobleme. DieHoffnung ist auch hier, durch gezieltes Ausnutzen vonSymmetrien Zustände zu finden, die von Dekohärenzverschont bleiben, und nur diese zum Betreiben desQuantencomputers zu nutzen [19].

Ich danke Prof. Fritz Haake für zahlreiche Diskussionenzum Thema und eine kritische Durchsicht des Manuskripts.Diese Arbeit wurde durch den Sonderforschungsbereich237 „Unordnung und große Fluktuationen“ gefördert.

ZusammenfassungSchrödinger-Katzenzustände sind beispielhaft für eine grund-legende Eigenschaft von quantenmechanischen Zuständen:die Möglichkeit der kohärenten Superposition, die Anlass zuallerlei Interferenzphänomenen gibt. Ausgehend von der Heisenbergschen Unschärfe werden in diesem Aufsatz das We-sen der Katzenzustände und die Gründe für ihre Nichtbe-obachtbarkeit in der klassischen Physik diskutiert. Es wirdaußerdem gezeigt, wie Symmetrien dazu beitragen können,die Kohärenz von Quantenzuständen beobachtbar zu ma-chen.

Literatur und Anmerkungen[1] E. Schrödinger, Die Naturwissenschaften 4488, 807 (1935); ibid. 4499,

823 und 844.[2 ] A. Einstein, B. Podolsky, und N. Rosen, Phys. Rev. 4477, 777 (1935).[3] J. S. Bell, Physics 11, 195 (1964); für eine populärwissenschaftliche

Darstellung siehe auch H. Genz, Physik in unserer Zeit, 2266, 251(1997) sowie G. Alber und M. Freyberger, Phys. Blätter 5555, 23(1999).

[4] A. Aspect, J. Dalibard und G. Roger, Phys. Rev. Lett. 4499,, 1804 (1982).[5] Streng gesprochen ist die experimentelle Situation noch nicht

eindeutig geklärt. Erst vor kurzem wurde das so genannteKausalitätsschlupfloch geschlossen (G. Weihs, T. Jennewein, Ch.Simon, H. Weinfurter und A. Zeilinger, Phys. Rev. Lett. 8811, 5039(1998)), während ein „Detektorschlupfloch“ aufgrund nichtgenügend empfindlicher Detetoren noch immer offen ist. Allerdingsist die bisher gefundene Verletzung der Bellschen Ungleichungen inso guter Übereinstimmung mit der quantenmechanischenVorhersage, dass niemand mehr glaubt, dass die Natur von diesemletzten Schlupfloch Gebrauch machen könnte.

[6] Lediglich die Normierung sollte erhalten bleiben: Wenn ψ1 und ψ2

normiert sind, sollen sich die Betragsquadrate von c1 und c2 zu einsaddieren, aber das ist nicht wesentlich für das Folgende.

[7] Es sei betont, dass es sich bei der zitierten Vorschrift um einGedankenexperiment handelt. Meines Wissens nach hat es niemandmit einer echten, lebenden Katze jemals durchgeführt, noch wäreein solcher Tierversuch sinnvoll, wie im Folgenden klar werden wird.

[8] In der Tat hätte man einige Schwierigkeiten, eine Observable zudefinieren, die mittels eines einzigen instantanen Messprozessesentscheidet, ob die Katze tot ist oder lebendig. Die in der Biologiegetroffene Definition für Leben – Antwort auf Reize, Stoffwechselund Fortpflanzung – setzt Beobachtungen voraus, die in der Zeitausgedehnt sind, oder zumindest zwei aufeinander folgendeMessungen; doch soll uns dieses Problem nicht weiter bekümmern.Tierfreunde mögen es vorziehen, an den Tennisball und eineOrtsmessung zu denken.

[9] M. Arndt, O. Nairz, J. Vos-Andreae, C. Keller, G. Van der Zouw und A.Zeilinger, Nature 440011, 680 (1999); M. Arndt und A. Zeilinger, Phys.Blätt. 5566, 69 (2000).

[10] W. H. Zurek, Phys. Rev. D 2244, 1516 (1981) und Physics Today, 4444, 36(1991).

[11] E. Joos und H. D. Zeh, Z. Phys. B 5599, 223 (1985).[12] D. Giulini, E. Joos, C. Kiefer, J. Kupsch, I.-O. Stamatescu, und H. D.

Zeh, Decoherence and the Appearance of a Classical World inQuantum Theory (Springer Verlag, Berlin 1996).

[13] D. Braun, P.A. Braun und F. Haake, Opt. Comm. 117799, 195 (2000).[14] D. Braun, F. Haake und W. T. Strunz; quant-ph/0006117.[15] W. H. Zurek, Phys. Rev. D 2266, 1862 (1982).[16] L. M. Duan und G. C. Guo, Phys. Rev. A 5588, 3491 (1998).[17] D. A. Lidar, I. L. Chuang, und K. B. Whaley, Phys. Rev. Lett. 8811, 2594

(1998).[18] P. Zanardi und M. Rasetti, Phys. Rev. Lett. 7799, 3306 (1997).[19] A. Beige, D. Braun, B. Tregenna und P. L. Knight, erscheint in Phys.

Rev. Lett. (2000); quant-ph/0004043.[20] D. Deutsch, Proc. R. Soc. A 440000, 97 (1985); ibid. 442255, 73 (1989). Für

eine populärwissenschaftliche Darstellung siehe H.-J. Briegel, I.Cirac und P. Zoller, Phys. Blätter 5555, 37 (1999).

Der AutorDaniel Braun, geb. 1967, Physikstudium undDiplomabschluss an der Universität Stuttgart, 1995 Promotion an der Université Paris Sud, 2000 Habilitation an der Universität-GHS Essen, dort zur Zeit Privatdozent. Anschrift: Dr. D. Braun, Fachbereich Physik,Universität-Gesamthochschule Essen, 45117 Essen