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Studienseminar für Gymnasien Heppenheim Pädagogische Facharbeit Gem. § 40a HLbG und § 46 HLbGDV Ist Choice2learn eine geeignete Methode zur Veränderung von ausgewählten, persistenten Lernervorstellungen zum Themenfeld „Organik“ der Oberstufe (Einführungsphase)? vorgelegt von Studienreferendarin Tanja Katharina Gergen am 08.08.2016 Ausbildungsschule: Betreuender Ausbilder: Herr Dr. Gräber Fach: Chemie

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Studienseminar für Gymnasien Heppenheim

Pädagogische Facharbeit

Gem. § 40a HLbG und § 46 HLbGDV

Ist Choice2learn eine geeignete Methode zur

Veränderung von ausgewählten, persistenten

Lernervorstellungen zum Themenfeld „Organik“ der

Oberstufe (Einführungsphase)?

vorgelegt von

Studienreferendarin Tanja Katharina Gergen am

08.08.2016

Ausbildungsschule:

Betreuender Ausbilder: Herr Dr. Gräber

Fach: Chemie

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Versicherung

Ich versichere, dass ich die vorliegende Pädagogische Facharbeit selbständig verfasst,

keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet und sämtliche Stellen dieser

Arbeit, die anderen benutzten Werken im Wortlaut oder dem Sinne nach entnommen

sind, in jedem einzelnen Falle unter Angabe der Quelle als Entlehnung kenntlich

gemacht habe.

- Internetquellen sind gemäß den Vorgaben des Seminarrates nachgewiesen.

____________________________

(eigenhändige Unterschrift)

Genehmigung zur Ausleihe

Ich bin damit einverstanden, dass ein unkorrigiertes Exemplar der vorliegenden

Pädagogischen Facharbeit zwecks Ausleihe in die Bibliothek des Studienseminars

eingestellt wird. ja ___ nein ___

Darüber hinaus erkläre ich mich einverstanden, dass der Titel, die Gliederung und

gegebenenfalls eine kurze Zusammenfassung meiner Pädagogischen Facharbeit auf

Veranlassung des Studienseminars Heppenheim im Internet veröffentlicht werden

dürfen. ja ___ nein ___

Ich bin auch einverstanden, dass das Studienseminar Heppenheim eine um die

Lerngruppenbeschreibung gekürzte Version meiner Pädagogischen Facharbeit im

Internet veröffentlicht. ja ___ nein ___

_____________________________________ (eigenhändige Unterschrift)

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Inhaltsverzeichnis

I. Genese ............................................................................................................. 1

II. Theorie……………………………………………….……………………..…………..2

2.1 Lernervorstellungen……………………………………………..………………....2

2.2 Veränderung von Lernervorstellungen……………………………………......….5

III. Lernausgangslage und Lerngruppe…………………………….……..……..…...8

IV. Konzeption von choice2learn………………………...……………………...….…11

4.1 Vorstellung der Konzeption von choice2learn……………………..….……...11

4.2 Die Konzeption von choice2learn aus der didaktischen und methodischen

Perspektive………………………………………….....……………………….….….12

V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen……….….………..…..…16

a) Verbrennung…………………………………………...……….....…………..18

b) Änderung von Aggregatzuständen………………………..……….....…….20

c) Löslichkeit……………………………………………………..….…………...21

VI. Lernimpulse, ihre Evaluation und Denkprozesse der SuS…………....……...23

a) Verbrennung……………………………………………...………….....…..…23

b) Änderung von Aggregatzuständen………………………………....…...….24

c) Löslichkeit………………………………………………….……………........24

VII. Evaluation des Einsatzes von choice2learn…………………………………...25

a) Verbrennung……………………………………………………......………....26

b) Änderung von Aggregatzuständen……………………..…….…..…..…….27

c) Löslichkeit…………………………………………………....…………....….28

VIII. Fazit, Ausblick und Weiterarbeit………………………………..…...……....……30

IX. Literatur………………………………………………………...…..…………..…...…31

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I. Genese

Lo que se aprende con bragas, no se olvida con canas.

(spanisches Sprichwort)

Als ich dieses Sprichwort von meiner damaligen spanischen Mitbewohnerin während

meines Auslandsaufenthaltes hörte, wusste ich noch nicht welche Bedeutung es für

meine Lehrtätigkeit haben wird. Zunächst einmal birgt es eine große Chance, als

Lehrkraft prägend auf die Entwicklung von Kindern zu wirken und eine gewisse

Modellfunktion zu haben. Bereits im naturwissenschaftlichen Anfangsunterricht (‚der

Wiege‘) sollen Schülerinnen und Schüler1 laut den Bildungsstandards

wissenschaftspropädeutisches Arbeiten erlernen, „sowie Denk- und Handlungsarten

[erwerben], die sie befähigen, aktuelle und langfristige Probleme zu erfassen und sich

durch Sachkenntnis rational mit ihnen auseinanderzusetzen.“2

Doch schon hier stoßen ihre aus alltäglichen Beobachtungen resultierenden

subjektiven Theorien, die für sie ihre Gültigkeit haben auf‚ die wissenschaftliche

Wahrheit‘3. Bereits während meiner universitären Ausbildung weckten

Schülervorstellungen und der Umgang mit diesen im Chemieunterricht mein Interesse.

So erkannte ich bei der Konzeption einer Unterrichtsreihe zur Einführung des

Teilchenkonzepts im Anfangsunterricht4 Herausforderungen, wie beispielsweise der

Spagat zwischen Fasslichkeit und naturwissenschaftlicher Gültigkeit5, sowie der

Vermeidung von hausgemachten Fehlvorstellungen.6 Im Rahmen meines

Vorbereitungsdienstes erfuhr ich im Fachseminar Chemie durch Seminarbeiträge von

u.a. Herrn Dams zum Thema Präkonzepte im Chemieunterricht der Jahrgangsstufe

Sieben noch mehr zu dieser Thematik. Von der Persistenz der Präkonzepte und

subjektiven Theorien konnte ich mich während des Unterrichtens meiner Lerngruppe,

einer E-Phase7, selbst überzeugen. Neben ursprünglichen (Fehl)Vorstellungen8 sah ich

mich mit hausgemachten (Fehl)Vorstellungen konfrontiert, die angesichts der damals

bevorstehenden Unterrichtseinheit Organik für einen erfolgreichen Lernprozess

unbedingt verändert werden mussten. Die Herausforderung bestand dabei zunächst

eine geeignete Konzeption zu entwickeln, die eine langfristige Veränderung, der sich

seit ‚den Kinderschuhen‘ manifestierenden bzw. etablierenden, elementaren

(Fehl)Vorstellungen, initiiert. Auf Anregung eines Seminarbeitrags von Herrn Heß und

1 Nachfolgend wird die Abkürzung SuS bzw. SoS mit der Bedeutung Schülerinnen und bzw. oder Schüler verwendet,

um einen besseren Lesefluss zu gewährleisten. 2 s. Hessisches Kultusministerium (2011): Bildungsstandards und Inhaltsfelder. Das neue Kerncurriculum für Hessen.

Sekundarstufe I – Gymnasium. Chemie. Wiesbaden, S. 11 3 Auf Grundlage des derzeitigen naturwissenschaftlichen Konsens

4 im Rahmen einer Seminararbeit

5 vgl. Anton, M. A. (2008): Kompendium Chemiedidaktik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 124ff

6 vgl. Kap. 2.1 Lernervorstellungen

7 vgl. Kap. III. Lernausgangslage

8 Der Begriff Fehlvorstellung muss hier kritisch betrachtet werden., vgl. Kap. 2.1 Lernervorstellungen

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Gesprächen mit meinem Ausbilder wurde ich auf Choice2learn, einer Konzeption zur

Exploration und Veränderung von Lernervorstellung im naturwissenschaftlichen

Unterricht von Frau Prof. Dr. Marohn, aufmerksam.9 Choice2learn orientiert sich dabei

an der konstruktivistischen Sichtweise, bei der Lernen als „aktiver, selbstgesteuerter,

konstruktiver, situativer und sozialer Prozess“10 verstanden wird und berücksichtigt die

subjektiven Theorien der Schüler11. Es stellte sich mir daher die Frage wie elementare

und damit für den Oberstufenunterricht essentielle Vorstellungen, die bereits in der

Sekundarstufe I thematisiert wurden, inhaltlich in den ‚normalen‘ Unterricht integriert

werden können. Auf diese Weise sollen auch andere Fachkollegen von den

Erfahrungen profitieren und eine Möglichkeit zur Implementierung der choice2learn-

Konzeption in den Regelunterricht dargestellt bekommen. Neben der

Konzeptentwicklung bestand der Wunsch, dass die SuS Selbstvertrauen und

Eigenständigkeit gewinnen, auf dessen Förderung ebenfalls ein Schwerpunkt lag.12

Aus diesem Hintergrund entwickelte sich die zentrale Frage der vorliegenden

pädagogischen Facharbeit:

Ist Choice2learn eine geeignete Methode zur Veränderung von ausgewählten,

persistenten Lernervorstellungen zum Themenfeld „Organik“ der Oberstufe

(Einführungsphase)?

Im Rahmen der Arbeit werden zunächst theoretische Grundlagen zu

Schülervorstellungen und deren Veränderung dargelegt. Des Weiteren wird die

Konzeption von choice2learn und deren Erprobung aus der didaktischen und

methodischen Perspektive vorgestellt. Abschließend sollen die Ergebnisse hinsichtlich

einer Konzept- sowie Kompetenzentwicklung bewertet, die Praxistauglichkeit beurteilt

und einen Ausblick auf eine mögliche Weiterarbeit gegeben werden.

II. Theorie

2.1 Lernervorstellungen

Nach Dewey und Ausubel muss eine Lehrkraft vor der Konzeption des Unterrichts die

Erfahrungen eines jeden Lernenden berücksichtigen, denn diese schon vorhandenen

Vorstellungen beeinflussen die Organisation aller neuen Erfahrungen.13

Die bereits existierenden Vorstellungen der Lernenden können aus alltäglichen

Beobachtungen resultieren. SuS aber auch Erwachsene verknüpfen oftmals diese

9 vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen

im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83 10

s. Reinmann-Rothmeier, G.; Mandl, H. (1998): „ Wissensvermittlung: Ansätze zur Förderung des Wissenserwerbs.“, in F. Klix & H. Spada (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie C/II/6. Theorie und Forschung (S. 457-500). Göttingen: Hogrefe, S. 459 zitiert nach: Mandl, H.; Krause, U.-M. (2001): Lernkompetenz für die Wissensgesellschaft (Forschungsbericht 145). München: Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Pädagogik und Pädagogische Psychologie, S. 5 11

Die männlichen Formen wie Schüler/Lehrer werden aus Gründen der besseren Lesbarkeit benutzt. Es können dabei aber sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sein. 12

vgl. Kap. III. Lernausgangslage 13

vgl. Barke, H.-D. et al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 22

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Erfahrungen logisch und entwickeln daraus eigene Konzepte, die ihnen für weitere

Erklärungen zur Verfügung stehen. Da diese subjektiven Theorien ohne jegliches

Vorwissen entstehen, dürfen sie – auch wenn sie nicht der wissenschaftlichen

Vorstellung entsprechen – nach Barke (2006, 2011) nicht als falsch angesehen

werden.14 Selbst in früheren Jahrhunderten wurden auf Grundlage von Beobachtungen

und Logik Theorien und Gesetze formuliert, welche ohne experimentelle

Untersuchungen anerkannt wurden. Er bezeichnet sie daher auch als ‚alternativ‘ bzw.

‚ursprünglich‘ oder als ‚Präkonzepte‘.15 Exemplarisch für ein Präkonzept ist die

vorwissenschaftliche Vorstellung resultierend aus den Beobachtungen des

Verdampfungsprozesses von Wasser. Dabei existiert oftmals die subjektive Theorie

von Kindern, dass das Wasser einer Pfütze durch einen Sonnenstrahl aufgesogen

wird. Erst durch den Vorgang des Kondensierens kann sich bei den Kindern eine

wissenschaftlich anerkannte Vorstellung entwickeln.16 Daneben wird eine Vielzahl der

Alltagsphänomene nicht auf physikalischen und/oder chemischen Vorgängen hin

untersucht, sondern als gegeben akzeptiert.17 Während Präkonzepte überwiegend im

Anfangsunterricht Chemie auftreten, können sich im weiteren Bildungsgang durch

Vermittlungsfehler im Chemieunterricht lehrerinduzierte oder ‚hausgemachte‘

Vorstellungen, wie Barke (2006) sie nennt, abzeichnen.18 Allgemein stellt es für

Lehrkräfte eine Herausforderung dar, ihre Lernenden zur entsprechenden Vorstellung

hinzuführen, für die es derzeitig einen wissenschaftlichen Konsens gibt.19

„Der Wechsel zwischen der makroskopischen und submikroskopischen

Betrachtungsweise, das Abstraktionsniveau der theoretischen Vorstellungen und die

Komplexität der erforderlichen Denkschemata machen die Chemie in den Augen vieler

zu einem schwierigen Fach.“20 Nach Johnstone liegt hier die Wurzel lehrerinduzierter

Fehlvorstellungen:21

„macro“:

was man sehen, fühlen und riechen kann

„submicro“: „representational“:

Atome, Ionen, Symbole, Formeln,

Moleküle, Reaktionsgleichungen,

Strukturen Stöchiometrie,

Tabellen und Graphen

14

Daher sollte der Begriff ‚Fehlkonzept‘ vermieden werden. 15

vgl. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer, S. 21 16

vgl. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer, S. 23 17

vgl. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 145 18

vgl. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer, S. 25f 19

vgl. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 133f 20

s. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 123 21

„Chemical Triangle“ nach Johnestone: s. vgl. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer, S. 31

Abbildung 1: "Chemical Triangle" nach Johnstone

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Johnstone stellt hier die drei Ebenen (‚levels‘) des naturwissenschaftlichen Denkens

und deren Zusammenhang dar: Während die Makroebene Phänomene beschreibt, die

durch Sinneswahrnehmungen (Sehen, Fühlen, Riechen) direkt sichtbar und erfahrbar

sind, so sind submikroskopische Erklärungen nicht wahrnehmbar und damit besonders

für Lernende des Anfangsunterrichts abstrakt. Auf dem representational level werden

Zusammenhänge der makroskopischen oder submikroskopischen Ebene durch

Symbole und Graphen beispielsweise visualisiert.22 Werden Phänomene, die auf

Makroebene wahrgenommen wurden, direkt symbolhaft dargestellt, so erschließt sich

den SuS keinerlei Zusammenhang und sie bilden ihre eigene Vorstellung auf

submikroskopischer Ebene, was zu hausgemachten Vorstellungen führen kann.

Generell gestaltet es sich nach Kozma für Lernende schwierig, naturwissenschaftliche

Phänomene anhand symbolischer Darstellungen zu erklären.23

Als Brücke zwischen den drei Ebenen fungiert die chemische Fachsprache, die

differenziert und kategorisiert. Wird die Fachsprache in diesem Zusammenhang

allerdings nicht hinreichend differenziert, so sind hausgemachte Vorstellungen die

Folge. Des Weiteren kann Alltagssprache oder Umgangssprache unzureichende

Vorstellungen begünstigen und stärker verankern. So für diese Facharbeit relevante

alltäglichen Aussagen wie zum Beispiel: „Fettflecken werden ‚ent‘-fernt‘“24, „Kohle ‚ver‘-

glüht“25, „Holz ‚ver‘-kohlt“26. Bedingt durch die Formulierung regen sie zu einem

Vernichtungskonzept an. Dieses, sowie die Vorstellung vom Eigenschaftsträger,27

gehen auf die ursprüngliche Verbrennungsvorstellung (repräsentieren demnach den

historischen Verlauf von Erkenntnisprozessen) zurück, welche sich beständig bis in

den Chemieunterricht der Oberstufe hält28.

Je nach Entwicklungsstand der SuS finden sich in ihren Äußerungen konkret-bildhafte,

sowie magisch-animistische Sprechweisen, wobei Deutungen anhand von Analogien

erfolgen und Ursachen personifiziert dargestellt werden: „[…] das Holz will nicht

brennen, die Flamme will ausgehen, […] das Holz brennt, damit man sich wärmen

kann, etc.“29 Die Bedeutung der Sprache im Unterricht ist – wie bereits angedeutet –

von jeder Lehrkraft zu berücksichtigen. Lehrende müssen eine Sensibilität hierfür

entwickeln, um Vorstellungen der SuS mittels kognitions-linguistischer Analyse zu

erfassen. Lebensweltliche, auf direkten Erfahrungen basierende, Vorstellungen – auch

22

vgl. Nakoinz, S. (2015): Untersuchung zur Verknüpfung submikroskopischer und makroskopischer Konzepte im Fach Chemie. Berlin: Logos, S. 10 23

vgl. Kozma, R. B. (2000): „The use of multiple representations and the social construction of understanding in chemistry“, in: Jacobson, M.; Kozma R. B. (Hrsg.): Innovations in science and mathematics education: Advanced designs for technologies of learning (S. 11-46). Mahwah, NJ: Erlbaum, S. 12 24

s. Barke, H.-D. et al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 16 25

s. Barke, H.-D. et. al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 16 26

s. Barke, H.-D. et al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 16 27

Bsp: „Kupfer wird beim Erhitzen in der Flamme schwarz.“ (s. Barke, H.-D.; Harsch, G. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 17) 28

vgl. Barke, H.-D. et al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 17ff 29

s. Barke, H.-D. et al. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 15

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verkörperte Vorstellungen genannt – sind die Grundlage für das Verstehen von

Gebieten, für die noch keine Erfahrung vorliegt. „Diese verkörperten und durchaus

reich strukturierten Vorstellungen sind der Ursprungsbereich, aus dem heraus

imaginativ ein Verständnis aller anderen Bereiche erfolgt.“30 So lassen Phrasen wie

‚die Lösung eines Problems‘ beispielsweise unterschiedliche metaphorische

Interpretationen zu: Während eine Vielzahl diese Aussage dahingegen interpretiert,

dass ein Problem nicht mehr existiert, greifen Lakoff und Johnson eine chemische

Metaphorik auf:

„It gives us a view of problems as things that never disappear utterly and that cannot be solved once and for all. All of your problems are always present, only they may be dissolved and in solution, or they may be in solid form. The best you can hope for is o find a catalyst that will make one problem dissolve without making another one precipitate out.“

31

2.2 Veränderung von Vorstellungen

Das vorangehende Kapitel legt dar, welch große Bedeutung die Kenntnis über

unterschiedliche Schülervorstellungen für den Unterricht hat. Lebensweltliche

Vorstellungen sind über viele Jahre hin erworben und demnach tiefer verwurzelt als

neue, im Rahmen weniger Unterrichtsstunden, erworbene Konzepte.32 Als logische

Konsequenz daraus ergibt sich die Frage, auf welche Art und Weise neue

Denkstrukturen aufgebaut werden können.

Wenn die Lehrkraft im Anfangsunterricht Präkonzepte und subjektive Theorien der SuS

hinsichtlich des derzeitigen wissenschaftlichen Konsens negiert bzw. sanktioniert und

Unterricht als Vermittlungsinstitution versteht, bei dem ‚falsche‘ Vorstellungen durch

‚richtige‘ ersetzt werden, kann Unterricht nicht als „Ort des Verstehen-Lernens“33

begriffen werden.

„Verstehen bedeutet, dass die (der) Lernende Wissensstrukturen (wie Begriffe, Begriffsnetze, Klassifikationssysteme, Gesetzmäßigkeiten, theoretische Konzepte) entwickelt und dass es ihm gelingt, die zu verarbeitende Information oder die Fakten in diese Strukturen einzuordnen und Beziehungen herzustellen.“

34

Die Verknüpfung von deklarativen35 und prozeduralem Wissen36 schafft dabei eine

Wissensstruktur, die für wissenschaftspropädeutisches Arbeiten und damit

problemlösende Strategien im Chemieunterricht unabdingbar ist.37

30

s. Gropengießer, H. (1999): „Was die Sprache über unsere Vorstellungen sagt. Kognitionslinguistische Analyse als Methode zur Erfassung von Vorstellungen: Das Beispiel Sehen., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften; Jg. 5, Heft 2, S. 57-77; S. 60 31

s. Lakoff, G.; Johnson, M. (1980): Metaphors We Live By., Chicago: The University of Chicago Press, S. 143 32

vgl. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer , S. 29 33

S. Rehm, M.; Stäudel, L. (2010): „Nature of Science. Erwartungen und Ansätze.“, in: Naturwissenschaften im Unterricht. Chemie. Nature of Science (01.08.2010), S. 14-15 34

s. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 122 35

= einzelne Wissenselemente, wie z.B. Fakten-, Verfügungswissen 36

= Fähigkeit des Herstellens von Beziehungen, Orientierungswissen 37

vgl. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 124f

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6

Hier muss den SuS transparent gemacht werden, dass Verstehen durch strukturell

gebundenes Wissen erleichtert wird und dieses somit länger abrufbar als isoliertes

Einzelwissen ist.38

Lernen hinsichtlich einer Änderung bzw. Weiterentwicklung von Konzepten wird in der

Fachliteratur unterschiedlich beschrieben. Während Posner et. al. (1982) den Begriff

des ‚conceptual change‘39 prägt, der eine radikale Ablösung der ursprünglichen zur

neuen Vorstellung bezeichnet40, haben sich im Zuge der konstruktivistischen

Lerntheorie Bezeichnungen wie „conceptual development (Entwicklung), conceptual

growth (Wachstum)41, conceptual reorganisation (Reorganisation) und conceptual

reconstruction (Rekonstruktion)“42 etabliert. Während sämtliche Facetten – von einer

radikalen Umstrukturierung bis hin zu einer stufenweisen Entwicklung – zu den

‚Veränderungen‘ bzw. ‚Konzeptentwicklung‘ von Schülervorstellungen gehören, wird

auf Grundlage der in Kapitel 2.1 und 2.2 angeführten Argumentation und der

Darlegung von Marohn43 nicht von einer Auslöschung der Präkonzepte bzw.

ursprünglichen Schülervorstellungen ausgegangen. Oftmals kommt es zu einer

Verknüpfung von subjektiven und naturwissenschaftlichen Theorien und/oder beide

können gleichrangig parallel existieren.

„Neue Konzepte werden nur dann im Denken von Lernenden verwurzelt, wenn sie sich

sowohl als den vorwissenschaftlichen Vorstellungen überlegen erweisen als auch

wiederholt in den verschiedensten Situationen angewandt werden.“44

Nach der konstruktivistischen Sichtweise erfolgt Lernen als „aktiver, selbstgesteuerter,

konstruktiver, situativer und sozialer Prozess.“ 45 Demgemäß muss die Lehrkraft den

SuS die Möglichkeit geben, entgegen des kognitionspsychologischen Ansatzes46, sich

ihren Wissenserwerb selbst zu konstruieren. Gleichzeitig besteht der Anspruch das

Wissen in multiplen Kontexten, selbstständig und unter vielfältigen Perspektiven zu

erwerben und anzuwenden. Denn durch diese Erfahrungen kann Lernen im Sinne

einer dauerhaften Veränderung erfolgen.47,48

38

s. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 124 39

vgl. Posner, G. J.; Strike, K. A.; Hewson, P. W.; Gertzog, W. (1982): „Accomodation of a Scientific Conception: Toward a Theory of Conceptual Change.“, in: Science Education, 66(2), S. 211-227, Department of Education, Ithaca: Cornell University, S. 213 40

entsprechend der Akkodomation von Piaget 41 entsprechend der Assimilation von Piaget 42

S. Krüger, D. (2007): „Die Conceptual Change-Theorie“, in: Krüger, D. (Hrsg.); Vogt, H. (Hrsg.) (2007): Theorien in der biologiedidaktischen Forschung. Ein Handbuch für Lehramtsstudenten und Doktoranden. Berlin: Springer, S. 81-92, S. 82 43

vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 60ff 44

s. Pfeifer, P; Lutz, B.; Bader, H. J. (2002): Konkrete Fachdidaktik Chemie. München: Oldenburg, S. 145 45

s. Reinmann-Rothmeier, G.; Mandl, H. (1998): Wissensvermittlung: Ansätze zur Förderung des Wissenserwerbs. In F. Klix & H. Spada (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie C/II/6. Theorie und Forschung (S. 457-500). Göttingen: Hogrefe, S. 459 zitiert nach: Mandl, H.; Krause, U.-M. (2001): Lernkompetenz für die Wissensgesellschaft (Forschungsbericht 145). München: Ludwig-Maximilians-Universität, Lehrstuhl für Pädagogik und Pädagogische Psychologie, S. 5 46

hier wird von einem Wissenstransport ausgegangen 47

vgl. Woolfolk, A. (2008): Pädagogische Psychologie. München: Pearson, S. 257 48

vgl. Kap. I. Genese

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7

„Wichtiges Ziel des Vermittlungsprozesses ist es deshalb, den Jugendlichen in Unterrichtsgesprächen ihre eigenen Widersprüche aufzuzeigen oder bei Erklärungsversuchen neuer Inhalte die Widersprüche ihrer Vorstellungswelt zu aktuellen wissenschaftlichen Deutungen bewusst zu machen, sie damit zu motivieren, diese Widersprüche überwinden zu wollen.“

49

Zur Gestaltung der Lernumgebung hinsichtlich eines ‚Konstruktivistisch Orientierten

Naturwissenschaftlichen Unterrichts‘ (=KONU) liefern Widodo & Druit (2004) fünf

Kategorien: 1. Konstruktion des Wissens ermöglichen; 2. Relevanz und Bedeutung der

Lernerfahrung; 3. Soziale Interaktion; 4. Unterstützung der Schüler beim

eigenständigen Lernen; 5. Wissenschaft, Wissenschaftler und wissenschaftliches

Wissen.50 Die unterstützende Rolle der Lehrkraft wird von Taber (2002) mit der

Bezeichnung ‚a learning-doctor‘ beschrieben. Unter seine Funktion fällt laut ihm die

Diagnose51 von Lernervorstellungen, um anschließend anhand der gewonnenen

Erkenntnis einen angemessenen Chemieunterricht zu konzipieren.52,53 Die letzte

Kategorie beinhaltet Ansätze der Nature of Science54, bei der u.a. den Schülern

vermittelt werden soll, dass das Wissen zwar zuverlässig, aber nicht unveränderlich

ist.55 Für den Verlauf des Lehr-Lern-Prozesses lassen sich beim Vergleich von

evolutionären Vorgehen, die eine sukzessive Entwicklung der Lernervorstellung

verfolgen, und revolutionären Strategien, welche auf kognitive Konflikte basieren, nach

Marohn „fünf Phasen identifizier[en], die im Verlauf des Lehr-Lernprozesses

durchlaufen werden: die Orientierung, das Erkunden von Schülervorstellungen, die

Umstrukturierung von Schülervorstellungen, das Anwenden sowie das Überprüfen und

Bewerten der neuen Vorstellungen.“56 Die Bedeutung des Lernens innerhalb eines

sozialen Prozesses nach der konstruktivistischen Lerntheorie wird in diesem

Zusammenhang noch deutlicher. Durch die Interaktion von SuS werden neue,

individuelle Entwicklungszustände erreicht, was eine förderliche Aufgabenbewältigung

ermöglicht.57,58

49

s. Barke, H.-D. (2006): Chemiedidaktik. Diagnose und Korrektur von Schülervorstellungen. Berlin: Springer, S. 27 50

vgl. Widodo, A.; Duit, R. (2004): „Konstruktivistische Sichtweisen vom Lehren und Lernen in die Praxis des Physikunterrichts“, in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften; Jg. 10, S. 233-255; S. 236ff 51

Vgl. Kap. V Diagnostik und Diagnose von Lernervorstellungen 52

vgl. Taber, K. S. (2002): Chemical Misconceptions – Prevention, Diagnosis and Cure: Theoretical background (Vol. 1). London: Royal Society of Chemestry, S. 53ff 53

Vgl. Kap. I. Genese 54

vgl. Ertl, D. (2010): „The Nature of Science. Das Wesen/die Natur der Naturwissenschaften.“, in: PLUS LUCIS. Verein zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts. Österreichische physikalische Gesellschaft – Fachausschuss Physik & Schule. (01.02.2010), S. 5-7; vgl. Ertl. (2013): „Sechs Kernaspekte zur Natur der Naturwissenschaft“, in: PLUS LUCIS. Verein zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts. Österreichische physikalische Gesellschaft – Fachausschuss Physik & Schule. (01.02.2013), S. 16-20; vgl. Neumann, I.; Kremer, K. (2013): „Nature of Science und epistemologische Überzeugungen – Ähnlichkeiten und Unterschiede.“, in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften (Jg. 19, 2013), S.209-230 55

vgl. Ertl, D. (2010): „The Nature of Science. Das Wesen/die Natur der Naturwissenschaften.“, in: PLUS LUCIS. Verein zur Förderung des physikalischen und chemischen Unterrichts. Österreichische physikalische Gesellschaft – Fachausschuss Physik & Schule. (01.02.2010), S. 5-7, S. 5ff 56

s. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 61 57

vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 61 58

vgl. Kap I. Genese, Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe

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8

III. Lernausgangslage und Lerngruppe

Die Lerngruppe ist eine E-Phase (E2: 2. Halbjahr), die sich aus sechs Schülerinnen

und acht Schülern (insgesamt 14 SuS) zusammensetzt. Sämtliche SuS bis auf N. und

T. sind mit Beginn der E1 von dem Realschulzweig in die gymnasiale Oberstufe

eingetreten. Ich kenne die Lerngruppe seit Beginn des Schuljahres 2015/16 und

unterrichte sie seither eigenverantwortlich mit drei Wochenstunden Chemie:

Donnerstags, in der siebten und achten Stunde und freitags in der fünften Stunde. In

Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit stagniert besonders donnerstags die

Konzentration und Aufmerksamkeitskapazität der SuS. Gerade aus diesem Grund ist

eine Schüleraktivierung, die die Selbsttätigkeit fördert wichtig, was die choice2learn-

Konzeption berücksichtigt.59 Die Umstellung in die gymnasiale Oberstufe

(Arbeitspensum, Arbeitszeiten) fiel den SuS aus dem Realschulzweig besonders im

ersten Halbjahr noch schwer, was sich allerdings allmählich relativiert.

Der Chemieunterricht findet stets in einem der Fachsäle statt, welcher fest installierte

Gas-/ Wassersäulen besitzt und die Sitzordnung in kooperative Arbeitsphasen

beeinträchtigt. Hinsichtlich der kleinen Lerngruppe und den häufigen experimentellen

Arbeitsphasen wirkt sich dies jedoch für den Kompetenzzuwachs und der Phasen von

choice2learn nicht negativ aus.60 Die medientechnische Ausstattung des Chemiesaals

beschränkt sich auf einen Overhead-Projektor. Allerdings besteht die Möglichkeit

Laptops sowie Beamer der Chemiesammlung zu beziehen.61

Die sich anschließende Diagnose der Kompetenzen der SuS basiert auf systematische

Beobachtungen während des Unterrichts, der mündlichen Mitarbeit62, den Ergebnissen

in Klausur, Tests und schriftlich angefertigten Protokollen63. Des Weiteren füllten die

SuS einen auf Kompetenzen basierenden Selbsteinschätzungsbogen (SEB) zur

Unterrichtsreihe Einführung in die Organische Chemie und der Homologen Reihe der

Alkane aus.64

In Bezug auf die allgemeine Fachkompetenz konnte ich in mehrfacher Hinsicht eine

Heterogenität beobachten: Zum einen durch die Konstellation von überwiegend SuS

aus dem Realschulzweig gegenüber der Minderheit der Gymnasialschüler und zum

anderen durch individuelle Leistungsunterschiede. Die Leistungsheterogenität verteilt

sich wie folgt: Insgesamt sind vier Leistungsträger vorhanden, die sich sowohl durch

Quantität und Qualität ihrer Beiträge auszeichnen. Besonders T. ist hervorzuheben, der

zwar ein fundiertes Vorwissen besitzt, sich chemische Sachverhalte selbstständig

erschließen kann und stets interessengesteuert weiterführende Fragen formuliert,

59

vgl. Kap. IV Konzeption von choice2learn 60

vgl. Kap. IV Konzeption von choice2learn 61

vgl. Kap. 4.2 Die Konzeption von choice2learn aus der didaktischen und methodischen Perspektive 62

Quantität und Qualität der Beiträge 63

Nach einem für die Lernenden transparenten Kompetenzraster; auch: Kompetenzen in der Fachsprache erkennbar 64

Auf eine ausführliche Darlegung wird an dieser Stelle verzichtet. Die für die pädagogische Facharbeit relevante Diagnose findet sich in Kap. V.

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9

jedoch deutliche Mängel in der korrekten Verwendung der Fachsprache aufweist. Des

Weiteren sieht er sich selbst im Vorteil gegenüber seinen Mitschülern, was sich in der

Quantität der Beiträge wiederspiegelt. P., F. und R. sind besonders gewissenhaft in der

Erledigung von Arbeitsaufträgen.

Neben einem breiten Mittelfeld ist besonders eine leistungsschwächere Schülerin A. zu

nennen, die zwar interessiert am Fach Chemie ist, was durch fachliche Fragen

außerhalb der Unterrichtsstunde verdeutlicht wird, die Qualität der Mitarbeit weist

allerdings deutliche Mängel auf. Daneben werden schriftliche bzw. weiterführende

Aufgaben nur mühsam erledigt. Das globale Leistungsniveau der Lerngruppe ist eher

auf einer mittleren bis unteren Stufe einzuordnen, gerade was die Qualität der

Beiträge, sowie das Arbeitstempo angeht. Die Lerngruppe möchte sich stets auf

Korrektheit rückversichern, was einer selbstständigen Bearbeitung gegenläufig ist.65

Die für die pädagogische Facharbeit durchgeführte Diagnose und daraus

resultierenden Förderbedarf ergab zudem eine weitreichende Heterogenität in Bezug

auf die Schülervorstellungen zu elementaren Vorstellungen bezüglich der

Verbrennung, der Änderung des Aggregatzustandes (flüssiggasförmig) und der

Löslichkeit.66 Während nur einzelne die wissenschaftlich korrekte Vorstellung

beschrieben, wurde durch das offene Aufgabenformat deutlich, dass der Rest der

Lerngruppe den Vorgang auf submikroskopischer Ebene fachlich falsch erklärte oder

zum Teil nur schwer subjektive Theorien verbalisieren konnte.

Trotz des allgemein eher niedrigen Leistungsniveaus der Lerngruppe sehe ich gerade

aufgrund ihres durchweg positiven Arbeitsverhaltens ein deutliches Potential in jedem

einzelnen der SuS und die Chance eine langfristige Konzeptentwicklung zu erreichen

(Personalkompetenz).

Die Lerngruppe zeichnet sich zudem durch ein äußerst positives Arbeitsklima aus, die

motiviert und aktiv mitarbeitet und sich bei Verständnisproblemen nicht scheut

nachzufragen. Da sich die SuS bereits aus den vergangenen Realschuljahren kennen,

arbeiten sie gerne und effektiv zusammen. Auch T. und N. sind nun etablierte

Mitglieder der Lerngruppe (soziale Kompetenz). Diese Bedingungen begünstigen

Lernen im sozialen Prozess und begründen zudem die Wahl der choice2learn-

Konzeption.67

Da der Hauptteil dieses Kurses ausländische Wurzeln aufweist, fällt es Einigen umso

schwerer komplexe Sachverhalte fachwissenschaftlich korrekt auf Deutsch zu

formulieren bzw. zu erfassen.68 Dies betrifft nicht nur mündliche, sondern auch

schriftliche Beiträge wie das Anfertigen von Protokollen. Diese werden regelmäßig

65

vgl. Ziele und Konzeption: Kap. I. Genese, Kap. IV. Konzeption von choice2learn 66

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 67

Vgl. Kap. I. Genese, Kap. IV. Konzeption von choice2learn 68

Dies wurde auch bei der Wahl von Diagnoseformaten berücksichtigt., vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose

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korrigiert, woraus sich ein individuelles Feedback ergibt. Im Plenum werden stets

häufige Fehler bezüglich der Verwendung der Fachsprache gemeinsam korrigiert und

damit einhergehend Fachwissen reaktiviert.69 Die ausgeprägte

Kommunikationsfähigkeit anhand von Alltagssprache soll langfristig hin zu einer

fachlich korrekten Kommunikation und folgerichtigen Argumentation in

naturwissenschaftlichen Zusammenhängen führen, welches unter eines der vier

Kompetenzbereiche fällt. Der daraus entstehende Förderbedarf soll in der vorliegenden

Unterrichtskonzeption unter Ausnutzen der günstigen, ausgeprägten Sozialkompetenz

der Lerngruppe berücksichtigt werden.70

Daneben hat sich im Verlauf des ersten Halbjahres gezeigt, dass eine verstärkte

Verbalisierung und eine Verknüpfung von Bild und Sprache besonders von abstrakten

Inhalten zu deutlich mehr Verständnis und Sicherheit bei den SuS führt. Gerade für

visuelle Lerntypen soll ein haptischer Zugang geschaffen werden, indem die für

choice2learn benötigten Lernimpulse Molekülbaukästen, Material zur Modellierung71

(materielles Modell)72, sowie zum Experimentieren beinhalten.73 Je nach Bedarf kann

zur Verdeutlichung ihrer Position und einhergehender Argumentation zurückgegriffen

werden (differenzierter Einsatz).74

Hinsichtlich der Methodenkompetenz haben die SuS nach eigenen Angaben im Laufe

ihrer Schullaufbahn bereits ein solides Repertoire erworben. Kooperative

Unterrichtsformen im Chemieunterricht erschienen ihnen aus der Sekundarstufe I

bisher allerdings eher ungewohnt. Inzwischen sind diese jedoch durch die aktuelle

Unterrichtsgestaltung (E1 und E2) ein fest etablierter und dankend angenommener

Bestandteil geworden. Dies führte zu zielführende Ergebnisse hinsichtlich des

Kompetenzzuwachses.

Selbsteinschätzungsbögen und gestufte Hilfen sind den SuS aus dem alltäglichen

Chemieunterricht bekannt. Des Weiteren sind die Lernenden mit dem methodischen

Unterrichtsgang nach der choice2learn-Konzeption im Zuge der Erprobung vertraut

geworden, bei der es sich um selbstständiges Lernen mit impulsgebendem Material

zum eigenständigen Arbeiten handelt.75

IV. Konzeption choice2learn

69

Ich habe dazu angeregt eine Art Vokabelheft für Fachbegriffe anzulegen, was von vielen SuS dankend angenommen wird. 70

vgl. Kap. IV. Konzeption von choice2learn, vgl. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 3. Kompetenzen 71

vereinfachte Modellierung eines Einwegfeuerzeugs 72

vgl. Schmitt-Sody, B.; Kometz, A.: „Differenzierung im Chemieunterricht“ (S. 137-154), in: Eisenmann, M.; Grimm, T. (2012): Heterogene Klassen – Differenzierung in Schule und Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag, S. 143 73

vgl. Meister, H. (2000): Differenzierung von A-Z. Eine praktische Anleitung für die Sekundarstufen. Stuttgart: Klett, S. 63 74

vgl. Schmitt-Sody, B.; Kometz, A.: „Differenzierung im Chemieunterricht“ (S. 137-154), in: Eisenmann, M.; Grimm, T. (2012): Heterogene Klassen – Differenzierung in Schule und Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider Verlag, S. 143f 75

vgl. Risse, E.: „Umgang mit Heterogenität – auch im Gymnasium“, in: Boller, S.; Rosowski, E.; Stroot, T. (Hrsg.) (2007): Heterogenität in Schule und Unterricht. Handlungsansätze zum pädagogischen Umgang mit Vielfalt. Weinheim/Basel: Beltz, S. 120ff

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4.1 Vorstellung der Konzeption von choice2learn

Die in Kapitel 2.1 und 2.2 erläuterten Theorien bilden die Grundlage für die Konzeption

von Choice2learn und damit auch für diese pädagogische Facharbeit. Im Folgenden

werden die Phasen des Unterrichtskonzepts dargestellt76:

Abbildung 2: Phasen von choice2learn

In der ersten Phase von choice2learn erfolgt die Thematisierung anhand eines

schülernahen Kontexts entweder schriftlich oder innerhalb eines Unterrichtsgesprächs.

Auf diese Weise werden Alltagserfahrungen der SuS berücksichtigt, Motivation bzw.

Interesse initiiert77 und SuS aktiviert.78 Danach sollen die Lernenden die Möglichkeit

erhalten, sich ihrer eigenen Position bewusst zu werden, zu reflektieren und

Erklärungen zu formulieren, was die folgende Interaktion mit SuS anderer

Vorstellungen vorbereitet. In der Polarisierungsphase legen die Lernende ihre

Standpunkte dar. Auf diese Weise werden die SuS aktiviert und jede Vorstellung wert

geschätzt. Die Bedeutung eines jeden einzelnen wird der Gruppe bewusst und der

Blick auf andere Perspektiven amplifiziert.79 Anschließend erfolgen die Argumentation

und der Diskurs um die jeweiligen Standpunkte gegeneinander abzuwägen, ihre

Zweckdienlichkeit aber auch Grenzen aufzudecken. Während den beiden Phasen zwei

und drei stehen die Lernenden stets ein Argumentationsbogen80 zur Verfügung, der

ihnen eine Übersicht verschafft und sie bis zur Ergebnisfindung hin begleitet.

76

vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 68ff und vgl. Barke, H.-D.; Harsch, G. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 96ff 77

vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen 78

Eine Aktivierung ist aufgrund der äußeren Bedingungen erforderlich., vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 79

Dabei soll die Eigentätigkeit und das Selbstbewusstsein gefördert werden., vgl. Kap. I. Genese, Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 80

Ausgewertete Argumentationsbögen, siehe Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 9

Kontext-ualisier-ung

Positionier-ung

Polarisierung, Argumenta-tion und Diskurs, Lernimpuls-phase

Reflexion & Klärung

Anwendung & Sicherung

1

2

3

4

5

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Gleichzeitig liefert er Transparenz über den Argumentationsprozess und kann zur

anschließenden Phase der Reflexion dienen. Jeder Schüler erhält die Möglichkeit die

Argumente individuell hinsichtlich seiner Überzeugungskraft zu bewerten. Um

möglichst selbstbestimmt und lehrerunabhängig zu agieren, stehen den Lernenden in

der Diskurs-Phase Lernimpulse zur Verfügung.81 Die Lernimpulse82 können dabei aus

Modellen, Sachinformationen, Fragen oder Experimenten bestehen, jedoch stets unter

Berücksichtigung der entsprechenden subjektiven Theorien der betreffenden

Lerngruppe, welches im Vorfeld diagnostiziert83 wurden. Auf diese Weise können

weitere Anregungen initiiert und zu neuen Problemlösestrategien angeregt werden,

was in Anbetracht der Lerngruppenanalyse84 notwendig ist. Erst danach erfolgen die

Reflexion des Einigungsprozesses der jeweiligen Gruppen und die Klärung der derzeit

gültigen wissenschaftlichen Theorie im Plenum. Nach der Sicherungsphase sollen die

SuS ihre Erkenntnisse auf einen neuen Kontext anwenden um eine Verwurzlung der

Konzeptentwicklung zu ermöglichen und dem konstruktivistischen Ansatz gerecht zu

werden.85 Diese letzte Phase soll in Partnerarbeit erfolgen, damit sich die Lernenden

beim Transfer des naturwissenschaftlichen Konzepts auf einen anderen Kontext

unterstützen können. Sie arbeiten dabei aktiv, konzentriert und können gleichzeitig

interaktiv sowie kommunikativ tätig werden.86 Gleichzeitig erhalten sie die Möglichkeit

ihre individuellen Denkprozesse zu reflektieren, was für eine dauerhafte Entwicklung

der Vorstellung essentiell ist. Die Interaktion der SuS während der Gruppen- sowie

Partnerarbeit führen damit im Vergleich zur Einzelarbeit zu einer effektiven

Aufgabenbewältigung und den gewünschten, neuen, individuellen

Entwicklungszuständen.87 Dies kann „wiederum soziale Interaktion auf einer höher

entwickelten Stufe ermöglichen“88, was Abbildung Zwei hier visuell darstellen soll.

4.2 Die Konzeption von choice2learn aus der didaktischen und methodischen

Perspektive89

Nach dem hessischen Lehrplan des gymnasialen Bildungsgangs soll die Einführung in

die Chemie der Kohlenwasserstoffverbindungen in dem zweiten Halbjahr der

gymnasialen Einführungsphase in die Oberstufe – anknüpfend an die Vorkenntnis der

81

vgl. die Rolle der Lehrkraft als learning-doctor, Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen 82

vgl. Kap. VI. Lernimpulse, ihre Evaluation und Denkprozesse der SuS, s. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 8. Abgestufte Lernimpulse mit Fotos 83

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 84

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 85

vgl. Kap. I. Genese, vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen 86

vgl. Mattes, W. (2004): Methoden für den Unterricht. 75 kompakte Übersichten für Lehrende und Lernende. Paderborn: Schöningh, S. 30f 87

vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen, vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 88

s. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im

naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 61 89

Eine vollständige Unterrichtsreihe sowie den Kompetenzaufbau sind in tabellarischer Forma im Anhang zu finden., vgl. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 2 und Kap. 3. Didaktische und Methodische Perspektive beschränken sich auf essentielle Aspekte der Konzeption.

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Sekundarstufe I – behandelt werden. Im Kontext der homologen Reihen (Alkane,

Alkene, Alkine) sollen Stoffeigenschaften wie Löslichkeit und Schmelz- sowie

Siedetemperaturen – auch isomerer Vertreter – thematisiert und unter

Berücksichtigung zwischenmolekularer Kräfte begründet werden. Die Basiskonzepte,

die mit den wissenschaftlichen Inhalten einhergehen, sind das Teilchenkonzept sowie

die Korrelation zwischen Struktur und Eigenschaft.90 An die homologen Reihen der

Alkane, Alkene und Alkinen schließt sich die Unterrichtsreihe zur Stoffgruppe der

Alkanole an, in der erneut die beiden Basiskonzepte zum Tragen kommen. Stoffe, ihre

Eigenschaften und das Teilchenmodell der Materie sind die ersten Inhalte, mit denen

die Lernenden im Anfangsunterricht konfrontiert werden.91 Ihre Bedeutung für den

weiteren Bildungsgang in Chemie ist demnach offensichtlich und macht sie für ein

naturwissenschaftliche Denkweise und das wissenschaftspropädeutische Arbeiten

unabdingbar. Bevor auf die unterschiedlichen Schmelz- und Siedetemperaturen

eingegangen wird, soll die submikroskopische Betrachtung der Änderung der

Aggregatzustände erfolgen. Das Verständnis hierfür stellt die Basis für das Verständnis

der unterschiedlichen Siede- und Schmelztemperaturen der (isomeren) Alkane

einschließlich der zwischenmolekularen Kräfte dar (fachliche Relevanz).92 Eine

ähnliche Begründung für die fachliche Relevanz kann für den Löslichkeitsbegriff

angebracht werden: Ohne ein Verständnis auf submikroskopischer Ebene können die

SuS keine wissenschaftlich anerkannte Begründung für die Eigenschaft der Löslichkeit

der Kohlenwasserstoffe und Alkanole liefern. Präkonzepte sowie hausgemachte

Vorstellungen behindern somit das Verstehen. Genauso bedeutend sind subjektive

Theorien vom Verbrennungsprozess93, wie dem Vernichtungskonzept beispielsweise,

die bei der thematischen Behandlung von Kohlenwasserstoffen sowie den Alkanolen

berücksichtigt werden müssen. Die Unterrichtskonzeption zielt demnach nicht nur auf

die Erweiterung der Fachkompetenz, sondern auch auf die Erkenntnisgewinnung

ab.94

Im hessischen Lehrplan und im Schulcurriculum finden sich allerdings keinerlei

Hinweise zum Umgang mit Präkonzepten bzw. hausgemachten Vorstellungen. Es

deutet auf einen Missstand hin, den bereits 1999 Gabel kritisierte: Nur ein Bruchteil

der Lehrkräfte sind sich der fachdidaktischen Forschungsergebnisse hinsichtlich

Schülervorstellung bewusst und orientieren ihre Unterrichtskonzeption

90

vgl. Hessisches Kultusministerium (2010): Lehrplan Chemie. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 9G und gymnasiale Oberstufe, S. 6f 91

vgl. Hessisches Kultusministerium (2010): Lehrplan Chemie. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 9G und gymnasiale Oberstufe, S. 12ff 92

vgl. Hessisches Kultusministerium (2010): Lehrplan Chemie. Gymnasialer Bildungsgang. Jahrgangsstufen 7G bis 9G und gymnasiale Oberstufe, S. 33f 93

vgl. Kap. 2.1 Lernervorstellungen, Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen, Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 94

Ausführliche Darstellung der Kompetenzentwicklung, s. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 3

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dementsprechend nicht an deren Veränderung.95 Wie in den Kapiteln 2.1 und 2.2

dargestellt, ist es nach fachdidaktischer Literatur unabdingbar Schülervorstellungen

und die diesbezüglich gewonnenen Forschungsergebnisse in die Unterrichtskonzeption

einzubeziehen, um chemisches Wissen und naturwissenschaftliche Denkweisen

langfristig aufzubauen. Die Basiskonzepte zur Verbrennung, Änderung der

Aggregatzustände und zur Löslichkeit werden im Verlauf des zweiten Halbjahrs der

Einführungsphase immer wieder aufgegriffen und sind daneben für den weiteren

Bildungsgang Chemie essentiell. Sie stellen ein Erfordernis dar um fachliche Konzepte

bei neuen Sachverhalten zu nutzen. In Anbetracht dessen, der Ergebnisse der

Lernausgangslage96 und der Diagnose97 begründen sich die Förderschwerpunkte für

die vorliegende pädagogische Facharbeit.98

Die Umsetzung dessen erfolgt anhand von Kontexten, die für die SuS fassbar sind und

einen lebensnahen Zugang bieten (Alltagsrelevanz).99 Auf diese Weise sollen die

Unterrichtsstunden motivierend, sowie aktivierend wirken und das Interesse der SuS

wecken. Aus unterschiedlichen subjektiven Theorien der Lerngruppe ergibt sich ein

Grundproblem, welches argumentativ zu lösen gilt und so „zu Tätigkeiten des

Erkennens von Phänomenen, von Gesetzmäßigkeiten und von möglichen […]

Zusammenhängen“100 führen soll (Schülerrelevanz). Einher geht die Konzeption auf

diese Weise mit einer Förderung von Autonomie, sozialer Eigebundenheit sowie der

Selbstwirksamkeit.101

Neben diesen überfachlichen Fähigkeiten102 ist es auch das Ziel Kompetenzen wie

die Selbstregulation bzw. self-monitoring, Involvement oder die personale und soziale

Kompetenz zu fördern.103 Die Lernenden sollen sich auf ein Problem einlassen, durch

den Kontext motiviert und wissenschaftspropädeutisch an dessen Lösung arbeiten und

dabei mit Rückschlägen umgehen lernen.

Um eine möglichst selbstständig und selbstreguliertes Arbeiten zu ermöglichen, muss

eine Binnendifferenzierung, sowie Individualisierung erfolgen.104 Für eine

Individualisierung muss gewährleistet werden, dass die Lernprozesse an die

individuellen Erfahrungen und das Vorwissen der Schüler anknüpfen. Erst damit

können die SuS selbstgesteuert vorgehen und sich die Lehrperson als begleitender

learning-doctor105 zurückziehen.106 Um zusätzlich eine Binnendifferenzierung zu

95

vgl. Gabel, D. (1999): „Improving Teaching and Learning through Chemestry Education Research: A Look tot he Future.“, in: Journal of Chemical Education. Bloomington: School of Education, Vol. 76, No.4, 548-555, S. 552 96

vgl. Kap. III. Lernausganglage und Lernervorstellungen 97

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 98

vgl. Kap. I. Genese 99

vgl. Diagnoseaufgaben, Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 6 100

s. Girmes, R.: „Die Welt als Aufgabe?! Wie Aufgaben Schüler erreichen“, in: Friedrich Jahresheft (2003): Aufgaben. Lernen fördern – Selbstständigkeit entwickeln, S. 9 101

vgl. Kap. I. Genese 102

Eine ausführliche Darstellung findet sich im Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 3 103

vgl. Hessisches Kultusministerium (2016): Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe. Wiesbaden, S. 8 104

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 105

vgl. Kap.2.2 Veränderung von Lernervorstellungen

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schaffen, werden Abstufungen zu den Lernimpulsen offeriert, was das Leistungsniveau

der Lerngruppe berücksichtigt.107 Außerdem erfolgt die Gruppenarbeit in der dritten

Phase der choice2learn-Konzeption heterogen hinsichtlich der Schülervorstellungen.108

Kooperative Sozialformen eignen sich in dieser Lerngruppe besonders gut und regen

in entsprechend heterogener Einteilung zur gewünschten Diskussion an.109 Methodisch

wird die Diskussion initiiert, indem die im Vorfeld diagnostizierten Vorstellungen der

Lerngruppe sowie das naturwissenschaftlich anerkannte Konzept anhand eines

Concept Cartoons110 visualisiert werden. So gelingt es alle Hypothesen gleichwertig

darzustellen und eine Wertschätzung aller Schülervorstellungen zu garantieren. Den

Lernenden wird ersichtlich, dass es in ihrer Lerngruppe unterschiedliche Konzepte

hierzu gibt, die im Sinne der Nature of Science111 auf ihren Gültigkeitsbereich hin

untersucht werden müssen (Bewertungskompetenz). Dabei sind sie während des

Prozesses der Erkenntnisgewinnung stets im Chemieraum präsent, was eine

Diskussion übersichtlicher gestaltet. Nicht zuletzt wirken sie motivationsfördernd und

alltagsnah.112 Neben einer inneren Differenzierung kann so die

Kommunikationskompetenz gefördert werden.113

Für den Erkenntnisprozess stehen den SuS zusätzlich Entscheidungs- und

Veranschaulichungsexperimente zur Verfügung, die zum Verifizieren bzw. Falsifizieren

bestehender Schülerhypothesen dienlich sein sollen.114 Um auch motorische

Lernertypen gerecht zu werden, stehen den SuS materielle Modelle (hier:

Molekülbaukästen, Modellierungsmaterial) zur Verfügung die bei Bedarf bezogen

werden können.115 Im Verlauf der Phasen von choice2learn sollen möglichst alle – den

auditiven, visuellen, motorischen und kommunikativen – Lernertypen angesprochen

werden.116 So sollen viele Lernkanäle aktiviert werden und die Gruppenergebnisse

langfristig im Gedächtnis der SuS verwurzelt werden. Um in der letzten Phase von

choice2learn, der Anwendungs- bzw. Sicherungsphase, den Lernstand zu

diagnostizieren und eventuelle individuelle Schwierigkeiten beim Transfer der

Vorstellung auf einen neuen Kontext zu erkennen, kann das kostenlose,

englischsprachige Programm socrative117 verwendet werden.118 Es bietet neben der

106

vgl. Paradies, L.; Linser, H. J. (2010): Differenzieren im Unterricht. Berlin: Cornelsen, S. 36f 107

Die Abstufungen sind mit Sternen markiert, was in dieser Lerngruppe etabliert war.,vgl. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 8. Abgestufte Lernimpulse mit Fotos 108

Aufgrund des Ungleichgewichts der Anzahl der Schülervorstellungen konnte dies nur bedingt erfolgen., vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 109

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lernervorstellungen 110

Die Concept Cartoons finden sich im Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 4 111

vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen 112

vgl. Nylor, S.; Keogh, B. (2013): „Concept Cartoons: What Have We Learnt?“, in: Journal of Turkish Science Education, Vol 10 (1), S. 3- 11, S. 4ff 113

vgl. Kap. I. Genese, eine ausführliche Darstellung der Kompetenzen findet sich im Anhang, Kap. 3 114

vgl. Eisenmann, M.; Grimm, T. (Hrsg.) (2012): Heterogene Klassen – Differenzierung in Schule und Unterricht. Baltmannsweiler: Schneider, S. 139ff 115

vgl. Kap. III: Lernausgangslage und Lerngruppe 116

vgl. Michler, C. (2015): Einführung in die Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen. Bamberg: University of Bamberg Press, S. 148 117

Socrative (2016), unter: http://www.socrative.com/ (letzter Zugriff: 03.08.2016, 14:08)

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traditionellen schriftlichen Form dabei zahlreiche Vorteile. Die Lehrperson kann im

Vorfeld über Socrative-Teacher Quizzes erstellen und dabei zwischen Multiple Choice-,

Ja/Nein- oder offenen Aufgabenformaten wählen. Sie erhält einen Zugangscode über

den sich auch SuS online und kostenlos mit/ohne ihren Namen einloggen können. Im

Rahmen der pädagogischen Facharbeit verwandten die Lernenden einen codierten

Namen, damit auf individuelle Bedürfnisse eingegangen und eine Veränderung der

Vorstellung erkannt werden konnte. Für die SuS stellte es aufgrund der sehr guten

Unterrichtsatmosphäre und Lehrer-Schüler-Beziehung kein Problem dar, dass

Antworten auf sie zurück zu führen waren und sie waren sich der damit möglichen

individuellen Unterstützung bewusst.119 Allerdings wurde eine Codierung aus

Datenschutzgründen vollzogen, da die Beantwortung der Fragen online erfolgt. Neben

vielen weiteren Funktionen können die Ergebnisse des Lernstandes mit Beamer

gegebenenfalls projiziert und zur Sicherung im Plenum herangezogen werden.120

Grundlage für den Einsatz von socrative stellt die medientechnische Ausstattung von

genügend Laptops, Tablets oder Smartphones sowie einem Internetzugang dar.121

V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen

Beim Ermitteln der Voraussetzungen von Individuen oder einer ganzen Lerngruppe

und der Analyse von Lernprozessen sowie derer Ergebnisse kommt die pädagogische

Diagnostik zum Tragen.122 Instrumente können dabei helfen zu einer Diagnose zu

gelangen, die für eine schülerorientierte Konzeption von choice2learn notwendig ist.

Marohn entwickelte im Rahmen ihrer Studie Multiple-Choice-Aufgaben zur Exploration

von Vorstellungen zum Themenfeld Elektrochemie.123 Mit der Erprobung und

Optimierung verfolgt sie das Ziel ein Diagnoseinstrument zu entwickeln, welches

Lernenden ermöglicht sich ihren Vorstellungen bewusst zu werden und gleichzeitig den

Lehrkräften eine Möglichkeit zu offerieren, Präkonzepte bzw. hausgemachte

Vorstellungen ihrer jeweiligen Lerngruppe zu erfassen. Allerdings weist Marohn auf

Kriterien hin, die Multiple-Choice-Aufgaben zur Diagnose von Lernervorstellung erfüllen

müssen. Marohn betont die Komplexität der Generierung und die Notwendigkeit einer

Vorerprobung, welches den zeitlichen Rahmen dieser pädagogischen Facharbeit

gesprengt hätte. Zum einen können vorgegebene Antwortalternativen nicht alle

118

Die Erprobung dessen erfolgte bei der Umsetzung der choice2learn-Konzeption zum Thema Löslichkeit und am Schuljahresende., vgl. Kap. VII. Evaluation des Einsatzes von choice2learn 119

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 120

Die codierten Namen können dabei verborgen werden, um zu vermeiden, dass einzelne Schüler exponiert werden. 121

Zur heutigen Zeit sind die SuS in der Regel im Besitz von Smartphones, allerdings kann je nach finanzieller Situierung nicht davon ausgegangen werden und muss im Vorfeld in Erfahrung gebracht werden. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde im Hinblick auf diesen Aspekt der Lerngruppe auf Schullaptops zurückgegriffen. 122

vgl. Ingenkamp, K.; Lissmann, U. (2008): Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik. Weinheim/Basel: Beltz Verlag, S. 13 123

vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 62ff

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Vorstellungen der Lerngruppe enthalten und zum anderen entsprechen sie oft nicht

dem Sprachgebrauch der SuS, sodass sie sich mit den Antwortmöglichkeiten nicht

identifizieren können.124 Angesichts der Lerngruppe kann dieses Kriterium zu

Problemen führen, da der Großteil der SuS einen Migrationshintergrund aufweisen und

daher eine sehr einfache Sprache verwenden.125 Daneben können Multiple-Choice-

Aufgaben Antworten bzw. Begriffe enthalten, die die SuS bereits im Chemieunterricht

oder allgemein in ihrer Schullaufbahn (auswendig) gelernt haben und dadurch durch

eine Art ‚Raten‘ favorisiert ausgewählt werden. So kann jedoch weder ein Verständnis,

noch individuelle Vorstellungen erhoben werden.

Bei dem zur Diagnose verwendeten Instrument wurde im Rahmen vorliegender

Facharbeit eine möglichst freie Antwortform126 gewählt, bei der die SuS ihre Konzepte

erläutern und ggfs. visualisieren können. Auf diese Weise soll jeder Lernende „nach

seiner spezifischen Ausgangslage [möglichst] individuell gefördert werden“127 und sich

die (gestuften) Lernimpulse an der Lernausgangslage orientieren ohne dabei durch

vorgegebenen Möglichkeiten im Multiple-Choice-Format Antworten und damit die

subjektiven Theorien zu beeinflussen. Die Diagnoseaufgaben enthalten somit „nicht

nur ein produktorientiertes, sondern auch ein prozessorientiertes Element. Da sie dazu

anregen sollen, Vorstellungen zu begründen und Denkwege offen zu legen, liegt der

Schwerpunkt eindeutig auf dem, ‚was im Kopf der Schüler stattfindet‘.“128 Sie verlangen

eine umfangreiche Eigenproduktion der SuS und liefern der Lehrperson tiefere

Einblicke in die Schülervorstellungen als Multiple-Choice aufgaben.129

Die gewählten Diagnoseaufgaben sind an Alltagserscheinungen orientiert, wirken

motivierenden und sollen so ggfs. hausgemachte Vorstellungen, sowie Präkonzepte

aufdecken.130 Außerdem erwiesen sich die erstellten Diagnoseaufgaben dahingehend

funktional, dass sie nach der Phase der Polarisierung von choice2learn

Argumentations- und Konzeptentwicklungsprozessen einleiten.131 Auf diese Weise

enthalten sie Elemente einer Lernaufgabe132 und entsprechen dem Anspruch des

Konstruktivismus.133 Die Auswertung muss im Vorfeld von der Lehrkraft erfolgen, ihre

124

Eine vollständige Übersicht über Aufgabenkriterien für eine Multiple-Choice-Aufgabe zur Diagnose von Schülervorstellungen finden sich im Anhang, Kap. 1 125

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 126

vgl. Ingenkamp, K.; Lissmann, U. (2008): Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik. Weinheim/Basel: Beltz Verlag, S. 112 127

s. Ingenkamp, K.; Lissmann, U. (2008): Lehrbuch der Pädagogischen Diagnostik. Weinheim/Basel: Beltz Verlag, S. 188 128

s. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 61 129

vgl. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (2008): Pädagogisch diagnostizieren im Schulalltag. Grundlageninformation mit Anregungen für die Praxis. München: Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München, S. 12 130

vgl. Kap. 2.1 Lernervorstellungen 131

vgl. Kap. 4.1 Vorstellung der Konzeption von choice2learn 132

vgl. Marohn, A. (2008): „Choice2learn“ – eine Konzeption zur Exploration und Veränderung von Lernervorstellungen im naturwissenschaftlichen Unterricht., in: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, Jg. 14, 2008, S. 57-83, S. 62 133

vgl. Petschenka, A.; Ojstersek, N.; Kerres, M. (2004): „Lernaufgaben beim E-Learning.“, in: Hohenstein, A.; Wilbers, K. (Hrsg.): Handbuch E-Learning. Köln: Fachverlag Deutscher Wirtschaftsdienst, Kapitel 4.19, S. 4

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Arbeitsbelastung ist angesichts der kleinen Lerngruppe in diesem Fall aufwändig, aber

überschaubar. Die SuS wurden vor dem Einsatz der Diagnoseinstrumente über deren

Funktion aufgeklärt und die Konzeption von choice2learn vorgestellt.134 So wurde der

Lerngruppe transparent gemacht, dass es sich um keine Leistungs- sondern

Lernsituation handelt. Aufgrund des Vertrauens und der guten Schüler-Lehrer-

Beziehung war daher eine Anonymisierung, welche die Analyse des Lernprozesses

erschwert hatte, nicht notwendig. Die Diagnoseaufgaben wurden während des

Unterrichts von den SuS beantwortet, damit sie möglichst spontan ihre Vorstellungen

samt Begründung darstellen. So waren die Lernenden gezwungen, sich Gedanken

dahingehend zu machen und sich dessen bewusst zu werden. Würde die

Beantwortung in Form einer Hausaufgabe erfolgen, so könnte es sein, dass sich

einzelne SuS über die wissenschaftlich anerkannte Vorstellung informieren, was aber

womöglich nicht ihrer Vorstellung entspräche. Auf socrative wurde hier nicht

zurückgegriffen, da die Vorzüge des Programms hier nicht greifen könnten. Die SuS

hatten die Möglichkeit ihre Begründung visuell anhand einer Skizze in Papierform

darzustellen, was sich mit socrative nicht hätte realisieren lassen können. Die

zeichnerische Darstellung der Schülervorstellungen hatte dabei zwei Funktionen:

Einerseits stellt dies eine Differenzierung hinsichtlich der sprachlichen bzw.

künstlerischen Fähigkeiten dar und schafft den Lernenden mehr Freiraum für ihre

individuellen Antworten. Andererseits erleichtert es auch die kognitions-linguistische

Diagnose für die Lehrperson, was in Anbetracht der Lerngruppe berücksichtigt werden

muss.135

Im Folgenden werden die Ergebnisse hinsichtlich der Schülervorstellungen aus den

Diagnoseaufgaben dargelegt und Besonderheiten diskutiert.136 Eine graphische

Darstellung der aus den Diagnoseaufgaben gewonnenen Ergebnisse findet sich im

Anhang der beigefügten Daten-CD (Kap. 7).

a) Verbrennung

Als Alltagskontext zum Thema Verbrennen wurde die Verbrennung von Grillkohle

gewählt. Wie in Kapitel 2.1 dargestellt existiert bei SuS oftmals ein

Vernichtungskonzept bezüglich Verbrennungen. So teilen 35,7% (= fünf SuS) der

Lerngruppe diese ursprüngliche Vorstellung. Auffällig dabei ist, dass vier dieser

Lernenden eine Begründung über das äußere Erscheinungsbild liefern und Kohlenstoff

als Eigenschaftsträger der Farbe schwarz setzen, was nach Johnstone der

134

Bei der 1. Durchführung erhielten die SuS eine Art Ablaufplan, da die Unterrichtsgestaltung für sie bis dahin unbekannt war und Transparenz über den Ablauf gegeben werden sollte., s. Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 5 135

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 136

Die vollständigen Diagnoseaufgaben finden sich im Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 6.

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Makroebene entspricht.137 Da nach dem Verbrennungsprozess weiße Asche zurück

bleibt, existiert nach deren Vorstellung Kohlenstoff nicht mehr und es wird auch nicht

davon ausgegangen, dass neue Stoffe entstehen könnten, da nach ihren Aussagen

Kohlenstoff ‚verbrennt‘. Gleichzeitig ist nach deren subjektiven Theorie Kohlenstoff

unwiederbringlich verloren, da dieser nicht wieder verwendet werden kann. Der

Einfluss der Alltagssprache auf die Schülervorstellung wird an dieser Stelle sehr

deutlich.

Abbildung 3: Schülervorstellung - Verbrennung

Ähnlich wie bei Barke & Harsch (2011) lässt sich zudem die Vorstellung

diagnostizieren, dass Asche als veränderte Form von Kohlenstoff nach der

Verbrennung vorliegt.138 So ist über die Hälfte der Lerngruppe (57,1% = acht SuS) der

Meinung, dass Kohlenstoff in einer anderen Form, nämlich als weiße Asche, vorliegt.

Hier wird auch nicht davon ausgegangen, dass es sich um eine chemische Reaktion

handelt, bei der neue Stoffe entstehen, sondern es wird von einer Änderung des

äußeren Erscheinungsbild ausgegangen, bei dem ein Urstoff bzw. Eigenschaftsträger

gibt, der erhalten bleibt.139

Abbildung 4: Schülervorstellung - Eigenschaftsträger

Nur ein einziger Lernender, nämlich der leistungsstärkste Schüler,140 vertrat die

wissenschaftlich anerkannte Vorstellung B141 und begründete diese mit folgender

Erklärung: ‚Atome können nicht verschwinden oder zerstört werden.‘ Hier wird deutlich,

dass das Gesetz von der Erhaltung der Masse aus dem bisherigen Chemieunterricht

noch präsent zu sein scheint. Die Formulierung seiner

Vorstellung und nebenstehende Zeichnung zeigen, dass ihm

das Reaktionsprodukt, des gasförmigen Kohlenstoffdioxids

bewusst ist, auch wenn er keine Reaktionsgleichung angibt.

Jedoch ist er der einzige Schüler, der versucht eine

137

vgl. Kapitel 2.1 Lernervorstellungen 138

vgl. Barke, H.-D.; Harsch, G.; Marohn, A.; Krees, S. (2015): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 25 139

vgl. Kapitel 2.1 Lernervorstellungen; vgl. Barke, H.-D.; Harsch, G. (2011): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 15 140

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 141

s. Kap. 7. Graphisch Darstellung der aus den Diagnoseaufgaben gewonnenen Ergebnisse, Anhang der beigefügten Daten-CD

Abbildung 5:

Zeichnerische Darstellung - Verbrennung

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Zeichnung anzufertigen. Allerdings zeigt diese Skizze nur den Zustand vor und nach

der Verbrennung anhand der Formelschreibweise, eine submikroskopische Ebene wird

nicht dargestellt. Er greift auf die Makro- und Repräsenationsebene zurück.142

b) Änderung von Aggregatzuständen

Als Alltagskontext zur Änderung von Aggregatzuständen wurde hier der Übergang von

flüssigen zum gasförmigen Aggregatzustand des Propangases in Feuerzeugen

gewählt.

Zwei der Lerngruppe (= 14,3%)

erklären den Vorgang des

Verdampfens dadurch, dass eine

Spaltung der Moleküle stattfindet.

Ihnen scheint noch bekannt zu

sein, dass Druck eine Rolle spielt,

allerdings findet sich keine weitere Begründung dahingehend, sondern es findet eine

Personifizierung der Moleküle statt.

In einer Skizze dazu wird von dem anderen

Lernenden die Situation vor und nach dem

Verdampfungsprozess wie folgt dargestellt:

Demnach würden nach dem

Verdampfungsvorgang freie Wasserstoffatome

und eine Art Kohlenstoffkette entstehen. Es

finden hier keinerlei Überlegungen zur

Elektronenzahl oder zum Prozess statt, der eine

Erklärung für diese Vorstellung liefern könnte.

Neben dieser subjektiven

Theorie halten 71,4% (= zehn

SuS) der Lerner die Reaktion

mit Luftsauerstoff für die

Ursache der Änderung des

Aggregatzustandes von flüssig

zu gasförmig.

142

vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen

Abbildung 6: Molekülspaltung als Ursache der Änderung des

Aggregatzustandes

Abbildung 7: Zeichnerische Darstellung des Verdampfungsprozesses (1)

Abbildung 8: Reaktion mit Sauerstoff als Ursache für Änderung des Aggregatzustandes

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Auch hier wird erneut der Druck erwähnt, allerdings erfolgt die Erklärung des

Verdampfens nur anhand des Sauerstoffs.

Auf submikroskopischer Ebene entsprechen die

Vorstellungen der Vertreter der Aussage A143

überwiegend ähnlich nebenstehender Abbildung.

Sauerstoff-, Wasserstoff- und Kohlenstoffatome

werden als lose existierende Atome

gekennzeichnet und zur Erklärung

herangezogen. Bindungen existieren demnach

scheinbar nicht mehr, Elektronenzahlen und

Oktettregel beispielsweise werden komplett

vernachlässigt. Der gasförmige Aggregatzustand

wird hier als Existenz von losen Atomen, die

eine gewisse Anordnung nach atomarer Gleichheit einnehmen, angenommen.

Nur zwei der Lernenden haben eine wissenschaftlich

anerkannte Vorstellung über den Verdampfungsprozess und

sprechen von einem ‚Ausdehnen des Abstandes der

Moleküle‘. Auch wenn der Abstand der Moleküle im

Feuerzeugbehältnis nicht dargestellt wurde, so lässt die

nebenstehende Zeichnung erkennen, dass Vorstellung C

gemeint ist.

Marohn erwähnt ähnliche Hypothesen zum ‚Verdampfen von

Eugenol‘, wobei eine weitere Aussage (‚Die Abstände der

Atome innerhalb der Eugenol-Moleküle werden größer‘) in

der Diagnoseaufgabe zur Auswahl stand.144 In dieser

Lerngruppe vertrat kein Schüler diese Auffassung, sodass es bei der Konzeption der

Lernimpulse vernachlässigt wurde.145

c) Löslichkeit

Wie auch Barke & Harsch (2011) feststellen, bedingt die Vorstellung zum Lösevorgang

aus dem alltäglichen Fleckenentfernen wissenschaftlich inkorrekte Konzepte.146 Weit

mehr als die Hälfte der Lerngruppe (64,3% = neun SuS) ist der Meinung, dass das Fett

nach Behandlung mit Waschbenzin unwiederbringlich vernichtet wurde.

143

s. Kap. 7. Graphisch Darstellung der aus den Diagnoseaufgaben gewonnenen Ergebnisse, Anhang der beigefügten Daten-CD 144

vgl. Wambach, H.; Wambach-Laicher, J. (Hrsg.) (2013): Individualisieren und Aktivieren im Chemieunterricht SII. Aufgaben. Materialien. Prüfungsvorbereitung. Bondorf: Aulis, S. 54 145

vgl. Kap. VI. Lernimpulse, ihre Evaluation und Denkprozesse der SuS 146

vgl. Barke, H.-D. Harsch, G.; Marohn, A.; Krees, S. (2015): Chemiedidaktik kompakt. Lernprozesse in Theorie und Praxis. Berlin: Springer, S. 25

Abbildung 9: Zeichnerische Darstellung des

Verdampfungsprozesses (2)

Abbildung 10: Zeichnerische

Darstellung des Verdampfungsprozesses (3)

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Alle Äußerungen

dahingehend haben

gemein, dass sie konkret-

bildhaft und in Form einer

magisch-animistischen

Sprechweise umschrieben

werden.147

Gleichzeitig erfolgt eine Personifizierung von dem Molekül Isooctan, welches zur

Begründung des Fleckentfernens verwendet wird. Es

finden sich Äußerungen wie ‚zerfressen, ätzen‘, die ihre

Vorstellung klar erkennbar macht. Auch hier scheinen

die Alltagssprache und Beobachtungen für die

ursprünglichen Schülervorstellungen verantwortlich zu

sein. Zeichnerische Darstellungen sind hauptsächlich

bildlich ohne jegliche submikroskopischer Ebene.

Vier der Lerngruppe gehen von einer chemischen

Reaktion als Ursache der Fleckentfernung aus, sodass

neue Stoffe entstehen, die keinerlei sichtbare

Rückstände auf der Kleidung hinterlassen.

Auf submikroskopischer Ebene finden sich

beispielsweise Zeichnungen, die Fett- und

Waschbenzinmoleküle als Teilchen darstellen,

die sich durch eine Reaktion miteinander

verbinden.

Nur eine Schülerin, welche zu den leistungsstärkeren SuS gehört,148 begründet die

Fleckentfernung durch den Lösevorgang von Fett- und Waschbenzinmolekülen. Sie

erklärt dabei den Lösevorgang als

Umgruppierung von Teilchen. Eine Zeichnung

zur Erklärung ihrer (wissenschaftlich korrekten)

Vorstellung findet sich allerdings nicht.

Im folgenden Kapitel wird kurz die Konzipierung der Lernimpulse erläutert, die die

Schülervorstellungen aufgreifen und gleichzeitig auf die Ergebnisse eingegangen.

147

vgl. Kapitel 2.1 Lernervorstellung 148

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe

Abbildung 11: Vernichtungskonzept zur Löslichkeit

Abbildung 12: Zeichnerische

Darstellung der Fleckentfernung (1)

Abbildung 13: Zeichnerische Darstellung der Fleckentfernung (2)

Abbildung 14: Wissenschaftlich anerkannte Vorstellung zur Löslichkeit

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VI. Lernimpulse, ihre Evaluation und Denkprozesse der SuS

Die Lernimpulse wurden anhand der Diagnose der Schülervorstellungen der

untersuchten Lerngruppe149 erstellt und orientieren sich an den in Kapitel II.

dargelegten theoretischen Hintergrund. Die damit einhergehenden Denkprozesse der

SuS konnten durch die Argumentationsbögen nachvollzogen werden und werden im

Folgenden näher beleuchtet.150 Der erste Lernimpuls diente stets der Positionierung

und zur Vorbereitung der nächsten Phase von choice2learn, der

Polarisierungsphase.151 Auffällig dabei war, dass die SuS sehr viel argumentierten und

diskutierten, aber zunächst oft von ihrer eigenen Vorstellung überzeugt waren. Erst die

nachfolgenden, abgestuften Lernimpulse (Differenzierung)152 führten zu einem

Abwägen und einem Veränderungsprozess der subjektiven Theorien, was nachfolgend

näher beleuchtet werden soll.153

a) Verbrennung

Während zu Beginn jeder Lernende von seiner eigenen Vorstellung überzeugt war,

konnte nach dem zweiten Lernimpuls Aussagen A und C154 zu 100% überzeugend

entkräftet werden. Hypothese B wurde nach der rückstandslose Verbrennung von

kleinen Kohlenstoffkörnern in einer geschlossenen Apparatur155 nur von 57,1%

(= acht SuS) bejaht. Dieser Teil der Lerngruppe ging nach dem Ausschlussverfahren

vor, wohingegen der Rest der SuS vermutlich das farblose Gas Kohlenstoffdioxid als

solches noch nicht als identifiziert erachtete. Überzeugend war allerdings die

Massenbestimmung der Versuchsapparatur vor und nach der Durchführung des

Experiments. Damit und anhand des Nachweises mit wässriger Calciumhydroxidlösung

waren alle SuS überzeugt, dass Kohlenstoff als Kohlenstoffdioxid vorliegen musste.

Sieben der Lerner schlossen durch die Nachweisreaktion Aussage C aus. Dies kann

zum einen daran begründet werden, dass für die Hälfte der Lerngruppe das

Vernichtungskonzept anhand des Experiments nicht ausgeschlossen wird, sondern der

Fokus allein auf den Nachweis des Kohlenstoffdioxids gerichtet wird. Dass Kohlenstoff

nicht ‚verloren‘ ist, wie es die SuS äußerten,156 wurde anhand des letzten

Lernimpulses, der Redoxreaktion von Kohlenstoffdioxid und Magnesium bewiesen und

es wurde gleichzeitig das Basiskonzept Donator-Akzeptor wiederholt. Alle SuS kamen

letztendlich auf die wissenschaftlich anerkannte Aussage B.

149

vgl. Kapitel V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellung 150

Die ausformulierten Lernimpulse, sowie die ausgewerteten Argumentationsbögen finden sich im Anhang der beigefügten Daten-CD., Kap. 8., Kap. 9 151

vgl. Kap. IV. Konzeption von choice2learn 152

vgl. abgestufte Lernimpulse mit Fotos, Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 8 153

Die ausgewerteten Argumentationsbögen finden sich im Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 9. 154

Aussage A: Nein, es bleibt weiße Asche zurück.; Aussage B: C: Ja, die Kohle ist verglüht und vernichtet. 155

In der Plenumsphase von choice2learn wurde der weiße Rückstand (Asche) bei der Verbrennung von Grillkohle statt des reinen Kohlenstoffs thematisiert, was sich die Lernenden selbstständig ableiten konnten. 156

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen

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b) Änderung von Aggregatzuständen

Nach der experimentellen Überprüfung des Gedankenexperiments – dem Befüllen

einer Einwegspritze mit Feuerzeug-Nachfüllgas – konnten alle SuS die Reaktion mit

Sauerstoff ausschließen. Bis dahin wurden die beiden anderen Hypothesen noch nicht

negiert. 71,4 % der Lerngruppe (= zehn SuS) bewerteten das aus dem Lernimpuls

resultierende Argument als stark, wohingegen noch vier SuS dieses nur als ‚mittel‘

einordneten. Der nachfolgende Lernimpuls Drei regte die Gruppen zu Überlegungen

hinsichtlich der Unterscheidung eines chemischen und physikalischen Vorgangs an.

Jede Hypothese der Lerngruppe musste dahingehend untersucht werden. Die

experimentelle Überprüfung erfolgte anhand der Kompression und der damit

einhergehenden Kondensation des Feuerzeuggases. Alle SuS bejahten unter

Zuhilfenahme dieses Lernimpulses die wissenschaftlich korrekte Antwort und

verneinten erneut die Reaktion mit Luftsauerstoff, sowie eine mögliche Molekülspaltung

als Erklärung für die Änderung des Aggregatzustandes. 100% der Lerngruppe

bewerteten das resultierende Argument als stark. Auch das sich anschließende – aus

Lernimpuls Vier stammende – Argument wurde durchweg als stark bewertet. Die SuS

wurden zu der Analyse einer Alltagstätigkeit – das Verdampfen von Wasser –

angeregt. Würde hier nach Hypothese B eine Molekülspaltung erfolgen, könnte es zu

einer explosionsartigen Reaktion (Knallgasreaktion) kommen. Schließlich gelangen alle

SuS zur wissenschaftlich korrekten Antwort C, die auch zeichnerisch passabel

dargestellt wurde.

c) Löslichkeit

Auffällig bei diesem Kontext ist hierbei, dass einige SuS (= 42,9% = sechs SuS) ihre

eigene Aussage nicht so stark bewerteten, wie bei den beiden anderen Thematiken.

Eine gewisse Unsicherheit spiegelte sich auch in der Polarisierungsphase wider, da zu

beobachten war, dass die SuS im Vergleich zu den bisherigen Erfahrungen sehr

nachdenklich beim Anbringen anderer Argumente ihrer Mitschüler waren und nicht

lautstark diese dementierten. Ursache hierfür kann u.a. die Komplexität der

submikroskopischen Betrachtung des Lösevorgangs (hier: eines Fettflecks) darstellen.

Zunächst wurde anhand des zweiten Lernimpulses von allen SuS die Aussage

ausgeschlossen, bei der von einem ‚Vernichten‘ ausgegangen wurde. Über die Hälfte

der Lerngruppe (= 57,7% = acht SuS) empfanden die Aussage als überzeugend,

wohingegen sechs SuS nur teilweise überzeugt war. Sechs der Lerngruppe (= 42,9 %)

dachten bereits weiter und schlossen anhand der experimentellen Untersuchung

ebenfalls eine Reaktion der Fett- und Waschbenzinmoleküle aus. Genau diese SuS

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hielten dies als einen Hinweis auf Aussage C157. Der dritte Lernimpuls regte die SuS zu

Überlegungen hinsichtlich der Unterscheidung eines chemischen und physikalischen

Vorgangs an, wobei jede Hypothese der Lerngruppe dahingehend untersucht werden

musste. Spätestens hier gelangte jeder SuS zur wissenschaftlich korrekten Antwort C

und konnte die beiden anderen Aussagen selbstbewusst negieren. Lernimpulse Vier

und Fünf dienten dabei nochmals zur Wiederholung bzw. kontextuellen Anwendung

des Fachwissens bezüglich der zwischenmolekularen Kräfte und der Löslichkeit als

Eigenschaft. Anhand dessen konnten die SuS ihr Fachwissen transferieren, in den

Kontext einbetten und mit dem Lösevorgang in Beziehung bringen. In der

Plenumsphase konnte auf diese Weise die Verwendung unpolarer Reinigungsmittel

wie des Waschbenzins und polarer Reinigungsmittel (wie z.B. Wasser) abgestimmt auf

die jeweilige Verunreinigung diskutiert werden.

VII. Evaluation des Einsatzes von choice2learn

Für die Evaluation des Einsatzes von choice2learn sollen zum einen die

Transferaufgaben der Anwendungs- bzw. Sicherungsphase und zum anderen

Aufgaben, die am Schuljahresende zur Vorbereitung auf die schriftliche

Leistungskontrolle dienten158 und im Unterricht anhand des socrative-Programms

bearbeitet wurden, erfolgen.159 Die Auswertung dieser Diagnoseaufgaben anhand

eines offenen Antwortformats gestaltete sich zwar aufwendig, allerdings konnte auf

diese Weise eine mögliche Konzeptentwicklung vollzogen werden.

Haben sich die ursprünglichen Schülervorstellungen langfristig entwickelt, so sollte die

Anwendung dessen auf einen neuen Kontext möglich sein, was zusätzlich dem Lernen

bzw. Verstehen nach konstruktivistischem Ansatz entspricht.160 Interessant sind dabei

des Weiteren kognitions-linguistische Analysen hinsichtlich einer möglichen

Entwicklung der Schüleräußerungen.161

Die Anforderungen an eine wissenschaftliche Studie (Objektivität, Reliabilität, Validität)

kann die durchgeführte Untersuchung insgesamt nicht gerecht werden. Durch die

kleine Lerngruppe wurden günstige Bedingungen für die Durchführung geschaffen,

was mit einer größeren Schülerzahl in der Regel besonders hinsichtlich

Experimentierphasen schwierig zu organisieren ist. Die Konzeption der Lernimpulse,

die Beobachtungen, sowie die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse erfolgten

auf Grundlage sehr guter Kenntnisse über die Lerngruppe und im Hinblick auf die im

157

Aussage C: Die Fett- und Waschbenzinmoleküle liegen nach dem Lösevorgang ungeordnet/ „durchmischt“ vor. 158

vgl. Kap. 12 Diagnoseaufgaben am Schuljahresende, Anhand der beigefügten Daten-CD 159

Schwierigkeiten konnten so von der Lehrperson zeitnah erkannt werden, auf die unmittelbar eingegangen werden konnten. Gleichzeitig konnten Probleme, die ein Großteil der Lerngruppe hatte, anhand dieses Mediums schnell thematisiert werden. 160

vgl. Kap. 2.2 Veränderung von Lernervorstellungen 161

Da der Fokus dieser Arbeit auf die Veränderung der Schülervorstellungen liegt, würde die kognitions-linguistische Analyse der Schülervorstellungen nach dem Einsatz von choice2learn den Umfang dieser pädagogischen Facharbeit nicht mehr entsprechen und muss daher an dieser Stelle entfallen.

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Verlauf des Unterrichtsgangs erworbene Kenntnisse, sodass Konzeptentwicklungen

individuell erkannt werden konnten. Diese geringe Objektivität bedingt sogleich die

Reliabilität der Untersuchung, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass

die Ergebnisse, die in dieser Lerngruppe anhand der Diagnostik und auf die

Bedürfnisse der Lerngruppe zugeschnittenen Lernimpulse erreicht wurden, zuverlässig

von einer anderen Lerngruppe mit einer anderen Lehrperson reproduziert werden

können. Eine Erhöhung der Objektivität und Reliabilität könnte durch eine größere

Schülerzahl, sowie die Erprobung in parallelen Chemiekursen erreicht werden.162

Die bereits erwähnte zeitaufwändige Interpretation von Schüleraussagen soll eine

Erhöhung der Validität erreichen, denn kognitions-linguistische Analysen geben

Hinweise auf die Schülervorstellungen und ist in Anbetracht des großen Anteils an

Lernenden mit Migrationshintergrund sowie sprachlicher Defizite notwendig. Die

Entwicklung eines Diagnosebogens im Multiple-Choice-Format war angedacht

allerdings sprechen hier zu viele Argumente gegen den Einsatz zur Evaluation. Neben

der Argumente, die bereits für die Entwicklung von Diagnoseaufgaben galten,163 hätten

die SuS die Möglichkeiten durch einfaches Raten die Aufgaben zu bearbeiten, wobei

dies mit großer Wahrscheinlichkeit aufgrund der zeitlichen Nähe und damit der

inhaltlichen Präsenz sehr erfolgreich gewesen wäre. So wiederholten die SuS am

Schuljahresende zur Vorbereitung auf die schriftliche Leistungsmessung den gesamten

Stoff und mussten ihre Vorstellungen – ohne Hinweis auf die korrekte Lösung –

erklären.

Auch wenn die Anforderungen an eine wissenschaftliche Untersuchung nicht erfüllt

werden können, so kann die durchgeführte Erprobung erste Anhaltspunkte für die

Veränderung von Schülervorstellungen anhand der choice2learn-Konzeption sowie

deren Praktikabilität geben. Daneben fließen in die Bewertung Beobachtungen

während der Durchführung und die Evaluation seitens der SuS mit ein.164 Doch

zunächst sollen auf die jeweiligen Konzeptentwicklung thematisch differenziert

eingegangen werden und abschließend auf allgemeine Aspekte eingegangen werden.

a) Verbrennung

Laut der Rückmeldung der SuS durch Gespräche und dem Evaluationsbogen165 kann

eine positive Konzeptentwicklung bezüglich der Vorstellungen zu

Verbrennungsprozessen verzeichnet werden. Nur ein Lernender ist sich bei der

Formulierung und Erklärung der Verbrennung von Kohlenstoff noch unsicher. Die

162

Aus organisatorischen Gründen war dies leider nicht möglich. 163

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 164

Die ausgewerteten Evaluationsbögen, welche Aspekte eines Selbsteinschätzungsbogens enthalten, finden sich auf der beigelegten Daten-CD. 165

Alle ausgewerteten Evaluationsbögen finden sich im Anhang der beigefügten Daten-CD, Kap. 11.

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gesamte Lerngruppe sah die Unterrichtsgestaltung nach der choice2learn-Konzeption

als hilfreich an, um ein Verständnis auch auf submikroskopischer Ebene zu verstehen.

Bei der Auswertung der Diagnoseaufgabe gegen Ende des Schuljahres ergaben nach

kognitions-linguistischer Analyse, dass 92,9% (= 13 SuS) der Lerngruppe die

wissenschaftlich anerkannte Vorstellung vertraten. Nur ein SoS formulierte eine

Antwort, die das Konzept der Aussage A entspricht.

Abbildung 15: Konzeptentwicklung - Verbrennung

b) Änderung von Aggregatzuständen

Noch erfolgreichere Ergebnisse wurden bei der Konzeptentwicklung bezüglich der

Änderung von Aggregatzuständen erreicht. Die Schülerrückmeldung166 sowie die

Beantwortung der Aufgaben zum Transfer und zur Vorbereitung auf die schriftliche

Leistungskontrolle spiegeln die Verwurzelung der wissenschaftlich korrekten

Vorstellung wider. Auffällig dabei ist die prozentual hohe ‚volle‘ Zustimmung. Ein Grund

hierfür kann die gewonnene Sicherheit und Selbstvertrauen der SuS sein, die den

Verdampfungsprozess bzw. allgemein die Übergänge von Aggregatzuständen auf

submikroskopischer Ebene nun beschreiben können.

166

vgl. Evaluationsbogen, Anhang der beigelegten Daten-CD, Kap. 11

8

0 0 1 1

14 14 13

5

0 0 0 0

2

4

6

8

10

12

14

16

Ausgangslage Plenumsphase Transferaufgabe Langzeit

Aussage A - weiße Asche bleibt zurück

Aussage B - Kohle reagiert mit Sauerstoff zu gasförmigen Kohlenstoffdioxid

Aussage C - Kohle ist vernichtet

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28

Abbildung 16: Konzeptentwicklung - Änderung von Aggregatzuständen

c) Löslichkeit

In der Plenums- und Anwendungsphase zeichnete sich zunächst eine erfolgreiche

Konzeptentwicklung ab. Auch die Schülerrückmeldung erzielte eine positive Bilanz.

Allerdings stimmten die Lernenden ‚eher zu‘ und nicht so selbstsicher wie bei den

anderen beiden Erprobungen. Bei der Bearbeitung der Aufgabe am Schuljahresende

gingen 21,4% des Chemiekurses erneut von einer Reaktion beim Lösevorgang aus.

Zum einen kann dies in der Komplexität der submikroskopischen Betrachtung

begründet werden167, zum anderen stellt sich die Frage inwiefern eine langfristige

Konzeptentwicklung erreicht wurde.168

Ein Teil der Lerngruppe scheint hier noch unsicher bei der zeichnerischen Darstellung

des Lösens bzw. Ausbildens zweier Phasen auf submikroskopischer Ebene zu sein.

Auch wenn sich hier eine Konzeptentwicklung verzeichnen lässt, könnten die

Lernimpulse unter Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse der betreffenden

Lerngruppe optimiert werden.

167

vgl. Kap. V. Diagnostik und Diagnose der Lernervorstellungen 168

vgl. Kap. VIII. Fazit, Ausblick und Weiterarbeit

10

0 0 0

2

0 0 0

2

14 14 14

0

2

4

6

8

10

12

14

16

Ausgangslage Plenumsphase Transferaufgabe Langzeit

Aussage A - Moleküle reagieren mit Luftsauerstoff

Aussage B - Moleküle spalten sich

Aussage C - Abstände zwischen Moleküle ändern sich

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Abbildung 17: Konzeptentwicklung - Löslichkeit

Die positiven Ergebnisse, die mit der Erprobung der choice2learn-Konzeption erreicht

wurden, spiegelten sich auch in den Beobachtungen während des Unterrichts wieder.

Die SuS arbeiteten konzentriert, motiviert und effektiv zusammen. So stieg nicht selten

der Lautstärkepegel bei Diskussionen zur Überprüfung der Hypothesen an. Die

Interaktion der SuS verlief dabei – auch aufgrund des positiven Klassenklimas169 –

immer wertschätzend, was auch von den SuS positiv angemerkt wurde.170 Auf diese

Weise konnte ein Ziel, das Fördern von Kompetenzen wie die Selbstregulation bzw.

self-monitoring, Involvement oder die personale und soziale Kompetenz, erreicht

werden.171 Aber auch alle anderen Kompetenzen, die mit dem konzipierten Unterricht

verfolgt wurden, konnten erzielt werden.172 Der Regelunterricht des Halbjahres

profitierte von der Erprobung von choice2learn, denn die Konzeptentwicklung

elementarer Vorstellungen auf denen die inhaltliche Weiterarbeit des Halbjahres

fußten, führten zu einem tieferen Verständnis.

Bei der ersten Erprobung von choice2learn mussten die Lernenden stark dazu

angehalten werden selbstständig und wissenschaftspropädeutisch zu arbeiten, da sie

sich stets nach Korrektheit rückversicherten. Doch sie wurden zunehmend vertrauter

mit der Arbeitsweise und gewannen immer mehr Selbstvertrauen, was als ein weiterer

Förderschwerpunkt verfolgt wurde.173 Die Selbstständigkeit durch das Einbeziehen von

Lernimpulsen wurde auch seitens der Lerngruppe als positiv erachtet.174 Bei der

Überprüfung von Hypothesen empfanden die SuS besonders Experimente als hilfreich,

169

vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 170

vgl. Kap. 11. Evaluationsbögen, Anhang der beigefügten Daten-CD 171

vgl. Kap. 4.2 Die Konzeption von choice2learn aus der didaktischen und methodischen Perspektive 172

vgl. Kap. 3. Kompetenzen, Anhang der beigefügten Daten-CD 173

vgl. Kap. I. Genese, vgl. Kap. III. Lernausgangslage und Lerngruppe 174

vgl. Kap. 11. Evaluationsbögen, Anhang der beigefügten Daten-CD

4

0 0

3

9

0 0 0 1

14 14

11

0

2

4

6

8

10

12

14

16

Ausgangslage Plenumsphase Transferaufgabe Langzeit

Aussage A - Moleküle reagieren miteinander

Aussage B - Lösemittel zerfrisst bzw. zerstört Moleküle

Aussage C - Moleküle liegen nach dem Lösevorgang ungeordnet vor

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wobei sich ein Teil sogar noch mehr hierzu wünschte. Die experimentelle Ausrichtung

der Lernimpulse scheint – wie in Kap. III. dargelegt – für den hohen Anteil an haptisch-

visuellen Lerntypen hilfreich zu sein. Allerdings wünschten sich einige SuS bei der

Evaluation der choice2learn-Konzeption zum Thema Änderung von

Aggregatzuständen noch mehr Sicherheit bei der Ergebnissicherung, in Form einer

gemeinsamen Niederschrift, was darauffolgend berücksichtig wurde. Bei der

Bearbeitung der Transferaufgabe zum Thema Löslichkeit sowie zur Vorbereitung auf

die schriftliche Leistungserfassung gegen Ende des Schuljahres, wurde auf socrative

zurückgegriffen. Die in Kapitel 4.2 beschriebenen Vorteile des Programms wurden so

optimal zur Sicherung und erneuten Umwälzung bei Schwierigkeiten genutzt.

Allerdings muss die nötige medientechnische Ausstattung dazu vorhanden sein, was

ggfs. angesichts einer zahlenmäßig größeren Lerngruppe problematisch sein kann.

VIII. Fazit, Ausblick und Weiterarbeit

Zusammenfassend kann der Unterrichtsversuch zur choice2learn-Konzeption als

erfolgreich bezeichnet werden. Das in der Genese zitierte spanische Sprichwort

bewahrheitete sich: Ursprüngliche, sowie aus dem Anfangsunterricht stammende,

hausgemachte Vorstellungen sind sehr verwurzelt und finden sich beständig bei

Oberstufenschüler wieder. Allerdings besteht die Möglichkeit durch die dargelegte

Konzeption eine langanhaltende Konzeptentwicklung zu erreichen und dabei auch

überfachliche Fähigkeiten zu fördern. Die Implementierung von choice2learn in den

Regelunterricht – auch und besonders in die der Oberstufe – muss zukünftig verfolgt

und weiterentwickelt werden. Es gilt differenzierte Lernimpulse hinsichtlich weiterer

elementarer Vorstellungen zu konzipieren und eine kreative Optimierung zu verfolgen.

Idealerweise wird das selbstständige und wissenschaftspropädeutische Arbeiten noch

weiter geöffnet, sodass SuS losgelöst von Lernimpulsen eigenständige experimentelle

Untersuchungen durchführen können, was allerdings in der Praxis

höchstwahrscheinlich den zeitlichen Rahmen sprengen würde. Die ersten Erfahrungen,

die mit der Erprobung von choice2learn erzielt wurden, finden ein erstes Gehör im

Kollegium. So sprach ich in unserer Arbeitsgruppe zur Überarbeitung des

Fachcurriculums bezüglich der Neuerungen des Kerncurriculums für Chemie175 die

Ergebnisse der vorliegenden Arbeit an. Zukünftig sollten Präkonzepte und

hausgemachte Vorstellungen auch in Lehrplänen und Kerncurricula berücksichtigt

werden.176 So könnte Fachlehrern ein Anstoß gegeben werden, Schülervorstellungen

bei der Unterrichtsplanung zu berücksichtigen und dabei auf Konzeptionen wie die von

choice2learn zurückgreifen.

175

vgl. Hessisches Kultusministerium (2016): Kerncurriculum gymnasiale Oberstufe. Wiesbaden 176

vgl. Kap. 4.2 Die Konzeption von choice2learn aus der didaktischen und methodischen Perspektive

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Socrative (2016), unter: http://www.socrative.com/ (letzter Zugriff: 03.08.2016,

14:08)