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www.iww.de Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen Ein Service des Informationsdienstes „Gestaltende Steuerberatung“ Sonderdruck Änderungen durch Haushaltsbegleitgesetz 2004 Analyse der aktuellen BMF-Schreiben Beratungsempfehlungen für den Praktiker Anwendungs- und Übergangsregelungen Autor: Dipl.-Finw. Jürgen Serafini, Troisdorf

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www.iww.de

Steuerschuldnerschaftbei Bauleistungen

Ein Service des Informationsdienstes„Gestaltende Steuerberatung“

Sonderdruck

Änderungen durch Haushaltsbegleitgesetz 2004

Analyse der aktuellen BMF-Schreiben

Beratungsempfehlungen für den Praktiker

Anwendungs- und Übergangsregelungen

Autor:

Dipl.-Finw. Jürgen Serafi ni, Troisdorf

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Impressum

Nachdruck, fotomechanische, elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Bearbeitung, Übersetzung, Mikroverfi lmung und Einspeicherung, Verarbeitung bzw. Wiedergabe in Datenbanken oder anderen elektronischen Medien und Systemen ist – auch auszugsweise – nur nach schriftlicher Zustimmung des Verlags erlaubt. Der Inhalt ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Komplexität und der ständige Wandel der Rechtsmaterie machen es notwendig, Haftung und Gewähr auszuschließen. Die alleinige Verantwortung bei der Verwendung dieser Unterlage liegt bei den beratenden Berufsgruppen.

Steuerschuldnerschaft beiBauleistungen

Autor: Dipl.-Finanzwirt Jürgen Serafi ni, Troisdorf

Schriftleitung: Rechtsanwalt/Dipl.-Finanzwirt Horst Rönnig, Nordkirchen

© IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern Recht Wirtschaft GmbH & Co. KG Nordkirchen 2005

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Gestaltende Steuerberatung 1

Umsatzsteuer

Anwendungsbe-reich der Vorschrift wurde ausgedehnt

Defi nition erfolgte in Anlehnung an „Bauabzugssteuer“

Gesetzgebung/Bundesfi nanzministerium

Grundfragen zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen

Durch das Haushaltsbegleitgesetz 2004 hat der Gesetzgeber seit dem 1.4.04 die Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen neu geregelt. Werden als „Bauleistungen“ zu qualifi zierende Leistungen an einen Leistungs-empfänger erbracht, der seinerseits solche Bauleistungen erbringt, so schuldet Letzterer die anfallende Umsatzsteuer. Im Folgenden werden die Grundfragen der Neuregelung dargestellt.

1. Vorbemerkung

Seit vielen Jahren hat die Übertragung der Steuerschuldnerschaft – bis 2001 durch die Vorgängerregelung des „Abzugsverfahrens“ – ihre Bedeu-tung in der Bauwirtschaft. Diese Bedeutung beschränkte sich jedoch bis-lang auf Leistungen, die ein hiesiger Unternehmer von einem im Ausland ansässigen Unternehmer bezog (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG). Um die seit langem beklagten Steuerausfälle durch die als Nachunternehmer einge-setzten „Scheinunternehmen“ (vgl. BFH 4.9.03, BStBl II 04, 627 u. 9.10.03, BFH/NV 04, 97) einzudämmen, weitete der Gesetzgeber diese Regelung auf „innerdeutsche Leistungsbeziehungen“ aus. Entgegen der gesetzge-berischen Ursprungsabsicht blieb dabei die Gebäudereinigungsbranche jedoch ebenso ausgeklammert wie Leistungsempfänger außerhalb der Baubranche. Auf Grund der erst am 31.3.04 veröffentlichten EG-Ermäch-tigung konnte die Neuregelung erst zum 1.4.04 in Kraft treten.

§ 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG verfügt in Verbindung mit § 13b Abs. 2 UStG seither, dass eine Steuerschuldnerschaftsübertragung auf den Leistungs-empfänger nur zur Anwendung kommt, wenn...

der leistende Unternehmer „Bauleistungen“ erbringt undsein Leistungsempfänger „Bauleistender“ ist.

Die im Folgenden zitierten Textziffern betreffen das erste zu dieser Neu-regelung ergangene Anwendungsschreiben (BMF 31.3.04, BStBl I, 453), während sich die Zitate von Gliederungspunkten auf das zweite BMF-Schreiben vom 2.12.04 (BStBl I, 1129) beziehen.

2. „Bauleistungen“ i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG

Für den Begriff der Bauleistungen hat sich der Gesetzgeber in § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG wegen der vergleichbaren Problemstellung an der zur „Bauab-zugssteuer“ ergangenen Regelung in § 48 Abs. 1 S. 3 EStG weitestgehend orientiert. Als Bauleistung im o.a. Sinne gelten demnach alle Werkliefe-rungen und sonstigen Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.

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Gestaltende Steuerberatung 2

Umsatzsteuer

Planungs- und Überwachungs-leistungen

Vorbereitende Planung als Nebenleistung

Palisaden und Ab-grenzungsmauern als Bauwerke

Während die Planungs- und Überwachungsleistungen bei der Bauabzugs-steuer im Gesetz ungenannt blieben und erst durch BMF-Schreiben (BMF 27.12.02 mit späteren Änderungen, vgl. BStBl I, 437 Tz. 7) ausgeklammert wurden, nimmt § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG sie von vornherein ausdrücklich aus dem Kreis der Bauleistungen aus, was im Ergebnis zur gleichen Rechtsfolge führt. Planerische Leistungen unterfallen jedoch nur dann nicht § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG, wenn sie eine selbstständige Leistung darstellen:

Beispiel 1

Heizungs- und Sanitärinstallateur H...

a) ...erstellt für Bauunternehmer B die Installationsplanungen für dessen Objekte. Diese Planungsleistung wird jeweils pro Objekt mit 600 EUR vergütet.

b) ... hat im Auftrag des Bauunternehmers B die Heizungs- und Sanitä-rinstallationsarbeiten an einem Gebäude übernommen. Zu seinen mit einem Festpreis abgegoltenen Leistungen gehören vertraglich auch die vorbereitenden Planungen einschließlich der Berechnung des Wärme-bedarfs.

Während in der Variante a) keine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG vorliegt, gehen die planerischen Leistungsanteile in der Variante b) als Nebenleistung in der als Bauleistung zu wertenden Hauptleistung unter.

2.1 BauwerkeNach BMF-Ansicht umfasst der im Gesetz genannte Begriff des „Bau-werks“ nicht nur Gebäude, sondern jegliche aus Baustoffen oder Bauteilen hergestellte Anlagen, die mit dem Erdboden verbunden sind oder auf Grund ihrer eigenen Schwere auf ihm ruhen (Tz. 7). Beispielhaft listet das BMF insofern Brücken, Straßen und Tunnel auf. Bei zahlreichen weiteren Objekten stellt sich aber ebenfalls die Frage einer Bauwerkseigenschaft:

Windkraftanlagen haben m.E. bereits auf Grund ihrer Größe und Zu-gänglichkeit Bauwerkseigenschaft.

Gartenbauanlagen: Leistungen des Gartenbaus führen immer dann zur Bauwerkserstellung, wenn mit „massiven Baustoffen“ gearbeitet wird. Demnach gelten beispielsweise Pfl asterarbeiten, Treppenanlagen, Abgrenzungsmauern und das Setzen von Palisaden o.ä. als Bauwerk. Keine Bauleistungen sind jedoch Arbeiten mit „lebenden Materialien“, z.B. das Einpfl anzen von Sträuchern oder Bäumen, das Einsäen von Rasen sowie die Pfl ege dieser Pfl anzungen.

Grabanlage: Auch eine Grabanlage (z.B. Grabeinfassungen oder Grab-steine aus Granit) entsprechen der o.a. Defi nition und müssen daher m.E. nach den BMF-Ausführungen als Bauwerk eingestuft werden.

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Gestaltende Steuerberatung 3

Umsatzsteuer

Bautechnische Verzahnung erforderlich

Behandlung von Ein- und Ausbauten

Technische Anlagen: Rein technische Anlagen, z.B. eine elektrische Umspannungseinheit, die wettergeschützt in einer Kunststoffbox am Straßenrand aufgestellt wird, ist m.E. nicht als eigenständiges Bauwerk zu werten. Unter § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG fällt sie m.E. nur dann, wenn diese technische Anlage eine bautechnische Verzahnung mit einem Bauwerk (z.B. einer Windkraftanlage) aufweist. Demnach sind aber beispielsweise die fest mit einer Straße verbundenen Ampelanlagen oder Verkehrsschilder dem Bauwerk der Straße zuzurechnen, sodass für den Bau dieser Anlagen – ebenso wie für spätere Wartungsarbeiten daran – § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG zur Anwendung kommt.

Bauleistungen betreffen alle zum Bauwerk gehörenden Komponenten und konfrontieren hierdurch mitunter auch Leistende ohne Baubranchen-zugehörigkeit mit der Neuregelung:

Beispiel 2

Schreinermeister S hat sich ein neues Betriebsgebäude aus Holz errich-ten lassen. Aus Brandschutzgründen muss dieses mit einer feuerfesten Fassadenaußenfl äche versehen werden. Der befreundete Kfz-Karosserie-bauer K liefert ihm daraufhin lackierte Aluminiumblechelemente die S als Vorhängefassade verwendet und von K montieren lässt.

Die Aluminiumelemente wurden von K fest mit dem Gebäude verbunden; K hat daher eine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG erbracht.

Gleiches würde beispielsweise auch für einen Elektroeinzelhändler gelten, der nur gelegentlich veräußerte Antennenanlagen im Auftrag des Kunden zugleich an deren Gebäude montiert.

2.2 Fest mit den Bauwerk verbundene AnlagenNach BMF-Ansicht (Tz. 7) fällt nicht nur die eigentliche Bauwerkssubstanz, sondern auch Ein- oder Anbauten unter die Neuregelung. Hierzu zählt das BMF den Einbau von Fenster und Türen, Aufzügen, Rolltreppen aber auch fest verbundene Einrichtungsgegenstände wie z.B. Ladeneinbauten, Schaufensteranlagen und Gaststätteneinrichtungen oder Anbauten wie Lichtwerbeanlagen. Bei sonstigen Einbauten liegt nach Ansicht des BMF aber regelmäßig dann keine Bauleistung vor, wenn der fragliche Gegen-stand ohne größeren Aufwand mit dem Bauwerk verbunden oder wieder vom Bauwerk getrennt werden kann. Messebauarbeiten nimmt das BMF jedoch ausdrücklich von den Bauleistungen (Tz. 12).

2.3 Reparatur- und WartungsarbeitenNicht nur Errichtung oder Abriss eines Bauwerks gelten als Bauleistung, unter § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG fallen auch Reparatur oder Wartungsarbei-ten an solchen Bauwerken (z.B. auch Wartungsarbeiten an Alarm- oder Brandschutzanlagen).

Gebäudebezogene Dienstleistungen fallen jedoch nicht bereits dann unter § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG, wenn sie (auch) mechanische Leistungsanteile beinhalten:

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Gestaltende Steuerberatung 4

Umsatzsteuer

„Installation“ als Nebenleistung unbeachtlich

Bagatellgrenze von 500 EUR

„Negativ-Liste“

Beispiel 3

Die X-GmbH erstellt Heizkostenabrechnungen und bringt zu diesem Zweck in den Wohnungen jährlich Messeinrichtungen an den Heizkörpern an.

Die Messeinrichtungen mögen zwar mit den Heizkörpern – und demnach mit dem Gebäude – fest verbunden sein. Diese „Installationsleistung“ dient jedoch m.E. als Nebenleistung alleine der im Vordergrund stehen-den Dienstleistung der Heizkostenzuordnung bzw. -verteilung, sodass die Gesamtleistung insgesamt nicht unter § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG fällt.

Das BMF-Schreiben vom 27.12.02 (a.a.O. Tz. 11) zu § 48 EStG verfügt zur Bauleistungsabgrenzung im Reparatur- und Wartungsbereich, dass reine Wartungsarbeiten an Bauwerken nur dann Bauleistungen darstellen, wenn dabei Teile bearbeitet, ausgetauscht oder verändert werden. Hätte das BMF diese Trennlinie auch für § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG übernommen, so hätte ein Heizungsinstallateur beispielsweise bei jeder Heizungswartung penibel aufzeichnen müssen, ob „auch ein Schräubchen ausgetauscht“ oder nur Kontroll-, Reinigungs- und Einstellarbeiten durchgeführt wurden. Vor diesem Hintergrund hat das BMF auf das Abgrenzungsmerkmal des Teileaustausches im Anwendungsschreiben zu § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG gänzlich verzichtet.

Zudem hat die Finanzverwaltung eine Bagatellgrenze eingeführt (Tz. 12): Demnach stellen Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken immer dann keine Bauleistung im oben angesprochenen Sinne dar, wenn das (Netto-) Entgelt für den einzelnen Umsatz (relevant ist also nicht der Rechnungsbetrag!) nicht mehr als 500 EUR beträgt.

Hinweis: Diese Regelung stellt zwar grundsätzlich eine Erleichterung für die alltägliche Rechnungserstellung dar, ist jedoch – da im Gesetz nicht verankert – m.E. für den Unternehmer nicht bindend.

2.4 Ausgenommene LeistungenDas BMF nimmt in einer Negativ-Liste zahlreiche bauspezifi sche Leistun-gen aus dem Kreis der Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG aus:

Reinigungsleistungen (Tz. 10): Reinigungsarbeiten an oder in einem Bauwerk gelten nicht als Bauleistungen, es sei denn, die zu reinigende Oberfl äche wird durch den Reinigungsvorgang verändert (z.B. Abschlei-fen von Parkett, Sandstrahlen einer Fassade).

Materiallieferungen: Materiallieferungen – z.B. durch Baustoffhändler oder Baumärkte – sind auch dann keine Bauleistungen, wenn es sich nicht um Standardware, sondern um individuell für das spezielle Bau-werk angefertigte Teile handelt. Dies gilt selbst dann, wenn diese Teile vom Liefernden bei der Anlieferung an der im Bauwerk vorgesehenen Stelle positioniert werden:

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Gestaltende Steuerberatung 5

Umsatzsteuer

„Punktgenaue Anlieferung“ von Waren

Bloße Gestellung von Bedienpersonal reicht nicht

Lieferung eines Grundstücks

Beispiel 4

Sägewerksunternehmer S fertigt im Auftrag des Zimmermanns Z Holzbal-ken und -fertigteile für einen speziellen Dachstuhl. Vereinbarungsgemäß transportiert S die Teile mit eigenem Lkw zur Baustelle und setzt diese mit eigenem Kran (bedient vom eigenen Personal) nach den Anweisungen des Zimmermanns auf der Dachgeschossdecke ab.

S erbringt keine Bauleistungen, denn das Absetzen der Fertigteile auf An-weisung des Z vor Ort ist lediglich eine „punktgenaue Warenanlieferung“.

Die Materiallieferung wandelt sich jedoch in eine Bauleistung, wenn der Leistende nicht lediglich eine Warenanlieferung schuldet, sondern ein am Bauwerk zu erbringendes Werk (z.B. im Fall 4 die fachgerechte Errichtung des Dachstuhls mithilfe der anzuliefernden Balken).

Keine Bauleistung ist nach BMF-Ansicht die Anlieferung von Beton, es sei denn der Lieferer hat zugleich auch das fachgerechte Verarbeiten des Beton übernommen.

Baugeräteverleih: Keine Bauleistung ist auch das Zurverfügungstellen von Baugeräten, es sei denn, es wird zugleich Bedienpersonal für „sub-stanzverändernde Bauwerksarbeiten“ gestellt. Letzteres ist jedoch nicht bereits dann zu bejahen, wenn das zugleich mit dem Baugerät gestellte Bedienpersonal die Maschine nach Einzelanweisungen des Auftragge-bers fachgerecht bedient, sondern erst dann, wenn der das Baugerät stellende Unternehmer vertraglich die Erstellung eines Werks übernom-men hat – z.B. die Ausschachtung einer Baugrube entsprechend der Planungsmaße. In diesem Sinne stellt auch die Zurverfügungstellung einer Betonpumpe regelmäßig keine Bauleistung dar.

Keine Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG sind lt. BMF zu-dem:

Arbeitnehmerüberlassung: Nach dem BMF-Schreiben stellt die Arbeit-nehmerüberlassung auch dann keine Bauleistung dar, wenn die über-lassenen Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen.

Bauträgerumsätze: Der klassische Bauträgerumsatz besteht in der Er-richtung eines Bauwerks auf eigenem Grundstück mit anschließender Veräußerung des Objekts. Umsatzsteuerlich stellen derartige Bauträ-gerumsätze mithin Grundstückslieferungen i.S. von § 4 Nr. 9a UStG dar und können daher auch dann nicht als Bauleistungen gewertet werden, wenn der Bauträger das Grundstück nach den Wünschen bzw. Anweisungen des Käufers „frisch bebaut“ hat.

Entsorgung von Baumaterial, es sei denn, die Bauschuttentsorgung ist als unselbstständige Nebenleistung zur (Bau-)Hauptleistung zu werten.

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Gestaltende Steuerberatung 6

Umsatzsteuer

Lieferung und Verdichtung von Baumaterial...

...bei getrennten Aufträgen

Werklieferung ist insgesamt Bauleistung

Gerüstbau: es sei denn, der Gerüstbau ist als unselbständige Neben-leistung zur (Bau-) Hauptleistung zu werten.

Pfl anzarbeiten: Das Anlegen von Bepfl anzungen und deren Pfl ege stellt – mit Ausnahme der Dachbegrünung – keine Bauleistung dar.

Aufstellung von Material- oder Bürocontainer oder mobilen Toiletten-häusern

Lieferung von Wasser oder Energie

2.5 AufteilungNicht selten erbringt der Unternehmer Leistungen, die unter anderem auch Bauleistungen im o.a. Sinne beinhalten:

Beispiel 5

Tiefbauunternehmer und Kiesgrubenbesitzer T hat von Bauunternehmer B den Auftrag erhalten, 10 Tonnen Füllkies zum vereinbarten Preis an seiner Baustelle anzuliefern. Hinsichtlich der Verteilung des Materials auf der Baustelle hat B sich ausbedungen, vorab noch entsprechende Konkurren-zangebote einzuholen. Nachdem diese vorliegen, erteilt B jedoch letztlich dem T auch den Auftrag, das noch anzuliefernde Material einzubringen und zu verdichten.

Während die Lieferung von Baumaterial keine Bauleistung darstellt, er-bringt T mit der Verteilung und Verdichtung im Zusammenhang mit einer Bauwerkserrichtung ein Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG. Ein Aufteilungsproblem stellt sich nicht, da bereits getrennte Leistungen und Aufträge vorliegen.

Beispiel 6

Sachverhalt wie Bsp. 5; T erhält von B jedoch von Anfang an den Auftrag, das Kiesmaterial anzuliefern, einzubringen und zu verdichten.

T hat gegenüber B die Erbringung einer Werklieferung im Zusammen-hang mit einer Bauwerkserrichtung übernommen. Diese Leistung stellt insgesamt eine Bauleistung dar. Eine Aufteilung kommt daher nicht in Betracht.

Beispiel 7

Gartenbauunternehmer G soll im Auftrag von Bauunternehmer B ei-nen Haus garten gestalten. Der Auftrag sieht das Verlegen von 200 qm Rollrasen, das Anpfl anzen von 15 Sträuchern, der Erstellung von 20 qm Gehweg aus Natursteinplatten sowie die Anlage einer 10 Meter langen Sichtschutzwand aus Holzpalisaden vor.

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Gestaltende Steuerberatung 7

Umsatzsteuer

Gibt Bauleistung der Gesamtleistung das Gepräge?

Trennbare Einzelleistungen

Empfänger der Leistung muss nachhaltig Bauleis-tungen erbringen

Einer der (m.E. in der Praxis sehr seltenen) Fälle der o.a. „Geprägeüber-legung“ des BMF liegt allerdings dann vor, wenn keine Einzelleistungen beauftragt wurden. Denkbar könnte dies beispielsweise sein, wenn der Grundstücksbesitzer einem Gartenbauunternehmer bei der Auftragsver-gabe freie Hand lässt, die Gartenanlage eigenschöpferisch nach eigenen Ideen und Inhalten zu gestalten.

3. Leistungsempfänger als „Bauleistender“ i.S. von § 13b Abs. 2 UStG

3.1 Umfang der BauleistungstätigkeitDie Steuerschuldnerschaftsübertragung kommt bei erbrachten Bauleis-tungen nur dann zum Zug, wenn der Leistungsempfänger seinerseits Bauleistungen erbringt (§ 13b Abs. 2 S. 2 UStG). Der Gesetzeswortlaut beschränkt den Anwendungsbereich der Neuregelung aber nicht auf die der Baubranche zugehörigen Leistungsempfänger – also Unterneh-mer deren Jahresumsätze im Wesentlichen aus solchen Bauleistungen bestehen. Demnach hätte der Bauleistende auch gegenüber einem nur ausnahmsweise Bauleistungen ausführenden Leistungsempfänger (z.B. Elektroeinzelhändler, der nur wenige Male im Jahr Dachantennen montiert) § 13b UStG anwenden müssen, was in der Praxis den beiden Beteiligten häufi g nicht bewusst gewesen wäre. Zur Entschärfung dieser Problematik verfügt das BMF-Schreiben, nur solche Leistungsempfänger sollten als Bauleistende i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG angesehen werden, die „nachhaltig“ Bauleistungen erbringen oder erbracht haben. Hiervon will das BMF ausgehen (Tz. 14), wenn...

G hat es in einem Vertragsverhältnis übernommen, mehrere Leistungs-komponenten zu erbringen, von denen nur einige als Bauleistungen zu beurteilen sind (Gehweg und Sichtschutzwand). Nach BMF-Ansicht (Tz. 13) ist ein auf einem Gesamtvertrag beruhendes Leistungsverhältnis aufzutei-len, wenn hierin mehrere ihrem wirtschaftlichen Gehalt nach selbststän-dige und voneinander unabhängige Einzelleistungen zusammengefasst werden. Liegt dagegen eine einheitliche Gesamtleistung vor, so ist keine Aufteilung vorzunehmen. Für § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG ist vielmehr ent-scheidend, ob die „Bauleistungskomponenten“ der Gesamtleistung das Gepräge geben.

M.E. liegen im vorstehenden Beispiel selbstständige, voneinander un-abhängige Bauleistungen vor, da B konkret benannte Einzelarbeiten in Auftrag gegeben hat. Auch der BFH plädiert in seiner Entscheidung vom 9.10.02 (BFH/NV 03, 434) dafür, trennbare Einzelleistungen – soweit mög-lich – aufzuteilen. Dies gilt m.E. selbst dann, wenn ein Gesamtfestpreis vereinbart wurde, denn auch diese Vergütungsvereinbarung ändert nichts an der Teilbarkeit der vereinbarten Einzelleistungen (Notwendigkeit der Aufteilung im Schätzungswege). Während die Erstellung des Gehwegs und der Sichtschutzwand nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG zu beurteilen und abzurechnen ist, sind das Anpfl anzen des Rollrasens und der Sträucher vom Leistenden zu besteuern (zur Rechnungserteilung in diesen Fällen s.u. 6.).

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Gestaltende Steuerberatung 8

Umsatzsteuer

10-Prozent-Grenze

Indiz der Freistellungsbe-scheinigung

Verbindliche Sicherheit der Freistellungsbe-scheinigung

Änderungen nach Leistungsbezug

a) der Leistungsempfänger im vorangegangenen Kalenderjahr Bauleis-tungen im Sinne von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG erbracht hat, deren Bemes-sungsgrundlage mehr als 10 Prozent der Summe seiner steuerbaren Umsätze betragen hat, oder

b) der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer eine im Zeit-punkt der Ausführung des Umsatzes gültige Freistellungsbescheini-gung i.S. von § 48b UStG (ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke) vorlegt.

Beide Kriterien fehlen im Gesetz, sodass sich die Beteiligten bei später auftretenden Besteuerungsstreitigkeiten auch auf die (ggf. gegenteilige) Gesetzesfolge berufen können. Die Finanzverwaltung wertet die von ihr aufgestellten Zusatzkriterien demgegenüber als bindend. Demnach soll die Regelung des § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG einerseits dann nicht zur Anwen-dung kommen, wenn der Leistungsempfänger mit seinen (geringfügigen) Bauleistungsumsätzen unterhalb der 10-Prozent Grenze liegt. Erfolgt die Hingabe der Freistellungsbescheinigung i.S. von § 48b EStG an den Leis-tenden ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke, so soll andererseits der Leistungsempfänger die anfallende Umsatzsteuer auch dann schulden, wenn er kein Bauleistender i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG ist.

Nach BMF-Ansicht (Tz. 14) gibt eine für umsatzsteuerliche Zwecke vom Leistungsempfänger an den Leistenden hingegebe Freistellungsbeschei-nigung i.S. von § 48b EStG dem Leistenden verbindliche Sicherheit: Er kann von der Bauleistendeneigenschaft des Leistungsempfängers i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG ausgehen und schließt damit auch bei einer Fehlbeurteilung ein umsatzsteuerliches Nachzahlungsrisiko aus. Daraus ergibt sich die naheliegende Handlungsempfehlung an alle Bauleistenden, dem Leistungsempfänger nur dann keine „Bruttorechnung“ (incl. ausge-wiesener und vom Leistenden abzuführender Umsatzsteuer) zu erteilen, wenn dieser zuvor eine gültige Freistellungsbescheinigung vorgelegt hat. Diese Sicherheit umfasst jedoch nicht die Beurteilung, ob auch eine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG vorliegt.

3.2 Spätere Veränderungen bei der „Bauleistenden“-EigenschaftZählt der Leistungsempfänger bei Leistungsbezug noch nicht zu den „Bauleistenden“ i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG, stellt sich aber auf Grund veränderter Umsatzstrukturen bei ihm diese Eigenschaft im weiteren Jahresverlauf ein, so bleibt diese Veränderung gemäß Tz. 14 gleichwohl ohne Bedeutung für die ursprüngliche Beurteilung. Diese Regelung muss m.E. auch umgekehrt gelten, sodass beispielsweise ein Bauhandwerker, der im Frühjahr 2004 seinen Betrieb aus Altersgründen aufgegeben hat, für die nach der Betriebsaufgabe bezogenen Bauleistungen nicht mehr unter § 13b Abs. 2 S. 2 UStG fallen dürfte.

3.3 Leistungsbezüge für den außerbetrieblichen BereichFür den Bezug von Leistungen von einem im Ausland ansässigen Unter-nehmer (§ 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG) galt bereits seit jeher der Grundsatz, dass hierbei die Steuerschuldnerschaftsübertragung nicht auf unterneh-

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Gestaltende Steuerberatung 9

Umsatzsteuer

Leistungen für den außerbetrieblichen Bereich

Organgesellschaft und Organträger als „Unternehmer-kreis“

merische Leistungsbezüge beschränkt war; diese Systematik wurde auf § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG ausgedehnt:

Beispiel 8

Heizungs- und Sanitärinstallateurunternehmer H...

a) ...lässt von Unternehmer P sein umsatzsteuerfrei vermietetes Zweifa-milienhaus neu verputzen.

b) ...lässt sich von Bauunternehmer B den Rohbau für sein privates Eigen-heim erstellen.

Die Steuerschuldnerschaftsübertragung stellt lediglich darauf ab, dass eine Bauleistung an einen Leistungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG erbracht wird, was in beiden Sachverhalten gegeben ist. Unerheb-lich bleibt dabei, dass die Leistungen für den außerbetrieblichen Bereich (Variante a) oder gar für den außerunternehmerischen Bereich (Variante b) bezogen werden. H hat daher die sich auf den „Nettorechnungsbetrag“ des P bzw. des B ergebende Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen (§ 13b Abs. 2 S. 3 UStG).

Die vorstehenden Überlegungen bleiben jedoch auf Einzelunternehmer beschränkt, da den Gesellschaftern einer Personen- oder Kapitalgesell-schaft die „Bauleistenden-Eigenschaft“ (§ 13b Abs. 2 S. 2 UStG) ihrer Gesellschaft nicht zuzurechnen ist.

3.4 Leistungsbezüge von OrganschaftsunternehmenNach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG werden Organgesellschaft (en) und Organträger zu einem „Unternehmerkreis“ zusammengefasst. Zur Bauleistenden-Ei-genschaft verfügt das BMF hierbei jedoch eine Differenzierung (Tz. 16): Eine Steuerschuldnerschaftsübertragung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG erfolgt nur dann, wenn die jeweils leistungsempfangende Gesellschaft des Organkreises auch selbst Bauleistender i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG ist. Die Bauleistendeneigenschaft einer Organgesellschaft oder des Organträgers schlägt mithin nicht auf alle Bauleistungsbezüge aller Organkreisbeteiligten durch.

3.5 Bauleistungsbezüge durch juristische Personen d.ö.R.Für Bauleistungsbezüge der juristischen Personen des öffentlichen Rechts gilt § 13b Abs. 2 UStG nach BMF-Ansicht (Tz. 18) nur insofern, als diese im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art selbst mit Bauleistungen un-ternehmerisch tätig werden. § 13b Abs. 2 S. 2 UStG soll dabei für jeden Betrieb gewerblicher Art gesondert zu beurteilen sein.

3.6 Sonderfall WohnungseigentümergemeinschaftDie nach § 4 Nr. 13 UStG umsatzsteuerfreie (oder durch Option i.S. von § 9 UStG umsatzsteuerpfl ichtige) Weiterleistung von bezogenen Bauleis-tungen von einer Wohnungseigentümergemeinschaft an ihre Wohnungs-eigentümer führt nicht dazu, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Beileistender i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG anzusehen ist (Tz. 17).

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Gestaltende Steuerberatung 10

Umsatzsteuer

Veränderte Abrechnungs-grundsätze

Gesonderte Aufzeichnung

Reduzierung der Bemessungs-grundlage

4. Folgen der Steuerschuldnerschaftsübertragung

4.1 Grundsätzliche Folgen für die Beteiligten

Folgen für den Leistenden: Liegt ein Anwendungsfall der Steuerschuld-nerschaftsübertragung vor, so hat der Leistende veränderte Abrechnungs-grundsätze zu beachten: Da der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, erhält der Leistende nur noch den Nettobetrag und hat nach § 14a Abs. 5 S. 3 UStG auch nur noch eine „Nettorechnung“ zu erstellen. Zugleich hat er auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft in der Rech-nung hinzuweisen (§ 14a Abs. 5 S. 2 UStG) Das Fehlen diese Hinweises enthebt den Leistungsempfänger jedoch nicht von seiner Steuerschuld-nerschaftsverpfl ichtung).

Erfolgt – entgegen § 14a Abs. 5 S. 3 UStG – ein Umsatzsteuerausweis, so beeinfl usst dies zwar nicht die Steuerschuldnerschaftsfolgen beim Leistungsempfänger; der Rechnungsaussteller schuldet jedoch zusätzlich den unrichtig ausgewiesen Steuerbetrag bis zur Rechnungsberichtigung (§ 14c Abs. 1 UStG).

Umsätze mit Steuerschuldnerschaftsübertragung hat der Leistende gesondert aufzuzeichnen (§ 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG) und ein Doppel der Rechnung zehn Jahre lang aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 UStG). Um bei späteren Prüfungen belegen zu können, dass er als Leistender auch tatsächlich vom Übergang der Steuerschuldnerschaft ausgehen durfte, sollten entsprechende Dokumentationsunterlagen (regelmäßig also die Freistellungsbescheinigung i.S. von § 48b EStG des Leistungsempfängers) zu den Buchführungsunterlagen genommen werden.

Folgen für den Leistungsempfänger: Liegt ein Anwendungsfall der Steuer-schuldnerschaftsübertragung vor, so hat der Leistungsempfänger die sich auf den (Netto-) Rechnungsbetrag ergebende Umsatzsteuer abzuführen. Kürzt er den Nettorechnungsbetrag endgültig (z.B. bei Skontoabzug oder mängelbedingten Abzügen), so reduziert sich auch seine Bemessungs-grundlage nach § 17 Abs. 1 UStG entsprechend (BMF 5.12.01, a.a.O. Tz. 15. S. 3). Die Nettorechnungssumme ist m.E. auch dann maßgeblich, wenn der Leistungsempfänger fälschlicherweise (§ 14c Abs. 1 UStG) Umsatz-steuer zusätzlich offen ausgewiesen hat.

Soweit die Bauleistung für den unternehmerischen Bereich bezogen wur-de und nicht zu vorsteuerschädlichen Zwecken i.S. von § 15 Abs. 2 UStG verwendet werden soll, steht dem Leistungsempfänger der korrespon-dierende Vorsteuerabzug zu. Dieser Vorsteuerabzug ist (ausnahmsweise) nicht von der Ordnungsmäßigkeit oder überhaupt der Existenz einer Rechnung abhängig, denn nach § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG reicht zum Vorsteu-erabzug aus einer nach § 13b Abs. 1 UStG bezogenen Leistung bereits der schlichte Leistungsbezug aus. Im Regelfall wird sich daher abzuführende Umsatzsteuer und korrespondierender Vorsteuerabzug auf Null saldieren; eine „echte Steuerschuld“ verbleibt hingegen in den Fällen, bei denen dem Vorsteuerabzug ganz oder teilweise Vorsteuerausschlussgründe

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Gestaltende Steuerberatung 11

Umsatzsteuer

Entstehung der Steuerschuld

Problematik bei später Schlussrechnung

Qualifi zierung stellt sich als unrichtig heraus

entgegen stehen: (z.B. Bezug für ein vermietetes Wohnhaus) oder die Bauleistung (bei Einzelunternehmern) für den außerunternehmerischen Bereich bezogen wurde. Auf letztere Bereiche ist besonders sorgfältig zu achten, da diese wegen der „Mehrergebnisträchtigkeit“ für den Fiskus besonders prüfungswürdig sein werden.

Die Umsatzsteuer entsteht beim Leistungsempfänger gemäß § 13b Abs. 1 S. 1 UStG mit Ausstellung der Rechnung durch den Leistenden, spä-testens jedoch mit Ablauf des der Leistungserbringung folgenden Ka-lendermonats. Bei Anzahlungen auf solche Umsätze entsteht der auf die Anzahlung entfallende Umsatzsteuerbetrag bereit mit Vereinnahmung (§ 13b Abs. 1 S. 3 UStG); hier kann aus Praktikabilitätsgründen der Veraus-gabungsmonat beim Leistenden genommen werden (vgl. BMF 5.12.01, BStBl I, 1013 Tz. 11).

Problematisch kann der Steuerentstehungszeitpunkt werden, wenn der Leistende (z.B. bei größeren Bauvorhaben) angesichts einer umfangrei-chen Baumassenermittlung die (Schluss-)Rechnung erst nach längerer Zeit erstellt, denn in diesen Fällen ist die Umsatzsteuer beim Leistungs-empfänger bereits im Folgemonat des Leistungsbezugs entstanden. Der Leistungsempfänger ist in diesen Fällen gezwungen, abzuführende Um-satzsteuer (und den ggf. korrespondierenden Vorsteuerabzug) auf Basis der aus seiner Sicht zu erwartenden Rechnungssumme zu schätzen. Zu beachten ist dabei jedoch, dass Bauleistungen erst mit abschließender Leistung als erbracht gelten. Fehlt es beispielsweise bei einer Werkliefe-rung noch an geringfügigen Restarbeiten und der Schlussabnahme, so liegt noch keine Leistungserbringung i.S. von § 13b Abs. 1 S. 1 UStG vor (vgl. BMF 20.203, BStBl I, 174 unter III.1.a).

Nach § 22 Abs. 2 Nr. 8 UStG hat auch der Leistungsempfänger die vor-genannten Leistungsbezüge mit den in § 22 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 UStG auf-geführten Daten gesondert aufzuzeichnen und ebenfalls die zugehörige Rechnung zehn Jahre lang aufzubewahren (§ 14b Abs. 1 Nr. 3 UStG).

4.2 Konsequenzen einer FehlbeurteilungFür die Besteuerungsfolgen einer Fehlbeurteilung sind zwei Fallvarianten zu unterscheiden:

Unzutreffende Anwendung von § 13b UStG: Stellt sich bei einer Besteu-erung gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG diese Qualifi zierung später als unrichtig heraus, so ergeben sich zahlreiche Rückabwicklungsprobleme: Der Leistende wird mit einer berichtigten Rechnung (nun als „Brutto-rechnung“) die zusätzliche Umsatzsteuerlast vom Leistungsempfänger nachfordern und diese – rückwirkend auf den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung und damit ggf. nach § 233a AO verzinst – ans Finanz-amt abführen. Beim Leistungsempfänger wird das Finanzamt die nach § 13b UStG erklärte Umsatzsteuer nebst zugehörigem Vorsteuerabzug auf den Ursprungszeitraum korrigieren und im Voranmeldungszeitraum des Erhalts der berichtigten Rechnung den zutreffenden Vorsteuerabzug gewähren (keine Rückwirkung/ vgl. EuGH 29.4.04, Rs C-152/02).

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Gestaltende Steuerberatung 12

Umsatzsteuer

Vereinfachungs-regelung...

...birgt Risiken

Keine Billigkeitsre-gelung vorgesehen

RisikoloseVariante

Nach Tz. 20 will die Finanzverwaltung allerdings bei einer von den Betei-ligten einvernehmlich – aber unzutreffenderweise – bejahten Annahme von § 13b Abs. 1 Nr. 4/ Abs. 2 S. 2 UStG die bisherige Besteuerung nach § 13b UStG nicht beanstanden, wenn der Umsatz vom Leistungsempfän-ger in zutreffender Höhe versteuert (d.h. vorangemeldet – die Zahlung ist unerheblich) wurde. Da in den meisten Praxisfällen die Umsatzsteu-erlast für den Leistungsempfänger zugleich einen korrespondierenden Vorsteuerabzug in gleicher Höhe darstellt, ist diese Vereinfachungsre-gelung zumindest in diesen Fällen auch für den Leistenden ein lediglich geringes Risiko. Anders sieht die Situation jedoch bei eingeschränktem Vorsteuerabzugsrecht des Leistungsempfängers aus (z.B. Leistungsbezug für vermiete Wohnungen bzw. die Privatwohnung):

Da hier eine echte Zahllast verbleibt und der Leistende die geforderte Versteuerung durch den Leistungsempfänger letztlich nicht zweifelsfrei überprüfen kann, verbleibt in diesen Fällen bei Anwendung der Regelung der Tz. 20 für den Leistenden ein Restrisiko, sodass deren Anwendung letztlich Vertrauenssache ist. Hinsichtlich der Bauleistendeneigenschaft i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG bedarf es der Regelung der Tz. 20 regel-mäßig nicht, da diese Frage mittels der Freistellungsbescheinigung des Leistungsempfängers mit Rechtssicherheit für den Leistenden abgeklärt werden kann.

Unzutreffende Verneinung der Anwendbarkeit von § 13b UStG: Gingen die Beteiligten demgegenüber unzutreffenderweise davon aus, das es an einer Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG oder einem Leis-tungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG mangelt, so wird der Leistende bei späterer Aufdeckung dieser Fehlbeurteilung seine bishe-rigen „Bruttorechnung“ auf eine „Nettorechnung“ reduzieren und die Umsatzsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen. Letzteres vollzieht sich aber wegen seines unrichtigen Steuerausweises i.S. von § 14c Abs. 1 UStG nicht rückwirkend, sondern erst im Voranmeldungszeitraum der Rechnungskorrektur. Dem Leistungsempfänger wird er den Umsatzsteu-erbetrag erstatten, damit dieser ihn zur Finanzierung der Vorsteuerrückfor-derung des Finanzamts einsetzen kann (die zusätzliche Umsatzsteuerlast nach § 13b UStG wird beim Leistungsempfänger durch den regelmäßig betragsidentischen Vorsteuerabzug neutralisiert). Für diese Fallkonstel-lation sehen beide BMF-Schreiben – abweichend vom umgekehrten Fall (s.o.) – keine Billigkeitsregelung i.S. eines Beibehaltens der bisherigen Besteuerung vor.

Da das Risiko einer eventuell späteren Umsatzsteuer-Nachforderung des Fiskus immer nur denjenigen treffen kann, der nicht bereits selbst versteu-ert hat, stellt für den Leistenden die „Bruttorechnung“ (Verneinung von § 13b UStG) und für den Leistungsempfänger die „Nettorechnung“ (An-wendung von § 13b UStG) die risikoloseste Variante dar.

Die vorstehenden Überlegungen machen deutlich, dass die mit der Erstellung von Ausgangsrechnungen sowie der Kontrolle und Freigabe von Eingangsrechnungen in den betreffenden Unternehmen betrauten

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Gestaltende Steuerberatung 13

Umsatzsteuer

Kostspielige Korrekturen vermeiden

Vereinfachungsre-gelung auch hier problematisch

Besonderheiten bei der Anzahlungs-besteuerung

Personen die Neuregelung weitestgehend verinnerlicht haben müssen. Andernfalls führen die auf Grund irriger Bejahung von § 13b UStG unzutreffenden „Netto“-Ausgangsrechnungen ebenso zu später ggf. kostspieligen Korrekturfolgen, wie eine unzutreffenderweise akzeptierte und gezahlte „Brutto“-Eingangsrechnung. Problematisch ist in der Pra-xis, dass der Steuerberater mit solchen Rechnungen häufi g erst dann in Berührung kommt, wenn die Ausgangsrechnung bereits zu niedrig oder die Eingangsrechnung bereits zu hoch bezahlt wurde. Ein entsprechender Kenntnisstand bei den mit dem Rechnungswesen betrauten Personen im Unternehmen ist daher unerlässlich, worauf auch der Steuerberater hinwirken sollte.

5. Anwendungs- und Übergangsregelungen

Auf Grund der zum 31.3.04 bekannt gegebenen EU-Ermächtigung ist die Neuregelung zum 1.4.04 in Kraft getreten. Sie ist daher auf nach dem 31.3.04 erbrachte Bauleistungen oder die nach diesem Stichtag bewirkten Teilleistungen (z.B. Heizungswartungsvertrag) grundsätzlich anzuwenden. Gleiches gilt für nach dem 31.3.04 vereinnahmte Entgelte/ Teilentgelte auf die nach der Vereinnahmung bewirkten Leistungen (Tz. 21).

Wegen der fehlenden Vorlaufzeit hinsichtlich der Umsetzung der Neu-regelung und der Detailfragen des zeitgleich erst am 31.3.04 bekannt gegebenen BMF-Schreibens verfügt die Finanzverwaltung jedoch, dass hinsichtlich der in der Zeit vom 1.4.- 30.6.04 ausgeführten Leistungen/ Teilleistungen die beiden Beteiligten einvernehmlich noch nach der bis-herigen Rechtslage besteuern können (Tz. 26). Entsprechendes gilt für die in diesem Zeitraum vereinnahmten Anzahlungen (Tz. 27). Voraussetzung dieser Übergangsregelung ist nach den BMF-Ausführungen jedoch eine entsprechende Versteuerung (d.h. Voranmeldung/ Zahlung bleibt irrele-vant) durch den Leistenden. Da diese „zutreffende Versteuerung“ für den Leistungsempfänger regelmäßig nicht zweifelsfrei verifi zierbar sein wird, sollte dieser sich auf diese Vereinfachungsregelung nur bei entsprechen-der Vertrauenswürdigkeit des Leistenden einlassen.

Hat der bauleistende Unternehmer bereits vor dem 1.4.04 Entgelte oder Teilentgelte für nach dem 31.3.04 ausgeführte Leistungen vereinnahmt, so unterfällt gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 u. 3 UStG bei späterer Leistungser-bringung grundsätzlich gleichwohl der Gesamtbetrag der Steuerschuld-nerschaftsübertragung des § 13b UStG, d.h. Anzahlungsbesteuerung und -rechnung sind grundsätzlich entsprechend zu korrigieren. Nach Tz. 22 kann der Leistende aber alternativ auch die Anzahlungsbesteuerung unverändert belassen und die Besteuerung nach § 13b UStG nur noch für den verbleibenden Restbetrag vornehmen. Voraussetzung für diese Vereinfachungsregelung ist jedoch auch hier, dass die fraglichen Anzah-lungen vom Leistenden in zutreffender Höhe versteuert (s.o.) wurden. Gleiches gilt nach Tz. 27 auch dann, wenn die Beteiligten für die im Zeit-raum 1.4- 30.6.04 vorab vereinnahmten Entgelte/ Teilentgelte von der Übergangsregelung Gebrauch machen und die Leistung (abschließend) nach dem 30.6.04 erbracht wird.

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Gestaltende Steuerberatung 14

Umsatzsteuer

Zwei getrennte Rechnungen erstellen

Formulierungs-vorschlag

Vorfi nanzierung der Umsatzsteuer entfällt

6. Sonstiges

Rechnet der Leistende in einer Rechnung über mehrere – hinsichtlich § 13b UStG unterschiedlich zu beurteilende – Hauptleistungen ab oder beinhaltet ein einheitlicher Auftrag aufteilbare – und hinsichtlich § 13b UStG unterschiedlich zu beurteilende Leistungskomponenten, so muss die Rechnung m.E. die Entgeltsanteile zu § 13b UStG und die übrigen Entgeltsanteile („reguläre „Bruttobesteuerung“) getrennt ausweisen. M.E. zulässig und auch empfehlenswert ist es aber in diesen Fällen, zwei getrennte Rechnungen zu erstellen, d.h. in einer „Nettorechnung“ die nach § 13b UtG zu beurteilten Entgelte abzurechnen und in einer separa-ten „Bruttorechnung“ das übrige Entgelt aufzuführen. Dies erleichtert für beide Beteiligten die praktische Buchführungsabwicklung.

7. Fazit

Die vorstehenden Punkte verdeutlichen die Notwendigkeit der gewis-senhaften Einordnung jeder einzelnen Leistungsbeziehung in die unter-schiedlichen Besteuerungsvarianten. Um hinsichtlich des zivilrechtlichen Zahlungsanspruchs für beide Varianten gewappnet zu sein, empfi ehlt sich in Angeboten wie Verträgen die Formulierung:

„Die aufgeführten Preise verstehen sich als Nettopreise zuzüglich der ge-setzlich geschuldeten Umsatzsteuer“, denn eine solche Klausel beschreibt sowohl „Brutto-“ wie „Netto-“Sachverhalte zutreffend.

Die vielfältigen Probleme der o.a. Neuregelung dürfen den Blick nicht dafür verstellen, dass § 13b Abs. 1 Nr. 1 UStG weiterhin unberührt bleibt: Wer als Unternehmer Werklieferungen oder sonstige Leistung von einem im Ausland ansässigen Unternehmer bezieht, auf den geht die Steuer-schuldnerschaft auch dann über, wenn keine „Bauleistungen“ i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG vorliegen (z.B. Gerüstbau, Bauschuttentsorgung, Pfl anzarbeiten) oder er kein Leistungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG ist (z.B. Bauträger).

Bei allen Abgrenzungsschwierigkeiten bringt die Neuregelung dem Bauleistenden aber nicht nur Nachteile: Liegt ein Anwendungsfall der Steuerschuldnerschaftsübertragung vor, so beinhaltet dies für den Leis-tenden – soweit er nach „vereinbarten Entgelten“ versteuert – nun einen Finanzierungsvorteil, denn der Effekt der Umsatzsteuervorfi nanzierung bei noch ausstehendem Entgelt entfällt nunmehr.

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Gestaltende Steuerberatung 15

Umsatzsteuer

Was gehört alles zum Begriff Bau-leistungen?

Bauleistung auch ohne Austausch von Teilen

Bundesfi nanzministerium

BMF klärt Zweifelsfragen zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen – Teil 1

Die Regelung einer Übertragung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistun-gen hat seit ihrer Einführung für reichlich Turbulenzen in der Baubranche gesorgt. Die Finanzverwaltung hatte zwar mit ihrem Anwendungsschrei-ben vom 31.3.04 (BStBl I, 453) einen Tag vor dem Start der Neuregelung Grundprobleme erörtert und eine dreimonatige Übergangsregelung verfügt. Eine Fülle von Zweifelsfragen blieben jedoch unbeantwortet. Klärung bringt nun das umfangreiche BMF-Schreiben vom 2.12.04, das nachfolgend vorgestellt wird.

1. Abgrenzungskriterien zum Begriff der Bauleistung

Während § 48 Abs. 1 S. 3 EStG den Begriff der Bauleistung defi niert, ist er in § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG nicht geregelt. Zudem weichen die Aus-führungen der ertrags- bzw. umsatzsteuerlichen Anwendungsschreiben voneinander ab, und zwar insbesondere hinsichtlich des Austauschs und der Veränderung von Bauteilen:

Beispiel 1

Heizungsinstallateur H führt an der Heizungsanlage eines Wohnblocks im Auftrag des Bauunternehmers B zum vereinbarten Entgelt von 800 EUR Wartungsarbeiten durch; Austauschteile benötigt H hierfür nicht.

Hinsichtlich der „Bauabzugssteuer“ i.S. von § 48 EStG liegt keine Bau-leistung vor, da Tz. 11 des BMF-Schreibens vom 27.12.02 (BStBl I, 1399) diese bei Wartungsarbeiten auf jene Fälle beschränkt, bei denen Bauteile der gewarteten Anlage ausgetauscht oder verändert werden. Dieser Dif-ferenzierung ist das Umsatzsteuerrecht jedoch aus Praktikabilitätserwä-gungen nicht gefolgt: Nach Tz. 8 ist umsatzsteuerlich auch bei fehlendem Teileaustausch von einer Bauleistung auszugehen (vgl. auch 1.2.7. des BMF-Schreibens vom 2.12.04).*

Ungeachtet dessen stellt das BMF im jüngsten Anwendungsschreiben klar, dass der Begriff „Bauleistung“ für Ertrags- und Umsatzsteuerrecht einheitlich auszulegen sei. Demnach solle sich auch die umsatzsteuerliche Defi nition an den §§ 1 u. 2 der Baubetriebe-Verordnung orientieren.

1.1 Fest mit dem Gebäude verbundene EinrichtungsgegenständeDie in der Praxis bedeutsame Abgrenzung bei Einrichtungsgegenstän-den war bislang nur unbefriedigend geklärt: Nach Tz. 7 sollten auch fest verbundene Einrichtungsgegenstände – z.B. Ladeneinbauten – den Bau-leistungen zugerechnet werden.

* Das jüngste BMF-Schreiben vom 2.12.04 enthält lediglich Gliederungspunkte und keine Textziffern. Soweit im Folgenden auf Tz. ohne weitere Quellenangabe verwie-sen wird, ist damit das frühere BMF-Schreiben vom 31.3.04 gemeint.

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Gestaltende Steuerberatung 16

Umsatzsteuer

Bloße Fixierung zur Standsicherheit schon ausreichend?

Maßanfertigungen und aufwendige Einbauten gelten als Bauleistung

Kriterium der „Aufwendigkeit“ nicht erfüllt

Markisen als wesentliche Bestandteile immer Bauleistung

Die gleiche Beurteilung muss m.E. auch für Gegenstandsverbindungen im Außenbereich gelten. Das Anbringen einer Markise fällt m.E. – auch wenn sie ohne spezifi sche Anpassung mit wenigen Schraubverbindungen an- oder abmontiert werden kann – unter den Bereich der Bauleistungen. Denn Markisen zählen bürgerlich-rechtlich regelmäßig zu den wesentli-chen Bestandteilen des Gebäudes i.S. von § 94 Abs. 2 BGB und sind steu-erlich wegen des einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhangs mit dem Gebäude als unselbstständiger Gebäudebestandteil und damit als Herstellungskosten zu qualifi zieren (BFH 29.8.89, BStBl II 90, 430).

Bauunternehmer B beauftragt im Zusammenhang mit der schlüsselferti-gen Errichtung eines Büro- und Praxisgebäudes den Schreinermeister S mit der Erstellung und dem Einbau von Möbeln.

Mit dem Gebäude fest verbundene Einbauten sind den Bauleistungen zuzuordnen. Fraglich war aber beispielsweise, ob bereits ein im Emp-fangsbereich aufgestellter „Tresen“ als Bauleistung angesehen werden musste, wenn er variabel positionierbar, aber zur Standsicherheit mit Schraubbefestigungen an Wand oder Boden fi xiert war. Die gleiche Frage stellte sich auch bei Teeküchen, da deren Hängeschränke regelmäßig eine feste Verbindung mit der Wand aufweisen, während Küchenunterschränke lediglich auf Justierfüßen (unbefestigt) stehen.

Klare Abgrenzungskriterien gibt das BMF leider auch mit dem jüngsten Anwendungsschreiben nicht. Unter 1.1 führt es lediglich Folgendes aus: Es sei keine Bauleistung anzunehmen, wenn ein Gegenstand ohne grö-ßeren Aufwand mit dem Bauwerk verbunden oder wieder vom Bauwerk getrennt werden könne. Diese Aussage lässt zumindest eine Parallelbe-wertung mit bereits entschiedenen Sachverhalten zu: Gaststätteneinrich-tungen und Lichtwerbeanlagen qualifi ziert das BMF (Tz. 7) ausdrücklich als Bauleistung. Nach der jüngsten BMF-Aussage lässt sich daraus m.E. herleiten, dass immer dann eine Bauleistung vorliegt, wenn entweder der Einbau aufwendig war – insbesondere weil der Gegenstand exakt an die Raumgegebenheiten angepasst werden musste – oder wenn der Einbau des Gegenstands infolge intensiver Verbindungen mit dem Bauwerk nicht rasch durchgeführt werden kann.

Ersteres wird man hinsichtlich der meisten Einbaumöbel bejahen müssen; hinsichtlich einer Einbauküche kommt hinzu, dass diese neben den reinen Befestigungsverbindungen Zusatzverbindungen mit den Gebäudever- und -entsorgungsleitungen (Strom, Wasser und ggf. Gas) aufweist. Der o.a. im Empfangsbereich aufgestellte Tresen ist demnach m.E. – selbst bei vorgenommenen Schraubverbindungen mit Boden oder Wand – nicht den Bauleistungen zuzuordnen, da er das „Aufwändigkeitskriterium“ zum Ein- oder Ausbau nicht erfüllt. Enthält der Vertrag mit dem Schreiner mithin unterschiedlich zu beurteilende selbstständige Leistungskomponenten, so ist auch bei der Rechnungsausstellung entsprechend zu differenzieren.

Beispiel 2

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Gestaltende Steuerberatung 17

Umsatzsteuer

Keine abschließen-de Negativaufzäh-lung

Begriff der Baugeräte

Substanzverände-rung mit eigenem Personal reicht nicht immer aus

1.2 Negativabgrenzungen (Qualifi zierung als „Nicht-Bauleistungen“)Das BMF stellt nunmehr klar, dass Tz. 12 keine abschließende Nega-tivaufzählung enthält. Im Folgenden beschäftigt es sich mit Einzelfragen der Abgrenzung:

Das zur Verfügung stellen von Betonpumpen könne zumindest dann eine Bauleistung darstellen, wenn das zugleich gestellte Personal sub-stanzverändernde Arbeiten verrichte.

Bei der Lieferung von Beton soll nun nicht bereits das bloße Verfüllen in die Verschalung als Bauleistung anzusehen sein, verlangt wird viel-mehr, dass das Personal des Lieferanten den Beton auch fachgerecht verarbeitet (vgl. unter 1.2.2).

Zum missverständlichen Begriff der „Baugeräte“ stellt das BMF klar (unter 1.2.3), dass hierzu auch bewegliche oder selbstfahrende Ma-schinen (z.B. Bagger, Kran, Kipplader) zählen. Hinsichtlich der Zurver-fügungstellung solcher Baugeräte hatten sich in der Praxis weitere Zweifelsfragen ergeben:

Zimmermann Z hat von Vermieter V den Auftrag übernommen, den schad-haften Dachstuhl abzutragen und durch einen neuen zu ersetzen. Kranver-mieter K übernimmt mit eigenem Autokran und Personal auftragsgemäß die Hebe- und Beförderungsarbeiten der Alt- und Neubalken „am Haken“ auf der Baustelle an die jeweils von Z gewünschte Position.

Nach Tz. 12 sollte eine Bauleistung vorliegen, wenn neben Baugeräten auch zugleich Bedienpersonal für substanzverändernde Arbeiten zur Ver-fügung gestellt wird. Da die Arbeiten des Z unmittelbaren Einfl uss auf die Substanz des Gebäudes haben, war lediglich strittig, ob K bereits durch seine „Mithilfe“ bei der Instandsetzung eine Bauleistung erbringt oder ob dies vielmehr von der Qualität des eingegangenen Vertrags oder gar den Modalitäten der Vergütungsvereinbarung abhängt.

Wie das BMF nun klarstellt, stellt das reine zur Verfügung stellen von Krä-nen – auch mit Bedienpersonal – keine Bauleistung dar, wenn die einzelnen „Beförderungsleistungen am Haken“ lediglich nach Anweisungen des Auftraggebers ausgeführt werden. Hierbei werde nämlich das beförderte Material nicht vom Kranvermieter mit dem Bauwerk verbunden.

Beispiel 3

M.E. ist demnach – auch außerhalb der nun ausdrücklich geregelten Krantransportarbeiten – stets auf die Qualität des übernommenen Ver-trags abzustellen. Man muss also zwischen einer geschuldeten weisungs-gebundenen Handlung und einem eigenverantwortlichen Werkvertrag differenzieren.

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Gestaltende Steuerberatung 18

Umsatzsteuer

Erdarbeiten im Rahmen eines Werkvertrags

Palisaden und Treppen als Bau-leistung anerkannt

Bauunternehmer B hat im Zusammenhang mit einer Gebäudeerrichtung den Baumaschinenvermieter V beauftragt, mit einem Grabbagger nebst Bedienpersonal den Erdaushub für eine Baugrube vorzunehmen.

a) Der Baggerführer des V arbeitet dabei nach Einzelanweisungen des B auf Stundenbasis.

b) V hat den Auftrag übernommen die Baugrube entsprechend der in den Bauplänen aufgeführten Maße auszuheben.

In der Variante a) steht die Zurverfügungstellung von Gerät und Personal zur Verrichtung von Arbeiten nach Einzelanweisung im Vordergrund. Dies kann entsprechend der jüngsten BMF-Ausführungen nicht als Bauleistung gewertet werden. In der Variante b) hat V demgegenüber einen Werk-auftrag übernommen und schuldet das fertige Werk (Baugrubenaushub entsprechend den Planmaßen). Da die Erdarbeiten der Vorbereitung einer Bauwerkserrichtung dienen, liegt eine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG vor.

Beispiel 4

Auch im Garten- und Landschaftsbau und bei Erdbewegungsarbeitenhatten sich noch Zweifelsfragen ergeben:

Gartenbauunternehmer G hat von Bauunternehmer B den Auftrag erhalten, die Außenanlage eines Neubaus zu erstellen. In diesem Zusammenhang verlegt er Rollrasen, pfl anzt Sträucher, setzt Grundstücksabgrenzungen aus Holzpalisaden, erstellt eine Terrassentreppe aus Granitstufen und legt Gartenwege an, die mit Split bestreut sind.

Nach der Allgemeindefi nition des BMF (Tz. 7) liegt ein Bauwerk bereits dann vor, wenn Baustoffe mit dem Erdboden fest verbunden werden oder bereits auf Grund der eigenen Schwere auf ihm ruhen. Während die Ein-bringung von „lebendem Material“ (z.B. Sträucher oder Rollrasen) keine Bauleistung darstellen soll, ist die Erstellung der Palisadenabgrenzung und der Treppe als Bauleistung zu werten, da hier „nicht-lebende“ Baustoffe zum Einsatz kommen. Das Anlegen von Wegen stelle aber nur dann eine Bauleistung dar, wenn dabei ein Bauwerk entstehe. Anders als bei einem gepfl asterten oder geteerten Weg dürfte dies bei dem nur mit Split be-streuten Weg nicht der Fall sein, da kein „massiver“ Baustoff verwendet wird. G muss daher bei der Rechnungsausstellung differenzieren.

Beispiel 5

Tief- und Gartenbauunternehmer T hat es im Auftrag von Bauunternehmer B übernommen…a) …in einem größeren Gartengelände mit entsprechendem Gerät einen

Lärmschutzwall aus Muttererde aufzuhäufen und zu verdichten.b) …zur Erstellung des Unterbaus einer neuen Autobahn einen Erdwall

aufzuhäufen und zu verdichten.

Beispiel 6

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Gestaltende Steuerberatung 19

Umsatzsteuer

Anknüpfung an die Erstellung eines Bauwerks mit Bau-stoffen

Überlassung von Arbeitnehmern keine Bauleistung

EDV erstellt bei Bauleistenden automatisch „Nettorechnungen“

Die Beurteilung von „reinen Erdbewegungsarbeiten“ war bislang unklar: Tz. 7 führte hierzu aus, dass auch Erdarbeiten zu den Bauleistungen zählen können, wenn sie im Zusammenhang mit der Erstellung eines Bauwerks anfallen. Während bei der ertragsteuerlichen Bauleistungsdefi nition in der Verweisvorschrift der Baubetriebe-Verordnung (§ 1 Abs. 2 Nr. 9) die Erdbewegungsarbeiten aufgeführt sind, spricht die Tz. 7 eher für die Anknüpfung der Erdbewegungsarbeit an die Erstellung eines Bauwerks mit Hilfe von Baustoffen. Demnach läge in der Beispielsvariante a) keine Bauleistung vor, da der Erdwall nicht mittels (massiver) Baustoffe erstellt wurde und damit nicht als „Bauwerk“ gilt. Die Erdbewegungsarbeiten zur Straßenbauvorbereitung sind demgegenüber jedoch Bauleistungen, da sie zur Vorbereitung eines Bauwerks (Autobahn) anfallen. Das wird m.E. durch das jüngste BMF-Schreiben bestätigt. Denn nach 1.2.5 sollen das Anschütten von Hügeln und Böschungen sowie das Ausheben von Gräben und Mulden zur Landschaftsgestaltung keine Bauleistungen sein.

Bereits Tz. 12 hatte die Arbeitnehmerüberlassung auch dann als „Nicht-bauleistung“ qualifi ziert, wenn die Arbeitnehmer für den Entleiher Bauleistungen erbringen. Das BMF stellt hierzu nun klar, dass dies nicht nur Überlassungen nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz betrifft, sondern auch z.B. unerlaubte Arbeitnehmerüberlassungen.

Zu den Reparatur- und Wartungsarbeiten wurde in Tz. 12 eine Bagatell-grenze von 500 EUR verfügt.

Die Umsätze des Heizungsinstallateurs H bestehen weitestgehend aus Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG. Zur Vereinfachung der Fakturierung hat H bei seiner EDV-gestützten Rechnungserstellung seine „Stammkundschaft“ in die beiden Kategorien „Bauleistender i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG“ und „Nicht-Bauleistender“ eingestuft. Bei Kunden der ersten Kategorie erstellt das Programm automatisch „Nettorechnungen“, in die der Hinweis auf die Übertragung der Steuerschuldnerschaft i.S. von § 14a Abs. 5 UStG eingedruckt wird. Eine zusätzliche Differenzierung hinsichtlich der Betragshöhe nimmt das Programm dabei nicht vor.

Die für Reparatur- und Wartungsarbeiten in Tz. 12 verfügte Bagatellgrenze konnte man m.E. nur als Wahlrecht verstehen, da sich aus dem Gesetz eine solche Differenzierung nicht ergibt. Das BMF betont unter 1.2.7 nun jedoch, ein Wahlrecht komme nicht in Betracht – der Unternehmer bleibe bei Umsätzen unterhalb dieser Grenze zwingend Steuerschuldner i.S. von § 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG.

M.E. ist dies ein klarer Verstoß gegen den Gesetzeswortlaut in § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG. Demnach kann H sich auch bei der Erteilung einer „Netto-rechnung“ unterhalb der Bagatellgrenze auf diese Vorschrift berufen. Mit der gegenteiligen Haltung wird sich die Finanzverwaltung im Streitfall wahrscheinlich vor Gericht nicht durchsetzen können.

Beispiel 7

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Gestaltende Steuerberatung 20

Umsatzsteuer

Lieferung von Leitungssystemen

Leitungsnetz einer EDV- oder Telefon-anlage

Charakter der Raumausstattung überwiegt

Ausnahme: Große Beleuchtungssys-teme

Kriterium der Austauschbarkeit

Umstritten war bislang auch die Beurteilung von Arbeiten im Zusam-menhang mit Ver- und Entsorgungsleitungen. Tz. 7 hatte insoweit nur die Herstellung der Hausanschlüsse als Bauleistung qualifi ziert, wenn sie als eigenständige Leistung zu beurteilen waren. Unter 1.3.1 führt das BMF nun aus, dass auch die Versorgungsleitungen selbst als Bauwerk anzusehen seien. Demnach ist die Lieferung einschließlich der Verlegung solcher Leitungen als Bauleistung zu qualifi zieren. Dies betrifft auch reine Erdbewegungsarbeiten, die ein Unternehmer im Zu-sammenhang mit einer solchen „Bauwerkserstellung“ erbringt (s.o.).

Während die Bauwerkszugehörigkeit der im Gebäude verlegten Elek-troleitungen eindeutig war, hatte sich das BMF bislang noch nicht zu Kommunikationsleitungen und -anlagen geäußert:

Das BMF führt insoweit aus (unter 1.3.3), dass zum Bauwerk damit auch fest verbundene Komponenten einer EDV- oder Telefonanlage zählen. Lediglich die Lieferung von Endgeräten selbst stelle keine Bauleistung dar.

Auch bei Beleuchtungen und Elektrogeräten war die Rechtslage bislang umstritten:

Auch wenn das BMF bei Einzelleuchten den Gedanken der Raumausstat-tung nicht aufgreift, dürfte dieser in der Praxis weiter relevant sein. Baut ein Raumausstatter in einem Büro Vorhangschienen nebst Vorhängen oder Jalousien ein, so steht m.E. auch hier – trotz der festen Verbindung mit Wand oder Decke – der Charakter einer kurzfristig austauschbaren Raumausstattung im Vordergrund. Vertritt man die Gegenmeinung müss-te selbst der spätere Austausch eines Vorhangstoffs den Bauleistungen zugeordnet werden.

Elektroeinzelhändler E liefert im Auftrag von Bauunternehmer B Decken- oder Wandleuchten und baut diese in die Gebäude ein.

Umstritten war, ob Decken- oder Wandleuchten noch als Gebäudekompo-nenten angesehen werden können. Zwar weisen sie Schraubverbindung mit dem Gebäude auf, doch m.E. überwiegt bei ihnen letztlich der Cha-rakter der „Raumausstattung“. Das BMF verfügt hierzu nun (unter 1.3.4), das Aufhängen und Anschließen von Beleuchtungen oder Elektrogeräten (z.B. Deckenventilator) stelle grundsätzlich keine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG dar.

Hierbei will das BMF aber differenzieren: Bei größeren Beleuchtungssyste-men wie z.B. in Kaufhäusern und Fabrikhallen geht das BMF von Bauleis-tungen aus. Entsprechendes dürfte m.E. auch bei kleineren Raumeinheiten (z.B. Büroräume) gelten, bei denen Beleuchtungsanlagen bereits in die Decke integriert sind.

Beispiel 8

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Gestaltende Steuerberatung 21

Umsatzsteuer

Aufteilbarkeit von gemischten Leistungen

Demontage und Verschrottung nur Nebenleistung

Da auch Bauwerksbeseitigungen unter die Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG fallen, sind auch Abriss- und Verschrottungsunterneh-men von den Neuregelungen betroffen, die im Auftrag eines Bauunter-nehmers eine Fertigungshalle abreißen und die darin noch befi ndlichen Maschinen demontieren und verschrotten. Da es dem Auftraggeber in einem solchen Fall jedoch regelmäßig um eine einheitliche Abrissleistung geht, bei der die Gebäudebeseitigung im Vordergrund steht, kommt der Demontage von Eisenteilen und Maschinenschrott regelmäßig nur der Charakter einer unselbstständigen Nebenleistung zu.

Eine besondere Beurteilung verfügt das BMF zudem für bestimmte Betriebsvorrichtungen (unter 1.3.5). Während Arbeiten an der im Bsp. 9 genannten Falzmaschine keinen Bauwerksbezug aufweisen, können nach BMF-Ansicht Arbeiten an großen Maschinenanlagen, die aufwen-dig installiert werden müssen, als Bauleistung zu werten sein.

Abgrenzungsschwierigkeiten ergaben sich auch bei fest montierten Maschinen:

Maschinenbauer M liefert an Dachdecker D Maschinen zum Falzen von Blechen. Die Maschinen werden in der Lagerhalle des D…

a) …auf einem auch von M erstellten Betonsockel montiert.b) …auf einem von D erstellten Betonsockel montiert.

In der Variante a) schuldet M neben der Maschinenlieferung auch das fachgerechte Erstellen des Betonsockels und die Montage, sodass man von einer einheitlich dem Bauleistungsbereich zuzuordnenden Gesamt-leistung ausgehen könnte. Für diesen Fall soll gemäß den jüngsten BMF-Ausführungen (unter 1.3.2) nach den Grundsätzen der Tz. 13 abgegrenzt werden, ob es sich um eine Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG handelt oder nicht.

In besagter Tz. 13 behandelt das BMF die Frage der Aufteilung bzw. Aufteilbarkeit bei „gemischten Leistungen“. In diesen Fällen soll bei ver-schiedenen Leistungskomponenten vorrangig aufgeteilt werden. Eine einheitliche Beurteilung der Gesamtleistung entsprechend der die Ge-samtleistung prägenden Leistungskomponente soll demnach nur dann zum Zuge kommen, wenn die nicht-prägende Leistungskomponente als Nebenleistung anzusehen ist.

M.E. ist auf Grund dieses Aufteilungsvorrangs die Sockelerstellung als eigenständige Hauptleistung zu beurteilen und als Bauleistung nach § 13b UStG zu behandeln. Praxisgerecht wäre hier aber die Verfügung einer Bagatellgrenze für solche Betonier- oder Montagearbeiten gewesen.

In der Variante b) liegt eine reine Maschinenlieferung vor, die nach den jüngsten BMF-Ausführungen (unter 1.3.2) keine Bauleistung darstellt.

Beispiel 9

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Gestaltende Steuerberatung 22

Umsatzsteuer

Wartung einer Großanlage als Bauleistung

Verkehrssicherung beim Autobahnbau

Nur vorüberge-hende Verbindung reicht nicht aus

Dies dürfte auch bei größeren Produktionsanlagen (z.B. Fertigungsstraße in der Automobilindustrie) gelten. Als Bauleistungen gelten hier neben Lieferung und Einbau auch spätere Wartungsarbeiten:

Beispiel 11

Die M-GmbH betreibt eine Müllverbrennungsanlage, für deren Instand-haltung Bauunternehmer B den Generalauftrag erhalten hat. B beauftragt den E mit der Wartung der eingebauten Rauchgasreinigungsanlage.

Die Rauchgasreinigungsanlage ist nach Ansicht des BMF dem Bauwerk der Verbrennungs- und Schornsteinanlage zuzuordnen. Ihre Wartung stellt daher eine Bauleistung dar.

Beurteilung der Verkehrssicherungseinrichtungen: Straßen rechnet das BMF (vgl. Tz. 7) ausdrücklich zu den Bauwerken. Auch alle damit verbundenen Gegenstände gelten grundsätzlich als Bauleistungen:

Beispiel 12

Die ARGE BAB Köln-Nord führt Verbreiterungsarbeiten an einem Auto-bahnteilstück durch; die V-GmbH hat dazu sowohl für den Baustellenbe-trieb, als auch für den Endausbau alle Verkehrssicherungsleistungen über-nommen. In diesem Zusammenhang führt sie alle Fahrbahnmarkierungen und Absperrstreifen aus und montiert sowohl die vorübergehenden als auch die endgültigen Leiteinrichtungen und Verkehrsschilder.

Soweit Verkehrssicherungseinrichtungen keine feste Verbindung zur Stra-ße aufweisen (z.B. fahrbare Ampelanlagen oder Beschilderungen) liegen keine Bauleistungen vor. Zum gleichen Ergebnis kommt das BMF auch bei lediglich vorübergehend befestigten Verkehrssicherungseinrichtungen (unter 1.3.6). Bei Auf- und Abbau, Vorhaltung, Wartung und Kontrolle von Verkehrseinrichtungen, die lediglich vorübergehend mit der Straße ver-bunden werden, handelt es sich demnach nicht um Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG. Gleiches soll für lediglich vorübergehend aufge-brachte Fahrbahnmarkierungen (Gelbmarkierung) gelten. Demgegenüber sind das Aufbringen der Endmarkierungen („Weißmarkierung“) sowie für den dauerhaften Verbleib im Straßenverkehr angebrachte Verkehrszeichen und -einrichtungen Bauleistungen.

Maschinenbauer M baut im Auftrag des Generalbauunternehmers G in der Sortierhalle des Recyclingunternehmers R einen Deckenlaufkran ein.

Entsprechend den BMF-Ausführungen stellt der Einbau der fest mit dem Gebäude verbundenen Krananlage eine Bauleistung dar.

Beispiel 10

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Gestaltende Steuerberatung 23

Umsatzsteuer

„Bagatellgrenze“ von 10 v.H. als Ausschlussgrenze?

Änderung der Bauleistungsquote nach der BP

Bundesfi nanzministerium

BMF klärt Zweifelsfragen zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei Bauleistungen – Teil 2

Im ersten Teil dieses Beitrags haben wir bereits ausführlich zum neuen BMF-Schreiben zu § 13b UStG vom 2.12.04* (IV A 6-S7279 - 100/04) Stel-lung genommen und dabei insbesondere die Einstufung einer Leistung als Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG erörtert. In diesem Abschnitt wird nun ausführlich aufgezeigt, wann der Leistungsempfänger als „Bau-leistender“ gilt. Darüber hinaus werden zahlreiche Anwendungsfragen geklärt und die in der Neuregelung vorgesehenen Übergangsregelungen erläutert.

1. Betroffene Leistungsempfänger („Bauleistende“)

Nach § 13b Abs. 2 S. 2 UStG kommt eine Übertragung der Steuerschuldner-schaft nur dann in Frage, wenn auch der Leistungsempfänger seinerseits Bauleistungen erbringt, d.h. „Bauleistender“ ist. Für nur gelegentlich bau-leistende Unternehmer hat das BMF mehrere Ausnahmen geschaffen:

1.1 UmsatzgrenzeUnternehmer, deren Vorjahresumsatz zu nicht mehr als 10 v.H. aus Bauleis-tungen besteht, sind danach nicht Leistungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG. Bislang war diskutiert worden, ob diese Grenze als Ausschluss-grenze verstanden werden müsse oder eine Wahlmöglichkeit eröffnet. Das BMF hat aber klargestellt, dass § 13b Abs. 2 S. 2 UStG unterhalb dieser Umsatzquote keine Anwendung fi ndet. Nach dem Wortlaut kommt die Vorschrift bereits dann zur Anwendung, wenn der Leistungsempfänger nur Leistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG erbringt. Da das Gesetz keine Einschränkungen vorsieht, ist die Rechtsfolge des § 13b UStG auch dann zu ziehen, wenn der Leistungsempfänger lediglich in geringem Umfang Bauleistungen erbringt. Die Weisung des BMF, die „10-Prozent-Grenze“ als Ausschlussgrenze zu verstehen, ist daher m.E. nicht haltbar, da sie für die Beteiligten zu unsachgerechten Ergebnissen führen könnte:

Die Umsätze des Bauträgers B bestehen zu etwa 85 v.H. aus „Bauträger-umsätzen“ (Verkauf von bebauten Grundstücken) und zu etwa 15 v.H: aus „Bauleistungsumsätzen“. Für alle bezogenen Bauleistungen ging B daher von einer Umkehr der Steuerschuldnerschaft aus. Bei einer Außenprüfung ergeben sich nun aber Umsatzverschiebungen in andere Kalenderjahre, sodass die maßgebliche „Vorjahresbauleistungsquote“ des B nur noch bei 8 v.H. der Gesamtumsätze liegt.

Beispiel 1

* Das jüngste BMF-Schreiben vom 2.12.04 enthält lediglich Gliederungspunkte und keine Textzahlen. Soweit im Folgenden auf Tz. ohne weitere Quellenangabe verwie-sen wird, ist damit das frühre BMF-Schreiben vom 31.3.04 gemeint.

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Gestaltende Steuerberatung 24

Umsatzsteuer

Hingabe der Frei-stellung muss für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgen

Gültigkeit der Bescheinigung online prüfen

E genießt Vertrauensschutz

1.2 Vorlage einer Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStGNach Tz. 14 genießt der leistende Unternehmer auch dann Vertrauens-schutz in die Anwendbarkeit von § 13b UStG, wenn der Leistungsemp-fänger eine im Zeitpunkt der Umsatzausführung gültige Freistellungsbe-scheinigung vorlegt. Dies soll aber nur dann gelten, wenn die Hingabe der Freistellungsbescheinigung ausdrücklich für umsatzsteuerliche Zwecke erfolgt ist. Das BMF hält aber die erneute Anforderung einer Freistellungs-bescheinigung für jeden weiteren Leistungsaustausch für entbehrlich: Hat der Leistungsempfänger dem leistenden Unternehmer bereits für einen nach dem 31.3.04 ausgeführten Umsatz eine Freistellungsbescheinigung für umsatzsteuerliche Zwecke vorgelegt, so darf der Leistende bis zum Gültigkeitsablauf dieser Freistellungsbescheinigung davon ausgehen, dass der Leistungsempfänger weiterhin zum Kreis der Unternehmer i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG gehört.

Die Gültigkeit einer Freistellungsbescheinigung lässt sich auf der Ho-mepage des Bundesamtes für Finanzen durch Eingabe der „Siche-rungsnummer“ überprüfen. Die Finanzverwaltung dürfte eine solche Onlineabfrage zur Verifi zierung der Bauleistendeneigenschaft i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG aber nicht zu den erwartbaren Sorgfaltspfl ichten des Leistenden zählen, da entsprechende Anmerkungen in beiden BMF-Schreiben fehlen. Doch welche Folgen hat eine zu Unrecht erteilte Freistel-lungsbescheinigung für den Leistungsempfänger? Dazu ein Beispiel:

Das Verständnis der „10-Prozent-Grenze“ als Ausschlussgrenze würde für die leistenden Unternehmer erhebliche Umsatzsteuernachzahlungen entstehen lassen. In solchen Fällen sollten sich die Beteiligten unbedingt auf den gegenteiligen Gesetzeswortlaut berufen.

Bauträger B – der ausschließlich Grundstücksverkäufe i.S. von § 4 Nr. 9a UStG bewirkt – hat Installateur E mit der Ausführung der Elektroarbeiten an einem Neubau beauftragt und ihm zugleich auch für umsatzsteuerli-che Zwecke die Kopie einer gültigen Freistellungsbescheinigung i.S. von § 48b EStG zugeleitet.

E darf nach Ansicht des BMF davon ausgehen, dass B Leistungsempfänger i.S.d. § 13b Abs. 2 S. 2 UStG und damit Steuerschuldner ist; auf Grund der Vertrauensschutzregelung in Tz. 14 besteht für E kein Nachzahlungs-risiko.

Nach dem Gesetz schuldet aber auch B im o.a. Fall nicht die Umsatzsteuer. Denn § 13b UStG sieht keinerlei Rechtsfolgen für den Fall vor, dass ein Leistungsempfänger durch Hingabe einer Freistellungsbescheinigung i.S. von § 48b EStG unzutreffenderweise den Anschein eines „Bauleistenden“ i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG erweckt hat.

Die Finanzverwaltung geht aber davon aus, dass B in diesem Fall – über den Gesetzeswortlaut hinaus – die entstandene Umsatzsteuer schuldet.

Beispiel 2

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Gestaltende Steuerberatung 25

Umsatzsteuer

Private Leistungs-bezüge von Gesellschaftern

„Durchgriffsrecht-sprechung“ greift hier nicht

ARGE als Bauleistende

1.3 Besonderheiten bei Personen- bzw. KapitalgesellschaftenNach § 13b Abs. 2 S. 3 UStG kommt es bei Leistungsempfängern i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG auch bei Bauleistungen für den außerunter-nehmerischen Bereich zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft. Wie das BMF klarstellt, ist diese Sonderregelung jedoch auf Einzelunternehmer beschränkt; bei privaten Leistungsbezügen der Gesellschafter einer Personen- oder Kapitalgesellschaft kommt die Regelung daher nicht in Betracht. Fraglich könnte allenfalls sein, ob sich bei Objektgemeinschaften eine andere Lösung ergibt:

Eine Prüfung der „Bauleistenden-Eigenschaft“ ist auch bei der leistungs-empfangenden ARGE notwendig. Da diese regelmäßig nur ein einziges Bauprojekt abwickelt und ihr Umsatz auch erst mit Fertigstellung als er-bracht gilt, war fraglich, ob die Steuerschuldnerschaft gemäß § 13b UStG auch auf eine ARGE übergehen kann. Das BMF verfügt hierzu (unter 2.3), die in Tz. 14 grundsätzlich geforderte Nachhaltigkeit sei bei einer ARGE auch bei der Abwicklung lediglich eines einzigen Gesamtumsatzes gege-ben. Zudem gelte die ARGE auch bereits in solchen VZ als Bauleistende, in denen ihr Umsatz an den Auftraggeber noch nicht erfolgt sei.

1.4 OrganschaftsverhältnisseDie vom BMF in der Tz. 16 zu umsatzsteuerlichen Organschaftsverhält-nissen bereits geäußerte Forderung nach einer differenzierten Sichtweise stellt das BMF nun unter 2.4 noch einmal ausführlicher dar.

Es bleibt abzuwarten, wie in einem solchen Fall die Gerichte entscheiden werden. Eine solche Steuerschuldnerschaft des B will das BMF nur dann nicht annehmen, wenn der Leistungsempfänger eine gefälschte Freistel-lungsbescheinigung verwendet und der leistende Unternehmer hiervon Kenntnis hatte.

Installateur U errichtet gemeinsam mit seiner nicht unternehmerisch tätigen Ehefrau F ein gemischt genutztes Gebäude. Die Flächen im Erd-geschoss möchte er für eigenbetriebliche Zwecke nutzen, während die Wohnung im Obergeschoss von den Eheleuten bewohnt werden soll. Die Ehegattengemeinschaft vergibt die Rohbauarbeiten an den Bauun-ternehmer B.

Nur bei U als Bauleistendem greift § 13b Abs. 2 S. 2 UStG; die Ehegat-tengemeinschaft ist hiervon grundsätzlich nicht berührt. Nach der bereits mehrfach bestätigten Ansicht des BFH wird zwar bei „nichtunternehme-risch tätigen Gemeinschaften“ für Zwecke des Vorsteuerabzugs durch die Gemeinschaft durchgegriffen – U steht dabei ein anteiliger Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des B zu (vgl. zuletzt BFH 28.11.02, BStBl II 03, 443). M.E. kann man aus dieser vom BFH lediglich zur Erzielung eines sachge-rechten Vorsteuerabzugs konzipierten Durchgriffsbetrachtung aber keine (anteilige oder gar vollumfängliche) Übertragung der Steuerschuldner-schaft auf U oder die Gemeinschaft herleiten.

Beispiel 3

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Umsatzsteuer

Steuerschuldner-schaft bei Betriebs-aufspaltung und Organschaft

Betrachtung des gesamten Organkreises

Übergangsregelung beachten

Hinsichtlich der Prüfung der 10-Prozent-Grenze errechnet sich laut BMF die Quote bei einer Organgesellschaft allein aus den Umsätzen dieser Organgesellschaft. Das BMF bezeichnet diese Sichtweise im jüngsten Anwendungsschreiben aber als „Vereinfachungsregelung“. Unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut können sich die Beteiligten daher auch auf eine „organschaftliche Betrachtung“ berufen. Danach gilt: Übt ein „Unterneh-men“ des Organkreises eine bauleistende Tätigkeit i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG aus, so ist der Organträger stets als Leistungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG anzusehen, unabhängig davon, an welches „Unternehmen“ im Organkreis die Bauleistung erbracht wird.

2. Anwendungs- und Übergangsregelungen

Das BMF hatte in seinem Schreiben vom 31.3.04 Anwendungs- und Übergangsregelungen verfügt. Da diese teilweise zu Missverständnis-sen geführt hatten, geht das BMF in seinem jüngsten Schreiben auf die verschiedenen Fallvarianten nochmals ausführlich ein:

2.1 Schlussrechnung über nach dem 31.3.04 erbrachte Bauleistungen bei Abschlagszahlungen vor dem 1.4.04

Die Neuregelung zur Übertragung der Steuerschuldnerschaft bei Bauleis-tungen ist – vorbehaltlich der dreimonatigen Übergangsregelung (s.u.) – auf alle nach dem 31.3.04 erbrachten Umsätze anzuwenden. Dies gilt auch hinsichtlich der Steuer auf vor dem 1.4.04 vereinnahmte Anzahlun-gen. Grundsätzlich verlangt § 27 Abs. 1 S. 3 UStG für diese Anzahlungs-besteuerung nach „altem Recht“ eine Berichtigung im Voranmeldungs-zeitpunkt der späteren Leistungsausführung – bis zur entsprechenden Rechnungsberichtigung wird die ausgewiesene Umsatzsteuer dann nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldet.

Alternativ zur Vorsteuerberichtigung ließ es Tz. 22 aber auch unbeanstan-det, wenn für den Übergang der Steuerschuldnerschaft nur noch das um die vor dem 1.4.04 vereinnahmten Anzahlungen verminderte Entgelt zu-

Unternehmer U ist Alleingesellschafter der U1-GmbH und der U2-GmbH, die jeweils ihre betriebsnotwendigen Grundstücke von U anmieten (Be-triebsaufspaltung und Organschaft/ vgl. A. 21 Abs. 5 UStR). Während die U1-GmbH ihre Umsätze ausschließlich mit „Bauträgergeschäften“ erwirt-schaftet, erbringt die U2-GmbH Hoch- und Tiefbauleistungen. U selbst geht neben der Vermietung keiner weiteren unternehmerischen Betätigung nach. Der Elektroinstallateur E erbringt gegenüber dem U sowie den bei-den GmbH`s jeweils Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG.

Im Besitzunternehmen des U sind zwar die umsatzsteuerlichen Aktivitäten der drei Unternehmensteile – des U, der U1-GmbH und der U2-GmbH – als Organträgerunternehmen zusammengefasst. Nur für die von der U2-GmbH bezogenen Bauleistungen trägt U jedoch die Steuerschuld-nerschaft, da nur insofern ein Leistungsempfänger i.S. von § 13b Abs. 2 S. 2 UStG vorliegt.

Beispiel 4

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Gestaltende Steuerberatung 27

Umsatzsteuer

Erklärung in der USt-Voranmeldung reicht aus

Frühere „Bruttorechnung“ ist grundsätzlich zu berichtigen

Einvernehmliches Wahlrecht der Beteiligten

Nachträgliche Korrektur der An-zahlungsrechnung

grunde gelegt wird. Für die insofern unkorrigierte Anzahlungsbesteuerung soll § 14c Abs. 1 UStG nicht angewandt werden – der Vorsteuerabzug aus den Anzahlungen bleibt dem Leistungsempfänger erhalten. Voraussetzung war nach Tz. 22 jedoch, dass der leistende Unternehmer die Anzahlungen in zutreffender Höhe versteuert hatte. Versteuerung in diesem Sinne war allgemein als die Erklärung in einer USt-Voranmeldung und die entspre-chende Zahlung verstanden worden. Das BMF stellt hierzu aber nun klar (unter 3.1), dass für die Versteuerung im Sinne dieser Vereinfachungsre-gelung bereits die Erklärung in der USt-Voranmeldung ausreicht – eine Nichtzahlung der erklärten Beträge durch den Leistenden also für den Leistungsempfänger kein Nachzahlungsrisiko mehr beinhaltet.

2.2 Vor dem 1.4.04 erteilte Anzahlungsrechnung wird erst nach dem 31.3.04 beglichen

Für nach dem 31.3.04 vereinnahmte Anzahlungen auf noch auszuführende Leistungen ist die Neuregelung grundsätzlich auch dann anzuwenden, wenn die Rechnung noch vor dem 1.4.04 ausgestellt worden war. Denn insofern bleibt für die Steuerentstehung der Vereinnahmungszeitpunkt maßgeblich (§§ 13 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 i.V.m. § 13b Abs. 1 S. 3 UStG). Soweit in diesen Fällen bereits vor dem 1.4.04 eine „Bruttorechnung“ mit offenem Umsatzsteuerausweis erstellt wurde, ist diese grundsätzlich entsprechend zu berichtigen (§ 14c Abs. 1 UStG).

Nach der Übergangsregelung der Tz. 27 können die Beteiligten in diesen Fällen aber für bis zum 30.6.04 vereinnahmte Anzahlungen auch weiterhin einvernehmlich von einer Steuerschuldnerschaft des Leistenden (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG) ausgehen. Einer Steuer-/Vorsteuer- bzw. Rechnungs-berichtigung bedarf es dann nicht. Voraussetzung bleibt aber, dass der leistende Unternehmer die Anzahlungen zutreffend versteuert hat. Auch insofern ist nunmehr (s.o. 3.1) nur noch die zutreffende Erklärung in der USt-Voranmeldung gefordert – ob der Leistende tatsächlich zahlt, bleibt für die Anwendung der Übergangsregelung unmaßgeblich.

2.3 Abrechnung nach dem 31.3.04 vor dem 1.4.04 erbrachten LeistungenWie das BMF unter 3.3 klarstellt, ist die Neuregelung bei vor dem 1.4.04 erbrachten Leistungen auch dann nicht anwendbar, wenn die Rechnungs-ausstellung erst nach dem 31.3.04 erfolgt, da § 27 Abs. 1 S. 1 UStG aus-schließlich auf den Leistungszeitpunkt abstellt.

2.4 Berichtigung vor dem 1.4.04 beglichener AnzahlungsrechnungFür vor dem 1.4.04 vereinnahmte Anzahlungen war noch der leistende Unternehmer Steuerschuldner. Zwar war diese Besteuerung bei nach dem 31.3.04 erfolgter abschließender Leistung grundsätzlich auf diesen späte-ren Zeitpunkt zu berichtigen (§ 13b Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 27 Abs. 1 S. 2 u. 3 UStG). Bei Inanspruchnahme der Anwendungsregelung der Tz. 22 konnte die Anzahlungsbesteuerung jedoch unangetastet bleiben. In der Praxis stellte sich nun häufi ger die Frage, wie bei Betragskorrekturen nach dem 31.3.04 zu verfahren sei. Das BMF differenziert hier zwischen der Erhöhung und der Verminderung der Beträge in der Anzahlungsrechnung:

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Umsatzsteuer

Berechnungsfehler beim Aufmaß

Minderung des Entgelts

Erhöhung des Entgelts

3. Weitere Anwendungsregelungen

3.1 Rechnungsangaben und VorsteuerabzugDer leistende Unternehmer muss den Leistungsempfänger auf die Über-tragung der Steuerschuldnerschaft hinweisen. Fehlt dieser Hinweis, so beeinträchtigt dies nicht den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers, da dieser auf Grund der Sonderregelung in § 15 Abs. 1 Nr. 4 UStG nicht vom Zeitpunkt der Rechnungserstellung abhängt.

3.2 Vorsteuerabzug bei geschätzter BemessungsgrundlageDie auf Bauleistungen i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG beim Leistungsemp-fänger anfallende Umsatzsteuer entsteht gemäß § 13b Abs. 1 S. 1 UStG mit Rechnungsausstellung, spätestens aber im Folgemonat der Leistung.

Dachdecker D wurde Anfang 2004 von Bauunternehmer B beauftragt, die Dachdeckerarbeiten an einem Neubau für 100.000 EUR zzgl. USt durchzu-führen. Beide Unternehmer geben monatlich ihre USt-Voranmeldungen ab. Am 1.3.04 stellt D dem B entsprechend dem Fortschritt seiner Arbeiten eine Abschlagsrechnung über 50.000 EUR zuzüglich 8.000 EUR USt aus, die B auch noch im März überweist. Anfang April stellt sich heraus, dass auf Grund von Berechnungsfehlern beim Aufmaß…

a) …lediglich eine Abschlagssumme von 40.000 EUR zzgl. USt gerecht-fertigt gewesen wäre. D erstattet den Differenzbetrag noch im April.

b) …eine Abschlagssumme von 70.000 EUR zzgl. USt zutreffend gewesen wäre; B zahlt den Mehrbetrag im Juli nach.

D befragt seinen Steuerberater nach der korrekten steuerlichen Vorge-hensweise bei der Berichtigung der Abschlagsrechnung. Im August 2004 erstellt D nach Abnahme seiner Arbeiten die Schlussrechnung.

Zu a): Angesichts der Betragsverringerung und der erfolgten Rückzahlung mindert sich das der Anzahlungsbesteuerung zu unterwerfende Entgelt i.S. von § 17 Abs. 1 UStG. D hat seine ursprüngliche Abschlagsrechnung auf einen Betrag von 40.000 EUR zuzüglich 6.400 EUR USt (weiterhin aber als „Bruttorechnung“) zu reduzieren. Die Änderung gegenüber der ursprüng-lichen Rechnung haben D und B in ihren Umsatzsteuervoranmeldungen für den Monat April zu berücksichtigen (USt bzw. VorSt ./. 1.600 EUR).

Zu b): Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der Anzahlung er-höht sich auf 70.000 EUR. Dabei wird die ursprüngliche Steuer von 8.000 EUR im VZ März allerdings nicht berührt. Hinsichtlich des Erhöhungsbe-trags von 20.000 EUR ist für den VZ der Vereinnahmung eine Umsatzsteuer von 3.200 EUR anzumelden. Da die Vereinnahmung erst nach dem 31.3.04 erfolgt, fällt diese Besteuerung bereits unter die Neuregelung des § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG. Steuerschuldnerschaft und korrespondierender Vorsteu-erabzug liegen damit in den Händen des B (Erklärung im VZ Juli 2004). D muss eine „Nettorechnung“ über 20.000 EUR ausstellen, in der er auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft hinweist (§ 14a Abs. 5 UStG).

Beispiel 5

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Gestaltende Steuerberatung 29

Umsatzsteuer

Geänderte Erklä-rungsvordrucke beachten

Keine Schriftform für die Einigung zwingend

Nachzahlungsrisiko möglichst ausschließen

Vereinfachungsre-gelung sorgt für Rechtssicherheit

Hat der leistende Unternehmer bis zum Ablauf dieses Folgemonats – bzw. bis zum Zeitpunkt der Erstellung der zugehörigen USt-Voranmeldung – noch keine Rechnung erstellt, so muss der Leistungsempfänger die zu erklärende Umsatzsteuer/Vorsteuer schätzen.

3.3 Angaben des Leistenden in seinen UmsatzsteuererklärungenFür den Leistenden fehlte im Vordruck 2004 der USt-Voranmeldungen noch eine Eintragungsmöglichkeit zu solchen Umsätzen, bei denen er die Umsatzsteuer wegen Übergangs der Steuerschuldnerschaft nicht schuldet. In den USt-Voranmeldungen 2005 (Zeile 41/ Kennzahl 60) und der USt-Jahreserklärung 2004 (Anlage UR/ Zeile 53, Kennzahl 209) ist eine entsprechende Eintragungsmöglichkeit aber bereits vorgesehen.

4. Generelle Übergangsregelung

Für die in der Zeit vom 1.4.04 bis 30.6.04 vereinnahmten Anzahlungen sieht das ursprüngliche BMF-Schreiben eine Übergangsregelung zur Fortgeltung der Steuerschuldnerschaft des Leistenden vor (s.o. unter 3.2 zu Tz. 27). Vergleichbares gilt nach Tz. 26 auch für Bauleistungen, die bis zum 30.6.04 ausgeführt wurden, wenn die beiden Vertragsparteien hier-von einvernehmlich ausgegangen sind und der Leistende den Umsatz in zutreffender Höhe versteuert hat. Zur Versteuerung in diesem Sinne ist nur die Erklärung in der USt-Voranmeldung Voraussetzung – aber nicht die Zahlung. Die Einigung der Parteien muss nicht schriftlich erfolgen.

5. Sonstige Fragen

5.1 Vereinfachungsregelung bei unklarer LeistungsqualitätHaben sich die Vertragspartner unzutreffenderweise für oder gegen eine Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG entschieden, so besteht bei einer späteren Korrektur durch die Finanzverwaltung ein Nachzahlungsrisiko. Ist die Eigenschaft des Leistungsempfängers als Bauleistender unklar, so kann sich der Leistende insoweit mit einer Freistellungsbescheinigung absichern. Schwieriger ist das jedoch, wenn unklar ist, ob eine Leistung als Bauleistung zu qualifi zieren ist. Dazu ein Beispiel:

Schreiner S soll an Bauunternehmer B mehrere Einbauregale für netto 10.000 EUR liefern und in dessen Firmengebäude einbauen. B hat dem S eine für umsatzsteuerliche Zwecke gültige Freistellungsbescheinigung i.S. von § 48b EStG gegeben.

Ist die Beurteilung der Leistung als Bauleistung oder Nicht-Bauleistung umstritten, sieht Tz. 20 eine Vereinfachungsregelung vor. Haben sich die Beteiligten danach auf die Anwendung von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG geeinigt und stellt sich dies später als unzutreffend heraus, so sollen die Finanzämter die steuerliche Behandlung bei Leistendem und Leistungs-empfänger nicht beanstanden, wenn der Umsatz in zutreffender Höhe versteuert wird. Geht S mithin von einer Bauleistung aus und erstellt B eine Nettorechnung, so ist die Vereinfachungsregelung anwendbar.

Beispiel 6

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Gestaltende Steuerberatung 30

Umsatzsteuer

„Nachholen“ der Steueranmeldung möglich

Verbindliche Zusage beantragen

Besteuerung der Abschlagszahlung bleibt unverändert

Im Ursprungsschreiben vom 31.3.04 fehlte eine entsprechende Verein-fachungsregelung für den „umgekehrten Fall“ und auch das jüngste Anwendungsschreiben äußert sich dazu nicht: Gehen die Vertragspar-teien daher einvernehmlich davon aus, die erbrachte Leistung sei nicht als Bauleistung i.S. von § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG einzustufen und stellt sich dies später als unzutreffend heraus, so muss man aus der fehlen-den Äußerung des BMF schließen, dass die Finanzverwaltung in diesen Fällen eine spätere Korrektur bei den beiden Vertragsparteien auch dann durchführen will, wenn kein steuerlicher Ausfall stattgefunden hat. Wollen die Vertragsparteien dieses Risiko vermeiden, so ist die Anwendung der Vereinfachungsregelung der Tz. 20 oder die Beantragung einer verbind-lichen Zusage zu empfehlen.

5.2 Ausstellung einer zutreffenden SchlussrechnungWurden Anzahlungen vor dem 1.4.04 vereinnahmt und demnach noch „Bruttorechnungen“ ausgestellt, aber wird die Bauleistung abschließend erst nach dem 31.3.04 erbracht, so unterliegt grundsätzlich der Gesamt-umfang bereits der Besteuerung nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG. Alternativ kann nach der Anwendungsregelung der Tz. 22 jedoch auch eine Korrektur der Anzahlungsbesteuerung unterbleiben. Die Besteuerung nach § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG beschränkt sich dann auf den „Restbetrag“. Doch wie ist in solchen Fällen die Schlussrechnung auszustellen?

Das BMF äußert sich im vorliegenden Schreiben zwar nicht zur Auslegung der Vereinfachungsregelung der Tz. 20. M.E. ist nunmehr gleichwohl geklärt, dass der Begriff der „Versteuerung“ hier nur die Erklärung in einer USt-Voranmeldung beinhaltet, nicht aber die zugehörige Zahlung. Denn für diese Auslegung hat sich das BMF schließlich schon bei den Übergangsregelungen der Tz. 22 und 26 entschieden. Sollte der Umsatz im zugehörigen USt-VZ von B jedoch nicht erklärt worden sein, stellt sich die Frage, ob B dies bei einer späteren Aufdeckung durch die Finanzver-waltung noch durch nachträgliche Korrektur (§ 164 AO) nachholen kann. M.E. müsste das möglich sein, da Tz. 20 neutral von „…versteuert wird…“ spricht, was kein zeitliches Moment enthält.

Heizungsinstallateur H hat gegenüber Bauunternehmer B die Installati-onsarbeiten an einem Gebäude übernommen. Der vereinbarte Werklohn beträgt 100.000 EUR zzgl. USt. H hat bereits am 10.2.04 eine Abschlags-rechnung über 30.000 EUR zzgl. 4.800 EUR USt erstellt und den Betrag am 27.2.04 auch erhalten. Am 30.11.04 erfolgt die Schlussabnahme seiner Arbeiten. H möchte die Schlussrechnung erstellen.

Nach Tz. 22 kann hinsichtlich der vor dem 1.4.04 abgewickelten Abschlags-zahlungen die ursprüngliche Besteuerung unverändert belassen werden, wenn H in zutreffender Höhe versteuert hat. Soll entsprechend verfahren werden, so entspricht m.E. die nachfolgende Abrechnung den gesetzli-chen Anforderungen (die übrigen Rechnungspfl ichtangaben werden aus Vereinfachungsgründen unterstellt):

Beispiel 7

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Gestaltende Steuerberatung 31

Umsatzsteuer

Bruttobetrag als Ausgangsbetrag dürfte ausreichen

Faktische Nichtanwendung der Übergangs-regelung

Honorar Heizungsinstallation an BV Musterplatz 10 (vgl. Abnahme v. 30.11.04) gemäß Vertrag: 100.000,00 EUR+ USt 16 % 4.800,00 EURabzüglich bereits erhaltene Abschlagszahlungen:27.2.04: Entgelt netto ./. 30.000,00 EURUSt 16 % ./. 4.800,00 EUR./. 4.800,00 EURVerbleibende Restzahlung: 70.000,00 EUR

Hinsichtlich dieser Restzahlung schuldet gemäß § 13b UStG der Leistungs-empfänger die Umsatzsteuer.

Da eine Wiederholung des Umsatzsteuerbetrags i.H. von 4.800 EUR in der Schlussrechnung – wegen der ordnungsgemäßen Abschlagsrechnung – keine zusätzliche vorsteuerrelevante Funktion mehr hat, kann auf den entsprechenden Ausweis m.E. aber auch verzichtet und stattdessen als Ausgangsbetrag nur der Bruttobetrag von 104.800 EUR aufgeführt werden. Soweit aber dieser Umsatzsteuerausweis unterbleibt, ist m.E. folgerichtig auch das von § 14 Abs. 5 S. 2 UStG n.F. grundsätzlich geforderte Absetzen des Nettoentgelts der Abschlagsrechnung nebst zugehörigem Umsatz-steuerbetrag entbehrlich, d.h. der Abschlagsbetrag kann dann in einer Summe (34.800 EUR) aufgeführt werden.

6. Abschließender Hinweis

In der Praxis ergibt sich jedoch oft ein weiteres Problem: Häufi g argu-mentiert der Leistungsempfänger, er gehe unter Nichtanwendung der Regelung der Tz. 22 für den Gesamtnettobetrag von 100.000 EUR von der Anwendung des § 13b Abs. 1 Nr. 4 UStG aus; dabei sei der im Februar geleistete Anzahlungsbetrag i.H.v. 34.800 EUR gleichwohl in voller Höhe in Abzug zu bringen, sodass sich lediglich eine Abschlusszahlung über 65.200 EUR ergebe. Der Leistungsempfänger erzwingt damit faktisch eine Nichtanwendung der Übergangsregelung, was beim Leistenden so lange zu einer Liquiditätslücke führt, bis er nach entsprechender Korrektur seiner Anzahlungsbesteuerung – nebst entsprechender Rechnungskor-rektur – vom Finanzamt den Umsatzsteuerbetrag von 4.800 EUR wieder erstattet bekommen hat.

Fraglich war insofern, wem der beiden Vertragsparteien die Entscheidungs-kompetenz für die Anwendung der Regelung der Tz. 22 zusteht. Während das BMF für die Anwendungsregelungen der Tz. 20 oder 26 ausdrücklich eine einvernehmliche Regelung der beiden Beteiligten fordert, fehlt in Tz. 22 eine vergleichbare Forderung. Auch das neue Anwendungssschrei-ben formuliert insofern neutral („…es kann aber auch von Tz. 22 … …Gebrauch gemacht werden“). Demnach liegt aus Sicht des Umsatzsteu-errechts die Entscheidung der Versteuerung seiner Anzahlungsumsätze al-lein in der Hand des Leistenden. Angesichts der – wenn auch aufwändigen und mit Liquiditätsverzögerungen verbundenen – Korrekturmöglichkeit dürfte dies aber faktisch kaum durchzusetzen sein.