sternstunden des ddr- humors / 1987 - 1988

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Vo ärts immer rückwärts nimmer

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Vo ärts immer rückwärts nimmer

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Die Jahre 1987-1988: Vorwärts immer, rückwärts nimm r

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987 988

v rwä r ts immer

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„ / „ „• •

Hans-Günther Pölitz, Der Fortschritt ist hinter uns her 7

1 Kapitel: Vorwärts immer rückwärts nimmer 9

John Stave

Wie wir uns selbst verwalten 10

Hans-Günther Pölitz

Was nun? 2

Jochen Petersdorf

Motiv 18

Matthias Biskupek

Nachba.rin Hümpe erläutert die Grußerweisung 19

2 Kapitel: Alles zum Wohle des Volkes

Humorvolles aus dem Alltag 23

rnst Röhl

Eine lehrreiche Geschichte 24

Manfred Strahl

Der totale Wettbewerb 28

Jochen Petersdorf

Schreiben Sie doch mal 32Hansgeorg Stengel

Aller guten Affen sind drei 34

rnst Röhl

Pardon wird nicht gegeben 35

Johannes Conrad

Die kleinen, wilden Kaffeemaschinen

Jochen Petersdorf

Datschen-Kino

3 Kapitel: Lernen lernen nochmals lernen

Als wir Schüler und Pioniere waren

Heli Busse

Mein Wunderkind

Ottokar Domma

Unser Freundschaftstreffen

38

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43

44

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Inhalt

Jochen PetersdorfFrühes Leid

Thomas Reuter

Meine pädagogischen Fähigkeiten

Ottokar Domma

Wasist

Glück?

4 Kapitel: Was des Volkes Hände schaffen

52

54

56

Wir Werktätigen in Stadt und Land 57

Ernst Röhl

Zur eier des Tages 58

Manfred StrahlIdeen muß man haben 62

Klaus LettkeAlles aufeinander eingespielt 66

Alfred Schiffers

Laien Spiel 70

5. Kapitel: Heißer Sommer

Von Ostseestrand Datsche un Jugendclubs . . 71

Lothar Kusche

Keine Reise ohne Zange 72

Jochen PetersdorfSammerteim 74

Matthias Biskupek

Unser Freizeitfreiluftmobiliar 76

Jochen PetersdorfUnter fremden Menschen 78

Heli Busse

Am Waldsee 80

6 Kapitel: Höher schneller weiter

Sportlich sportlich 85

Jochen PetersdorfSport Klauberei 86

Hans Dieter Kern

Fußball auf unserer Klitsche 88

5

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6

Klaus LettkeAnglerglück

7 Kapitel: Unter vier AugenÜber Verliebte und Verheiratete

Angela GentzmerKurschatten

Ottokar DommaWie man die Frauen hrt

Irn1gard Abe

Ewig diese verfluchte Schlamperei

Jochen PetersdorfGewichtgedicht

Lothar KuscheHugos Hochzeit

8 Kapitel: Wo wir sind ist vorn

Es geht seinen sozialistischen Gang

Matthias Biskupek

Mein Selbst Vertrauen

Wolfgang Schaller

Die StimmungsliederrnacherManfred Strahl

Der Staatsbesuch

Hans Günther PölitzGewöhnungssache

Zeittafel

Rechtliches

nhalt

91

93

94

96

1

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1 5

1 7

1 8

112

114

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  ineLachnummer

Das Jahr 1988 ist traurig. Weil es nicht so berühmt ist wie das Jahr 1989. Deshalb haben ihm die Buchmacher auch das Jahr 1987 an die Seite gestellt. Gemein

sam sind sie stark. Und zwar betroffen vom Zerfall dessen, was sich einmal DDRnannte. In der Sowjetunion tobten schon seit geraumer Zeit Glasnost und Perestroika. In der DDR tobte dagegen das Politbüro: »Würden Sie wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?« Mit diesem Spruch ging Chefideologe Kurt Hager 1987erst als »Tapeten-Kutte« in die Geschichte ein und zwei Jahre später völlig unter.Unsere Tapetenindustrie war schon mit den alten Bahnen völlig überfordert, geschweige denn mit neuen. Statt das Brett zum Tapezieren aufzustellen, trug manes lieber vor dem Kopf. Es wurde weiter gelebt im Sozialismus in den Farben der

DDR: Schwarz-Rot-Gold. Die Bürger ärgerten sich schwarz, die Funktionäre sahenrot und versprachen eine goldene Zukunft. So zirkelte man sich im Kranz derÄhren über die Zeit bis der Hammer fiel.Aber vorher wurden noch einmal kräftig Geschenke verteilt. 1987 schenkte ErichHonecker seinen Landeskindern mehr Kindergeld und Udo Lindenberg eine Schalmei. Dieser hatte ihm vorher bereits eine Lederjacke geschenkt. Die aber Erichnicht anzog, als ihm Helmut Kohl einen Empfang in Bonn schenkte. Die DDRschenkte der Welt dann noch den ersten Megabit-Chip Made in GDR. Da war derWurm drin. Denn unsere Mikroelektronik war nicht kleinzukriegen. Kleinkriegenwollte man dagegen alle kritischen Stimmen. Im Sommer 1988 fanden noch die22. Arbeiterfestspiele im Bezirk Frankfurt/Oder statt. Sie waren die letzten. Danach stand den Werktätigen der Sinn weniger nach Musizieren, Fotografieren undRezitieren. Sie wollten lieber diskutieren, protestieren und demonstrieren. ImNovember 1988 stürzte der sowjetische »Sputnik« wegen zu kritischer Äußerungen aus dem Himmel des DDR-Postzeitungsvertriebs. Hilflose Parteisekretäre begründeten in ihren Parteigruppen das Nichterscheinen damit, daß die Züge wel-

 

ehe die Hefte in die DDR transportieren sollten, auf sowjetischem Territorium imSchnee steckengeblieben wären. Im Schnee schon, aber in dem den die Parteiredete. Damit löste sie wieder eine Eiszeit aus. In dieser wurden zum Beispiel

die meisten Kabarettprogramme, die Ende 1988 auf die Bühne kommen sollten,»wegen künstlerischer Mängel« aus dem Verkehr gezogen. Eine Lachnummer.Aber der Volkswitz ließ sich nicht unterkriegen, und so spiegelt sich die Zeit sehrschön in folgendem wieder: Die USA die Sowjetunion und die DDR wollen gemeinsam die Titanic heben. Die USA interessieren sich für den Goldschatz undden Iresor mit den Brillanten. Die Sowjetunion interessiert sich für das technische Know-how. Und die DDR interessiert sich für die Band, die bis zum Untergang noch fröhliche Lieder gespielt hat.

Hans-Günther Pölitz

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1 orwärts imm  r rückwärts nimmer

John Stave

Wio w t i 11s solJOst 11 1wa1Jto11

Vor zwei Jahren haben wir unser Mietshaus in die eigenen

Hände genommen. Mieterselbstverwaltung nennt sich das, undich wunderte mich schon, daß keiner stutzig wurde, als der bis

dahin zuständige Verwalter der KWV nach geleisteter Vertrags-unterschrift sich verstohlen die Hände rieb. Aber wir sind ja

auch ein recht intellektuelles Haus, alles Leute, die Beacht-liches auf theoretischem Gebiet leisten, also nicht direkt pro-

duktiv, und sogar ein Professor ist dabei sowie ein Zahnarzt.

Einer aus dem Haus liest den ganzen Tag nur Bücher, lebt aber

auch. Zwei haben Autos, einer einen Trabant. Und noch einerwird jeden Morgen mit einem Volvo abgeholt und abends wie-

der nach Hause gebracht. Das nur mal zur Illustration. Noch

was: Im zweiten Stock wohnt eine Schauspielerin. Sie möchte

Übrigens unser Hausrasen siehtaus wie ein englischer Fußballplatz.

aber in diesem Zusammenhang ausnahmsweise

einmal nicht genannt sein.Und nun können Sie sich vorstellen, wie das ist,

wenn wir als HGL zusammentreten und uns selbst

verwalten. Ach halt Beinah hätt ich noch einen vergessen, der

etwas aus dem Rahmen fällt. Ein praktischer Mensch: AlbertKunze . Der ist von Beruf Weichenausspüler bei der Straßen-

bahn. Er macht das mit noch einem Kollegen, und da fahrensie dann mit so einer kleinen Nuckelpinne von Auto alle Wei-

chen ab und spülen sie aus. Und an dem Auto steht dran: Vor-

sicht, Schienenfahrzeug Das haben Sie sicher schon mal ge-

lesen. Also dieser gute Albert, der schmeißt unsern Laden im

Grunde. Er eröffnet die Sitzung, begrüßt alle, und dann sagter, daß unser Limit eintausendzweihundert beträgt. Das hört

sich natürlich nach etwas an; und so spendet unser Professorauch gleich begeistert Beifall. »Das ist eine gute Sache « ruft

er entzückt.»Das ist großer Mist « sagt hingegen Albert, und ein bißchen

Leid umwölkt seine Stirne. Sie müssen wissen, daß unser Haus

mittlerweile fünf Jahre alt geworden ist, und nun zeigen sich

natürlich langsam die ersten Zerfallserscheinungen. Nehmenwir nur mal die Fensterkreuze. Da ist die Farbe runter. Aber

das wäre weiter nicht schlimm, hat Albert gesagt. An zwei Wo-

chenenden könnte er das schon in Ordnung bringen. Und wenn

vielleicht noch jemand hülfe, ginge es sogar schneller. Aber

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Vorwärts immer rückwärts nimmer

wie gesagt, wir sind alles mehr Theoretiker, mehr Arbeiter desGeistes eben und weniger der Faust. Und dann die Sache mitden Badeöfen - puh Sechs Stück auf einen Schlag im Eimer.

Das macht eintausendzweihundert »Großer Mist«, sagt Albert.Und er denkt scharf nach. Was an sich unsre Sache wäre. Aberer hat das Denken wahrscheinlich als Hobby, und so macht esihm Spaß. Übrigens: Unser Hausrasen - große Klasse. Siehtaus wie ein englischer Fußballplatz. Das macht alles Albert.Seine Frau hilft ihm tüchtig. Und Blumen haben sie auch ausihrer Laube herangeschleppt. »Natürlich müssen erst die Ba-

deöfen in Ordnung gebracht werden. Vielleicht lassen sich einpaar doch noch reparieren. DasGeld, das wir einsparen, nehmenwir für Farbe. Und dann streichenwir zuerst einmal die schlimmstenKreuze«, sagt Albert.»Also mein Kreuz nach vom raussieht verheerend aus«, sagt die

Schauspielerin, »aber ich bin am

Wochenende nicht zu Hause. Kön-

nen Sie nicht mal am Tage pinselnkommen?« Der Zahnarzt lachtschallend und schlägt sich dabei

auf die Schenkel.Der Professor kichert mit, weißaber nicht, worum es geht. Albertnotiert sich schweigend den Mitt-

wochnachmittag, da h t er einpaar Überstunden abzubummeln. Er erhält von der Schauspielerin eine Westzigarette. »Herr Doktor«, sagt Albert, »Sie

wollten doch mal einen Farblichtbildervortrag über IhreJugoslawienreise halten?«

»Mein lieber Albert«, sagt der Zahnarzt bedauernd, »ich binleider noch nicht dazu gekommen, die Dias zu rahmen.«»Schicken Sie uns den ganzen Ramsch rauf, meine Frau undder Junge können das erledigen«, sagt Albert. So gesehen isteine Mieterselbstverwaltung gar nicht von der Hand zu weisen.Ich selbst bin im Grunde kein ausgesprochener Intellektueller.Ich bin Verwalter bei der KWV aber in einem ganz anderenStadtbezirk. Und ich kann Ihnen sagen: In meinen Häusernläuft alles ·

S CHBE RBEITfR·.FÜR

KRITIS HE HINW IS

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Das Neue Deutschland erscheint mitdrei neuen Seiten:Auf Seite einssteht, was gemachtwerden muß, aufSeite zwei, wie esgemacht werdenmuß, und auf derdritten Seite sindschwarz umrandeteKästchen. Das sinddie, die es versucht

haben.

Vorwärts immer rückwärts nimmer

Hans Günther Pölitz

Brennende Fragen unserer Zeit

Aus dem Programm des Amateurkabaretts »Die Zange«

(Aus dem Off ist ein Gespräch mit folgendem Wortlaut zuhören)A: Ist denn nun draußen schon Licht, oder was?B: Nein, ist noch alles dunkel.C: Meine Güte, wie lange sollen wir denn noch warten?A: In der Dunkelheit werden uns doch die Leute unruhig. Ich

gehe jetzt einfach mal raus.

D: Bist du verrückt? Die Anweisung lautet: Erst wenn obenLicht gemacht wird, sollen wir anfangen zu reden.A: Ich habe keine Lust mehr zu warten. Ich gehe jetzt raus, mal

nachsehen.B: Komm zurück(Auf der Bühne, die immer noch dunkel ist)A: Mensch, was ist denn los? Pennen die da oben an der Lei-

tung?D: Mäßige dich, du schockierst die Zuschauer.

A: Wieso?D: Unsere Menschen sind es nicht gewohnt, daß über Fehler-quellen in der Öffentlichkeit diskutiert wird.

A: Das merkt doch eh jeder, daß hier was nicht klappt.D: Also brauchst du auch nicht extra drüber zu reden.A: Du redest wie unsere Zeitungen.B: rr wollten doch in diesem Programm ohne Massenmedien

auskommen.A: Bei solcher Berichterstattung kommt man sehr gut ohne

Massenmedien aus.B: Eigott, wenn die an der Leitung nicht bald Licht machen, re

dest du dich hier noch um Kopf und Kragen.C: Was ihr bloß habt? Unsere Massenmedien sagen doch alles.

Wenn auch mit anderen Worten.

A: Wenn ich etwas mit anderen Worten formuliere, dann ist daskeine Infonnation, sondern eine Fabel.

C: Na, dann stimmt doch der Satz, daß der DDR-Bürgerfabelhaft informiert wird.

B: Mensch, nun macht doch mal mehr Licht

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Vorwärts immer rückwärts nimme r

C Das waren schon Goethes letzte Worte.B: »Den Gedanken Licht « Das forderte auch Erich.Alle: ?????????????????????B: Weinert.D: Wollten wir nicht heute über brenzlige Fragen der Gegen

wart sprechen?••

A: Uber brennende, du Knallo.C Wenn die Fragen brennen, dann müßte doch hier mehr Licht

•sem.A: Dann laß doch deinen Geist leuchten.C Nee danke, ich stehe lieber im Dunkeln. Als leuchtendes

Beispiel abzufackeln,ist mir zu gefährlich.

A: Aber nach mehr Licht

schreien.C Ich habe keinen Tongesagt. So wie s ist,wird es schon seineRichtigkeit haben.

E: (durch die Saaltür inden dunklen Saal kom

mend) Heh ... Hallo ...Hört i r mich?

B: Was machst denn duda drüben?

E: Ich bin in der Dunkelheit den falschen Weggegangen.

A: rr begrüßen unseren Sowjetbürger.E: Wieso Sowjetbürger?

A: Ich dachte nur, weil du in aller Öffentlichkeit zugibst, daßdu was falsch gemacht hast.

B: Der tappt im Dunkeln und hat trotzdem noch den Weg ge-

funden.D: Du bist für eine Leitungsfunktion geborenA: Apropos Leitung Wann machen die denn nun das Licht an?B: Vielleicht verstehen die unsere Sprache nicht?E: Dann versucht's doch mal mit sowjetisch (peinliche Pause,

zu A) Na komm, du hast doch am lautesten nach Licht ge

schrieen. Nun mach mal••

A: Ah ... äh .. Lampa kaputt ...E: Nix Lampa kaputt. Du kaputt. Kann denn hier keiner die

Sprache der Bolschewiki?

-   3

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  4 Vorwärts immer rückwärts  nimmer

D: Wir können mehr so die Sprache von Bernhard Wicki.

C Oder Leandros Vicki ...

E: Da haben wir nun 38 Jahre lang agitiert: Von der Sowjet-union lernen, heißt siegen lernen. Und dann haben wir nicht

mal die Sprache gelernt.

B: Gelernt schon, bloß können kann's keiner.A: Hat doch keiner geahnt, daß man die mal so plötzlich brau-

chen könnte.

E: Es ist doch nicht das erste Mal, daß uns die Entwicklung

klar macht, was wir versäumt haben.

D: Mensch, sei bloß froh, daß es hier so finster ist. Wenn das

einer sehen würde, was du redest.E: Oder hören würde, wie ich aussehe. (geht an die Rampe) To-

warischtschi, wkljutschitje swet (Licht geht an)

A: Ich werde verrückt, die russische Variante geht.

E: Wissen ist eben Macht.Unsere Menschen ja das weiß ich

arbeiten tagtäglich fleißig.B: Jetzt gucken die alle auf uns.E: Mit Recht. Wer im Licht steht, muß auch ein

Programm haben.

B: Jetzt muß aber was losgehen.C Der Pianist fehlt.

A: Nun stehen wir im Licht und nichts geht los.

D: Wären wir im Dunkeln geblieben, hätten wir uns jetzt schön

zurückziehen können.

C (zu E) Das hast du uns eingebrockt mit deinem Russisch.

E: Ich? Ihr habt doch nach Licht gebrüllt. Hättet ihr lieber or-

ganisiert, daß alle Voraussetzungen da sind.

C Wie kann ich denn im Dunkeln sehn, was uns fehlt?

D: Was machen wir denn nun ohne Musik?

B: Da singen wir eben nicht, sondern reden bloß drüber.

C Da merkt doch auch der Letzte, daß uns was fehlt.

A: Da kommt vielleicht 'ne Stimmung auf.B: Und wie fangen wir die ab?

C Das beste ist, wir machen das Licht wieder aus. (Licht gehtwieder aus)

A: Komisch, die Verdunklung funktioniert in Deutsch.

C Ich habe doch gleich gesagt: »Brennende Fragen unserer

Zeit«, das ist nichts fürs Kabarett. Die Satire bringt doch

mehr durcheinander, als die Politiker ...

B: Na, na, na

C ... je wieder geradebiegen können. Ihr müßt einen mal aus-

reden lassen

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  orwärts immer rückwärts nimmer

D: Ich könnte zum Beispiel ein zündendes Referat halten über

brennende Fragen. Hier ist meine Wortmeldung. gibt A einen

Zettel)A: Denkste, ich kann das im Finstern lesen? Macht doch mal

Licht an. Jetzt geht das wieder nicht. Wie hieß das?

E: Towarischtschi, wkljutschietje swetA: (stockend) Towarischtschi, wklu-jschtsch-iete swet (Licht

geht an)

E: Klingt noch bißchen unbeholfen, aber du siehst, der gute

Wille wird belohnt.

A: Sie hören jetzt ein Referat zum Thema: »Was rührt das Ka-

barett in den Problemen unserer Zeit. «

C (schaut auf den Zettel) Was rührt das Kabarett an den Pro-

blemen unserer Zeit.

A:Oder

so.Es spricht ein hoher Funktionär, einer mittlerenEbene.

D: Mir sträuben sich sehr oft die Haare,wenn ich vom Cabaret erfahre.Die treiben alles auf die Spitze,

Und fragen nicht, ob's uns auch nütze.

Die machen auf der Bühne Witze,daß ich m Saale unten schwitze.

Drum fragend ich zum Chef hinseh -

Gehört denn das ins Cabaret?

Zum Beispiel Zeitung, Rundf11nk, Fernsehn,

In denen w r uns selber gern sehn,

Werden hier mit Spott bedacht.Und ich weiß nicht, worüber lacht

der Bürger abends nach halb achtim Saale schallend oder sacht.

Und der Gedanke u mir weh -

Das muß nicht sein m Cabaret.

Oder nehmen w r die HauptstadtDie doch jeder Bürger gern hat.

Nur die Witzler stelln sich quer,

behaupten, keiner freut sich mehr,

wenn von allen Orten her

abgezogen mehr und mehr

protzig in der Hauptstadt steh -

das muß.nicht ins Cabaret.

- 15

Honecker, Reagan

und Gorbatschow

sind zu Besuch beiGott. Jeder vonihnen hat eine

Frage frei. Fragt

Reagan, was mit

den USA im Jahr2000 sei. Nun sagt

Gott, die USA sind

im Jahr 2000 sozialistisch Da geht

Reagan in die Eckeund weint bitter

Fragt Gorba-

tschow, was mit

der UdSSR im Jahr

2000 sei. Nun die

gibt es nicht mehr,

die wurde Groß-

China einverleibt.

Da geht Gorba-

tschow in die,Eckeund weint bitter

lich. Zuletztwill

Erich wissen, was

denn mit derDDR

im Jahr 2000 sei.Da geht Gott in die

Ecke und weint bit

terlich.

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  6

' '· • • • • • .

, »Sienst du ,eine · . .: ,·· Chance, ·daß das . .· ··

J?olitbüro mal ,a:ö- · . ·d ~ t ; . . . • ' <. ,. ,\.

, ~ D o c h ätirchaus.« , ·

· .»Un d wie soll das .··.· \.. r . . . . .

· gebe'u?.  · • . · ·. . '

· »Es gibt eine n t f u .· liche und ·eine über;. ..·

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,. . .

.»Daß ·sie·in den „ .. .., . ·

. Runestand gehen.« . . . ' .. '' . .

__ ... ...

Vorwärts immer, rückwärts nimmer

Daß die DDR ein saubres Land,

Ist wohl der ganzen Welt bekannt.

Die Lästerer jedoch sehn Wälder sterben

Und unsre Luft im Qualm verderben,Sehn Krankheitsbilder sich vererben.

Das Fell sollte man ihnen gerben.Denn wie ich die Sache seh -

Gehört das nicht ins Cabaret.

Ich, der nur vorwärts diskutiert

Fühl mich dabei stets angeschmiert.

Drum mach ich euch ein Expose -

Was reingehört ins Cabaret.

Unser Leben ist brisant

So in der Stadt, wie auf dem Land.Und fällt im Winter mal viel Schnee -

Bringt das doch mal im Cabaret.

Unsre Menschen, ja das weiß ich,

arbeiten tagtäglich fleißig.Fehlt dann im Konsum mal das Spee -

Kann das mal rein ins Cabaret.

Dreimal schon hat man es vernommen,daß eine Robbe in der Elbe angekommen

Warum schwimmt so'n Biest nie in die Spree -

Das ist Stoff fürs Cabaret

Die Feste feiern, wie sie fallen.

Gefällt doch jedem von uns allen.

Fällt das Gebiß dir raus im Tee -

Das bringt Feez ins Cabaret.

C Wer soll das gewesen sein? Ein hoher Funktionär einer mitt

leren Ebene?

B: Das war höchstens ein mittelmäßiger Funktionär mit einer

ganz unteren Ebene.A: zu D) Solche wie dich hätte der Gorbatschow längst abge

setzt.D: Du willst mich absetzen? Du kannst ja nicht mal richtig

Russisch.

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Vorwärts immer rückwärts nimmer

A: Dafür reichen mir zwei Worte: Glasnost und Perestroika.

E: Und was heißt das?

A: Absetzen, absägen, heidewitzka weg der Sessel.

E: So einfach?

A: Einfach so. Ritsch, ratsch - weg isser

E: Sokann nur einer reden, der sich

imRussischen nicht auskennt. Glasnost heißt nämlich so viel wie Durchsichtigkeit.

Und Perestroika Veränderung.

B: Erst mußte durchsehen, dann kannste verändern.

E: Genau.

A: Und wer nichts verändert, wird abgesägt.

E: Da fang doch gleich mit dem Kabarett an. Säg's ab Was ver

ändert denn das Kabarett?D: Die Programmtitel.

._ , . .- -  - -   ~____ 

C Nö, das kannste aber nun nicht sagen. Gucke mal, wie haben

wir vor zwanzig Jahren kritisiert, daß uns Klopapier fehlt.

Und heute gibt's Klopapier in Hülle und Fülle.

E: Willst du damit sagen, daß wir die Probleme von heute in

20 Jahren gelöst haben?D: Wenn ich das noch erleben könnte.

C So genau möchte ich mich da nicht festlegen. Es können

auch 21 Jahre werden.

B: Manches ging aber auch schneller. Vor 15 Jahren haben wir

darüber geredet, daß man auf den Trabbi 8 Jahre warten

muß. Und schon nach 8 Jahren ...

E: ... konnten wir darüber reden, daß man auf den Trabbi bald

15 Jahre warten muß.

7

„ : : :.

.. ' .„ „„.. .  -.„ .•. • i : ~--  . . - -

--

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8

Anfrage an denSender J rewan:Ist es üblich

1rn

land mit Devisen  >

zu bezahlen?Antwort: Im Prinzip nein. Nur wennSie besondereWünsche haben.

Vorwärts immer rückwärts nim mer

B: Oh, das war wohl jetzt ein blödes Beispiel, was?

E: Blöde ist daran nur, daß die Leute vor 15 Jahren genauso

darüber gelacht haben wie heute. Sie lachen, gehen nach

Hause, und was wird verändert ...?

C Solange unsere Bürger noch lachen, wenn sie auf den Trab-

bi warten, ist doch alles in Ordnung.D: Eine gute Stimmung in der Schlange verkürzt die Wartezeit.

C Wenn sie dran sind, wird ihnen der Spaß schon vergehen.

D: Bis sie den Kaufpreis verdaut haben, ist die erste Repara-

tur fällig.

A: Alle absetzen

E: Nee, alle müssen was tun

B: Aber was tun?

D: Wir sollten eine Losung ausdenken.

E: Ich sagte: Was tunD: Das haben wir aber 38 Jahre lang getan.

C Jetzt tun wir das aber nicht mehr ... So oft.

D: Schade, mit 'ner Losung konnte man aber immer so schön

tun, als würde man was tun.

E: Und was hat sich getan?B: Meistens nichts.A: Meine Rede: Hier hilft nur noch Russisch sprechen.B: Und wer das nicht versteht?

A: AbsetzenB: Da würde ich aber an deiner Stelle ganz schnell anfangen,

Russisch zu lernen. Von wegen: Lampa kaputt Birne weich.

E: Bevor wir bei uns Russisch sprechen, sollten wir mit man

chem erst mal richtig Deutsch reden.

oti

Kunz ging nachts auf den Balkon

llnd schmiß sein altes Chaiselongue

kurzerhand aufs Rosenbeet,

was andern auf die Nerven geht.

Ein Polizist hat ihn verhört,

Kunz hat zu seinem Tun erklärt,

daß es im Sinn der Losung sei:

»Alles heraus zum 1. Mai «

. ochen etersdoif•

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Vorwärts immer rückwärts nimmer

Matthias Biskupek

'e ar H

' 't ~ O t W O I S ~ HGunntach. Gunntach. Sie mal wieder zu sehen? Wie geht s denn

so in unsern Tagen? Danke der Nachfrage. Bitte ...? Nein. Ichhab nur ganz schnell was zu erledigen. Auf dem schnellen

Sprung. Man steckt ja ständig in den Sielen. Ich kann michschließlich nicht den ganzen Tag von Einkauf zu Einkauf han-

gelnwie gewisse Kolleginnen. Man will

ja nichts andeuten. Was sich manche

so rausnehmen. Das ist bei mir nicht

drin. Wenn man nicht so verschwiegenwäre, könnte man Sachen erzählen.

Manche spielt die dicke Frieda und den

großen Friedrich noch dazu. Aber so

leicht laß ich mir nicht die Wurst von

der Speckseite ... gucken Sie mal nicht

so darüber.

Nein, dorthin. Hm. Das ist der Klimpke,

ja, der mit der Wattejacke. Nicht, daß

der noch Gunntach sagt. Solche Leute

seh ich ja überhaupt nicht. So was igno

riert man. Gucken Sie jetzt bloß nicht

hin. Klimpke bringt s fertig und grüßt

mich. Obwohl ich den nicht zu sehen ge-

denke. Eigentlich auch überhaupt nicht

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-..... 1

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kennen muß. Bloß Nachbarabteilung. __

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''

W i s s e n S i e ~ s d e r h ~ ? D e r h ~ m i c h ~   ~ ~ganz frech gefragt, wieso ich denn immer krank wäre, wenn bei

uns im Büro Klüngels angeliefert werden. Sie kennen doch die

Dinger? Aus dem Fotolabor? Kommt man ja nie auf seine ge-

setzliche Kaffeepause, wenn man das alles einsortieren muß.

Also erstens, sag ich, geht das Sie überhaupt nichts an, weil

Sie Nachbarabteilung sind. Oder sind Sie sitzengeblieben? Sag

ich so, mit Ironie, nicht wahr? Zweitens werde ich gegen Ver-

leumdungen einschreiten. Einzuschreiten wissen, sag ich. Drit-

tens kann ich krank sein, wie ich und mein Krankenschein

wollen. So ganz geistesgegenwärtig sag ich das noch und dann:

Gunntach, Herr Klimpke Das war das letzte Gunntach, was der

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2 Vorwärts immer rückwärts nimmer

von mir gehört hat. Na hören Sie mal, wenn einem einer sol-

che Dinge direkt ins Gesicht sagt, ohne schamrot und so. Ich

bin ja für Offenheit. Gibt ja hin und wieder Unregelmäßigkei

ten bei gewissen Kolleginnen, die ich in vertraulichen Momen-

ten mal dem Kollegen Abteilungsleiter mitteile. Mitteilen muß.

Schließlich müssen wir alle mitziehen,

~ u f g a n g urfur Herrschaften

und es ist nicht Sache gewisser ein-

zelner, Ordnung ins große Ganze zu

bringen. Aber da ist man doch in

menschlicher Hinsicht von einer inter

nen Höflichkeit. Solche direkten und

öffentlichen Unverschämtheiten sind

- ja - einfach ungezogen.

Diese .finstere Zeit liegtnun hinter uns

Jedenfalls können Leute wie diese

Klimpkes lange auf ein Gunntach vonmir warten. Das gibt ja noch weit

Schlimmeres. Neulich zum Beispiel,

also das muß ich Ihnen erzählen, da

waren zwei Gebäudefritzen bei mir.

Wissen Sie was? Nein das ahnen Sie

nicht Die hatten irgendwas am Dach

zu reparieren, hämmern schon den

ganzen Tag rum. Man hat ja keine

Ruhe. Wissen Sie, was das an Nerven

material kostet? Und ich bin doch

krank geschrieben. Jedenfalls wollten

die plötzlich bei mir durch die gu-

te Wohnstube aus dem Fenster. Mit

irgendwelchen Geräten. Wegen Fest

machen. Sagen die. So sperrige Gerä-

te. Die zerschlagen doch womöglich

noch was

Würden Sie wildfremde Handwerker

einfach durch Ihre Stube lassen, bloß weil die irgendwelcheDachschäden bekämpfen? Na sagen Sie mal, so was. Ich

hatte grade geglänzt. So geht's ja nun nicht, sag ich. Ist staat

lich, sag ich, und da kümmern sich gesetzmäßig staatliche

Stellen drum.

Für mein Wohnzimmer nämlich, da bezahl ich noch immer

pünktlich die Miete. Und mein Mann Sie wissen ja, der hat eine

dienstliche Vertrauensstellung, was ich ja gar nicht so öffent

lich ... Wenn da nun Unterlagen bei uns wären? Man kann doch

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Vorwärts immer rückwärts nimmer

nicht jeden über seine Schwelle lassen? So geht's j nun nicht,

jedenfalls hab ich mich strikt geweigert, gesagt, ich stehe da

auf dem Boden des stabilen Mieterschutzgesetzes. Da konntendie bloß dumm gucken. Dumm gucken und Achselzucken. Weil

im Auftrag nichts schriftlich ausdrücklich vorgegeben war von

unserem Wohnzimmer. Und weil wir bei uns eine erkämpfteGerechtigkeit haben.

Und nun hören Sie zu: Da sagt doch vorgestern einer von den

unverschämten Gebäudefritzen, ich hatte die längst vergessen,wie ich ihn grad auf der Straße - also gar nicht sehen will, also

da sagt der: Gunntach, Frau Hümpe. Ich sag dazu aber klipp

und klar gar nichts. Denk j nicht dran, solche unverschämtenLeute zu kennen.

Jedenfalls ruft der mjr noch nach. Ich meine ich laß mir doch

nichts nachrufen. Der ruft also: Ihre Nachbarin, Frau Hümpe

die hatte neulich aber nicht solche Probleme wie Sie. Die haben

keine schriftlichen Unterlagen für einen Wohnungsdurchgang

verlangt ... Na da weiß ich doch wieder alles.

Leute vom Schlage dieser Nachbarn, die lassen sich mit Kum-

pelhaftigkeit durchs Leben treiben. Diese sogenannten Mitmie-

ter. Na die grüße ich j schon lange nicht mehr. Bitte ...? Nein.

Das sind jetzt neue. Die von früher waren j Gold ... Bitte? Na-

türlich, die haben j nie gelüftet und die Treppe sah auch immer

aus ... Nun ja. Man setzt unsereinem j immer schlimmere

Leute vor die Nase.Jedenfalls, diese neuen, diese Fälle von angeblichen Mitbür-

gern kriegen von mir kein Gunntach zu hören. Der Mann legt'sj noch immer drauf an und grüßt, so frech und direkt, wenn

er mich sieht. Ich überhör das aber ganz deutlich. Ich schaue

über so was einfach weg.

Einfach weg. Die sind für mich nicht da. Stück - j - Schmutz,

sozusagen. Würden Sie zu Schmutz Gunntach sagen? Wissen

Sie nämlich, was deren Tochter zu unserm Sohn sagte? Nein

das ahnen Sie nicht Du bist ein dämliches Kamel. Wörtlich.Sagte deren Tochter. Zu unserm Sohn. Dämliches Kamel. Di-

rekt ins Gesicht. Unser Junge ist j etwas sensibel. Der nimmt

so was immer ziemlich schwer. Das quält ihn, das weiß ich.

Dämliches Kamel. Ich werd da gar nicht fertig damit.

Das mindeste wäre j nun, daß die Eltern sich bei uns dafür

entschuldigen, wenn sie schon ein asoziales Tochterstück auf-

gezogen haben. Ich sag noch ganz freundlich zu der Mutter, daß

man das j wohl.verlangen könnte, eine Entschuldigung.

Der kürzeste Witz:

Dr. Honecker.

Noch ein kurzerWitz: Ein Ministerfährt Straßenbahn.

21

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22 Vorwärts immer rückwärts nimmer

Damals haben wir j noch gegrüßt, mein Mann die Frau sogar

immer zuerst. rr haben gewußt, daß das kein Umgang für unsist. Aber wir haben gegrüßt. Schließlich weiß man, was sichgehört. Jedenfalls sagt diese Mutter, als ich meine Anschuldi-

gung deutlich mache und ganz freundlich eine Entschuldigung

fordere, sagt doch diese sogenannte Mutter, das seien Kinde-reien. Wissen Sie, wie alt unser Sohn ist? Dreizehn. Mit drei-

zehn Jahren steht man in unserer Republik direkt vor derJugendweihe und ist ein anerkannter Teil der Gesellschaft.Trägt Verantwortung. Das läßt sich nicht einfach als Kinderei

abtun. Das ist noch verletzender als dämliches Kamel.

Mein Sohn, sag ich, mein Sohn ist keine Kinderei, aber IhreTochter ist offensichtlich kein sehr wertvolles Mitglied unse-

rer Gesellschaft. Man hat j wohl gehört, sag ich, daß sie einenEintrag unter anderem wegen gewisser Dinge erhalten hat. Ichmeine, ich weiß Bescheid, aber so was juckt solche Leute j

nicht, daß man Bescheid weiß. Ich sag also noch: Nun, wenndieses Dämchen schon nicht weiß, was sich gehört, dann müß-

ten Sie das wenigstens wissen. Aber der Apfel und der Stamm,man hat diese Leninsche Erkenntnis j wohl schon gehört. Ichwar ganz ruhig, hab wörtlich: Nicht sehr wertvolles Mitglied un-

serer Gesellschaft gesagt. Denn man hat j Niveau. Ich laß

mich doch nicht auf diese unterste Ebene hinab. Solche Men-

schen werden von mir mit Verachtung gestraft. Ich bin froh,

wenn ich die nicht sehe. Die sind es nicht wert, sagt immermein Mann. Roselore, sagt mein Mann : die sind's nicht wert.Einfach unwert. Reg dich nicht auf, sagt mein Mann. Mit die-

sen Leuten, die Ausdrücke durch ihre Sprößlinge gebrauchen

lassen, wahrscheinlich von langer Hand vorbereitet, man wirddas herauszufinden wissen, mit diesen sogenannten Menschen,

deren gesellschaftliches Ansehen völlig fehl am Platz ist, reden

wir einfach nicht.So sagt das mein Mann. Und ich sag Gunntach doch nur zu den

Leuten, denen ich einen guten Tag wünsche. Man ist j keinHeuchler. Wissen Sie, was ich denen wünsche? Na, ich bin viel

zu gut erzogen, das zu sagen, aber die sollte man ... also wirk·lieh, ich finde, Anstand und Höflichkeit gehören zum Menschen,

aber nicht zu diesen. Die mit ihrer sogenannten Direktheit undvorgegebenen Offenheit ... Bitte? Sie müssen weg? Hallo ...

also so was. Unsereins hat wirklich keine Zeit Aber wenigstensAuf Wiedersehen kann man j wohl sagen Impertinenz

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  4 Alles zum Wohle des Volkes

rnst Röhl

»Es ist unakzeptabel « hob Herr Lawatschek hervor. Er pack

te die Kuchengabel und versetzte der Zitronenkremschnitte aufseinem Teller den Todesstoß. »Un-ak-zep-ta-bel « wiederholte

er mit vollem Mund.

Die rundliche Frau Lawatschek sah das ebenso: »Die eigene

Frau als dick zu bezeichnen, nur weil sie nicht dünn ist - wer

u denn so was? «

Dies war nur eine rhetorische Frage.

Frau Lawatschek kannte einen solchen Menschen. Sie kannte

ihn sehr gut und schon lange. Einst hatte sie ihn gar, im Sinn

des Wortes, an ihrem Busen genährt.

»So ist er nun mal«, seufzte die Schwiegertochter, »für ihn ist we

niger ebend mehr.« Mit bebender Hand führte sie die Tasse zum

Gerichtliche Schritte kündigte er an und

vergaß nicht zu erwähnen daß er im Dienst

Wand an Wand sitze mit dem Justitiar.

Munde; als sie sie zurückstellte, kljrrte leise

die Untertasse.

Frau Lawatschek hatte ihre Schwiegertoch

ter, genauer gesagt, ihre ehemalige Schwie-

gertochter gleich für das erste Wochenende

nach der Scheidung zum Kaffee eingeladen. Das glaubte sie ihr

schuldig zu sein. Den Tisch hatte sie mit ihrem Paradegeschirr

gedeckt: Zwiebelmuster, ein Weihnachtsgeschenk, von HerrnLawatschek bezahlt, eine Augenweide, die Tassen so wertvoll,

daß die wirtschaftliche Frau Lawatschek aus Gründen der

Schonung, wie sie scherzhaft einflocht, am liebsten nichts

anderes als Schonkaffee eingeschenkt hätte. Beim Abräumen

unterlief der Schwiegertochter dann dieses Mißgeschick. Das

Kännchen mit der Kaffeesahne entglitt ihren Händen und zer

schellte auf dem Küchenfußboden. Entsetzt starrte sie auf das

Häufchen Scherben in Sahne und ließ den Tränen freien Lauf.

»Aber, aber, aber«, murmelte Frau Lawatschek und schloß siemütterlich in die Arme. »Es ist doch gar nichts passiert, nichtdas geringste.« ·

Diese trostreichen Worte erwiesen sich schon bald als Fehl

urteil, und zwar im KERAMIK-SALON, wo Frau Lawatschek

nach einem einzelnen Sahnekännchen fragte.

»Gießer leider nicht vorrätig«, sagte die Verkäuferin, »Ersatz

teile Zwiebelmuster überhaupt nicht.« Dazu lächelte sie me

lancholisch. Von Auskünften dieserArt ließ sich die lebensklu

ge Frau Lawatschek nicht entmutigen, grundsätzlich nicht. Der

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  lles zum Wohle des Volkes

Gießer sagte sie, um das Herz der Verkäuferin zu erweichen,

wäre ihr j nie und nimmer zu Bruch gegangen, wenn nicht ihre

Schwiegertochter Ilona ...

»Das gehört absolut nicht hierher.« Herr Lawatschek schnitt ihrdas Wort ab. Er hielt es für unwürdig, sich bei Verkaufskräf

ten anzubiedern, für unnötig übrigens auch, schließlich warendie Fragen des Handels ebenso wie die der Versorgung gesetzlich geregelt, umfassend und zielzentriert, also optimal.

Herr Lawatschek, um das kurz zu erwähnen, zeichnet sich aus

durch einen unerschütterlichen

Glauben an Vorschrift, Verfü

gung und Verordnung. Dies be

trifft sogar sein grenzenloses

Vertrauen zu Recht und Gesetz

im Straßenverkehr. Im Unterschied zu anderen Verkehrsteil

nehmern verkehrt er mit sei

nem edelgrauen Trabant-Kombi

stets haargenau so, wie es die

StVO befiehlt und wird folglich

immer wieder in Karambolagen

verwickelt.Der Handel jedenfalls, legte

Herr Lawatschek dar, habe

dem Kunden jederzeit Einzelteile zum Nachkauf bereitzu

stellen, da sei er juristisch in

die Pflicht genommen. Der Ver

käuferin sagte er damit nichts

-

Neues. Dennoch mußte sie bedauerlicherweise bedauern; das Bitte schneidern Sie

5

einzige was sie in seinem Fall bereitstellen könne, sei die An- mir eine solche Bluse < 

schrift des Herstellerbetriebs, mehr leider nicht.

Das hob Herr Lawatschek hervor, sei immerhin etwas.

Selbst diesen bescheidenen Optimismus wollte sie nicht tei

len; bei der ganzen Schreiberei käme am Ende j doch nichts

weiter heraus als der bekannte vorgedruckte Brief mit dem

vorgedruckten todsicheren Tip: Bitte, wenden Sie sich mit

Ihrem Problem an den Einzelhandel

Eine seltsame Fachverkäuferin Offenbar sah sie ihre vornehm

ste Aufgabe darin, die Kundschaft zu verunsichern. Was war

nur mit unserem Handel los? Das fragte er sich schon, seit vor

Jahresfrist am Fischladen in der Petra-Kuschlig-Allee die blaue

Neonzeile ALLES VOM FISCH ausgetauscht worden war gegen

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Alles zum Wohle des olkes

Frau Lawatschek hatte j gar nichts gegen das große Ganze,

im vorliegenden Fall aber lag ihr vor allem an der Lieferungeines Sahnegießers für ihr Zwiebelmusterkaffeeservice. Und

in keinem seiner vier Briefe hatte ihrer Meinung nach Autor La-

watschek den rechten Ton getroffen, den Ton, der zum Erfolg

führte. Diese Meinung allerdings hütete sie wie ein Geheimnis.0 ja, sie wußte genau, was richtig und falsch war in Ehe und

Partnerschaft. Erst kürzlich hatte der Ratgeberteil einer Frau-enzeitung sie wieder bestärkt in ihren Auffassungen: »Spre-

chen Sie niemals abfällig oder kritisch überdas Wirken Ihres Partners. Finden Sie her-

aus, wozu er fähig ist und was er nicht be-

wältigen kann.«

Frau Lawatschek zerriß, bevor sie selbst

entschlossen zur Feder griff, den Brief intausend Schnipsel, die sie den Strom-schnellen des Wasserklosetts anvertraute.Bereits am Sonnabendmorgen war der Ant-

wortbrief da. Herr Lawatschek las ihn noch

vor dem Frühstück, und Frau Lawatscheklas mit, über seine Schulter hinweg. Es warein rätselhafter, merkwürdigerweise anseine Frau adressierter Brief:

»Liebe Frau Lawatschek Vielen Dank für

Ihr Schreiben vom 25.1. Sie ahnen j nicht,wie gut ich Sie verstehe. Meine TochterClarissa ist nämlich genauso fertig wie Ihre

arme Schwiegertochter, nur daß auch nochKinder da sind, so daß sie wohl ebenfallsbald ihre Zuckerdose mit Zwiebelmuster-dessin fallen lassen wird. Wie die Bilder

sich doch gleichen: Meine Clarissa hat nämlich auch Linienpro-

bleme, und mein sauberer Herr Schwiegersohn belegt sie zu

den Mahlzeiten auch andauernd mit Injurien, sie solle die Vor-

speise weglassen und statt des Hauptgerichts kein Dessertnehmen ...« und so weiter bis zur Unterschrift Müllner, Abt.

Kundendienst.

»Was bedeutet das?« Lawatscheks Gesicht verfinsterte sich.»Ich will j gar nicht behaupten, daß wir schon durch sind«,

sagte, vom Erfolg verklärt, Frau Lawatschek. »Aber wir sindeinen Schritt weiter « Und sie piekte mit dem Zeigefinger aufdas P.S.: »Bitte wenden Sie sich mit Ihrem Problem Salzstreu-

er/Zwiebelmuster an den Einzelhandel.«

27

Natürlich kann ich die-

Bommeln abschneiden

Aber dann entsprechendie Leuchten nicht mehr

der gebrauchswerterhöh-

ten Preisgestaltung des

Herstellers

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28 l les zum Wohle des Volkes

Manfred Strahl

r total a

Unser letzter Umzug ging erstaunlich reibungslos vonstatten.

Wir hatten weder Verletzte noch größere Möbelschäden zu be-klagen. Alles lief wie am Schnürchen. Die Möbelträger zogen

das Frühstück, das ihnen meine Frau von zarter Hand bereitethatte, nicht unnötig in die Länge. Bereits nach zweieinhalb

Stunden rüsteten die ersten zum Aufbruch. Als ich ihnen das

'llinkgeld aushändigen wollte, hinderte mich meine Frau daran.

»Erst müssen noch die Blumenkästen auf den Balkon geschafft

werden« forderte sie energisch.

Zwanzig Minuten später, die Möbelträger waren längst abge-

rückt, klingelte es bei uns. Ich öffnete. Vor mir stand freudestrahlend eine Bürgerin in höherem Lebensalter. Sie drückte

mir einen frischen Blumenstrauß sowieUnwissenheit schützt vor Auszeichnung nicht. eine Urkunde in die Hand und beglück-

wünschte mich im Namen des WBA zum

dritten Platz im Balkon-Wettbewerb des Wohngebiets.

Da ich soeben erst eingezogen sei, könne es sich nur um eine

Verwechslung handeln, beteuerte ich. Aber die alte Dame ließ

nicht locker. »Ihre herrlichen Geranien sieht man sogar von

der Straße aus«

behauptete sie. Widerstand schien zwecklos.Meiner Frau zuliebe, die in der Tat prächtige Hängegeranien

aufgezogen hatte, nahm ich die Auszeichnung entgegen. Unwis-

senheit schützt halt vor Auszeichnung nicht

Wer wie wir dem Wettbewerbsgedanken aufgeschlossen ge-

genübersteht, kann sich vorstellen, was nach dieser unerwar

teten Würdigung in uns vorging. Wir brannten förmlich vor

Ehrgeiz. Wenn wir in aller Unschuld den dritten Platz belegt

hatten, sagten wir uns, müßte es doch bei bewußter Teilnah-

me am Balkonwettbewerb auch möglich sein, auf den zweiten

oder sogar auf den ersten Rang vorzustoßen. Womöglich wink-

te dem Sieger eine Kuba-Reise. Unsere ganze Liebe galt fort-

an dem Balkon, der bald einem Blumenmeer glich. Selbst in der

kalten Jahreszeit, als die Balkone der Nachbarn zusehends

verödeten, stand unser Balkon in voller Blüte. Rosen, Tulpen,

Gerbera, Astern und Studentenblumen, um nur die wichtigsten

Gewächse zu nennen, gediehen trotz teilweise klirrenden Fro-stes prächtig auf unserem Balkon.

Als die verdiente Anerkennung dafür ausblieb, glaubten wir der

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Alles zum Wohle des Volkes

WBA habe uns die kleine Schummelei mit den Sebnitzer Kunst

blumen vielleicht übelgenommen. Trotzdem gaben wir nicht

auf. Unverdrossen kämpften wir weiter um den schönsten Bal-

kon. rr pflanzten echte Schneeglöckchen und Krokusse in

Massen an doch nichts geschah. Nicht einmal auf der Lokal

seite berichtete die Presse über unsere lobenswerten Aktivitäten. Entweder - so mutmaßten wir - hatte sich der WBA die

großartige Idee mit dem Balkonwettbewerb von einigen Ewig-

gestrigen ausreden lassen oder der Balkonwettbewerb war

wie zuvor manch anderer Wettbewerb einfach eingeschlafen.

Eines schönen Tages ich ging gerade mit meinem Hund

Gassi entdeckte ich jedoch ein echtes Lebenszeichen unseres

geliebten Balkonwettbewerbs. Das heißt eigentlich entdeckte

es Roy mein vierbeiniger

Freund. Ein echter Spür

hund. Er hob sein Bein

an einem glasverkleideten

Schaukasten der mir bis

dahin nie aufgefallen war

aber offenbar schon eine

ganze Weile in unserer

Straße stand. Das Papier

darin war ziemlich vergilbt

die Schrift jedoch noch gut

zu lesen. Der Schaukastenenthielt die öff entliehe

Auswertung unseres Balkonwettbewerbs. Etwa 60 Leute

waren aus dem Wettbewerb als Sieger hervorgegangen. Wir

befanden uns wie ich verbittert feststellte leider nicht darun

ter. Hauptsache der Balkonwettbewerb lebt tröstete ich mich.

Und nicht nur der Balkonwettbewerb lebte. Beim näheren Hin-

sehen entdeckte ich daß der WBA noch eine Reihe weiterer

Wettbewerbe öffentlich ausgewertet hatte. Die Schautafeln ent

hielten die Namen der Sieger in den Wettbewerben »SchönsterHof«  »Schönste Haustür« und »Schönster Vorgarten«.

In diesen Disziplinen waren allerdings nicht mehr als jeweils

zwanzig Sieger aufgeführt. Sicherheitshalber las ich mir auch

diese Listen aufmerksam durch. Es hätte j sein können daß

ich zufällig mal beim Hoffegen beim Haustürstreichen oder

beim Gartenumgraben beobachtet worden war.

Mein Verdacht d ß der Schaukasten nicht den aktuellsten

Stand des Wettbewerbs im Wohngebiet widerspiegelte bestand

-   9

))Mein Vater hatte es

schwer Der mußte noch

ins Uhrwerk gucken

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Warum zahlen dieFDGB-Mitgliederihre Beiträgepünktlich?Damit sie immereiner vollen Tischhaben.

Alles zum Wohle des Volkes

zu Recht. Ohne Bürocomputer, gestand mir der WBA-Vorsitzen

de unter vier Augen sei eine schnelle Auswertung der vielge

staltigen Wettbewerbsaktivitäten heutzutage gar nicht mehr

möglich. Aber selbst dann, wenn der WBA über einen eigenen

Computer verfügte, gab er seufzend zu sei an eine Aktualisie

rung der Schautafeln vorläufig nicht zu denken. Das Durchschnittsalter der für die Auswertung des Wettbewerbs zustän

digen Mitglieder des WBA erfuhr ich lag bei 76 Jahren. Doch

obwohl sich die ehrwürdigen Damen und Herren bester Ge

sundheit erfreuten, weigerten sie sich eigenartigerweise strikt,

einen Computerlehrgang zu absolvieren.

Ich horchte auf. Das traf sich ausgezeichnet. Denn bei uns im

Betrieb war die Lage genau umgekehrt. rr besaßen Bürocom·

puter und verfügten auch über qualifiziertes Bedienungsperso

nal. In Ermangelung entsprechender Software ließ aber die Auslastung der Computer zu wünschen übrig. Hätten die Kollegen

nicht von selbst herausgefunden, daß man mit den Computern

wunderbar Schach, Mieze und Anakonda sowie Schiffeversen

ken spielen kann, ständen sie noch völlig ungenutzt herum.

Was lag näher, als die brachliegende Rechnerkapazität für die

Auswertung der laufenden WBA-Wettbewerbe zu nutzen.

Unsere betagten Partner staunten nicht schlecht, als sie sich

am Bildschirm persönlich von der Schnelligkeit überzeugen

konnten, mit der unser Computer die eingegebenen Daten ver

arbeitete. Die Andeutung, daß der Computer mühelos in der

Lage sei, alle halbe Stunde den neuesten Stand in den einzel

nen Wettbewerben zu errechnen, riß sie hin. Unter diesenUmständen, schlug der WBA-Vorsitzende vor könne der Wett

bewerb noch umfassender geführt werden. Sobald entsprechen

de Kontrollergebnisse vorlägen, sollte der Computer auch die

Sieger und Plazierten in den Wettbewerben »Schönste Türklin

ke«, »Schönstes Treppengeländer«und »Schönster Briefkasten«

ermitteln. Aber nur die ersten achtzig Plätze in jeder Disziplin .

Damit keiner die Ubersicht verlor.

Obwohl der Computer tatsächlich so zügig wie angekündigt

arbeitete, gab es ein neues Problem. Leider besaßen wir nicht

ausreichend Papier für den Drucker, so daß den Leuten vom

WBA nichts anderes übrigblieb, als die Ergebnisse per Hand

vom Bildschirm abzuschreiben.

Der WBA-Vorsitzende tröstete uns. »Spätestens im dritten

Quartal haben die Kollegen die Ergebnisse des ersten Quartals

zu Papier gebracht«, sagte er stolz. »So schnell haben sie das

noch nie geschafft «

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Ein Westdeutscher zu Besuch in der DDR wundert

sich über eine lange Menschenschlange vorm

Fleischerladen. »Nun ja« erklärt ihm eine alte Dame

»kein Paradies ohne Schlange.«

)

0

.Herrenkunstlederjacb atmungsakliw - wie es so heißt •

Hast du schon gehört Erich Honecker

fährt mit dem Traktor durch Berlin.

warum denn das?Er sucht seine Anhänger.

.Bauteilefür Bäckerin Pankow

Katja Ebste\n in Berlin. Drei Abende ga-

stierte sie im Weltstadtvariete in derFriedrichstraße. Drei Abende ausverkauf-tes Haus. Drei Abende Riesenbeifall. Eine

Gratulation an eine 100jährige.

-

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„„--;

.Kleine Möngef reparieren wir hie ,g ~ o e n Anzahl ist es ollerdin . r ' unserer Hauswerkstatt. Bei debißchen durcheinande.r ist.• gs kein Wunder, wenn der Mechaniker m a l ~

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Wzr haben uns hoheaßstäbe g s tzt ...

- Alles zum Wohle des Volkes

ochen Petersdorf

Aus dem Leben eines vorbildlichen Radiohörers

Karl Wollbauer war am Abend spät zu Bett gegangen. Er hatte

sich im Radio das Mitternachtskonzert der Vereinigten Men

gersgereuth-Hämmerner Teufelsgeigenorchester angehört

und anschließend sofort zur Postkarte gegriffen um der Auf

forderung des Programmsprechers nachzukommen folgende

Quizfrage zu beantworten: »Ist die Teufelsgeige ein Streich-

Zupf- oder Rupfinstrument?«

Für die richtige Antwort winkten wertvol

le Preise unter anderem eine Rolle Draht

zum selbständigen Anfertigen einer original

Teufelsgeige.

Wollbauer hatte sich für Rupfinstrument

entschieden seine Lösung in launige Verse

gekleidet und die Karte noch in derselben

Nacht zum Briefkasten getragen. Erschöpftwar er dann zu Bett gegangen hatte vor

sichtshalber das Radio laufen lassen aberschlief so fest daß er den Beitrag von Prof.

Schlummer-Rolle verpaßte der um 1.30Uhr die Hörer aufforderte doch mal zu

schreiben ob der Schlaf vor Mitternacht

wirklich der gesündeste sei.

Zum Glück wurde er munter als der kregle

Moderator der beliebten Frühsendung »Auf

gewacht und mitgedacht« um 6.10 krähte:

»In wenigen Sekunden liebe Hörer, ist es

genau 6.09 Uhr. Wenn Ihnen diese Uhrzeit

gefällt dann schreiben Sie uns doch mal «Logisch daß Wollbauer sofort zu Kugelschreiber und Postkar

te griff, die Zeitdurchsage im Prinzip begrüßte aufs Frühstück

verzichtend in seinen Trabant kroch und zum Hauptbahnhof

fuhr, um seine Karte dem Richtungsbriefkasten und somit dem

Weg des geringsten Postwiderstands anzuvertrauen.

Vor dem Hauptbahnhof begegnete Wollbauer dem braven Schü

ler Ottokar der sich auf dem Weg zum UTP mittels Kofferheu

le den Pionierweckruf anhörte der mit der Frage an die Hörer

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  lleszum Wohle des Volkes

• • • aufdie wir uns bei

unserer rbeit stützen

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... · •· '·%' 1'.:

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Ein Mann ·stellt • ··· ··.

. · ~ e n ~ s r e i s e a n , ·- . . . . - . . ·

 ·. t r a g . . A u f dem. Ktnt; · ·

· a rri an ilin: · · ·.   a m m w : o l l e Sie •· ·

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Alles zum Wohle des Volkes

Hansgeorg Stengel

t O SI

Der Orang-Utan ist ein Menschenaffe.

Drei Exemplare leben in Berlin.Erkennungszeichen: mustergültig straffe

uneingeschränkte Tierpark-Disziplin.

Im Menschenaffen-Standesamtregister

steht eingetragen: Ulla, Jussup, Franz.

O

Die drei sind nicht verschwägert noch Geschwister

und dennoch ein Terzett der Konkordanz

Sie gehen wie wir Menschen: kerzengradeund gelten da und dort als Produzent

erfrischend köstlicher Orangeade,

doch haben sie zu so was kein Talent

Wir wissen nicht gar viel von diesen Tieren.

Wir spüren nur: Sie sind zutiefst human.

Sie stammen aus f emöstlichen Revieren,

mitnichten aber aus Afghanistan

Aus ihren Augen blitzt nicht wilde Tücke

Sie sehen weise aus und fotogen,

als schlügen sie zoologisch eine Brücke

zu den Geschöpfen, die vorm Käfig stehn.

Ein Affe ist nicht ganz wie unsereiner.

Er meldet sich nicht unentwegt zu Wort,

trinkt weder Pilsner Urquell noch Kathreiner

und treibt tagtäglich vierzehn Stunden Sport.

Man sollte sich als Mensch nicht überheben.

Auch Orang-Utans haben Lebensart.

Zwar: Feinschliff ist den Affen nicht gegeben,

doch ihr Gemüt ist mild und butterzart.

Es ist nicht nett, die Affen zu verdießen.

Sie gehn auf grobe Späße ungern ein.

Drum laßt mich mit dem Afforismus schließen:

Wer Affen will, muß fröhlich sein.

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  lles zum Wohle des Volkes

rnst Röhl

Wlt

Vor Jahren sprach mein Arbeitskollege Rohlinger auf Versamm

lungen und Beratungen aller rt gern zu Fragen der sozialistischen Lebensweise. Mit einem Seitenblick auf meine Person,

doch ohne meinen Namen zu erwähnen, brandmarkte er den Be

sitz von Wochenendhäuschen leidenschaftlich als Datschismus,

geißelte er den Erwerb von Grundstücken als kleinbürgerliche

Zersiedel ungsgier.

Tatsächlich hatte ich von meinem Großvater eine hölzerne

Laube mit Garten geerbt. _Anfangs hatte ich versucht, ein paar

Beete mit Radieschen, Teerosen und Sup-

penkraut anzulegen, aber die Wühlmausdurchkreuzte meine Pläne. »Wenn die

Wühlmaus« las ich in Brehms Tierleben,»sich einmal eingenistet hat, geht sie frei

willig nicht eher weg bis sie alles Genießbare aufgefressen hat.«Ich fügte mich ins

Unvermeidliche stellte den Gartenbau be

reitwillig ein und legte mich in die Sonne.

Denn Nichtstun ist immer noch besser, als

mit großer Mühe nichts schaffen.Rohlinger stieg vom Sachbearbeiter zum

Abteilungsleiter auf und sprach auf Ver

sammlungen nunmehr wesentlich selte

ner zu Fragen der sozialistischen Lebens

weise, stattdessen begann er auffällig oft

von den Schönheiten unserer Heimat zu

schwärmen, von Mutter Grün vom Busen

.„ -• •

der Natur von einem stillen Plätzchen, wo es sich in Ruhe

nachdenken ließe über sozialistisches Arbeiten, Lernen, Leben.

Als er Hauptabteilungsleiter wurde, kaufte er mir mein Häus

chen samt Garten ab. Die Laube gefiel ihm ganz gut, den Gar

ten dagegen fand er reichlich verwildert, unkultiviert. »Ein

schönes Fleckchen Erde« sagte er ironisch, »allerdings ein

Schandfleckchen «

Er griff sofort zu xt und Spaten, streckte ein paar alte, mor

sche Pflaumenbäume nieder, buddelte im Schweiße seines An

gesichts den ganzen Garten um und säte Rasen an, Zierrasen

Sorte 1. Nach einem ergiebigen Landregen drängten unaufhalt

sam zarte Grashälmchen ans Licht. Ein irrer Hauch von fri-

  5

.1 '

Wzr orientieren ersteinmal darauf daß alles

in bester Ordnung ist.  

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  6 l les zum Wohle des Volkes

schem Grün Wem der Rasen aufläuft, dem geht das Herzeüber. Angefeuert von den Ratschlägen seiner Frau, steckteer Tulpenzwiebeln, Krokusse, Osterglocken, Märzenbecher,Schneeglöckchen und fieberte einen langen Winter lang demFrühjahr entgegen.

Der Schnee schmolz, doch Rohlingers Frühblüher ließen aufsich warten. Mit dem Spaten, ja mit bloßen Händen grub ernach seinen kostbaren Zwiebeln - sie waren allesamt wie ausdem Erdboden verschwunden. Nun erst nahm er eine Erscheinung ernst, die er bislang nur wahrgenommen hatte: ein ge

heimnisvolles Muster im Rasen. Rissige Gänge zogen sich in

abenteuerlichen Kurven dicht unter der Erdoberfläche hin. Hö

hepunkt dieses ominösen Schnittmusterbogens waren zweiDutzend kleinformatiger Maulwurfskrater.

»Herzlichen Glückwunsch zur Wühlmaus « sagte ich schadenfroh. Rohlinger begann, sich mit Theorie und Praxis der Wühl-

mausbekämpfung zu befassen, undSolange Büchsenlicht herrschte, tauchte der ihm war gar nicht wohl dabei. Erbe-Feind keine einziges Mal auf aus dem Untergrund. zeichnete sich selbst als Tierfreund

erster Klasse. Wenn er sich fragte,wen er mehr liebe - seine Frau, seine Freundin, seinen DackelConny, dann belegte der Dackel ganz gewiß nicht den letztenRang. Und nun sollte ausgerechnet er, der Goliath Rohlinger,

einschreiten gegen einen unterirdischen David, gegen einenWinzling aus dem Tierreich? Mit Sicherheit war sich die Wühl

maus gar keiner Schuld bewußt. Das Wühlen liegt ihr natürlich im Blut, alles Vererbung, sie kann halt wühlen nur undsonst gar nichts ... Andererseits, wenn schon einer in Rohlin

gers Scholle mmwühlte, dann doch wohl der Inhaber selbst undsonst keiner

Rohlinger stellte Fallen auf. Die Wühlmaus legte Umleitungenan. Rohlinger schickte seinen Dackel vor. Als der Schaden,

den dieser anrichtete, die Wühlmausschäden überstieg, nahmsein Herrchen ihn aus dem Rennen. Rohlinger planierte die

Landschaft und legte an allen Ecken und Enden des weitverzweigten Wühlmausverkehrsnetzes das tödlich wirkendeWühlmauspräparat DELICIA aus, ein von der biologischenZentralanstalt geprüftes und anerkanntes Mittel, ein Freßgiftder Abteilung 3 nach dem Giftgesetz vom 6.9.1950.Am Abend starb sein Dackel eines qualvollen Todes.

Rohlinger, von Trauer und Zorn übermannt, beschloß, die Wühl

maus als das zu bekämpfen, was sie war: der Hauptfeind desmitteleuropäischen IDeingärtners

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  lles zum Wohle des Volkes

Fortan betrat er seinen Garten nur noch bewaffnet mit seiner

Luftbüchse. Doch solange Büchsenlicht herrschte, tauchte der

Feind kein einziges Mal auf aus dem Untergrund.

Rohlinger kaufte einen größeren Posten Wühlmausgaspatro

nen auf. Tapfer kämpfte er bis zur letzten Patrone. Die Wühl-

maus aber baute ihr Gangsystem unverdrossen immer weiteraus. Minutenlang leitete er Autoqualm in die Gänge. Die Wir-

kung war nicht gering. Und zwar an seinem Auto.

Rohlinger, von seinen Mißerfolgen berauscht, besorgte sich

einen Kanister Diesel. Flächendeckend verdieselte er alle

Wühlmausgänge. In die Löcher stopfte er dieselgetränktes Zei-

tungspapier und zündete es an. Dazu drohte er dem Feinde sie

gesbewußt mit der Faust. Leider stand derWind nicht günstig.

So wurde seine Laube ein Raub der Flammen.

Mit diesem Brandopfer begann sein sozialer Abstieg.Seine Freundin, die er zugunsten der Wühlmaus stark vernach

lässigt hatte, wandte sich von ihm ab. Seine Frau reichte die

Scheidung ein. Der Betriebsdirektor, der in das Geheimnis vonRohlingers »Dienstfahrten« eingeweiht war, ernannte ihn wut

schnaubend zum wissenschaftlichen Mitarbeiter. Rohlinger ver-

suchte es ein paar Tage lang mit Arbeitsdisziplin, aber immer

und immer wieder schweiften seine Gedanken aus dem Büro

ins Freie. Schließlich glückte es ihm in einer ländlichen Schlos

serei zehn Kilo Karbid aufzutreiben. Damit verminte er einesSonntags das sich immer weiter ausbreitende Gangsystem -

und sprengte den halben Garten in die Luft. Nun ist er krank

geschrieben, und sein rechter Arm ist wegen Verbrennungen

dritten Grades bis zum Ellbogen hinauf bandagiert.Gestern traf ich ihn Er wolle das Grundstück abstoßen, sagte

er. Ruhe und Erholung habe er dort zu finden gehofft, sich statt

dessen aber intensiv der Kleinwildjagd widmen müssen. Dies

allerdings mit durchschlagendem Erfolg. Die Wühlmaus sei

ausgeräuchert, besiegtIch hatte meine Zweifel hütete mich aber, sie Rohlinger, einem

geschlagenen Mann, kalt und herzlos mitzuteilen. Ich mußte

an Brehm denken und an den Umstand, daß die Wühlmaus auf

Rohlingers Grund und Boden alles Genießbare ratzekahl ver

tilgt hatte. Sie hatte sich in einen nahrhafteren Grund zurück

gezogen davon war ich fest überzeugt.

Der Mensch kann es erfolgreich mit Bären, Wölfen und Löwen

aufnehmen, die Wühlmaus aber, die Wühlmaus ist für ihn eine

Nummer zu groß. ·

-   7

Anfrage ·an den··SenderJ rewan:Stimmt es, daß es ·

. m }\oJl1munismuskein·Geld mehr ·

geben wird?

· Antwort: Im Prin- 

zip ja. Denn es

wird schon im So-

zialismus>lles aus„.gegeben sein

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  8 l les zum Wohle des Volkes

Johannes Conrad

IHOH W O

OHtttse IHOH

Beinahe gut gelaunt brauste der Schnellzug Dresden-Berlin

durch den Sonntagnachmittag, durch Sonne und Regenschauer, an nassen Wäldern und eingeweichten Feldern vorbei, durch

Patsch und Quietsch und Krähenknarren, die Schranken ver-

beugten sich, die Wagen wiegten sich wie dicke Frauen in den

Hüften, die hellgrünen Bäume salutierten, die Kiebitze saßen

kopfschüttelnd auf den Eiern, der Zug steppte und tanzte und

wackelte, die Bierflaschen in den Abteilen zitterten, und die Lo-

komotive - huhuhu - gab gerade Laut, als Frau Seidel ihremMann ins Ohr sagte, daß der Magere, neben dem Janine sitze,

ein feiner Mensch sei, sie habe es gleich gesagt

Uwe Seidel, der sich seit Antritt der Fahrt in seinem Notizbuch

auszurechnen versuchte, was er zu bezahSogar Schweinen ziehen sie manchmal len hätte, wenn er das Auto nun doch in die

farbige Fräcke an und lassen sie kopfstehen . Werkstatt brächte und nicht wieder von

Karl Prutzke, diesem Pfuscher, reparieren

ließe, sah seine Frau zerstreut an und seufzte. Dann ließ er den

Blick zu Janine wandern, die klein und dick neben dem Mage-ren saß und gerade die dritte Leberwurststulle verdrückte.»Warum gewinnen immer die anderen im Lotto?« dachte er, und

das ganze Abteil roch nach Leberwurst. »Leberwurst ist wie

Heimweh « dachte Uwe Seidel. »Feine Milchkühe « sagte er zu

dem Mageren, der einer einsamen Kuhherde zunickte.

Der Magere lächelte traurig. »Wenn sie nicht geschlachtet wür-

den«, entgegnete er, »möchte man manchmal so ein Tier sein,

Kollege Das bißchen Geziepe an den Zitzen beim Melken kann

schließlich so weh nicht tun. Ansonsten grast das doch dau-ernd in der frischen Natur, ohne Kummer, ohne Sorgen, unser

einer aber muß zur Beerdigung seiner Kusine Kühe haben

keine Kusinen «Der Magere nahm die Brille ab und putzte sie

schniefend. »Außerdem leide ich unter Schlafstörungen«, ge-

stand er Uwe Seidel. »Wegen der Kaffeemaschine, die ich mir

gekauft habe. Weil sie so laut quackert Sie röchelt wie leben

dig, verstehen Sie? Manchmal denke ich, sie kriegt keine Luft.

Man atmet dann unwillkürlich in diesem angstvollen Rhythmus

mit. Und immer bei den Nachrichten Das kommt mir schonlangsam seltsam vor. Zudem haut's mit der Tülle am Glaskrug

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4 A es zum Wo h e des o es

und wandte sich mit der zärtlichen Frage »Willste auch ein Le-berwurstbemmel? « an ihren Mann. Uwe Seidel, der sich gera

de dazu entschlossen hatte, das Auto nun doch nicht in dieteure Werkstatt zu bringen, sondern die Sache anders anzupak

ken - keinesfalls aber mit Karl Prutzke - blickte seine Frau

verständnislos an. Verwirrt öffnete er den Mund, da schrie Sei-dels Sohn, ein Fünfjähriger mit großen Ohren und einem schlau

aussehenden Campingbeutel auf dem Rücken: »Rehe Lauter

wilde Rehe, die Gras fressen «

Freundschaftlich stieß der Magere den Jungen an und sagte:

»Rehe fressen das Gras nicht, Kleiner, sie äsen «»Aber ich habe das doch gesehen, wie die Rehe das Gras fres

sen, Onkel « rief der junge Seidel.»In gewissem Sinne stimmt das schon, mein Kerlchen«, erwi-

derte der Magere und blickte amüsiert reihum, »rein optisch ge-sehen, fressen die Rehe das Gras, doch bei den Rehen sagt man

nun mal eben, daß sie äsen - Wild äst, mein Junge «Erstaunt setzte sich der junge Seidel hin.

»Äsen Menschen auch, wenn sie Gras fressen?« fragte er.Der Magere lächelte gerührt: »Menschen essen Kopfsalat, Klei-ner, sie haben kein Organ für Gras, aber Rehe haben es «»Wissen Sie auch, ob Rehe manchmal Schürzen umhaben?«

fragte der junge Seidel.

»Ich müßte eine umhaben wegen meiner Kaffeemaschine,

Junge « rief der Magere und wandte sich an Frau Seidel: »Ichfinde es albern, wenn man Rehe in Schürzen auftreten läßt

Oder Affen mit Zuckertüten Sogar Schweinen ziehen sie

manchmal farbige Fräcke an und lassen sie kopfstehen « Lie-bevoll blickte der Magere dem jungen Seidel in die Augen und

sagte: »Rehe tragen keine Schürzen, Junge.«»Aber wenn wer kommt«, gab der junge Seidel zu bedenken,

»und macht den Rehen Schürzen um?«»Wozu denn?« fragte der Magere.

»Na, damit sich die Rehe nicht bekleckern, du Blöder « antwortete der junge Seidel, worauf seine Mutter mit hoher Stimme

»Aber, Mirko « rief und der Magere gar nichts mehr sagte. Er

sah den jungen Seidel nur an. Feindselig erwiderte der junge

Seidel den Blick des Mageren. Etwas später begann er sogar

zu singen. »Die kleinen, wilden Rehe fressen Gras und haben

Schürzen um«, sang er. Danach sang er etwas lauter: »Auch diekleinen Zuckertüten fressen Gras und haben Schürzen um « -

»Die wilden Schweine auch « fügte er böse hinzu, um hierauf

aus voller Kehle zu singen: »Auch die Eisenbahnen haben

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Alles zum Wohle des Volkes

Schürzen um und fressen Gras « Der Magere nickte bitter. So,

als wüßte er das alles schon von seiner Kaffeemaschine.

»Ein übermütiges Fohlen « erklärte ihm Frau Seidel. »Er läßt

sich j nicht mal den ollen Campingbeutel abnehmen Sag doch

auch mal was, Uwe « rief sie ihrem Mann zu, doch der stellte

sich gerade vor, wie ein engelartiger Mensch im Monteuranzugdas Seidelsche Auto reparierte - und schwieg.

»Auch Regenwürmer haben Schürzen um «, sang der junge Sei

del und machte alle ihm bekannten Tiere, aber auch Schnür

senkel und Zahnbürsten zu grasfressenden Schürzenträgern.

Kurz vor Ende der Reise er-

hob sich der Magere, ergriff Oeine schwarze Aktentasche

und einen schlauchförmigen

schwarzen Mantel und fragteden noch immer singenden

Jungen: »Wann gehst du zur

Schule, du übermütiges Foh

len?« - »In einem Jahr, dann

esse ich Gras und habe eine

kleine Mirkoschürze um«,

sang der junge Seidel, der

nicht mehr aus dem Singen

herauskam.

»Na, da bist du j schon rechtschlau für dein Alter « stellte

der Magere fest. Und dann sagte er noch mit respektvollem Nik

ken zu Frau Seidel: »Schöne große Ohren hat er « Hierauf ver

ließ der Magere traurig das Abteil.

»Ach du meine Güte, das war aber ein aufgeblasener Hund « rief

Frau Seidel und setzte erschüttert hinzu: »Wo mein Vater

Orchestermusiker ist Wenn dem Herrn unsere Ohren nicht

passen, muß er sich eben seine geliebten Kuheuter angucken «

»Muhkuh macht Aa « gähnte die erwachende Janine Seidel.

»Nein, in der Eisenbahn nicht « rief Frau Seidel und zog ihren

Anorak über. »Große Ohren « schimpfte sie. »Wo Mirko schon

mit dem Taschenrechner rechnen kann Und nur, weil der Kerl

unzufrieden mit seiner Kaffeemaschine ist Da soll er sich doch

keine Neuentwicklung kaufen, er ist doch kein Testpilot Hät

ten wir uns lieber in das Abteil mit der feinen, alten Dame

gesetzt und nicht zu diesem Jammerlappen «

»Er fuhr zur Beerdigung, Uschi « warf Uwe Seidel ein.

»Na, und?« entgegnete Frau Seidel wütend. »Laß bloß mal end-

-

[

L

41

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4

Was ±rinkt n ~ / i ·-_ o-. ' .Jj ;

19 ~ Amerika?WodKa Gorba

tschow.Was  tinkt n1981.

in

der Sowjetunion?- -

Re (a}genwasser.as liät der Miile- ,

ralsekretär so an

geortlnet.

l les zum Wohle des Volkes

lieh unser Auto richtig reparieren, daß es nicht immer kaputt

ist, wenn man gedemütigt wird «»Prost, Mahlzeit « dachte Uwe Seidel, der sich gerade dazu

durchgerungen hatte, das Auto nun doch wieder von Karl Prutz

ke reparieren zu lassen. »Warum gewinnen bloß immer die an

deren im Lotto?« dachte er und ergriff die schweren Taschenmit der Hausmacherwurst in Gläsern, denn soeben röhrte ein

Lautsprecherbaß: »Berlin-Lichtenberg, alles aussteigen, derZug endet hier « Der junge Seidel sang gerade stockheiser:

»Die kleinen, wilden Kaffeemaschinen fressen Gras und habenkleine Kaffeemaschinenschürzen um « - »Komm du mir nur

nach Hause « sagte Frau Seidel und warf ihrem großohrigenSohn einen furchtbaren Blick zu.

Der Maxe baut ein feines Haus,

denn Maxe ist nicht faule,

und eine Wiese ist am Hausmit einem Schwimming-Paule.

Der Robert baut ein feines Haus,

damit schockiert er Maxen -weil auf dem Dach von Roberts Haus

Bananenbäume wachsen.

Der Emil baut ein feines Hausaus Klinkern und aus Klunkern,

die Maxens und die Roberts Haus

beblinkern und beblunkern.

Da baut der Franz ein schönes Haus

aus Marmor, Stein und Eisenund sagt, er kann mit diesem Hausauf alle andern spucken.

Und wenn sie nicht gestorben sind,

dann bauen sie noch heuteund wundern sich: Wie dußlig sind

doch ganz normale Leute.

ochen Petersdorf

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44

•• • ••• • • •• • •

• •• • .

Lernen lernen nochmals lernen

Heli usse

I

Ich hatte mir diesen Haushaltstag wahrhaftig nicht genommen

um über meine 14jährige Tochter nachzudenken aber ihr

Deutschlehrer wollte es so. In der Kaufhalle trat er mir auseinem Hinterhalt plötzlich in den Weg und sagte er möchtemich vorwarnen daß meine Tochter mit einer satten 5 nach

Hause komme weil sie und zwei andere Früchtchen in derDeutscharbeit Wort für Wort mit sämtlichen Fehlern von

einander abgeschrieben hätten. Er wisse nicht wer von

wem aber das sei ihm auch egal da alle drei gleich verlogen seien.Ich mag das nicht wenn mich Leute so unvermittelt mit

ihren beruflichen Problemen überfallen und darum antwortete ich kurz angebunden ich könne nicht beurteilenob meine Tochter genauso verlogen wäre wie die beidenanderen weil ich die nicht kennen würde aber ich ver

ließe mich da ganz auf ihn als den Fachmann in solchenFragen. Naja man kennt das doch aus der eigenen Schul

zeit: Es ist sinnlos mit einem Lehrer zu diskutieren manzieht immer den kürzeren.

Kaum hatte ich mich von dem Lehrer befreit stieß ich auf

Herrn Hohnberg und Frau Tittelbach deren Kinder in derselben Klasse sind wie meine Tochter. Herr Hohnberg er-

zählte Frau Tittelbach gerade von seinem neuen Hi-fi-Ste

reo-Kompakt-Set und wie er und sein Sohn Thor-Alf und

seine Frau abends immer Bach oder Mozart hörten ohne

die sie schon gar nicht mehr einschlafen könnten. HerrnHohnbergs Sohn habe über 200 Kassetten mit klassischer

Musik und darunter solche Kostbarkeiten wie die ganzselten gespielte 11. Sinfonie in A-Dur für Streicher und

Posaune von Tintoretto. Herr Hohnberg wandte sich anmich und lud mich ein mit Mann und Tochter zu ihm zu

kommen um die Sinfonie zu hören.Hierauf erzählte Frau Tittelbach ihre Familie könne erstnach hundert Seiten guter Literatur einschlafen und ihreTochter Made-Lene habe schon über 300 Bücher der Welt

literatur gelesen und verschlinge selbst solche schwerverständlichen Werke wie fünfhundert Jahre Einsamkeit

in einer Nacht. Frau Tittelbach wandte sich an mich und

sagte sie leihe mir das Buch gerne für meine Tochter.

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Lernen, lernen nochmals lernen .

Nun berichtete Herr Hohnberg von seinem Sohn, bei dem man

wegen seiner vielseitigen, überdurchschnittlichen Begabung

noch nicht recht sagen könne, ob er mal ein bekannter Lei

stungssportler, Mathematiker, Geigenvirtuose oder ganz etwas

anderes werden würde.

»Genau wie bei meiner Tochter « rief Frau Tittelbach aufgebracht dazwischen.»Ja«, sagte Herr Hohnberg und fuhr fort, daß ein Bekannter sei

nen Sohn letztens Wunderkind genannt habe, was er jedoch für

unwissenschaftlich halte, da es sich um eine natürliche,

wenn auch hohe, sehr hohe vererbte Intelligenz handele,

die allerdings ans Wunderbare grenze.Frau Tittelbach nickte und meinte, auch ihre Tochter gelte

allgemein als Wunderkind, weil sie schon im Kindergar

ten lesen, schreiben und rechnen konnte, während siesich jetzt mehr mit Philosophie und Computer-Basics be

fasse, so daß sie nicht sehr gerne zur Schule gehe, weil

das da so langweilig für sie sei.

Hier lachte Herr Hohnberg schmerzlich auf und sagte, in

der Tat, wenn es etwas gäbe, was den Fähigkeiten sol

cher Kinder am wenigsten gerecht würde, dann wäre das

die Schule. Und voller Bitterkeit fügte er hinzu, daß über

durchschnittlich intelligente Kinder bei den Lehrern

höchst unbeliebt seien, aber nicht erst seit heute, dennunter dieser Abneigung der Lehrer gegen Wunderkinder

habe auch er schon in der Schulzeit gelitten, und Frau Tit

telbach war es nicht anders ergangen.

So kam es, daß ich auf dem Heimweg nicht über die noch

zu erledigenden Hausarbeiten nachdachte, sondern über

meine Tochter und darüber, ob ich nicht ein ernstes Wort

mit ihr reden müßte, und das wurde mir zur Gewißheit,

als ich schon an der Wohnungstür das bekannte Wumm

wumm-wumm und irres Gedudel hörte.

Ich ließ die Taschen mit dem Einkauf fallen, stürzte in dasZimmer meiner Tochter, drehte das Radio aus und schrie:

»Geht nichts anderes mehr rein in dein Gehirn als diese

Dampframmenschläge und das Eunuchenheulen? Grad

hat mir Herr Hohnberg von seinem Sohn erzählt, an dem

du dir mal ein Beispiel nehmen solltest «»An dem Beknackten, eh?« sagte meine Tochter.

»Oder lies mal wie Made-Lene Tittelbach ein gutes Buch «

»Die is ja noch beknackter, eh « sagte meine Tochter.

Ich wollte mich gerade auf sie stürzen, als mein Mann

_ -·.; .

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-   5

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  6

• lernen lernen nochmals lernen

nach Hause kam und ich nahm ihn beiseite und fragte ihn wie

er es sich erkläre daß die Tochter einer intelligenten Mutter

und eines auch nicht gerade auf den Kopf gefallenen Vaters

nicht überdurchschnittlich intelligent sei wie Kinder anderer

Leute sondern in Deutsch eine Fünf kriege obwohl zu Hause

nichts wie Deutsch geredet werde.»Es liegt an unserer Desoxyrlbonukleinsäure« sagte mein

Mann. »Ich hab das grad in der Zeitung gelesen. Es ist ganz

einfach. Irgendwas in der Säure geht kaputt und die ganze

Erbinformation ist zum Teufel. Das passiert in den besten

Familien und man braucht sich deswegen keine Vorwür

fe zu machen.«

Ich sagte ich mache ihm ja keine Vorwürfe, aberwir soll-

ten unserer Tochter wenigstens das Radio wegnehmen

weil ich mir gut vorstellen könne daß diese Musik diewie ein spitzer Pfahl ins Gehirn gerammt werde dort

eines Tages noch Wichtigeres als bloß die Erbinforma-

tion kaputtmache. Ich erzählte ihm, daß andere Kinder

»Fünfhundert Jahre Einsamkeit« lesen und Sinfonien

hören weswegen sie mal irgendwas Berühmtes werden

würden und ich forderte meinen Mann auf mitzukommen

zu Herm Hohnberg um die 11. Sinfonie in A-Dur von Tin

toretto vom Band zu hören.

Mein Mann sagte er habe die Erfahrung gemacht daß

sich Sinfonien in A-Dur sauer auf seine Ribonukleinsäu-

re legten und ich solle allein mit meiner Tochter gehen.

Das machten wir, aber erst wollte ich mir bei Frau Tittel-

bach das Buch ausleihen.

Wir waren jedoch kaum aus dem Haus da tauchte schon

wieder dieser Deutschlehrer auf und er machte sich an

meine Tochter heran und fragte: »Na, was haben deine

Eltern zu der Fünf gesagt?«

»Nischt eh «sagte meine Tochter.

»Hören Sie«, mischte ich mich da in das Gespräch ein. »Sie

sollten die beiden Wunderkinder in Ihrer Klasse nicht

zum Maßstab für alle machen. Für ein Kind mit kaputter

Desoxyribonukleinsäure kommen dann logischerweise

nur noch Fünfen heraus.«

»Für wer bei was?« stotterte dieser Deutschlehrer daß

meine Tochter mitfühlend die Augen verdrehte.

»Ich rede von Ihren Wunderkindern Hohnberg und Tittel-

bach« klärte ich ihn auf. »Und von meiner bedauernswer-

ten Tochter.«

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Lernen lernen nochmals lernen

»Wunderkinder?« schnaufte der Lehrer und ging mit dem Rük

ken an die Hauswand.»Hohnberg und Tittelbach « half ich ihm beim Denken, aber erbrachte bloß noch krächzend heraus, daß Hohnberg und Tittelbach die anderen beiden verlogenen Früchtchen seien, die er

mit einer satten 5 bedacht habe.»Das ist sehr aufschlußreich für mich«, sagte ich. »Ich habschon davon gehört, daß überdurchschnittlich begabte Kinder

nicht sehr beliebt bei den Lehrern sind. Bei Ihnen werden siegleich kollektiv mit einer Fünf abgestraft. Fein « Ich nahmmeine Tochter und ging. Er blieb an der Hauswand stehen wie festgeklebt und blickte uns hinterher. Ich fing

langsam an, meine Tochter mit anderen Augen zu sehen.Das Haus, in dem Frau Tittelbach wohnte, war ganz er-

füllt von dem bekannten Gewumme und Eunuchengeheul.Wir stiegen die drei Treppen hoch, und der Lärm wurdeimmer lauter, und ich wollte gerade den Finger auf die

Türklingel legen, da hörte ich Frau Tittelbach in der Woh

nung kreischen: »Mach das Radio leiser, hab ich gesagt,Ich hab gesagt, mach das Radio leiser, Ma-de-Le-ne «

Aber das hörte die bei dem Krach natürlich nicht, und wir

waren schon wieder auf der Straße, als man Frau Tittel-bach trotzdem noch schreien hörte: »Mach das Radio lei-

ser, hab ich gesagt, ich hab gesagt ... «»Na siehste « sagte meine Tochter.Bei Herrn Hohnberg im Hause herrschte eine ruhige, ge

pflegte Atmosphäre, daß ich richtig aufatmete. Was

immer das auch für eine Sinfonie sein mochte, die Herr

Hohnberg uns zu Gehör bringen wollte - schlimmer alsdas, was man sonst so hörte, konnte es auf keinen Fall

sem.Herr Hohnberg gab uns die besten Plätze zum Stereohö

ren, und seine Frau und sein Sohn Thor-Alf ließen sich

hinter uns nieder, während Herr Hohnberg die Kassetteeinlegte und uns noch einmal die Seltenheit dieser 11.Sinfonie in A-Dur von Tintoretto erläuterte, die nur zwei

mal gespielt worden war, nämlich einmal 1887 in New

York und vor kurzem in Warschau, wovon Herr Hohnbergdie Aufnahme hatte, um die ihn Millionen Musikfreunde

in aller Welt beneideten, weil die Sinfonie nach seinerHochrechnung erst wieder im Jahre 2087 irgendwo ge

spielt werde, aber vielleicht auch überhaupt nie wieder.

Hierauf ließ Herr Hohnberg das Band anlaufen und setz-

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-

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y - ·f - ·if;: • ... . ·„

.. b . •. .• • •

Lernen lernen nochmals - lernen

te sich mit einem erwartungsvollen Lächeln zu uns. Eine ganze

Weile hörte man nichts, und Herr Hohnberg wurde schon un

ruhig, als plötzlich ein irrer Schrei die Stille zerriß, und danach

setzte mit ungeheurer Wucht Dampframmengewummere und

Eunuchengeheul ein.

»Det is die Gruppe Fortschenmix, eh « sagte meine Tochter erfreut. Herr Hohnberg aber stieg von seinem Stuhl senkrecht

hoch wie ein Geist, und mit einem Arm , der mir gut zwei Meter

lang zu sein schien, griff er zwischen uns hindurch nach sei-

nem Sohn, und während er ihn in den Korridor hinaus

schleifte, brach er in den prophetischen Ruf aus: »Das

war die letzte Kassette, die du mit deinem Kleinkinder-gebrüll versaut hast «

Und nun hätte man nicht mehr sagen können, ob das

gräßliche Geschrei von der Gruppe Fortschenmix odervon Thor-Alf kam.

»Na siehste « sagte meine Tochter, als w r endlich im Trep

penhaus standen, wo sich ein Mann schwer atmend und

vor sich hinbrabbelnd am Geländer zu uns emporzog. Alser unser ansichtig wurde, schrie er auf, stürzte, wie von

Furien gejagt, die Treppen hinunter und aus dem Haus.

»Mein Deutschlehrer, eh « sagte meine Tochter erstaunt.

Ich legte den Arm um sie und sagte mitleidig: »Gewöhn

dich dran, daß dich die Lehrer nicht leiden mögen unddaß es Fünfen hagelt, mein armes Wunderkind Auch

deine Mutter mußte dies durchmachen.«

-   . .

0 .

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Lernen lernen nochmals lernen

Ottokar Domma

Eines Tages sagte unsere Russischlehrerin Frau Katharina

Pitthuhn daß sie sich zum Tag der Befreiung was Schönesausgedacht hat nämlich ein Freundschaftstreffen mit einer

sowjetischen Schulklasse. Sie kommt aus unserer Kreisstadtund es sind die Kinder von sowjetischen Soldaten und Offizie-

ren die uns zusammen mit der Volksarmee beschützen.

Frau Pitthuhn hat alles mit den Freunden ausgemachtund wir sollen jetzt überlegen wie wir sie empfangen und

unterhalten.Wir waren gleich freudig aufgeregt und sagten der Frau

Pitthuhn wie wir uns das Treffen denken. Das Bestedachte sich mein Freund Harald aus indem er vorschlug:

Man kann ja mit den sowjetischen Freunden einen Wett-

bewerb ausrufen zum Beispiel im Gedichtaufsagen und

Theaterspielen - und die Mädchen im Singen und Tanzen

damit sie auch was zu tun haben.

Frau Pitthuhn rief das ist eine feine Sache und sie möch-

te noch mehr solche Gedanken hören. Die Wally schlug

jetzt eine Handarbeitsausstellung vor der Schweine-Sigi

einen Schachkampf und Wettrechnen die Bärbel Patzig

eine Gemäldegalerie die dicke Mia eine Sitzung mitSchlagsahne und Torte der lange Schücht ein Fußball-

spiel und die Mädchen müssen uns anfeuern und jubeln.

Der Pillenheini sagte man kann auch einmal zeigen wie

man gebrochene Beine und Köpfe schnell verbindet; denn

junge Sanitäter gibt es überall. Wer siegt ist Sieger.

Jetzt meldete ich mich und sprach daß ich das auch allesvorschlagen wollte und man muß unterstreichen was

meine Vorredner unterstrichen haben. Auch könnte man

vielleicht einmal probieren wie wir uns miteinander in der

anderen Sprache unterhalten. Wer von uns am längsten

Russisch spricht bekommt einen Orden. Frau Pitthuhn

antwortete sie ist von mir enttäuscht und die anderen

Vorschläge waren besser. Auch wird sie alles so bespre

chen und vorbereiten.

Als es soweit war und wir uns vor der Turnhalle aufge

stellt hatten kam endlich der Omnibus mit unseren so-

wjetischen Freunde.n. Sie mußten erst antreten danach

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,

• •

Lernen lernen nochmals lernen

marschierten sie vor uns hin indem ein sowjetischer Pionier

auf Deutsch rief: »Wir grüßen unsere Freunde mit Freund

schaft.« »Freundschaft« schrien jetzt alle sowjetischen Pionie

re. Unsere Frau Pitthuhn war auf einmal mächtig aufgeregt

und fragte leise, ob das von uns auch einer kann, und sie hat

gar nicht an einen russischen Begrüßungssatz gedacht. Weilwir auch nicht daran gedacht haben, rief jetzt Frau Pitthuhn

diesen Satz selbst auf Russisch, und wir schrien danach»Druschba«. Wir haben uns erst noch ein bißchen gegenseitig

beklatscht und darauf gewartet, wer zuerst aufhört. rrhörten zuerst auf, und unsere Freunde waren Sieger.

Dann setzten wir uns an die Kuchentafel. Neben mir saß

ein Mädchen mit einem schönen gelben Zopf. Ich fragte

sie auf Russisch, wie sie heißt. Sie hat meine Frage ziem-

lich schnell erraten und antwortete: »Walja.« Jetzt fragtesie auf Deutsch: »In wieviel Klasse Sie gähen, bittä? « Ich

sprach stolz: »Pjät klass.« Sie hat es auch ziemlich rich

tig verstanden und sagte einen langen Satz auf Russisch.

Ich antwortete sehr sicher: »Nepanjemaju.« Danach fragte ich auf Deutsch, warum Walja »Sie« zu mir sagt. Walja

antwortete darauf: »Nix värstäh, bittä.« Sie war immer

sehr höflich und ich sagte, daß wir jetzt mit dem Kakao

Brüderschaft trinken müssen. Als ich ausrief: »Na

strowje «, mußte Walja mächtig lachen, und sie hatteschöne große Zähne. Nachher zählte ich zusammen, und

es stellte sich heraus, daß ich schon halber Sieger war.

Denn Walja sagte nur siebenmal »Nix värstäh«, wogegen

ich fünfzehnmal »Nepanjemaju « ausrief.

Wie wir mit dem Kuchenessen fertig waren, ging es los.

Die Lehrer wählten eine Schüri, und die sollte sagen, wer

der Beste im Wettbewerb ist. Zuerst sprach unsere Tanja

Schulze ein russisches Gedicht. Sie ist unsere beste Rus-

sischschülerin. Die sowjetischen Pioniere und Lehrerwollten gar nicht mehr aufhören mit Klatschen. Danach

sprach der sowjetische Pionier Kolja ein deutsches Ge

dicht, es hieß »Gefunden von Johann Wolfgang Goethe«.

Jetzt klatschten wir wie verrückt, aber die Schüri meinte, die Tanja ist Sieger. Das ist keine Kunst, weil Tanjas

Mutter Russischlehrerin ist.

Nachher sangen wir Lieder. Zuerst klatschten unsere Leh

rer bei unseren Liedern mit später nicht mehr sondern

nur noch bei den russischen. Auch bekam der Herr Burschelmann Ohrensausen, wenn wir sangen, und er stopf-

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Lernen lernen nochmals lernen

te sich die Finger hinein. Danach zeigten die Tänzer ihre Kunst.Bei den sowjetischen Pionieren tanzten die Knaben und Mädchen bei uns nur noch die Mädchen weil w r Knaben den Anblick noch mehr versaut hätten. Aber es hat trotzdem nichts

genutzt. Die Lenjnpioniere siegten weil sie schneller waren

und sich schöner wiegten besonders in den Hüften. UnsereMädchen waren zuerst ein bißchen traurig und der Herr Burschelmann sprach zu ihnen sie sollen nicht weinen und es

war ein schöner deutscher Stampfer den ein anderer nicht soleicht nachmachen kann.Zum Schluß rechnete unser Schweine-Sigi die Sieger zusammen. Wir siegten: im Gedichtaufsagen im Fußballspiel in weiblichen Handarbeiten welche eine DFD-Frauanleitet; auch im Hochsprung und im Sackhüpfen waren

w rdie Besten und unser Klassenlehrer meinte im Lärm machen waren w r auch gut. Aber das wurde nicht mit

gerechnet. Die Leninpioniere siegten: im Schachspiel

im Singen und Tanzen im Laufen Tauziehen und Weitsprung und in der Disziplin was ebenfalls nicht mitgerechnet wurde.

Nach dem Sport hieß es jetzt kommt das Sprachspiel

aber es läuft außer Kongruenz. Das Spiel ging so: ZweiSchüler sind die Spieler und sie müssen sich ein Gespräch ausdenken und spielen sagen wir am Postschal

ter im Geschäft auf dem Bahnhof beim Arzt usw. Siemüssen dabei miteinander in der fremden Sprache spre

chen bis ihnen nichts mehr einfällt. Und die Schürischaut auf die Uhr wie lange es jeder aushält. MeineFreundin Walja spielte mit ihrem Klassenfreund Aljoscha Vater und Tochter. Der Vater fragte was die Toch-ter den ganzen Tag gemacht hat und Walja antwortete

oder umgekehrt. Und zwar alles in Deutsch. Als sie nicht

mehr weiterkonnten sagte die Schüri daß sie acht Minuten gesprochen haben und die Besten der sowjetischenMannschaft sind.

Danach spielte ich mit meinem Freund Harald das Stück

»Lehrer und Schüler«. Ich war der Lehrer und fragte den

Harald: »Tschto äto?« Harald antwortete: »Äto stol.« Ich

fragte wieder: »Tschto äto?« Harald antwortete: »Äto lampa. « Ich zeigte meinen Federhalter und fragte: »Tschtoäto?«Harald sprach: »Äto penal. « Danach biß ich in eine

Stulle und fragte: Tschto äto?« Harald rief: »Äto Buter

broat« usw. Es war sehr lustig und die sowjetischen Leh-

Ko;i.,. A Cl

-

9   ,)ro  •

5

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5 Lernen lernen nochmals lernen

rerinnen mußten vor Freude weinen, wogegen die Schüri nach

zehn Minuten rief, wir sollen aufhören.

Es war ein sehr schönes Fest, und unser Herr Direktor Keiler

hielt eine Rede und rief, wir haben alle gewonnen. rr beglei

teten danach unsere Freunde zum Omnibus. Ich sagte » osw -

danja, Walja«, wogegen sie sprach: »Aufwiddersähn, Oodookarr. « Auch hätte ich sie gern ein bißchen gedrückt, aber das

ging nicht, weil die anderen dabei waren. Und man soll nicht

nur eine Walja lieben, sondern alle Freunde. Druschba

r ~ l t o s lei

Ich bin Schackliehn, und ich bin Meik.

Ich bin Eiriehn, und ich Clohndeik.Ich bin der Hansi, wer bist du?

Ich bin Swetlana-Märriluh.

Mein Haar ist kurz, und meins ist lang.

Ich bin sehr pummlig, ich bin schlank.

Ich bin schön braun, und du bist bleich.

Und trotzdem sind wir alle gleich.

Ich wohn in Wurzen, ich in GreizIch wohn in Rostock, ich in Zeitz

Ich wohn rechts hinten bei Schwerin,

und du wohnst - logisch - in Berlin.

aß wir uns alle gut verstehn,

ist gar nicht so leicht einzusehn.

Die Sprachbarrieren sind sehr groß,

du singst, du grunzt, du knödelst bloß.

Und doch vertragen wir uns gut,

denn uns vereint die gleiche Wut.

Wir klettern, wo's auch immer ist,

am gleichen, blöden Stahlgerüst.

Der Kinderspielplatzeinheitsquark

macht solidarisch uns und stark

ochen Petersdorf

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-

Der Lehrer fragt Fritzchen: »Wie ist

die Oberflächenform der DDR?«

Fritzchen: »Die DDR ist ein flaches

Land mit vielen Engpässen <<

Siehste - ist vchdoch noch ens alter Kinderwagen

. . . z was nützt ''t :\' II

1HR

HAßTS GUTIHR SEID

f.IN 6fß0/ f,NESKoLtt.KTiV

.10J.\HREßtll l.f

31. M I 1987RUND UM 0 14 BIS 19 UHR

EN ALEXANDERPLATZ

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-- -/ /

••

Lernen, lernen, nochmals lernen

homas Reuter

"

-·OIHO p 1se O

Erziehung ist nicht allein Frauensache Das ist meineÜberzeugung. Deshalb bin ich auch sofort einverstan-den als meine Frau mir eines Abends ein klärendesGespräch zwischen mir und meinem fünfzehnjähri-gen Sohn nahelegt. Sein Zimmer mache den Eindruckeiner wilden Müllkippe.Erziehung ist kein Problem. Man muß nur wissen,was man will. Nehmen wir ein harmloses Beispiel:

Vater und Sohn haben einen Apfel eine Banane sowieHunger. Erzieht der Vater autoritär, futtert er die Banane allein, während der Sohn sich durch den Apfelkämpfen muß. Erzieht der Vater antiautoritär, istbeim Sohn alles Banane, und er selbst muß in densauren Apfel beißen. Bemüht sich der Vater um denkameradschaftlichen Erziehungsstil, wird er eineSchüssel holen und Obstsalat machen. Dann löffelnbeide den Salat gemeinsam aus.

»Mit unseren jungen Leuten kann man doch reden.Die sind verständig«, suggeriere ich mir letztmalig.Dann betrete ich nach kamerdschaftlichem Klopfendas Zimmer meiner Sohnes. Ich erkenne sogleich dieAtmosphäre meiner ehemaligen Studentenbude wieder. Ich könnte mich fast wohl fühlen, wäre da nichtder vertrackte Auftrag meiner Frau. Das Bett ist zerwühlt, auf Tisch und Fußboden sind Schallplattenverstreut, aufgeschlagene Bücher, diverse Klamottenund einige Aktbilder, die ich in meinem Schreibtischals sicher verwahrt vermutete. Inmitten dieser Bodenkultur ein halbvolles Glas Tee eine Vase mit Butterblumen und Unkraut. Über diesem Chaos breitetsich majestätisch mein Sohn, mit geschlossenenAugen rücklings auf dem Sofa liegend, aus und wipptgelangweilt mit den Füßen. Räuspernd stelle ich michans Fußende der Couch.»Hör mal«, eröffne ich meine pädagogisch wohldurch-dachte Ansprache. »Deine Mutter schickt mich.

Wegen dieses Saustalls von Zimmer.« Er reagiert

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Lernen lernen nochmals lernen

nicht. »Was denkst 'n dir dabei? Gefällt dir's etwa in diesem

Tohuwabohu?« Keiner seiner Muskeln zuckt. Nur die Füße wip

pen. Ich lasse mich durch seine gespielte Teilnahmslosigkeitnicht provozieren. Ich bin mir sicher: Er hört genau zu. »Wir

haben dich doch zu einem ordentlichen Menschen erzogen,

Mensch Wenn du so liederlich bleibst, wird aus dirhöchstens mal n Student. Oder stell dir vor, mein

Chef kommt unangemeldet und sieht das hier. Und ichführe im Betrieb noch das große Wort wegen vorbild-

licher Ordnung ... Wrr wollen uns jedenfalls deinetwe-gen nicht schämen « Gut geredet habe ich.

Mein Sohn schnippt dreimal mit der linken Hand.

»Also, wir lösen die Sache unbürokratisch. Ich mache

einen Vorschlag, und du brauchst nur noch zuzustim

men: Ich kümmere mich ums Geldverdienen, Mutterhält die Wohnung sauber und du dein Zimmer. Okay «

»Baba«, erwidert er und lächelt selig.

Ruhig bleiben. Zufrieden verschränkt er die Hände

überm Bauch und atmet tief ein. »Was ist nun?« frage

-

-

•„ • •

""' G. ..„ •

ich. »Räumst du deine Bude auf?« - »Yeah « Er feixt

herausfordernd. »Ich kann darüber nicht lachen « ant

worte ich scharf. Einern jungen Pferd darf man die

Zügel nicht zu sehr lockern. Man hat schließlich eine

·<::::;-  o

Menge Lebenserfahrung und kann einschätzen, wasgut ist für diese Greenhorns. Wer nicht hören will,muß fühlen »So - Schluß mit dem Debattieren. Du

bringst deine Bude auf Hochglanz, oder es passiertwas « Mein pädagogischer Zeigefinger nagelt ihn auf

dem Sofa fest. »Aha«, erwidert er. »Aha - du willst

nicht«, schnaufe ich. »Wrr können auch anders « Vier-

zehn Jahre solide Erziehung ... Nun wollen wir malsehen, wer das Sagen hat Die Jugend ist unverbes-

serlich. »Noch vorm Abendbrot sieht's hier auswiege-leckt « Mein überheblicher Sohn lächelt verbindlich

mit geschlossenen Augen. Jetzt reicht's Ich hab es

nicht nötig, mich von so einem Hüpfer nasführen zulassen »Wenn bis heute abend aus diesem Stall kein

Appartement geworden ist«, schreie ich außer mir,

»kannst du dein Bett woanders aufschlagen «Er öffnet die Augen, sieht mich überrascht an, greift

in sein Lockenhaar, nimmt die Walkman-Kopfhörer

von den Ohren und sagt freudig: »Klasse, Papa, daßdu mich mal auf meiner Bude besuchst «

~ ~ r~

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  6 Lernen lernen nochmals ~ r n n

Ottokar omma

••~»Harald wenn du sowieso alles weißt dann kannst

du mir vielleicht auch erklären was Glück ist.«»Das ist ganz einfach zu beantworten. Glück ist das

Gegenteil von Pech.«

»Aha. Also nehmen wir an ich bekomme auch beim

Herrn Kurz mal eine Eins.«»Dann hast du mehr Glück als Verstand gehabt.«

»Aha. Dann steht nach deiner Meinung der Verstand

im Gegensatz zum Glück?«

»So kann mans auch nicht sehen. Ich denke man

kann auch mit Verstand glücklich sein. Guck dir nurmal das Fräulein Heidenröslein an. Die ist glücklich

und hat Verstand.«»Woher willst du denn das so genau wissen?«

»Sie ist immer fröhlich und hat nie schlechte Laune.«

»Oder sie ist verliebt.«

»Kann auch sein. Liebe soll ja glücklich machen.«

»Na ich weiß nicht. Mein Vater sagt: Bei zuviel Liebe

ist der Verstand im Eimer.«

»Kommt drauf an welche Liebe er meint.«»Na die zwischen Mann und Frau was sonst.«

»Aber man kann doch nicht andauernd lieben zwi-

schendurch muß der Mensch ja auch arbeiten.«

»Und zum Arbeiten braucht man Verstand.«»So ist es.«

»Meine Oma trällert öfter ein Lied welches heißt:

Glücklich ist wer vergißt was nicht zu ändern ist.«

»Das ist Quatsch. Deine Oma ist alt und hat keine

zehnklassige Oberschule besucht. Genau müßte siesingen: Glücklich ist wer nicht vergißt was alles

noch zu ändern ist.«»Najanaja. Aber wenn mein Vater daran denkt was er

alles noch zu tun hat dann sieht er eigentlich gar

nicht so glücklich aus mehr finster.«

Und während wir noch ein bißchen darüber nachdach-

ten kam der Pilei Alfons angewetzt und sagte: »Ein

Glück daß ich euch hier noch treffe. Ich hab einen

Auftrag für euch.«

Naja sagten wir haben wir eben Pech gehabt.

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Fritze zu Paul: »Ich

stand gestern aufder Titelseite vomNeuen Deutschland.«

Paul: »Wirklich?«Fritze·: »Ja, mit bei-

den Füßen.«

• Was des Volkes ände schaffen

Ernst Röhl

Triumphierend riß Bä11mel beide Arme hoch und zeigte mir die

Instrumente: zwei nullsiebziger Glasmantelgeschosse. EdelObwohl mir die harten Sachen nicht halb so viel bedeuten wie

ihm, winkte ich ihm zu. Vorfreude - schönste Freude. Feste

muß man feiern, wie sie fallen.

»Kollege Retisch « tönte es blechern aus dem Hallenlautspre

cher. »Kollege Retisch Bitte sofort - sofort - zum Kollegen

Betriebsdirektor «

Meine Kollegen sahen prüfend zu mir herüber, doch ich war mir

absolut keiner Schuld bewußt. Lässig schaltete ich meine Ma-

schine ab. Am Waschbecken rubbelte ich mir gründlich diePfoten blank; denn bei uns in der Verwaltung greifen sie zum

Zeichen ihrer Volksverbundenheit verzweifelt nach jeder Ar-

beiterhand, die sie zu fassen kriegen. Und Schmieröl an den

Fingern, oh Das wird einem schnell mal falsch ausgelegt, näm-

lich so, als wollte man auf gewisse, sagen wir spaßeshalber

Niveauunterschiede in der Arbeitsproduktivität aufmerksam

machen.

Die Tür zum Vorzimmer stand halb offen. Die Sekretärin wink

te mich zu sich herein. Nett von ihr denn sie war gerade in ein

Ferngespräch verwickelt. »Aber nein « rief sie entrüstet in die

Muschel. »Hier ist keiner. Keine Menschenseele. Nicht einmal

ich selber. Ich bin um diese Zeit immer zu Tisch. Ich wieder

hole: Hier ist niemand. Keiner Ehrlich gesagt, hier ist nicht mal

ein Anschluß. Auf Wiederhören.«

Sie lächelte mir zu, betrat das Allerheiligste, kam auf leisen

Sohlen wieder heraus, schloß ganz, ganz sachte die gepolster

te Tür und sagte: »Momentchen noch.«

Mein Senkfuß begann sich zu senken, mein Spreizfuß spreiz

te sich beängstigend, und mein Plattfuß drückte längst, da

endlich öffnete sich die Tür. »Immer herein in die gute Stube.«

Mit großer, belegschaftsnaher Geste bat mein Direktor mich in

sein Kabinett. Er lockerte, um nicht allzu unsalopp dazustehen,

den Schlips und öffnete den Kragenknopf seines Oberhemds.

>>So sieht man sich wieder«, sagte er. »Ich kenn dich gut - hat

test du nicht früher 'ne Vollglatze?«

Wortlos schüttelte ich meine zwar graue, aber immer noch

üppige Mähne.

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  asdes olkes ände schaffen

»Richtig, jetzt fällt es mir ein: Du hattest diesen gewaltigen

schwarzen Rauschebart.«»Eine Zeitlang«, erklärte ich, um ihm entgegenzukommen, »hab

ich mich bloß jeden zweiten Tag rasiert.«

»Sag ich doch - Deine Frau kenn ich übrigens auch.«

Das nun war schlecht möglich.Er gehörte erst drei Jahre zum Betrieb, ich aber war schon seit

mehr als zehn Jahren geschieden. Ich schwieg, um ihn nicht zu

enttäuschen.»Alles klar.« Von seinen Kenntnissen begeistert, legte ermir die

Hand auf die Schulter. »Du bist der Schachspieler.«»Tut mir leid, ich bin der Skatspieler«, berichtigte ich.

»Schade, ich hätte dich gern herausgefor-

dert. Gegen unseren Koofmich anzutreten,

hat wirklich keinen Zweck ...« Seine Mienehellte sich noch weiter auf, ein Scherz kün

digte sich an. »Der nimmt mir bloß immerdie Figuren weg.«

Kalau läßt grüßen, dachte ich und stimmtekollegial in sein Gelächter ein.

»Aber<  sagte er, »Spaß beiseite, jetzt wird's

feierlich: Ich gratuliere dir von Herzen.«

Verdutzt starrte ich ihn an, und in diesem

Augenblick der Wehrlosigkeit packte ermeine Rechte.»Ich möchte dir heute die Hand schütteln,

ich persönlich, bißchen Handarbeit kann auch im Büro nicht

schaden. Ach ja ...« Er seufzte. »Den lieben langen Tag Ana-

lysen, Statistik, Kennziffem , Planzahlen, aber für mich gibt's

da nur eines: hinter jeder Null den lebendigen Menschensehen.«

Noch immer tappte ich im d11nkeln, noch immer ahnte ich nicht

einmal, wovon überhaupt die Rede war. Ich wußte nur soviel:Gegen überraschende Ehrungen und Auszeichnungen ist beiuns kein Mensch gefeit, ganz besonders dann nicht, wenn ersie gar nicht verdient.

»Allerdings«, fuhr mein Direktor fort, »auch wenn oder gerade

weil heute dein Ehrentag ist, Kollege, kann ich deine Schwä-

chen nicht unerwähnt lassen. Warum nicht? Nun, weil ich an

dich glaube Weil ich weiß, du kannst sie abstellen, wenn du

nur willst, Stichwort: Alkohol am Arbeitsplatz.«

»Wie , was, warum?«entfuhr es mir.

-

 Die Brigade schlägt

Emil vor, der hat am

wenigsten Bummel-

schichten < 

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»Mit dem Neuen können

wir zufrieden sein der

hat anständig was aufdem Kasten.<<

as des Volkes Hände  schaffen

»Du weißt schon, die Sache damals vor der Konfliktkommis-sion.« - »Das«, sagte ich mit Nachdruck, »war nicht ich. Daswar Bäumel «»Richtig « Schelmisch drohte er mir mit der geballten Faust.»Du bist j der berühmte Schläfer, der immer in der Nacht

schicht ein pennt.«»Das«, sagte ich, »ist Bäumel «»Hör mal zu«, sagte er, »irgendeinen Fehler wirst du doch auchhaben «

»Kann sein.« Ich lächelte hintergründig. »Aber den verrat ichnicht.« - »Geheimnisträger « sagte er.

Seine geballte Faust entkrampfte sich zum erhobenen Zeige-

  )

finger. Aus der Vase, die auf seinemSchreibtisch stand, griff er sich den Tul-

penstrauß und überreichte ihn mir.»Also«, sagte er, »alles Gute, auch im per-

sönlichen Leben Und die Blumen, die

schenkst du deiner Frau.«

Ich kratzte mir verlegen den Hinterkopf.»Wie alt«, fragte er, »wirst du heute ei-

gentlich?«»Ich bin vierundvierzig geworden, voreinem Vierteljahr.«

Seine Stirn umwölkte sich.»Aber in eurer Brigade hat doch heuteeiner Geburtstag.«»Im Prinzip ja.«

»Und wer, wenn nicht du?«

»Bäumel«, sagte ich. »Der feiert allerdings nicht Geburtstag,sondern vierzigstes Betriebsjubiläum.«Ärgerlich schlug er mit der flachen Hand auf die polierteSchreibtischplatte. »Seit die Geburtstagsliste über den Compu-

ter läuft, klappt aber auch gar nichts mehr «Behutsam wollte ich ihm die Blumen in die Hand drücken. Erwies sie zurück: »Kommt gar nicht in Frage Die schenkst du

deiner kleinen Frau.«»Ich bin«, bekannte ich, »seit zehn Jahren glücklich geschieden.«

Sichtlich erleichtert nahm er den Strauß zurück. Ich kehrte anmeinen Arbeitsplatz zurück und hörte von weitem die blechernklingende Durchsage. Bäumel kam mir entgegen. »Was Schlim-

mes?« fragte er.

»Jein«, sagte ich, »wie man's nimmt.«

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11

In der Nacht wurde der Arbeiter Fritze Meyer von einem

Wachmann m t ein paar Ziegelsteinen in der Aktentasche er-

wischt. Auf die Frage warum er nachts stehle antwortete er:

»Am Tage wird man von den Kollegen wegen der paar Steine

doch nur ausgelacht.«

qo SACHBEARBEITERINOo _ _J

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Unsere Sekretärin hat uns we0

a~ ~ · • f s t i e g s m ö g l i c h k e i t e n v e r l s s ~ ~ ~ mangelnder nstag

„In eurem Projekt ist ein Fehler •

„Nu wenn schon die Produktion wird ihn schon aus-

bessern "

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8Freitag

9arnstag

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62 Was des olkes Hände s chaffen

Manfred Strahl

Es war keine gewöhnliche Leitungssitzung. Diesmal sollten

wir uns was einfallen lassen. Deshalb war eine Ideenkonfe-renz angesetzt worden. Thema: Unser Beitrag zur Konsumgüterproduktion.Anfangs sprühten die Kollegen förmlich vor Einfällen. KollegeZuschke schlug zum Beispiel vor schmiedeeiserne Grills herzustellen. In allen Größen und Ausführungen. Bis hin zumfahrbaren Gemeinschaftsgrill Marke »Grillparzer« für Kinder-

ferienlager und Campingplätze.Zwar wandte Kollege Wittkegel Zuschkes ewiger Widersacher

sofort ein daß es im Handel schon Grills in allen Größen undAusführungen bis hin zum fahrbaren Gemeinschaftsgrill derMarke »Grillparzer« gebe doch der Betriebsdirektor erstickte

Inzwischen schienen die Kollegen ihr gei-

stiges Pulver schon verschossen zu haben

den aufkommenden Meinungsstreit be-

reits im Ansatz. Das sei j gerade das Be-

sondere an einer Ideenkonferenz wies erWittkegel zurecht daß jeder Kollege sei

ner blühenden Phantasie freien Lauf lassen könne und unverblümt sagen dürfe was ihm einfiele. Kein Vorschlag so abwe-

gig er auch sein möge dürfe zerredet oder verworfen werden.Jedenfalls nicht von vornherein. Dann bat der Direktor um wei-

tere Vorschläge.Kollege Kokoschinski ansonsten ein außergewöhnlich zurückhaltender Mensch fühlte sich durch den Hinweis des Direktorsermuntert erstmalig voll aus sich herauszugehen. Er plädierteleidenschaftlich für schmiedeeiserne Flurgarderoben. Wie ihmüber den betrieblichen Buschfunk zu Ohren gekommen sei verfügten zahlreiche Kollegen aus der Produktion ohnehin bereits

über Erfahrungen bei der Herstellung von Flurgarderoben fürden trauten Bekannten- und Verwandtenkreis. Warum so fragte Kokoschinski nach einem euphorischen Blick in die Rundewarum sollten die Kollegen aus betrieblichem Material nichtplötzlich auch Flurgarderoben bauen können deren Verkaufserlös dem Betrieb zugute käme.Kokoschinskis Vorschlag schlug wie eine Bombe ein. Spontanbrandete Beifall auf. Obwohl sich jedes Leitungsmitglied natürlich darüber im klaren war welch heroischer Überzeugungsar

beit es noch bedurfte um den Kollegen beizubringen daß sie

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6

Sie haben da drin mal

Staub gewischt Fein,

da können wir Sie jadazuzählen.

Was des o 1 es Hä n de s c h a e n

Schweigen wurde nur hin und wieder durch prinzipielle Hinwei-

se einzelner Kollegen unterbrochen.

»Fest steht, Kollegen«, sagte kämpferisch der Begeeller, »daß

wir aus dem bißchen Material, das uns zur Verfügung steht, so-

viel wie möglich machen müssen «

»Genau«, ergänzte der Hauptbuchhalter, »was wir machen, dürf-te dem Kombinat piepe sein. Hauptsache, wir liefern hoheStückzahlen.«

»Demnach«, fügte der Werkdirektor nachdenklich hinzu,

»müßte es ein möglichst kleines Erzeugnis sein.«Damit trat unsere Ideenken-

ferenz zweifellos in die entschei

dende Phase. Prinzipiell war

nun alles gesagt, jetzt ging es

um ganz konkrete Vorschläge.Folglich breitete sich Schwei

gen aus.

Ich persönlich, muß ich zu mei-

ner Schande gestehen, hatte

trotz intensiven Nachdenkens

keine Idee. Unser Leitungskol

lektiv ist zwar so groß, daß es

gar nicht weiter auffällt, wenn

dieser oder jener Kollege maleinen schlechten Tag erwischt

hat, aber meine Einfallslosigkeit

wurmte mich dennoch.

Meinen Mangel an Ideen führteich in erster Linie auf eine

langanhaltende Konzentrationsschwäche zurück. Und die wiederum hing wahrscheinlich mit

meiner Abneigung gegen das autogene Training zusammen. Ja-

wohl, trotz geradezu hingebungsvoller Bemühungen meinerPsychotherapeutin schlug das autogene Training bei mir nicht

an. Obwohl ich die Beschwörungsformeln brav auswendig ge-

lernt hatte.

Da sich unsere Ideenkonferenz ohnehin in einem Stadium be-

fand, in dem jeder seinen eigenen schöpferischen Gedanken

nachhing, kam ich auf die Idee, es mit dem autogenen Training

noch einmal zu probieren. Und zwar sofort. Ich schloß, wie essich gehört, die Augen, was meinen Kollegen entging, da ich

eine dunkle Brille trug. Dann begann ich langsam, ganz lang-

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Was des Volkes ände schaffen

sam, die Formel lautlos vor mich hin zu flüstern. »Ich bin ganzruhig; ganz ruhig und entspannt« sagte ich obwohl mein In-

nerstes vor Aufregung so aufgewühlt war wie ein Vulkan beimLavaausbruch. Aber ich gab nicht auf. Mehrmals wiederholteich den Satz. Endlich beim sechsten Mal, stellte ich mit Ver-

wunderung fest daß ich tatsächlich völlig ruhig und entspanntwar. Nun sprach ich wie man so sagt meine Arme an. »Mein

linker Arm ist schwer« sagte ich. Und schon beim dritten Mal

spürte ich deutlich was die Therapeutin damals vergeblich vonmir verlangt hatte: Mein Arm wurde tatsächlich schwer. Und

warm. Erwartungsvoll dehnte ich das Kommando auf beideArme aus. »Beide Arme sind ganz schwer« behauptete ich undtatsächlich stellte sich ein ungeheures Schweregefühl in denArmen ein. Da ringsherum noch Stille herrschte die Kollegen

also weiterhin angestrengt nachdachten fuhr ich mit dem au-togenen Training fort. Ich sprach alle möglichen Körperteile an.Und wie durch ein Wunder verfehlten meine Kommandos diesmal die beabsichtigte Wirkung nie. Ich war begeistert. Selbstmein stattlicher Bauch wurde noch schwerer als r ohnehinschon war und brannte wie Feuer nachdem ich »Mein Bauchist strömend warm« in mich hineingeflüstert hatte.Obwohl ich erst höchstens zwei Drittel der Übungen absolvierthatte stellte sich bereits jenes Gefühl bei mir ein von dem

meine Therapeutin seinerzeit so geschwärmt hatte. ja zunächstwar es nur ein angenehmes Gefühl. Aus dem angenehmenGefühl entwickelte sich jedoch bald eine noch angenehmereVision. Eine Vision die mir meine Therapeutin offenbar verschwiegen hatte. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich ineinem hellerleuchteten Raum sitzen. Tausend Lichter strahltenmich an. Tausend Lichter in tausend Kerzenhaltern. »SchöneKerzenhalter« rief ich angesichts der Pracht begeistert aus.Plötzlich vernahm ich Stimmengewirr verstört schlug ich die

Augen auf. »Kerzenhalter - das ist ein ganz ausgezeichneterVorschlag Kollege«, beglückwünschte mich der Werkdirektorund ließ abstimmen. Nur Kokoschinski machte gegen meinenVorschlag Stimmung. »Kerzenhalter« sagte r abfällig »gibt

es im Handel doch nun wirklich genug.«»Aber noch keine aus unserem Betrieb« konterte der Werk-

direktor scharf.Gestern nun habe ich unsere schmiedeeisernen Kerzenhalterzum ersten Mal in den Läden gesehen. Ein schönes Gefühl

wenn du sagen kannst: »Meine Idee «

._ 6 5

Günter Mittag aUfder E ~ i h j a h r s s i t „z lMsZentt•

l i o n i   »Genos

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Ein Löwe ist aus ·

dem Tierpark ausgerissen. Erst nachzehn Tagen wird er- wol11genährt - .·

zurückgebracht.»Wo hast du dichso fettgefressen?«fragt der Tiger.»Ach«, sagt derLöwe, »da war soein Gebüsch vormHaus der Plankommission. Da habeich jeden Tag einen

Mitarbeiter weggefangen, ist gar ·

nicht aufgefallen.«»Und warum bistdu nicht dageblieben?« - »Ich Idiothabe die Reinema

  h e f ~ u gefressen,die immer den Kaf

fee gekocht hat.<(

Was des olkes Hände s< haffen

Klaus Lettke

Ich bin ein ausgesprochener Schreibtischmensch, ein soge

nannter Sesselfurzer, der nicht einmal einen Nagel in die Wandkriegt. Glücklicherweise habe ich genügend Handwerker an

der Hand. Und einer ist immer besser als der andere. Ich habe

das beim Bau meines Wochenendhauses erfahren.

Der Boß jener Gang, der mir in einer Tag-und-Nebel-Aktion das

Ringfundament geschüttet hatte, versicherte mir, es sei eingroßes Glück, daß ich ihn und sein Team erwischt habe. »Wrr

sind 'ne dufte Truppe«, meinte er ebenso bescheiden wie offen

herzig. »Zwar bloß vier Mann, aber allet aufeinander einje

spielt. Von wejen an der Arbeit festhalten - is nicht Festpreis- und all et paletti Ordentliche Arbeit, ordentlichet Jeld. «

Daß sie ordentliches Geld nahmen, davon konnte ich mich nocham selben Tag überzeugen: Tausend Mark, »bar auf die Kral

le «, wie sich ihr Brigadier ausdrückte.

Die Jungs hielten sich nicht lange bei der Vorrede auf. Es wareine Lust, ihnen bei der Arbeit zuzuschauen. Wie die Heinzel

männchen dachte ich gerührt. Bloß nicht ganz so billig.

Der Boß bediente eigenhändig den Betonmischer.

»Eins zu drei, was?«fragte ich in das Mischergedröhn, um auchmal was Fachmännisches dazwischenzuwerfen.

Der Brigadier, ein Fachmann durch und durch, wußte sofort,

daß ich nicht irgendeinen Wechselkurs, sondern das Mi

schungsverhältnis des Betons gemeint hatte.»Ach was«, sagte er, »eins zu acht, und nach oben hin bißchen

fetter. Machen Sie sich mal keen' Kopp « fügte er hinzu, als ob

er meine Bedenken erraten hätte. »Wir haben da so unsere

Erfahrungswerte. Das Fundament, das wir Ihnen hinsetzen,

kriegen Sie nicht kaputt «Da ich ohnedies nicht vorhatte, mein eigenes Fundament zu zer

trümmern, war ich beruhigt.

Nach knapp drei Stunden war das Werk vollbracht.

»Det Ding steht wie 'ne Bombe « sagte der Brigadier und tipp

te zum Beweis mit der Schuhspitze sacht gegen ein Schalbrett

der Betoneinfassung. »Stampfbeton Wrr haben's erdfeucht ge

macht; sobald wir weg sind, könn' Se ausschalen.«

Obwohl ich sehr neugierig war, entschied ich mich, mit dem

Ausschalen noch eine Woche zu warten, bis der Beton seinevolle Festigkeit erlangt hatte. Danach löste ich vorsichtig ein

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Was des Volkes Hände s c h a f f e n

Brett der Einschalung. Sofort rieselte ein Häufchen Kies auf

meinen Schuh, wobei sich an der Oberfläche des Fundamentsein kleiner Trichter bildete. Damit nicht noch weitere Verhee

rungen um sich griffen, beschloß ich, die Ausschalarbeiten

einem Fachmann zu überlassen. Keiner konnte dafür geeigne

ter sein als der Maurer, welcher versprochen hatte, mir demnächst die Wände »hochzuhauen«

Dieser machte jedoch nicht viel Federlesens und deshalb beim

Ausschalen das halbe Fundament kaputt.

»Können Sie mir mal verraten, worauf ich hier mauem soll?«

fragte er interessiert und schubste mit dem Fuß einen Klum-

67

pen fuuchten ~ s beiselie - den ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~  letzten Rest der Fundament-ober-   \ i '

kante. »Nee, Meister, das bringen J ,.

Sie erst mal in Ordnung. ehe Sie·

mich wieder holen « sagte er. »Aber

sehen Sie zu, daß es waagerecht

wird.· Ich achte nämlich sehr auf

Genauigkeit «

1

Durch meine Arbeit am Ringfunda

ment hatte ich mich an den Um

gang mit der Wasserwaage ge

wöhnt. Als der Maurer wiederkam,

legte ich sie bald an diese, bald anjene Ecke des entstehenden Bau

  -- •'

.._.; .:

. J J . . Y ~ „ . . ~ K; _ ,~ . . . . . . . . „

(,>· ~ \

. - , - -·- ~ : · _erkes an.'

»Was machen Sie denn da?« fragte _.. :-- „ - - .-. -__. ___

der Maurer, der mein Tun schon ·...„ „ „ „ „ -'- _ . . . _ . ~ . . . .. ._ „ ..... ...-.. -

längere Zeit mit wachsendem Unmut verfolgt hatte. »Meinen

Sie vielleicht, das ist nicht gerade?«

»Hier könnte es allerdings ein wenig ... «, begann ich tapfer.

»Geben Sie mal her, die Blubber « sagte der Meister und pack

te mit fachmännischem Griff die Wasserwaage, um sie gegendie frische Mauer zu drücken. »Hier - stimmt doch ganz genau «

meinte er gekränkt. Tatsächlich Die Luftblase befand sich ak

kurat in der Mitte des gekriimmten Röhrchens. Trotzdem konn

te ich mir den Hinweis nicht verkneifen, daß die Wasserwaa

ge unten ungefähr eine Handbreit von der Wand abstand.»Ach, den halben Millimeter gleiche ich mit dem Putz aus «

sagte der Maurer optimistisch.Als der Rohbau fertig war, gestand mir der Maurer, daß er sich

eigentlich nichts aus Putzen mache. Seine Spezialstrecke seimehr das Mauem.

Na gut, aber erst nach

Feierabend «

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68 as des Volkes ände schaffen

»Wer hat denn hier gemauert?« fragte sein Nachfolger, den ich

als Putzer angeheuert hatte.

»Ein Maurer«, sagte ich ein wenig unsicher.»Na, wenn das ein Maurer war, dann bin ich Professor Dathe

Hier, sehn Se sich das mal an. Alles schief Und da, da fehlt j

fast 'n halber Meter «»Vielleicht kann man mit dem Putz ...?« fragte ich zögernd.

»Mit dem Putz kann man gar nichts ausgleichen«, entgegnete

der Putzer, »aber vielleicht kriege ich das noch irgendwie hin.

Hier muß ich was wegstemmen und da was ansetzen. Dauerteben bißchen länger. Aber dafür wird's ordentlich.«

Und wirklich, als der Putzer sein Werk vollendet hatte, sah

das Häuschen nicht mehr ganz so schief aus wie vorher. Mit

etwas Gutmütigkeit und Toleranz konnte man es sogar für ge

rade halten.«Diese verdammten Pfuscher « schimpfte der Rohrleger, der

anschließend kam. »Wie soll ich denn hier ein Stück Wasser-

rohr verlegen, wenn alles krumm und schief ist? Meine Win

kelstücke sind winklig, aber in diesem Haus habe ich bis jetzt

noch keinen rechten Winkel entdeckt.«

Für solchen Hungerlohn kann man ja

wirklich keine Qualitätsarbeit leisten

Ich hatte mich inzwischen daran gewöhnt,der Prügelknabe meiner Handwerker zu sein,

und steckte schuldbewußt die gerechten Vor

würfe des Rohrlegers ein, die fast immer mit dem Satz ende-ten: »Und das alles für zehn Mark die Stunde «

Ich sah ein, daß es allein mit passiver Unterwürfigkeit nicht

getan war, und schlug dem geplagten Fachmann vor, seinen

Stundenlohn auf zwölf Mark fünfzig zu erhöhen.

Daraufhin ging es zügig voran. Bald hatte der Rohrleger den

freigeschachteten Raum in Bad und Toilette mit einem unüber-

schaubaren und scheinbar wahllos verzweigten System von

PVC-Rohren unterschiedlicher Kaliber ausgefüllt.

»Passen Sie auf « sagte er. »Hier gieße ich jetzt Wasser hinein.«Tatsächlich goß er aus einer Brauseflasche Wasser in ein

emporragendes Rohrende. Ich mußte grenzenloses Erstaunenheucheln, als mir der Rohrleger, der mich blitzschnell ins Freie

gezerrt hatte, ein Rohrende zeigte, aus dem dasselbe Wasser

wieder herauskam. Ein Vorgang, den ich bis dahin für normal

gehalten hatte.»Es funktioniert « brüllte der Rohrleger triumphierend. »Na, nu

können Sie zuschippen, das hält hundert Jahre «

Ebensolange hätte ich wahrscheinlich Lobeshymnen auf mei-

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1

as des olkes Hände schaffen

nen letzten besten Handwerker gesungen, wäre die gesamte

Abflußanlage nicht nach drei Jahren hoffnungslos verstopft ge-

wesen.

Da ich in bezug auf Handwerker inzwischen sehr wählerisch

geworden war, heuerte ich wieder meinen altbewährten Quali-

tätsfanatiker an, der sich aber längst nicht mehr an mich erinnern konnte.

»Mit Reparaturen gebe ich mich eigentlich nicht ab«, sagte er

kühl. »Na, machen wir einen Preis unter Brüdern: zwanzig

Mark die Stunde und Essen und Trinken auf der Baustelle.«

Ich war überglücklich, so billig davonzukommen, denn wahr

scheinlich hätte ich es mir gar nicht leisten können, nicht sein

Bruder zu sein.Das Abflußrohr hatte ich bereits durchgesägt und auseinander

gedrückt - eine wichtige Vorbereitung, denn der Rohrleger be-absichtigte, den Fehler einzukreisen.

»Na, das werden wir gleich haben « meinte der Rohrleger zu-

versichtlich. Aber nachdem er eine Weile mit verschiedenen

Geräten in dem Rohr herumgestochert hatte, wobei er sich be-

sonders von der sogenannten Spirale einen durchschlagenden

Erfolg versprach, sagte er plötzlich: »Jetzt reicht's « und zog mit

einem gewaltigen Ruck an dem Rohr. Der Rohrleger schwang

triumphierend ein bizarres, geweihartig verzweigtes Rohrgebil-

de wie eine Siegestrophäe über seinem Haupte.»Da haben wir's « rief er begeistert und wies auf das Kunststoff

rohrgewirr, das in seiner eigenwilligen Form an ein abstraktes

Kunstwerk erinnerte und mir irgendwie bekannt vorkam.

»Hier drin kann ja nichts ablaufen«, sagte der Rohrleger ...

»Sehen Sie sich doch bloß mal diese eckigen Bogen an Das

muß sich ja zusetzen. Ich möchte bloß wissen, welcher Trot-

tel das gemacht hat «

»Das waren Sie « sagte ich rasch, ehe er sich noch mehr auf-

regte. Eine Weile sagte er gar nichts. Ich sah fön11lich, wie esjetzt in seinem Gehirn arbeitete. »Was denn, ich selber soll ... «

»Na klar Wissen Sie denn nicht mehr: zwölf Mark fünfzig die

Stunde?«

»Ach so « - ein verzeihendes Lächeln huschte über das Antlitz

des Rohrlegers, der sich nun wieder voll in der Gewalt hatte.

»Na, für solch einen Hungerlohn kann man ja wirklich keine

Qualitätsarbeit leisten.«Das soll mir eine Lehre sein für die Zukunft: Unter fünfund-

zwanzig Mark die Stunde läuft bei mir nichts mehr

Vor dem Haus derMinisterien stehtein Bockwurstverkäufer. Auf einmalweht ein Wmdstoßalle Pappteller in

9

ein Fenster des Mi-nisteriums. Der Ver-

käufer geht ZU ll ·

Pförtner und llittet· "darum, die Papp-teller zurückzuerhalten. Der Pförtnermacht sich auf denWeg, kommt nacheiner Weile zurück

und sagt: »Das gehtleider nicht.«

»Wieso denn?« fragt

der Verkäufer.»Der Minister hat

·   .

sie alle schon unter„

schrieben.«

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7

/

>>Oh, Verzeihung, ich

habe Sie aber wirklich

ni ht mehr gesehen

as des Volkes ände schaffen

Alfred Schiffers

Ich betrat den Kurzwarenladen um einen Hosenknopf zu kau

fen. Kaum hatte ich die Ladentür hinter mir geschlossen alsmich auch schon zwei Verkäuferinnen umzingelten. Lächelnd

und wie aus einem Munde fragten sie nach meinen Wünschen.

Mein Wunsch einen Hosenknopf zu kaufen versetzte sie in

helle Begeisterung. Sie geleiteten mich auf liebenswürdigste

Weise zum Ladentisch und legten mir eine riesengroße Kollek

tion wunderschöner Hosenknöpfe vor. Sie gaben unaufgefordert

Auskunft über Qua

lität besondere Vor

züge und voraussichtliche Lebensdauer je

des einzelnen Knopfes

bei der entsprechen

den Pflege.

Ich gestehe daß mich

dieses nicht alltägli

che Geschäftsgebaren

irritierte.

Ich wählte einen geeigneten Hosenknopf

aus und erschrak beider höchst merkwür

digen Frage der Ver-. · · -. · - kaufskräfte ob ich den

Knopf gleich mitzunehmen gedächte oder ob man mir die Ware

ins Haus senden sollte.

Nun erfaßte mich Panik. Ich schleuderte ein Markstück auf den

Ladentisch und verließ unter Zurücklassung des Restbetragessowie des Knopfes fluchtartig das Geschäft. Draußen vor der

Ladentür als ich schon glaubte davongekommen zu sein tipp

te mir ein Herr auf die Schulter.»Das war nicht nett von Ihnen« sagte er. »Wrr drehen hier einen

Film zur Woche der Verkaufskultur und kurz vor dem Happy

End schmeißen Sie die Sache.«

»Tut mir leid«  sagte ich.

»Halb so schlimm« sagte er »besetzen wir eben den Kunden

auch mit einem Schauspieler.«

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7 eißer S ommer

othar usche

oi to Roiso o o

Die wichtigste Vorbereitung auf eine Reise besteht bekanntlich

in der Zusammenstellung des nötigen Gepäcks. Aber selbst erfahrene und weitgereiste Leute versagen dabei nicht selten:

Sie packen fast immer zuviel ein, und selbst wenn sie sich bei

der nächsten Gelegenheit fest vornehmen nur noch die Hälfte

davon mitzunehmen so ist auch das mindestens das Doppelte

von dem, was sie im äußersten Falle gebrauchen könnten. Zum

Beispiel Krawatten Socken Taschentü-

cher nehme ich immer in großen Mengen

mit. Wenn ich für zwei Tage wegfahre

packe ich ungefähr sieben Taschentü-cher ein. Genauer gesagt: Es wird eine

geheimnisvolle Kraft in mir wirksam die

sie mich einpacken läßt.

Natürlich bin ich als aufgeklärter

Mensch über den Verdacht erhaben ir

gendwelcher düsteren Metaphysik anzu-

. hängen aber was das Einpacken von Ta

schentüchern betrifft so gibt es Dinge

zwischen Himmel und Erde von denensich meine Schulweisheit nichts träumen

läßt. Meine Schulweisheit ist allerdings

auch ziemlich gering.

Doch wie jeder Reisende weiß nimmt

man nicht nur von irgendeiner Sache

immer etwas zuviel mit sondern auch

von einer anderen etwas zuwenig. Um

auch dafür ein Beispiel zu geben: Ich vergesse mit einer gera-

dezu unheimlichen Regelmäßigkeit eine Zange einzupacken.Schon oft fand ich mich des Abends im Hotelzimmer in der

peinlichen Situation den Koffer auszuräumen und keine Zange

darin zu finden. Donnerwetter dachte ich dann verärgert du

wirst langsam vergeßlich alter Knabe Mein Versagen wäre

noch zu entschuldigen wenn es sich um ein ausgefallenes Ding

handelte an das man eben nicht immer denkt beziehungswei-

se das man auf einer Reise so gut wie gar nicht benötigt bei

spielsweise eine Stehlampe einen Feuerhaken oder ein Gerät

zum Durchleuchten von Hühnereiern. Aber wie kann man als

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He ißer ommer

Reisender die Zange vergessen Schließlich reist man nicht

nur zum Vergnügen. Man hat Verabredungen einzuhalten, also

muß man pünktlich aufstehen. Das aber setzt voraus, daß manzur rechten Zeit aufwacht.

Mit dem Wecken ist es aber immer so eine ungewisse Sache.

Ichwill

nichts gegen das Niveau unserer Hotels sagen, dassich j seit Ausgang des Mittelalters nicht wesentlich gesenkt

hat, aber die Methoden, mit denen Gäste geweckt werden

sollen, entbehren doch nicht eines gewissen Risikos. In der

Regel haut jemand fünf Minuten vor acht einmal gegen die Tür

und brummt »halb acht«, und dann kümmert er sich um nichtsweiter.

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Daher benutze ich einen Reisewecker. Nun weiß jeder Mensch

der unsere Reisewecker kennt, daß jenes Rädchen, mit dem

man den Reisewecker stellen kann, spätestens nach dreimali

ger Benutzung abfällt, weil es einfach nicht so konstruiert ist,

daß es an dem Reisewecker dranbleiben könnte.

Einern ordentlichen Menschen, der nicht so huschelig ist wie

ich macht das nichts weiter aus, denn er wird niemals seine

Zange vergessen und kann mit ihrer Hilfe jederzeit seinen Rei-sewecker stellen.

Immerhin bleibt mir eine letzte, kleine Rechtfertigung: Die han-

delsüblichen Zangen sind so unhandlich. Daher schlage ich der

Uhren-Industrie vor wenn sie schon keine Reisewecker mit

haltbaren Rädchen produzieren kann, doch wenigstens ge-

schmackvolle Reisezangen in Etuis anzufertigen und somit

einen Beitrag zu den tausend kleinen Zangen zu leisten.

73

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eißer Sommer

Jochen Petersdorf

Ein Feldrain. Man hört Mähdreschergeräusch. Ein Bauer

kommt auf einem Fahrrad angefahren. Er hält an. Guckt verstohlen um sich. Er pfeift auf zwei Fingern und ruft leise:»Lisa «

Das Mähdreschergeräusch hört auf. Lisa (die Mähdrescherfah-

rerin) kommt. Macht sich das Kopftuch ab.

Schüttelt den Staub davon ab.

Wischt sich den Schweiß von der Stirn.Lisa (glücklich): Da bist du ja

Bauer: Ja, da bin ich.

Lisa: Hat dich auch niemand gesehen?

dort hinter den Strohhaufen gehen.

Bauer: Ich glaube nicht.

Ich bin unten am Bachlanggefahren. Da war

bloß Heinrich mit den

Schafen. Und der sieht ja

schlecht

Lisa: Aber hier ist es ei

gentlich ungünstig. Kein

Baum, kein Strauch. Mankann uns meilenweit

sehen.

Bauer: Wir können doch

(Sie verschwinden hinter den Kulissen, und man hört nur nochdie Stimmen.)

Lisa: Eigentlich ist es nicht richtig, was wir machen. Es ist ge-•

mem.

Bauer: Aber ist es nun mal nicht zu ändern. Und wenns keinersieht, kann es auch kein Gerede geben.

Lisa: Also gut. Schnell, schnell

(Schmatzende Geräusche, zufriedenes Stöhnen. Dann kommen

beide wieder vor.)

Lisa: Ah Das tat gut

Bauer: Ja. Und im Wmter, Lisa, können wir es sogar wieder

öffentlieh machen. Dann liefert das Getränkekombinat ganze

Kästen voll, und keiner kann neidisch sein, wenn jemand

Brause trinkt

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Die Empfangsdame im Interhotel zu dem bundesdeutschenGast: »Sagen Sie mir bitte wenn Sie etwas brauchen.« -

»Und Sie können es dann beschaffen?« - »Nein aber ich

kann ihnen erklären warum es das gerade nicht gibt.«

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Zuletzt wurde derTrabbi ohne Motorausgeliefert - inder LlR ging . ·sowieso alles berg-ab ...

H ei er Sommer

Matthias iskupek

IAltso11 1oizoit o i l J ~ l11to6i1Jia1

Die linden Lüfte waren erwacht; also die Wettertendenz gestal

tete sich zunehmend positiv.Ich bedachte, daß die Gartenbank jetzt aus dem Keller an die

frische Luft gehöre und daß die Bank ein paar blanker Nägel

und etwas netter Farbe bedürfe.Gedacht- gesagt. Doch man muß wissen, daß meine Frau mit-

ten im Leben tätig ist. Nachrichten sind ihr konkret und abre

chenbar zu übermitteln. Ich fertigte also ein Anschreiben: »Frei-

zeitfreiluftmobiliar unverzügl. jahreszeitgemäßer Verwendung

zuführen. Umfassende Instandsetzg. ist in Eigeninitiative zu

realisieren. Termin: sofort. Beschlußkontrolle: täglich.«Ich erhielt folgende Hausmitteilung meiner Frau: »Begründung

für Umsetzung konkretisieren und nachreichen. Bilanzanteile

für malermäßige Instandsetzung derzeit noch unbilanziert.

Breites Nagelkontingent dringend erforderlich. Ist eine umfas-

sende Einbeziehung weiterer gesellschaftlicher Bereiche in An-

griff genommen worden? Mitspracherecht verwirklichen In-

formation über Aktivitäten umgehend erbeten.«

Ich setzte einenAufruf an meinen Sohn auf: »Jugend voran Was

ist Dein Beitrag zur sich immer umfassender entwickelndenJahreszeit? Heraus mit dem Freizeitfreiluftmobiliar Treffen wir

den Nagel auf den Kopf Bitte teile mjr Deine Aktivitäten un-

verzügl. mit. (Formlose Stellungnahme genügt.)«

Meine Frau hingegen erhielt von mir folgendes Antwortschrei

ben: »Betrifft: I. Begründung über Umsetzung des Freizeitfrei

luftmobiliars. Betrifft: II. Information über breite Mitsprache

der Jugend.Zu I.) Weitere Verbesserung des gartentypischen Sitzangebots.

Zu II.) Aufruf gestartet. Begeisterte Zustimmung aus vielenBereichen. Die weitere Entwicklung wird aufmerksam ver

folgt.«

Unser Sohn, seit vielen Schuljahren umfassend auf unser Leben

vorbereitet, schrieb mir einen in herrlichen Worten gehaltenen

Brief. »Lieber Vater, ich danke Dir für Deine richtungweisen

den Vorschläge. Sei gewiß, auf mich kannst Du Dich immer

verlassen. Als vordringliche Aufgabe erachte ich es, unsere

erfahrenen Bürger schöpferisch einzubeziehen. Die konkrete

Nutzung des Freizeitfreiluftmobiliars ist eine Herausforderung

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  eißer Sommer

für die Jugend « Einen Durchschlag des Schreibens erhielt

meine Frau.

Meine Frau sah sich voll gefordert und lud mich zu einer Ko-

ordinierungsberatung ein, um alle bisherigen Vorschläge tat

kräftig umsetzen zu können. Ein schöner Erfolg zeichnete sich

schon bald ab: Unser Sohn hatte inzwischen ganz unbürokratiscl1 und mit jugendgemäßer Frische unsere Oma mal in aller

Deutlichkeit angesprochen. Und Oma hatte die Gartenbank inden Garten geschleppt.

Ich setzte mich auf die Bank und ein

neues Schreiben auf: »Auf dem Er-

reichten gilt es sich nicht auszuru

hen. Verwirklichen wir noch besser

die komplexe Sanierung der Freizeit

freiluftaltmöbelsubstanz Wo heuteein Latte wackelt, müssen wir mor-

gen den Nagel ansetzen. Es kommt

stets darauf an, eine jede Schadstel

le umfassend zur Renovierung vor-

zubereiten.«

Wahrscheinlich habe ich die Anfor-

derungen im Verlauf unserer Kam-

pagne etwas zu hoch geschraubt.

Meine Frau, mein Sohn und ich hiel-ten mehrere Beratungen auf derGartenbank ab. Von unseren erreg

ten Debatten, die wir stets bis zur

völligen Einsicht hin ausdiskutier

ten, bekam die Bank einen Knacks.

Genauer: einen doppelten Dreifach

kreuzquerknacks, wie wir im Scha-

densprotokoll feststellten.

Es war nun an der Zeit, rückhaltlosKritik zu üben und mit manchen hier

und da noch auftretenden Schlampereien abzurechnen. Ich

stellte unumwunden fest, daß wir im Verlauf dieses Sommers

viel erreicht hätten, daß es aber keinen Grund zu Selbstzufrie

denheit gäbe. Leider wurden nicht alle gesteckten Ziele er-

reicht. Es gab Versäumnisse, jawohl, rief ich aus. Können wir

es uns leisten, das zu verschweigen? donnnerte ich.

Unsere Oma schleppte schuldbewußt die Gartenbanktrümmer

in den Keller.

»Kein Wagen, kein

Schwimmingpuhl, nicht

mal ein Hund - woriiber

soll man sich mit dieLeute unterhalten

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  8

>Und ihr liebstes Hobby

Mr. Robinson?< 

>>Autofahren Autofah-

ren Autofahren

ochen Petersdorf

Eine Reisegeschichte

Friedrich Deutschmann, mittelgroß,

geht spazieren und sieht Los-

bude, wo man ab und an

einen Reibach machen kann.

Friedrich, der zwar nie im Leben

paß gehabt am Geldausgeben,

ist nicht knickrig unbedingt,

wenn er meint, daß Vorteil winkt.

In ein Land, das, wie man weiß,

sozialistisch ist und heiß,

zieht es ihn nicht sonderlich,

doch er sagt sich: Friedrich,

denke dran, wer rastet, rostet,

zittre los, zumals nischt kostet.

Auf gehts gen Bulgaria,

hipp hipp hurra Safaria

•••••••

----

Sieben Startbonbons gelutscht,

teak und Kognak, damits rutscht,

Stewardeß entwickelt Charme,

Friederichen zwickts im Darm,

endlich Landung, Zöllner grienen:

Heißer  Sommer

Fünfzig Pfennig,er grapscht rin,

Heidiwitzka -

Hauptgewinn

Friedrich, anfangs

hoch beglückt,

glubscht auf einmal

recht geknickt,

weil zum Fernsehnein Gerät,

er sehr gern besitzen

tät.

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  eißer ommer

»Sonnenbrillen? Nix verdienen

Wünschen gute Weiterreise «

Friedrich blubbert: »Große Scheiße

Balkan mies wie ehedem «

Machts sichs im Hotel bequem.

Schläft, bis abends gegen acht

ihn der Kohldampf munter macht,

schluckt dann mangels Pils und Eisbein

angeekelt Huhn mit Weißwein,

intoniert schon etwas blau

»Zickenschulze aus Bernau«

und verlangt zum Zeitvertreib

rassiges Zigeunerweib.

Kneift die Barfrau, die sich ziert,wankt vors Haus und uriniert.

Tags darauf, schon wieder munter,

faßt r sich ein Herz und unter

nimmt nun mittels Omnibus

eine Fahrt zwecks Kunstgenuß.

Wo die frommen Mönche hausen,

heucheln Scharen von Banausen.

Pietät und Feingefühl,Friederich jedoch bleibt kühl

und gibt Kunst der Knoblauchfresser

letzten Schliff mit deutschem Messer.

Nickerchen m Badestrand.

Fazit: schwerer Sonnenbrand.

Friedrich zetert: »Jetzt ist Schluß

Zuviel Nepp für schweres Geld «

Turboprop - schwupp - Schönefeld.Heimatland, Wtllkommensschluck.

»Kellner Mastika Ruckzuck

Nicht vorhanden? Ein Skandal

Chaos international «

Nachsatz: F. erfährt man, plane

Wmtersport in Zakopane.

Freundschaft •

9

Das in schwedischen Ostsee

gewässern gesichtete U-Boot istidentifiziert wor

den. Es gehört zurNVA-Marine und istauf der Suche nach

Grundnahrungsmit

teln.

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8 •He iß .. Sommer·

eli Busse

s

Fast täglich kommen wildfremde Leute zu uns ins Gemeinde

büro und fragen nach Pachtland am Waldsee, und unter diesenPachtlandsuchern sind nicht wenige, die eine dicke Briefta

sche voller Geld haben und denken, wenn sie die herausholen

und ihnen dabei aus Versehen ein Scheinehen auf den Gemein-

deschreibtisch fällt, dann wäre ihr Antrag so gut wie gelaufen.

Aber bei uns läuft nichts mehr auf diese Weise und das ist dann

stets eine herbe Enttäuschung für die Damen und Herren.

»Seien Sie froh« sage ich immer zu ihnen, »daß es nicht klappt.

Glauben Sie mir - es wäre Ihr Untergang, Sie würden das nicht

durchstehen « Natürlich hat mir das noch keiner geglaubt. Jederdenkt: Mann ich habe einen Raufen Geld - wieso soll ich das

nicht durchstehen?Nun ich kann nicht jedem dieser Leute die Geschichte von Rüb-

sam und Dungebach erzählen. Sie ist zu lang, aber man sollte

Schließlich konnte er seine Familie nicht gut auf einer

Decke am Boden herumliegen und Gras kauen lassen

ihren Fall, weiß Gott, ans

Schwarze Brett der Gemeinde

anschlagen, damit sich einjeder

infarmieren kann und begreift,

was für ein Glücker

hat, kein Grundstück zu kriegen.Die Sache mit Rübsam und Dungebach fiel in die Zeit, als im

Gemeinderat noch die Idee umging, die Waldseeumgebung par

zellenmäßig zu erschließen. Zufällig tauchte damals der mick

rige Rübsam im Ort auf. Rübsam hatte fast so etwas wie eine

amerikanische Millionärskarriere hinter sich, denn er war als

Tellerwäscher in einer Großküche ein wohlhabender Mann ge-

worden, indem er plötzlich im Lotto einen Hanfen Geld ge-

wann. Und er hatte schon alles eingekauft, was er zum Glück-

lichsein brauchte, bloß ein Grundstück fehlte ihm noch, weshalb er bei uns im Gemeindebüro erschien und mit seiner dik-

ken Brieftasche herumspielte.

Ich will hier nicht sämtliche Einzelheiten schildern, nur soviel:

Rübsam bekam sein Grundstück, und die Gemeinde hatte pri

vat Geld um für den Kindergarten eine große Holzeisenbahn

zu kaufen. Wrr hielten das damals für eine gute Lösung der Pro

bleme, und da die Landverpachtungam Waldsee lediglich gegen

das Landeskulturgesetz verstieß, brauchten wir nicht zu be-

fürchten, daß sich irgendeiner aufregte deswegen.

Rübsam friedete sein Pachtland am Waldsee mit einem Zaun

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Hei ßer ommer -

ein und fing an zu bauen und da kann sich jeder vorstellen daß

er fortan keine Schwierigkeiten hatte seinen Lottogewinn

unter die Leute zu bringen und sich dafür jede Menge Sorgen

einzuhandeln. Vielleicht hätte er die auch alle bewältigt wäre

nicht drei Wochen später ein gewisser Dungebach im Ort er

schienen gleichfalls auf der Suche nach einem Waldgrundstück am See. Dungebach war das ganze Gegenteil von Rüb

sam nämlich ein großer mächtiger Mensch mit einem Stiemak

ken und gewaltigen Pranken an langen Armen so daß man ihn

von weitem für einen Orang-Utan halten konnte.Aber weil die Gemeinde inzwischen Geschmack an der Land-

verpachtung gewonnen hatte störte sie sich nicht wei

ter an Dungebachs Aussehen obwohl auch über seine

finanziellen Verhältnisse völlige Unklarheit herrschte.

Dungebach war Handwerker und in Geldangelegenheiten sehr verschwiegen doch er hatte sich bereit er

klärt für eine Wasserleitung zum Campingplatz zu

sorgen und das war j echt noch mehr wert als eine

Holzeisenbahn für den Kindergarten.

Dungebach sollte jedoch nicht dazu kommen sein Ver

sprechen zu erfüllen denn kaum hatte er sich am

Waldsee niedergelassen und gesehen wie Rübsam

einen Bungalow hochzog fühlte er die Verpflichtung

in sich ihm das nachzumachen. Schließlich konnte erseine Familie nicht gut auf einer Decke am Boden her

umliegen und Gras kauen lassen wenn die nebenan

in Betten schliefen und sich in ihrer Küche frugale

Menüs kochten.

Der mickrige Rübsam hatte mit seinem Bungalowbau

mäßig drei Wochen Vorsprung aber den büßte er nunganz schnell ein denn was sah er seinerseits bei Dungebach

und mußte es auch haben? Er sah wie Dungebach mit einem

Lada vorfuhr während er es selber mit seinem Lottogewinn inder Eile bloß zu einem Trabant Kombi gebracht hatte. Rübsamfing also an darüber nachzudenken wie er an einen vorneh

meren Wagen kommen könnte aus dem seine Frau ebenso

richtig und elegant aussteigen konnte wie Frau Dungebach aus

dem Lada. Dadurch verlor Rübsam die Beschaffung von Stei

nen und Mörtel und Dachplatten und all den hunderttausend

Dingen für seine Datsche erst einmal aus dem Auge. Er geriet

ins Hintertreffen zumal Dungebach als Handwerke sowieso

im Vorteil war weil er bloß seinen Handwerkerausweis hervorzuholen brauchte um in jedem Laden Schokosteckdosen und

v 81

>>Verstehst du warum er

nicht losfährt?

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82 eißer -Sommer

alles Material zu bekommen  was Rübsam viele Wochen und

immer ein paar Scheine extra kostete.

Nun kann man sagen was man will aber es gibt eine ausglei

chende Gerechtigkeit denn jetzt hatte Dungebach seinen

schwarzen Tag. Er blieb mit seinem Lada an der Abzweigung

zum Waldsee stehen weil der Kühler kochte und während erzum Telefonieren in den Ort lief um das Abschleppen und Re-

parieren seines Wagens zu besorgen saßen seine Frau und die

Tochter m Chausseegraben und warteten und weinten. In die-

sem für die Familie Dungebach schrecklichen Augenblick fuhr

der mickrige Rübsam mit einem hochglanzpolierten Dacia an

ihnen vorüber und aus dem Rückfenster grinsten Frau Rübsam

und deren beide Bengel.

Als Dungebach mit seiner unglücklichen Familie endlich völ-

lig fertig am Waldsee eintraf schlug das Schicksal noch ein-mal zu denn er mußte sehen wie Rübsams in einer funkelna

Man kann sogar Ärger bekommen wenn manlediglich gegen das Landeskulturgesetz verstößt.

gelneuen Hollywoodschaukel schau

kelten und von da aus ihren funkelna

gelneuen Dacia beäugten. Dungebach

ohnehin deprimiert wegen seines Wa-

gens warf sich aufheulend ins Gras und jeder kann sich vor-

stellen wie schrecklich der Anblick dieses mächtigen am

Boden zuckenden Körpers für Frau und Tochter gewesen sein

muß. In ihrer Verzweiflung verbreitete Dungebachs Frau das

Gerücht man würde für drei Wochen nach Ungarn fahren um

dort Urlaub zu machen weil das am Waldsee zwar ganz nettaber eben doch kein richtiger Urlaub mit internationaler Um-

gebung wäre. Rübsams glaubten es und es war prestigemäßig

ein Schlag für sie da ihnen so etwas wie internationale Umge-

bung nicht eingefallen war aber sie beschlossen sofort die

drei Wochen zu nutzen um etwas auf die Beine zu stellen was

den Orang-Utan nach seiner Rückkehr zerfetzen würde.

Nach drei Wochen als Dungebach seinen Lada wieder beisam

men und auch eine Hollywoodschaukel besorgt hatte und mit

Gattin und Tochter am See erschien erhob sich Rübsam gemes-

sen aus seinem Liegestuhl um seine neueste Attraktion in Be-

trieb zu setzen: einen Springbrunnen mit Fontäne die dank

einer Motorpumpe drei Meter in die Höhe schoß und alsdann

in ein betoniertes Becken niederpladderte.

Dungebach stand zunächst wie erstarrt aber dann kam plötz

lich Bewegung in seinen mächtigen Körper und er rannte mit

angewinkelten Armen zu dem kleinen Häuschen hinter dem

Bungalow. Rübsam sah es und dachte zunächst der blanke

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  eißer Sommer

Neid wäre Dungebach in die Gedärme gefahren aber als Dun

gebach auch später immer wieder die Flucht ergriff sobald er

die Fontäne niederpladdem hörte begriff Rübsam die Zusam

menhänge und erkannte welch furchtbare Waffe er mit der

Fontäne gegen den Riesen Dungebach in der Hand hatte. Von

da an machte er es sich zur Aufgabe alle halbe Stunde dieFontäne ab- und wieder anzustellen um Dungebach unter mek

kemdem Gelächter zum Häuschen abmarschieren zu lassen.Dungebach beriet sich mit einem Rechtsanwalt. Der erschien

am Waldsee fand alles sehr nett und legte sich probehalber in

Dungebachs Hollywoodschaukel um die Wirkung der Fontäne

zu prüfen aber ihm machte das Wassergepladder nichts aus.

Deshalb sagte er Dungebach unter diesen Umständen könne

er nichts anderes tun als das Pacht-

land aufzugeben und sich etwas anderes zu suchen da sich juristisch keine

Handhabe böte. Und noch am selben

Tag erschien dieser Rechtsanwalt auf

der Gemeinde ums ich als Anwärterauf Dungebachs Grundstück vormerken

zu lassen. Aber er sollte nicht in den

Genuß seiner juristischen Beratungs

kunst kommen denn Dungebach gab

das Land nicht zurück sondern hatteeinen anderen Einfall.

Dungebach baute einen Steg in den

Waldsee und an dessen Enden eine

Plattform auf Pfählen und er kaufte ein

Boot mit Außenbordmotor und er nebst

Frau und Tochter fuhren auf dem Wald-

see spazieren und machten einen Höllenlärm daß Rübsam mit

seinen dünnen Beinchen die unten aus einer Lederhose her

aushingen wie Rumpelstilzchen um den Waldsee herumtanzte und gräßliche Flüche über das Wasser schickte. Und der

mächtige Dungebach lächelte breit dazu und ließ den Motor

aufheulen daß Rübsam seine eigene Stimme nicht mehr hörte.

Und dadurch wurde dem Dungebach so wohl wie dem bekann

ten Esel der aufs Eis geht und einbricht. Er holte sich ein paar

Bekannte zusammen und veranstaltete auf der Plattform amEnde des Steges wo er Rübsams schreckliche Fontäne nicht

hörte eine große Siegesfeier mit Kaffee und Kuchen Sonnen

untergang und Lampions Kartoffelsalat und Würstchen Bierund Schnaps und viel Gesang. Rübsam stand wie ein Kessel

8

.

 l

>Ich begreife nicht,

warum Müllers immer

so von ihren Wasser-wanderungen schwär-

men «

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8

Eine junge Frau .··

liat i n e n ~ u s r e i  antrag gestellt.»Mein Onkel aus ~ ; <

..   . ..

DÜsseldoff hat m g'Cschrieben, ichSlJll zu ihm kom- . ·

' < ; ' ' • - t \

rilen und ihn pfle- .gen. Er is;t alt ·

l«:ank ung°_ebrecll-lieh.«

»Dann soR er docbm ie DDR. kom -nfen, und Sie

~ n ihn hier «. . -

}>ith sagte mein ~ e ;- . .

O nkel ist alt, krankund gebrechlich,aber ich Habe nicht.gesagt, daß er ver-kalkt ist.   „ .

' ; ° -

 

eißer ommer

unter Überdruck am Seeufer, und da sah er plötzlich, wie sichdie Plattform nach einer Seite neigte und alles, was sich darauf befand, ins Wasser fiel. Bloß die Lampions fielen nicht insWasser, sondern ins Dungebachsche Boot. In dem Boot befandsich ein Kanister mit Benzin für den Außenbordmotor. Es gab

eine Explosion, die man bis in den Ort hinein hörte, und dannbrannten das Boot und der Steg ab.So schnell, wie das alles ging, war unsere freiwillige Feuerwehrnicht zur Stelle. Der Sachschaden war nicht groß, aber derBrand brachte uns trotzdem eine Menge Ärger ein, insofern mitder Feuerwehr auch die Polizei erschien und die Meldung vondem Vorkommnis höheren Orts die Frage aufwarf, wieso amWaldsee entgegen den Bestimmungen des Landeskulturgesetzes Grundstücke verpachtet und bebaut worden waren. Es kam

die Sache mit der Holzeisenbahn zur Sprache und noch einpaar weitere Dinge, wie das immer so ist, wenn mal irgendwoangefangen wird zu graben und tiefer zu bohren. Kurz: plötzlich gingen über unsere stille Gemeinde Verfahren, Mahnungen,Verweise, Strafbescheide und Auflagen nieder, und am Endewurden wir beauflagt, am Waldsee wieder alles in den ursprünglichen Zustand zu versetzen und der allgemeinen Nutzung zugänglich zu machen. Doch dies nur am Rande zur Warnung, daß man sogar dann Ärger bekommen kann, wenn man

lediglich gegen das Landeskulturgesetz verstößt.Was ich eigentlich sagen wollte, ist dies: In gewisser Weisekonnten Rübsam und Dungebach von Glück reden, daß ihnender Brand dazwischengekommen war. Der hat sie veranlaßtaufzugeben, was sie sonst höchstwahrscheinlich nicht getanhätten. Ich bin ziemlich sicher - irgendwann hätte einer vonihnen damit angefangen, eine Betonstraße nur für sein Autodurch den Wald zu legen, und der andere, nur für sich einenFernsehturm mit Drehcafeobendrauf zu bauen, und selbst dann

wäre noch immer kein Ende in Sicht gewesen. Wieso ist dasso? Und womit fängt das alles an?Alles fängt immer damit an, daß man bei anderen etwas sieht,und dann muß man es auch haben, um nicht in den Augen deranderen schäbig dazustehen. Ich bin sicher, auch der allererste Mensch war so ein Beispiel für die anderen Affen, nun ebenfalls von den Bäumen zu steigen, weil es ihnen plötzlich nichtmehr vornehm genug auf dem Ast erschien, auf dem sie saßen.Aber was hilft alles Philosophieren? Glauben Sie, es wäre am

Waldsee erträglicher gewesen, hätten die Affen dort auf denBäumen herumgelärmt?

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8

In der DDR gibtes eine neue Mas

senorganisation,BMWBürger mit West

geld.

,

..,

Höher, schneller weiter

Jochen Petersdorf

p rt tO

»Genossen und Kollegen«, sagte der Alte, »wenn ich so dran

denke, dann darf ich gar nicht dran denken.« Die angesprochenen Genossen und Kollegen der Betriebsleitung nickten ernstund teilnahmsvoll. Sie wußten zwar nicht, was gemeint war,

aber sie merkten, daß der Alte Sorgen hatte - und da ist An

teilnahme prinzipiell nie verkehrt. »Ihr alle wißt«, fuhr der Altefort, »welch enormen Stellenwert der Sport in unserem Landehat. Jawoll, der Betriebssport Ich kann mich auf keiner höhe

ren Ebene mehr blicken lassen, wenn es uns nicht endlich ge

lingt, ein Betriebssportfest durchzuziehen.« - »Anläufe habenwir ja zur Genüge gemacht«, meinte Kollege Bänkelsang, »aberdie Belegschaft hat nun mal am Wochenende ihre Privatinteressen.« - »Der Sport ist aber nicht nur gesellschaftlich relevant,sondern originäres Privatinteresse « rief der BGLer. Er war ge

rade von einem Weiterbildungslehrgang heimgekehrt, der seinWissen um die Wörter >relvant< und >originär< bereichert hatte.»Am besten, wir machen das Sportfest in der Arbeitszeit«, sagteder Ökonomische. »Das ist zwar produktionsmäßig kaum zu

vertreten - aber wir würden Massen auf die Beine kriegen.«»Kommt nicht in Frage « schrie der Alte. »Ein Sportfest hat amWochenende stattzufinden Die Fußballer spielen ja auch am

Sonnabend « - »Jaja - aber wie? « rief prustend der KleineMuck, den man deshalb den Kleinen Muck nannte, weil er 1,92Meter lang ist. Kollegen-Ulk. Der Alte guckte unheimlich nachdenklich, i1nd plötzlich hatte er eine Idee. »Hör mal zu Kleiner«,

sagte er zum Kleinen Muck, »du bist doch sicherlich über Sonn

abend und Sonntag wieder auf deinem Grundstück?« - »Na

logo « - »Eben. Und da liegst du sicherlich nicht nur faul rum «

- »Du hast's erraten. Ich muß Kirschen pflücken «Die Miene des Alten hellte sich zusehends auf. »Kirschen pflük

ken«, rief er, »dazu brauchst du doch bei deiner Länge bestimmtkeine Leiter « - »Nee«, meinte der Kleine Muck. »Das macheich aus'm Stand, und nach den Knuppern, die etwas hoch hängen, springe ich.« Der Alte grübelte: »Er springt Er springtHabt ihr das gehört Kollgen? - Paß auf Kleiner. Notier dir die

Sprünge und die Höhe, und am Montag rechnest du im Betriebab. Hochsprung ist doch eine klassische Sportfestdisziplin. -Weiter. Kollege Schnorkel, was machst du am Sonnabend?« -»Ich gehe zum Frühschoppen.« - »Und danach?« - »Da geht er

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am Stock«, quakte der dicke Prauschkewitz und schüttelte sich

vor Lachen. »Laßt den Unfug, Kollegen«, rief der Alte. »Ihr habt

doch gehört: Kollege Schnorkel geht zum Frühschoppen. Er

fährt weder mit dem Bus noch mit dem Fahrrad. Was auch kri

minell wäre. Nein - der Kollege geht. Er geht Haben wir noch

mehr Geher unter uns? Nicht? Hm. Schade, daß der alte Hümpel nicht mehr im Betrieb ist. Der wurde seinerzeit in der Pres

se als Schrittmacher bezeichnet. Wie schön hätten wir den jetzt

als Geher abrechnen können.« - »Ich gehe am Piep-See wieder

auf Barsche und Hechte « sagte Chefkonstrukteur Zirkler. »Ich

habe 'ne Wurfangel.« - »In Ordnung«, meinte der Alte, »das

können wir als Zielweitwurf verbuchen. Ein Hammerwerfer

würde uns auch gut stehen « - »Ich repariere mit meinem

Schwager gerade das Garagendach. Is 'ne Fummelei«, sagte

Krawuttke. »Da könnt ihr euch j vorstellen, wie weit wir zumFeierabend den Hammerwerfen.« - »Je

weiter, desto besser«, meinte der Alte.

»Natürlich die Würfe und die Meter. Wo

arbeitet dein Schwager?« - »Marmela

denfabrik >Adriano Geleetanoo<.« - »Na

schön. Hat zwar mit unsrer Goldbron

zeproduktion wenig zu tun, aber wir

werden deinen Schwager als Gastun

seres Betriebssportfestes führen. Daszeigt Weltoffenheit. So, Kollegen. Ich

nehme an, ihr habt jetzt das Prinzip

verstanden. Wir betrachten das Sport

fest nicht als kleinkarierte Hops-Ver

anstaltung in einem engen, muffigen Stadion, sondern tragen

die Fackel unter unsere Menschen und beleuchten ihr sportli

ches Treiben in Haus und Garten, Wald und Feld, Stube und

Küche. Wir als Leitungskollektiv werden uns jetzt aufschlüs

seln und am kommenden Montag in den einzelnen Abteilungenunsere Betriebsangehörigen nach ihren Erfolgen in den einzelnen Disziplinen befragen. Das Gesamtergebnis wird in einer

kleinen Broschüre veröffentlicht. Die Besten erhalten Ehren-••

wimpel und goldbronzene Aschenbecher. Ubrigens, unsere Ro-

switha hat sich j gar nicht an der Diskussion beteiligt. Solchein junges Blut muß doch eigentlich ein ganz besonderes Ver

hältnis zum Betriebssport haben. Was können wir von dir er

warten, liebe Kollegin?« - »Ich weiß nicht so recht, ich gehe

am Sonnabend zur Disko.« - »Also Wehrsport. AusgezeichnetMontag Bericht. Die Sitzung ist geschlossen. Sport frei «

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88

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Hans-Dieter Kern

Schrumme, unser eisenharter linker Außendecker, wischte sich

den Bierschaum von den Lippen. Pieke, unser Spielertrainer,der, solange die Puste reicht, meist aus hängender Position

über die rechte Seite kommt, winkte nur müde ab. Wir hatten

zwar gewonnen, doch so rechte Stimmung wollte nicht auf

kommen.

Kalle vom Genossenschaftsvorstand suchte nach passenden

Worten. Es habe nun wenig Sinn und helfe niemandem, sich bei

den Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit aufzuhalten.

• •

~ : l

Jetzt müßten wir unsere Blicke

wieder nach vom richten und aufder Grundlage der vorliegenden

LPG-Vorstandsbeschlüsse zurwei

teren Entwicklung unseres Fuß

balls langfristig und systematisch

neu aufbauen und dabei verstärkt

auf den Nachwuchs setzen. An Ta

lenten mangele es gewiß nicht in

unserer LPG , wie die letzten Er

folge im Nachwuchsbereich zeigten. Wir brauchten eben Zeit und

Geduld mit unserem Fußball.

Wunder seien über Nacht aller

dings nicht zu erwarten.

Noch 'n kleines Stück-

chen, dann haben wir

Prenzlau erreicht.  

„ „ ~ „ . ____

Eigentlich hatten wir uns schon im

Auftaktspiel letztes Jahr zu Hause gegen LPG Fallerstedtwie

der mal selbst ein Bein gestellt. Trotz drückender Feldüberle

genheit - 27:1 Ecken - waren die Jungs über ein mageres 1: 1

nicht hinausgekommen. An der Einstellung und Moral der 'D:uppe gab es keine Abstriche. Aber die Nerven Möglicherweise

waren wir das Spiel auch zu offensiv angegangen.

Dann folgte das verunglückte 1:4 beim Agrochemischen Zen

trum. Rein optisch sahen wir auch diesmal nicht schlecht aus.

Nun galt es, das Fünferfeld von hinten aufzurollen. Sozusagen

aus einer leichten Konterstellung heraus. Die liegt uns ohne

hin am besten.

Der Vorstand genehmigte uns eine Woche bezahltes Trainings

lager in unserer LPG-Bungalowsiedlung. Die Mannschaft war

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gewillt, ihr Herz noch einmal fest in beide Hände zu nehmen.Gegen Zwischenfrucht Ballenshagen hat es dann fast geklappt.Obwohl auch diesmal nicht viel nach vom lief, hatte Kutte,unser wieselflinker, unberechenbarer Linksaußen fünf Minutenvor Schluß urplötzlich doch noch eine Riesenchance auf dem

Fuß. Unbedrängt am kurzen Pfosten stehend - der gegnerische Kasten war völlig verwaist - konnte er jedoch dasgefühlvolle Fünfmeterzuspiel von Schrumme nicht unter Kon

trolle bringen. MillimetersacheIm Gegenzug machten die Ballenshagener dann das Tor. Ob

wohl wir bei entsprechenden Schrittmacherdiensten immernoch eine Chance besaßen, meldeten sich in der Genossenschaft wieder die notorischen Nörgler und neunmalklugen Bes

serwisser. Böse Worte fielen. Von

Aufhören war die Rede, von Unfähigkeit und purer Geldverschwendung. Der Vorstand reagierteprompt. In einem prinzipiell gehaltenen Artikel unserer Betriebszeitung LANDECHO wurden die ewi-

gen Miesmacher in die Schrankengewiesen. Mit Sarkasmus und zy

nischer Häme, so war zu lesen,

käme unser Fußball gewiß nichtaus der Talsohle heraus Deutliche aber notwendige Worte.

Sie gaben unserer Mannschaft dasnötige Selbstvertrauen für dasRestprogramm, in dem wir voll zu

... =

überzeugen wußten. Im Endspurt bezwangen wir Pappelstädtmit 1:0 und schickten nun in unserem letzten Qualifikationsspiel auch noch Ködelsdorf mit einer 1:3-Niederlage nach

Hause.Doch letztlich reichte das nur zum undankbaren zweiten Platz.Der Endrundenzug zum LPG-Kreisfinale um den »GoldenenTraktor« war wieder mal ohne uns abgefahren. Aber was sollman tun?Überall in unserem Kreis, in allen Bereichen hört man von

Schrittmachern, die die anderen mitreißen. Nur im Fußballmuß man alles alleine machen

89

Mit seiner Kurzsichtig-

k it versaut er jede„

Ubung <<

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R iand·MissionIndien,

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D

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. .

2 3

Es ist schwarz, fliegt durch die Luft und

darf nicht nach dem Westen was ist das?

Ein Pechvogel

• „

„zzz zzz

Mattl•eS war in o n e r ~ r <

ohne Bodel10$8 '

.Es ist jo wohl meine Sache, wie ich ihm in den Pausenmaximal zur Entspannung und Erholung verhelfe.•

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Klaus Lettke

Wie schön das Angeln eigentlich sein kann, wäre mir wohl für

immer verborgen geblieben, hätte nicht mein Freund MelchiorReusenschlupf mich auf den Geschmack gebracht.»Diese Ruhe « schwärmte er. »Wenn alles ringsumher nochschläft, und nur die Vögei sind schon auf Und du gleitest mitdeinem Kahn lautlos durch die unbewegte Wasserfläche, überder ein aufsteigender Nebel vom Nahen des Tages kündet «Nie zuvor hatte ich meinen Freund Melchior so poetisch gehört.Es muß am Angeln liegen, daß er auf einmal solch feiner Re-

gungen fähig ist, dachte ich gerührt und sah nunmehr dieses

feuchte Weidwerk mit ganzanderen Augen.»Du kannst dir das einfachnicht vorstellen « behaupteteMelchior. »Komm doch einfach mal mit raus zum An-

geln, dann erlebst du es selber: diese schwermütige Stille, den Nebel über dem Was-

ser, die ersten Vogelstimmenund den schweren Duft, der „ ~ ~ -

von den Feldern und Gärtenüber den See getragen wird. Früh um vier ist die Welt ein un-

berührtes Paradies. Aber um diese Zeit pennst du ja noch «

Mit diesem Vorwurf glaubte Melchior seine Naturschwärmereibeenden zu müssen.»Ich und noch schlafen? rr können es ja darauf ankommenlassen « Gekränkter Stolz und nicht etwa die Liebe zum Angel

sport hatte mich zu dieser leichtsinnigen Äußerung veranlaßt.»Also gut, abgemacht Morgen früh um halb vier am Bootssteg«, sagte Melchior, noch bevor ich es mir anders überlegenkonnte. »Aber zieh dich warm an Schnaps gibt's keinen anBord. rr fahren zum Angeln raus und nicht zum Saufen.«Fröstelnd stand ich am nächsten Morgen um drei Uhr dreiundzwanzig am Bootssteg.»Steig mal schon ein, ich hole nur noch die Ruder«, sagte Mel-

chior, der einen Gutenmorgengruß um diese Stunde wohl fürverfrüht hielt. Er verschwand hinterm Schuppen.»Na, ganz so toll wird's wohl nicht sein «dachte ich ketzerisch.

91

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9 Höher schneller w it r

»Von wegen Nebel über dem Wasser, Vogelgezwitscher und Duft

von Feldern und Gärten ... davon müßte man ja jetzt schon was

sehen, hören oder riechen.«

Beinah fühlte ich mich ertappt, denn genau in dem Moment, alsich heimlich »Scheiß-Angelsport « gedacht hatte, kam mein An

gelfreund zurück.»Stehst ja immer noch draußen « rügte Melchior. Er warf die

Ruder ins Boot, stieg ein, löste die Leine und stieß den Kahn

vom Steg ab. Nur meiner Geistesgegenwart, im letzten Mo

ment an Bord zu springen, verdankte ich es, doch noch an der

Angelpartie teilzunehmen. Eine Zeitlang ruderte Melchior

schweigend und verbissen. Dann aber, ungefähr auf der Mitte

\;

des Sees, hängte er die Ruder aus

und legte sie ins Boot, wobei es ihn

nicht weiter störte, daß der größteTeil des heruntertriefenden Was

sers auf meine Hose ging.

»Na, hab ich zuviel versprochen?«

w - _ . . l . - : : : i brach Melchior das paradiesische--- : : : : ~ Schweigen.

~·  · Nein, das hatte er, nicht. Lautlos

ch bin nun mal kein

Jäger wie dein erster

Mann <<

-glitt der Kahn über die unbewegte

Wasserfläche. Aufsteigender Nebel

kündete vom Nahen des Tages. Dieersten Vögel waren auch schon aufgestanden und schickten

ihren Morgengruß über den See, während ein kaum spürbarer

Hauch den schweren Duft der Gärten und Felder herübertrug.

»Ist es nicht herrlich? « fragte Melchior.

»Herrlich ist kein Ausdruck « sagte ich ergriffen. »Und wo hast

du denn die Angel?« Ein bißchen schämte ich mich dieser al

bernen Frage.»Die Angel?« Melchior schien zu überlegen und legte den

Finger an den Mund. »Hörst du?« flüsterte er. »Das ist ein Pirol.Nein, ich glaube, eine Nachtigall. In Vogelstimmen macht mir

keiner was vor. Alles auf dem Wasser gelernt, beim Angeln.«

»Und die Angel?« Ich konnte es mir nicht verkneifen, noch

einmal auf dieses wichtige Utensil des Angelsports zurück

zukommen.»Die Angel«, sagte Melchior, der sich offesichtlich nur ungern

von seinem ornithologischen Höhenflug zum nüchternen Themader Fischjagd herabließ, »um ehrlich zu sein - in letzter Zeit

nehme ich gar keine mehr mit. Solch einen herrlichen Morgenversaut man sich doch nicht mit Angeln «

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9 Unter vier Augen

ngela Gentzmer

Sketch mit Helga Hahnemann

Sie sitzt auf einer Bank im Kurpark und trinkt ihren Brunnen

Er kommt - ebenfalls mit einem Trinkgefäß in der Hand angeschlendert - lüftet seinen Hut.

Er: Pardon, ist auf Ihrer Bank noch ein Plätzchen frei?

, < Sie: Ja - dort hinten - am äußersten Ende

Er: Verbindlichsten Dank (Nach einigen Se-

kunden lehnt er sich weit zu ihr hinüber und••

fragt) Ah - Entschuldigung, meine Dame, darf

ich fragen, an welcher Quelle Sie sitzen?Sie: Drei Vegetative Dystonie

Er (rückt näher): Drei? Aber liebe, gnädige

Frau, wie konnten Sie sich denn diesen Spru

del aufschwatzen lassen? Wissen

Sie denn nicht, daß man dieses Rinnsal in

Fachkreisen die »Mackenquelle« nennt?

Sie: Tatsächlich? Bis jetzt hab ich noch nichtsgemerkt

Er: Das kommt noch, meine Liebe Nach der3. Ladung kriegt man regelrecht einen ver-

blödeten Gesichtsausdruck Ich habe das Zeugs drei Jahre

hintereinander schlucken müssen

Sie: Was soll ich denn machen? Ich bin im Kurieren doch noch

so unerfahren

Er (rückt noch näher): Auf mich hören, Gnädigste

Sie: Mir hat man eine gräßliche Diät aufgebrummt

Er: Sie - und Diät? Typisch Da werden die letzten herrlichen

Busen und einladenden Hüften zum Aussterben verurteiltSie (leise): Ich kriege doch hier schon ein kleines Doppelkinn

Er: Wer sagt das? Bitte, zeigen Sie mir mal Ihr Profil

(Er zeichnet ihr Kinn mit der Hand nach )

Sie (ängstlich): Sehr schlimm?

Er: Schlimm? Das ist phantastisch- einmalig Sie kennen doch

die Venus von Milo, ja?

Sie: Nein Ich bin j gestern erst angereist

Er: Liebste, Beste, ich meine doch diese Frau aus Marmor -

die ohne ArmeSie: 0 Gott Soo schlimme Fälle haben wir hier auch?

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Unter vier ugen -

Er (versonnen): Ihre beiden Profile gleichen sich wie ein Rad

dem anderen Noch sehr sehr brauchbar Und ich bin Fach

mann: Autoschlosser Verstehe was von Karossen und Fahr

gestellen

Sie: Ich bin Künstlerin

Er: Sehen Sie, ich habe sofort gewußt, daß Sie etwas Besonderes sind

Sie: Ich habe nachts grauenvolle Träume. Da sehe ich mich auf

der Bühne stehen - kann nicht spielen - nicht singen - nicht

tanzen - dann möchte ich am liebsten das ganze Show-Busi

ness an den Nagel hängen

Er: Aber meine Liebe, wenn Sie selbst schon insgeheim fühlen,

daß Sie kein Talent haben, warum tun Sie es dann nicht?

Sie (heult): Geht leider nicht Ich bin schon ein Star

Er: Ja - dann hilft nur eins: Sie müssen einfach mal abschal-ten

Sie: Das tun die Zuschauer ja schon

(Sie legt heulend ihren Kopf an seine Schulter Er tröstet sie.)

Sie: Aber - da ist noch etwas, was mich stark bedrücktEr: Man hat Ihnen doch hoffentlich nicht diese Wahnsjnns-The

rapie verordnet, bei der man Kartoffeln sortieren muß? Die

guten nach links - die faulen nach rechts Nach einer halben

Stunde ist man zu Tode erschöpft

Sie: Von der körperlichen Arbeit?Er: Ach was Von den vielen Entscheidungen, die manjede Se

kunde treffen muß

Sie: Mein Problem liegt etwas tiefer, mein Herr

Er: Gnädigste, wie tief es auch sein mag - ich schweige wie

ein Grab

Sie: Ja - also - das ist so bei mir: Immer, wenn ich ein Glas

Wein trinke, dann - dann werfe ich mich dem nächstbesten

Mann an den Hals

Er: Aber liebe kleine Frau, das ist doch nicht so schlimm Passen Sie auf, jetzt gehen wir beide erstmal in ein gemütliches

Restaurant- trinken zusammen ein Gläschen - und dann un

terhalten wir uns in aller Ruhe über Ihr Problem.

95

Eine junge Frau willeinen West-Hunderter in Forum

Schecks für denIntershop tauschen.»Oh, leider«, sagt die

Frau am Schalter,»ist dieser Scheinnicht echt.« Daraufdie junge Frau: »Un

erhört, dann bin ichletzte Nacht vergewaltigt worden.«

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9 Unter vie r ugen

Ottokar Domma

Zu den wichtigsten Gedenktagen gehört der 8. März oder auch

Internationaler Frauentag genannt. An diesem Tag ist aller-hand los und ich muß einmal schildern wie wir die Frauen

ehren. Keiner soll denken jetzt kommen ein paar blöde Witze

mit Bart und so im Gegenteil es ist eine positive Beschreibung.

Fangen wir bei unserer Familie an. Schon ein halbes Jahr vor

her denkt mein Vater an nichts anderes als an den Frauentag

indem er uns Kindern Ratschläge gibt wie wir unsere Mutter

und die Oma beehren können. Er verteilt drei Hauptaufgaben:

Erstens muß man an die Blumen denken zweitens an Glück

wunschkarten und drittens an ein paar schöne exkwiesite Geschenke das kann sein Selbstgebasteltes und Gekauftes. Der

Befehl lautet dann: Wir Kinder kümmern uns um die Blumen

Karten und um das Selbstgebastelte der Vater besorgt die an-

deren Geschenke.

Mit den Karten und Blumen gibt es keine Schwierigkeiten. Ich

habe vor zwei Jahren zwanzig Karten gekauft und sie reichen

noch ein paar Jahre. Auch mit den Blumen klappt es. Denn der

Herr Gärtner Krause hat einen Dauerauf-

Am deutlichsten wird die Frauenehrungwenn es heißt es gibt Prämien.

trag welcher so zustande kam: Mein Vaterhilft ihm als Feierabendbrigadier bei kleinen

Maurerarbeiten dafür muß er jedes Jahr

zum 8. März zwei große Blumensträuße aufheben. Meistens

rote Nelken. Einen Tag vorher hol ich sie ab und sie zieren

dann eine Nacht lang den Keller. Der Vater kommt in diesem

halben Jahr immer mal wieder mit einem Päckchen nach Hause

und versteckt es an unsichtbaren Stellen für den Frauentag.

Wichtig ist daß mein Vater das ganze Jahr seine Frauen ehrt

und die Gleichberechtigung durchhält indem er jeden Abendhilft das Geschirr abzuspülen und Kohlen aus dem Keller zu

holen und anderes. Zum Beispiel geht er mit meiner Mutter zu

sammen in die Volkshochschule damit die Mutter nicht zu

rückbleibt. Wenn meine Schwester einmal krank ist wechseln

sie sich gegenseitig beim Zuhausebleiben ab. Denn ihre Be

triebsleiter sind sehr gütig und sagen so muß es sein. Deshalb

sieht auch der BGL-Vorsitzende sofort ein wenn mein Vater ein

mal sagt er kann heute abend nicht zur Sitzung kommen weil

er zu Hause Abendbrot machen muß und vorher einkaufen.Denn er ist in dieser Woche dran.

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Unter vier Augen•

Bei meiner Mutter ist es genauso. Wenn sie spricht der Vater

hat für sie eine Theaterkarte ergattert und deshalb bleibt sie

einmal bei der DFD-Versammlung weg dann rufen die Vor

standsfrauen aus einem Mund wie schön das is t  und sie gön

nen i r diesen Abend. Denn Kultur muß sein. Auch unsere Leh

rer sind zufrieden weil meine Eltern immer zusammen zu denElternversammlungen gehen und es gibt keinen Streit wer

unsere Schularbeiten nachsehen soll. Entweder macht es heute

die Mutter und morgen der Vater oder alle beide zusammen

oder überhaupt nicht. Dann sind meistens Ferien.

Deshalb gibt es am 8. März in unserer Familie keine besonde-••

ren Uberraschungen. Wir schenken die Blumen nebst Glück-

wunschkarten auch haben

wir Kinder etwas gebastelt.

Mein Vater schenkt derMutter noch Pralinen und

Parfüm und die Oma kriegt

auch was ab. An diesem

Tag dürfen wir Männer ein

mal nicht in der Küche hel

fen; das lassen die Frauen

nicht zu und wir sollen es

einmal im Jahr gut haben.

Und so gibt es viel Freudeund Küsse. In den nächsten

Tagen und Wochen findet

der Vater nach und nach die

versteckten Geschenke wie

der und er überreicht sie

mit roten Ohren.

I

/ I

Auch in unserer Schule werden die Frauen sehr geehrt und

nicht nur am 8. März sondern das ganze Jahr über. Wenn zum

Beispiel bei unserer Frau Pitthuhn eins von ihren Kindernkrank ist und sie müßte deswegen ein paar Tage zu Hause blei

ben dann lassen das unsere Lehrer nicht so hingehen. Denn

es darf kein Stundenausfall sein. Entweder übernehmen sie

ein paar Stunden von Frau Pitthuhn freiwillig oder der Herr

Luschmil spricht zu seiner nichtarbeitenden Gattin sie soll das

Pitthuhnskind pflegen oder der Herr Direktor Keiler sucht für

ein paar Stunden eine Frau oder Oma welche auf das Kind so

lange aufpaßt. Er h t sich extra vom DFD eine solche Frauen

und Omaliste geben lassen und das klappt immer. Auch darfdann die Frau Pitthuhn nach ihren Stunden keine Minute län-

„ 9

/ f t

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9

Anfrage an denSenderJ rewan: ·Meine Frau steht

.

unmittelbar vor derNiederkunft. Unse-

re volkseigene In-

dustrie kann abererst in neiin Monaten Wmdeln liefern.as sollen wir ma-  

chen?

Antwort: Schnellein neues Kind.

ger in der Schule bleiben sondern sie wird vom Herrn Direk

tor gleich nach Hause gejagt. Unsere Lehrer passen immer gutauf daß es den Lehrerinnen nicht zu schwer wird. Zum Bei

spiel nehmen sie den Frauen nicht nur die Mäntel ab sondernauch alle schweren Arbeiten und keiner darf mit einer Funk-

tion überlastet sein. In manchen Schulen ist es noch so daßdie Lehrer zu einer Frau mit kleinen Kindern sagen sie mußalles mitmachen. Bei uns ist es das Gegenteil; die Lehrerschreien daß man diese Lehrerinnen schonen muß und wirübernehmen einige Aufgaben. Wenn zum Beispiel eine Lehre-rin sagt daß sie am Freitagnachmittag für ihre Familie einkau-fen muß und deshalb nicht zur Sitzung kommen kann dann be

dankt sich der Herr Direktor Keiler für diesen wertvollen Hin

weis und er legt alles um.

Am deutlichsten wird die Frauenehrung wenn es heißt es gibtPrämien oder es kann jemand befördert werden. Einmal hießes es ist wieder eine ausgezeichnete Medaille fällig. Die Män

ner schrien gleich es muß eine Lehrerin sein und sie verzich-ten. Und sie haben dann eine Lehrerin gesucht welche sehr be

scheiden ist und ruhig und nicht so viel Wind macht aber sehrfleißig und beliebt ist nämlich die Frau Borstel. Auch hat sieein kleines Kind.

Die Ehrung geht weiter indem der Herr Direktor Keiler mit un

serem Herrn Bürgermeister Sparsock ein paarmal die Lehre-rinnen zu Hause besucht oder mit ihnen einen Kaffeenachmit-tag macht. Dort sprechen sie über Frauenfragen und was manso tun kann. Und auch der Vater von meinem Freund Haraldder Herr Schulrat kommt öfter und fragt welche Frauen be

fördert werden sollen und eine höhere Funktion bekommenmüßten. Der Herr Direktor Keiler jammert dann immer ermöchte zu gern daß er von einer Frau abgelöst wird und erwill gern in eine andere Schule gehen wo es noch nicht so

läuft. Aber daraus ist bis jetzt noch nichts geworden weil esdie Lehrerinnen bei unserem Direktor so gut haben und siewissen nicht was nachher kommt. Auch ist unser FräuleinHeidenröslein als eine stellvertretende Direktorin vorgemerkt.Aber sie muß warten bis Frau Seidenschnur in Pangsion geht.Deshalb ist der Frauentag für unsere Lehrerinnen auch keineÜberraschung mehr. Und sie richten an diesem Tag alles schönher und feiern mit den Lehrern; denn sie haben es verdient. Und

wenn hier ein paar Sachen nicht ganz so stimmen dann liegtes vielleicht daran daß mein kleiner Kopf auch nicht alles sogenau behalten kann.

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,,Stehn si h Meiers denn so schlecht,

d ß sie nach dem Preis gucken muß? ''

. Wohl deSVolkes und den r i e d e ~ L ~ ~ . . . . : . = :  ßeS ftir daS I • • r

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Berlin. aUptstadt der„„„

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1

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-

1

Die DDR-Regierung läßt die Einstellung ihrer Bevölkerung

zu Partei und Staat per Meinungsumfrage ermitteln. Auf die

Frage: »Wie stehen Sie zum real existierenden Sozialismus

in der DDR?« schreibt ein Mann: »Wie zu meiner Frau « Er

wird zur Parteileitung bestellt, die von ihm wissen will, wie

er das gemeint habe. »Ganz einfach, Genossen, ich bin jetzt

fast 40 Jahre verheiratet, und da hat man sich an vieles

g e w ö h n t ~ Aber Spaß macht es schon lange nicht mehr ... «

100 -:

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1

lrmgard Abe

ewi

e

Unter v r ugen

9 l Ot

»Wo ist meine Nagelschere?« So lautet die präzise Frage von

Herrn Weise an Frau Weise. Es ist eine Frage mit stolzer Tra-

dition. Eine uralte Frage. Vielleicht die Urfrage überhaupt, denn

manchmal hat Frau Weise den Verdacht, diese Frage schon im

Urelement vernommen zu haben. Im Wasser des Babyteiches,

bevor der Storch sie herausfischte.»Wo ist meine Nagelschere?«

Herr Weise hat diesen Satz während seines gemeinsamen Le-

bensslaloms mit Frau Weise schon bis zur Randzerfransungwiederholt; nachsichtig freundlich oder unnachsichtig scharf;

er hatte ihn auch befreiend gebrüllt, daß die Kinder anfingenzu plärren; am schlimmsten war es, wenn er ihn so unendlich

angewidert fallen ließ, weil es gar nicht

Herr Weise lebt ihr die Ordnung quasi vor. Sie anders sein konnte, weil das Ding ein-braucht sich nur seinen Schreibtisch anzusehen. fach weg sein mußte. So unvermeidlich

wie mit jedem neuen Schuljahr ein

Schüler auftauchte, der »die Interesse«sagte. Und auch schrieb.

Bis Herr Weise die sinnlose Kraftprobe aufgab mit dem Satz:»Schlaumeier, ich verliere ab heute jegliches Interesse an Ihrer

Interesse «

Anders die Nagelschere. Die blieb über alle Jahre gleichbleibend

interessant. Denn die wurde gebraucht. Und nicht nur von

Herrn Weise.

Es schien die Hauptbeschäftigung der Familie zu sein, diese

Werkzeuge zu verstecken, und Herm Weises Lebensaufgabe,

danach zu suchen. Dabei dachte, als Frau Weise das uralte

Stück im Nähkästchen ihrer Großmutter ausgrub, kein Menschan ein Problem. Eine Schere mehr im Haushalt - das war alles.

Der Krieg begann, als sich herausstellte: Diese war wirklich zu

gebrauchen Nicht so ein dickes Monstrum, mit dem man klei

nen Kinderfingern nicht beikam; kein stumpfes Eisen, das die

Nägel nur schmerzhaft umknickte; sie besaß auch nicht den

Mode gewordenen Zuckerzangeneffekt, diesen Hohlraum zwi-

schen den Schnittflächen - kurz: Es war eine Schere, die man

mit diesem Namen anreden konnte. Scharf, schlank, fein und

deshalb immer benutzt und immer verschwunden.»Sie braucht eben einen festen Platz « hatte Herr Weise verfügt.

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Unter vier ug en

»Und das wird mein Schreibtisch sein. Hier, dieses Schubfach.

Kommt alle her: Hier lege ich sie rein, hier bleibt sie liegen «Sie lag schon nicht mehr drin, als Herr Weise noch würdevoll

das Schubfach schloß, und sie tauchte erst Wochen später

wieder auf. Hinterm Ofen, zwischen Annemonchens weggewor-

fenem Buntpapier. Was schon einiges über Frau Weises Haus-haltführung aussagt. Daraufhin hatte Herr Weise das Ding

wortlos mit einer langen, dünnen Kette an seinem Schreibtisch

befestigt. In dieser Kette verhedderte sich Frau Weise, als sie

den Weihnachtsbaum anputzte, und weil sie im Sturz am BaumHalt suchte, wurde es ein gelungenes Fest, an das alle gern zu-rückdenken.

Nun schloß Herr Weisedas Streitobjekt end

gültig weg, versteckteden Schlüssel und er

klärte sich damit zum

einzigen rechtmäßigen

Besitzer und Benutzer.

Frau Weise begrüßtediese Konsequenz aus

drücklich, und nach

jedem Bad schickte sie

die Kinder zum Scherenschneider: »Vati ist

lieb, Vati beschneidet

/1\

- Tr - -  

euch gern alle vierzig Nägel « Zweiunddreißig sogar unblutig.

In diesen schweren Tagen zündete bei Herrn Weise die Idee,

Frau Weise mal was zu schenken: ein Manicure-Necessaire,

das genau so teuer war, wie es sich schreibt und spricht. Das

Leder seidenweich, Form und Verarbeitung anmutig, Reißver

schluß fast mühelos zu bewegen und alle in Taft eingebetteten

Eisenteile durchaus brauchbar.Bis auf die Nagelschere selbstverständlich. Damit war der

Urzustand wieder hergestellt, und Herr Weise entschloß sich,

das Übel bei der Wurzel zu packen. Er fragte also Frau Weiseganz sachlich: »Was ist nach deiner Meinung der Nährboden für

diese ewigen lächerlichen Nagelscheren-Exzesse?«

Auf Anhieb hatte Frau Weise sich selbst in Verdacht. Prompt

sagte Herr Weise: »Deine verfluchte Schlamperei natürlich «

»Meine Schlamperei Natürlich « wiederholte Frau Weise und

nickte so übertrieben lange und demütig, daß es Herm Weiseschon wieder renitent vorkam.

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1 1

Aber nach dem Früh-

stück die Krümel weg-

fegen willst du auch

nicht

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1 2 U nt e r v i r A u g e n

»Natürlich deine Schlamperei. Was denn sonst?« Herr Weise

hört doch den ganzen Tag nur einen Satz: Wo ist ...? Wo ist die

Kleiderbürste? Wo ist der Kellerschlüssel? Wo ist das Band-

maß? Wo ist der Schneeschieber? Neulich sogar der hanebü

chene Gipfel: Wo sind die Zeugnisse von Annemonchen und

Ralfpeter? Diese Schlamperei macht Herrn Weise eben ganzkrank. Wirklich regelrecht krank. Aber wer wagt in diesem

Haushalt noch, krank zu werden? Da lautet doch unweigerlich

die erste Frage: Wo ist das Fieberthermometer? In diesem

Haushalt findet Herr Weise doch nicht mal einen Hammer Als

er die Nagelschere an seinen Schreibtisch ketten wollte, hatteer sich bei der Hammersuche bis zum Boden verstiegen und ist

bis heute bedient von dem unglaublichen Anblick: ausrangier

te Lampen und Bilderrahmen zwischen Fahrradschläuchen und

Puppenstuben, Kabelreste, Kartons mit Perlen und Knete ...

Der kleine Max hat den Taschenrechnerdurch die Waschmaschine gejagt und dieCouchecke mit Babycreme eingerieben

»Fertig?« fragt Frau Weise. Aber sie sollte

diesen dreisten Ton besser.unterlassen,

sonst schildert ihr Herr Weise gerne noch

den chaotischen Zustand des Kellers.

»Warum bist du nur so absolut unfähig,

Ordnung zu halten?« Das begreift Herr Weise nicht. Er lebt ihr

die Ordnungja quasi vor. Frau Weise braucht sich doch nur sei-

nen Schreibtisch anzusehen Rechterhand alle Papiere. Sein

Versicherungsausweis - ein Griff. Sein Reisepaß - bitte. Linksdie schulischen Unterlagen. Exakt gegliedert nach Fächern und

Klassen.

Frau Weise bückt sich und kramt und sucht und guckt.»Wo is t denn bloß«, fragt sie, »wo ist denn bloß der Klammer-

beutel, mit dem sie dich gepudert haben?« Denn wäre in Herrn

Weises Oberstübchen alles so akkurat in Ordnung wie in die-

sem einen Möbel, dann könnte er auf so einen Vergleich nicht

kommen: Schreibtisch gegen Rest der Welt

»Wo steht denn eigentlich geschrieben, daß für alles und alles,aber auch alles nur ich zuständig bin? Warum räumst du nicht

auch mal den Boden auf?«

Heilige Einfalt What a question

Ist es etwa Herrn Weises Krempel, zwischen dem man kaum

noch treten kann? Spielt er mit dem Puppenhaus? Sitzt er vorm

Kaufladen? Womöglich verdächtigt man ihn noch, er knete

heimlich dicke Elefanten.

»Nein«, hatte Frau Weise damals losgeschrien, ich Ich sitze da

· oben mitm Hütchen und spiele Kaufmannsladen. Jeden Tag

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Unter vier ugen •

spiele ich da oben acht Stunden Hütchen mitm Kaufmanns

laden. Wußtest du das noch nicht?«

Jaja, Herr Weise kannte die alte Leier. Ja, er wußte, es waren

auch seine Kinder. Aber er wußte auch, daß er seinen Kindern

stets mit gutem Beispiel voranging, während sie bei Frau Weise

jeden Tag dasselbe erlebten: den Kamm in der Butter.»Was immerhin den Schluß zuläßt, daß wir noch Haare aufm

Kopp und Stulle aufs Brot haben « Damit war Frau Weise auf-

gesprungen, über einen Teddy gestolpert und in den leeren

Bierkasten gefallen, der von einer Vortagsfete immer noch im

Wohnzimmer rumlungerte,

statt endlich nach Hause in

die Kaufhalle zu gehen.»Na bitte « hatte Herr Weise

nur gesagt, da jeder Kom-mentar sich erübrigte. Und

nun steht er in der Tür undfragt ehrlich verblüfft: »Wo

ist denn meine Nagelschere? « Als stellte er diese

Frage zum ersten Mal in sei-

nem Leben.

Frau Weise lauscht dem

Satz nach, er kommt ihr be-kannt vor. Wie lange war

das her? Seit die Kinder aus

-

dem Haus sind, herrscht geradezu unerträgliche Ordnung, hat

sich niemand mehr an diesem Heiligtum vergriffen.»Deine Nagelschere ist weg?« - »Ich sagte es bereits.«

Frau Weise überlegt scharf. Dann geht sie ins Kinderzimmer,

wo am Wochenende der kleine Enkel Max gespielt hatte. Mit

sicherer Hand greift sie in das Buntpapier hinterm Ofen und

wird sofort fündig.»Heißt das, die ganze Schlamperei geht von vorne los?« fragt

Herr Weise fassungslos.

Eben das ist ja Frau Weises heimliche HoffnungMit dem kleinen Max wird neues Leben in die Bude kommen.

Er hatte schon den Taschenrechner durch die Waschmaschine

gejagt, er hatte die Couchecke mit Babycreme eingerieben und

mit Kakao gepudert - daß er in diesem zarten Alter bereits zum

Wesentlichen vorgedrungen war, zur Nagelschere, ermutigte

Frau Weise nun zu schönsten Zukunftsträumen.

.. 1 3

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1 4

>>Phantastisch Und

kein Gramm zugenom-

men s it dem letztenMal.

Jochen Petersdorf

w e

Lilomaus, es ist soweit

Sonne lacht, und wiederwird es dir zur Maienzeit

ziemlich eng im Mieder.

. /

Lilomaus, ich bitte dich:

Laß dich's nicht verdrießen.Laß auch weiterhin für mich

alles an dir sprießen.

Trau den Heuchlern nicht,

mein Kind, die nur Dünne wollen.

Wenn sie losgelassen sind,

gehn sie in die Vollen.

Unter vier Augen

Frühling läßt sein blaues

Band

flattern durch die Lüfte,

und erschreckt befühlt die

Hand

Speck auf Bauch undHüfte .

Illustrierte, Femsehn,

Funk

tönen täglich wieder:»Nieder mit dem dicken

Strunk

Trumpf sind schlanke

Glieder «

Supermoddeltypen sind

überall im Sehwange,

und es knarm im

Frühlingswind

Knochen von der Stange.

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Unter vier ugen

Lothar usche

Eines Tages teilte uns Hugo mit, daß er wieder mal heiratet.

Da muß man als Verwandter hingehen. Ich bin der Onkel.Meine Frau sagte: Ich erinnere mich an Hugos frühere Hoch

zeiten: So was dauert immer sehr lange, und Hugo ist ein spar

samer Mensch, und Bier allein hält den Menschen auch nicht

aufrecht, also nehmen wir Stullen mit.

Ich gab zu bedenken, daß die Stullen möglicherweise Hugos

Frau kränken könnten, und meine Frau sagte: Kennst du denn

Hugos Frau überhaupt? Nein, sagte ich, ich glaube nicht, daß

ich sie kenne. Worauf meine Frau mit der Frauen eigenen Logik

sagte: Du kennst sie also doch. Das hätte ich mir denken können. Wie der Neffe, so der Onkel. Das hätte ich mir ja denken

können. Am besten gehe ich gar nicht mit. Das hätte ich mir

wirklich denken können

Dann bleibe ich auch hier, sagte ich, heute ist die Sendung: Der

Staatsanwalt hat den Senf.Du gehst zur Hochzeit, sagte sie, du mußt, du bist verwandt.Um es kurz zu machen: Wir gingen beide hin. Ohne Stullen.

Unterwegs tauchte das Problem auf, wo Hugos Hochzeit ei

gentlich ausgetragen werden sollte.Unsere Richtung stimmte, aber wir waren uns über das Ziel im

Ungewissen. Nun hatten wir glücklicherweise Hugos Einla

dungskarte zur Hand, welche uns folgende Informationen

vermittelte: 7.45 Trauung im Standesamt am Kürbis-Weiher.

Anschließend kl. Umtrunk in der Sublimaten-Klause Ecke Gu

stav-Hentz-Allee), danach gesell. Beisammensein in meinerWohnung. Ab 12.10 Mittagessen in der Gemütlichen Ecke. An

schließend Heimspiel.«

Es verstand sich von selbst, daß wir nicht mitten in der Nachtlosgingen, um uns diese Sache im Standesamt und den dazu

gehörigen engen Kragen der Protokollantin anzusehen. So was

kennen wir ja aus Fernsehfilmen und von Hugos früheren Hoch

zeiten. Immer dieselbe Beamtin; Hugo muß ihr schon zum Hals

raushängen, obwohl wenigstens die Bräute wechseln. Na

schön. Wo aber ist diese verdammte Sublimaten-Klause? Meine

Frau ist aus irgendwelchen Gründen, über die sie keine nähe

re Auskunft geben will, der Meinung, daß ich alle Kneipen der

Deutschen Demokratischen Republik auswendig kenne, wasaber nicht stimmt. Ich kenne die Sublimaten-Klause wirklich

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1 6

Meine Tochter hat

noch nicht mal ausge-lernt junger Mann <<

>>Das glooben iel 

Unter vier usen

nicht, und ich weiß auch nicht, daß dort anläßlich irgendeines

Jubiläums das berühmte Sublimator-Pils ausgeschenkt wird -an so was würde man sich doch erinnern.

Kurz und krumm: rr fanden immerhin die Gustav-Hentz-Allee,welche verschiedene Ecken hat, und suchten dort Hugos Woh-

nung. rr trafen nur wenige Menschen, von denen niemandHugo kannte; zumindest gab es keiner zu. Es war warm, undich fühlte mich unsicher, weil ich mir die Haare gewaschen

hatte, und sagte zu meiner Frau: Ich hätte mal wieder die Haareschneiden lassen sollen, wie ich dies alle zwei Jahre tue. Aber

sie sagte: Sei froh daß du überhaupt noch Haare hast. Auch gut.

Im fünften Haus wurden wir fündig weiluns ein Mensch aufforderte, die im Flur

befindlichen Steingut- frümmer zu besei

tigen. Es handelte sich um die Rudimen-te von Hugos Polterabend, und ihre Spu-

ren wiesen auf die gegenüberliegende

bzw. -stehende Sublimaten-Klause.

Wir umarmten Hugo und gaben unsere 5Nelken sowie das praktische Gerät zum

Herauspolken von Kaffeesatz aus Sieben

ab und stürzten uns ins Getümmel. DasEssen hatte gerade begonnen. Ein Glück

daß wir ohne Stullen gekommen waren.

Es gab 2 Vorspeisen, 1 Suppe, 3 Hauptgerichte und 1 Dessert, mit dem allein

man 28 Kinder hätte sattmachen können.Zwischendurch sagte ich zu meiner Frau,daß ich mal rausgehen und mir die Haare

kämmen müßte, aber sie meinte, jetztwird erst gegessen, und das ist schließlich die Hauptsache.

Nach der Hauptsache waren wirklich etwas kaputt, aber wirwollten uns nicht lumpen lassen, als Hugo nunmehr Kaffeeund Kuchen ankündigte. Es war ungeheuer viel Kaffee und Ku-

chen vorrätig. Es waren auch ungeheuer viele Leute da.

Nun hätte mich interessiert, welche von diesen zahlreichenPersonen wohl Hugos Frau sein könnte.

Aber ich kam weder dazu über dieses Problem nachzusinnen,noch mir die Haare zu kämmen, denn plötzlich umarmte mich

eine freundliche grauhaarige Dame ich ich seit mindestens 16

Jahren nicht gesehen hatte. Es war Hugos Mutti.Ich hätte mir doch die Haare schneiden lassen oder wenigstens

kämmen sollen. Sie hatte mich für die Braut gehalten.

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108 • Wo wir sind ist vorn

Matthias Biskupek

I

Das müssen Sie verstehen.

Die Sache liegt jetzt klar hinter mir der Vorgang ist abgeschlos-sen; ein schmaler Blick zurück doch zwei breite nach vom: Das

ist die Losung des Umdenkens einer neuen Zeit.

Es hat damit angefangen daß ich einen Onkel habe. Ich hatte

ihn tief in meinen Kaderakten versteckt doch irgendwann ist

er mir wieder aufgestoßen.

Kennen Sie das wenn es in der Kantine Buletten mit Zwiebeln

gab? Und plötzlich vor dem Nachmittagskaffee schmeckt man

Zwiebeln? So eine Zwiebel ungefähr ist mein Onkel. Schickt

mir da einfach den subversanten Wisch. Mit Stempel. Unglücklich verquickt damit war der Umstand daß wir eine permanen-

te Arbeitskräftesituation haben. Im Rat der Stadt fehlen die

Unklare Antworten bekämpft man

nämlich durch hinweggefegte Fragen

kompetenten Mitarbeiterwie die Nadeln im Heu

haufen. Ich bin so eine Nadel deshalb wächstmir die Arbeit über den Kopf daß einem das

Wasser bis zum Hals steht. Ich bin doch beimReferat Abwässer und Verschmutzungsstrafgelder. Sie können

sich vielleicht vorstellen was meine Tätigkeit mir und meinen

Vorgesetzten bedeutet. Reiner Schmutz sag ich.An anderen Stellen fehlen die Leute ähnlich. Wrr vom Rat könn

ten Lieder davon singen. Stichwort: Der Sektorenleiter für das

Kreissängertreffen hat nun auch einen Aufhebungsvertrag

gemacht. Beim Kulturkombinat war er noch dringlicher am

Platze. Ungefähr so geht das. Jetzt bearbeitet meine Sekretä-

rin die Chöre; die Kollegen vom Finanzamt sollen nebenbei alle

Abwasserfragen in die Wege leiten und ich bin ständig Z.B.V.

Zur Besonderen Verwendung heißt das zwar aber wir nennen

uns Ziemlich Blöde Vollidioten.Entschuldigung das Amtsdeutsch läuft einem manchmal so

über die Zunge. Arbeit in Hülle und Fülle und keine Leute bei

der Stange. Es ist eines der sieben Republikswunder daß unser

Rat überhaupt noch rundläuft. Abraten und Tee trinken so

heißt unser Kampf um Devisen. Und nun stößt mir also noch

mein Onkel auf. Es lag natürlich an der gegenwärtigen Situa-

tion. Man ist ja wirklich anders angesehen wenn man schon

m l dort war. Und nun wurde ganz plötzlich mein Onkel fünf

undsiebzig. Im Oktober. In München.Ein Ausreiseantrag ist ja nichts Schlimmes sondern was Ein-

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Wo wir sind ist vorn

maliges. Für zehn Tage. Mit Wiedereinreise; ich hab mich dasachkundig gemacht. Und mein Onkel hatte also eine ganzechte Einladung geschickt. Von allein wäre er j nie drauf ge

kommen das nur nebenbei aber nun mußte ich natürlich ob

ich wollte oder nicht die Sache in die Wege leiten. Das ist im

merhin ein amtliches Schriftstück mit Stempel der Ratskolle-gen aus München. Man muß j Kollegen sagen.Und nun kommt der Hammer und die Sichel. Sense sozusagen.Ich mache Z.B.V. Und das heißt in der gegenwärtig schwieri-gen Kaderlage daß ich die Genehmigungsverfahren für geneh-migungspflichtige Sonderfälle unter mir habe.Verstehen Sie jetzt? Es ist kein schlechtes Gefühl nein dasdarf ich Ihnen verraten wenn man so schwierige Entscheidun-gen treffen muß. Wrr sind j gehalten verstehen Sie? Hin und

wieder kann ich auch mal die Zustimmung verweigern. Begründete Bedenken. Außerdem machen j nicht wir den letztenStempel auf solchen Antrag doch zuweilen muß schon ich michkonsequent zu einer Ablehnung der Befürwortung durchrin-gen. Man hat seinen Ärger nicht nur mit den Kantinenklopsen.Die unglückliche Verquickung habe ich angedeutet.Mein Antrag mit dem amtlichen Onkelschreiben landete map

penmäßig auf meinem Tisch. Ich hab die Sache nicht auf michgezogen; das war ein klares Kompetenzproblem.Ich versuchte den Hauptreferenten mit meiner kitzligen Ange

legenheit zu konfrontieren. Aber der erklärt mir bloß seine ka

derpolitischen Engpässe. Entlastung ist nicht drin sagt er. Ichsolle mich auf die vorhandenen Präzedenzfälle und meine ver

trauensvolle Zusammenarbeit stützen.Da sitzt man da und weiß nicht wie man über sich informiertsein soll. Obwohl ich mir gewisse peinliche Nachfragen erspa-ren kann. Soll ich etwa meine Nachbarn über mich befragen?Natürlich ahne ich von mir daß ich bloß deshalb im Oktobernach München fahren will weil da dieses traditionelle Fest ab

läuft. Der Onkel ist mir doch schnuppe. Der lebt doch rein gei

stig in einer fremden Welt. Mit dem verbindet mich nichts.Das ist ein Ewiggestriger. Ein für allemal haben wir Fragen derGeschichte beantwortet gelöst und hinweggefegt. Unklare Ant

worten bekämpft man nämlich durch hinweggefegte Fragen.An meinem Schreibtisch kommt man einfach auf richtige Ge

danken. Ich stelle die Kollegenfrage die man immer in Pro

blemfällen stellen muß: Kann ich dem Antragsteller vertrau-en? Ich mein ich kenn mich doch.

Man muß unsereinen auch mal verstehen. Nicht immer bloß

109

Woran merkt man.

daß die Stasi R0bo  ... . . ~ · ; . ~ _ .

tron-Wanzen Bei . ·.

einem einsetzt?Man hat einenneuen Schrank im

Zimmer und einTrafohäuschen vormHaus.

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11 o wir sind .ist vorn

Schreibtischhengste schimpfen wenn wir den Wünschen der

Bürger noch nicht voll und ganz entsprechen konnen. Unser-

eins hat da die Verantwortung. Wenn was passiert fällts auf

uns zurück.

Und nun also mein diffiziler Fall. Ich will also von mir eine Stel

lungnahme darüber ob ich ein vertrauenswürdiger Kader bineiner der in München weder mit der CDU fusioniert noch be-

hördenmäßige Hochtechnologie etwabeim Oktoberfestbier ausplaudert oder eine fehlerhafte Worterklärung ür Glasnost gibt

oder - oder ob ich etwa einer bin dem es dort vielleicht bes

ser gefallen könnte als er hier vorgibt daß

es ihm gefallen werde. Das Schlimmste: Ich

muß meine Stellungnahme über mich schrift

lich abgeben. Und wenn die anfechtbar ist

fällt das auf mich zurück. Mit Schriftstückekann man jeden festnageln.

Noch nicht mal vorgeben kann ich daß ich es

nicht gewußt hatte. Da heißt es immer ent

schuldigend man könne in den Bürger j

nicht hineinsehen. Sonst kann man sich j in

jedem Menschen irren und für eine bedauer

liche Fehleinschätzung eine bitter bereitete

Enttäuschung ist hier noch niemandem der

Kopf abgerissen worden aber in meinem ganzbesonderen Fall . . . Soll ich mir denn blind

vertrauen? Aber wie kann ich besser meine

Ergebenheit für alles Geforderte beweisen als

daß ich ohne Ansehen der Person entscheide?

Es fällt j doch alles auf mich zurück. Da wird doch sofort ge-

fragt werden: Wer hat denn die Genehmigungsverfahren für

genehmigungspflichtige Sonderfälle unter sich?

Ich finde man kann die Demokratie auch zu weit treiben.

Gerade jetzt sollte man doch vorsichtig Stück um Stück aber

nicht alles auf einmal. Da locht man doch die Akte an der fal-

schen Stelle. Weil ich für mich gebürgt habe fällt das doppelt

auf mich zurück. Und das krieg ich dann vierfach zu spüren.

Und das dann achtkantig ...

Jawohl. Jawohl also Nein. Ich habe mich durchgerungen. Ich

habe mich abgelehnt. Da darf man nicht inkonsequent sein. Da

muß man seinem inneren Schweinehund auf die Zehen treten.Da muß man vorwärts- und nicht rückwärtsschreitend geneh

migen. Das müssen Sie ich bitte Sie auch mal verstehen.

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. „ :w. . ·

·· -----·-·---

Ein Zöllner inspiziert das Gepäck eines ausreisenden

DDR-Bürgers. Verwundert weist er auf ein Bild von Erich

Honecker. »Verstehe ich nicht« sagt er »Sie kehren

unserem Staat den Rücken. Warum nehmen Sie da einHonecker-Bild mit?« Darauf der Mann: »Gegen Heimweh.«

· hn l fd Unterschied zwisc eWorin besteht er d Erich Honecker?

Pl eten Melmec un

vom n d null Problemo · · ·Alf h t viele Fans un . .

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  2

Treffen sich drei

Hunde aus der

glorreichen Sowjet

union1 der tapferenVolksrepublik

Polen und aus derDDR. Sofort fängt

der Sowjethund an

zu schwärmen:»Also bei uns läuft

jetzt alles bestens,Brüderchen. Seitdiesem Gorba- ·

tschow, also ich

sage nur Perestroi

ka, Glasnost und

so alles ist gut .Auch für uns einfa

che Hunde. rrbrauchen nur noch

zu bellen, schonkriegen wir ein

Stück Fleisch.« Der

polnische Hundkriegt große

Augen: »Bitte

schön, was ist

>Fleisch<?« Der

DDR-Hund dreht

sich links l lm

schaut, schautnach rechts, noch

einmal nach links

und flüstert: »Bitte

schön, was ist >Bel

len<?«

Wo wir sind ist vorn

Wolfgang challer

ti t tltlt

rr sind bei jeder Show als Stimmungsmacher sehr begehrt.

rrhaben uns bei jedem Tief als Knallbonbon bewährt.Denn scheint uns auf der Lebensbühne etwas schiefzuliegen,

dann können wirs dank ungebrochner Stimmung gradebiegen.

In den düsteren Jahren

haben wir es erfahren:

Arm wär das Leben,

würds uns nicht geben.

Doch keine Angst, uns gibt es ja seit vierzig Jahren schon,

uns, die Stimmungsmacher der Nation.

Blau ist die Nacht,

sieh nur den Mond am Himmel schau, wie er lacht

Wie viele Fotos an der Wand verschwanden über Nacht.

Wir haben an die neuen die Girlanden angebracht.

rr wechselten die Bilder aus im altbewährten Rahmen.

Der Glaube blieb, auch wenn die Götter gingen oder kamen.

Der Papa wirds schon richten,

der Papa machts schon gut.

Denn Papa macht ja alles,

was sonst keiner gerne tut.

rr liebten unser Väterchen. Dann mußten wir erfahren,daß die Taten Väterchens so väterlich nicht waren.

Doch um Euch von der Nachricht von Millionen

Opfern unsres Väterchens zu schonen,

klang es so, wenn wir davon in unsren Liedern sangen,

als hätt er bei der Jagd nur ein paar Hasen weggefangen.

Schallali - schallala, schallali - schallala,

schon tuts nicht mehr weh.

rr haben Losungen schnell verlernt,

wenn wir verlernen mußten.Wir standen stets ganz vorn Spalier,

weil wir die neuen wußten.

Weltrevolution?

Und Konföderation?

Zwischenstadium? Kybernetik?

Manche schöne Kunstästhetik?

Das unvergeßliche Zitat

vom einzig rechtmäßigen Staat?

Unterdessen - längst vergessen

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  owir sind ist vorn

Standpunktwechsel - kein Problem

wenn wirs vom richtigen Standpunkt sehn.

Auf die Bäume ihr Affen der Wald wird gefegt

der Wald wird gefegt der Wald wird gefegt.

Nur Nachwuchssänger stelln in diesen Tagen

uns Stimmungssängem ihre dummen Fragen:War Tito Freund war Tito Feind?

Was hat uns mit dem Schah vereint?

War Chinajung

bei Mao Tse Tu.ng?

Wir tauschen Namen ein und aus

die ins Geschichtsbuch paßten.

.

Wer zog die Namen spurlos raus

aus dem Gedächtniskasten?rr singen Niederlagen klein

wenn wir wo unterliegen.Denn was nicht sein darf kann nicht sein

weil wir gesetzlich siegen.

Und werden die Antworten manchmal knapp

in schwierigen Situationen:

rr schießen die Fragen einfach ab

mit unseren Stimmungskanonen.

Keine Bange

wir holen eine Zange

und die Feuerleiter.

Und dann .geht es weiter.

Und dann geht es weiter ...

3

Generalprobe: Die

Nummer s tzt noch

nicht der Direktor hatgar nicht gemerkt daß

er gemeint war.«

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114 Wo w r sind st vorn

Manfred Strahl

Kaum war die Sondermaschine gelandet, preßten Sumambo

und die ihn begleitenden Persönlichkeiten neugierig ihre Gesichter gegen die Scheiben.

Sie waren schon auf das äußerste gespannt, ob es wirklich zu

traf, was man sich auf diplomatischem Parkett hinter

vorgehaltener Hand erzählte. Nämlich daß auf dem Flughafen

Berlin-Schönefeld zu jeder Tages- und Nachtzeit einige tausend

Menschen mit Wrnkelementen in den Händen herumstehen und

schon sehnsüchtig auf den nächsten Staatsbesuch warten.

Obwohl sich Sumambo fast die Nase plattdrückte, sah er nichts

dergleichen.»Alles nur üble Westpropaganda«, murmelte er in waschechtem

Sumambeli erbost vor sich hin und begab sich zum Ausstieg.

Während er die Gangway herabschritt, schlug er vorsichtshal-

ber den farbenprächtigen Umhang sei

Schließlich hatten sich die gewaltigen Erfolgeder DDR bei der Benzineinsparung selbst bisins ferne Sumambowo rumgesprochen

ner Nationaltracht zur Seite. Damit er

beide Hände für die im Empfangsproto

koll vorgesehene brüderliche Umar

mung des Gastgebers frei hatte.

Als Sumambo schließlich, in freudiger Erwartung einer herzlichen Begrüßung lächelnd und mit ausgebreiteten Armen, den

Flugplatz betrat, suchten seine Augen die des Gastgebers zu

erspähen. Nicht daß er versehentlich den falschen umarmte.

Munter ließ er seine Blicke schweifen. Aber so weit das Auge

reichte, war von den Gastgebern niemand zu sehen. Das lag

nicht etwa daran, daß Sumambo - wie viele bedeutende Per

sönlichkeiten - unter einer gewissen Kurzsichtigkeit litt. Nein

Sumambo und die Seinen waren weit und breit die einzigen auf

dem riesigen Flughafen. Selbst die Ehrenformation, die Sumambo laut Protokoll hätte abschreiten müssen, war nicht zurBegrüßung erschienen.

Als Sumambo auch noch die auffällig unauffälligen jungen Män

ner vermißte, die bei Staatsbesuchen scheinbar tatenlos über

all herumzustehen pflegen, lief es ihm heiß und kalt zugleich

über den Rücken. Um Himmels willen In Berlin gab es immer

hin mehrere Flugplätze. Sollte ausgerechnet seine Sonderma

schine auf dem falschen gelandet sein?

Irritiert schaute er in Richtung Flughafengebäude. Dann atme-

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  owir sind, ist vorn

te er erleichtert auf. Ein Irrtum war ausgeschlossen. Dort stand

in großen Lettern: Flughafen Berlin-Schönefeld.Während Sumambo und die ihn begleitenden Persönlichkeiten

ein wenig ratlos herumstanden, näherte sich ihnen ein Auto

bus.

Endlich wird alles gut, dachte Sumambo der annahm, daß dieBegrüßungsdelegation der Gastgeber aus ökonomischen Grün

den geschlossen im Autobus anrückte. Schließlich hatten sich

die gewaltigen Erfolge der DDR bei

der Benzin- und Dieselkraftstoffein

spamng selbst bis ins ferne Su

mambowo herumgesprochen••

Zu seiner Uberraschung war derAutobus leer. Der Fahrer hielt je

dochund gab den hohen Gästen dasZeichen zum Einsteigen. Ob die Be

grüßungsdelegation vielleicht ausgesundheitlichen Gründen nicht er

schienen war? In jüngster Zeit gras

sierten in Europa immerhin einigeGrippewellen.

5

Auch nach der Paß- und Zollkon

trolle, die ohne besondere Vor

kommnisse verlief, wurde den Gä

sten kein gebührender Empfang zu

teil. Verwirrt suchte Sumambo in

der geräumigen Vorhalle des Flug

hafens die Information auf. Als er

unserer schönen deutschen Spra

che leider nicht mächtig, endlich an

der Reihe war, tippte er sich stolzan die Brust und sagte: »Sumambo.«

- - ·- -1'i s h t l u r ~ q ne r oe ti.>11 1

Aus dem Gesichtsausdruck der Dame hinter dem Schalter

schloß Sumambo, daß ihr sein Name offenbar nichts sagte.Deshalb wiederholte er diesmal eine Verbeugung andeutend,

seinen Namen und fügte, zuvor mühevoll einstudiert, bedeu

tungsvoll hinzu: »Berlin Staatsrat «

Die junge Dame bestätigte ihm durch heftiges Kopfnicken, daßsich der Staatsrat in Berlin befand. Dann wandte sie sich ge

langweilt dem nächsten Ausländer zu.

Als Sumambo die Telefonzellen entdeckte, schöpfte er neueHoffnung. An Telefonieren war aber nicht zu denken. Entwe-

  Wieder zwei von den

Eingeborenen diefrüher hier ihr ier

getrunken haben <<

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  6 Wo wir sind ist vorn

der waren die Hörer r t r ü m m ~ oder die Leitungen durchge

schnitten. Ansonsten war an den Telefonzellen alles in Ord-

nung.

Erst mal runter vom Flugplatz, entschied Sumambo und begab

sich zum Taxi-Stand, an dem rein zufällig ein Fahrzeug hielt.

Sumambo öffnete die Tür des Wagens und sagte: »Staatsrat «»Nee, nee, Mister, nix Staatsrat « antwortete der Fahrer schlag

fertig und schüttelte heftig den Kopf. >>Höchstens bis Weißensee. Wrr haben Feierabend, Mister Verstehen? Holiday «

Ein Einheimischer, der den Dialog zufällig mitgehört hatte,tippte Sumambo freundlich auf die Schulter und sagte: »Du

nach Staatsrat mit S-Bahn « Mit dem Arm deutete er die Rich

tung des S-Bahnhofs an und ahmte dabei die Geräusche einesfahrenden Zuges täuschend ähnlich nach. Zehn Minuten spä

Das Wörtchen Etablissement erschrecktedie ausländischen Gäste derartig daß

sie fluchtartig das Lokal verließen.

ter stand Sumambo bereits artig in der Schlange vor dem Fahrkartenschalter. Als er endlich

an der Reihe war, hängte die junge Dame ein

Schild ins Fenster und verschwand.»Vorübergehend geschlossen«, stand auf dem

Schild. Obwohl Sumambo damit wenig anzufangen wußte, tat

er instinktiv genau das Richtige. Er achtete auf die anderen

Leute und stürmte wie sie zu den Fahrkartenautomaten, um

dort sein Glück zu versuchen.

Es handelte sich um supermodeme Automaten. Der Geldeinwurf klappte vorzüglich. Nur der Fahrkartenauswurf wollte

einfach nicht funktionieren. Sumambo probierte, bis er kein

Kleingeld mehr hatte. Dann zog er einen größeren Schein aus

der Brieftasche und wollte ihn am Zeitungskiosk wechseln.

Doch der Kiosk hatte ebenfalls gerade geschlossen. Aus tech

nischen Gründen, wie einem Zettel zu entnehmen war.

Selbst auf die Gefahr hin als Schwarzfahrer überführt zu wer

den, betraten Sumambo und die ihn begleitenden Persönlich

keiten ohne Fahrausweis den S-Bahnsteig.Ein freundlicher Reisender aus Sachsen erklärte ihnen mitHänden und Füßen den Weg. Der freundliche Reisende ent

puppte sich jedoch bald als gewissenloser Lügner. In Schöne

weide wurden sie nämlich bereits aus dem Zug gezerrt und ge

nötigt, die Fahrt im Autobus fortzusetzen.

Im ersten Moment fuhr Sumambo ein gehöriger Schreck in die

Glieder. Er glaubte zunächst, das Opfer einer großangelegten

Entührung seines Widersachers im fernen Sumambowo gewor

den zu sein. Aber die Mitreisenden beruhigten ihn schnell. Zwi-

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  ow r sind st vorn

sehen Schöneweide und Alexanderplatz, klärten sie ihn auf,

müsse man jederzeit mit Schienenersatzverkehr rechnen.

Am Alexanderplatz hielt der Bus direkt vor dem Hotel »Stadt

Berlin«. Ursprünglich wollte Sumambo den Mitreisenden so

fort zum S-Bahnhof folgen. Doch vor dem Hotel roch es derart

verführerisch nach Pommes frites und flambierten Steaks, daßer der Versuchung nicht wiederstehen konnte und sich spon

tan zur Einkehr entschloß.

Beherzt betrat die ausländische Delegation das Restaurant und

steuerte auf den einzigen freien Tisch zu. Doch der Ober war

schneller.

»Sie können wohl nicht lesen«, schleuderte er dem hohen Gast

ins verdutzte Gesicht. »Auf dem Schild am Eingang steht doch

ganz deutlich, daß Sie in unserem Etablissement plaziert wer

den.«Das Wörtchen »Etablissement« erschreckte die ausländischen

Gäste derart, daß sie fluchtartig das Lokal verließen. Sie woll

ten schließlich nur etwas essen. Mehr nicht

Also verzichteten sie auf Pommes frites und flambierte Steaks

und genehmigten sich am Kiosk neben der Hochgarage des Ho

tels ein Berliner Nationalgericht. Bockwurst mit Salat und Es

pressokaffee aus Pappbechern.

Frisch gestärkt machten sie sich auf den Weg. Die Weiterfahrt

mit der S-Bahn verlief reibungslos. Nicht einmal Pendelver

kehr war angesagt. Vierzehn Uhr dreißig, eine halbe Stunde vor

Beginn der offiziellen Gespräche, stand die Delegation aus Su

mambowo müde, aber glücklich vor dem Staatsratsgebäude.

Sumambo schritt auf den Haupteingang zu und versuchte, die

Tür zu öffnen. Vergeblich. Die Tür war verschlossen. »Ruhetag«

stand auf einem Schild. Sprechzeiten nur dienstags und frei

tags zwischen acht und zwölf und vierzehn bis neunzehn Uhr.

Diplomatenpech

An diesem Tag war ausgerechnet Mittwoch.

Was daraufhin geschah, werter Leser, entzieht sich leider meiner Kenntnis. Oder besser gesagt, ich habe noch nicht darüber

nachgedacht. Wozu auch? Sie haben ja sicherlich ohnehin

längst bemerkt, daß diese Geschichte von Anfang an erstun

ken und erlogen ist. Ein reines Phantasieprodukt sozusagen,

von dem sich der Autor tunlichst distanzieren sollte. Schließ

lich weiß hierzulande jeder, daß so etwas bei uns nicht passie

ren kann. Jedenfalls bei keinem Staatsbesuch.

117

·-   .= <

  asbedeuten die

e ~ t e n zwischen  n ~ c k e r unij ßorbatschow, wenn sie

sich auf dem :Flughafen verabschie-

 

~   o r b a t s ~ h o w sineinandergelegteHände: Dich zieheich .auch nocH auf

· ~ i n e Seite. i ·:q;· .

Honeckers dfei er-hobene Finger; Drei

von·dir habe ieh

  n ü ö e r l e · • · r ~ t

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118

,„,.,,,.. . . . , , , · tl. .

i   ·Häschen kommt · ,•• "•   . . . .  . ;

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. zrim Fleischer :urid ·• :

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··· J:Ia.Ken. << Häsclien ·..  . .

„·.fragt aucli am drit-· · .

·en ·rag nach Möh- · .. ten. Der Fleischer ·w - • • •

' ·greiit es und hängt. es·an.den ©hren an . ·.- . • . .

·einen Haken, ·Cli- , ·· · ·

· relft neben das :Ho- '· nedRer-BildA \>Oh« .   · ·.. .   • ·· a ~ ä s c h e ~ . , >

'   . . „ ..

· ~ > h a t t u auch nacli , ·

> Möljten g e f r a ~ ? · .. ·. . .,. ;. . .

- Wo wir sind ist vorn

Hans-Günther Pölitz

Der Kabarettist kommt im Habitus eines Hausmeisters. Er trägt

das übliche Honecker-Porträt und eine Leiter bei sich, um dasBild aufzuhängen:

Ich kann gar nicht verstehen, daß Sie hier so ruhig sitzen kön

nen. Nun sagen Sie bloß, Sie haben es noch nicht bemerkt? So

was sieht man doch auf den ersten Blick. Na, hier fehlt was.

Schließlich sind wir ein öffentliches Haus. Ein Amtsgebäudesozusagen. Und da gibt es gewisse Normen. (Musik)

Ich bin gewöhnt an dein Gesicht. / Mit dir beginnt für mich der

Tag./ Bin an das Blau ja so gewöhnt,/ das jeden Raum verschönt./ Dein Hemd, dein Blick, dein Schlips, dein Schick./

Das ist mir alles so vertraut, / fast wie der Bart schon, den ich

trag. /Als ich hereintrat, wußt' ich, etwas stimmt nicht,/ etwas

fehlt hier noch. / Hoffentlich zieht sich nicht irgend jemand

daran hoch. / Wrr sind dran, wie du schaust, gewöhnt, / wie du

so bildhaft sprichst, / gewöhnt an dein Gesicht. (hängt Bild auf)

(ruft in die Kulissen) Von wegen, nicht wie im richtigen Leben,

machen wollen. Ha (setzt sich auf die Leiter, schält einenApfel o.ä.) Obwohl, ich frage mich manchmal, ob du eigentlich

auch siehst, was da alles im richtigen Leben vorgeht? Ich

meine, da müßte dir doch manchmal ganz schön die Scheibe

beschlagen. Manchmal, könnte ich mir denken, müßtest du

sogar aus dem Rahmen fallen.

Wenn du in der Halle, die sich Einkaufshalle nennt / überm

Tisch hängst und darunter hartes Brot. /Wenn vergeblich man

stets nach Frischgemüse rennt, /doch in der Hauptstadt kloppen sie dich damit tot. / Was die Regierung will, ist ehrlich, /

stabile Preise hat nicht jeder Staat. / Im Leben funktioniert's

nur schwerlich,/ gibt's manches dann nur noch im »delikat«./

Und auf manchem Amt ist man viel zu früh ergraut. I Drückst

du etwa dabei deine Augen zu? / Wenn ein Bürokrat mir die

Menschenwürde klaut, /Und überm Bürokraten, da hängst du.

/ Oh, wie du da hangest Wie unmöglich / Wie tief deprimie

rend (hat einen Einfall)

Wie höchst erfreulich könnte das sein

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Wo wir sind ist vorn

Was hieltest du beispielsweise von dem Vorschlag? Dich auf-

zuhängen dürfte keine Vorschrift mehr sein. Nein, es müßtevielmehr eine Auszeichnung sein, dich hängen lassen könnenzu dürfen. Das klingt jetzt komplizierter, als es ist. Ich stellemir das so vor: Dein Bild darf nur noch dort hängen, wo es be-

sonders sozialistisch zugeht. Da könnte uns keiner mehr vor-machen, daß er wunder was für den Sozialismus tut. Man

würde sofort an der Wand erkennen, ob du gegenwärtig bist,oder nur noch verblaßte Konturen von dir übrig sind. Nur echtmit dem Erich Und injedem ahrkönnten wir dann eine »Erich-

Verleihung« veranstalten. Das klingt ir jetzt zu kapitalistisch?Wenn s uns nutzt, muß dichdas nicht weiter stören. Gor-

batschow sagt auch, daß wir

vom Kapitalismus einigesübernehmen könnten. Leninhat das auch gesagt, wenn ir

das vielleicht lieber ist. Stellir mal vor, wenn du nur über-

all dort hängen würdest, wo

wir Fortschritt erzielt haben. Keine Protokollstreckekönnte dir mehr was vorma

chen. Aber so ...

. bist du ein Mann, der viel verzeiht. / Der geflissentlich, wis-

sentlich / streng seinen Standpunkt vertritt und drauf beharrt./ Kurz: Ein Mann, der zu vieles verzeiht.

Doch zögst dein Bild du dort zurück, / wo wir uns schadenheut und hier / und wenn man noch rührend fleht, / draußenblaugefroren steht, /verschließ die Tür und sag nur, ich zitier:

/»Kommunisten wollt ihr sein? Ha «

Doch sind wir so gewöhnt wenn s tagt, man ja und Amen

sagt, / mal dies, mal das, halt irgendwas, / das ist uns alles so

vertraut, / daß man s mechanisch wiederkaut. / Was einmalIdeale waren, sind heut nur Schablonen noch. / Könnten s aberwieder werden, wenn wir wollten - doch / erst wenn wir unsmal abgewöhnt, / daß Mängel man verschönt. /Verschönt durchdein Gesicht. (in die Überlegung hinein, ob er das Bild wieder

abnimmt, kommt der Black)

9

7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1987 - 1988

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12

Unterhalten sichzwei Gefängnisinsas-sen. Fragt der eine:

»Weshalb bist du

hier?«

»Ich bin Fahrrad-händler und habe

Erich Honecker denRücktritt angeboten.Und was hast du an-

gestellt?«

»Ich habe Erich

Honecker durch einFernrohr beobach-tet.«

»Da ist doch aber

nichts schlimmesdabei «

Sagt der andere: »Ja,

schon aber bei mir

hing da noch ein

Gewehr unten dran.«

arkus olf

987

4. Januar

9. Januar

13. Januar

18. Januar

24. Januar

9 8 7

Auf dem Deutschlandtreffen der CDU in Dortmund bezeichnet Bundeskanzler Helmut Kohl ie DDR als >>Regime, daspolitische Gefangene in Gefängnissen und Konzentrationslagern hält<<. Der Ständige Vertreter der DDR in Bonn legtoffiziellen Protest ein.

Zu Beginn des Jubiläumsjahres zum 750jährigen Bestehender Stadt Berlin wird das Bode-Museum in Ost-Berlin nachgründlicher Renovierung wiedereröffnet.

Temperaturen um minus 20 Grad. Die Braunkohleförderung

ist eingefroren. Folgen: Einbrüche in der Strom- und Wärmeversorgung. Auch bleiben zahlreiche Haushalte nachRohrbrüchen ohne Trinkwasser.

Die Verantwortlichen der Sendeanstalten ARD und ZDF

schließen mit Vertretern des Fernsehens der DDR Produktions- und Kooperationsvereinbarungen ab.

Erstaufführung von Sartres >>Die Fliegen<< in den Kammerspielen des Deutschen Theaters, Regie: Friedo Solter.

31. Januar 1. Februar Zum sechsten Mal wird Karin Kania in St. Foy Kanada) Weltmeisterin im Eisschnellauf Sprint-Vierkampf).

3.-8. Februar Zum fünften Mal in Folge wird Katarina Witt in SarajewoEuropameisterin im Eiskunstlauf.

6. Februar Generaloberst Markus Wolf tritt auf eigenen Wunsch ausdem Dienst des Ministeriums für Staatssicherheit aus; fürseine Verdienste wird ihm der Karl-Marx-Orden verliehen.

7. Februar DEFA-Kinderfilmpremiere >>Das Schulgespenst<<.

1. März Der Ständige Vertreter der DDR in Bonn, Ewald Moldt, übermittelt Bundeskanzler Kohl die Botschaft von Erich Honekker, Ost-Berlin und Bonn sollten ein gesondertes Abkommenüber Mittelstreckenraketen abschließen.

2. März

7. März

9.-15. März

21. März

Im Ost-Berliner Friedrichstadtpalast gastiert der Schlagersänger Udo Jürgens an drei Abenden hintereinander.

Erstaufführung von Becketts >>Warten auf Godot<< in Dresden, Regie: Wolfgang Engel.

Katarina Witt wird in Cincinnati zum dritten Mal Weltmeisterin im Eiskunstlauf.

DEFA-Filmpremiere >>Johann Strauß der ungekrönte

König Co-Produktion DDR/Österreich).

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Zeittafel 987

23. März

25. März

In Magdeburg wird aus der Technischen Hochschule die

>>Technische Universität Otto von Guericke<<.

Erstmals reisen Offiziere der Bundeswehr als Manöverbe

obachter in die DDR.

In einer Sitzungspause des Zentralkomitees der SED sitzt Günter

Mittag über einem Stapel Papieren, schüttelt den Kopf und mur-., melt vor sich hin: »Icp versteh den Plan nicht.« Erich,Honecker ....

geht auf ihn zu und fragt: »Was ist los, Günter, was plagt dich?« -·Mittag: »Ich versteh den Plan nicht.«Honecker: »Kein Problem,den kann ich dir erklären  « Mittag: »Unfug, Erich, erklären kann-ich ihn selber, aber ich versteh den Plan nicht.« i

23. April

1. Mai

8.-23. Mai

14. Mai

14. Mai

29. Mai

12. Juni

DEFA-Filmpremiere Käthe Kollwitz - Bilder eines Lebens<< 

Das Kindergeld wird erhöht: Nun gibt es für das erste Kind

50 Mark, fürs zweite 100 Mark bisher je 20) und für alle

weiteren je 150 Mark bisher 50-70 Mark).Die 40. Friedensfahrt gewinnen Uwe Ampler und die DDR

Mannschaft Ampler, Heppner, Kummer, Raab, Ludwig,

Barth).

DEFA-Filmpremiere >>Wengler & Söhne - Eine Legende<< 

Das neuerbaute Nikolaiviertel mit der restaurierten Nikolai

kirche wird vom Berliner Oberbürgermeister Erhard Krack

eröffnet.

An der Volksbühne werden unter dem Titel >>Spektakel Ber

liner Geschichten en Suite<< neun Stücke unterschiedlicherGenres auf sieben Bühnen des Hauses an einem Abend auf

geführt.

Der US-Präsident Ronald Reagan reist zur 750-Jahr-Feier

nach West-Berlin. In seiner öffentlichen Rede vor dem Bran

denburger Tor fordert er den sowjetischen Parteichef Gor

batschow auf, die Mauer niederzureißen und schlägt vor,

Olympische Spiele in beiden Teilen der Stadt abzuhalten.

Wie kann man die Himmelsrichtung bestimmen?

Man legt eine Banane auf die Mauer. Wo sie abgebissen wird,. ist Osten . .

18. Juni

26. Juni

Heike Drechsler wird als weltbeste Athletin 1986 mit der

Trophäe des Weltverbandes der Sportjournalisten ausge

zeichnet.

Erich Honecker schenkt Udo Lindenberg eine Schalmei als

Dankeschön für die von Udo überreichte Lederjacke. - Die

Jacke wird im August zugunsten der Dritten-Welt-Hilfe für

7500 Mark von der FDJ-Betriebsorganisation des VEB Ju

gendmode Rostock ersteigert.

2

Zwei Volkspolizistenhaten sich ffu   eine

höhere Laufbahn be

worben. Dazu müssen,,sie allerdings

'• .

eine·mündliclie Prü-

fung bestehen. Nun

sitzen sie zitterndvoF,dem Prüf11ngs- ·raum. Der erste wirdhereingerufen. Ein

paar Minuten späterkommt er wieder.

heraus und sagt: »Esgab nur eine einzigeFrage: Wie heißt un-

:, J . .  .   : „.c. . ~ . „ t

serer Staatsra'.tsvor-sitzender?« Daraufsagt der andereVoli}spolizist: »O je,

; · . ~

und so was schwereswußtest du?« -»Klar, der heißt Ho-

.necker. « - »Wie war' „· ,   . ' ,  

das?« - »HON EC -

KER « buchstabiertder erste. »Moment

chen, das schreibeich mir unter meinenSchuh « sagt der an

dere und kritzelt»Honecker« ·atif die

Schuhsohle. Kurze

Zeit später, in derPtjifung, wir ihm

tatsachlich dieseFrage gestellt. Ver

steckt schaut er aufseine Schuhsohle

u ~ a l l t w o r t e t stolz:»Salamander «

7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1987 - 1988

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  22

Kohl brüstet sicho

während HoneckersBesuch 1987 inBonn damit, daß er ?<

nur kluge L e u t e •' ''

sich habe. H o n e ~ aglaubt ihm nioht tUm seine u s s a g t , :

zu beweisen, fragt·.Kohl bei Tisch Gen„-

 

scher: »Es ist i c h tmein Bruder undauch nicht meine -Schwester, aber

trotzdem das Kind

2. Juli

10.-12. Juli

17. Juli

Zeittafel 987

DEFA-Filmpremiere >>Die Alleinseglerin<< mit Christina Po

wileit, Manfred Gorr und Fred Delmare.

Erster Katholikentag in der Geschichte der DDR

Aus Anlaß des 38 . Jahrestages ihrer Gründung beschließt

die DDR-Regierung die Abschaffung der Todesstrafe.

Was hat 100 Zähne und 4 Beine? Ein Krokodil.Was hat 100 Beine und 4 Zähne? Das Politbüro.

30. Juli

1.August

Der rekonstruierte Französische Dom in Berlin wird wieder

eröffnet. Er beherbergt das Hugenottenmuseum und Archiv

und Bibliothek der Französisch-Reformierten Gemeinde.

Unter den Linden öffnet das Grand-Hotel mit 350 Zimmern,

Appartements und Suiten. Es soll vor allem zahlungskräfti

ge Westgäste anlocken. Drei der vierzehn gastronomischen

Einrichtungen stehen auch DDR-Bürgern offen.

meiner Eltern. WeLe   ' · 3. August >>Fußballer des Jahres<< wird erneut Rene Müller.

ist das « Genscll:e ·  -· . . ;

sagt sofort:tür ieh. ( . rlo.f ' '" '-, ;; ,

Das imponiert Ho- : •necker. Wieder zu- - ·rückgekehrt ver- · <

sucht er den gleichen Test mit W'Illi ·

Stoph: »Es ist i c h tmein Bruder und .nicht meine Schwe-:·ster, aber trotzdeiw -das Kind meine1 ... j

tern. Wer ist :;<· ..

Stoph denkt eine . .-

Weile angestrengtnach und schlägt · ·dann vor, Mielke ·

diese Frage zu steI:

.len. Mielke wird hinzugerufen. Er b e tlegt lange, dann_ efc.:··

hellt sich seine · · ·. .

Miene: } ~ D a s bis1i6: .. _1. . .

Erich « .»Unsinn«, sagt·fi .•necker, »das ist nä·. 'türlich Kohl « .

27. August SED und SPD veröffentlichen ein gemeinsames Papier: >>Der

Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit<<. Das

Papier arbeitet die ideologischen Gegensätze zwischen So

zialdemokraten und Kommunisten heraus und entwirft ein

Konzept für eine langfristige Zusammenarbeit.

2.-4. September Der >> Olof-Palme-Friedensmarsch<< wird zwischen dem KZ

Ravensbrück zum KZ Sachsenhausen begangen.

5./6. September Etwa 1000 Mitglieder unabhängiger Friedensgruppen pro

testieren gegen die atomare Rüstung in Ost und West und

ziehen von der Zionskirche zur Gethsemanekirche.

Zwei Volkspolizisten stehen am Flughafen und beobachten die anund abfliegenden Maschinen. Sagt der eine zum andern: »Nun sagmir doch mal, wie die Terroristen es immer wieder schaffen, sol

che riesengroßen Flugzeuge zu klauen.«»Ü Mann, bist du dumm«, sagt der andere, »die werden doch nichthier auf dem Boden geklaut, wo sie so groß sind, sondern oben in

der Luft, und da sind sie klitzeklein «

7 -11. September Erich Honecker besucht die Bundesrepublik und trifft Bun

deskanzler Kohl. Es werden Abkommen zum Umwelt- und

Strahlenschutz sowie über die Zusammenarbeit in Wissen

schaft und Technik vereinbart.

15. September Eröffnung des Schinkel-Museums in der rekonstruiertenFriedrichwerderschen Kirche in Berlin.

3. Oktober Im Albertinum auf der Brühlschen Terrasse in Dresden öff

net die X Kunstausstellung der DDR (bis 3. April '88). Sie

zieht 1,1 Mio Besucher an .

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Zeittafel 987

13./15. Oktober Die Staatschefs der RGW-Länder werden zu einer Sitzung

nach Moskau berufen, um über notwendige Wirtschaftsre

formen zu beraten.

16. Oktober Werner Tübke signiert sein Panoramagemälde >>Frühbürger

liche Revolution in Deutschland<< im Bauernkriegsdenkmal

auf dem Schlachtberg bei Bad Frankenhausen.

30. Oktober Die Bundesrepublik und die DDR tauschen mehr als 400

Kunstwerke aus, die während des Zweiten Weltkriegs aus

ihren Heimatmuseen ausgelagert worden waren.

1. November DDR läßt ab sofort die Einfuhr und den Versand von Fach

zeitschriften, Kalendern, Briefmarken, Schallplatten und Arz

neimitteln aus der BRD zu.

10./11. November Der US-Vizeaußenminister besucht Berlin und spricht mit

Erich Honecker über eine Intensivierung der Beziehungen.

24.-26. November Der X. Schriftstellerkongreß tagt in Berlin.

25. November Bei einer Durchsuchung der Umweltbibliothek der evange

lischen Zionsgemeinde in Ost-Berlin nehmen DDR-Sicher

heitsorgane mehrere Mitglieder von Friedens- und Umwelt

gruppen fest.

Welches ist die größte Kirche der Welt?

Die Zionskirche in Berlin Du gehst zur Tür rein und kommst inGießen wieder raus

3. Dezember Der Film >>Die Russen kommen<< von Heiner Carow hat Premiere. Er entstand bereits 1968.

5.-6. Dezember Drei Weltrekorde im Eisschnellauf in Calgary (Kanada): Chri

sta Rothenburger über 500 m, Karin Kania über 1 000 m

und Gabi Zange-Schönbrunn über 3 000 m.

1987 verlassen 18 958 DDR-Bürger das Land.

Sportler des Jahres:

Silke Möller-Gladisch

(Leichtathletik)

Torsten Voss

(Zehnkämpfer)

Volleyball-National

mannschaft der Frauen

Torschützenkönig der

Oberliga:

Frank Pastor vom BFC

Dynamo mit 17 Treffern

Fernsehlieblinge:

Helga Hahnemann

Erika KrauseKlaus Feldmann

Helga Piur

Petra Kusch-Lück

Ellentie

Heinz Florian Oertel

Hans-Joachim Wolfram

neue Bücher:

Sigrid Damm

>>Cornelia Goethe<<

Erwin Strittmatter

>>Der Laden 2

Alfred Wellm

>> Morisco<<

Christa Wolf

>>Störfall. Nachrichten

eines Tages

Daniela Dahn

>> Prenzlauer Berg-Tour<<

23

Klaus eldmann

Oberliga-Plazierung

1987

1 Berliner FC Dynamo

2.SG

Dynamo Dresden

3. 1 FC Lokomotive

Leipzig

4. Wismut Aue

5. 1. FC Magdeburg

6. FC Carl Zeiss Jena

7. FC Rot-Weiß Erfurt

8. FC Karl-Marx-Stadt

9. Stahl Brandenburg

10. FC Vorwärts Frank-

furtJO.

11. 1. FC Union Berlin

12. Stahl Riesa

13. Energie Cottbus

14. Fortschritt Bischofs

werda

große Hits:

>>Casablanca City

>>Als ich fortging<<Karussell

>>Doris Pankow

>>Ich bin frei

Stern Meißen

>>Halt mich fest

Prinzip

>>Die Fans sind eine

Macht<<

Frank Schöbe

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  24

Rosa Luexemburg

arl Liebknecht

Zeittafel t988

988

7.-9. Januar Erstmals wird Erich Honecker von einem Staatspräsidenten

der drei Westalliierten vom Franzosen r a n ~ o i s Mitterrandzum Staatsbesuch empfangen.

12. -17. Januar Katarina Witt wird in Prag erneut Europameisterin im Eis

kunstlauf.

17. Januar Am Rande der traditionellen Demonstration zum Jahrestag

der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

verhaftet der DDR-Staatssicherheitsdienst rund 120 De

monstranten; in der Folge kommt es zu Verurteilungen und

Ausweisungen aus der DDR.

23.-24. Januar In Oberhof finden die ersten Hundeschlittenrennen in der

DDR vor 18 000 Zuschauern statt.

28. Januar

2. Februar

12. Februar

DEFA-Filmpremiere >>Einer trage des anderen Last<< Regie:

Lothar Warnecke. Ein Volkspolizist und ein evangelischerVikar teilen sich Anfang der 50er in einer Lungenheilanstalt

gemeinsam ein Zimmer.

In einem internen Bericht des Staatssicherheitsdienstes

wird die Zahl der rechtsradikalen Skinheads in der DDR

mit rund 800 beziffert.

Der Regierende Bürgermeister von Westberlin Eberhard

Diepgen zu Besuch bei Erich Honecker.

-

Ein Kunde verlangt im Buchladen »Aus meinem Leben«von

Erich Honecker. Bedaure«  sagt die Verkäuferin  »ist niclit vor-rätig. Aber ich kann I h i l ~ n dieses hier empfehlen >Aus demLeben eines u g e n i c h t s

25. Februar

27. Februar

1. März

3. März

In Bischofswerda und Waren an der Müritz beginnt der

Abzug sowjetischer Mittelstreckenraketen aus der DDR.

Bei den XV. Olympischen Winterspielen in Calgary erringen

DDR-Sportler neun Gold- zehn Silber- und sieben Bronze-

medaillen. Katarina Witt wird zum zweiten Mal Olympia

siegerin im Eiskunstlauf.

Westberliner dürfen ab sofort bei Tageseinreisen in die DDR

dort auch übernachten.

Gespräch Honeckers mit Landesbischof Werner Leich über

das Verhältnis Staat und K i r c h e  14. März Friedensgebet in der Leipziger Nikolaikirche mit anschlie

ßendem Schweigemarsch von etwa 300 Menschen zur Tho

maskirche.

20.-27. März Nationales Popfestival in Karl-Marx-Stadt.

26. März Katarina Witt wird zum vierten Mal Weltmeisterin und be

ginnt als erste DDR-Sportlerin eine Profikarriere.

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Zeittafel 988

27. März

30. März

31. März

1.-6. Mai

12. Mai

23. Mai

Aus dem Haus der Kultur in Gera wird eine Gala zur Kürder Fernsehlieblinge 1987 live übertragen.

Erstaufführung von Volker Brauns >>Die Übergangsgesellschaft<< am Maxim Gorki Theater, Regie: Thomas Langhoff.

West-Berlin und die DDR vereinbaren den bisher umfang

reichsten Gebietsaustausch. Von der Vereinbarung ist unteranderem das sogenannte Lenne-Dreieck betroffen, ein rund4 ha großes Grundstück in Berlin-Mitte das auf der westlichen Seite der Mauer liegt obwohl es bislang zu Ost-Berlin gehörte.

Hermann Axen wird vom amerikanischen Außenministerempfangen, wobei auch ein Besuch Honeckers in den USAerörtert wird.

DEFA-Filmpremiere >>Jadup und Boel mit Kurt Böwe,Regie: Rainer Simon, bereits 1981 entstanden.

Ulf Timmermann stellt in Chania Griechenland) einenneuen Weltrekord im Kugelstoßen auf und stößt als ersterüber 23 m.

1. Juni 85 000 Fans beim Joe ocker-Konzert in Berlin-Weißensee.

29. Mai-2. Juni Reagan und Gorbatschow kommen zu ihrem 4. Gipfel inMoskau zusammen. Der >>offene Dialog<< in Abrüstungsfragen wird ohne konkrete Ergebnisse fortgesetzt.

19. Juni Michael Jackson gibt vor dem Reichstagsgebäude in WestBerlin ein Konzert. Im Ostteil der Stadt versammeln sicheinige Jugendliche in der Nähe der Mauer, um akustisch an

dem Spektakel teilzunehmen. Dabei kommt es zu Auseinandersetzungen mit der Volkspolizei.

5.-7. Juli Bei einer RGW-Tagung in Prag sprechen sich die DDR undRumänien gegen Reformen des sozialistischen Wirtschaftsbündnisses aus.

11.-13. Juli Treffen von BRD-Umweltminister Klaus Töpfer mit Mini

ster Hans Reichelt über Zusammenarbeit im Umweltschutz.

20. Juli Bruce Springsteen tritt vor 160 000 Fans in Berlin-Weißensee auf.

8. August Andreas Thom wird zum >>Fußballer des Jahres gewählt.

27. August Der frühere Skispringer und jetzige Sportarzt Hans-GeorgAschenbach kehrt von einer Sportveranstaltung imSchwarzwald nicht in die DDR zurück.

1. September In West-Berlin werden die 38. Berliner Festwochen eröff

net ..An den Veranstaltungen nehmen erstmals auch Künst

ler aus der DDR teil.

25

Wirtschaftsminister

Günter Mittag lernt

jetzt Spanisch

Wieso?Er ist mit seinem

Latein am Ende

Hermann xen

Hans Reichelt

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  26 Zeittafel 988

Frank Gastorf

Tamara anz

9. September Petra Felke stellt in Potsdam einen ewigen Weltrekord im

Speerwerfen auf sie wirft als erste Frau der Welt 80 m.

12. September Das Forschungszentrum Mikroelektronik Dresden über

reicht Erich Honecker den ersten Megabit-Chip made in

GDR.

14. September Die jährliche Transitpauschale der Bundesrepublik an die

DDR wird für die Jahre 1990 bis 1999 festgelegt. Sie soll

von 525 Millionen Mark auf 860 Millionen Mark jährlich

steigen .

16. September Ernennung von Eiskunstläuferin Katarina Witt zur Sonder

botschafterin der UNICEF in New York.

17. September-2. Oktober Bei der XXIV. Olympiade in Seoul erringen 138

DDR-Sportler 37 Gold- 35 Silber- und 30 Bronzemedaillen.

Kristin Otto wird Olympiasiegerin im Schwimmen über50 m und 100 m Freistil 100 m Schmetterling und 100 m

Lagen.

25. September DEFA-Märchenfilmpremiere Der Eisenhans<<.

27.-29. September Arbeitsbesuch Honeckers bei Gorbatschow in Moskau:

12. Oktober

12. Oktober

Honecker sichert >>einmütige Unterstützung für den Kurs

der Erneuerung in der sowjetischen Gesellschaft<< zu und

sieht die Reformen auf die UdSSR beschränkt.

Die Serienfertigung der Limousine Wartburg 1.3 in Eise

nach mit VW Motor beginnt.

In Berlin-Hohenschönhausen übergibt Erich Honecker die

dreimillionste Neubauwohnung die seit dem Parteitagsbe

schluß 1971 errichtet wurde.

16.-18. Oktober Der Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses Edgar

Bronfman besucht die DDR. Er gibt bekannt daß sich die

DDR zu einer >>symbolischen Entschädigungszahlung<< fürdie noch lebenden Opfer des NS-Regimes bereiterklärt hat .

19. Oktober

21. Oktober

Kristin Otto erhält für ihre Leistungen im Schwimmen die

goldene Krone des IOC eine erstmalig vergebene Auszeich-

nung.

>>Flüstern und Schreien<< ein Dokumentarfilm über die

Musikszene der DDR mit Tamara Danz . Erstmals werden

auch Independent-Gruppenvorgestellt.

10. November Grundsteinlegung durch Erich Honecker für den Wiederauf

bau der kriegszerstörten Synagoge in der Berliner Oranien

burger Straße.

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Zeittafel 988

17 ./18. November Erich Honecker verleiht Nicolae Ceausescu bei dessen Be

such in Berlin den Karl-Marx-Orden.

18. November Die deutsche Ausgabe des sowjetischen Readers Digest,

>>Sputnik<< wird wegen >>Verzerrung der Geschichte<< von

der Liste des Postzeitungsvertriebs gestrichen.

28. November Beschluß einer Rentenreform und Erhöhung der Mindest

renten zwischen 30 bis 100 Mark.

2. Dezember Der XII. Parteitag der SED wird für Mai 1990 statt wiege

plant 1991) einberufen

7. Dezember Michail Gorbatschow kündigt vor der UN-Generalver

sammlung einseitige Abrüstungsschritte an.

Der liebe Gott ruft Reagan Gorbatschow und Honecker zu sichund eröffnet ihnen daß in 7 Tagen die Welt untergeht. Reagankehrt nach Washington zurück ll:lld hält eine Ansprache an die Na-. .

tion: »Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute:

Ich habe mit Gott gesprochen. Die schlechte: In sieben Tagen gehtdie Welt unter.« Gorbatschow kehrt nach Moskau zurück und be-ruft den Obersten Sowjet ein: »Ich habe zwei schlechte Nachrichten. Erstens diesen gewissen Gott gibt es wirklich. Zweitens in

sieben Tagen geht die Welt unter.« Erich ruft den Ministerrat zu-

. sammen und erklärt: »Genossen ich habe zwei gute Nachrichten· für euch. Gott hat die DDR anerkannt. Und in sieben Tagen hat

der Spuk von Glasnost und Perestroika ein Ende.

14. Dezember Neue Verordnung über das Reisen ins Ausland.

14. Dezember Volkskammerbeschluß über die Errichtung von Verwaltungsgerichten auf kommunaler Ebene.

17. Dezember Frank Castorf bringt am Deutschen Theater die Erstauffüh

rung von Michail Bulgakows >>Paris Paris<< heraus.

1988 verlassen 39 832 DDR-Bürger das Land.

Sportler des Jahres:

Kristin OttoSchwimmen)

Olaf Ludwig

Radsportler)

Straßenradvierer von

Seoul

Torschützenkönig der

Oberliga:

Andreas Thom vom BFCDynamo mit 20 Treffern

Fernsehlieblinge:

Uta SchornKlaus Feldmann

Ellen Tiedtke

Erika Krause

Heinz Florian Oertel

Carmen Nebel

Wolfgang Lippert

Gunther Emmerlich

neue Bücher:

John Erpenbeck>>Gruppentherapie<<

Brigitte Struzyk

>>Carotine unterm

Freiheitsbaum<<

Joachim Walther

>>Heldenleben<<

Helga Schubert

>>Über Gefühle reden?<<

27

olfgang ippert

Oberliga-Plazierung

1980

1. Berliner FC Dynamo

2. 1 FC LokomotiveLeipzig

3. SG Dynamo Dres

den

4. Stahl Brandenburg

5. Hallescher FC Che-•

m1e6. FC Carl Zeiss Jena

7. 1 FC Magdeburg

8. FC Karl-Marx-Stadt

9. FC Hansa Rostock10. Wismut Aue

11. 1. FC Union Berlin

12. FC Rot-Weiß Erfurt

13. FC Vorwärts Frank

furt/O.

14. Stahl Riesa

große Hits:

>>Ich liebe dich<<Rockhaus

>>Die Welt<<Stern Meißen

>>Wand an Wand<< City

>>Kleine Frauen<<Karussell

>>Auf und ab<< Babylon

>>Wir wolln immer artig

sein<< Feeling B

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  28

'

Nachweise

Die Karikaturen stammen von

Peter Bauer: 110Heinz Behling: 20 77 111 o. 115

Manfred Bofinger: 8 44-56 90 o.

Henry Büttner: 17 75 o. 75 m.

Peter Dittrich: 32 33 61 o. r. 67

Barbara Henniger: 19 53 o. 64 87 99 o. 104

Heinz Jankofsky: 74 92 99 u. 101Harald Kretzschmar: 113 120 123 124 125 126 127

Cleo Petra Kurze: 75 u.

Rechte

Harri Parschau: 11 13 59 61 o./u. 63 70 72 83 90 l.u. 91 103

Louis Rauwolf: 25 27 29 31 o./u. 60 73 78 97

Horst Schrade: 81 88 89

Karl Schrader: 41 53 u. 106

Wolfgang Schubert; 90 r.u.

Reiner Schwalme: 35 111 u.

Für die freundliche Genehmigung zum Abdruck danken wir den

Autoren Zeichnern und Erben. Nicht in allen Fällen ist es uns gelungen Rechteinhaber und Rechtsnachfolger zu ermitteln. Berechtigte

Honoraransprüche bleiben gewahrt.

mpressum

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7/21/2019 Sternstunden des DDR- Humors / 1987 - 1988

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Vorwärts immer rückwärts nimmer