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Statische Berechnung von Abwasserkanälen und -leitungen nach ATV-DVWK-A 127, 3. Auflage 08.2000 Von B. Falter 1 1. Vorbemerkungen Das Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 127 hat sich für die statischen Nachweise erdverlegter Ab- wasserkanäle und -leitungen bewährt. So hat z. B. die Ermittlung der Konzentrationsfakto- ren für die Belastung über dem Rohr mit dem Konzept des „schubsteifen Balkens“ von Leonhardt [1], [2] auch internationale Anerkennung und Eingang in die geplante europäi- sche Vorschrift EN 1295 gefunden. Bereits im Vorwort zur 2. Auflage 1988 wird darauf hingewiesen, dass die Gültigkeit auf Standardfälle beschränkt ist. Deshalb wurden inzwischen ergänzende Merkblätter für De- poniesickerleitungen (M 127-1, 03.1996) und für Sanierungssysteme (M 127-2, 01.2000) herausgegeben. Ein weiteres Merkblatt M 127-3 für profilierte Kunststoffrohre ist in Vorbe- reitung. Aufgrund von neuen Erkenntnissen in der Rohrstatik (Versuche, Vergleiche mit der Finite Element Methode, Europäische Normung usw.) und wegen Neuentwicklungen bei den Leitungssystemen (z. B. Rohre mit profilierter Wand) ergab sich in verschiedenen Ab- schnitten des Arbeitsblattes Regelungsbedarf. Die neuen Erkenntnisse sind in die seit Au- gust 2000 vorliegende 3. Auflage eingearbeitet. Wichtige Ziele bei der Erstellung der 3. Auflage waren zusammenfassend: 1 Berücksichtigung von Neuentwicklungen (etwa von profilierten Kunststoffrohren, wofür gelegentlich anstelle von Berechnungen Versuche gefordert werden), 2 Beibehaltung des praktikablen Handrechenverfahrens und Öffnungsklausel für alter- native Verfahren (zwar kann heute nahezu jedes Problem der Strukturanalyse mit der Finite Element Methode berechnet werden, doch können hierbei neue Probleme und Fehlermöglichkeiten entstehen), 3 Einfache und nachvollziehbare Formeln zur Erfassung von baupraktischen Einflüs- sen und Berücksichtigung neuer Rohrsysteme (der Vorzug gilt geschlossenen Nähe- rungsformeln auf der sicheren Seite) Wegen der zeitlichen Begrenzung wird nur ein kurzer Überblick über das Arbeitsblatt A 127 gegeben und anschließend auf einige wichtige Neuerungen der 3. Auflage 08.2000 eingegangen, ausführliche Kommentare sind in [3] zu finden. 2. Grundlagen der Berechnung: Rohreinbau Grundlage einer statischen Berechnung ist der korrekte Rohreinbau, wie er in DIN EN 1610 und ATV-DVWK-A 139 festgelegt ist. Grundsätzlich sind flächenförmige Belastungen (Bild 1a)auf der gesamten Rohroberfläche anzustreben, dagegen sind 1 Prof. Dr.-Ing. Bernhard Falter, Fachhochschule Münster, Fachbereich Bauingenieurwesen Veröffentlicht in: Schriftenreihe aus dem Inst. f. Rohrleitungsbau an der FH Oldenburg, Band 24 (Hrsg. Prof. Lenz). Vulkan Verlag, Essen (2001) 366-380

Author: phungdiep

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  • Statische Berechnung von Abwasserkanlen und -leitungen nach ATV-DVWK-A 127, 3. Auflage 08.2000 Von B. Falter1

    1. Vorbemerkungen Das Arbeitsblatt ATV-DVWK-A 127 hat sich fr die statischen Nachweise erdverlegter Ab-wasserkanle und -leitungen bewhrt. So hat z. B. die Ermittlung der Konzentrationsfakto-ren fr die Belastung ber dem Rohr mit dem Konzept des schubsteifen Balkens von Leonhardt [1], [2] auch internationale Anerkennung und Eingang in die geplante europi-sche Vorschrift EN 1295 gefunden. Bereits im Vorwort zur 2. Auflage 1988 wird darauf hingewiesen, dass die Gltigkeit auf Standardflle beschrnkt ist. Deshalb wurden inzwischen ergnzende Merkbltter fr De-poniesickerleitungen (M 127-1, 03.1996) und fr Sanierungssysteme (M 127-2, 01.2000) herausgegeben. Ein weiteres Merkblatt M 127-3 fr profilierte Kunststoffrohre ist in Vorbe-reitung. Aufgrund von neuen Erkenntnissen in der Rohrstatik (Versuche, Vergleiche mit der Finite Element Methode, Europische Normung usw.) und wegen Neuentwicklungen bei den Leitungssystemen (z. B. Rohre mit profilierter Wand) ergab sich in verschiedenen Ab-schnitten des Arbeitsblattes Regelungsbedarf. Die neuen Erkenntnisse sind in die seit Au-gust 2000 vorliegende 3. Auflage eingearbeitet. Wichtige Ziele bei der Erstellung der 3. Auflage waren zusammenfassend: 1 Bercksichtigung von Neuentwicklungen (etwa von profilierten Kunststoffrohren,

    wofr gelegentlich anstelle von Berechnungen Versuche gefordert werden), 2 Beibehaltung des praktikablen Handrechenverfahrens und ffnungsklausel fr alter-

    native Verfahren (zwar kann heute nahezu jedes Problem der Strukturanalyse mit der Finite Element Methode berechnet werden, doch knnen hierbei neue Probleme und Fehlermglichkeiten entstehen),

    3 Einfache und nachvollziehbare Formeln zur Erfassung von baupraktischen Einfls-sen und Bercksichtigung neuer Rohrsysteme (der Vorzug gilt geschlossenen Nhe-rungsformeln auf der sicheren Seite)

    Wegen der zeitlichen Begrenzung wird nur ein kurzer berblick ber das Arbeitsblatt A 127 gegeben und anschlieend auf einige wichtige Neuerungen der 3. Auflage 08.2000 eingegangen, ausfhrliche Kommentare sind in [3] zu finden.

    2. Grundlagen der Berechnung: Rohreinbau Grundlage einer statischen Berechnung ist der korrekte Rohreinbau, wie er in DIN EN 1610 und ATV-DVWK-A 139 festgelegt ist. Grundstzlich sind

    flchenfrmige Belastungen (Bild 1a)auf der gesamten Rohroberflche anzustreben, dagegen sind

    1 Prof. Dr.-Ing. Bernhard Falter, Fachhochschule Mnster, Fachbereich Bauingenieurwesen Verffentlicht in: Schriftenreihe aus dem Inst. f. Rohrleitungsbau an der FH Oldenburg, Band 24 (Hrsg. Prof. Lenz). Vulkan Verlag, Essen (2001) 366-380

  • Linienlasten durch harte Auflager (Bild 1b) oder gar

    Punktlasten durch Muffenreiten oder Steine (Bild 1c) durch geeignete Manahmen auszuschlieen. Bild 1a flchenartige Belastung z. B. durch vertikale Belastung qv und zugehrende Auflagerspannungen Bild 1b Linienfrmige Auflagerspannungen Qv (z. B. durch unnachgiebiges Rohrauflager, fehlende Vorbereitung der Auflagermulde) Bild 1c Punktfrmige Auflagerkrfte A (z. B. durch fehlende Muffenmulden) oder Einzelkrfte F am Rohrumfang (z. B. durch Steine) Sind Abweichungen vom vorgesehenen Rohreinbau unvermeidbar, dann sollten die Mehr-belastungen z. B. durch Wahl eines kleineren Auflagerwinkels 2 erfasst werden, die ggf. erforderlichen Schnittgrenbeiwerte knnen aus [4] entnommen werden. Biegeweiche Rohre sind auf den seitlichen Bettungsreaktionsdruck qh* angewiesen, der bei der Verformung des Rohres zu einer Ellipse in den Kmpferbereichen geweckt wird. Diese Gre ist im Wesentlichen abhngig vom Verformungsmodul des Bodens in der Leitungszone E20, der zur Bercksichtigung verschiedener Baustellenbedingungen (Grabenbreite, Grundwassereinfluss, plastische Bden) auf E2 abgemindert wird. Der Ablauf des Rechenverfahrens wird in Tabelle 1 in den erforderlichen Schritten darge-stellt.

    2

    qv qv

    qv/ cos

    Qv Qv

    qv

    2 = 0

    qv

    A F

    F

    A

    qv qv

  • 1: Belastung 2: Rohr, Bodeneigen- schaften, Einbaube- dingungen

    3: Lastauf- teilung 4: Druckver-teilung am Rohr- umfang 5: SchnittgrSpannungVerfor- mungen, Beul- lasten 6: Nachweis

    Erd- und Flchenlasten

    sonstige Lasten - Grundwasser

    pa = W hW - Wasserfllung

    W - Eigenlasten R s

    Verkehr pV - Straen SLW - Eisenbahn UIC - Flugzeug BFZ - ggf. konzentr.

    Flchenlast pK

    E1

    E2 E2E3

    E4

    VRB = 8S0 / SBh > 1: biegesteifes Rohr

    bersch. A Einbett. B

    m0

    VRB 1: biegeweiches Rohr

    p0 1, 0 1 pE = Bh + 0p0

    Tab. 1 be nac

    4da

    pERpE

    BpEpE BpE

    Schritte: max (h/da, a, E1/E2, E4/E1) R = max > 1 RG (R, b/da) > 1 B = (4 - R)/3 < 1

    en, en,

    e

    1) mrqnN =

    2mrqmM =

    W

    MA

    Nk

    =

    mit 6/s1 W,s1A 2==

    1) = erf/R oder = erf)dq/(EZF avN 2) ggf. Ermdungsnachweis

    2

    qv = RGpE + pV qh = K2(RpE +1/2Bda)

    rsicht ber Berechnungsverfahreh ATV-DVWK-A 127

    RpEBpE pE

    4da

    pEBpE

    max (h/da, a, E1/E2, E4/E1) VS = 8S0 / (|cv*|SBv) R (max , VS, a, K2) < 1 RG (R, b/da) < 1 B = (4 - R)/3 > 1

    2Bh E6,0S =

    3d/EIS =

    qv

    120

    qh

    1) N, M und s. biegesteife Rohre 2) )( **,,, hqhvhqhvvqvvv qcqcqc ++=

    %1008/ 0 S

    3) Bhvv SSq krit = 02 82 (fr VRB 0,1) 0Daa S8p krit =

    1) = erf/R oder 2) UIC)% 2(SLW % 6v 3) Iaavv erf)p krit/pq krit/q/(1 += 4) ggf. Ermdungsnachweis

    qh*

    *,

    ,,

    qhhRB

    hqhhvqvh

    cV

    qcqc

    +=

    n fr erdgebettete Abwasserkanle

  • 3. Lasten (Einwirkungen), erforderliche Nachweise Die fr erdgebettete biegesteife und biegeweiche Rohre erforderlichen Standsicherheits-nachweise in Tabelle 2 zusammengestellt. Tab. 2 Erforderliche Nachweise Abwasserkanle und -leitungen nach ATV-A 127

    erforderliche Nachweise biegesteife Rohre biegeweiche Rohre z. B. Beton, Stein-

    zeug Rohre ohne Kriecheigen-schaften, z. B. Gusseisen

    Kunst-stoffrohre

    Spannungsnachweis Kurzzeit Langzeit

    Verformungsnachweis Kurzzeit Langzeit

    Stabilittsnachweis Kurzzeit Langzeit

    Nachweis bei nicht vorwie-gend ruhender Belastung (geringe berdeckung h)

    Bei einer Rohrdimensionierung sind die folgenden Lasten zu bercksichtigen:

    Erdlasten, Oberflchenlasten Verkehr Wasserfllung Eigenlasten Grundwasser Wasserinnendruck oder innerer Unterdruck (insbesondere bei Druckleitungen2) Sonderlasten (z. B. Fundamentlasten in Trassennhe) Die Erdlasten sind zunchst wie folgt zu berechnen:

    hp BE =

    Sie drfen ggf. durch den sogenannten Siloeffekt, d. h. die Gewlbebildung im Boden in-folge Setzung der Grabenverfllung abgemindert werden. blicherweise wird jedoch hier-von im innerstdtischen Bereich kein Gebrauch gemacht, da eine sptere Tiefbauma-nahme in der Rohrtrasse dieses lastmindernd angenommene Gewlbe zerstren kann. Die Verkehrslasten fr Straenverkehr (SLW 60/30 nach DIN 1072), Eisenbahnverkehrs-lasten nach UIC 71 und Flugzeugverkehrslasten knnen auf einfache Weise aus Dia-grammen abgelesen werden:

    ppV = mit = zugehrender Stofaktor

    Der Lastfall Grundwasser

    WWa hp = mit hW = auf die Rohrsohle bezogene Wassersule

    erzeugt in der Rohrwandung Druckspannungen. Da diese die blicherweise mageben-den Biegezugspannungen reduzieren, drfen sie beim Spannungsnachweis in der Regel 2 Das Sonderthema Druckleitungen wird im Abschnitt 4.1 kurz behandelt.

  • nicht addiert werden, da auch der Fall eines minimalen Grundwasserstandes unter der Rohrsohle z.B. bei Grundwasserabsenkung mglich ist. Dagegen ist der Lastfall Grund-wasser magebend, wenn ein Stabilittsnachweis zu fhren ist (s. Tab. 2, Abschnitt 4.4.1).

    4. Neuerungen der 3. Auflage des A 127 4.0 bersicht und Bewertung der nderungen Seit dem Erscheinen der 2. Auflage des A 127 im Jahr 1988 haben sich eine Reihe neuer Erkenntnisse, technischer Entwicklungen, neuer Werkstoffe und Trends ergeben, die nach intensiver Arbeit im Arbeitskreis ES 2.3 Rohrstatik zum Weidruck der 3. Auflage im Au-gust 2000 gefhrt haben. Eine bersicht ber die nderungen und eine Abschtzung der Auswirkungen auf die Ergebnisse ist in Tabelle 3 zu finden. Tab. 3 nderungen der 3. Auflage 08.00 des Arbeitsblattes A 127 gegenber der 2. Aufl. Nr. nderung Bedeutung

    gering mittel hoch 1 Erweiterung auf Druckleitungen + 2 Erhhung des Verformungsmoduls E2 bei Dammbedin-

    gung und h > 5 m (bisher E2 = const) +

    3 Abminderung des Verformungsmoduls E2 entfllt + 4 gleicher Auflagerwinkel 2 = 120 bzw. 180 fr biege-

    weiche Rohre beim Spannungs- und Verformungsnachweis

    (+)

    5 Bercksichtigung der Normalkraft- und Querkraft- verformungen

    (), bei profilierten Kunststoffrohren: mittel

    6 zul v = 9 % (nichtlineare Berechnung ab v = 6 %) (+) 7 Verfahren fr profilierte Rohre (+)

    8a Bercksichtigung von Vorverformungen beim Stabilitts-nachweis

    (-)

    8b Grundwasser auf Rohrsohle bezogen (vorher: Kmpfer) (-) 8c Reduktion von erf auf 2,0 (bisher 2,5) (+) 9 Zusatzbelastungen infolge unter die Rohrsohle geramm-

    ter Spundwnde (Bericht ATV AG 1.5.5 [13]) --

    10 A 127, Tab. 3: Anpassung der Werkstoffkennwerte, neu: Polypropylen

    ()

    11 Kunststoffrohre: Verkehrslasten mit Kurzzeitmodul (+) 12 Langzeit-E-Modul fr Kunststoffrohre fr 2 Jahre (bisher

    50 Jahre) (+)

    13 Grenzwert fr biegeweiche Rohre VRB =