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Skinner: Verstärker Positive Verstärker sind angenehme Stimuli, die die zukünftige Verhaltenswahrscheinlichkeit erhöhen. Diese können ungelernt (primäre V. ) oder gelernt (sekundäre V.) sein. Negative Verstärker sind aversive, also unangenehme Stimuli, die die zukünftige Verhaltenswahrscheinlichkeit senken. Auch diese können ungelernt (primäre V. ) oder gelernt (sekundäre V.) sein. 4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Page 1: Skinner: Verstärker - commonweb.unifr.chcommonweb.unifr.ch/artsdean/pub/gestens/f/as/files/4660/33602... · Skinner: Verstärker •Positive Verstärker –sind angenehme Stimuli,

Skinner: Verstärker

• Positive Verstärker

– sind angenehme Stimuli, die die zukünftige Verhaltenswahrscheinlichkeit erhöhen. Diese können ungelernt (primäre V. ) oder gelernt (sekundäre V.) sein.

• Negative Verstärker

– sind aversive, also unangenehme Stimuli, die die zukünftige Verhaltenswahrscheinlichkeit senken. Auch diese können ungelernt (primäre V. ) oder gelernt (sekundäre V.) sein.

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Skinner: Verstärkung

• Verstärkung bezeichnet den Prozess der Darbietung oder Entfernen eines Reizes nach einem bestimmten Verhalten

• Positive Verstärkung – Verhaltenskontingente Darbietung eines positiven Stimulus.

Dies führt zu einer Erhöhung der Verhaltenswahrscheinlichkeit

• Negative Verstärkung – Entfernung eines aversiven Stimulus. Führt ebenfalls zu einer

Erhöhung der Verhaltenswahrscheinlichkeit

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Verstärkungsmatrix (s. Holland & Skinner, 1971)

Darbietung Entfernung

Positiver Stimulus

Positive Verstärkung V+

Negative (indirekte) Bestrafung

V-

Aversiver Stimulus

Positive (direkte) Bestrafung

V-

Negative Verstärkung V+

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Primäre Verstärker

• wirken ohne vorangegangene Lernprozesse

– ihre Wirkung wird meist mit Triebreduktion erklärt

• es kann unterschieden werden zwischen:

– positiven primären Verstärkern (Nahrung, Bewegung, usw.)

– negativen primären Verstärkern (akustische Reize, elektrische Schläge, usw.)

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Sekundäre und Generalisierte Verstärker

• Sekundärer V.: Ein ursprünglich neutraler Reiz der zum Verstärker wird, wenn er mit dem primären Verstärker gepaart wird (konditionierte Verstärker).

• Generalisierter V.: Ein Verstärker, der gegen mehrere primäre Verstärker eingelöst werden kann (z.B. Geld, Tokens)

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Arten der Verstärkung

• Intrinsische Verstärkung – spirituelle, ideologische Verstärkung

• religiöse oder ideologische Werte und Ziele, theoretische oder symbolische Verstärkung

– Handlungsverstärker • Sport, Tanzen, Spazieren, Entspannung

• Extrinsische Verstärkung – materielle Verstärkung

• Geld, materielle Belohnungen

– soziale Verstärkung • Lächeln, Lob, Anerkennung, Zuwendung

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Arten der Verstärkung

Oft erfolgen Verstärkungsprozesse nicht durch externe Verstärkung (Fremdverstärkung), sondern in Form der Selbstverstärkung

• hierzu gibt es zwei Varianten

1. jemand belohnt sich selbst bewusst

2. die Verstärkung geht aus einer Handlung selbst hervor

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Löschung

• Wenn ein Verhalten über einen längeren Zeitraum nicht mehr verstärkt wird, dann setzt allmählich die Löschung ein

– Abschwächung Verhalten seltener Löschung

• Wichtiges Prinzip

– Verwendung im therapeutischen Kontext

– Problematisch, wenn Verhalten nicht durch Alternativverhalten ersetzt wird

4. Operante Konditionierung 4.3 Skinner: Konzepte / Begriffe

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Wichtige Frage: Wie wird Verhalten ausgebildet?

• Skinner folgte zunächst Thorndike’s Law of Effect – Verhalten, auf das eine Verstärkung folgt, wird wiederholt

• Aber: Was führt zur erstmaligen Ausführung des Verhaltens – Exploration (?)

• Zweite Möglichkeit: Shaping – gezielte Verstärkung verändert (formt) Verhalten hin zu

einem bestimmten Zielverhalten

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Analogie

• Man kann sich das Prinzip und die konzeptuellen Komponenten der Operanten Konditionierung gut in Analogie zu evolutionsbiologischen Selektionsprozessen vorstellen

– für den Organismus günstiges Verhalten wird aufrechterhalten

– für den Organismus ungünstiges Verhalten wird eliminiert

– Das Verhaltensrepertoire wird durch die OK-Prozesse, inklusive Shaping, stets den Umweltbedingungen entsprechend optmiert

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OK: Einflussfaktoren

• Motivation

– Motivation ist eine Grundvariable der OK. Die Motivation, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen ist dadurch bedingt, dass in früheren Lernerfahrungen eine motivationsrelevante Konsequenz auf das Verhalten erlebt wurde

– Konsequenzen müssen motivationsadäquat sein, um OK zu ermöglichen

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Diskriminative Stimuli

• Während bei Thorndike ausschliesslich die Konsequenzen verhaltensrelevant sind, geht Skinner davon aus, dass auch Stimuli und Bedingungen, die dem Verhalten vorausgehen, von Bedeutung sind

• solche Stimuli werden diskriminative Stimuli genannt, da sie Hinweischarakter haben, und dadurch bezüglich einer Konsequenz eine diskriminative Funktion einnehmen – Sd: Hinweisreiz auf Verstärkung Annäherung – S∆: Hinweis auf Bestrafung Meideverhalten

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Kontingenz

• Wenn die Konsequenz auf das Verhalten mit Verzögerung folgt, dann wird der Lernprozess gehemmt

• Je unmittelbarer die Verstärkung erfolgt, desto wirkungsvoller ist der Lernprozess – kleine, unmittelbare Verstärker wirken besser als grosse

Verstärker, die erst mit Verzögerung folgen

• Vgl. Kontiguität bei der KK (zeitlicher Aspekt)

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Kontingenz

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

Ver

hal

ten

sper

form

anz

Verstärkungslatenz

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Neurotisches Paradoxon

• NP besteht beim Erlernen von Handlungen, die – zwar kurzfristig positive Konsequenzen nach sich ziehen,

– langfristig jedoch (stärkere) negative Konsequenzen (ohne erlebte Kontingenz) nach sich ziehen

– bei gleichzeitiger Unfähigkeit zum Verstärkeraufschub

• Beispiele – Rauchen

– Ablenkung

– Umweltverhalten

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Motivationsadäquate Verstärkung & Shaping & Diskrimation

Kassin, 2004, p.183 4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Zusammenfassung

• Skinner führte den Begriff des Verstärkers ein – Stimulus, der als Konsequenz auf ein Verhalten folgt und belohnende oder

bestrafende Eigenschaften hat – erhöht bzw. reduziert Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens

• Man kann zwischen positiven und negativen Verstärkern, und zwischen positiver und negativer Verstärkung oder Bestrafung unterscheiden

• Es gibt primäre und sekundäre Verstärker, sowie intrinsische und extrinsische Verstärkung

• Diskriminative Stimuli werden verhaltensrelevant

• Die Kontingenz zwischen Verhalten und Konsequenz ist hoch lernrelevant

• Das neurotische Paradoxon umschreibt den Umstand, dass kurzfristige positive Konsequenzen gegenüber langfristigen starken negativen Konsequenzen in der Verhaltensgenerierung überlegen sind; dies ist bei Unfähigkeit zum Verstärkeraufschub der Fall

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Konditionierbarkeit

• Nicht alle Organismen sind gleichermassen per OK konditionierbar

• Situationale Aspekte wirken sich auf den Konditionierungsprozess aus – Bsp.: Hühner schlechter konditionierbar bei offenem Käfig

• Bei Menschen spielen kognitive Voraussetzungen eine grosse Rolle

• Bei sekundären Verstärkern variiert die Verstärkungsqualität der Stimuli stark

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Stimuluskontrolle

• Ein Organismus lernt nicht nur, welches Verhalten Verstärkung auslöst, sonder auch unter welchen Bedingungen

• also: nicht nur welches Verhalten zu zeigen ist, sondern auch wann es zu zeigen ist

• erlernen solcher Bedingungen führt zum Zustand der Stimuluskontrolle

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Stimuluskontrolle

• Beispiel: Insomnien / Schlafhygiene

• Manche Personen benutzen Bett nicht nur als Ruhestätte, sondern auch für TV, Lesen, Grübeln und Nachdenken...

– es wird zum diskriminativen Stimulus für viele verschiedene Verhaltensweisen

– Unter Umständen: Bett wird zum Auslöser von Arousal anstatt Entspannung

4. Operante Konditionierung 4.4 Skinner: Weiterführende Konzepte, Faktoren

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Verstärkung

• Skinner bemerkte eher zufällig, dass nicht nur kontinuierliche Verstärkung OK ermöglicht, sondern auch

• partielle Verstärkung (oder «intermittierende» Verstärkung), d.h., nicht jedes Zielverhalten wird verstärkt sondern nur ein Teil des Verhaltens, entsprechend verschiedener Verstärkerpläne

• eine weiter Variante ist die zufällige Verstärkung

4. Operante Konditionierung 4.5 Skinner: Verstärkerpläne

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Verstärkerpläne (z.B. Ferster & Skinner, 1957)

• fixe Intervallverstärkung

• variable Intervallverstärkung

• fixe Quotenverstärkung

• variable Quotenverstärkung

4. Operante Konditionierung 4.5 Skinner: Verstärkerpläne

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Verhaltensaufbau

• Verhaltensaufbauprogramme benutzen Verstärkerpläne gezielt, um bestimmte Verhaltensweisen mittels shaping zu formen und langfristig zu etablieren

1

2 3 4 5

Aufbauphase Aufrechterhaltungsphase 1. Fixe Quotenverstärkung (1:1) 2. Fixe Quotenverstärkung (1:5) 3. Variable Quotenverstärkung 4. Fixe Intervallverstärkung (1:5) 5. Selbstverstärkung

4. Operante Konditionierung 4.5 Skinner: Verstärkerpläne

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Konsequenz längerer fixer Quotenverstärkung

• Habituation

• Sättigung

• Ermüdung der Verstärkerperson

allmählicher Verlust an Vertärkungspotential (Attraktivität)

4. Operante Konditionierung 4.5 Skinner: Verstärkerpläne

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Bestrafung

• Skinner war ein starker Verfechter der Verstärkung

• Nutzen zum «Behavioral Engineering»

– zur Verhaltensänderung

– zur Verhaltensverhinderung (Alternativverhalten)

– zum Verhaltensaufbau

4. Operante Konditionierung 4.6 Skinner: Bestrafung

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Bestrafung wird stark genutzt

4. Operante Konditionierung 4.6 Skinner: Bestrafung

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Bestrafung ist doch effektiv, oder?

4. Operante Konditionierung 4.5 Skinner: Verstärkerpläne

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Bestrafung ist effektiv, wenn

• sie stark ist

• unmittelbar ist

• konsistent ist

• unausweichlich ist

4. Operante Konditionierung 4.6 Skinner: Bestrafung

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Bestrafung ist problematisch...

• Verhalten kann kurzzeitig gehemmt oder versteckt werden, aber Verhalten ist nicht gelöscht!

• Wenn Bestrafung Verhalten unterdrückt, dann stellt sich immer noch die Frage, ob ein Ersatz durch angepassteres Verhalten erfolgt (oft nicht)

• Aversiver Stimulus kann sich als belohnend erweisen

• B’ kann andere unerwünschte Emotionen (und Verhalten) auslösen

4. Operante Konditionierung 4.6 Skinner: Bestrafung

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Körperstrafen...

• Gershoff (2002): Meta Analyse von 88 Studien (>36’000 Kinder)

– Körperstrafe führt kurfristig zur Reduktion unerwünschten Verhaltens

– aber: schlechtere Beziehung zu Eltern, mehr Aggressionen, mehr antisoziales Verhalten, mehr psychische Probleme, mehr Missbrauch von Partner oder Kinder

– Geht auch mit mehr internalisierenden Problemen der Kinder einher (Schoebi & Perrez, 2007)

4. Operante Konditionierung 4.6 Skinner: Bestrafung

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OK - Kritik und Bedeutung

• Eine der wichtigsten Theorien in Bezug auf Lernen

– Alltagsrelevanz

– Erziehung

– Therapie

• Leistet(e) sehr wichtigen Beitrag zur Entwicklung von Interventionsmethoden zur Verhaltensänderung

• Sind die Aussagen der OK überprüfbar?

4. Operante Konditionierung 4.5 Bedeutung

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Empirische Überprüfbarkeit der OK

• Problem: Zirkularität

• Reduktionistische Sichtweise

• Nichtberücksichtigung intrapsychischer Prozesse

– Nicht beobachtbare Zustände interessieren Skinner nicht

Verhalten Konsequenz Verhalten

4. Operante Konditionierung 4.5 Bedeutung

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Operantes Konditionierung ist zentral für die Verhaltensmodifikation Wie wird Verhalten geändert – wie wird gewünschtes Verhalten gezielt aufgebaut?

«I’m not trying to change people. All I want to do is change the world in which they live.» B. F. Skinner

4. Operante Konditionierung 4.5 Bedeutung

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Systematische Analyse von Verhalten

(z.B. Kanfer & Phillips, 1975)

S O R C K

4. Operante Konditionierung 4.5 Bedeutung

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Zusammenfassung

• Skinner: nicht nur kontinuierliche Verstärkung ist wirksam, sondern auch partielle Verstärkung

• Verstärkerpläne basieren auf unterschiedlichen Prinzipien partieller Verstärkung – orientieren sich entweder an der Zeit oder an der Häufigkeit

des gezeigten Zielverhaltens

– Zeit: Intervallverstärkung; Häufigkeit: Quotenverstärkung

– fixe vs. variable Verstärkerpläne; fix: festgelegte Latenzzeit bzw. Häufigkeit; variabel: variable, aber durchschnittlich festgelegte Latenzzeit oder Ratio des Verhaltens.

– Quotenverstärkung ist wirksamer

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Zusammenfassung

• verschiedene Verstärkerpläne werden für Verhaltensaufbau und –modifikation genutzt

• Problematik bei lang anhaltender fixer Quotenverstärkung:

– Verlust der Wirksamkeit: Habituation, Sättigung, Ermüdung

• Bestrafung: Insgesamt weniger effektiv als Verstärkung, vor allem langfristig.

• OK insgesamt gut etabliert und sehr einflussreich, praktische Relevanz für psychologische Intervention (Verhaltenstherapeutische Ausrichtung): Diagnostik (z.B. Verhaltensanalyse) und Interventionsverfahren

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Methoden zur Modifikation und Aufbau von Verhalten

1. (systematische) Positive Verstärkung

2. Shaping

3. Chaining

4. Token economies

5. Response cost

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Systematische Positive Verstärkung

• Kontingente Belohnung auf angemessenes Verhalten (mittels Verstärkerlisten)

• Negative Verstärkung von angemessenem Verhalten

• Anwendungsbsp. «Triple P» Elterntraining

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Systematische Positive Verstärkung

Das Premack-Prinzip

• Häufige Verhaltensweisen werden benutzt, um gewünschtes Verhalten zu stimulieren.

• Ein wichtiger Einsatzbereich ist die Aktivitätssteigerung bei Depressiven Patienten

– Problemstellung: wie kann bei einem depressiven Patienten, der exzessiv schläft, eine Aktivitätssteigerung erreicht werden?

Aktivierung

Schlaf

Aktivierung

Schlaf

Aktivierung

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Shaping

• wenn positive Verstärkung mit einem bestimmten Aspekt des Verhaltens zusammenhängt, und der Organismus dieser Assoziation gewahr wird, dann wird das Verhalten auf diesen Aspekt ausgerichtet.

• Diese Prinzip kann genutzt werden: durch differenzielle Verstärkung kann das Verhalten sukzessive geformt werden

• Shaping: schrittweiser Aufbau von komplexen Verhaltensabläufen – geschieht in einzelnen Schritten – durch gezielte Verstärkung wird ein Verhaltensaspekt etabliert – eine Approximation zum Zielverhalten findet statt.

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Shaping: Beispiel

• Aufbau von Sozialverhalten

– sozial ängstliche Person soll Ticketkauf lernen

– Erstellen eines Verhaltensaufbauplans: Definition passender Teilschritte

– systematische Verstärkung von Teilschritten. Verhalten das sich dem Zielverhalten annähert, wird gezielt verstärkt.

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Chaining

• Durch Chaining können Abläufe von Verhalten ausgeformt werden

• Verhaltensabläufe müssen in einzelne Etappen zerlegt werden, und fehlende Verhaltenselemente müssen durch shaping aufgebaut werden

• Aufbau erfolgt meist rückwärts

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Token Economies

• TE umschreibt die Methode, ganz bestimmte Verhaltensweisen über Verstärkungspläne aufzubauen, wobei Objekte mit Tauschwert als Verstärker benutzt werden – Zielverhalten muss klar festgelegt werden

– Eindeutige Festlegung der Belohnung für Zielverhalten und Endbelohnung • für unaufgefordertes Zeigen von Verhalten A bekommst Du jeweils 1 Token;

wenn Du 10 Token hast, darfst Du mit dem Vater an ein Fussballspiel

– Zielverhalten wird mit Token kontinuierlich verstärkt (fixer Quotenplan)

– bei Erreichen der Token-Anzahl für Endbelohnung erfolgt diese möglichst unmittelbar • Unmittelbarkeit der Endbelohnung sollte schrittweise relaxiert werden, um

Kompetenz zum Verstärkeraufschub zu stärken

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Response Cost

• Bei der RC Methode werden positive Verstärker bei Fehl- oder Mangelverhalten entzogen – Meist mittels schon gegebener Tokens

• Wird eher selten «alleine» durchgeführt

• Meist in Kombination mit TE-Methode, wenn Verhaltensaufbau zu ineffizient ist, bzw. häufig Fehlverhalten gezeigt wird

• Es sollte berücksichtigt werden, dass TE im Verhältnis zu RC im Übergewicht bleibt

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Weitere Prozesse der OK

• Löschung durch Ignorieren – wirksam, vor allem langfristig

• Sättigung – bei hoher Auftretensfrequenz und steter Verstärkung mit

demselben Stimulus

• Time-Out – Entzug aller möglicher Verstärker, schaffen von

Löschungsbedingungen

4. Operante Konditionierung 4.6 Verhaltensmodifikation

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Beispiele, Experimente, ...

Luthans et al., 1981

4. Operante Konditionierung 4.7 Anwendungsbeispiele

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Anwendungsfelder der OK

• Erziehung

• Schule

• Leistungssysteme (Militär, Firmen, vgl. Ausgang, Prämien, Boni)

• Strafvollzug

• …

4. Operante Konditionierung 4.7 Anwendungsbeispiele

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Neuere und Integrative Ansätze

5. OK: Weiterentwicklungen

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Clark Leonard Hull

• Hull machte 1918 sein Doktorat an der University of Wisconsin, und lehrte dort und später an der Yale Universität

• Er beschäftigte sich intensiv mit der Klassischen Konditionierung

• War Behaviorist, arbeitet parallel mit dem jüngeren Skinner

• Publizierte 1943 die «principles of behavior»

1884 - 1952

5. OK: Weiterentwicklungen 5.1 Forschung und Theorie von Hull

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Hull’s Sichtweise von Verhalten

• Menschliches Verhalten ist in seiner Erscheinungsform ein Resultat konstanter Auseinandersetzung eines Organismus mit seiner Umwelt

– die Umwelt besteht aus einer Vielzahl sich verändernder Reize

– verschiedene dieser Reize werden relevant für den Organismus, verlangen eine Reaktion (Adaptation)

– der Organismus reagiert also auf diese Reize

5. OK: Weiterentwicklungen 5.1 Forschung und Theorie von Hull

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Theorie des Verhaltens bei Hull

Reiz Reaktion

Inter-venierende Variablen

nicht direkt beobachtbar, aber erschliessbar

Spannungszustand, «Trieb»

reaktionsfördernd, hemmend

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Motivation to act

Drive

Triebreduktionstheorie

Homeostasis

Lack of Homeostasis

Need

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Theorie des Verhaltens bei Hull

Intervenierende Variable: «Moderator»

(Motivation, Antrieb) Eine Reaktion ist eine Funktion von fördernden und hemmenden Faktoren Der Motivationszustand ist die Gesamtheit von fördernden und hemmenden Kräften

Beispiele: • biologische Bedürfnisse • Lebenserfahrungen, -

geschichte • Symbolische Werte,

Werthaltungen

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Hull’s Verhaltensmodell

Stimulusvariablen: • Motivationszustände: Cd

• Anzahl Verstärkungen: N

• Intensität des physikalischen Reizes:

S

• Grösse der Verstärkung, welche auf das Verhalten (also die Reaktion) folgt: w

• mit Reaktion verbundene Beanspruchung: W

Intervenierende Variablen sind stimulusspezifisch

Reaktionspotential Hemmungspotential

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Das Reaktionspotential

• Das Reaktionspotential (SER -effective reaction potential) ergibt sich aus verschiedenen triebrelevanten Faktoren 1. Antrieb (D)

2. Gewohnheitsstärke (habit strength, SHR)

3. Stimulusqualität (V)

4. Anreizmotivation (K)

SER = D * SHR * V * K

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Das Reaktionspotential

SER = D * SHR * V * K

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Der Antrieb (drive)

• Hull: Lernen setzt Antrieb voraus 1. Antrieb ermöglicht Verstärkerwirkung

• es braucht z.B. ein Bedürfnis, um Verstärker motivationsrelevant zu machen

2. Ohne Antrieb ist die Ausbildung von

Gewohnheitszuständen nicht möglich • Gewohnheiten werden von

Bedüfniszuständen aufrechterhalten

3. Antrieb ermöglicht adaptives

Verhalten • die Passung zwischen Stimulus und

Reaktion wird durch Antriebreiz gesteuert

SER = D * SHR * V * K

Der Motivationszustand einer Person stellt die Grundlage für einen spezifischen Antrieb dar

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Die Gewohnheitsstärke (habit)

• Die Gewohnheitsstärke umschreibt die Assoziation zwischen S und R

1. steigt mit jedem verstärkenden Durchgang an

2. Verstärkung entsteht durch Koppelung und durch Triebreduktion

SER = D * SHR * V * K

Die Verhaltensausübung (V’performanz) setzt einen Bedürfniszustand voraus und ermöglicht die Ausbildung von habits. Habits und Triebzustände führen zur Verhaltensperformanz

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Stimulusqualität und Anreizmotivation

• Die Stimulusqualität (V) umschreibt die Beschaffenheit eines Reizes als Konditionierungsreiz – hängt stark von Intensität ab

• Die Anreizmotivation (K) umschreibt das vergleichende Verstärkungspotential eines Stimulus – u.a. abhängig von der Differenz

zwischen frühren und aktuellen Verstärkern

SER = D * SHR * V * K

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Das Hemmungspotential

• Das Hemmungspotential erwächst aus zwei unterschiedlichen Quellen:

– Ermüdung: durch wiederholte Verhaltensausübung, determiniert von körperlicher Beanspruchung

– Konditionierte Hemmung: Reaktionshemmung aufgrund von Nichtverstärkung oder Bestrafung, gelernte Gegenkraft

SIR = Rm * H

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Das Hemmungspotential

• Die Reaktionsamplitude definiert das resultierende Verhalten

– Das Rektionspotential muss ein Übergewicht gegenüber dem Hemmungspotential haben

– Diese Übergewicht muss die Rekationsschwelle (S L R ) überschreiten

SĖ R = SE R - S I R > SL R

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Die Reaktion

• Latenz (S t R ) • Amplitude (A) • Anzahl nicht verstärkter

Durchänge bis Löschung (n)

SĖ R = S E R - S I R > S L R

Stim

ulu

s

Stim

ulu

s

Stim

ulu

s

5. OK: Weiterentwicklungen 5.1 Forschung und Theorie von Hull

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Orval Hobart Mowrer

• Versuchte, KK und OK (und Aspekte der Psychoanalyse) zu integrieren, eine Synthese zu schaffen

• Entwickelte 2-Faktoren-Theorie

• Unterschied zwischen solution-learning und sign-learning

1907 - 1982

5. OK: Weiterentwicklungen 5.2 Forschung und Theorie von Mowrer

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Mowrer:2-Faktoren-Theorie

(auch «Mediatorentheorie des Lernens»)

• Annahme: Offene Reaktionen erfolgen nicht unmittelbar auf Umweltstimuli; sie werden durch sekundäre Prozesse ausgelöst.

• Dieser mediierende Prozess, der formal mit «r» bezeichnet wird, ist eine Reaktion, die motivational wirkt.

Stimulus Motivation und

Emotion Reaktion

KK OK 5. OK: Weiterentwicklungen 5.2 Forschung und Theorie von Mowrer

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Mowrer:2-Faktoren-Theorie

• Phase 1: der Organismus lernt emotionale Reaktionen auf bestimmte Stimuli durch Klassische Konditionierungsprozesse (auch: Zeichenlernen)

• Phase 2:

Die emotionalen Zustände haben motivationalen Charakter; sie lösen Verhalten aus. Dieses hat triebreduzierende Wirkung. Emotion und Reaktion werden durch negative Verstärkung verstärkt (durch Operante Konditionierung)

S r s R C-

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Mowrer:2-Faktoren-Theorie, Bsp.

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Mowrer: Triebreduktion vs. Triebinduktion

Bestrafung Triebzunahme

Belohnung Triebabnahme

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Mowrer: konditionierbare Emotionen

1. Furcht – emotionale Reaktion auf Stimulus, der eine aversive Konsequenz, also

Bestrafung, anzeigt

2. Erleichterung – emotionale Reaktion auf Stimulus, der Wegfallen eines aversiven

Reizes anzeigt

3. Hoffnung – emotionale Reaktion auf Stimulus, der Belohnung anzeigt

4. Enttäuschung – emotionale Reaktion auf Stimulus, der das Wegfallen oder Ausbleiben

einer Belohnung anzeigt

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Mowrer: Verstärkungstypen

Verstärkung Typ I

S r s R C-

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Mowrer: Verstärkungstypen

Verstärkung Typ II

S r s R C-

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Anwendung der 2-Faktoren-Theorie

• Zwangsstörungen: Die Person vermeidet entweder Gedanken oder Unruhe und Angst, indem sie Zwangshandlungen und –rituale vornimmt.

• Mowrer: Zwangsverhalten ist Versuch, negative Konsequenzen zu verhindern – ist umstritten, aber einflussreiche Sichtweise

• Reaktionsverhinderung bei Zwangsstörungen

– entsprechend der 2-Faktoren-Theorie sinnvolle Expositions-Methode, Zwangshandlungen zu behandeln; sehr häufige Anwendung

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Zusammenfassung: Hull und Mowrer

• Hull thematisierte «Spannungszustände» also Moderatoren im Lernprozess: Damit werden unterschiedliche Stärken der Verbindung zwischen den Stimuli und Verhalten abbildbar.

• Hull formalisierte verhaltensrelevante Prozesse, machte wichtige Unterscheidungen

• Mowrer thematisierte Emotion und Motivation als Mediatoren. Entwirft ein Modell, das sowohl KK als auch OK integriert

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Edward C. Tolman

• Tolman beschäftigte sich früh mit behavioristischen Ansätzen, war aber sehr an philosophischen Fragen und Fragen ethischer Natur interessiert.

• Kam in Deutschland mit Gestaltpsychologie in Kontakt und liess sich davon beeinflussen.

• Dies führte zu seiner recht kognitiver Ausrichtung

1886 - 1959

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Tolman’s Ansatz

• Mensch (und Tier) agiert nicht planlos, rein von der Umwelt geleitet; Verhalten ist zielorientiert!

• Gleichzeitig ist Verhalten flexibel und anpassungsfähig (akkommodationsfähig)

• Verhalten wird von zukunftsgerichteten kognitiven Konzepten gesteuert: Erwartungen

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Neue Elemente bei Tolman

• Zwei zentrale Lernziele

– Zielerreichung (was muss ich tun, dass…): Frage nach Verhalten

– Ziellokalisation (wo bekomme ich…): Frage nach der Orientierung, nach Anzeichen und Hinweisen

• Durch Gestaltpsychologie beeinflusste «MOLARE» Sichtweise (im Gegensatz zur «molekularen» Sichtweise früherer Lerntheoretiker)

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Neue Elemente bei Tolman

• Molarer Behaviorismus von Tolman: Es soll die gesamte Handlung thematisiert und analysiert werden, und nicht einzelne Bewegungselemente und Reaktionen

• Zielgerichtetheit: Nach Tolman wird Verhalten mit einer bestimmten Absicht und hinsichtlich eines (verstärkenden) Zieles gezeigt.

– es muss eine kognitive Repräsentation dieses Zieles existieren

– Handlungssteuernd ist die Antizipation der Zielerreichung (und damit der

Verstärkung)

– Es braucht also keine Tatsächliche Verstärkung, damit Verhalten gezeigt wird

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Neue Elemente bei Tolman

Lernerfahrung

S1 R S2

Erwartung

Wenn S1 stattfindet und R folgt, dann tritt S2 ein

Ziel

gegeben, dass S2 Zielzustand

Verhalten

Wenn S2 Ziel ist, dann folgt R

Wenn ich den Prüfungsstoff fleissig repetiere, dann bekomme ich eine gute Note

Erlebte oder beobachtete Erfahrung mit Prüfungen

«Ich möchte unbedingt eine möglichst gute Note»

LERNEN!

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Neue Elemente bei Tolman

• Zielgerichtetes Handeln und Akkommodation

– Wenn Verhalten zielgerichtet ist, dann kann es den Gegebenheiten angepasst werden

– Der Organismus kann somit andere Inhalte (Wissen über Möglichkeiten, Mittel und Wege der Zielerreichung) aktivieren um neue Lösungen zu finden.

• Tolman: Ein Organismus kann durch Beobachtung lernen! Verstärkung verleiht bestimmten Reizen Prägnanz und macht auf diese aufmerksam

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Zeichenlernen

• Zeichenlernen ist elementarer Bestandteil des molaren Behaviorismus: – Der Organismus lernt bestimmte Charakteristiken von

Situationen mit Erwartungen und Zielerreichung in Beziehung zu setzen.

– Er speichert Zeichen während der Zielerreichung, die später hilfreich sind.

– Dies führt zu «cognitive maps», einer Art «masterplan» der Zielerreichung

5. OK: Weiterentwicklungen 5.2 Forschung und Theorie von Tolman

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6. Soziale Lerntheorien

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Julian B. Rotter

• begann, kognitive Elemente in behavioristische Modelle des Lernens einzubauen

• Erwartungen spielen für Rotter eine starke Rolle: Er sieht Lernen als Stärkung oder Schwächung von Erwartungen, auf der Grundlage von Lernerfahrungen

• Rotter zielte weniger auf die Modellierung von Verhaltenserwerb ab, sondern er wollte Verhalten in sozialen Situationen erklären

• Rotter: Verhalten wird durch die Interaktion einer Person mit ihrer Umwelt determiniert

6. Soziale Lerntheorien 6.1 Forschung und Theorie von Rotter

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Rotter’s «Social Learning Theory»

• Formalisierung der Verhaltensdeterminierung ( Erwartung x Wert-Theorie)

BP x, S1, Ra = f(Ex,S1,Ra & RVa, S1)

Verhaltenspotential des Verhaltens x in Situation S1, in Anbetracht der

Verstärkung Ra

Erwartung, dass… auf Verhalten x in Situation S1 Verstärkung Ra folgt

Wert der Verstärkung Ra in Situation S1

6. Soziale Lerntheorien 6.1 Forschung und Theorie von Rotter

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Rotter’s «Social Learning Theory»

• Neu:

– Eine Verstärkung führt nicht unbedingt zu einer Erhöhung der Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens, sondern nur dann • wenn der Verstärker von der Person als attraktiv eingeschätzt wird

• und wenn die Person erwartet, dass sie den Verstärker selbst durch eigenes Handeln erreichen kann

6. Soziale Lerntheorien 6.1 Forschung und Theorie von Rotter