sicherheitsstandards bei kernkraftwerken: multiple gefahren sollten stärker berücksichtigt werden

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324 Bautechnik 88 (2011), Heft 5 F. Kirsch/Th. Richter/J. Mittag · Zur Verwendung von Interaktionsdiagrammen beim Nachweis axial-zyklisch belasteter Pfähle Nachrichten Firmen und Verbände Sicherheitsstandards bei Kernkraft- werken: Multiple Gefahren sollten stärker berücksichtigt werden In den Sicherheitsstandards der Kern- kraftwerke sollten nach Ansicht der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau multiple Gefährdungen, die kurz auf- einander folgen können, stärker berück- sichtigt werden. In Japan hatten zunächst ein Erdbeben und ein anschließender Tsunami zu einer Nuklearkatastrophe geführt. Mehrere Explosionen beschä- digten die bauliche Struktur der Kern- kraftanlage Fukushima. Zwar schließt Univ.-Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbeken ein vergleichbares Szenario für Deutsch- land aus, dennoch müssen Restrisiken möglicherweise neu bewertet werden, so der 2. Vizepräsident der Bayerischen In- genieurekammer-Bau: „Denkbar wäre hierzulande zum Beispiel ein Flugzeug- absturz auf ein Kernkraftwerk oder ein terroristischer Anschlag kurz nach einem sind, sind Kernkraftanlagen so gebaut, dass sie eine mehrfache Lebensdauer haben.“ Das für den Bau und die Prü- fung von Sonderanlagen und Sonderein- wirkungen notwendige Fachwissen er- halten Bauingenieure nur zum Teil an den Universitäten. Gewöhnlich müsse es sich in speziellen Kursen und Fortbil- dungen angeeignet werden. So bietet die Bayerische Ingenieur- akademie zum Beispiel etwa alle zwei Jahre ein Seminar zum Erdbebeninge- nieurwesen an. Gebbeken richtet alle zwei Jahre die Weiterbildung Bau-Pro- tect aus, die sich mit Explosionen und Einschlägen auf Bauwerke beschäftigt. Es gibt bundesweit nur wenige Ingenieur- büros, die mit dem Bau und der Prüfung von Kernkraftanlagen vertraut sind, da- von haben etwa drei in Bayern ihren Sitz. Das Interview zum Thema können Sie sich unter www.youtube.com/ watch?v=gZ8DcfA7Nhs anschauen. Weitere Informationen erhalten Sie auch unter www.bayika.de. Erdbeben.“ Selbst in solchen unwahr- scheinlichen Fällen müsse eine ausrei- chende Resttragfähigkeit gegeben sein. Mit Blick auf Fukushima gab Gebbe- ken Entwarnung: „Wir haben in Deutsch- land keine Naturgefahren, die denen in Japan ähnlich sind.“ Die deutschen Kern- kraftwerke bezeichnete er aus Sicht eines Bauingenieurs als sicher: Bei den Berech- nungen für den Bau werden Einwirkun- gen durch Erdbeben, Stürme, Hochwas- ser und Flugzeugabstürze berücksichtigt. Die Dichtigkeit sei durch ein Mehrfach- schalensystem mit zum Teil meterdicken Wänden gegeben. Allerdings ergänzte Gebbeken: „Bauingenieure beschäftigen sich ausschließlich mit Fragen zum Bau.“ Nachdem es in Japan Probleme mit der Kühlung der Brennstäbe gegeben hatte, empfahl Gebbeken die baulichen Sicher- heitskriterien für Gebäude mit kühlrele- vanten Anlagen zu prüfen. Insgesamt seien die Anforderungen an die Anlagen extrem hoch. „Während gewöhnliche Gebäude für eine Lebens- dauer von rund 50 Jahren ausgelegt

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Page 1: Sicherheitsstandards bei Kernkraftwerken: Multiple Gefahren sollten stärker berücksichtigt werden

324 Bautechnik 88 (2011), Heft 5

F. Kirsch/Th. Richter/J. Mittag · Zur Verwendung von Interaktionsdiagrammen beim Nachweis axial-zyklisch belasteter Pfähle

Nachrichten

Firmen und Verbände

Sicherheitsstandards bei Kernkraft -werken: Multiple Gefahren sollten stärker berücksichtigt werden

In den Sicherheitsstandards der Kern-kraftwerke sollten nach Ansicht derBayerischen Ingenieurekammer-Baumultiple Gefährdungen, die kurz auf -einander folgen können, stärker berück -sichtigt werden. In Japan hatten zunächstein Erdbeben und ein anschließenderTsunami zu einer Nuklearkatastrophegeführt. Mehrere Explosionen beschä-digten die bauliche Struktur der Kern-kraftanlage Fukushima. Zwar schließtUniv.-Prof. Dr.-Ing. Norbert Gebbekenein vergleichbares Szenario für Deutsch-land aus, dennoch müssen Restrisikenmöglicherweise neu bewertet werden, soder 2. Vizepräsident der Bayerischen In-genieurekammer-Bau: „Denkbar wärehierzulande zum Beispiel ein Flugzeug-absturz auf ein Kernkraftwerk oder einterroristischer Anschlag kurz nach einem

sind, sind Kernkraftanlagen so gebaut,dass sie eine mehrfache Lebensdauerhaben.“ Das für den Bau und die Prü-fung von Sonderanlagen und Sonderein-wirkungen notwendige Fachwissen er-halten Bauingenieure nur zum Teil anden Universitäten. Gewöhnlich müsse essich in speziellen Kursen und Fortbil-dungen angeeignet werden.

So bietet die Bayerische Ingenieur -akademie zum Beispiel etwa alle zweiJahre ein Seminar zum Erdbebeninge-nieurwesen an. Gebbeken richtet allezwei Jahre die Weiterbildung Bau-Pro-tect aus, die sich mit Explosionen undEinschlägen auf Bauwerke beschäftigt.Es gibt bundesweit nur wenige Ingenieur-büros, die mit dem Bau und der Prüfungvon Kernkraftanlagen vertraut sind, da-von haben etwa drei in Bayern ihrenSitz. Das Interview zum Thema könnenSie sich unter www.youtube.com/watch?v=gZ8DcfA7Nhs anschauen.

Weitere Informationen erhalten Sieauch unter www.bayika.de.

Erdbeben.“ Selbst in solchen unwahr-scheinlichen Fällen müsse eine ausrei-chende Resttragfähigkeit gegeben sein.

Mit Blick auf Fukushima gab Gebbe -ken Entwarnung: „Wir haben in Deutsch-land keine Naturgefahren, die denen inJapan ähnlich sind.“ Die deutschen Kern-kraftwerke bezeichnete er aus Sicht einesBauingenieurs als sicher: Bei den Berech-nungen für den Bau werden Einwirkun-gen durch Erdbeben, Stürme, Hochwas-ser und Flugzeugabstürze be rücksichtigt.Die Dichtigkeit sei durch ein Mehrfach-schalensystem mit zum Teil meterdickenWänden gegeben. Allerdings ergänzteGebbeken: „Bauingenieure beschäftigensich ausschließlich mit Fragen zum Bau.“Nachdem es in Japan Probleme mit derKühlung der Brennstäbe gegeben hatte,empfahl Gebbeken die baulichen Sicher-heitskriterien für Gebäude mit kühlrele-vanten Anlagen zu prüfen.

Insgesamt seien die Anforderungenan die Anlagen extrem hoch. „Währendgewöhnliche Gebäude für eine Lebens-dauer von rund 50 Jahren ausgelegt