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SENIORENKONFERENZ
Handlungsleitlinie - Umgang mit FeM
Erarbeitet durch die Pflegedienstleitungen der stationren Einrichtungen der Altenhilfe und der Kreiskliniken Traunstein-Trostberg im Landkreis Traunstein
Landkreis Traunstein Seniorenkonferenz
Handlungsleitlinie Umgang mit FeM
Erarbeitet durch die Pflegedienstleitungen der stationren Einrichtungen der Altenhilfe
und der Kreiskliniken Traunstein-Trostberg im Landkreis Traunstein
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Vorwort 3 Mitwirkende 5 Unsere Leitgedanken 6
Bewusstsein frdern 1. Hintergrnde kennen und reflektieren 7 1.1 FeM im Blickwinkel von Sturzgefhrdung 7 1.2 FeM im Blickwinkel von forderndem Verhalten 8 1.3 Was spricht gegen FeM 8 1.4 Zusammenfassung 8 2. Bewusstsein schaffen und selbst erfahren 9 2.1 Wissenstransfer, Konzeptarbeit 9 2.2 Selbsterfahrung 11 2.3 Mitarbeiter 11 2.4 Bewohner/Bewohnerinnen und Patienten/Patientinnen und ihre
Angehrigen/Betreuer/innen 11
2.5 Bevlkerung (FeM im huslichen Bereich) 12
Prozesse steuern 3. Prozesse steuern und dokumentieren 13 3.1 Pflegeprozess und FeM 13 3.2 Sechser-Schritt der Redufix-Studie 13 4. Alternativen 16 4.1 Eine Person kennen lernen 16 4.2 Umfeld und Milieu gestalten 17 4.3 Hilfsmittel bewusst nutzen 17 4.4 Den Krper in Bewegung halten 18 4.5 Multiprofessionell zusammen arbeiten 19 4.6 Fachlichkeit gezielt einsetzen 20 4.7 Weitere personelle Ressourcen organisieren 20 4.8 Vielfltige Methoden einbringen 21 4.9 Mit Medikation sensibel umgehen 21
Juristisch korrekter Umgang 5. Das letzte und krzest anzuwendende Mittel 22 5.1 Erwirken eines richterlichen Beschlusses (Verfahren) 22 5.2 Umgehen mit dem richterlichen Beschluss 24 5.3 Dokumentation 26 Ausblick 27 Anhang 28 bung Geschenkverpackung 28 bung Die Zange 29 bung Es wird enger 30
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Vorwort Freiheitsentziehende bzw. freiheitseinschrnkende Manahmen (FeM) haben in den letzten Jahren groe Aufmerksamkeit erhalten. Besonders in Bezug auf den Bereich der Pflege und Betreuung von Bewohnern stationrer Einrichtungen wurden FeM insbesondere bei Menschen mit Demenz von den Medien vielfltig aufgegriffen. Weiter erschienen Verffentlichungen, Handreichungen und Fachaufstze zu diesem Thema von Seiten der Verbnde, von wissenschaftlicher und ebenso von ministerieller Seite. Der sensible Schnittpunkt in Bezug auf FeM ergibt sich aus den sich gegenberstehenden Ansprchen von
FREIHEIT SCHUTZ. Alle Beteiligten rund um die Pflege und Betreuung - insbesondere die verantwortlichen Pflegefachkrfte wissen und spren diese Herausforderung vielfltig und hautnah. Jeder Mensch mchte frei sein. Ebenso wnschen sich dies die Mitarbeiter in Einrichtungen und Angehrige bzw. Betreuer fr ihre Pflegebedrftigen, aber auch Unversehrtheit. Um das sensible Thema FeM hat sich auch mageblich Ursula von der Leyen als ehemalige Bundesministerin fr Familie, Senioren, Frauen und Jugend bewusst angenommen. Mageblich untersttzte sie die Durchfhrung des Modellprojekts Reduktion von krpernaher Fixierung bei demenzerkrankten Heimbewohnern. Die Ergebnisse dieses Modellprojektes sind nachzulesen in Redufix, Alternativen zu Fixierungsmanahmen oder: Mit Recht fixiert!(2007) In dieser Studie wird eindrucksvoll belegt, wie Hufigkeit und Dauer von Fixierungen durch eine Kombination einfacher Manahmen gesenkt werden kann. Die Ergebnisse der Redufix-Studie, als fachlich anerkannter Stand der Wissenschaft (2007), bot vielfltig Grundlage fr Diskussionen im Rahmen der Traunsteiner Arbeitsgruppe FeM (TAF) und diente ebenso als Fundament bzw. zur Reflexion fr eine professionelle fachliche und verfahrenstechnische und rechtliche Umgehensweise mit FeM. Das Wissen um
1. Hintergrnde zu FeM, 2. Transparenz der Prozessteuerung/Alternativen und 3. Magaben zur Dokumentation
sind die drei Schwerpunkte dieser Handreichung. Diese Handreichung basiert auf den Ergebnissen acht dreistndiger Treffen (Juli 2008 Juli 2009) der Pflegedienstleitungen aus den Einrichtungen der stationren Altenhilfe im Landkreis Traunstein und der Pflegedienstleitung der Kreiskliniken Traunstein-Trostberg. Diese Treffen fanden freiwillig im Rahmen der Seniorenkonferenz, Arbeitsgruppe 1 (stationre Einrichtungen) statt. Ebenso wurde durch Mittel aus der Seniorenkonferenz die drucktechnische Umsetzung ermglicht.
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Diese Handreichung bietet eine schnelle bersicht zu wichtigen Eckpunkten zum professionellen Umgang mit FeM. Die an diesem Prozess mitwirkenden Pflegedienstleitungen aus den stationren Einrichtungen der Altenhilfe im Landkreis Traunstein stellen hierdurch ihre Ergebnisse dar.
Die Selbstndigkeit und die unternehmerische Eigenverantwortung der Trger in Zielsetzung und Durchfhrung ihrer Aufgaben bleiben nach
Art. 1, Absatz 2 Pflege- und Wohnqualittsgesetz (PfleWoqG) unberhrt. Vielen Dank allen Mitwirkenden fr Engagement und Tatkraft im Rahmen dieses Prozesses. Landkreis Traunstein
Seniorenkonferenz
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Mitwirkende Gemeinde Einrichtung PDL/Name Bergen Pur Vital Fr. Grundner (PDL) Grabensttt In der Au Fr. Klipp (PDL) Grabensttt Kreisaltenheime Traunstein Fr. Meinelt (PDL) Grassau Seniorenheim Grassau Hr. Basowski (PDL) Inzell Diakonisches Werk,
Chiemgaustift Hr. Bader (PDL)
Inzell Seniorenheim Inzell Fr. Reiter (PDL) Marquartstein Wohnstift Marquartstein Fr. Grf (PDL)
Fr. Sakautzki (stellvertr. PDL) Nussdorf Selberdingerheim Hr. Schinko (PDL) Obing Seniorenheim
St. Benedikt-Frabertsham Fr. Ziegelgnsberger (PDL), Fr. Mirwald (EL)
Palling Kreisaltenheime Traunstein Fr. Franke (PDL) Reit im Winkl Altenheim Reit im Winkl Fr. Lopar (PDL) Ruhpolding Altenheim Ruhpolding Fr. Krger (PDL),
Fr. Frhler (QB) Siegsdorf Kardinal Michael-von-Faulhaber,
Deutschorden Alten- und Pflegeheim
Fr. Hcherl (PDL)
Taching Altenheim St. Georg Hr. Truckses (HEP) Tittmoning Pflege- und Therapiezentrum
Tittmoning Fr. Stadler (PDL) Fr. Schwab (QB)
Traunreut AWO Seniorenzentrum Fr. Moherndl (PDL) Fr. Sax (WBL, stellvertr. PDL)
Traunstein Diakonisches Werk, Seniorenzentrum Wartberghhe
Fr. Niemietz (PDL)
Traunstein Kreiskliniken Traunstein-Trostberg
Hr. Stettner (PDL) Fr. Rieder (Gesundheits- und Krankenpflegerin) Hr. Buchner (Gesundheits- und Krankenpfleger)
Trostberg Kreisaltenheime Traunstein Fr. Wirth (PDL) Trostberg Pur Vital, Zentrum fr Senioren Fr. Lhnert (PDL)
Fr. Steiglechner (PDL, QB) Unterwssen Seniorenheim Unterwssen Fr. Auer (PDL) Landratsamt Traunstein
FQA Fr. Glck (Dipl.-Sozialpd. FH) Fr. Herb (Gesundheits- und Krankenpflegerin)
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Unsere Leitgedanken 1. Die Wrde des Menschen ist unantastbar. Selbstbestimmung gehrt zur
Wrde des Menschen und ist ein Zeichen von Freiheit. Freiheit ist des Menschen hchstes Gut.
2. Bewegung bzw. sich bewegen knnen gehrt zum Merkmal des
menschlichen Wesens. Krperliche Bewegungsfreiheit ist ein wesentlicher Faktor fr Lebensqualitt.
3. Der Mensch hat durch seine natrliche Anlage sich bewegen zu knnen in
seiner gesamten Lebenszeit das Risiko zu strzen und sich dadurch zu verletzen.
4. Fr die Vermeidung von Strzen ist das unumgngliche Mittel der Aufbau
von Muskelkraft und der Erhalt der Balance. Dazu braucht es in jedem Lebensalter bung und kontinuierliches Training.
5. Im Rahmen des Pflegeprozesses sind sich die Pflegekrfte der Aufgabe
bewusst, den Bewohner vor Schaden zu schtzen und gleichzeitig ein Hchstma an Freiheit zu gewhrleisten. Individuelle alternative Lsungen stehen im Vordergrund.
6. Die Dokumentation macht Verfahren, Handlungen sowie den Einbezug
aller Beteiligten (z.B. Pflegeteam, Angehrige, Betreuer, Arzt) in Bezug auf FeM transparent.
7. Multiprofessioneller Austausch, Fortbildungen und dessen
Wissenstransfer innerhalb der Einrichtungen hlt das Bewusstsein zu diesem Thema lebendig.
8. Wir nutzen interne und externe Audits zur Reflexion und
Weiterentwicklung im Umgang mit FeM.
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Bewusstsein frdern Ein professionelles Bewusstsein im Umgang mit FeM und dessen Aufrechterhaltung ergeben sich nicht von selbst. Es braucht kontinuierlich fachlich geleiteten Wissenstransfer sowie ein durch realittsnahe Selbsterfahrung bewirktes Verstndnis was bedeutet FeM fr einen Menschen.
Schon Konfuzius sagte: Was Du mir sagst, das vergesse ich.
Was Du mir zeigst, daran erinnere ich mich. Was Du mich tun lsst, das verstehe ich.
1. Hintergrnde kennen und reflektieren Die Redufix-Studie gibt darber Auskunft, dass die meisten in Heimen lebenden Personen, die fixiert werden, kognitiv beeintrchtigt oder dement sind. Zudem sind Betroffene hufig in ihrer Mobilitt eingeschrnkt, pflegebedrftig und inkontinent. Eine FeM besteht dann, wenn jemand ohne Einwilligung in seiner Bewegungsfreiheit eingeschrnkt wird durch:
Mechanische Vorrichtungen (z. B. Bettgitter, Bauchgurt, Schutzdecke, einsperren, Trickschlsser,)
Medikamente (z.B. Neuroleptika, Psychopharmaka mit dem Ziel der Ruhigstellung)
Andere Manahmen (z. B. unzugngliches Arretieren des Rollstuhls, Wegnehmen von Kleidung, Schuhen, Sehhilfen, Gehhilfen,)
Sowohl in der Gerontopsychiatrie als auch im Bereich der Altenpflege dominieren zwei Problembereiche als Begrndung fr FeM. 1.1 FeM im Blickwinkel von Sturzgefhrdung Einerseits wird als Grund fr FeM Schutz vor Sturz und sturzbedingten Verletzungen wegen Sturzgefhrdung, Gang- und Transferunsicherheit genannt (72,4 %).
Reflexion dieser Aussage: Es ist im Nationalen Expertenstandard Sturzprophylaxe nachzulesen, dass die grtmgliche Chance Menschen vor Strzen