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Praktikumsskript Mikrobiologische Übungen für die Studiengänge Biochemie, Molekulare Biotechnologie und Ernährungswissenschaften WS 2005/2006 ZIEL, Abteilung Mikrobiologie Prof. Dr. Siegfried Scherer Weihenstephaner Berg 3 85350 Freising, Tel. 08161-713516 http://www.wzw.tum.de/micbio

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Praktikumsskript

Mikrobiologische Übungen

für die Studiengänge Biochemie, Molekulare Biotechnologie

und Ernährungswissenschaften

WS 2005/2006

ZIEL, Abteilung Mikrobiologie Prof. Dr. Siegfried Scherer Weihenstephaner Berg 3

85350 Freising, Tel. 08161-713516 http://www.wzw.tum.de/micbio

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Inhaltsverzeichnis

I. ÜBERSICHTSPLAN...........................................................................................................2

II. ALLGEMEINES..................................................................................................................3

III. VERSUCHSBESCHREIBUNGEN ...............................................................................10

1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung ..............................................10

1.1 Lebendzählung .......................................................................................................10

1.2 Partikelzählung von Keimen ................................................................................13

2. Differenzierung von Bakterien....................................................................................15

2.1 Morphologie ............................................................................................................15

2.2 Die bakterielle Zellwand........................................................................................20

2.3 Wachstum und Stoffwechsel von Bakterien ......................................................23

3. Isolierung von Mikroorganismen................................................................................26

3.1 Enterobakterien und Coliforme Keime ...............................................................27

3.2 Sporenbildner .........................................................................................................30

3.3 Schimmelpilze und Hefen.....................................................................................33

3.4 Nachweis von Clostridien .....................................................................................36

3.5 Marine Leuchtbakterien ........................................................................................38

3.6 Multiresistente Keime............................................................................................42

4. Identifizierungsmethoden für Mikroorganismen ......................................................45

4.1 Biochemische Identifizierung ...............................................................................45

4.2 Immunologische Identifizierung ...........................................................................47

5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) ...........................................................................51

5.1 Isolierung von Bakteriophagen aus der Umwelt ...............................................51

5.2 Transduktion durch Bakteriophagen...................................................................55

5.3 Luria-Delbrück-Fluktuationstest...........................................................................57

IV. ANHANG (Nährmedien und Puffer) ............................................................................59

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I. ÜBERSICHTSPLAN

1. Tag (Mo) 2. Tag (Di) 3. Tag (Mi) 4. Tag (Do) 5. Tag (Fr) 6. Tag (Sa)

1.1 Lebendzählung

1.2 Partikelzählung

>

>

Auswertungen

2.1.1 Kolonie Morph.

2.1.2 Zell Morph.

2.2.1 Gram-Färbung

2.2.2 KOH Test

2.3.2 Oxidase Test

2.3.3 Katalase Test

2.3.1 Aerob/Anaerob >

> Klausur

3.1 Enterobakterien

3.3 Schimmel & Hefen

3.4 Clostridien

3.5 Leuchtbakterien

>

3.2 Sporenbildner

>

>

>

>

>

>

>

3.5 Transformation

3.6 Multiresistente

3.6 Konjugation

>

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>

>

>

>

4.2 Immunol. Ident.

(Staphylococcus)

> >

4.1 Biochem. Ident.

>

>

>

4.2 Immunolog. Ident.

5.1 Phagen-Isolierung

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5.2 Transduktion

5.3 LD-Fluktuationstest

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II. ALLGEMEINES

Ablauf • 08:30 - 09:15 Vorbesprechung (Seminarraum) • 09:15 - 12:00 Mikrobiologische Übungen (Praktikumsraum) • 12:00 - 13:00 Mittagspause • 13:00 - 16:00 Mikrobiologische Übungen (Praktikumsraum) • 16:00 - 18:00 Nachbesprechung, Protokollführung

Voraussetzung für den Kurs ist der Abschluss einer Laborhaftpflichtversicherung (http://www.stud.chemie.tu-muenchen.de/versicherung/main.shtml)

Sicherheit • nie ohne Laborkittel arbeiten! Laborkittel beim Verlassen des Praktikums

ablegen. • nie mit dem Mund pipettieren! • bei verschütteten Bakterienkulturen sofort Betreuern Bescheid geben! • Abfälle nur in die dafür vorgesehenen Behälter geben; biologisches Material wird

autoklaviert. • Glasabfälle (zerbrochene Pipetten, Objektträger etc.) in spezielle Behälter • Arbeitsplatz immer sauber hinterlassen (mit 70% EtOH abwischen) • Beim Verlassen des Praktikumsraumes immer Hände desinfizieren und

waschen!

Steriles Arbeiten • möglichst wenig Luftzug, steriles Gerät • Gefäße nur so lange wie nötig öffnen; Petrischalen schräg halten • geöffnete Gefäße vor dem Schließen kurz abflammen • Glaspipetten kurz durch die nicht-leuchtende Bunsenbrennerflamme ziehen • zügig, aber nicht hektisch arbeiten

Beschriftung • Alle Platten (nur Unterseite!) und Röhrchen müssen vollständig beschriftet

werden mit Kurzbezeichnung des Versuchs, Gruppennummer und Datum, Verdünnungsstufe.

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Mitbringen • Labormantel, wasserfeste Filzschreiber (fein) , Praktikumsskript, Schreibmaterial,

Taschenrechner Literatur • Süßmuth et al.: "Mikrobiologisch-Biochemisches Praktikum" (Thieme)

empfohlen! • Schlegel: "Allgemeine Mikrobiologie" (Thieme) empfohlen! • Madigan et al.: "Brock - Mikrobiologie" (Spektrum) für Fortgeschrittene • Lothar Sachs: „Angewandte Statistik“ (Springer)

Benotung Die Benotung setzt sich aus folgenden Einzelnoten zusammen: 1. Klausurnote: 33.3%

Am letzten Praktikumstag wird eine Klausur geschrieben, in welcher der vermittelte Lernstoff abgefragt wird. Klausurrelevant sind das Script, die Versuche und die Vor- bzw. Nachbesprechungen der einzelnen Praktikumstage.

2. Laborjournal 33.3%%

Bewertet werden die Vollständigkeit der beschriebenen Versuche, die angemessene Darstellung der Ergebnisse, sowie die äußere Form des Journals. Darüber hinaus soll das Journal eine Liste der untersuchten Bakterien (Kurzbeschreibung von Kolonieform, Zellform, Gram-Färbung, physiologische Merkmale etc.) enthalten. Eine Anleitung zur Führung des Laborjournals ist auf der nächsten Seite abgedruckt. Die Hefte werden am ersten Praktikumstag ausgegeben. Jede Studentin/jeder Student muss ein Laborjournal abliefern. Der Abgabetermin für die Laborjournale ist spätestens der Freitag nach dem Praktikum. Es wird jedoch dringend empfohlen, das Journal während des Praktikums komplett zu führen und am letzten Praktikumstag abzugeben. Neben dem Laborjournal ist kein weiteres Protokoll erforderlich.

3. Kolloquium 33.3% Während des Praktikums wird jede Gruppe mindestens einmal vom Praktikumsleiter in einem 15 Minuten dauernden Kolloquium befragt. Gegenstand ist der jeweils aktuelle Praktikumsversuch mit der entsprechenden Theorie. Durch dieses Kolloquium sollen Sie motiviert werden, sich im Vorfeld des Praktikums auf die theoretischen und praktischen Aspekte der Versuche vorzubereiten.

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Hinweise zur Führung eines Laborjournals Das Laborjournal dient zur exakten und nachvollziehbaren Protokollierung der Versuche im Labor. Im Laboralltag laufen sehr häufig mehrere Versuche parallel, eventuell auch über mehrere Tage oder Wochen. Daher ist es ist absolut notwendig, den genauen Versuchsablauf neben den Ergebnissen aufzulisten. Entscheidend ist, alle wichtigen Informationen in einer überschaubaren Weise dazustellen, damit der durchgeführte Versuch auch noch zu einem späteren Zeitpunkt ohne Probleme verstanden und reproduziert werden kann. Insbesondere muss auch ein anderer Experimentator in der Lage sein, das Experiment ausschließlich aufgrund des Laborjournals zu reproduzieren. Es ist ein wesentliches Lernziel des Praktikums, die Führung eines korrekten Laborjournals zu üben. Das Laborjournal sollten Sie folgendermaßen aufbauen:

1. Nummerierung der Seiten. Nummerieren Sie zunächst alle Seiten des Laborjournals durch. Dadurch können Sie vor allem sehr leicht auf Ergebnisse und Vorschriften verweisen und müssen solche Dinge nicht wiederholen. Außerdem ist dies eine Vorbeugungsmaßnahme gegen nachträgliche Veränderungen des Laborjournals durch Entfernung von Seiten.

2. Sollten Sie zusätzlich Platz benötigen, können Sie nachträglich eine Seite einkleben

und z. B. mit „Seite 17a“ nummerieren. 3. Lassen Sie die ersten beiden Seiten frei, dort kann nachträglich ein kurzes

Inhaltsverzeichnis eingetragen werden. 4. Schreibgerät. Auf keinen Fall Füllfederhalter oder Filzstifte jeder Art. Ein

mittelweicher Bleistift bewährt sich am besten (resistent gegen Wasser und Lösungsmittel), Kugelschreiber geht zur Not auch.

5. Datum und Titel des Versuchs (hier bitte auch die Versuchsnummer angeben) 6. Ziel. In wenigen Sätzen das Ziel des Versuchs formulieren. Warum führen Sie den

Versuch durch? Was soll mit dem Versuch gezeigt werden? 7. Material. Welche Materialen und welche Mengen (Anzahl) werden für den Versuch

gebraucht? Welche Vorbereitungen sind zu treffen? Dieser Punkt muss vor Versuchsbeginn bearbeitet werden. Ggf. können Sie hier auch die Kopie einer (veröffentlichten) Vorschrift einkleben. Vor Versuchsbeginn muss überprüft werden, ob alle Materialien und Geräte vorhanden und bereit sind.

8. Durchführung. Wie ist der Ablauf des Versuchs? Es muss aus der Durchführung beispielsweise klar hervorgehen, welche Mengen eingesetzt wurden, wie lang die Inkubationszeiten waren, wie hoch die Inkubationstemperatur war usw. Es muss unbedingt vermerkt werden, ob Fehler in der Durchführung gemacht wurden.

9. Ergebnis. Was ist das Ergebnis des Versuchs? Eventuell Tabelle oder Skizze

anfertigen. Genaue Angaben der Ergebniswerte oder der Beobachtung. Insbesondere unerwartete Beobachtungen notieren.

10. Diskussion. Wie interpretieren Sie die Ergebnisse? Ist der Versuch fehlgeschlagen

und müsste er wiederholt werden? Welche Gründe sind dafür vermutlich verantwortlich? Was müsste anders gemacht werde und warum? Was ist die Gesamt-Aussage des Versuchs?

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Platte

10-1 10-2 10-3 Probe 9 ml 9 ml 9 ml PBS

1 ml 1 ml 1 ml 0,1 ml

Verdünnungsreihen Im Skript angegebene Verdünnungen beziehen sich grundsätzlich auf die Endverdünnung im Röhrchen. „Verdünnungsstufe 10–1“ bedeutet, dass 1 ml der Originalprobe in das erste Verdünnungsröhrchen überführt wird und gut mit den vorgelegten 9 PBS-Lösung gemischt wird. Von diesem Gemisch werden 0,1 ml auf die Platte mit der Beschriftung „-1“ gespatelt usw. Beispielrechnung: Sie haben wie beschrieben drei Verdünnungsstufen einer Probe mit einem Gesamtvolumen

von Y ml hergestellt und zählen nach Ausplattieren von 0,1 ml der letzten Verdünnungsstufe B Bakterien auf der

Platte. Die Gesamtzellzahl GZ in Ihrer Probe beträgt dann: GZ= B x 103 x 10 x Y.

Verdünnungsausstrich zur Gewinnung von Einzelkolonien Agarplatte auf der Unterseite beschriften. Impföse ausglühen, abkühlen lassen. Wenig Bakterienmasse im 1. Segment ausstreichen, Impföse erneut ausglühen, abkühlen. Durch 1. Ausstrich fahren, im 2. Segment verteilen etc.

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Mikroskop Phasenkontrast-Mikroskopie Die optische Dichte vieler Mikroorganismen, insbesondere der Bakterien, ist zu gering, um eine unmittelbare Beobachtung zu ermöglichen. Aus diesem Grunde wurden in den Anfängen der Mikrobiologie zahlreiche Färbemethoden entwickelt. Mit der Einführung des Phasenkontrastmikroskops hat sich die Situation allerdings entscheidend geändert. Jetzt können lebende Keime ohne jede Vorbehandlung unmittelbar beobachtet werden. Damit vereinfacht sich das Mikroskopieren erheblich. Außerdem vermeidet man Artefakte, wie z. B. das Schrumpfen der Zellen beim Färben. Ebenso kann man die Beweglichkeit der Keime und die Art der Bewegung ermitteln. Beim Durchgang des Lichtes durch ein Objekt erfährt es eine Phasenverschiebung. Diese Erscheinung wird im Phasenkontrastmikroskop ausgenutzt, um geringe Unterschiede in der optischen Dichte in gut wahrnehmbare Helligkeitsunterschiede umzuwandeln. Im Phasenkontrastmikroskop wird das Objekt durch eine Ringblende im Kondensor beleuchtet. Der Lichtstrahl hat somit die Form eines Hohlkegels (vgl. Abb.1). Der in der Brennebene des Objektivs liegende Phasenring lässt das ungebrochene ringförmige Beleuchtungsbündel um Lambda/4 vorauseilen und schwächt es gleichzeitig. Das von einem Objekt gebeugte Licht ist über die ganze Brennebene verteilt; es wird vom Phasenring praktisch nicht beeinflusst. Die beiden Lichtbündel sind nun um etwa 90° in ihrer Phase verschoben und löschen sich gegenseitig aus. Das ringförmige Phasenplättchen kann durch geeignete Dicke und Absorption so gestaltet werden, dass höherbrechende oder dickere Objektpartien im Bild dunkler (positiver Phasenkontrast) oder heller (negativer Phasenkontrast) als ihre Umgebung erscheint. Gebräuchlich ist, dass das Objekt dunkler erscheint. Die stark vereinfachte Darstellung macht jedenfalls klar, dass die Phasenkontrasteinrichtung nur dann funktioniert, wenn das Gerät sorgfältig justiert ist. Ringblende und Phasenplatte müssen exakt zentriert sein. Dies bewerkstelligt man mit Hilfe eines besonderen Einstellmikroskops und Zentrierschrauben am Kondensor. Die Ringblende erscheint als heller Ring, die Phasenplatte als dunkler Ring. Beide müssen sich decken. Außerdem muss die Ringblende optimal durch die Lichtquelle beleuchtet werden. Köhler'sche Beleuchtung Die Köhlersche Beleuchtung dient der Zentrierung des optischen Systems (Hellfeld oder Phasenkontrast) und damit der optimalen Ausleuchtung des Objekts. Entscheidend ist, dass die Leuchtfeldblende (Blende vor der Lichtquelle) auf den

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Kondensor zentriert wird. Außerdem muss der Kondensor so eingestellt werden, dass die Leuchtfeldblende in der Objektebene abgebildet wird. Ölimmersion Für die mikroskopische Untersuchung von Bakterien benötigt man die so genannte Ölimmersion. Es handelt sich dabei um Objektive mit 50- bis 100facher Vergrößerung. Diese Objektive haben einen sehr geringen Arbeitsabstand. Der Zwischenraum zwischen Deckglas und Frontlinse des Objektivs muss mit Immersionsöl ausgefüllt sein, welches etwa denselben Brechungsindex hat wie Glas. Andernfalls ergeben sich störende Brechungserscheinungen an den Grenzflächen Luft/Glas. Insbesondere hängt die so genannte "numerische Apertur", die für die Leistungsfähigkeit des Objektivs entscheidend ist, vom Brechungsindex des Mediums zwischen Objektiv und Linse ab. Die numerische Apertur bestimmt bei gegebener Wellenlänge des Lichtes das so genannte Auflösungsvermögen. Man versteht darunter den Mindestabstand zwischen zwei Punkten des Objekts, die voneinander unterschieden werden können. Das Auflösungsvermögen entscheidet also darüber, welche Details am Objekt noch erkannt werden können. Die lineare Vergrößerung ist im Vergleich damit weniger bedeutsam, da sie bei mangelnder Auflösung letztlich das unklare Bild nur größer darstellt. Die Einstellung der Ölimmersion auf den richtigen Arbeitsabstand ist Übungssache. Die Spitze des Objektivs ist gefedert. Es muss dennoch sehr vorsichtig justiert werden, um nicht das Deckglas mit der Frontlinse des Objektivs zu zerquetschen oder gar den Objektträger zu teilen! Beim Wechsel der Präparate muss man nicht den Tubus anheben, sondern man kann einfach den alten Objektträger herausziehen und den neuen hinein schieben, oder aber den Objektivrevolver wegdrehen, den Objektträger wechseln, und das Objektiv wieder zurückdrehen. Die Linse ist konkav, sie kann also nicht so leicht verkratzt werden. Durch dieses Vorgehen vermeidet man die Wiedereinstellung der Schärfenebene. Praktisches Mikroskopieren Zu Beginn jedes Praktikumstages sollten die Mikroskope (falls erforderlich) geköhlert werden, um eine optimale Ausleuchtung und Kontrastierung der Objekte zu gewährleisten. Bei Problemen bitte an die Betreuer wenden! Nach Gebrauch der Mikroskope sind diese (am Ende des Praktikumstages) sorgfältig zu reinigen (Objekttisch, Ölimmersionsobjektiv), danach das kleinste Objektiv einstellen und Mikroskop abdecken.

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Kurzanleitung Köhlern • Präparat auflegen und Lampe einschalten

• Leuchtfeldblende im Mikroskop-Fuß ganz öffnen

• Kondensor nach oben stellen

• schwaches Objektiv einstellen, Phasenkontrast rausnehmen

• bei Hellfeld-Phasenkontrast-Kondensoren Irisblende für Hellfeld einstellen

• Objekt scharf stellen

• Leuchtfeldblende schließen, bis achteckiger Ausschnitt zu sehen ist

• Kondensor geringfügig absenken, bis der Rand des Achtecks scharf abgebildet ist

• Bild mittels der Zentrierschrauben im Sehfeld mittig ausrichten

• Leuchtfeldblende soweit öffnen, bis der Rand des Achtecks gerade aus dem Sehfeld verschwindet

• Bildkontrast mit der Aperturblende und Bildhelligkeit mit der Lampenspannung regeln

• beim Objektwechsel, Leuchtfeldblende dem Sehfeld anpassen und Kontrast mit Aperturblende nachregeln

• die Helligkeit nicht über die Blenden, sondern über die Lampenspannung regeln

• Phasenkontrast gemäß der Aufschrift auf dem verwendeten Objektiv einstellen

Leuchtfeldblende

Zentrierschrauben

Kondensor

Objektive

Lampenspannung Phasenkontrast (fehlt in der Abb. !)

Aperturblende

Objekttisch

Okulare

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1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 10

III. VERSUCHSBESCHREIBUNGEN 1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 1.1 Lebendzählung Bakterien können entweder direkt unter dem Mikroskop ausgezählt werden oder indirekt durch ein Kulturverfahren. Bei der direkten Zählung (siehe 1.2) kann man nicht zwischen toten und lebenden Zellen unterscheiden. Es besteht auch keine Möglichkeit, die Art der Bakterien zu bestimmen. Man erhält das Ergebnis aber sehr rasch innerhalb weniger Minuten. Bei der indirekten Zählung werden das keimhaltige Substrat oder seine Verdünnungen auf einem Nährmedium kultiviert. Der Ansatz wird bebrütet, bis sich die einzelnen Zellen oder Zellaggregate zu sichtbaren Kolonien (Ketten, Klumpen) vermehrt haben. Die Methode hat einen wesentlichen Nachteil: Es lassen sich nur die Bakterien zählen, die auf dem jeweils benutzten Medium wachsen können. Andererseits kann mit geeigneten Medien eben auch eine bestimmte (gewünschte) Keimgruppe erfasst werden. Das Zählergebnis liegt frühestens nach 16 - 22 Stunden vor, in ungünstigen Fällen erst nach mehreren Tagen. Die gezählten Bakterien können anschließend abgeimpft und identifiziert werden. Die letztere Eigenschaft ist ausschlaggebend dafür, dass die indirekten Zählmethoden weite Anwendung gefunden haben. Verdünnungsreihe (VR) Verdünnungsreihen werden im Verhältnis 1:10 abgestuft. Als Verdünnungsflüssigkeit können entweder steriles Leitungswasser, Phosphat-gepufferte Salzlösung (PBS), 1/4-starke PBS-Lösung, oder 1%iges Peptonwasser benutzt werden. Für den Ansatz der Verdünnungsreihe existieren verschiedene Varianten. Die Verdünnungsflüssigkeit wird in Mengen zu 9 ml in Reagenzgläser abgefüllt. Beim Ansatz der Verdünnungsreihe werden jeweils 1 ml überimpft. Reagenzgläser werden zweckmäßigerweise mit einem Rüttler (Vortex) durchmischt. Die Verdünnungsreihe enthält lückenlos sämtliche notwendigen Verdünnungsstufen. Oberflächenausstrich Beim Oberflächenausstrich spatelt man das Untersuchungsmaterial auf der Oberfläche einer zuvor gegossenen und gut getrockneten Agarplatte aus. Es können nur Probemengen von 0,1 ml angesetzt werden, da größere Flüssigkeitsmengen vom Nährboden nicht aufgenommen werden. Die Flüssigkeit wird mit einem Drigalskispatel in die Agaroberfläche eingerieben. Der Vorteil des Oberflächenausstrichs besteht darin, dass Abimpfungen für eine Differenzierung der Keime leichter möglich sind als beim Gussverfahren (s. u.). Sauerstoffempfindliche Bakterien lassen sich so jedoch nicht gut anzüchten.

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1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 11

Gussverfahren Die Bezeichnung Gussverfahren leitet sich davon ab, dass der noch nicht erstarrte Nährboden in die Petrischale gegossen wird, in der sich bereits die Probe befindet. Probe und Nährboden werden durch Schwenken der Petrischale miteinander vermischt. Im erstarrten Nährboden entwickelt sich jede Einzelzelle bzw. jedes Zell-aggregat zu einer Kolonie, die visuell ausgezählt werden kann. Da die Koloniebildung nicht notwendigerweise von Einzelzellen ausgeht, benutzt man häufig anstelle von "Keimzahl" auch den Ausdruck "Koloniebildende Einheiten" (KbE, oder auch cfu = colony forming units). Eine Auszählung ist nur dann möglich, wenn der Besatz des Nährbodens mit Kolonien nicht zu dicht ist. Es gilt die Konvention, dass Keimzahlplatten nur dann ausgewertet werden, wenn die Koloniezahl pro Platte zwischen 20 und 300 liegt. Infolgedessen ist es erforderlich, vor dem Ansetzen der Platten eine Reihe abgestufter Verdünnungen herzustellen. Natürlich können auch obligat anaerobe Organismen mit dem Oberflächen- bzw. Gussverfahren gezählt werden; allerdings müssen die Platten hierfür in einem Anaeroben-Topf bebrütet werden. Auszählung und Auswertung Σn Gewichtetes Mittel = ------------- 1fa + 0,1fb Σn = Summe aller Kolonien auf den ausgezählten Platten fa = Zahl der Platten der niedrigsten Verdünnungsstufe, die zur Berechnung herangezogen wird fb = Zahl der Platten aus der nächst höheren Verdünnungsstufe Beispiel: Keimzahlen der Verdünnungsstufe 10-5: beide Platten je ca. 2000 Keimzahlen der Verdünnungsstufe 10-6: 1. Platte = 250, 2. Platte = 190 Keimzahlen der Verdünnungsstufe 10-7: 1. Platte = 30, 2. Platte = 35 250 + 190 + 30 + 35 Gewichtetes Mittel = ------------------------------------ = 230 (bezogen auf Verd. 10-6)

2 + 0,2

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1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 12

Versuch 1.1 Lebendzählung von Keimen 1.1.1 Koloniezählung nach dem Oberflächen-Austrichverfahren Durchführung: 1. Erforderliche Verdünnungen abschätzen [z. B. erwartete Keimzahl von alter

Rohmilch 107 - 109/ml, erforderliche Verdünnungen 10-2, 10-3, 10-4, 10-5.

2. Verdünnungsröhrchen für die Verdünnungsreihe beschriften. Verdünnungen 10-1 bis 10-5 erstellen. Röhrchenhälse vor und nach der Entnahme von Material abflammen. Immer neue Pipette verwenden.

3. Petrischalen beschriften.

4. Je zweimal 0,1 ml pro Verdünnungsstufe auf je eine Agarplatte pipettieren. Beginnend bei der höchsten Verdünnung, die der niedrigsten Keimzahl entspricht, kann mit derselben Pipette gearbeitet werden. Der hierdurch entstehende Fehler kann vernachlässigt werden. Flüssigkeit mit dem abgeflammten Drigalskispatel in die Plattenoberflächen "einreiben". Platten mit Deckel nach unten bei 37°C inkubieren.

1.1.2 Koloniezählung nach dem Gussverfahren Durchführung: 1. Je 1 ml aus den notwendigen Verdünnungen in die leeren Petrischalen

pipettieren. Wenn ausgehend von der höchsten Verdünnung pipettiert wird, können alle Überimpfungen mit einer Pipette durchgeführt werden.

2. Verflüssigten, auf ca. 47 °C abgekühlten Agar in die Petrischalen gießen (ca. 10-12 ml). Probe und Agar durch kreisende Bewegung der Schalen gut durchmischen. Agar bei Raumtemperatur erstarren lassen. Platten mit Deckel nach unten bei 37°C bebrüten.

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1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 13

1.2 Partikelzählung von Keimen Direkte Zählung mit der Thoma-Zählkammer Die mikroskopische Bestimmung von Zellzahlen/ml ist mit Hilfe so genannter Zählkammern möglich. Dabei handelt es sich um Objektträger, deren drei innere Stege plan geschliffen sind, wobei der mittlere Steg definiert tiefer liegt, so dass sich nach Auflegen eines plan geschliffenen Deckgläschens eine definierte Schichtdicke ergibt. Für das Auszählen von größeren Zellen, z. B. von Hefen, wählt man eine Schichtdicke von 0,1mm, für Bakterien 0,01 mm. In den mittleren Steg ist zudem ein Gitter eingraviert, dessen Kantenlänge 1 mm2 beträgt. Somit ergibt sich bei einer Schichtdicke von 0,1 mm über dem Gitter ein Volumen von 0,1 mm3 oder 10-4 ml. Durch Auszählen der im Bereich des Gitters liegenden Keime kann nach entsprechender Umrechnung unter Berücksichtigung der Vorverdünnung die Zellzahl/ml bestimmt werden. Um das Auszählen zu erleichtern, ist das Netz in 400 Kleinstquadrate unterteilt. Aus jeweils 16 Kleinstquadraten ergibt sich ein Gruppenquadrat. Es werden in der Regel nur fünf Gruppenquadrate a 16 Kleinstquadraten, also 80 Kleinstquadrate und damit 1/5 des Kammervolumens, ausgezählt werden. In diesem Fall ist die ermittelte Zellzahl folgerichtig zusätzlich mit dem Faktor 5 zu multiplizieren. Statistisch gesicherte Ergebnisse erhält man, wenn mindestens 4 Kammern pro Probe ausgezählt werden und für die Keimzahl (N) in der Kammer 800 < N < 4800 gilt. Mitgezählt werden die an 2(!) Seiten, z. B. an der linken und oberen Maßlinie, an- oder aufliegenden Zellen (schwarz, rechte Abbildung).

Zählkammer nach Thoma. Gesamtansicht links, rechts: Ausschnitt aus einem Liniennetz mit einem Gruppenquadrat, bestehend aus 16 Kleinstquadraten. Die gestrichelte Linie zeigt den Weg der Durchmusterung des Gruppenquadrats. Nicht zu zählende Zellen sind mit Kreuz markiert.

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1. Methoden der Keimisolierung/Keimzahlbestimmung 14

Versuch 1.2 Partikelzählung von Keimen Ermittlung der Zahl von Hefezellen mittels des Zählkammerverfahrens 1. Suspension von Saccharomyces cerevisiae durch starkes Schütteln mit Schüttler

homogenisieren.

2. Sogleich eine dezimale Verdünnungsreihe in PBS-Lösung bis 10-5 herstellen.

3. An der Thoma-Zählkammer Auflageflächen für das Deckglas leicht anfeuchten oder anhauchen; Deckglas unter Druck aufschieben, so dass NEWTONsche Ringe sichtbar werden

4. Thoma-Zählkammer mit den erhaltenen Suspensionen füllen. (Mit der Pipette vom Rand des Deckglases her etwas Hefesuspension einbringen.)

5. Je nach Zellzahl in beiden Kammern je fünf Gruppenquadrate bzw. gesamtes Netz auszählen.

6. Von einer „sinnvollen“ Verdünnungen mindestens 4 Kammern auswerten.

7. Zellzahlen errechnen und tabellarisch zusammenfassen.

8. Zellzahlen pro ml aus den Mittelwerten für die einzelnen Verdünnungsstufen bestimmen.

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2. Differenzierung von Bakterien 15

2. Differenzierung von Bakterien Die Grobdifferenzierung der Bakterien lässt sich mit einiger Übung mit Hilfe folgender Merkmale relativ leicht bewerkstelligen: 1. Herkunft der Keime 2. Morphologie 3. KOH-Test bzw. Wachstum auf VRB-Agar (Ersatz für die Gram-Färbung) 4. O/F-Test 5. Oxidase-Test (Untergliederung Gram-negativer Keime) 6. Katalase-Test (Untergliederung Gram-positiver Keime) Die Herkunft spielt eine große Rolle, da sie in vielen Fällen das Spektrum der potentiell vorhandenen Arten sehr stark einschränkt. Beispielsweise kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass im Inneren von Emmentaler keine Gram-negativen Keime vorkommen. Man muss lediglich mit Laktobazillen, Streptokokken, Propionsäurebakterien und gegebenenfalls mit Clostridien und Bazillen rechnen. Auch an Hand der Morphologie kann man schon wesentliche Entscheidungen treffen, insbesondere wenn das Gram-Verhalten und die Abhängigkeit des Wachstums vom Sauerstoff bekannt sind. Gram-negative Stäbchen mit fermentativem Stoffwechsel können nur Enterobakterien oder Aeromonaden sein. Die beiden Gruppen unterscheiden sich durch die Oxidasereaktion (letztere sind positiv). 2.1 Morphologie Die Vielfalt der Formen ist bei den einzelligen Mikroorganismen bei weitem nicht so ausgeprägt, wie bei höher organisierten Lebewesen. Dennoch stellt die Morphologie ein entscheidendes Kriterium zur Unterscheidung der einzelnen Formen bzw. der taxonomischen Gruppen dar. Selbstverständlich ist die Morphologie der Mikro-organismen nicht unmitte lbar zugänglich, sondern kann nur mit Hilfe des Mikroskops beobachtet werden. Es bedarf einiger Übung, um die einzelnen Formen zuverlässig zu erkennen. Bei den Bakterien unterscheidet man im wesentlichen Kokken und Stäbchen. Außerdem gibt es einige Arten die Sporen bilden. Letztere sind im Phasenkontrast-Mikroskop leicht zu beobachten. Bei den Kokken ist die Mannigfaltigkeit nicht besonders groß: a) Kokken in Ketten (Streptokokken) Meist handelt es sich um deutlich ovale Zellen, die sich oft schon in Teilung befinden und deshalb "eingekerbt" sind. Die Längsachse der Zellen liegt immer in

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2. Differenzierung von Bakterien 16

Kettenrichtung. Wenn die Ketten sehr kurz sind, kann es schwierig sein, sie von anderen Kokken zu unterscheiden. Verwechslung kann es auch mit sehr kurzen Stäbchen in Ketten geben. Streptokokken sind fermentativ und Katalase-negativ. b) Kokken einzeln, in Haufen oder in Paketen (Mikrokokken, Staphylokokken) Kommen die Keime wirklich in zusammenhängenden Massen vor, so sind sie unverwechselbar. Das gleiche gilt, wenn sie in Viererpaketen (Sarcina) auftreten. Sind es jedoch kleinere Zellaggregate, so können sie zufällig in unregelmäßigen Ketten auftreten. Mikrokokken und Staphylokokken sind kreisrund und immer Katalase-positiv. Die Mannigfaltigkeit bei den Stäbchen ist wesentlich größer. Zweckmäßigerweise gliedert man sich die Formenfülle in folgender Weise: c) Gram-negative Stäbchen In der Regel handelt es sich um relativ kleine reguläre Formen, die manchmal gekrümmt sind (Vibrio). Die wichtigsten Vertreter sind Enterobakterien (kurz, plump) und Pseudomonaden (länger und vergleichsweise dünn). Daneben gibt es noch eine Reihe abweichend gebauter Taxa, wie Spirillen, Spirochäten, Scheidenbakterien, etc. Morphologisch klar abgetrennt ist weiterhin Acinetobacter. Diese Gruppe ist pleomorph. Zunächst möchte man meinen, eine Mischkultur vor sich zu haben. Neben kokkoiden Stäbchen oder regelrechten Kokken kommen in derselben Kultur plumpe Stäbchen und sogar extrem lange Formen vor. d) Reguläre, Gram-positive Stäbchen Die Zellen sind in der Regel gerade, meist größer als Gram-negative Stäbchen. Hierher gehören Laktobazillen, Bazillen und Clostridien. Die beiden letzteren Gruppen sind durch Sporenbildung gekennzeichnet. Die Stäbchen können in Ketten oder einzeln vorkommen. e) Coryneforme Gram-positive Stäbchen Die Keime haben zwei Kennzeichen. Einerseits lösen sich die Zellen bei der Zellteilung nicht immer vollständig voneinander. Es kommt sehr häufig vor, dass zwei Zellen gegeneinander v-förmig abgewinkelt aneinander hängen (snapping division). Für manche Arten ist es typisch, dass sich so genannte Palisaden bilden. Es hängen dann mehrere Zellen die sich mit den Längsseiten berühren aneinander. Das zweite Kennzeichen ist die unregelmäßige Form. Die Keime sind aufgeschwo llen und verkrümmt. Die unregelmäßige Form tritt aber nicht immer auf oder kann nur ganz schwach angedeutet sein. Einige typische Vertreter in diesem Verwandtschaftskreis sind Mikrobacterium (nur snapping division, reguläre dünne Stäbchen), Brevibacterium (leicht verkrümmt, snapping division), Propionibacterium (stark

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2. Differenzierung von Bakterien 17

unregelmäßig, snapping division) und Arthrobacter (leicht unregelmäßig und snapping division in junger Kultur, zerfällt in kokkenförmige Zellen in alter Kultur) f) Actinomyceten Die Keime wachsen entweder grundsätzlich oder wenigstens in einer Phase der Entwicklung mycelartig, einige wachsen sehr langsam (z. B. Mycobacterium tuberculosis). Zell- und Koloniemorphologie

Einfaches dichotomes Schema für die Grobdifferenzierung von Bakterien

BAKTERIEN SCHIMMEL MILCHSCHIMMEL HEFEN

Gram-/KOH+ Gram+/KOH-

Stäbchen kokkoide Stäbchen Stäbchen

VRB-positiv unbeweglich VRB-negativ KOKKEN

ACINETOBACTER STREPTOKOKKEN (anaerob, Katalase-neg.)

Oxidase-neg. STAPHYLOKOKKEN (an/aerob, Katalase-pos.)

oxidativ MIKROKOKKEN (aerob, Katalase-pos.)

unbeweglich

ENTEROBAKTERIEN Oxidase -, ferm.

ACHROMOBAKTERIEN Oxidase -, oxid.

AEROMONADEN Oxidase +, ferm.

PSEUDOMONADEN Oxidase +, oxid.

+ Katalase -

+/- anaerob +

- Sporen +

kurze Stäbchen gerade Stäbchen

verkrümmte Stäbchen Sporen LAKTOBAZILLEN

aerob anaerob BAZILLEN CLOSTRIDIEN

MIKROBAKTERIEN PROPIONIBAKTERIEN

BREVIBAKTERIEN LISTERIEN

CORYNEFORME

LISTERIEN

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2. Differenzierung von Bakterien 18

Versuch 2.1.1 Bestimmung der Kolonie-Morphologie Das Wachstum von Bakterien auf Agarplatten resultiert in der Bildung einer Kolonie, die, auch in Abhängigkeit vom verwendeten Agar, ganz verschiedenartiges Aussehen haben kann. Diese Kolonie-Morphologie ist oft sehr charakteristisch für entsprechende Bakterien und kann manchmal (mit einiger Erfahrung) sogar zur groben Identifizierung einen ersten Anhaltspunkt liefern. Beurteilen Sie die Kolonien der unter Versuch 2.1.2 angegebenen Mikroorganismen nach folgenden Kriterien:

• Größe (nadelstichartig, klein, pfennig-groß, ...) • Form (rund, flach, erhaben, ...) • Verlauf des Randes (glatt, zackig, samtig, ....) • Farbe (weiß, elfenbein, gelb, ......)

Mikroorganismen für die Feststellung der Zellmorphologie und Motilität: Bacillus cereus (mit Sporen) Listeria innocua Arthrobacter nicotianae Staphylococcus aureus Enterococcus faecalis Escherichia coli Pseudomonas fluoreszens Saccharomyces cerevisiae Flexibacter filiformis Bitte fertigen Sie unter Berücksichtigung des Maßstabs Zeichnungen an und beschreiben Sie die beobachtete Motilität.

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2. Differenzierung von Bakterien 19

Versuch 2.1.2 Mikroskopische Bestimmung von Zellmorphologie und Beweglichkeit

1. Impföse abflammen und kleinen Tropfen Wasser oder PBS-Lösung auf den

Objektträger bringen. Man kann auch frisches Leitungswasser, aber kein destilliertes oder entsalztes Wasser benutzen.

2. Öse abflammen und abkühlen lassen! (auf der Agaroberfläche).

3. Wenig Material aus der Probe entnehmen und im Wassertropfen bis zur leichten Trübung verrühren.

4. Deckglas auflegen und vorsichtig leicht andrücken.

5. Immersionsöl (nur 1 kleiner Tropfen) auftragen. Phasenkontrast-Objektiv (100-fach) langsam in den Öltropfen eintauchen. Visuelle Kontrolle von außen.

6. Schärfenebene suchen. Visuelle Kontrolle durch das Linsensystem. Arbeitsabstand ist in etwa erreicht, wenn beim Absenken des Objektivs plötzlich Licht im Öl reflektiert wird.

7. Durch vorsichtiges Hin- und Herdrehen des Feintriebs exakten Arbeitsabstand einstellen! Visuelle Kontrolle durch das Objektiv!

8. Objekt mit Objekttisch-Einstellschrauben durchmustern und Stelle aufsuchen, in der die Bakteriensuspension nicht zu dicht ist. Die Zellen müssen für eine gute Beurteilung frei schwimmen, ansonsten sieht man die Beweglichkeit etc. nicht.

9. Für ein weiteres Präparat die Öse erneut abflammen, da diese durch den Kontakt mit dem Objektträger kontaminiert wurde. Auf einem Objektträger können 2-3 Präparate erstellt werden. Achtung: die Präparate trocknen nach ca. 15 min aus, d. h. mögliche Motilität muss vorher beobachtet werden.

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2. Differenzierung von Bakterien 20

2.2 Die bakterielle Zellwand Färbemethoden Früher war die Färbung erste Voraussetzung für die mikroskopische Beobachtung von Bakterien. Heute werden Färbungen nur noch angewandt, wenn man mit Hilfe der Färbemethode bestimmte Eigenschaften der Mikroorganismen feststellen will. Ein Beispiel dafür ist die Gram-Färbung, die Bakterien in zwei große taxonomische Gruppen unterteilt. Das unterschiedliche Verhalten in der Retention des Farbstoffkomplexes basiert auf einem grundlegend unterschiedlichen Bau der Zellwand (siehe Lehrbücher). Eine sehr grobe taxonomische Klassifikation von Bakterien ist mit Hilfe von Färbemethoden möglich; gleichzeitig ergibt sich dabei ein kontrastreicheres Bild. Die wichtigste und am weitesten verbreitete Methode ist die Gram-Färbung (Christian Gram, dänischer Mikrobiologe). Ihr liegt folgendes Prinzip zugrunde: Hitzefixierte Bakterien werden mit dem basischen Farbstoff Kristallviolett angefärbt. Anschließend wird mit einer Jodlösung behandelt, wobei sich ein Farbstoff-Jodkomplex (Farblack) bildet. Abhängig vom Aufbau der Zellhülle ist dieser mit Ethanol oder anderen organischen Lösungsmitteln mehr oder weniger leicht zu extrahieren. Gram-positive Bakterien geben ihn nur schwer ab und bleiben tiefblau. Gram-negative Bakterien werden leicht entfärbt und durch eine Gegenfärbung (z. B. mit Safranin) sichtbar gemacht. Nicht zu vernachlässigende Parameter für die Gram-Färbung sind das Alter und die Kulturbedingungen der Bakterien. Manche Arten sind Gram-variabel, d.h., sie ändern ihr Färbeverhalten während des Wachstums. Obwohl die genaue Ursache für die Gram-Färbung nicht bekannt ist, weiß man, dass sie mit den Unterschieden in der chemischen Zusammensetzung und Ultrastruktur der Bakterienzellhülle zusammenhängt: Gram-positiv: Die Zellhülle besteht aus der Cytoplasmamembran, an die außen eine dicke einheitliche Schicht angelagert ist. Chemisch gesehen setzt sich diese aus dem mehrschichtigen Mureinsacculus und assoziierten Polysacchariden (z.B. Teichonsäuren) zusammen. Bei einigen Bakterienarten kommen zusätzlich eingelagerte Proteine vor, bis hin zu einer "flächendeckenden Schicht", dem so genannten S-layer. Gram-negativ: Die Zellhülle ist komplizierter aufgebaut. Zusätzlich zur Cytoplasmamembran kann man mehrere Schichten unterscheiden. An die Cytoplasmamembran schließt eine einschichtige Mureinschicht und das sogenannte Periplasma mit angelagerten Lipoproteinen an. Eine recht dicke äußere Membran (OM) setzt sich aus Lipoproteinen, Proteinen und Lipopolysacchariden (Endotoxinen) zusammen.

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2. Differenzierung von Bakterien 21

Versuch 2.2.1 Gram-Färbung

Material:

• Karbol-Kristallviolett-Lösung (10 ml gesättigte ethanolische Kristallviolettlösung, 1 ml Karbolsäure, 100 ml H2O dest.)

• Lugol'sche Lösung (1 g Jod, 2 g Kaliumjodid, 300 ml H2O dest.)

• Ethanol 96%

• 2%ige wässrige Safraninlösung

1. Auf sauberen Objektträger 3 Tropfen steriles Wasser auftragen. Der mittlere

Tropfen wird mit etwas Material aus der zu untersuchenden Bakterienkolonien beimpft. In die beiden seitlichen Tropfen bringt man Vergleichskeime (Kokken = Gram-positiv; Enterobakterien = Gram-negativ). Es darf höchstens eine leichte Trübung auftreten.

2. Tropfen ausstreichen und an der Luft trocknen lassen. Zum Fixieren Präparat dreimal kurz durch nicht leuchtende Flamme ziehen.

Durchführung:

3. 2 min Karbol-Kristallviolett

4. Mit Leitungswasser waschen

5. 1 min Lugol'sche Lösung

6. 30 s 96% Ethanol (Zeit genau einhalten)

7. Präparat in Wasser abspülen

8. 1 min Safraninlösung

9. Präparat kurz mit Leitungswasser spülen

10. Präparat trocknen lassen.

Da die Gram-Färbung einerseits zeitaufwendig ist und auch für einige Gattungen variable Ergebnisse liefert, wurden verschiedene Methoden entwickelt, die schneller durchzuführen sind und zusätzlich das Ergebnis der Gram-Färbung absichern können. Dazu gehört unter anderem der so genannte KOH Test (nächste Seite).

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2. Differenzierung von Bakterien 22

Versuch 2.2.2 Test auf extrahierbare DNA (KOH-Test) Gram-positive und Gram-negative Bakterien unterscheiden sich in der Stärke ihrer Zellwand. Die dünne Gram-negative Zellwand (~20 A) lässt sich durch 3%ige KOH zerstören, so dass die DNA austreten kann. Sie ist dann an ihrer zähen, klebrigen Konsistenz zu erkennen. Die dicke Zellwand der Gram-positiven (~100 A) lässt sich hierdurch nicht hydrolysieren. 1. Von Schrägagar oder von der Platte einen Klumpen Bakterienmaterial auf den

Objektträger übertragen.

2. Daneben einen Tropfen 3%ige Kalilauge aufsetzen.

3. Mit Nadel oder Öse etwas Kalilauge in die Bakterienmasse einrühren.

4. Nadel vorsichtig hochziehen. Falls sich schleimige Fäden bilden, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Gram-negativen Keim. Bilden sich keine Fäden, ist der Keim vermutlich Gram-positiv.

Achtung: Das Ergebnis kann nur dann akzeptiert werden, wenn es mit den übrigen Eigenschaften (Herkunft, Morphologie, O/F-Test) "zusammenpasst". Gram-negative Sporenbildner und Gram-negative Kokken sind unwahrscheinlich. Acinetobacter und alte Bazillen ergeben unklare Ergebnisse. Man muss immer frische Kulturen verwenden. Bei stark schleimigen Kolonien empfiehlt sich ein Blindtest (Kontrolle) mit Wasser.

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2. Differenzierung von Bakterien 23

2.3 Wachstum und Stoffwechsel von Bakterien Die Wachstumskurve von Bakterien Unter optimalen Bedingungen wachsen Bakterien logarithmisch, d.h. die Keimzahl nimmt pro Zeiteinheit um einen bestimmten Prozentsatz zu. Rasch wachsende Keime können sich in etwa 20 min verdoppeln. Grundlage des logarithmischen Wachstums ist die Zweiteilung der Zelle. Jeden Teilungsschritt nennt man eine Generation; die Zeit, die für eine Zweiteilung benötigt wird, die Generationsdauer. Die jeweilige Wachstumsgeschwindigkeit hängt von der Generationsdauer ab. Unmittelbar nach dem Animpfen müssen sich die Keime zunächst an das Medium gewöhnen. Man spricht von einer Lag-Phase; die Teilungsrate ist gering. Anschließend gehen die Keime in die so genannte Log-Phase mit maximalem Wachstum und minimaler Generationsdauer über. Bei Keimzahlen um 107/ml macht sich die Anhäufung von Stoffwechselprodukten im Medium bemerkbar. Die Wachstumsrate geht langsam zurück bzw. die Generationsdauer steigt. Bei etwa 108 bis 109 Keimen/ml (je nach Keim und Medium) tritt die stationäre Phase ein, d.h. Wachstumsrate und Absterberate der Keime sind gleich groß. Es erfolgt keine Nettovermehrung. Danach wird die Keimzahl in der Kultur je nach den Eigenschaften des Mediums mehr oder weniger rasch abfallen. Bei jeweiliger Verdoppelung pro Generation steigt die Keimzahl innerhalb von 10 Generationen um das 1000-fache an. Zwanzig Generationen führen zu einer Vermehrung um das 106-fache und 30 Generationen ergeben eine Vermehrung um das 109-fache. Impft man 1 Keim/ml an, so erhält man nach 30 Generationen eine ausgewachsene Kultur. Unterstellt man eine Generationsdauer von 30 min, so benötigt man dazu etwa 15 h. Die Wachstumskurve kann im Praktikum nicht aufgenommen werden, da es erforderlich wäre, mindestens 16 h lang in regelmäßigen Abständen Keimzahlbestimmungen durchzuführen oder die optische Dichte zu messen. Wir müssen uns daher auf diese grundsätzlichen Überlegungen beschränken. Bezüglich der Berechnungsmethoden für "Teilungsraten" und "Generationszeiten" verweisen wir auf die Lehrbücher.

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2. Differenzierung von Bakterien 24

Wachstum in Abhängigkeit von O2 Strikt aerobe Keime sind in ihrer Energieversorgung von der Gegenwart von Sauerstoff abhängig. Fakultativ anaerobe Keime gewinnen ihre Energie durch Gärung. Strikt anaerobe Keime vertragen dagegen keinen Sauerstoff. Das Wachstum von Bakterien ist somit in sehr unterschiedlicher Weise an die O2-Versorgung gebunden. Die O2-Abhängigkeit des Wachstums lässt sich in sehr einfacher Weise demonstrieren. Sterile Röhrchen werden mit Keimsuspensionen beschickt. Anschließend werden ca. 10 ml verflüssigter, auf ca. 45 °C abgekühlter Nähragar in die Röhrchen pipettiert. Die Zellen verteilen sich gleichmäßig im Nährboden. Strikt aerobe Keime wachsen lediglich in der obersten Schicht des Mediums. Fakultativ anaerobe Keime wachsen in der gesamten Nährbodensäule. Strikt anaerobe Keime wachsen nur im unteren Teil, der von der Sauerstoffdiffusion nicht erreicht wird.

Versuch 2.3.1 Aerobes/Anaerobes Wachstum 1. Je 3 sterile Reagenzgläser mit je 0,1 ml der Keimsuspensionen von Bacillus

subtilis, E. coli und Clostridium sporogenes beschicken

2. Je ca. 10 ml verflüssigten, auf ca. 45 °C abgekühlten Agar dazu pipettieren. Darauf achten, dass beim Einfüllen nicht unnötig viele Luftblasen in den Nährboden eingeschlossen werden.

3. Mischen und Agarröhrchen erstarren lassen.

4. Eines der drei Parallelröhrchen mit ca. 3 ml Wasseragar (0,75% Agar ohne weitere Zusatzstoffe) überschichten.

5. Röhrchen bei 30 °C bebrüten:

- je ein überschichtetes und nicht überschichtetes Röhrchen aerob bebrüten

- ein nicht überschichtetes Röhrchen anaerob bebrüten (im gasdichten Behälter mit Anaerocult A; Anleitung wird ausgegeben)

6. Wachstumszonen lokalisieren!

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2. Differenzierung von Bakterien 25

Die Cytochromoxidasen als Schlüsselenzyme der Atmungskette Die meisten obligat oder fakultativ aeroben Bakterien besitzen bestimmte "Atmungsenzyme", die Cytochrom-Oxidasen (siehe Lehrbücher). Eine bestimmte Form dieser Cytochromoxidasen oxidiert die Verbindung N,N-Dimethyl-p-phenylendiammoniumdichlorid zu Indolphenolblau. Diese Tatsache benützt man zum Nachweis dieses Enzyms. Vereinfacht spricht man immer vom Oxidase-Test. Der Oxidase-Test eignet sich besonders zur Differenzierung morphologisch ähnlicher aber metabolisch verschiedener Bakterien, z. B. zur Abtrennung von Pseudomonaden und Aeromonaden (reagieren positiv), gegenüber Enterobakterien und Achromobakterien (reagieren negativ).

Versuch 2.3.2 Test auf Cytochrom Oxidase

1. Reagenzien: Oxidase Teststreifen (Bactident, MERCK )

2. Die Bakterienmasse wird vorsichtig mit einer Platinöse auf dem Testfeld der Streifen verrieben.

3. Nach 10-60 sec. färbt sich das Testfeld blau (Oxidase positiv), oder wird nur etwas dunkler (negativ).

4. Beachten Sie die ausgegebene Anleitung! Katalase spaltet toxisches Wasserstoffperoxid Das Enzym Katalase spaltet H2O2 zu H2O und O2. Es spielt eine wichtige Rolle in den Bakterienzellen, indem es das im Stoffwechsel angehäufte Wasserstoffperoxid "entgiftet". Der Test auf Katalase eignet sich besonders zur Differenzierung von Gram-positiven Bakterien.

Versuch 2.3.3 Katalase Test

1. Ein Tropfen 3%iges H2O2 (Peroxid, 1:10 verdünnt) wird auf die frischen Bakterienkulturen (am besten Kolonien auf einer Platte) aufgetropft.

2. Bläschenbildung (Sauerstoff) zeigt ein positives Ergebnis an, keine Bläschen-Bildung bedeutet fast immer "negativ".

3. Falls nicht sofort eine positive Reaktion eintritt, nimmt man ein wenig der Kultur mit einer Impföse auf einen trockenen Objektträger und tropft das Reagenz auf (nicht umgekehrt, da die Platinöse das H2O2 katalytisch spaltet; Binokular zur Beobachtung verwenden).

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3. Isolierung von Mikroorganismen 26

3. Isolierung von Mikroorganismen Anreicherung, selektive Kultivierung und Isolierung von Mikroorganismen Beimpft man Medien unterschiedlicher Zusammensetzung mit Mischkulturen oder bebrütet man sie unter verschiedenen Bedingungen, so wachsen in den Ansätzen jeweils bevorzugt bestimmte Anteile der ursprünglichen Mikroflora. Die Ursache liegt in den unterschiedlichen Anforderungen der Keime, die die Möglichkeiten und Grenzen ihrer individuellen Stoffwechselaktivitäten, Toleranzen, Resistenzen und Anpassungsfähigkeiten widerspiegeln. Zu beachten sind Konzentration und Verfügbarkeit von Nähr- und Wuchsstoffen, Schadstoffgehalt, aw Wert und pH Wert des Mediums, Bebrütungstemperatur und Bebrütungsdauer, sowie Zusammensetzung und in seltenen Fällen auch Druckverhältnisse der Gasatmosphäre. Durch geschickte Kombination dieser Faktoren können nicht nur erwünschte Keime gefördert, sondern unerwünschte Keime in ihrem Wachstum beeinträchtigt oder gestoppt, evtl. sogar abgetötet werden. Man schafft also mehr oder weniger selektive Bedingungen. Das macht man sich sowohl bei der Produktion fermentierter Lebensmittel, als auch beim Keimnachweis zu nutze. Bei letzterem werden die Mikroorganismen auf selektiven Nährmedien kultiviert. Mutmaßlich relevante Kolonien werden anhand ihrer makroskopischen Merkmale wie Koloniemorphologie, Hofbildung, Farbumschlag erkannt. Evtl. bedarf die endgültige Identifizierung weiterer spezifischer Nachweisreaktionen. Diese sind nur aussagekräftig, wenn sie mit Reinkulturen durchgeführt werden. Häufig erhält man diese nur durch Reinigungsausstriche auf entsprechend geeigneten Festmedien. Manchmal müssen Keime nachgewiesen werden, die nur einen verschwindend geringen Anteil der gesamten Mikroflora einer Probe darstellen. Hier ist ein direkter Nachweis mittels Petrischalen meist nicht möglich. Entweder ist ihre Keimdichte so gering, dass nicht genügend Probenmaterial auf die Platten aufgebracht werden kann, oder sie werden von der zahlenmäßig weit überlegenen Begleitflora überwachsen. In diesen Fällen müssen die gesuchten Keime erst angereichert werden. Diese kann selektiv oder nicht-selektiv erfolgen. Durch entsprechende Anreicherungsbedingungen (siehe o. g. Faktoren) wird entweder eine Erhöhung ihrer absoluten Zahl oder ihres Anteils an der Gesamtkeimzahl in einem Maß bewirkt, dass ein Nachweis möglich wird. Manchmal muss durch seriellen Transfer in neues Anreicherungsmedium die Begleitflora ausgedünnt werden. Zum bloßen Nachweis kann das Anreicherungsmedium bisweilen so gestaltet werden, dass nachfolgend keine weitere Kultivierung der Keime notwendig ist. Stattdessen dienen Erkennungsreaktionen (z. B. Gasbildung, Farbumschlag) in der Anreicherung für den Befund.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 27

Gesamtkeimzahl Die Gesamtkeimzahl wird im Oberflächenverfahren auf einem nicht selektiven Vollmedium wie z. B. Plate-Count (PC)-Agar bestimmt. Manche Keime können durch zu hohe Nährstoff-Konzentrationen im Wachstum gehemmt werden. Deshalb eignet sich PC-Agar oft besser als einige nährstoffreichere Vollmedien. Es ist zu beachten, dass der gängige Begriff „Gesamtkeimzahl“ trotz seines absoluten Klangs nur relativ ist. Er steht in vielen Fällen nur für eine Teilflora. Ist er nicht näher spezifiziert, versteht man darunter in der Regel den kultivierbaren Anteil einer (Misch) Kultur, der bei 30 °C unter aeroben Bedingungen auf einem Vollmedium ohne Selektivstoff binnen 2–4 Tagen Kolonien bildet. Lebende aber geschädigte Zellen sind u. U. nicht in der Lage, sich auf dem verwendeten Festmedium zu regenerieren. Für andere, grundsätzlich kultivierbare Mikroorganismen können die Milieu-Bedingungen unpassend oder die Bebrütungszeit zu kurz sein. Daneben gibt es in einem komplexen System immer eine unbekannte Zahl von Mikroorganismen, deren Kultivierung mit unseren verfügbaren Methoden noch nicht möglich ist. 3.1 Enterobakterien und Coliforme Keime Coliforme Keime Die "Coliformen" stellen keine eigentlich taxonomische Gruppe (Verwandschafts-gruppe) dar. Es ist lediglich ein Sammelbegriff für alle Enterobakterien, die Laktose vergären können. Man hat sie nur deshalb zu einer Gruppe zusammengefasst, weil sie sich als Indikatoren für Hygiene oder technische Sorgfalt eignen und weil die Laktosevergärung einfach und i.d.R. sicher nachzuweisen ist (Gasbildung, Farbumschlag). Wie der Name schon sagt, gehört E. coli ebenfalls in diese Gruppe. Wie die anderen Enterobakterien sind Coliforme sehr anspruchslose Keime, die ubiquitär im Boden, im Wasser, auf gärendem Pflanzenmaterial, in Lebensmitteln, auf schlecht gereinigten Oberflächen, und eben auch im Darm vorkommen. Ziel des Versuches ist es festzustellen, ob sich in verschiedenen Lebensmittelproben coliforme Keime nachweisen lassen, und somit Rückschlüsse auf eine mögliche Fäkalkontamination zulassen. Direktnachweis auf Kristallviolett-Galle-Laktose-Agar (VRB-Agar) VRB-Agar ist ein selektiver Nährboden zum Nachweis und zur Bestimmung der Koloniezahl coliformer Keime. Mischungen von Gallensalzen und Anilinfarbstoffen (hier Kristallviolett) sind bewährte Hemmstoffe für Gram-positive Bakterien. Diese Hemmung ist jedoch nicht absolut. Manche Enterokokken können ebenfalls auf VRB-

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Agar wachsen. Daneben entwickeln sich viele Hefen und einige Schimmel sehr gut auf diesem Nährboden. Diese Keime wirken jedoch i.d.R. nicht störend, weil sie zu langsam wachsen. Auch einige nicht coliforme Gram-negative Bakterien können wachsen. Diese sind aufgrund mangelnder Färbung abgrenzbar. Coliforme bilden auf VRB innerhalb von 18 h gut zählbare Kolonien. Die Anzeigereaktion ist der Farbumschlag von Neutralrot infolge Laktosevergärung. Stark säurebildende Coliforme erkennt man an den dunkelrot bis violett gefärbten Kolonien und an dem Hof von ausgefällten Gallensalzen. Manche Coliformen bilden nur wenig Säure aus Laktose. Gleichzeitig können sie diese Säure veratmen. In diesen Fällen ist die Rotfärbung nicht stark ausgeprägt. Nachweis durch Anreicherung in Brilliantgrün-Galle-Laktose Bouillon Der Nachweis von coliformen Keimen in der Lebensmittelprobe beruht auf der Säurebildung aus Laktose. Unter den Gram-negativen Keimen können nur Coliforme Gas aus Laktose bilden. Gasbildung ohne Farbumschlag deutet auf starke Stoffwechselaktivität von Begleitkeimen hin (meistens Pseudomonaden).

Versuch 3.1.1 Nachweis coliformer Keime durch Anreicherung in Brilliantgrün-Galle-Laktose Bouillon

Material (pro Gruppe): - 10 g Hackfleisch - Röhrchen mit Brilliantgrün-Galle-Laktose Bouillon - Verdünnungsröhrchen à 9 ml - Walkmischer (Stomacher) Durchführung:

1. Homogenisieren Sie 10 g der Lebensmittelprobe in 90 ml PBS. 2. Legen Sie eine Verdünnungsreihe bis 10-6 der Hackfleischprobe in PBS an. 3. Von den Verdünnungen werden je 5 ml in Reagenzgläser mit 5 ml

Brilliantgrün-Galle-Laktose Bouillon mit Durham Röhrchen gegeben und vorsichtig vermischt.

4. Bebrütung 24 h, 37°C, aerob.

Auswertung: Der Nachweis coliformer Keime wird positiv gewertet, wenn sowohl Gasbildung (Durham Röhrchen) als auch ein Farbumschlag von grün nach gelb vorliegt.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 29

Versuch 3.1.2 Nachweis coliformer Keime durch Direktansatz auf

VRB-Agar Material (pro Gruppe): - 10 g Hackfleisch, suspendiert in PBS (s. o.) - PC-Agarplatten - VRB-Agarplatten - Verdünnungsröhrchen à 9 ml Durchführung:

1. Verwenden Sie die Verdünnungsreihe aus Versuch 3.1.1 . 2. Spateln Sie je 0,1 ml auf VRB-Agar (Selektion von Enterobakterien) und auf

PC-Agar (Messung der Gesamtkeimzahl). 3. Bebrütung 37°C, 24-48 h, aerob.

Auswertung: Alle Platten werden ausgezählt, wobei nur die hell- bis dunkelroten (violetten) Kolonien gewertet werden. Diese sollten auch einen Hof aufweisen (manchmal nur schwach ausgeprägt). Die Gesamtkeimzahl wird pro Gramm Originalprobe angegeben. Vorsicht: Große schleimige Kolonien trotz eventueller Rotfärbung nicht mitzählen. Hier handelt es sich meist um "Begleitflora", höchstwahrscheinlich um Pseudomonaden. Weiterführende Arbeiten: Vergleichen Sie die korrespondierenden Ergebnisse von Direktnachweis und Anreicherung und diskutieren Sie diese. Legen Sie von ein paar morphologisch unterschiedlichen Kolonien einen Reinigungsausstrich auf PC-Agar an, und führen Sie mit einem ausgewählten Isolat nach einer aeroben Bebrütung von 24 h eine Identifizierung durch (Enterotube).

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3. Isolierung von Mikroorganismen 30

3.2 Sporenbildner Aerobe Sporenbildner sind grundsätzlich immer Gram-positive Stäbchen. Früher wurden alle Arten in der Gattung Bacillus zusammengefasst. Obwohl sie mittlerweile in 10 Gattungen aufgeteilt sind, wird noch oft der allgemeine Begriff "Bazillen" verwendet. Die meisten sind ubiquitäre Bodenkeime. Unter den aeroben Sporenbildnern gibt es Extremophile. Die meisten sind jedoch bei ± neutralem pH und moderaten Temperaturen kultivierbar. Unter gängigen Kulturbedingungen sind einige strikt aerob, die meisten jedoch fakultativ anaerob. Zu den letzteren gehört auch die 6 sehr eng verwandte Arten umfassende so genannte Bacillus cereus-Gruppe. Ermittlung der Gesamtzahl aerober Endosporen auf PC-Agar Die Gesamtzahl aerober Endosporen wird im Oberflächenverfahren auf dem nicht selektiven Vollmedium PC-Agar bestimmt. Dabei wird die erhöhte Hitzeresistenz von Endosporen gegenüber vegetativen Zellen ausgenützt. Die Probe wird 10 min bei 80 °C erhitzt. Während bei dieser Behandlung alle vegetativen Zellen absterben, überleben Endosporen unter diesen Bedingungen fast ausnahmslos. Wenn man während der weiteren Versuchsdurchführung keine Rekontamination mit anderen Keimen verursacht, kann man sicher sein, dass bei der folgenden Kultivierung jegliches Wachstum auf Endosporen zurück zu führen ist. Auch hier ist zu beachten, dass der Begriff „Gesamtzahl aerober Endosporen“ trotz seines absoluten Klangs nur relativ ist. Er werden wie immer nur diejenigen erfasst, die unter den gewählten Versuchsbedingungen (hier: 30 °C, 2 Tage, PC-Agar) kultivierbar sind. Ermittlung der Anzahl aerober Endosporen der Bacillus cereus Gruppe auf PEMB-Agar PEMBA steht für Polymyxin-Eigelb-Mannit-Bromthymolblau-Agar. Er besitzt eine hellgrüne Farbe und wird zur Ermittlung von Vertretern der B. cereus Gruppe, v.a. B. cereus und B. weihenstephanensis, in Mischkulturen verwendet. Auch bei diesem Nährboden ist die Selektivität begrenzt. Auch viele andere Gram-positive Keime wachsen auf ihm gut. Polymyxin B ist als Selektivstoff zugesetzt. Polymyxine ist ein Sammelname für einen Komplex von Cyclopeptid-Antibiotika, die ausschließlich gegen Gram-negative Bakterien wirken. Sie wirken bakterizid auf wachsende und ruhende Zellen, durch Permeabilitätsstörung der Bakterienmembran. Die therapeutische Anwendung ist wegen toxischer Nebenwirkungen begrenzt. Unter den aeroben Sporenbildnern zeigen fast nur die Vertreter der B. cereus Gruppe eine positive „Eigelb-Reaktion“. Sie besitzen Phospholipase C, welche Lezithin zu einem

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1,2-Diacylglycerid und Phosphorylcholin hydrolysiert. Auch Mannit dient als Substrat für eine Anzeigereaktion, weil Vertreter der B. cereus Gruppe dieses im Gegensatz zu vielen anderen Sporenbildnern nicht verstoffwechseln und zu Säure umsetzen können. Sie betreiben jedoch starke Proteolyse, was zu einer Alkalisierung des umliegenden Nährbodens führt. Bromthymolblau dient als Indikator für Veränderungen des pH-Wertes (gelb bei Säuerung, blau bei Alkalisierung). B. mycoides und B. pseudomycoides werden an ihrer außergewöhnlichen "wurzelartigen" Koloniemorphologie gut erkannt. Andere Vertreter der B. cereus Gruppe zeigen nach 2 Tagen folgendes typisches Aussehen: Gezackte, etwa 5 mm große, auffällig türkis gefärbte Kolonien, die von einer ausgeprägten Eigelb-Präzipitation der gleichen Färbung umgeben sind.

Versuch 3.2.1 Endosporen aerober Sporenbildner

Material (pro Gruppe): - 1 g Bodenprobe - 5 PC-Agarplatten - 4 PEMB-Agarplatten - Verdünnungsröhrchen à 9 ml PBS-Lösung - Wasserbad (80 °C) - Stabthermometer Durchführung:

1. 1 g Bodenprobe in 9 ml PBS-Lösung suspendieren. 2. Verdünnungen zusammen mit einem Referenzröhrchen von ebenfalls 9 ml

PBS-Lösung in vorwärmtes (80 °C) Wasserbad stellen. Die Röhrchen sollten möglichst tief im Wasser stehen, damit auch im kontaminierten oberen Teil die vegetativen Zellen abgetötet werden.

3. Im Referenzröhrchen mit Thermometer die Temperatur verfolgen. Sobald dort 80 °C feststellbar sind, beginnt die Heißhaltezeit von 10 min.

4. Danach Röhrchen entnehmen und unter fließendem Wasser kühlen (Vorsicht vor Rekontaminationen!).

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3. Isolierung von Mikroorganismen 32

5. Von der abgekühlten Probe eine Verdünnungsstufe anlegen und die Verdünnungsstufen 10–2 bis 10–6 auf PC-Agar ausspateln.

6. Bebrütung: 30 °C, 48 h, aerob Auswertung: Alle Platten werden ausgezählt, wobei jede Kolonie gewertet wird. Die Ergebnisse der Platten mit 20 – 300 Kolonien werden zur Berechnung der ursprünglichen Gesamtkeimzahl pro Gramm der Originalprobe verwendet. Versuch 3.2.2 Gesamtzahl von Endosporen der B. cereus Gruppe Durchführung:

1. Für den Ansatz wird das erhitzte Probenröhrchen bzw. seine Verdünnungen von der Bestimmung der Gesamtzahl von Endosporen aerober Sporenbildner weiter verwendet.

2. Diesmal werden jeweils 0,1 ml der Verdünnungsstufen 10–1 bis 10–5 auf PEMB-Agar ausgespatelt.

3. Bebrütung: 30 °C, 48 h, aerob Auswertung: Gezählt werden alle ± gezackten, etwa 5 mm große, auffällig türkis gefärbte Kolonien, die von einer ausgeprägten Eigelb-Präzipitation der gleichen Färbung umgeben sind. Außerdem werden alle weitläufig wurzelartig schwärmenden Kolonien gewertet. Die Ergebnisse der Platten mit 20–300 Kolonien werden zur Berechnung der ursprünglichen Bakterienzahl pro Gramm der Originalprobe verwendet. Vergleichen Sie diese Zahl mit der korrespondierenden Gesamtsporenzahl und diskutieren Sie das Ergebnis.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 33

3.3 Schimmelpilze und Hefen Hefen und Schimmel sind Eukaryonten, werden aber trotzdem zu den Mikroorganimsmen gezählt. Sie gehören zu den Pilzen und weisen eine große Formenvielfalt auf. Die Taxonomie der Hefen und Schimmel ist in weiten Bereichen eher eine ± zweckmäßige Unterteilung als ein Verwandschaftssystem. Beide Gruppen kommen ubiquitär vor und wachsen sogar noch bei pH-Werten zwischen 3,0 und 4,0 relativ gut. Außerdem sind sie gegen erniedrigte Wasseraktivität bemerkenswert resistent. Für den Menschen spielen sie sowohl als Nutzkeime (z. B. Herstellung von Bier, Wein, Käse), wie auch als Schadkeime eine große Rolle. Aufgrund der Mykotoxinbildung einiger Schimmelpilze und der Verursachung von Hautkrankheiten durch manche Hefen und Schimmel sind beide Gruppen auch von medizinischer Relevanz. Hefen Im Normalfall sind Hefen rund bis oval. Die Zellen sind deutlich größer als die der Bakterien und zeigen im Phasenkontrastmikroskop eine Struktur. Kennzeichnend sind die Tochterzellen, die aus der Mutterzelle durch Sprossung hervorgehen. Bei den Hefen kommt aber auch vereinzelt wie bei den Bakterien Vermehrung durch Teilung vor (Schizosaccharomyces). Einige Hefen bilden Tochterzellen (Konidien) auf Stielen aus (Sterigmatomyces). Die Sprossung kann multilateral (die meisten Hefenarten) oder bipolar (z. B. Hanseniaspora) oder monopolar (z. B. Malassezia) sein. Geotrichum candidum ("Milchschimmel") bildet Arthrosporen. Hefen können so genannte Pseudomycelien ausbilden. Es handelt sich dabei um mehr oder weniger lange Ketten von Hefezellen. Einige Hefen bilden auch echte Mycelien. Diese entstehen nicht durch Sprossung, sondern in die gestreckten Zellen werden Querwände eingezogen. Es besteht also ein fließender Übergang zwischen Hefen und Pilzen. Zu den Hefen zählt man alle Formen, die keine Konidienträger ausbilden. Die große Mehrheit der Hefen gehört zu den Ascomyceten. In der Regel werden 1 bis 4 Ascosporen produziert. Die Ascosporenform ist ein wichtiges Differenzierungskriterium. Die Sporen können hut- oder saturnförmg (z. B. Pichia), rund (z. B. Saccharomyces), nierenförmg (z. B. Kluyveromyces), nadelförmg (z. B. Nadsonia) etc. sein. Bei vielen Hefen ist aber die Ascosporenbildung "verlorengegangen". Candida-Arten bilden ebenfalls keine Ascosporen. Schimmelpilze Die wichtigsten Kriterien in der Pilzmorphologie sind die Septierung des Mycels, die Ausbildung von Konidienträgern (asexuelle Sporen), die Form dieser Konidienträger und die Form der Konidien. Wenn man tiefer in die Pilztaxonomie eindringen will, ist vor allem die Ausbildung von Ascosporen und Basidosporen und die spezifischen Entwicklungszyklen von Bedeutung.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 34

Von den niederen Pilzen mit unseptiertem Mycel sind lediglich Mucor und Rhizopus von Bedeutung. Die Konidienträger enden mit einem Sporangium, in dem die Konidien gebildet werden. Die Sporangien sind schwarz gefärbt und mit bloßem Auge erkennbar. Man spricht auch vom Köpfchenschimmel. Unter den Schimmelpilzen mit septiertem Mycel ist zunächst der Milchschimmel Geotrichum candidum zu nennen, welcher keine Konidien ausbildet. Das Mycel zufällt vielmehr in Stöcke, die Arthrosporen genannt werden (Übergangsform zwischen Hefen und Schimmelpilzen). Die übrigen Formen bilden alle Konidienträger aus. Die wichtigsten Vertreter sind die Penicilliumarten mit pinselförmigen Konidienträgern, die am Ende des Pinsels die Konidien aufgliedern (Pinselschimmel). Die Konidienträger können einstöckig oder mehrstöckig und außerdem entweder symmetrisch oder asymmetrisch sein. Bekannt ist ferner Aspergillus, dessen Konidienträger am oberen Ende angeschwollen ist. Von dieser Anschwellung ausgehend bilden sich die Konidienstränge. Man spricht auch vom Gießkannenschimmel. Weitere Formen, die auf Milchprodukten gefunden werden oder in Molkereien vorkommen, sind Trichothecium, Fusarium , Cladosporium , Scopulariopsis oder Paecilomyces (Byssochlamys). Sie werden hauptsächlich nach der Form ihrer Konidien unterschieden. Die Hefen- und Schimmelzahl wird im Oberflächenverfahren auf dem selektiven YGCB-Agar bestimmt (Hefeextrakt-Glucose-Chloramphenicol-Agar: YGC; mit Bromphenolblau-Zusatz: YGCB). Glucose ist als Kohlenstoffquelle notwendig. Hefeextrakt bietet die anderen Nähr - und Wuchsstoffe. Die Selektivität beruht ausschließlich auf der hemmenden Wirkung von Chloramphenicol. Dieses war das erste so genannte Breitband-Antibiotikum. Es wirkt gegen Gram-negative und Gram-positive Bakterien sowie gegen eine Reihe weiterer Mikroorganismen. Seine Wirkung beruht auf der Hemmung der Proteinbiosynthese. Manche Bakterien sind gegen dieses Antibiotikum resistent und wachsen ebenfalls. Sie sind jedoch im mikroskopischen Präparat leicht von den viel größeren Hefen zu unterscheiden. Bromphenolblau wird von verschiedenen Hefen unterschiedlich stark in die Zellen aufgenommen. So können Mischkulturen aufgrund unterschiedlicher Koloniefärbungen (weiß bis dunkelblau) häufig besser erkannt werden. Für die Koloniezahlbestimmung von Hefen und Schimmel haben antibiotikahaltige oft Vorteile gegenüber antibiotikafreien Nährböden (z. B. Malzextrakt-Agar). Die Selektivität der letzteren beruht auf erniedrigten pH- und/oder aw -Werten. Einerseits werden weniger säuretolerante Arten oder geschädigte Zellen darauf u. U. nicht erfasst, andererseits wachsen manche Schimmel darauf so stark, dass sie in sehr kurzer Zeit die ganze Platte überwuchern und somit die Koloniezahlbestimmung unmöglich machen.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 35

Versuch 3.3 Isolierung von Schimmelpilzen und Hefen

Material (pro Gruppe):

- 20 g Blauschimmelkäse

- 180 ml Citratpuffer [1,7 %ige Lösung von tri-Natriumcitrat-Dihydrat (C6H5Na3O7 x

2H2O)]

- 1 steriler Beutel für Walkmischer

- 4 YGCB-Agarplatten

- 6 Verdünnungsröhrchen à 9 ml PBS-Lösung

Durchführung:

1. 20 g Blauschimmel-Weichkäse (10 g Oberfläche und 10 g vom Käseinneren)

in Beutel überführen und 180 ml sterilen Citratpuffer dazugeben.

2. Die Luft aus dem Beutel entfernen, diesen in Mischer einlegen und 2 Minuten

"walken".

3. Von der Probe eine Verdünnungsreihe anlegen und die Stufen 10–2 bis 10–5

auf YGCB-Agar ausplattieren (jeweils 0,1 ml).

4. Bebrütung: 27 °C, 3 d , aerob.

Auswertung:

Hefenzahl: Die Auswertung erfolgt nach 3 Tagen. Die kompakten Hefenkolonien

unterscheiden sich i.d.R. gut von den myceligen Schimmelkolonien. Je ein Vertreter

jedes nicht mycelbildenden Kolonietyps wird mikroskopiert. Manche Hefen bilden ein

makroskopisches Pseudomycel. Im Mikroskop erscheinen sie trotzdem als

gewöhnliche Hefezellen und unterscheiden sich deutlich von der filamentösen

Morphologie der Schimmelpilze. Ggf. wird deshalb auch je ein Vertreter jedes

mycelähnlichen Kolonietyps mikroskopiert. Die Ergebnisse der Platten mit 20 – 300

Hefenkolonien werden zur Berechnung der ursprünglichen Gesamthefenzahl/g der

Originalprobe verwendet.

Schimmelzahl: Die Auswertung erfolgt nach 4-5 Tagen. Die Schimmelkolonien sind

deutlich an ihrem Mycel zu erkennen. Je ein Vertreter jedes morphologisch

unterschiedlichen Kolonietyps wird mikroskopiert.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 36

3.4 Nachweis von Clostridien

Die Sporen der anaeroben Sporenbildner der Gattung Clostridium sind relativ hitzeresistent und werden in der Regel erst durch Erhitzung auf Temperaturen von über 100 bis 120°C abgetötet. Die Auskeimung der Sporen wird durch einen vorausgegangenen Hitzeschock begünstigt. Die Vermehrung der vegetativen Clostridien erfolgt nur bei ausreichend niedrigem Redoxpotential, d.h. unter anaeroben Bedingungen unter Luftabschluss. Nach der Diät-Verordnung dürfen in diätetischen Lebensmitteln „unzulässige Mengen anaerober Sporenbildner nicht nachweisbar sein“. Da der quantitative kulturelle Nachweis von Clostridien methodisch nicht einfach ist, wurde als vereinfachte Routine-Methode die so genannte „Weinzierlprobe“ gesetzlich vorgeschrieben. Je Probe werden dabei 5 Röhrchen mit sterilem Paraffin mit dem zu prüfenden Lebensmittel beschickt. Darauf erfolgt eine Erhitzung auf 85°C für 15 Min. Dabei werden alle vegetativen Keime abgetötet und vorhandene Sporen hitze-aktiviert. Das Paraffin schmilzt, steigt nach oben und bildet nach Erkalten einen luftdichten Abschluss. Gasbildung nach Bebrütung deutet auf Anwesenheit von anaeroben Clostridien hin.

Bemerkungen: Ein positiver Ausfall der Weinzierlprobe kann unter Umständen auch durch gasbildende Bacillus-Arten, die sich gelegentlich auch fakultativ anaerob vermehren können, hervorgerufen werden.Die Weinzierlprobe ist also keine zweifelsfreie und eindeutige bakteriologische Nachweis-Methode für die Anwesenheit von Sporen anaerober Clostridien. Sie gibt lediglich Anhaltspunkte dafür, ob Verdacht auf Anwesenheit anaerober Sporenbildner besteht. In Streitfällen ist bei positivem Ausfall der Weinzierlprobe ein bakteriologisch einwandfreier Clostridien-Nachweis mit anderen Methoden empfehlenswert.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 37

Versuch 3.4 Nachweis von Clostridien im Weinzierl-Test

VORSICHT! POTENTIELLER TOXIN-PRODUZENT!

Material (pro Gruppe):

- 4 sterile Paraffin-Röhrchen

- Erhitzte Rohmilch, Umweltprobe

Durchführung:

1. Herstellen einer Verdünnungreihe bis 10-3.

2. Mit steriler Pipette werden Paraffinröhrchen mit je 5 ml jeder Verdünnung

sowie der unverdünnten Probe so gefüllt, dass dabei die Innenwand des

Glases nicht unnötig benetzt wird.

3. Die gefüllten Röhrchen werden im Wasserbad bei einer Temperatur von 85°C

15 Minuten lang erhitzt.

4. Bebrütung: 37°C 3-5 Tage.

5. Um falsch positive Befunde auszuschließen, sollten Sie die Röhrchen nach

dem Abkühlen auf Luftblasen kontrollieren.

Auswertung:

Kontrolle, in wie vielen der Röhrchen Gasbildung, die den Paraffinpropf hochschiebt,

eingetreten ist. Tritt bei Präparaten, die nur aus Milch, Milcherzeugnissen oder

Milchbestandteilen ohne weitere Zusätze (z .B. Zucker oder Cerealien) bestehen, in

mehr als zwei Röhrchen (Gruppenvergleich!) Gasbildung auf, die den Paraffinpropf

hoch schiebt, so ist der Nachweis einer unzulässigen Menge anaerober

Sporenbildner als gegeben anzunehmen.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 38

3.5 Marine Leuchtbakterien Biolumineszenz Viele marine Mikroorganismen sind in der Lage, Licht auszusenden und werden daher als biolumineszente Mikroorganismen bezeichnet. Es handelt sich dabei um chemoorganotrophe Bakterien, die hinsichtlich ihrer physiologischen Merkmale den Enterobacteriaceae ähnlich sind. Biolumineszente Mikroorganismen kommen frei im Meerwasser vor und lassen sich leicht von inneren und äußeren Oberflächen von Fischen, Krebsen und anderen marinen Tieren isolieren. Zu den bekanntesten Arten gehören unter anderem Photobacterium phosphoreum , Vibrio fischeri und V. harveyi. Wachstum und Biolumineszenz werden von der Zusammensetzung des Nährbodens stark beeinflusst. Leuchten erfolgt nur in Gegenwart von Sauerstoff. Der Leuchtvorgang ist ein aerober Oxidationsprozess. Die Biolumineszenz-Reaktion, die durch das Enzym Luciferase katalysiert wird, führt zur Oxidation eines langkettigen Aldehydes und eines reduzierten Flavinmononukleotides und hat die Emission eines blau-grünen Lichtes mit einer Wellenlänge von λ= 495 nm zur Folge.

Luciferase FMNH2 + O2 + R-CHO → FMN + R- COOH + H2O + Licht. Die bakterielle Luciferase gehört zu den Monooxygenasen. Alle bakteriellen Luciferasen sind Dimere (77kDa), die aus zwei nicht identischen Untereinheiten α (40 kDa) und β (37 kDa) bestehen. Diese beiden Untereinheiten werden von den Genen luxA und luxB codiert. Die Gene luxC, luxD und luxE spezifizieren einen Fettsäure-Reduktase-Komplex, der die Aldehydsynthese katalysiert und sind ebenfalls wie luxA und luxB in allen lumineszenten Bakterien vorhanden. Photolumineszenz Zu einem shooting star im Methodenarsenal der Molekularbiologie hat sich das grün fluoreszierende Protein, GFP, entwickelt. Dieses Protein zeigt bei der rekombinanten Expression in eukaryontischen (Caenorhabditis elegans) wie auch bakteriellen Zellen (Escherichia coli) intensive, direkt sichtbare Fluoreszenz und benötigt dazu keine exogenen Substrate oder Kofaktoren. Somit lässt sich das GFP als biologische Sonde zum Studium der Genexpression sowie der Proteinlokalisierung in lebenden Zellen verwenden. Dabei ist das Protein ein ausgesprochener Exot und wurde erstmals aus einer pazifischen Qualle, Aequorea victoria, isoliert. Diesem Meeresorganismus ermöglicht das GFP Biolumineszenz mit hoher Energieausbeute, indem es Anregungsenergie aus der weniger effizienten Chemolumineszenz-Reaktion des Photoproteins Aequorin strahlungsfrei absorbiert und mit hoher Quantenausbeute abstrahlt.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 39

Der Vektor pGreenTIR, der hier transformiert werden soll, ist ein so genannter Expressionsvektor, der dazu konstruiert wurde, ein unter Kontrolle eines Fremdpromoters (hier: Plac) stehendes Gen in Bakterienzellen zu exprimieren. Der Vektor besteht aus einem Fragment des Vektors pUC18, das einen origin of replication (Ansatzstelle für die bakterielle DNA-Polymerase) und ein Ampicillin-Resistenzgen, das für die ß-Lactamase kodiert, trägt. Ein ungefähr 250 bp langes DNA-Fragment enthält Sequenzen, die eine verstärkte Expression bewirken (TIR, translation initiation region, und die Shine–Dalgarno (SD)-Region von Gen 10 des T7-Phagen). In die MCS wurde das per PCR mit passenden Enden versehene gfp-Gen eingebracht, und zwar in der richtigen Orientierung zum Promoter. pGreenTIR ist ein Vektor mit hoher Kopienzahl, d.h. in einer Bakterienzelle können etwa 50-500 Kopien gleichzeitig vorkommen. Definition: Transformation ist die Aufnahme von freier DNA aus dem umgebenden Medium. Sie findet statt, wenn sich die Zelle im physiologischen Zustand der Kompetenz befindet. Bei einer Vielzahl von Bakteriengattungen wie Bacillus, Neisseria, Pseudomonas und Streptococcus ist eine Kompetenzphase Teil ihrer natürlichen Lebenszyklen. Kompetente Zellen bilden einen Kompetenzfaktor, der ins Medium abgegeben wird und eine Veränderung der Zelloberfläche sowie eine gesteigerte Aktivität extrazellulärer Enzyme auslöst.

pGreenTIR3479 bps

500

1000

15002000

2500

3000

PlacTIR

gfp

β-lactamase

rep origin

pGreenTIR3479 bps

500

1000

15002000

2500

3000

PlacTIR

gfp

β-lactamase

rep origin

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3. Isolierung von Mikroorganismen 40

Versuch 3.5.1 Isolierung von Leuchtbakterien aus Heringen

Material: - Frischer, grüner Hering - Seewasserlösung (3% NaCl) - Sterile Wattestäbchen/Zahnstocher - Steriles Gefäß - marine Nähragarplatten Durchführung:

1. Hering in sterile Gefäße legen, zur Hälfte mit Seesalzlösung bedecken und bei RT aufbewahren bzw. bei 4°C über Nacht.

2. Nach ca. 4 h bis 8 h beginnt der Fisch zu leuchten. Zum Erkennen des Phänomens muss der Fisch in einen völlig abgedunkelten Raum gebracht werden. Die Augen müssen sich ca. 10 min an die Dunkelheit adaptieren.

3. Von den leuchtenden Stellen mit sterilen Wattestäbchen Abstriche auf Nähragarplatten durchführen.

4. Inkubation der überimpften Platten über Nacht bei Raumtemperatur (20°C) stehengelassen. Am nächsten Tag im Dunkeln kontrollieren.

5. Von dem leuchtenden Bakterienrasen ca. eine Impföse in 1 ml Seewasser resuspendieren, in Eppendorf-Reaktionsgefäßen eine Verdünnungsreihe bis 10-5 angelegen und 0,1 ml der Verdünnungen 10-2, 10-3 und 10-4 auf marine Nähragarplatten ausplattieren (nur einzelne Gruppen). Parallel dazu wird ein Verdünnungsausstrich angelegt.

6. Die Platten werden 1-2 Tage bei Raumtemperatur inkubiert, bis leuchtende Einzelkolonien sichtbar sind; diese werden mit sterilen Zahnstochern abgenommen und auf LB-Platten ausgestrichen.

Auswertung: Die Bakteriensuspension wird mikroskopiert, eine kleine Skizze der zu sehenden Mikroorganismen soll zur Diskussion dienen, um welche Organismen es sich handeln könnte. Der letzte Ausstrich der vereinzelten Kolonien sollte nochmals mikroskopiert werden. Zur näheren Bestimmung wird eine Gramfärbung durchgeführt.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 41

Versuch 3.5.2 Transformation von E. coli mit pGreenTIR

Material: - Calciumchlorid-kompetente E. coli-Zellen - Plasmidlösung pGreenTIR - LB-Medium; LB-Platten ohne und mit Ampicillin (150 µg/ml) Durchführung:

1. Vermischen von 1 µl verdünntem pGreenTIR mit einem 200 µl-Aliquot frisch aufgetauter kompetenter Zellen (zügig arbeiten) . Ansatz vorsichtig mischen und 30 min auf Eis stellen.

2. Überführen des Reaktionsgefäßes in 42°C für 90 sec.

3. Die Ansätze zügig in das Eisbad zurückstellen und 2 min abkühlen lassen.

4. Zugabe von 800 µl SOC-Medium.

5. Inkubation bei 37°C für 45 min zur Ausbildung der Antibiotika-Resistenz.

6. Vor dem Ausplattieren Verdünnungen in Eppendorf-Reaktionsgefäßen (in LB, nicht in PBS) bis 10-6 herstellen.

7. Ausplattieren (je 0.1 ml) der Verdünnung 10-1 und 10-2 auf LB-Agarplatten (Ampicillin 150 µg/ml) und der Verdünnungen 10-5 und 10-6 auf LB-Agarplatten OHNE Antibiotikum.

8. Die Platten werden über Nacht bei 37°C inkubiert und dann zur Ausbildung der "grünen Fluoreszenz" bei 20°C (Raumtemperatur) weiter inkubiert.

9. Passagieren Sie eine Kolonie auf einer Ampicillin-haltigen (150 µg/ml) LB-Platte und inkubieren Sie diese bei 37°C.

Auswertung:

Auszählen der grünen Kolonien (gut sichtbar mittels UV-Lampe im Dunkeln) und der Kolonien auf den Platten zur Gesamtzellzahlbestimmung. Berechnung der Transfomations-Häufigkeit (wie viel % der Bakterien haben Plasmid aufgenommen) und der Transformation-Rate (wie viel Transformanden pro µg eingesetzter Plasmid-DNA). Die Plasmid-Konzentration wird Ihnen von den Betreuern mitgeteilt.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 42

3.6 Multiresistente Keime Antibiotische Substanzen finden sich in der Natur als Abwehrstoffe, gegen die schon immer auch Resistenzen entwickelt wurden, und zwar sowohl von Antibiotika-produzierenden Organismen wie auch von Mikroorganismen, die der bakteriostatischen oder bakterioziden Wirkung der Antibiotika ausgesetzt waren. Resistenzgene sind daher seit langem im bakteriellen Genpool vorhanden, breiteten sich allerdings kaum aus, da die unter natürlichen Bedingungen gebildeten Antibiotika nur eine lokal begrenzte Wirkung hatten. Erst durch den intensiven Einsatz der Antibiotika in Medizin und Landwirtschaft entstand ein hoher Selektionsdruck, der resistente Bakterien und damit eine starke Ausbreitung der Resistenzgene beförderte . Solche resistenten Stämme finden sich aufgrund der medizinischen oder landwirtschaftlichen Nutzung von Antibiotika in Krankenhäusern, Kläranlagen, Güllegruben und zunehmend auch in Ackerböden. Bei einer Untersuchung wurde beispielsweise bei drei Viertel aller Kolibakterien aus dem Darm von Rindern und Schweinen Resistenzen gegen Ampicillin festgestellt. Neu entwickelte Antibiotika wie Vancomycin, gegen die es noch kaum Resistenzgene gibt, werden daher als Reserve-Antibiotika erst dann angewendet, wenn bei einem Patienten alle anderen Antibiotika versagen. Resistenzen können mit hoher Frequenz zwischen verschiedenen Bakterienarten über die so genannte Konjugation übertragen werden, eine Form des horizontalen Gentransfers. Definition: Unter Konjugation versteht man die zeitweilige Verbindung zweier Bakterienzellen zum Zwecke der DNA-Übertragung. Die Übertragung erfolgt gerichtet von einem Donor- auf ein Rezeptorbakterium. Der Vorgang der Konjugation wurde 1946 von Lederberg und Tatum in Kreuzungsexperimenten zwischen zwei Mangelmutanten, deren Auxotrophien komplementär zueinander waren, entdeckt. Nach direktem Zellkontakt konnten einige Bakterien zu protothrophen Kolonien auswachsen. Eine Donorzelle zeichnet sich durch den Besitz von Transfergenen (=tra-Gene) aus, die die Informationen für die Ausbildung des Konjugationsapparates codieren und normalerweise auf Plasmiden lokalisiert sind. Das bestuntersuchte Beispiel eines solchen Plasmids ist der Fertilitätsfaktor (F-Faktor) von E. coli, dessen Vorhandensein den Zellen den F+-Phänotyp verleiht. F+-Zellen besitzen auf der Zelloberfläche filamentöse Strukturen (F-Pili), die der Kontaktaufnahme zwischen den Bakterien dienen und mit deren Hilfe das genetische Material in die Rezipienten transferiert wird. Liegt der F-Faktor über Insertionselemente chromosomal integriert vor, handelt es sich um Hfr-Zellen (high frequency of recombination), die etwa tausendmal häufiger als F+-Stämme zur Bildung von Rekombinanten führen. Ein solcher Stamm wird auch in diesem

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3. Isolierung von Mikroorganismen 43

Praktikumsversuch eingesetzt, wobei die Transferfunktionen auf dem Plasmid RP4 kodiert sind. Das hier zu konjugierende (mobilisierbare) Plasmid pUT-KM2-lux kann nur in Stämmen mit pir-Funktion replizieren. In pir-negativen Stämmen (Akzeptor) kommt es durch das Tn5-Transposon zur ungerichteten Insertion der lux-Gene und der Kanamycin-Resistenzkassette in das bakterielle Genom. Befinden sich die lux-Gene danach zufällig unter Kontrolle eines aktiven Promoters, so induziert dieser die Expression der Luciferase-Enzyme (s. o.), deren Aktivität mit einer entsprechenden Kamera visualisiert werden kann.

Versuch 3.6.1 Isolierung (multi-)resistenter Bakterien Material: - Proben aus Kläranlagen - LB-Medium; LB-Platten ohne und mit ein oder zwei Antibiotika Durchführung:

1. Verdünnungsreihe bis 10-5 in Eppendorf-Reaktionsgefäßen anfertigen. 2. Bestimmung der Gesamtkeimzahl der Probe: Verdünnungen 10–3, 10-4, 10-5

auf LB Platten ausplattieren und über Nacht bei 37°C bebrüten.

3. Jeweils 0,1ml der 10-3-Verdünnungen auf Antibiotika-haltigen LB- Platten ausbringen.

Auswertung: Verhältnis berechnen zwischen Gesamtkeimzahl und (multi-) resistenten Keimen. Vergleich der Resistenzraten von Proben aus verschiedenen Kläranlagen.

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3. Isolierung von Mikroorganismen 44

Versuch 3.6.2 Konjugation eines Suizid-Plasmids Material: - Donor-Stamm: E. coli S17.1 pro, res-, mod-, RP4-2-Tc::Mu-Kan::Tn7, Tp, Sm, thi, rpsE, rpoB, argE(Am), recA, pir mit Plasmid pUT-Km2-lux - Akzeptor-Stamm: E. coli XL1-blue recA1 endA1 gyrA96 thi-1 hsdR17 supE44 relA1 lac [F´ proAB lacIq∆ZM15 Tn10 (Tetr)] Durchführung:

1. Einzelkolonie-Ausstrich von Akzeptor- bzw. Donor auf LB mit Tet18 bzw. Kan50 bei 37°C, Inkubation ü. N.

2. ~20 (Akzeptor) und ~5 (Donor) Kolonien mit der Impföse abnehmen und beide

Stämme auf einer Agarplatte ohne Antibiotika auf einer Euro-großen Fläche miteinander gründlich vermischen.

3. Inkubation für ca. 6 h bei 37°C.

4. Bakterien in 1 ml LB resuspendieren, je 100 µl unverdünnt und der

Verdünnung 10-1 auf LB mit Tet18/Kan50 ausspateln und ü. N. bei 37°C inkubieren.

5. Kolonien mit Hilfe des in vivo imaging system (IVIS) auf Lumineszenz hin

untersuchen.

6. Kolonien mit aktivem Lux-System identifizieren und vereinzeln.

pUT - Km2 - lux 12947 bps

2000

4000

6000 8000

10000

12000

mobRP4

oriR6k

luxCDABE

Km

Tn5

Amp

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 45

4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen

Man unterscheidet biochemische, immunologische und genetische Methoden,

welche einzeln oder in Kombination die genaue taxonomische Identifizierung

von Mikroorganismen erlauben.

4.1 Biochemische Identifizierung

Stoffwechseleigenschaften sind genetisch festgelegt. Diese sind grundsätzlich stammspezifisch. Verschiedene Stämme derselben Bakterienspezies zeigen jedoch ein gewisses Maß an übereinstimmenden Eigenschaften. Dasselbe gilt für verschiedene Arten einer Gattung oder sonstigen Gruppe. Diese physiologischen Übereinstimmungen und Unterschiede können zu Identifizierungszwecken verwendet werden. Dazu kommen folgende Eigenschaften in Betracht: - Die Verwertung eines Substrats (z. B. Zucker, Aminosäuren) - Die Bildung von Stoffwechselprodukten (z. B. CO2, H2S, Indol) - Die Produktion von Enzymen (z. B. Urease) - Die Bildung von Pigmenten (z. B. Carotine) Derartige Stoffwechseleigenschaften sind oft durch Farbstoffbildung oder Farbumschlag in speziellen Medien erkennbar, wozu in einigen Fällen die Zugabe eines geeigneten Reagenzes notwendig ist. Wegen der hierbei auftretenden verschiedenen Farben spricht man bei der Durchführung mehrerer solcher physiologischer Tests häufig von „Bunten Reihen“. Solche Tests sind nur dann aussagekräftig, wenn sichergestellt ist, dass Reinkulturen dafür eingesetzt werden. Außerdem muss vorher eine Grobdifferenzierung durchgeführt werden, damit das für die jeweilige Keimgruppe passende Set an Reaktionen ausgewählt werden kann. Mittlerweile sind eine ganze Anzahl solcher Bunten Reihen als kommerzielle Testsysteme erhältlich. Wir verwenden hier das BBL Enterotube II der Firma Becton Dickinson.

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 46

Versuch 4.1 Identifizierung von Gram-negativen (Entero)Bakterien mit dem Testsystem BBL Enterotube II

Mit diesem Testsystem können Enterobakterien und einige verwandte Arten relativ

sicher biochemisch differenziert werden. In den 12 Kammern des Teströhrchens

(siehe unten) befinden sich Spezialmedien, die den gleichzeitigen Nachweis von

maximal 16 biochemischen Eigenschaften ermöglichen.

Material:

- Gram-negative Bakterienkulturen (Enterobakterien)

- BBL Enterotube II (Becton-Dickinson)

- Kovacs Indol Reagenz (MERCK, Nr. 1.09293.0100)

- Spritze mit Injektionskanüle

Durchführung:

1. Das zu identifizierende Isolat muss als Reinkultur auf einem nichtselektiven

Vollmedium angezogen werden. Für den Test sollte sie 24 h, höchstens 48 h

alt sein.

2. Beimpfung: siehe gesonderte Anleitung.

3. Bebrütung: 37 °C, 24 h

Auswertung:

Die Reaktion können im Allgemeinen nach 24 h schon recht zuverlässig abgelesen

werden, in manchen Fällen liefert ein Ablesen nach 48 Stunden ein genaueres Bild.

Im Vergleich mit einen Standardbild oder einem unbeimpften BBL Enterotube II

werden alle Reaktionen (außer Indol!) auf einem Auswerteformular registriert.

Unveränderter Kammerinhalt wird als negativ beurteilt.

Erst nach Auswertung aller Kammern wird der Indoltest durchgeführt. Dafür wird das

Tube so gehalten, dass die anaerobe H2S/Indol Kammer nach unten zeigt. Sehr

vorsichtig 3 – 4 Tropfen Kovacs Indolreagenz mit einer Injektionspritze unter die

Plastikfolie in die -Kammer geben. Eine positive Reaktion wird durch Rotfärbung des

zugegebenen Reagenz innerhalb einer Minute angezeigt. Ergebnis ebenfalls in

Auswerteformular vermerken.

Die Ergebnisse auf dem Auswerteformular werden analog zum obigen Beispiel

mittels einer fünfstelligen Kennzahl ausgewertet. Anhand dieser Kennzahl wird im

Auswertungshandbuch/Software die wahrscheinlichste Identifizierung (Gattung und

Spezies) ermittelt.

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 47

4.2 Immunologische Identifizierung

Durch die Verwendung spezieller Antikörper, welche ausschließlich an die

nachzuweisenden Zellen, oder aber häufiger an bestimmte Bestandteile dieser

Mikroorganismen binden, können Bakterien und andere Organismen mit hoher

Sicherheit und in kurzer Zeit nachgewiesen werden. Es gibt sehr unterschiedliche

Formate für die Immunologischen Tests, die gebräuchlichsten sind der sogenannte

ELISA (enzyme linked immunosorbent assay), welcher meist im

Mikrotiterplattenformat durchgeführt wird, und die sogenannten Agglutinationstests,

bei denen die positive Reaktion durch eine Verklumpungsreaktion angezeigt wird.

Der so genannte Staphytect Plus Test dient der Differenzierung zwischen

Staphylococcus aureus und anderen Staphylococcus-Arten durch die Detektion der

Koagulase (so genannter clumping factor), des Proteins A und bestimmter

Polysaccharide, die in Methicillin-resistenten S. aureus (MRSA)- Stämmen

vorkommen.

Prinzip des Testes

Die Differenzierung zwischen Koagulase-positiven and Koagulase-negativen

Staphylococcen geschieht entweder durch Detektion extrazellulärer Koagulase oder

an der Zelloberfläche gebundener Koagulase. Es gibt weitere Differenzierungstests

wie den passiven Hemagglutinationstest und den DNAse-Test.

Etwa 97% der humanen S. aureus-Isolate besitzen beide Typen der Koagulase.

Protein A wird auf der Zelloberfläche von ca. 95% der Humanstämme gefunden; es

bindet an den Fc-Anteil von Immunglobulin G (IgG). Bestimmte Methicillin-resistente

Stämme von S. aureus können nicht-detektierbare Mengen an clumping factor und

Protein A exprimieren, besitzen jedoch in allen Fällen Kapsel-Polysaccharide. Diese

maskieren Protein A und die Koagulase und verhindern dadurch eine Agglutination.

Staphytect Plus verwendet blaue Latexpartikel, die mit Fibrinogen und IgG sowie mit

spezifischen Antikörpern gegen S. aureus Kapselpolysaccharide umgeben sind.

Wenn das Reagenz mit Kolonien von S. aureus vermengt wird, kommt es zur

schnellen Agglutination durch die Reaktion zwischen (i) Fibrinogen und Koagulase,

(ii) Fc-Anteil von IgG and Protein A und (iii) spezifischem IgG und

Kapselpolysaccharid. Agglutination wird auch bei anderen, klinisch weniger

relevanten Spezies wie S. hyicus oder S. intermedius beobachtet. Ist keiner der drei

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 48

zur Agglutination führenden Faktoren vorhanden, betrachtet man das Ergebnis als

negativ; die meisten Staphylococcus-Isolate ohne Koagulase und Protein A sind

Vertreter von Staphylococcus epidermidis.

Vorsichtsmaßnahmen

Die Reagenzien enthalten 0.095% Natriumazid. Natriumazid ist giftig und kann mit

Blei- oder Kupferrohren zu explosiven Metallaziden reagieren.

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 49

Versuch 4.2 Immunologischer Nachweis von Staphylococcus

aureus mittels Latex-Agglutinationstest

Material:

- S. aureus Kulturen

- Staphytect Plus Kit (OXOID) (Test- und Kontroll-Reagenz, Reaktionskartons)

- Baird-Parker-Agarplatten

- S. aureus, S. epidermidis

Durchführung:

a) Isolierung von Staphylococcus aureus

1. Führen Sie mit Wattetupfern, die mit sterilem PBS befeuchtet werden,

Abstriche der Mundschleimhaut durch und rollen Sie dann den Tupfer auf

Baird-Parker-Agarplatten aus.

2. Die Bebrütung der Platten erfolgt 24 bis 48 h bei 37°C. Typische Vertreter von

S. aureus sind aufgrund der Tellurit-Reduktion schwarz gefärbt. Außerdem

hellt sich das trübe Medium rund um die Kolonie auf. An die Aufhellungszone

schließt sich eine Präzipitationszone an. Allerdings zeigen nicht alle Varianten

diese Reaktionen; wir stellen Ihnen daher Vergleichsstämme zur Verfügung.

3. Führen Sie einen Einzelkolonieausstrich einer schwarzen Kolonie auf PC-

Agarplatte aus.

b) Isolierung von Keimen der Hautflora

1. Führen Sie weitere Körperabstriche oder Abdrücke Ihrer Hände (auch im

desinfizierten Zustand) oder eines Geldscheines etc. auf großflächigen PC-

Platten durch.

2. Bebrüten Sie die Platten 24-48 h bei 37°C und versuchen Sie eine

Charakterisierung der isolierten Keime (evtl. nach Einzelkolonieausstrich) mit

den von Ihnen im Praktikum gelernten Methoden!

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4. Identifizierungmethoden für Mikroorganismen 50

c) Latex-Agglutinationstest Der folgende Test wird von Ihnen wahlweise mit einem Referenzstamm oder einem während des Praktikums isolierten Stamm durchgeführt. ACHTUNG: Verwenden Sie nur frische, auf PC-Agarplatten vereinzelte Kolonien! Ältere sowie mit Baird-Parker-Medium kontaminierte Kolonien führen zu falsch-positiven Resultaten, zu wenig bakterielles Material zu falsch-negativen Resultaten.

1. Latex-Reagenzien auf Raumtemperatur bringen und zur Homogenisierung kräftig schütteln.

2. Je einen Tropfen Test- bzw. Kontrollreagenz in je einen Kreis des Reaktionskartons aufbringen.

3. Mit der Impföse etwa 5 durchschnittlich große Kolonien des zu untersuchenden Stammes aufnehmen, mit dem Testreagenz vermischen und über den gesamten Kreis verteilen.

4. Impföse abflammen und die Prozedur mit einem Kontrollstamm und dem Testreagenz wiederholen.

5. Karton für etwa 20 Sekunden schwenken und anschließend auf Agglutination hin untersuchen.

Auswertung: Ein Resultat ist positiv, wenn die Agglutination der Latexpartikel binnen 20 Sekunden eintritt; bei dem untersuchten Stamm handelt es sich vermutlich S. aureus. Ein negatives Resultat liegt vor, wenn die blaue Suspension auch nach 20 Sekunden unverändert bleibt. Es könnte sich bei dem isolierten Stamm um S. epidermidis handeln. Leichte Körnung der Testreaktion bei unveränderter Kontrollreaktion gilt nicht eindeutig, und der Stamm sollte passagiert und erneut getestet werden. 4.3 Genetische Identifizierung Im Rahmen dieses Praktikums wird kein Verfahren zur genetischen Identifizierung durchgeführt. Beispiele sind PCR oder Hybridisierungstechniken.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 51

5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 5.1 Isolierung von Bakteriophagen aus der Umwelt Bakteriophagen ("Bakterienfresser") sind definiert als autonome, sich strikt intrazellulär in Bakterienzellen vermehrende Viren. Es dürfte kaum ein Bakterium geben, für das bei gründlicher Nachsuche kein Phage gefunden werden kann. Erste Arbeiten über submikroskopische Viren, welche Bakterienkulturen lysieren, stammen von TWORT (1915) und D`HERELLE (1917). Die meisten Bakteriophagen können durch die Bildung von so genannten "Plaques" (Löchern) im geschlossenen Bakterienrasen erkannt werden. Die Nomenklatur von Bakteriophagen basiert meist auf ihren natürlichen Wirten, wie beispielsweise die Bezeichnung Listeria-Phagen für Phagen, die die Gattung Listeria befallen. In der Regel weisen Phagen einen sehr spezifischen Wirtsbereich auf. Morphologie Bakteriophagen sind vielgestaltig aufgebaut. Grundsätzlich bestehen sie aus Nukleinsäuren und einer Proteinhülle. Morphologisch unterscheidet man heute 19 Typen innerhalb von sechs verschiedenen Gruppen. Phagen mit kontraktilem Schwanz (Myoviridae), z. B.: T4, A511; Phagen mit langem nicht-kontraktilen Schwanz (Siphoviridae) z. B.: λ, Phagen mit kurzem Schwanz (Podoviridae) z. B. : T7, kubische Phagen (Microviridae, Corticoviridae, Tectiviridae, Leviviridae, Cystoviridae), filamentöse Phagen (Inoviridae) und pleomorphe Phagen (Plasmaviridae). Die meisten Bakteriophagen, darunter alle "tailed phages" (Caudovirales), enthalten doppelsträngige DNA als genetisches Material. Letztere sind die wichtigste und häufigste Gruppe der bakteriellen Viren. Der durchschnittliche Kapsiddurchmesser eines solchen Phagen ist etwa 60 nm, die Schwanzlange variiert von 10 bis 350 nm, bei einem Durchmesser von 10-25 nm. Bakteriophagen stellen (rein quantitativ !) den größten Teil der replizierenden biologischen Systeme auf der Erde. Zelluläre Funktion Ebenso wie Tier- und Pflanzenviren verfügen Bakteriophagen über keinen eigenen Stoffwechsel und können sich daher ausschließlich in Wirtsorganismen vermehren. Die Phageninfektion eines Bakteriums gliedert sich grundsätzlich in vier Schritte. Den ersten Schritt zu Beginn dieser Infektion stellt die Adsorption des Phagen an die Wirtszelle dar. Weitere Schritte sind die Injektion des Phagengenoms, eine folgende Latenzzeit und schließlich die Bakterienlyse.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 52

Im Gegensatz zu den Bakterien sind die Phagen völlig unbeweglich. Das Zusammentreffen eines Phagen mit seinem Wirt ist ein rein zufälliges Ereignis. Trifft ein Phage dann mit einem für ihn geeigneten Rezeptor an der Wirtsoberfläche zusammen, kann es zur Adsorption kommen. Der zweite Schritt der Phageninfektion ist die Injektion des Phagengenoms in die Wirtszelle. Bei Phagen mit kontraktilem Schwanz wird dabei die Zellwand durchdrungen, alle anderen lysieren die Zellwand mit Hilfe eines hydrolytischen Enzyms. Die DNA gelangt in das Innere der Zelle, während die Proteinhülle der Phagen außerhalb verbleibt. Die injizierte Phagen-DNA ruft zunächst eine völlige Umstellung des Stoffwechsels der Zelle hervor. In dieser so genannten Latenzphase unterscheidet man zwei Arten von Phagen: Temperente (gemäßigte) Phagen infizieren ihr Wirtsbakterium, ohne sich zu vermehren und zur Lyse zu führen und scheinen sich mit dem Wirtsbakterium synchron zu vermehren. Dieses temperente Verhalten beruht darauf, dass die Phagen-DNA zunächst in das Bakteriengenom integriert wird. Die integrierte Phagen-DNA wird als Prophage, das Bakterium als lysogen bezeichnet. Virulente Phagen lysieren die von ihnen befallenen Wirtszellen regelmäßig. Die Phagen-DNA virulenter Phagen bewirkt eine völlige Umstellung des Stoffwechsels der Zelle. Die Synthese der Bakterien DNA sowie der -RNA und der Bakterienproteine wird eingestellt. In dieser Phase findet die Transkription des Phagengenoms statt. Man unterscheidet zwischen den zur DNA-Synthese notwendigen Enzymen, die schon kurz nach der Injektion gebildet werden (frühe Gene) und Proteinen wie Hüllenprotein und Phagenlysozym (späte Gene), die erst in der zweiten Hälfte der Latenzperiode gebildet werden. Die letzte Stufe der Phageninfektion ist die Bakterienlyse mit Freisetzung der Phagen- Nachkommen. Ausgelöst wird die Lyse durch ein Enzym (Endolysin), das am Ende der Latenzzeit gebildet wird. Die Dauer der Latenzphase kann je nach Phage sehr unterschiedlich sein und zwischen 11 Minuten und 30 Stunden betragen (im Durchschnitt ca. 50 Minuten). Die Wurfgröße pro Wirtszelle beträgt im Durchschnitt zwischen 50 und 100 Phagennachkommen.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 53

Verschiedene Entwicklungszyklen von Bakteriophagen (siehe auch Süßmuth, Seiten 137 ff)

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 54

Versuch 5.1: Isolierung von Bakteriophagen aus der Umwelt

Material:

- Landwirtschaftl. Abwasser, Teichwasser, Proben aus Kläranlagen

- Frische Kultur des Wirtsbakteriums E. coli WS1323

- Medium: PBS-Lösung, PC-Agar, PC-Weichagar (4 ml)

Durchführung:

1. Die Wasserproben werden mittels Filtration durch einen so genannten

"Sterilfilter" (0,2 µm Porengröße) von Schwebstoffen inklusive aller

Mikroorganismen gereinigt, d.h. das Filtrat enthält nur noch Partikel mit einem

Durchmesser < 200 nm, darunter auch die in der Probe enthaltenen Viren.

2. Die filtrierte Probe wird dezimal in PBS in Eppendorf-Reaktionsgefäßen bis

10-4 verdünnt.

3. In Eppendorf Cups werden je 0,1 ml Wirtsbakterien und 0.1 ml der

Probenlösungen gemischt und 15 Min bei Raumtemperatur inkubiert, um dem

Phagen die Möglichkeit zur Infektion der Wirtszelle zu geben.

4. Dann werden Phagen-Wirtsbakterien Mischungen in Röhrchen mit PC-

Weichagar (auf 45°C temperierten) pipettiert, kurz vermischt und auf die

Oberfläche von PC-Agarplatten aufgegossen. Kurz verteilen, dann die Platten

für etwa 10 Min ruhig stehen lassen, während die obere Agarschicht erkaltet.

5. Die Platten über Nacht bei 37°C inkubieren. Während dieser Zeit vermehren

sich die Wirtsbakterien und bilden einen dichten trüben Rasen in der oberen

Agarschicht. An den Stellen, wo eine infizierte Wirtszelle neue Phagen

produziert, werden im Laufe der Wachstums-Generationen alle umliegenden

Bakterien zerstört, und es bildet sich ein klares Loch im Bakterienrasen, ein

"Plaque".

Auswertung:

Am nächsten Tag die Plaques auszählen, und die Anzahl der Bakteriophagen in der

ursprünglichen Probe berechnen; Darstellung als "Plaque-bildende Einheiten" (PbE)

pro ml.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 55

5.2 Transduktion durch Bakteriophagen Definition: Transduktion ist die Genübertragung auf eine Rezipientenzelle mittels Bakteriophagen. Listeria-Phage A511::luxAB Der virulente Phage A511 ist gekennzeichnet durch sein extrem breites Lysespektrum. Dieser Phage lysiert allein über 80% aller typisierten Listeria-Stämme, unabhängig von Spezies und Serovar . Er infiziert 95% von Listeria monocytogenes der Serovare 1/2 und 4. Seine Latenzphase mit L. monocytogenes als Wirtszelle dauert etwa 55 Minuten. Die durchschnittliche Anzahl der Phagen, welche von einer infizierten Wirtszelle durch Lysis freigesetzt wird, beträgt 40. Listeria-Phage A511 gehört zur Familie der Myoviridae und besitzt einen nach oben hin kontraktilen, nicht biegsamen Schwanz. Messparameter für Lebensmittelproben Für den Nachweis von Listerien aus möglicherweise kontaminierten Lebensmitteln werden nach 24 Stunden je 1 ml aus der Selektivanreicherung in 4 ml ½BHI überführt und für 2-3 Stunden bei 37°C inkubiert. Möglicherweise vorhandene Listerien werden dadurch in die logarithmische Wachstumsphase gebracht und dann mit einer Phagensuspension versetzt. Die Messung einer erfolgreichen Transduktion erfolgt indirekt über Biolumineszenz (s. 3.5). Zu diesem Zweck wurde ein Fusionsprodukt der Luciferase-Gene luxA und luxB von Vibrio harveyi in das Genom des Phagen A511 eingeführt, und zwar in einen stark exprimierten Bereich unmittelbar hinter dem Gen für das Haupt-Kapsidprotein. Nach Infektion einer Wirtszelle und Transduktion des luxAB Gens wird die Luciferase exprimiert und über die Erfassung des daraus entstehenden Lichtes nachgewiesen. Da weder das rekombinante Virus noch die Bakterienzelle (Listeria) alleine Licht ausenden, ist die Reaktion absolut abhängig vom Vorhandensein von Listerien in den zu untersuchenden Proben. Verlauf der Lichtemission Die Lichtemission entwickelt sich in Abhängigkeit von der Genexpression der Lux-Phagen erst nach einiger Zeit. Die höchsten RLU-Werte werden etwa 120 bis 150 Min. nach der Infektion der Zellen ermittelt. Nach dem optimalen Zeitpunkt nimmt die Lichtemission schnell wieder ab. Temperaturabhängigkeit der Luciferase-Expression Als Inkubationstemperatur wird 20°C gewählt. Diese relativ niedrige Temperatur führt aber aufgrund der Temperaturempfindlichkeit der Luciferase zu den höchsten Lumineszenzwerten.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 56

Versuch 5.2 Transduktion von Biolumineszenz durch den

modifizierten Listeria Bakteriophagen A511::luxAB Material:

- Suspension des Phagen A511::luxAB , ca. 1 x 1010 PbE/ml - Listeria ivanovii, nicht-pathogener Stamm WSLC 3009 - Platten-Messgerät („Victor II“) - Mikrotiterplatten - 0,25% Nonanal in 70% EtOH. - Medium: ½ BHI Durchführung:

1. Eine sich in der logarithmischen Wachstumsphase befindende 50 ml Kultur (37°C) des Stammes WSLC 3009 wird in ½ BHI auf Konzentrationen von etwa 107 KbE/ml verdünnt.

2. 1800 µl der Bakteriensuspension werden mit 90 µl Phagen vermischt.

3. Auf den Boden der Mikrotiterplatten pipettiert man möglichst zügig je 200 µl

der Bakterien/Phagenlösung. Man benötigt für jede Zeitmessung ein Aliquot.

4. Die Platten werden nachfolgend bei 20°C inkubiert.

5. Im Abstand von 20 Minuten wird im Platten-Messgerät nach Injektion von jeweils 10 µl Nonanal die Lichtemission über einen Zeitraum von 0 bis 160 Minuten gemessen, d. h. jede Gruppe benötigt 9 Aliquots.

Auswertung: Die Entwicklung der Expression der transduzierten Luciferase wird graphisch aufgetragen (X-Achse: Zeit in Min, Y-Achse: relative light units (RLUs).

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 57

5.3 Luria-Delbrück-Fluktuationstest Wenn virulente Phagen einer bereits trüben Kultur von Bakterien, die sensitiv für diese Phagen sind, zugefügt werden, kann diese Kultur wieder aufklaren. Diesem Phänomen liegt die Lyse einzelner Zellen zugrunde, wodurch Phagenpartikel freigesetzt werden und weitere Wirtszellen infizieren können. Nach längerer Inkubation trübt sich die Kultur eventuell wieder ein, da einige wenige Bakterien eine Resistenz gegen den Phagen aufweisen. Der Luria-Delbrück-Fluktuationstest aus dem Jahr 1943 beantwortet die Frage, ob zur Resistenz führende Mutationen spontan und zufällig oder aber als adaptive Antwort auf eine Umweltbedingung auftreten. Adaptationshypothese Nach dieser Hypothese besteht für jede Bakterienzelle eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass die Präsenz von Phagen Mutationen induziert. Die betroffenen Zellen können in der Gegenwart von Phagen überleben und auch wachsen. Diese Adaptation wird an die Nachkommen weitergegeben. Spontan-Mutationshypothese Nach dieser Hypothese besitzt jede Zelle eine geringe Wahrscheinlichkeit, durch spontane Mutationen phagenresistent zu werden, und zwar unabhängig davon, ob Phagen anwesend sind oder nicht. Die Nachkommen einer solchen Zelle sind solange resistent, bis Rückmutationen auftreten. Unterscheidung beider Hypothesen Die Mutationshypothese geht von einer nicht-homogenen Population aus, da Mutationen zu jeder Zeit des Wachstums, unabhängig von einer Phagenzugabe, stattfinden können. Das Auftreten einer Mutation in einer Serie paralleler Kulturen ist zufällig. Die Anzahl der resistenten Bakterien hängt also davon ab, ob die erste Mutation früh oder spät im Wachstum der Kultur stattfindet: Kulturen mit früher Mutation enthalten große Anzahl (Klone) resistenter Bakterien, Kulturen mit späteren Mutationen enthalten wenige resistente Zellklone. Man erhält eine größere Fluktuation in der Anzahl resistenter Bakterien von Kultur zu Kultur in einer parallelen Serie, als von Proben, die von der gleichen Kultur genommen worden sind. Nach der Adaptationshypothese ist eine Bakterienpopulation dagegen homogen, bevor ein Phage zugegeben wird. Die Wahrscheinlichkeit einer Resistenz nach Phagenkontakt ist somit gleich für alle Bakterien in einer Kultur. Man erhält keine große Fluktuation in der Anzahl resistenter Bakterien von Kultur zu Kultur in einer parallelen Serie mit Phagenzusatz und in Serien von Proben der gleichen Kultur.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 58

Versuch 5.3 Luria-Delbrück-Fluktuationstest Material: - E. coli WS 1323 - Phagenlösung - LB- Weichagarröhrchen - LB- Agarplatten - Sterile Reagenzgläser Durchführung:

1. Von Übernachtkultur des Stammes E.coli WS 1323 eine Verdünnungsreihe bis 10–7 in LB-Medium in Eppendorf-Reaktionsgefäßen anlegen.

2. Pro Gruppe 1,0 ml der 10-7-Verdünnung in ein Reagenzglas mit je 9 ml LB-

Medium gegeben und Inkubation über Nacht bei 37°C im Schüttler. Kontrollansatz (einmal pro Kurs): 5 ml einer gesonderten 10-7-Verdünnung in einen Kolben mit 50 ml LB-Medium geben.

3. Je 50 µl der Bakteriensuspension aus den Reagenzgläsern mit 0,2 ml einer T4

Suspension (Phagentiter etwa 5 x 109 Phagen/ml) mischen, mit 4,5 ml Weichagar (45°C) versetzen und auf LB Platten aufbringen. Gleiches mit dem Kontrollansatz durchführen (insgesamt also zwei Platten pro Gruppe).

4. Kontrollansatz bis 10–7 in Eppendorf-Reaktionsgefäßen verdünnen und 100 µl

der Verdünnung 10–7 auf eine LB-Platte ausplattieren (Bestimmung der Gesamtkeimzahl; zwei Gruppen) .

5. Restliche Proben aus den Reagenzgläsern zusammenführen und genauso

wie unter 4. verfahren (Bestimmung der Gesamtkeimzahl; zwei Gruppen).

6. Alle Platten über Nacht bei 37°C inkubieren und am nächsten Tag auswerten. Auswertung: Die Analyse der Ergebnisse erfolgt statistisch über den Signifikanztest für den Mittelwert einer Stichprobe bei einem vorgegebenen Signifikanzniveau von α=0,05.

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5. Bakterielle Viren (Bakteriophagen) 59

IV. ANHANG (Nährmedien und Puffer)

Bacillus cereus Agar-Basis (PEMBA) (OXOID CM 617)

Caseinpepton 1,0 g

Mannit 10,0 g

NaCl 2,0 g

Mg SO4 0,1 g

Na2HPO4 2,5 g

KH2PO4 0,25 g

Bromthymolblau 0,12 g

Natriumpyruvat 10,0 g

Agar 14,0 g

H2O dest. ad 1000 ml

Lösen, pH 7,2 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121 °C, 15 min.Nach dem Abkühlen auf 50 °C (vor dem

Gießen der Platten) Selektivsupplement und Eigelbemulsion zugeben.

Bacillus cereus Selektiv-Supplement (OXOID SR 99)

Polymyxin B (10 000 IE)

Eigelb-Emulsion-Supplement (OXOID SR 47)

Nach Zugabe des Supplements gut mischen und Platten gießen.

PBS-Lösung

(physiologischer Puffer für Verdünnungsröhrchen und anderes)

Na2HPO4 50 mM

NaCl 130 mM

H2O dest. ad 1000 ml

In Schottflaschen lösen, pH 7,5 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min.

BHI (Brain-Heart-Infusion) Medium

(Basismedium für Wachstum von Listeria, Staphylococcus , und anderen Bakterien)

Nährsubstrat (Hirn-, Herzextrakt, Peptone) 27,5 g

Glucose 2,0 g

NaCl 5,0 g

Na2HPO4 2,5 g

H2O dest. ad 1000 ml

In Schottflaschen lösen, pH 7,5 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min.

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Baird-Parker-Agar (Selektivmedium für Staphylokokken)

Grundmedium:

Pepton 10 g

Fleischextrakt 5 g

Hefeextrakt 1 g

Na-Pyruvat 10 g

Glycin 12 g

LiCl 5 g

Agar 12 g

Selektivstoffe:

Evtl. Sulfamethazin 0,05 g

Kaliumtellurit 0,21 g

Anzeigereaktion:

Eigelbemulsion 50 ml

pH 6,8

Herstellung: Grundmedium ohne Eigelb, Tellurit und Sulfamethazin lösen und autoklavieren. 50 ml

Eigelb/Tellurit Emulsion (käuflich erhältlich) und gegebenenfalls 50 mg Sulfamethazin zumischen,

Platten gießen.

Citrat-Puffer

(für Homogenisierung von Lebensmittelproben)

Na3Citrat 17 g

H2O dest. ad 1000 ml

In Schottflaschen lösen, pH 7,3 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min.

Citrat bindet Ca2+-Ionen aus Lebensmitteln und verhindert damit die Bildung eines Calcium-Caseinat-

Komplexes, der das Acriflavin des ANC-Mediums binden kann.

Hefeextrakt-Glucose -Chloramphenicol-Bromphenolblau (YGCB)-Agar

(für Kultivierung von Hefen und Schimmeln)

Hefeextrakt 5,0 g

Glucose 20,0 g

Chloramphenicol 0,1 g

Bromphenoblau 0,01 g

Agar 15,0 g

H2O dest. ad 1000 ml

Lösen, pH 6,6 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min, Platten gießen.

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Kristallviolett-Galle-Laktose -Agar (VRB; Violet Red Bile) (OXOID CM 107)

Casein-Pepton 7,0 g

NaCl 5,0 g

Hefeextrakt 3,0 g

Laktose 10,0 g

Gallensalze Nr. 3 1,5 g

Neutralrot 0,03 g

Kristallviolett 0,002 g

Agar 14,0 g

H2O dest. 1000 ml

pH 7,0 einstellen, nicht autoklavieren (!), sondern nur unter Rühren vorsichtig auf 100°C für etwa 10

min erhitzen.

Brilliantgrün-Galle-Lactose -Bouillon

Casein-Pepton 10,0 g

Rindergalle 20,0 g

Laktose 10,0 g

Brilliantgrün 0,03 gl

H2O dest. 998 ml

Lösen, pH 7,0 einstellen, abfüllen à 5 ml in Glasreagenzgläser, Durham-Röhrchen zugeben,

autoklavieren 121 °C für 15 min.

LB-Medium

Bacto Tryptone 10 g

Bacto Yeast Extract 5 g

NaCl 5 g

Für Platten:

Agar 15 g

H2O dest. ad 1000 ml

pH 7,5

PC-Weichagar

(für Bakteriophagen Doppelschicht-Platten)

nur 4 g Agar (0,4%) pro Liter Medium. Vor dem Autoklavieren in Portionen à 4 ml in Glasröhrchen

abfüllen und erkalten lasssen. Vor Benutzung kurz aufschmelzen und bei 45°C temperieren.

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mariner Nähragar

NaCl 30g

Bacto-Pepton 5g

Glycerin 5g

Hefeektrakt 0,5g

CaCO3 1g

Agar 10g

H2O dest. ad 1000 ml

Lösen, pH 7,0 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min, Platten gießen.

Plate-Count (PC)-Agar

Casein-Pepton 5,0 g

Hefeextrakt 2,5 g

Glucose 1,0 g

Agar 14,0 g

H2O dest. ad 1000 ml

Lösen, pH 7,0 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min, Platten gießen.

SM-Puffer (für Bakteriophagen)

NaCl 5,5 g

MgSO4 2,0 g

1 M T 50 ml

H2O dest. ad 1000 ml

In Schottflaschen lösen, pH 7,5 ± 0,2 einstellen, autoklavieren 121°C für 15 min.

SOB-Medium

Bacto Tryptone 20 g

Bacto Yeast Extract 5 g

NaCl 0,5 g

KCl 0,2 g

H2O dest. ad 1000 ml

Autoklavieren, anschließend 10 ml 2 M Mg2+ zugeben (1 M MgCl2, 1 M MgSO4)

SOC-Medium

SOB-Medium 48 ml

1 M MgSO4 1 ml

1 M Glucose 1 ml