schizophrenie - uni-due.de · einleitung - schizophrenie schwerwiegende psychische störung...

40
Seminar Seminar: Forensische : Forensische Neuropsychologie Neuropsychologie SoSe 2009 SoSe 2009 Dozent: Dozent: Boris Schiffer Boris Schiffer Referenten: Referenten: Hanno Ohmann Hanno Ohmann Martina Rustemeier Martina Rustemeier Schizophrenie Schizophrenie Gliederung Teil I: Einführung Einleitung Diagnosestellung/Klassifikation gemäß DSM-IV Schizophreniesubtypen Einteilung der Symptome Epidemiologische Angaben (Verlauf, Prävalenz, Komorbidität) Ätiologische Modellvorstellungen (1) Theorien zur familiären Verursachung schizophrener Psychosen (2) Biologische Faktoren (Neurobiologische Befunde) (3) Vulnerabilitäts-Stress-Modell Teil II: Schizophrenie und Gewalt Einleitung Risikofaktoren Neuropsychologische Korrelate Teil III: Diskussion und Literatur 09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 2

Upload: hakhuong

Post on 18-Aug-2019

225 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

Page 1: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

SeminarSeminar: Forensische : Forensische NeuropsychologieNeuropsychologieSoSe 2009 SoSe 2009

Dozent: Dozent: Boris Schiffer Boris Schiffer

Referenten:Referenten:Hanno OhmannHanno OhmannMartina RustemeierMartina Rustemeier

SchizophrenieSchizophrenie

Gliederung

Teil I: EinführungEinleitungDiagnosestellung/Klassifikation gemäß DSM-IVSchizophreniesubtypenEinteilung der SymptomeEpidemiologische Angaben (Verlauf, Prävalenz, Komorbidität)Ätiologische Modellvorstellungen

(1) Theorien zur familiären Verursachung schizophrener Psychosen (2) Biologische Faktoren (Neurobiologische Befunde)(3) Vulnerabilitäts-Stress-Modell

Teil II: Schizophrenie und GewaltEinleitungRisikofaktorenNeuropsychologische Korrelate

Teil III: Diskussion und Literatur

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 2

Page 2: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Einleitung - Schizophrenie

Schwerwiegende psychische Störung

Stigmatisierung und Vorurteile

Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

In allen Ländern und Kulturen

Vielfältige Symptome

Kein spezifisches Symptom, das bei allen Betroffenen auftritt

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 3

Diagnosestellung / Klassifikation DSM-IV

A) Charakteristische Symptome: mind. 2 der folgenden, jedes bestehend für einen erheblichen Teil einer Zeitspanne von 1 Monat (oder weniger falls erfolgreich behandelt):

(1) Wahn (häufig Verfolgungswahn oder Beziehungswahn), (2) Halluzinationen,(3) desorganisierte Sprechweise (z.B. häufiges Entgleisen oder Zerfahrenheit)

(4) grob desorganisiertes oder katatones Verhalten,(5) negative Symptome (d.h. flacher Affekt, Alogie (Sprachverarmung) oder Passivität/Willensschwäche)

Beachte: Nur ein Kriterium A-Symptom ist erforderlich, wenn der Wahn bizarr ist oder wenn die Halluzinationen aus einer Stimme bestehen, die einen fortlaufenden Kommentar über das Verhalten oder die Gedanken des Betroffenen abgibt oderwenn zwei oder mehr Stimmen sich miteinander unterhalten.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 4

Floride Symptome

Page 3: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Diagnosestellung / Klassifikation DSM-IV

(B) Soziale/berufliche Leistungseinbußen

(C)Dauer: Zeichen des Störungsbildes halten für mind. 6 Monate an.

6monatige Periode: mind. 1 Monat mit Symptomen, die Kriterium A (d.h. floride Symptome) erfüllenkann Perioden mit prodromalen o. residualen Symptomen einschließen

Prodromale oder residuale Perioden: Zeichen des Störungsbildes können sich manifestieren auch durch

ausschließlich negative Symptome oder zwei oder mehrere Symptome, die im Kriterium A aufgelistet und in einer abgeschwächten Form vorhanden sind (z.B. seltsame Überzeugungen, ungewöhnliche Wahrnehmungserlebnisse).

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 5

Diagnosestellung / Klassifikation DSM-IV

(D-F)Ausschlusskriterien:

Schizoaffektive und Affektive Störung

Substanzeinfluss

Medizinischer Krankheitsfaktor

Vorgeschichte mit autistischer Störung o. tiefgreifender Entwicklungsstörung zusätzliche Diagnose einer Schizophrenie wird nur dann gestellt, wenn mind. 1 Monat lang gleichzeitig ausgeprägte Wahnphänomene oder Halluzinationen vorhanden

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 6

Page 4: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Diagnosestellung / Klassifikation DSM-IV

Klassifikation des Längsschnittverlaufs:(kann nur angewandt werden, nachdem mind. 1 Jahr seit dem ersten Einsetzen florider Symptome vergangen ist)

Episodisch mit Residualsymptomen zwischen den EpisodenBestimme auch, ob: mit ausgeprägten neg. Symptomen

Episodisch ohne Residualsymptome zwischen den Episoden

KontinuierlichBestimme auch, ob: mit ausgeprägten neg. Symptomen

Einzelne Episode teilremittiertBestimme auch, ob: mit ausgeprägten neg. Symptomen

Einzelne Episode vollremittiert

Anderes oder unspezifisches Muster

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 7

Schizophreniesubtypen DSM-IV

Einteilung in fünf Typen:

Paranoider TypusDesorganisierter TypusKatatoner TypusUndifferenzierter TypusResidualer Typus

Bestimmung nach der zum Untersuchungszeitpunkt vorherrschenden Symptomatik (klinisches Bild)

Diagnose des Subtyps kann sich im Verlauf ändern

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 8

Page 5: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Diagnostische Kriterien DSM-IV

Paranoider Typus (leichteste Form)

Ein Schizophrenietypus, bei dem die folgenden Kriterien erfüllt sind:

A. Starke Beschäftigung mit einem oder mehreren Wahnphänomenen oder häufige akustische Halluzinationen.

B. Keines der folgenden Merkmale steht im Vordergrund: desorganisierte Sprechweise, desorganisiertes oder katatones Verhalten, verflachter oder inadäquater Affekt.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 9

Diagnostische Kriterien DSM-IV

Desorganisierter Typus (schwerwiegendste Form)

Ein Schizophrenietypus, der folgende Kriterien erfüllt:

A. Alle folgenden sind vorherrschend:(1) desorganisierte Sprechweise,(2) desorganisiertes Verhalten,(3) verflachter oder inadäquater Affekt

B. Die Kriterien für den Katatonen Typus sind nicht erfüllt.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 10

Page 6: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Diagnostische Kriterien DSM-IV

Katatoner Typus

Ein Schizophrenietypus, bei dem das klin. Bild von mind. 2 der folgenden Kriterien bestimmt wird:

(1) Motorische Unbeweglichkeit, die sich in Katalepsie oder Stupor zeigt,

(2) Übermäßige motorische Aktivität (nicht zweckgerichtet, nicht durch äußere Reize beeinflusst),

(3) Extremer Negativismus oder Mutismus,

(4) Merkwürdige Willkürbewegungen, die sich als Haltungsstereotypien, stereotype Bewegungsabläufe, ausgeprägte Manierismen oder ausgeprägtes Grimassieren äußern,

(5) Echolalie oder Echopraxie.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 11

Diagnostische Kriterien DSM-IV

Undifferenzierter Typus

Ein Schizophrenietypus, bei dem Symptome vorliegen, die das Kriterium A für Schizophrenie erfüllen, ohne dass die Kriterien für den Paranoiden, Desorganisierten oder Katatonen Typus erfüllt sind.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 12

Page 7: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Diagnostische Kriterien DSM-IV

Residualer Typus

Ein Schizophrenietypus, bei dem folgende Kriterien erfüllt sind:

A. Fehlen von ausgeprägten Wahnphänomenen, Halluzinationen, desorganisierter Sprechweise und grob desorganisiertem oder katatonem Verhalten

B. Fortbestehende Hinweise auf das StörungsbildNegativsymptome oder zwei oder mehr Symptome in abgemildeter Form, wie sie in Kriterium A für Schizophrenie aufgelistet sind (seltsame Überzeugungen, ungewöhnl. Wahrnehmungserlebnisse)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 13

Andere psychotische Störungen nach DSM-IV

Schizophrenieforme Störung

Schizoaffektive Störung

Wahnhafte Störung

Kurze psychotische Störung

Gemeinsame psychotische Störung (Folie à deux)

Substanzinduzierte psychotische Störung

Psychotische Störung aufgrund eines med. Krankheitsfaktors

Nicht näher bezeichnete psychotische Störung

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 14

Page 8: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Einteilung der Symptome

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 15

POSITIVE SYMPTOME NEGATIVE SYMPTOME

Wahrnehmungsstörungen(Halluzinationen)

Soziale Rückgezogenheit

Inhaltliche Denkstörungen(Wahn)

Affektive Verflachung

Formale Denkstörungen(Wahn)

Antriebsarmut

Affektstörungen Interessenverlust

Störungen d. Selbstgefühls Sprachliche Verarmung

Psychomotor. Störungen

Einteilung der Symptome

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 16

NEBENMERKMALE

Exzentrische Aufmachung

Vernachlässigung der äußeren Erscheinung

Dysphorische Verstimmung, Depression

Hypochondrische Befürchtungen

POSITIVE SYMPTOME NEGATIVE SYMPTOME

Wahrnehmungsstörungen(Halluzinationen)

Soziale Rückgezogenheit

Inhaltliche Denkstörungen(Wahn)

Affektive Verflachung

Formale Denkstörungen(Wahn)

Antriebsarmut

Affektstörungen Interessenverlust

Störungen d. Selbstgefühls Sprachliche Verarmung

Psychomotor. Störungen

Page 9: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Symptomverlauf in Phasen

Prodromalphasevor der akuten Phasedeutl. Absinken des vorher bestehenden Leistungsniveaussozialer RückzugKonzentrations- und Schlafstörungenungewöhnliches VerhaltenVernachlässigung der Hygiene und KörperpflegeKommunikation wird schwierigvariable Dauer: Jahre oder auch nur Tage

(Floride) Akutphasepsychotische Symptome (= positive Symptome)

Symptome werden als Realität erlebt (= mangelnde Krankheitseinsicht)

variable Dauer

Residualphasenach akuter Phasenegative Symptome

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 17

25% 1 Phase (völlige Remission)

50 % mehrere Phasen(sozial mehr oder weniger angepasst)

25 % chron. Verlauf(Beeinträchtigungen im sozialen und beruflichen Bereich Hospitalisation)

Beginn: plötzlich oder langsam und schleichend

Prädiktoren für einen günstigen Verlauf

gute prämorbide Anpassung, auslösende Ereignisse, weibliches Geschlecht, höheres Lebensalter bei Erkrankungsbeginn,Fehlen von Schizophrenie in der Familienanamnese,

Krankheitseinsicht, durchgängige Compliance für die Medikamenteneinnahme,

kurze Dauer der floriden Symptome, gute Leistungsfähigkeit zwischen den Episoden, minimale Residualsymptome,

Fehlen hirnstruktureller Auffälligkeiten, normale neurologische Funktionsabläufe…09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 18

Page 10: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Lebenszeitprävalenzca. 0,5 - 1%unabhängig von Kultur und Rasse

Krankheitsbeginn in der Mehrzahl der Fälle zwischen 15 und 54 Jahren

Geschlechtsverhältnis: ♀ = ♂, aber…♂: zw. 20. und 25. Lebensjahr♀: zw. 25. und 30. Lebensjahr

Prävalenz

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 19

Prävalenz

Erhöhte Prävalenzraten

NordschwedenKroatienIrlandafrokaribische Bevölkerung Großbritanniens

niedrige sozioökonomische SchichtStädteunverheiratetarbeitslos

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 20

Page 11: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Komorbidität

Substanzmissbrauch (insb. Nikotinabhängigkeit)AngststörungenZwangsstörungenPanikstörungen…

Aggressives/gewalttätiges Verhalten (?)

„Suizid“

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 21

Ätiologische Modellvorstellungen

(1) Theorien zur familiären Verursachung schizophrener Psychosen Kommunikative AbweichungDoppelbindung („double bind“)Expressed-Emotion-Konzept

(2) Biologische FaktorenGenetikPränatale und frühkindliche RisikofaktorenNeuroanatomische VeränderungenNeurotransmittersysteme

(3) Vulnerabilitäts-Stress-Modell

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 22

Page 12: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Ätiologische Modellvorstellungen

(1) Theorien zur familiären Verursachung schizophrener Psychosen (geschichtlich)

Kommunikative Abweichung („communication deviance“; Singer)

formale Kommunikationsstörungen der Eltern (unklar, fragmentiert, vage)

Kind: kein richtiges Einschätzen der Realität

Doppelbindung („double bind“; Bateson)

Kommunikation findet auf verschiedenen Ebenen statt (z.B. verbale vs. nonverbale Ebene)

gleichzeitig: sich widersprechende Botschaften (emot. Zweideutigkeit der Kommunikation)

Entstehung von SchizophrenieKind oft von Bezugspersonen mit in sich widersprüchl. Kommunikation konfrontiert Aufklären der Widersprüchlichkeit oder Fliehen aus der Situation nicht möglich

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 23

Ätiologische Modellvorstellungen

(1) Theorien zur familiären Verursachung schizophrener Psychosen

Expressed-Emotion-Konzept (Brown, Leff u. Vaughn)

Einstellungen der nächsten AngehörigenEinfluss auf Rückfall/Krankheitsverlauf bei schizophrenen Psychosen

Kritik FeindseligkeitEmotionales Überengagement

Zusammenhang zw. emot. Familienklima und Krankheitsverlauf empirisch gesichert

HEE erhöht Risiko eines Rückfalls um das 2,5-fache

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 24

Page 13: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren

2.1 Genetik

FamilienuntersuchungenRisiko von ca. 12%, wenn ein Elternteil schizophren ist

ZwillingsuntersuchungenKonkordanzrate bei eineiigen Zwillingen: 40-50%Konkordanzrate bei zweieiigen Zwillingen: ca. 15%

AdoptivuntersuchungenDysfunktionale Familienumgebung bei risikobehafteten Adoptivkindern erhöhtes Ausmaß an ErkrankungenHinweis auf Zusammenwirken genetischer Anlagen und Umwelteinflüsse

Demnach Umweltfaktoren bedeutende ätiologische Rolle

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 25

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.2 Pränatale und frühkindliche Risikofaktoren ( erhöhte Vulnerabilität)

Geburtskomplikationen

Geburt im Januar/Februar

Infektionskrankheiten und pränatale Unterernährung insb. im 2. Trimester

Infektionen des ZNS in der frühen Kindheit

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 26

Page 14: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.3 Neuroanatomische Veränderungen (1)

Ventrikelvolumen

Hinweis auf Hirnatrophie (insb. im FL & TL)

Volumenvergrößerung der lateralen Ventrikel- insb. im Vorderhirn - in Zusammenhang mit ausgeprägteren negativen Symptomen

Unklar, ob Ventrikelvergrößerung von Beginn an oder ob neurodegenerativer Prozess

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 27

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.3 Neuroanatomische Veränderungen (2)

„Hypofrontalität“

Beeinträchtigung präfrontaler Strukturen des FLGeringeres FL-VolumenAusgedünnte Neuronendichte und verringerte SynapsenanzahlReduzierte neuronale VernetzungVolumen der präfrontalen weißen Masse: Zusammenhang mit neg. Symptomen

Störung der wesentlichen präfrontalen SchaltkreiseReduzierte thalamische Projektion zum PFCVergrößertes Volumen von Teilen der Basalganglien (Globus pallidus, Putamen)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 28

Page 15: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.3 Neuroanatomische Veränderungen (3)

Temporallappen

Verkleinertes Volumen Beide Hippocampi und Parahippocampi, Amygdala, Enthorhinaler Cortex,Superiorer Gyrus des TL

Heschl‘sche Querwindung, Primäre Hörrinde, Linksseitiges Planum temporale

Veränderungen der Hirnstrukturen beeinträchtigen sehr wahrscheinlich die Entwicklung kognitiver Funktionen

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 29

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.4 Neurotransmittersysteme (1)

Dopamin (DA) insb. positive Symptome

Klassische Dopaminhypothese: Hyperaktivität des DA-Systems (bei Positivsymptomatik)

Wohl eher: erhöhte Dichte oder Empfindlichkeit der DA-Rezeptoren

Dysregulation der DA-Freisetzung geht vor allem mit akuten Episoden einher

PFC - insb. DLPFC: regulierende Wirkung auf striatale DA-AktivitätAnsonsten Auslösung psychotischer Symptome

Neg. Symptome in Verbindung gebracht mit Unterfkt. der D1-Rezeptoren im PFC

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 30

Page 16: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Ätiologische Modellvorstellungen

(2) Biologische Faktoren (Forts.)

2.4 Neurotransmittersysteme (2)

Serotonin (5-HT) halluzinogene Wirkung

Erhöhte Dichte von 5-HT1A-Rezeptoren im PFC Hinweis auf verminderte serotonerge 5-HT1-Aktivität im PFC

Verminderte Dichte von 5-HT2-Rezeptoren im TL – vor allem im HC Hinweis auf überhöhte 5-HT2-Aktivität im TL

Glutamat negative Symptome

Hemmung glutamaterger Aktivität

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 31

Ätiologische Modellvorstellungen

(3) Heuristisches, interaktives Vulnerabilitäts-Stress-Modell(zur Entstehung schizophrener Episoden) (Hahlweg et al. 2006)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 32

Schizophrene Symptome entstehen aus einer Interaktion von Einflüssen auf den Ebenen der Biologie, der Umweltund des Verhaltens

• Dysfunktion des autonomen NS• Störungen von Aufmerksamkeit und Informationsverarbeitung• …

• Emotional belastendes Familienklima• Belastende Lebensereignisse• …

Page 17: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Fragen?

Schizophrenie und Gewalt

Einleitung

Risikofaktoren

Neuropsychologische Korrelate

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 34

Page 18: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Einleitung

Menschen mit Schizophrenie haben ein (3- bis 7-fach) erhöhtes Risiko, gewalttätiges Verhalten (i.d.R. schwere Gewaltdelikte) zu zeigen- kein generell erhöhtes Risiko für delinquentes Verhalten!

Geburts-, und Populations – Studien konnten dies bestätigen.

Welche Faktoren führen nach eurer Meinung bei Schizophrenen zu gewalttätigem Verhalten ?

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 35

Einleitung

Personen mit Schizophrenie erfüllen in mindestens 20 % der Fälle bereits vor dem 15 Lebensjahr die Kriterien einer Verhaltensstörung(antisoziales Verhalten, Missachtung von Normen und Regeln)

und als Konsequenz die Kriterien einer antisoziale Persönlichkeitsstörung neben der Schizophrenie im Erwachsenenalter.

Diese persistenten Formen der Gewalt werden fast ausschließlich von Männern gezeigt (ähnlich wie in der normalen Population).

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 36

Page 19: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Einleitung

Review von Naudts & Hodgins (2006)

Ziel: Warum gibt es so viele persistent gewalttätige Schizophrene? Wie unterscheiden sie sich von nicht gewalttätigen Schizophrenen?

Ergebnis: Gegensätzliche und schwache Befunde aus 17 Studien.

Jedoch konnte dieses Review herausstellen, dass bei der Betrachtung von Schizophrenie und Gewalt oft unterschiedliche Formen und Ursachen der Gewalt nicht konsequent berücksichtigt werden.

Gewalttätige Schizophrene stellen eine sehr heterogene Personengruppe da !

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 37

Risikofaktoren

Frau A. wirft Becher mit heißem Tee in Richtung anderer Patienten und dem Personal der Klinik. Wenn sie danach gefragt wird, warum sie dies tut, erklärt sie, dass sie einen Chip in ihrem Kopf hat. Dieser gibt ihr gelegentlich den Befehl, heißen Tee auf andere Leute zu werfen.

Ursache?

Befehl – Halluzination, Wahn

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 38

Page 20: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Herr B. nimmt mit anderen Patienten an einem Treffen in seiner Station teil. Dieses Treffen wird von einem jungen Psychologen geleitet. Dieser erklärt den Patienten, wie wichtig es sei, Medikamente auch nach der Entlassung weiterhin zu nehmen. Herr B. unterbricht: „ Kann ich an diesem Wochenende nach Hause gehen?“ Der Psychologe antwortet knapp mit „Nein“, woraufhin Herr B. auf den Tisch steigt und den Psychologen schlägt.

Ursache ?

Impulsivität / Mangelhafte Inhibition

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 39

Risikofaktoren

Herr C. hatte eines Morgens eine Auseinandersetzung mit einem männlichen Pfleger, er fühlte sich respektlos behandelt. Herr C. ist ein durchschnittlich gebauter Mann, der Pfleger ist kräftig gebaut und wiegt an die 120 Kilogramm. Die Auseinandersetzung endete ruhig. Am Abend gab es einen Schichtwechsel, nun war eine zierlich gebaute Krankenschwester für ihn verantwortlich. Herr. C. wartete auf den geeigneten Moment, als diese alleine auf dem Flur der Station war. Dann griff er sie, schlug ihr ins Gesicht und brach ihre Nase. Bei der späteren Anhörung redetet er über die vorherige Auseinandersetzung mit dem Pfleger. Bei der Frage danach, warum er dann die Krankenschwester schlug, sagte er: „Der Pfleger war zu groß, der hätte mich fertig gemacht. Ich bin vielleicht verrückt, aber nicht dumm!“

Ursache?Antisoziale Persönlichkeitsstörung, Psychopathie

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 40

Page 21: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Ursachen der Gewalt:

Mit positiven Symptomen der Schizophrenie assoziierte Gewalt:

Offensichtlichste Form der Gewalt bei Schizophrenen (Befehls-)Halluzinationen, WahnDie Stärke der Symptome ist direkt mit gewalttätigem Verhalten korreliert.Macht jedoch nur 20 % der Gewalttaten bei Schizophrenen aus !

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 41

Risikofaktoren

Impulsive Gewalt :

Impulsivität wird als direkte Folge einer schizophrenen Störung angesehen (keine komorbide Ursache).Schlechte Leistungen z.B. im Go / NoGo – ParadigmaImpulsivität ist direkt mit gewalttätigem Verhalten bei Schizophrenen korreliert.Diese Form der Gewalt ist oft nicht geplant und ohne Motiv.Im Nachhinein äußern die Personen oft Reue.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 42

Page 22: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Go /NoGo - Paradigma

http://www.klinikum.uni-heidelberg.de

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 43

Risikofaktoren

Gewalt auf Grund einer komorbiden Psychopathie:

Psychopathie wird durch eine Reihe von Persönlichkeitseigenschaften und affektiver Veränderungen definiert (u.a. Egozentrismus, abgeflachter Affekt, Mangel an Empathie und Schuldgefühlen , etc.)Folge sind regelmäßigen Gewalttaten und der Bruch sozialer Normen.

Schizophrenie und Psychopathie können koexistieren!Komorbide Persönlichkeitsstörungen erklären einen Anteil der Gewalt bei Schizophrenen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 44

Page 23: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Formen der Gewalt:

Körperliche Gewalt Sexualisierte Gewalt Psychische und emotionale Gewalt Belästigung …

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 45

Risikofaktoren

Weitere Faktoren:

Komorbider Substanzmissbrauch:

Substanzmissbrauch erhöht das Risiko von Gewalttaten bei SchizophrenenSchizophrenie erhöht das Risiko von Substanzmissbrauch60 % Substanzmissbrauch, 37 % Sucht (Baseline – Messung)Substanzmissbrauch senkt ebenfalls die Compliance bei der Einnahme von Medikamenten

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 46

Page 24: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

(Non-)Compliance bei der Einnahme von Medikamenten:

Einnahmeverweigerung bei Antipsychotika liegt bei ca. 50 % !Negativer funktionelle Folgen - u. a. gewalttätiges Verhalten auf Grund einer Zunahme schizophrener Symptome (Halluzinationen, Wahn).

Jedoch liegt hier eine bidirektionale Wirkung vor.Aggression und Gewalt können ebenfalls als Prädiktoren für die Einnahmewahrscheinlichkeit verwendet werden.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 47

Risikofaktoren

Medikamente:

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 48

Page 25: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Antipsychotika:wirkungsvollstes Medikamente zur Senkung von gewalttätigem Verhalten ist „Clozapin“ (breite Wirkung)Mehrere Studien konnten deren Wirkung im Vergleich zu anderen atypischen Antipsychotika(„Risperidon“, „Olanzipin“, etc.) bestätigen.Diese sind typischen Antipsychotika häufig überlegen.Jedoch sind die Effekte insgesamt sehr schwach oder widersprüchlich.

Stimmungsstabilisierende Medikamente („Valproat“, „Carbamazepin“, etc.) und Lithium konnten nur in Ausnahmen Effekte zeigen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 49

Risikofaktoren

Verschiedene Medikamente gehen mit unterschiedlichen „Nebenwirkungen“ und spezifischen kognitiven Veränderungen einher.

Scheinbar reagieren unterschiedliche schizophrene Subtypen auch unterschiedlich auf einzelne Medikamente.

ClozapinMehr Symptomreduktion bei persistent gewalttätigen Schizophrenen.Risperidon, Olanzapin Mehr Symptomreduktion bei nicht-gewalttätigen Schizophrenen.

Daher ist es von großer Bedeutung Art und Dosis der Medikation auch im Zusammenhang mit gewalttätigem Verhalten genau zu berücksichtigen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 50

Page 26: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Risikofaktoren

Die widersprüchlichen Ergebnisse kommen also dadurch zu Stande, dass unterschiedliche Formen von Gewalt mit dem gleichen Medikament behandelt wurden (spezifische Wirkung).

Dies spricht erneut für unterschiedliche Subtypen gewalttätiger Schizophrener, die eine spezifische Behandlung nötig machen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 51

Risikofaktoren

Drei Subtypen gewalttätiger Schizophrener:

Wahnhaft (Psychotisch)Folgen

Impulsiv schizophrener Symptome- spontan

Psychopathisch Koexistenz mit der Schizophrenie- persistent

Existieren spezielle neuropsychologische Korrelate für den letzten Subtyp?

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 52

Page 27: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Angewendete Testverfahren:

NSS (Neuropsychological Soft Signs)NSS sind nicht, wie die bekannten klinisch-neurologisch harten Zeichen, exakt lokalisierbaren Hirnarealen zuzuordnen. Sie spiegeln vielmehr Funktionsstörungen in folgenden Bereichen wieder: Feinmotorik (z.B. Diadochokinese), Koordinative Motorik (z.B. Finger-Daumen-Opposition), Ausführung komplexer sequentieller Bewegungsmuster (z.B. Oseretzki's Test) Sensorische Leistungen (z.B. Stereognosis, Rechts-Links-Orientierung)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 53

Neuropsychologische Korrelate

Finger-Daumen-Opposition

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 54

Page 28: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Die Pathogenese dieser Störungen ist unklar.

Die Funktionsstörungen im Bereich der NSS sind vor allem im Hinblick auf Korrelationen zu verschiedenen neuropsychologischen Defiziten als mangelnde Funktionsfähigkeit verschiedener zerebraler Funktionssysteme (motorisch, sensorisch, kognitiv) einzuschätzen.

In verschiedenen Studien konnte gezeigt werden, dass NSS häufiger und in stärkerer Ausprägung bei schizophrenen Patienten als bei gesunden Probanden und Patienten mit anderen psychiatrischen Krankheitsbildern vorliegen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 55

Neuropsychologische Korrelate

Neuropsychologische Tests

WCST(Wisconsin Card Sorting Test), Trail Making Test WAIS (Wechsler Adult Intelligence Scale)Trigram Test etc.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 56

Page 29: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

WCST

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 57

Neuropsychologische Korrelate

Trail Making Test

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 58

Page 30: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Funktionelle u. Strukturelle Bildgebung fMRT PETSPECT etc.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 59

Neuropsychologische Korrelate

Kennzeichen persistenter Gewalt:Verhaltensstörung in der JugendAntisoziale Persönlichkeitsstörung / Psychopathie im Erwachsenenalterfast ausschließlich männlichenorme Belastung für das Gesundheitswesen (dauerhafte Unterbringung) / Gerichte (häufige Prozesse)

oft schlechte schulische Leistungenfrüher Drogenmissbrauchhäufig körperlicher Missbrauch in der FamilieKriminalität / Drogenmissbrauch in der Familie

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 60

Page 31: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Neuropsychologische Korrelate antisozialer Persönlichkeitsstörungen:

Mehr NSS (korreliert mit Tests zu orbitofrontalen Funktionen)Geringeres Volumen des gesamten Gehirns (Gehirnatrophie)

Beeinträchtigte Hirnareale: DLPFCOFCTemporallappen (Hippocampus, Amygdala)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 61

Neuropsychologische Korrelate

DLPFC

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 62

Funktion:•Arbeitsgedächtnis•„Exekutive Funktionen“

(Planung, Entscheidung)

Spezifische Folge:•Fehleinschätzungen•„Falsche“ Entscheidungen

Page 32: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

OFC

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 63

Funktion:•Repräsentation von Belohnung und Bestrafung•Entscheidungen

Spezifische Folge:•Disinhibition•Missachtung von Risiko

Neuropsychologische Korrelate

Temporallappen

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 64

Funktion:•Sprache, Gedächtnis•…

Spezifische Folge:•Mangelhafte verbale Fähigkeiten

Page 33: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Amygdala - Dysfunktion (niedrigerer Cortisol – Level)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 65

Spezifische Folge:•Geringe Stress- Reaktion•Auch Gewalt weniger aversiv

Neuropsychologische Korrelate

MissbrauchGewaltUmweltanforderungen

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 66

StressVerhaltens-

störungAntisozialePersönlich -keitsstörung

Page 34: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Dauerhaft verringerter Cortisol – Level(geringe Stress – Antwort)

Gehirn – Atrophie (DLPFC, Amygdala – orbitofrontales System)

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 67

StressVerhaltens-

störungAntisozialePersönlich -keitsstörung

Neuropsychologische Korrelate

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 68

StressVerhaltens-

störungAntisozialePersönlich -keitsstörung

Page 35: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Neuropsychologische Korrelate Schizophrener mit antisozialer Persönlichkeitsstörung:

Insgesamt weniger (!) neuropsychologische Defizite als bei nichtgewalttätigen Schizophrenen.

Bessere Leistungen: u. a. WCST (Wisconsin Card Sorting Test), Trail Marking Test und dem WAIS (Wechsler Adult Intelligence Scale).

bessere exekutive Funktionen und verbale Fähigkeiten

jedoch höhere Impulsivität

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 69

Neuropsychologische Korrelate

Insgesamt weniger starke hirnanatomische Veränderungen als bei nicht-gewalttätigen Schizophrenen, aber….

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 70

Eingeschränkte Konnektivität Amygdala - OFC

Page 36: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Wie erklärt man, dass persistent gewalttätige Schizophrene, die schon vor Beginn der Schizophrenie hirnanatomische Defizite aufzeigten, im Vergleich zu anderen Schizophrenen nun weniger Defizite zeigen?

Schlüssel: Stress – Reaktion

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 71

Neuropsychologische Korrelate

Vulnerabilitätsfaktoren

MissbrauchGewaltUmweltanforderungen

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 72

StressSchizophrene

Störung

Page 37: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 73

StressSchizophrene

Störung

Neuropsychologische Korrelate

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 74

StressVerhaltens-

störungAntisozialePersönlich -keitsstörung

Schizophrene Störung

Page 38: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Neuropsychologische Korrelate

Da spezifischer und starker Stress in frühen Entwicklungsphasen sowohl persistente Gewalt als auch eine schizophrene Störung bedingen kann, erklärt dies möglicherweise den hohen Anteil persistent gewalttätiger Schizophrener.

Persistente Gewalt ist aber nicht als genereller Schutzfaktor bei einer schizophrenen Störung zu verstehen.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 75

Neuropsychologische Korrelate

Eine antisoziale Persönlichkeitsstörung bedingt im Zusammenhang mit mangelnder Inhibition oft häufigeren Drogenmissbrauch.

Dieser führt insbesondere bei Schizophrenen zu einem Abbau kognitiver Leistungsfähigkeit.

Dies könnte auch Studien erklären, bei denen bei fortgeschrittener schizophrener Störung keine Leistungsunterschiede mehr gefunden wurden.

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 76

Page 39: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Fragen?

Diskussion

Könnt ihr euch die kognitive Überlegenheit persistent gewalttätiger Schizophrener noch auf eine andere Weise erklären?

Habt ihr Ideen für die Therapie gewalttätiger Schizophrener?

Oder können sie gar nicht therapiert und daher nur „weggesperrt“werden?

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 78

Page 40: Schizophrenie - uni-due.de · Einleitung - Schizophrenie Schwerwiegende psychische Störung Stigmatisierung und Vorurteile Großes Leid für betroffene Patienten und ihre Angehörigen

Literatur

Margraf, J. & Schneider, S. (2009). Lehrbuch der Verhaltenstherapie II. Heidelberg, Springer.Sartory, G. (2007) Schizophrenie. Empirische Befunde und Behandlungsansätze. Heidelberg, Spektrum-Elsevier. Sass, H., Wittchen, H.-U. & Zaudig, M. (Hrsg.). (2003). Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen – Testrevision (DSM-IV-TR). Göttingen, Hogrefe.Wright, I. C., Rabe-Hesketh, S., Woodruff, P. W.R., David, A. S., Murray, R. M. & Bullmore, E. T. (2000). Meta-Analysis of Regional Brain Volumes in Schizophrenia. Am. J. Psychiatry 157: 16-25 Hilger E., Kasper S. (2002). Kognitive Symptomatik bei schizophrener Erkrankung: Diagnostik und Pharmakotherapie. Journal für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie 3 (4): 17-22Naudts K., Hodgins S. (2006). Neurobiological correlates of violent behavior among persons with schizophrenia. Schizophrenia Bulletin, 32(3): 562-572Naudts K., Hodgins S. (2006). Schizophrenia and violence: a search for neurobiological correlates. Current Opinion in Psychiatry, 19:533-538.Volavka J., Citrome L. (2008). Heterogeneity of violence in schizophrenia and implications for long-term treatment. International Journal of Clinical Practice, 62(8):1237-45

09. Mai 2009 Schizophrenie Seite: 79

Vielen Dank für Eure

Aufmerksamkeit!!!