"schade um all die stimmen ...". erinnerungen an musik im alltagslebenby dorothea...

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Deutsches Volksliedarchiv "Schade um all die Stimmen ...". Erinnerungen an Musik im Alltagsleben by Dorothea Muthesius Review by: Peter Wicke Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 48. Jahrg. (2003), pp. 371-373 Published by: Deutsches Volksliedarchiv Stable URL: http://www.jstor.org/stable/4147873 . Accessed: 17/06/2014 05:59 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Deutsches Volksliedarchiv is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.2.32.185 on Tue, 17 Jun 2014 05:59:19 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

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Page 1: "Schade um all die Stimmen ...". Erinnerungen an Musik im Alltagslebenby Dorothea Muthesius

Deutsches Volksliedarchiv

"Schade um all die Stimmen ...". Erinnerungen an Musik im Alltagsleben by DorotheaMuthesiusReview by: Peter WickeLied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 48. Jahrg. (2003), pp. 371-373Published by: Deutsches VolksliedarchivStable URL: http://www.jstor.org/stable/4147873 .

Accessed: 17/06/2014 05:59

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Rezensionen

Russell teilt im folgenden Hauptteil seiner Untersuchung die Lieder in sechs Themen- bereiche ein: Die >>Liebeswerbung als Gegenstand< untersucht er vom Rokoko bis zu Richard Strauss, wobei er das Thema aufschliisselt etwa in die Aspekte >Schwirmerei<<, >>romantische Triumer< bis hin zur >Hochzeit<<. Jedem thematischen Teilbereich werden eine Fiille von Liedern zugeordnet und Abwandlungen in der Themen-

gestaltung, zumeist epochal bedingt, angedeutet. Diese Methodik und Systematik wiederholt sich in allen Kapiteln, die je einem dann zu diversifizierenden Thema zu-

geordnet sind: >das menschliche Leben<, das Streben nach Gliick<, die Welt um uns<<, >jenseits dieser Welt<, >das Lied und die Geschichte<.

So einleuchtend und prdizise sich diese Systematisierungen auch vorstellen - am Ende bleibt deshalb eine gewisse Enttiuschung bestehen, weil Russell in seinen Be-

nennungen und Rubrizierungen eigentlich kaum iiber blofe Beschreibungen hinaus- kommt: Begriindungen fiir epochal und individuell bedingte Modifizierungen des thematischen Vorwurfs werden bestenfalls angedeutet, das eigentlich Bedeutsame und Aufschlussreiche einer solchen Entwicldung muss sich der Leser aus dem gebotenen Material zumeist selbst erschliefien. Man bedauert auch eine gewisse Oberfldichlichkeit, die etwa bei der Betrachtung (z.B. S. 190-194) von Liedern aus Des Knaben Wunder- horn nicht zu den entscheidenden Motiven Brentanos und von Arnims vordringt, das Material romantisch umzuschreiben, weshalb diese Sammlung eigentlich schon in weiten Ziigen individuell gestaltete romantische Dichtung genannt zu werden verdient - eine Einsicht, die schlieflich auch die scharfe Kritik der Briider Grimm am Wunder- horn verursachte. Die abschlielenden Bibliografien und Register sind fraglos hilfreich, doch wundert man sich hier wiederum dariiber, dass wichtige, im Gang der Unter-

suchung erwiihnte Schriften in diesen Bibliografien nicht erscheinen. Erfreulich aber bleibt an diesem Werk Russells die Lebendigkeit und der keines-

wegs trockene, akademisch-analytische Interpretationsweg in der Behandlung der Texte und Lieder. Dies liegt vielleicht auch daran, dass Russell nicht nur Literatur- und Musikwissenschaftler, sondern auch praktizierender Musiker (Sainger) ist, der sich seit diber 25 Jahren durch Konzerte und Radioaufnahmen ein hohes Ansehen erworben hat.

Giinter Schnitzler, Freiburg i.Br.

>Schade um all die Stimmen ...<<. Erinnerungen an Musik im Alltagsleben. Hg. von Dorothea Muthesius. Wien u.a.: B6hlau, 2001 (Damit es nicht verloren geht 46). 415 S., Abb., ISBN 3-205-99135-4.

Vorliegender Band vereinigt eine einzigartige Sammlung von 60 Erz?ihlungen iiber pers6nliche Musikerfahrungen, verfasst von Autorinnen und Autoren verschiedenen Alters und unterschiedlicher Herkunft aus Osterreich und Deutschland. Die zwischen 1902 und 1962 geborenen Schreiberinnen und Schreiber sind einem Schreibaufruf der

,,Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen<< gefolgt, eines seit 1983 am Institut fuir Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universitiit Wien angesiedelten Archivs, in dem autobiografische Schriften gesammelt, als historische Quellen erfasst und wissenschaftlich ausgewertet werden. Unter der Leitung der Herausgeberin wurde im Rahmen der biografle- und lebensgeschichtlichen Forschungen der >>Dokumenta-

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Rezensionen

tion<< 1997 ein in seiner Art bisher einmaliges Projekt gestartet: die Sammlung und

Auswertung von Material zum Stellenwert der Musik in den Alltagszusammenhingen und der Lebensgeschichte alter und iilterer Menschen. Ihr Vorhaben erkldirt die

Herausgeberin in dem dem Band beigefiigten Schreibaufruf fir diese Dokumenten-

sammlung mit folgenden Worten:

Grund meines Interesses an den >>musikalischen Biographien<< ilterer und al- ter Menschen ist, Erkenntnisse iiber die Musikerfahrungen ganz >>normaler<< Musiknutzer zu gewinnen. Sind die Biographien grofter Musiker meist gut dokumentiert, so blieb bislang unerforscht, wie Nicht-Musiker oder Laien- Musiker mit Musik umgehen, welche alltdiglichen und besonderen Erlebnisse damit verbunden sind. Dabei sind mir Musikerfahrungen aus dem ganzen Lebenslauf wichtig: in welche familiiren Musikgewohnheiten wurde man hinein geboren, wer hat mit einem die Kinderlieder gesungen, gab es schon

ein Radio, gab es in der Jugend eine Gruppe, mit der man singend durch Wald und Flur wanderte, bei welchem Schlager hat man sich in welchen Partner verliebt, und schlietlich: veriindern sich die Erfahrungen mit dem Alterwerden? [S. 414f.]

Herausgekommen ist ein faszinierender Einblick in den Zusammenhang von Leben,

Alltag und Musik, der die Bedeutung von Musik im Verlauf des Lebens erahnbar macht. Besonders scharf zeichnen sich dabei die gravierenden Veriinderungen ab, die Aufkommen und Entwicklung der Massenmedien ausgelbst haben. In der groflen Mehrheit der hier versammelten Erinnerungen ist die eigene Musikerfahrung in der wiihrend der Kindheit und Jugend erhaltenen Prdigung verortet, was altersbedingt bei der zu Wort kommenden Generation iiberwiegend in den noch vormedialen Zeitraum fillt. So scheint nicht nur eine nun unwiderruflich unterzugehende Phase des Musik- lebens auf, in der das Leben mit Musik noch malgeblich von eigener musikalischer

Betditigung in Gestalt des Singens und instrumentalen Musizierens gepriigt oder doch zumindest begleitet war. Es werden an den Aufzeichnungen vor allem die tief greifen- den Einschnitte, die Rundfunk und das Ende der Zwanzigerjahre zum Massenmedium werdende Grammofon mit sich brachten, aus einer Perspektive fassbar, die in den

Betrachtungen dieser Medien bisher nahezu vallig vernachliissigt ist - auf der ganz unspektakuliiren Ebene des >>normalen<< Musiknutzers. Aufschlussreich ist auch die

lebensgeschichtliche Einordnung der unterschiedlichen Genres, vom Volkslied bis zur

Oper, die jeweils auf eine besondere Weise eine identitaitsstabilisierende Rolle in den

individuellen Lebensgeschichten spielen. Und schlieftlich dokumentieren die teils

episodisch kurzen, teils auch recht ausfiihrlichen Schilderungen, dass Musik in jedem Lebensalter ihren ganz eigenen Platz hat, auch wenn der Fokus der Erinnerung auf-

fillig auf Kindheit und Jugend liegt - ein Fixpunkt, auf den bezogen der kulturelle Wandel im Alltag und damit die unterschiedlichen Erfahrungshorizonte der Genera- tionen auch im Umgang mit Musik besonders deutlich greifbar sind und so ent-

sprechend lebendig erinnert werden. Den Erziihlungen hat die Herausgeberin jeweils kurze biografische Anmerkungen

zu den Schreiberinnen und Schreibern vorangestellt, die die Einordnung des Erinner-

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Rezensionen

ten erleichtern. Das Glossar am Ende des Bandes, das die heute nicht mehr als All-

gemeingut vorauszusetzenden, aber in den Berichten erwnthnten Phinomene eines Geschichte gewordenen Alltags erliutert, ist ebenso hilfreich wie das dem Band bei-

gegebene musikalische Namen- und Titelregister. Eine erliuternde Einfiihrung und ein auswertendes Nachwort der Herausgeberin runden diese iiberaus gelungene Publi- kation ab, deren Lektiire jedem zu empfehlen ist, der das weite Feld des Umgangs mit Musik nicht allein den Soziologen iiberlassen sehen will.

Peter Wicke, Berlin

Die schiinsten deutschen Volkslieder. Hg. von Diana Loos und Daniel Marti. Stuttgart u.a.: Reader's Digest, 2001. 240 S., Abb., mus. Not., 2 CDs, ISBN 3-87070-933-2.

Der Stuttgarter Verlag Reader's Digest mit seiner grogfen Leserschaft in Deutschland hat sich der Aufgabe angenommen, 130 Lieder aus einem kaum iiberschaubaren Tra- ditionsbestand als >>die sch6nsten< herauszufiltern und in einer Kassette inklusive zwei- er CDs zu ver6ffentlichen. Ein prachtvolles grotformatiges Text- und Notenbuch liegt vor. Schon auf den ersten Blick laidt es zum Blittern und Verweilen ein. Zu jedem Lied findet sich mindestens eine Lithografie, eine Radierung, ein Holz- oder Kupfer- stich. Oberwiegend sind es zum Lied passende Bildmotive bekannter Maler aus dem 19. Jahrhundert, wie Caspar David Friedrich, Moritz von Schwind, Carl Spitzweg, Ludwig Richter, Hans Thoma. Sie vermitteln Atmosphdire und sagen etwas iiber Ent-

stehungszeit und Inhalt eines Liedes aus. Mehr als die Hdilfte aller Weisen stammen aus dem 19. Jahrhundert, gesammelt von Achim von Arnim und Clemens Brentano, von Zuccalmaglio, Herder, Erk/B6hme, gefunden in Chorsaitzen Friedrich Silchers und in Johannes Brahms' Liedbearbeitungen. Im Unterschied zu vergleichbaren Pub- likationen nimmt Reader's Digest auch die Melodien aus Chorliedern (O Tiler weit, o Hiihen) und Operchiren (Schon die Abendglocken klingen) auf. Einige Beispiele iiber- schreiten die Grenze vom Volkslied zum Kunstlied. Zahlreiche Heimatlieder vertreten

landestypische Charakteristik. Als Leitgedanken fiir die Liedauswahl dienten offenkundig musikalische Qualitdit

und Zeit iiberdauernde Aussagen der Gedichte. Deshalb wohl bleiben Biindische Lieder, Fahrten- und Stimmungslieder sowie Moritaten und Schlager ausgeklammert. Die Sparten Kinder-, Weihnachts- und religiase Lieder blieben ebenfalls unberiicksich- tigt. Leider fanden die Herausgeber es nicht fiir angebracht, Lieder aus dem 20. Jahr- hundert zu den >>sch6nsten deutschen Volksliedern<<, wie der Titel der Publikation ver-

spricht, aufzunehmen.

Jedem Lied ist neben den Noten ein erldiuternder Kommentar beigegeben. Darin werden Sinnbilder erklirt, symbolische Anspielungen erliutert, Dichter und Kompo- nisten in ihre Zeit gestellt. Mit knappen Worten gelingt ein hoher Informationswert. Alle Lieder sind durch international iibliche und eingangs erkliirte Akkordsymbole harmonisiert. Leider stimmen bei vier Liedern die zugeordneten Harmoniefolgen nicht. Liedbegleiter sollten in der Kunst des Transponierens in andere als die vor-

gegebenen Tonarten geiibt sein, denn mindestens 30 Lieder sind ffir >>normale Sdinger<< bis zu einer Quinte zu hoch, acht Lieder dagegen zu tief gesetzt. Oft handelt es sich

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