reklamation – aber bitte effizient! - vda-qmc.de · im rahmen der reklamationsbearbeitung auf...
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D ie Automobilindustrie erfährtzurzeit eine massive Verschie-bung der Wertschöpfungsanteile
vom Hersteller (OEM) hin zu den Liefe-ranten, Tendenz weiter zunehmend. Hier-durch ist auch der Anteil der durch Liefe-ranten verursachten Fehler deutlich ange-
stiegen. In den Unternehmen werden da-her CAQ-Systeme zur Verwaltung der Re-klamationen und auf Lieferantenseiteauch zur Unterstützung des internen Feh-lerabstellprozesses genutzt.
Viele OEMs und auch die größerenZulieferer haben Lieferantenportale im
Einsatz, über die deren (Sub-) Lieferan-ten ihre Informationen (Stellungnahmen)zu den Reklamationen – meist in Form ei-nes 8D-Reports – direkt eingeben kön-nen. Die Portallösungen stellen jedoch ei-nen Medienbruch in der Kommunikationzwischen OEM und Lieferant dar, da die
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VDA-LEITFADEN STANDARDISIERT REKLAMATIONSPROZESS
Reklamation –aber bitte effizient!
Hartmut Ide, Ostfildern
Der Reklamationsprozess zwischen Kunde und Lieferant
enthält meist Medienbrüche und kundenindividuelle Pro-
zessschritte. Dabei ermöglicht das QDX-Format längst den
standardisierten Austausch von Reklamationsdaten. Ein
neuer VDA-Leitfaden vereinheitlicht den den Reklamations-
prozess und kann so zur Reduktion der Reklamations-
kosten beitragen.
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im Rahmen der Reklamationsbearbeitungauf Lieferantenseite entstehenden Datenredundant eingegeben und gepflegt wer-den müssen – in das eigene, interne Sys-tem und über das Portal in das „fremde“System des Kunden. Um den Aufwand derLieferanten im Reklamationsprozess zuminimieren, wird von einigen Herstellernsowie einigen großen Zulieferern eineSchnittstelle zum elektronischen Aus-tausch der Reklamationsdaten auf Basisvon QDX angeboten.
Kommunikationsproblem gelöst
Die bisher realisierten Anbindungen aneine QDX-Schnittstelle offenbarten je-doch offene Punkte in der Definition derKommunikation zwischen Kunde undLieferant. Eine davon ist die Komplexitätdes Reklamationsprozesses selbst. Ober-flächlich betrachtet erfolgen im Reklama-tionsprozess lediglich zwei Schritte:� Der Kunde beanstandet bei seinem Lie-
feranten einen Fehler.� Der Lieferant führt die Fehlerbehe-
bung durch und sendet die Dokumen-tation dazu in Form eines 8D-Reportsan den Kunden zurück.
Wird der Reklamationsprozess aber imDetail betrachtet, so lassen sich weitere(und vor allem notwendige) Schritte iden-tifizieren. Beispiele dafür sind:� Stellungnahme des Kunden zum 8D-
Report,� Zurücknehmen bzw. Stornieren einer
Reklamation oder� Abschluss einer Reklamation.
Da die einzelnen Prozessschritte bishernicht allgemeingültig festgelegt waren,wurden diese von jedem Kunden (OEMbzw. größerer Zulieferer) individuell vor-gegeben. Das führte dazu, dass in den Re-klamationsprozessen und damit in derKommunikation zwischen Kunde undLieferant im Detail erhebliche Unterschie-de bestehen und die Lieferanten jedenKunden separat anbinden müssen, um dieReklamationsdaten auf elektronischemWeg direkt miteinander austauschen zukönnen.
Zur Behebung dieser Schwachstellewurde der Reklamationsprozess zwischenKunde und Lieferant von QM-Expertender OEM, der Lieferanten und namhafterCAQ-Anbieter diskutiert, vereinheitlichtund in einem neuen Leitfaden des VDAQMC erstmals im Detail beschrieben.
Ein Schwerpunkt ist dabei die Be-schreibung der Kommunikation zwischenKunde und Lieferant und damit die Fest-legung der Schnittstellen für den elektro-nischen Datenaustausch via QDX. Insbe-sondere wird auf die einzelnen QDX-Do-kumente eingegangen, die für den Daten-austausch zu verwenden sind.
Der Leitfaden setzt dabei auf vorhan-denen Prozessen, Methoden und Werk-zeugen auf. Daher wird weder auf die ein-zelnen Schritte des 8D-Reports im Detaileingegangen (Methode), noch werden diezum Einsatz kommenden QDX-Doku-mente inhaltlich beschrieben (Werkzeug).
Beschreibung des Gesamt-
prozesses auf zwei Ebenen
Zunächst wird der Kontext der Schritteinnerhalb des Gesamtprozesses beschrie-ben. Anschließend erfolgt die detaillierteBeschreibung der Prozessschritte, geglie-dert nach den vier Teilprozessen „Initiali-sierung des Reklamationsprozesses“,„8D-
Methode‘“, „Verifikation/Abschluss“ und„Reklamation ablehnen“. Für jeden ein-zelnen Prozessschritt ist dargestellt, wasder notwendige Input bzw. der erwarteteOutput ist, wer der Verantwortliche fürdie Durchführung des Prozessschrittes istund wo ggf. ein Datenaustausch (Kom-munikation) mit dem Geschäftspartnervia QDX stattfindet.
Der Leitfaden betrachtet – falls sinn-voll und notwendig – auch die wesent-lichen Unterstützungsprozesse, die durchReklamationen ausgelöst werden, klassi-scherweise aber nicht zum Qualitätsma-nagement gehören. Damit soll klargestelltwerden, wo Schnittstellen zu logistischen(z. B. Rücklieferung) oder kaufmänni-schen Prozessen (z. B. Rückbelastung) be-stehen.
Allerdings sei an dieser Stelle auch dar-auf hingewiesen, dass trotz der Standar-disierung des Reklamationsprozesses,weitere, über die Empfehlungen des VDAQMC hinausgehende Vereinbarungen be-züglich des Austauschs von Rekla-
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Reklamationabgeschlossen
Wirksamkeitder
Maßnahmenbestätigt
Stellungnahmeausreichend?
Prüfung derStellungnahme
8D-Methode
Reklamationberechtigt?
VorprüfungReklamation
Reklamationerfassen undan Lieferantübertragen
Reklamationablehnen
Stellungnahmezurückweisen
Reklamationstorniert
Bild 1. Die wesentlichen Schritte im neuen Reklamationsprozess gemäß VDA-Leitfaden
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mationsdaten zwischen Kunde und Lie-ferant zu treffen sind. Hierzu gehören dieFestlegung zusätzlicher Pflichtfelder (diein QDX lediglich als optional deklariertwurden) und die Definition der Daten-formate und deren Feldlänge.
Werden vom Kunden weitere optionaleQDX-Datenfelder als Pflichtfeld definiert,so sind diese vom Lieferanten zu füllen undin der elektronischen Kommunikation ge-nauso zu behandeln wie QDX-Pflichtfel-der.Das bedeutet,dass ein Nicht-Füllen die-ser Datenfelder zu einem Abbruch desÜbertragungsprozesses führen würde.
Anerkennung einer Reklamation
auf zwei Ebenen
Die Trennung bzw. Unterscheidung zwi-schen technische und kaufmännische An-erkennung ist notwendig, da Fälle außer-halb der Gewährleistung und auch Ku-lanzfälle betrachtet werden müssen, beidenen die Rechtslage nicht immer eindeu-tig ist.� Technische Anerkennung – Der Lie-
ferant erkennt an, dass er der Verursa-cher eines Fehlers ist.
� Kaufmännische Anerkennung – DerLieferant erkennt den Vorschlag zu denkaufmännischen Forderungen desKunden bezüglich der Reklamation an.
Die technische Anerkennung seitens desLieferanten kann über folgende Status-Codes erfolgen:� Accepted – der Lieferant akzeptiert die
Reklamation, da der Fehler bzw. derDefekt von ihm verursacht wurde.
� Not Accepted – der Lieferant akzeptiertdie Reklamation nicht, da der Fehlerbzw. der Defekt nicht von ihm verur-sacht wurde.
� No Trouble Found – der Lieferant ak-zeptiert die Reklamation nicht, da erkeinen Fehler am Teil finden konnte.Das Teil ist nach Spezifikation in Ord-nung [1].
� Pending – der Lieferant kann noch kei-ne Stellungnahme abgeben, da er denFehler bzw.den Verursacher noch nichtidentifizieren konnte.
Die kaufmännische Anerkennung ist inder Praxis ebenfalls Bestandteil des Rekla-mationsprozesses. Sie sollte spätestens mitAbschluss der Ursachenanalyse (D4 im8D-Report) erfolgen. Die hierfür definier-ten Status-Codes sind:� True – der Lieferant akzeptiert die mit
der Reklamation verbundenen kauf-männischen Forderungen des Kunden.
� False – der Lieferant akzeptiert nicht diemit der Reklamation verbundenen kauf-männischen Forderungen des Kunden.
Die Reklamation und der 8D-Reportsind als „lebende Dokumente“ anzuse-hen. Beide Dokumente können daherteilweise oder vollständig und zu jederZeit aktualisiert werden. Beide Ge-schäftspartner können grundsätzlich freientscheiden, wie oft eine Reklamationbzw. ein 8D-Report aktualisiert und anden anderen Geschäftspartner über-mittelt wird.
Wird der 8D-Report vom Kunden ak-zeptiert und ist die Reklamation abge-schlossen, so kann der Lieferant davonausgehen, dass der Kunde hiermit auchdie Wirksamkeit des 8D-Reports bestä-tigt. Der Vorgang der Reklamation kannsomit auch auf Seiten des Lieferanten ab-geschlossen werden. Das bedeutet aberauch, dass der Kunde eine Reklamationnicht mehr reaktivieren kann und im Fal-le von Wiederholfehlern eine neue Rekla-mation erstellen muss.
Die dadurch realisierte Integration derGeschäftspartner (Lieferant bzw. Kunde)in den eigenen Reklamationsprozess op-timiert die Effizienz der Bearbeitung aufbeiden Seiten. Durch die lückenlose, me-dienbruchfreie Dokumentation der Feh-lerbehebung sowie durch die Verringe-rung der Durchlaufzeiten können dasAufkommen von Reklamationen und diedamit verbundenen Kosten deutlich re-duziert werden. �
Quelle1 Westhof, M.: Schadenursache er-
kannt, Kosten gebannt.
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2 http://webshop.vda.de/qmc/index.php
AutorDipl.-Ing. Hartmut Ide, geb. 1961, ist
für das VDA QMC tätig und u. a. Leiter der
dort eingerichteten QDX-Geschäftsstelle.
Zuvor war er über zwanzig Jahre im Qua-
litätsmanagement der Automobilindustrie
tätig, zuletzt im Pkw-Bereich der Daimler
AG.
KontaktHarmut Ide
T 0711 51867647
www.qm-infocenter.deDiesen Beitrag finden Sie online unter der Dokumentennummer: QZ110133
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� REKLAMATIONSMANAGEMENT MIT QDX
Der Reklamationsprozess wird üblicher-weise durch das Beanstanden einer Ware oder Dienstleistung seitens Kundegegenüber Lieferant initiiert. Juristen spre-chen in einem solchen Fall von der Män-gelrüge. Das Reklamationsmanagementumfasst neben der Kommunikation vonAbweichungen von definierten Forderun-gen auch das Handling beanstandeterWaren und insbesondere die Planung,Durchführung und Überwachung allerMaßnahmen, die ein Lieferant bezüglichder Reklamation ergreift. Die Internatio-nalisierung der Einkaufsaktivitäten undder Produktionsstätten der Automobilin-dustrie erfordert weltweit gleiche Quali-tätsmanagementstandards und -prozes-se. Eine immer engere, partnerschaftliche
Zusammenarbeit zwischen Kunde und Lie-ferant ist eine zwingende Voraussetzungfür die globale Wettbewerbsfähigkeit. DerQDX-Standard bietet die Möglichkeit, Re-klamationsdaten zwischen Geschäftspart-nern auf direktem Weg auszutauschen.
Mängel beanstanden – Informationen austauschen
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