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Bd. 1, 1882, by Immanuel Kant

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Einen Vorlesungsplan aus etwa dieser Zeit drfen wir mit Wahrscheinlichkeit im fnften Paragraphen von Rinks Ausgabe der physischen Geographie (K. W. VIII. 159) vermuten. Derselbe enilt zunchst ausser der mathematischen (und physischen) noch die moralische und politische Geographie im oben bestimmten Sinne. An diese schliessen sich dann noch die mercan- tilische Geographie, deren Ort allerdings befremdlich weit von der phy- sischen Geographie, aus der sie unmittelbar erwchst, getrennt ist, sowie eine theologische Geographie, die analog den brigen ,,die theologischen Principien nach der Verschiedenheit des Bodens^ giht, durch die sie mehrenteils sehr wesentliche Vernderungen erleiden^. Endlich sollen die Abweichungen der Natur in dem Unterschiede zwischen Jugend und Alter, femer das, was jedem Lande eigentmlich ist, bemerkt werden^. In den ersten sechs Abschnitten haben wir einen Plan, in dem der mathe- matisch-physische Teil durch den anthropologischen fest erdrckt scheint. Wir drfen 'daher schliessen, dass von den fast dreifachen, zu verschiedenen Zeiten von Kant ausgearbeiteten Heften", die Bink bei seiner nachlssigen 47 b ist deatlich, dass fr den so begrenzten Stoff der Name j^physische Geographie'' nur noch eine traditioneUe, nicht die sach- lich gebotene Bezeichnung ist. Jedoch noch mehr ist anders geworden. Das einigende Band fnr das Ganze ist zwar auch jetzt nicht die theoretische Erkenntnis, aber doch nicht mehr die Neubegierde eines Reisenden'^ sondern viehnehr der ,,Unterhalt des Umganges", wie ihn ein geselliges Jahrhundert^' fordert. Der Gelehrte soll wissen, was sich schickt''. Eine Hilfe dazu aber ist der hier gebotene Vorrat einer grossen )Iannig&ltigkeit angenehmer und belehrender Kenntnisse von leich- ter Fasslichkeit". Unverkennbar also verrt sich in dieser Zwecksetzung zu Gunsten der geselligen Glckseligkeit die lebendige Quelle, aus der Kant seit dieser Zeit vornehmlich schpfte. Zugleich aber bietet sich uns hier der Gesichtspunkt, von dem aus Kants anthro- polo^sche Leistungen ihre Wrdigung fordern. Ffirs erste gengt es, die nchstliegende Folge dieser Ziel- bestimVnung anzugeben. Der Umfang nmlich dieser phjsisch- morafisch-politischen Geographie wnd offenbar unbestimmt weit. Gibt es doch kein Problem der Psychologie, der Logik, Aesthetik und Ethik, der Pdagogik, der Rechtsphilosophie u. s. w., das nicht als Glied eines solchen Ganzen verwertbar wlirde. Leicht begreif- lich ist es daher, dass der Stoff, der schon jetzt den ursprnglichen Kahmen gesprengt hat, dem Philosophen bald nach allen Seiten ber denselben hinauswuchs. In gleicher Richtung aber wirkten auch jetzt wieder noch andere Krfte. Die beiden Studiengebiete, die Kant anfsEuigs nahezu gleich stark in Anspruch genommen hatten, wennschon er die natur- wissenschaftlichen Arbeiten immer nur von philosophischem Interesse aas und als Mittel zum Zweck der philosophischen Erkenntnis ge- trieben hatte ^), bten schon seit dem Beginn der Docentur nicht mehr die gleiche Anziehungskraft auf ihn aus. Immer mehr concen- trirte sich seine Auftnerksamkeit auf das eigentliche Ziel seines Atugabe benutzt hat, ein ganzes oder ein BmchBtiick dieser Zeit angehrt. Die dtirten Andeutungen ber eine Geographie der Lebensalter u. b. w. stammen allem Anschein nach aus einem Marginal Kants zu diesem Entwurf. ^) HsLMHOLTz* entgegengesetzte Annahme (Vortrge, Drittes Heft, 102) wird durch keine, der spezielleren Tatsachen aus Kants Eotwicklnngs- geschichte gesttzt. 48 Strebens; immer bestimmter wurde demgemttss die retrograde Be- wegung, die seine speziellen naturwissenschaftlichen Studien bereits eingeschlagen hatten. Immer entschiedener also kam die Kraft, die durch das Zurcktreten der phjsisch-geoorraphischen Interessen, das wol auch die Ausarbeitung jenes Auszuges scheitern Hess, frei wurde, seiner Anthropologie zu gute. Immer weniger Hessen sich beide Dtsciplinen in einer Vorlesung zusammen behandeln. So be- reitete sich, sptestens seit dem An&ng der siebziger Jahre, eine Reaction gegen jene Vereinigung vor, deren erster Erfolg war, dass das berreich gewordene anthropologische Material ganz aus der Vorlesung ber physische Geographie entfernt wurde, um in eine Form gebracht zu werden, die es fr eine selbstndige Vorlesung ber Anthropologie verwertbar machte. Jene Purificirung des ur- sprnglichen Collegs muss bis zum Sommer 1772 vollendet gewesen sein^); diese Verselbstndigimg der Anthropologie tritt anderthalb Jahre spter ein. Seit dem Wintersemester 1773/74 sehen wir beide Gebiete in zwei selbstndige CoUegien abgetrennt, in eine Sommervorlesung ber physische Geographie und in eine Wintervorlesung, die zuerst, als Anthropologie bezeichnet,*) in jenem Wintersemester abge* halten wurde. ^) Die neue Wissenschaft, die sich somit ftir Kant aus den Dis- ciplinen der moralischen und politischen Geographie heraus ent- wickelt hat, wird femer so bestimmt, dass wir zwar nicht in An- sehung der grundlegenden Idee, aber doch hinsichtlich der Ausfh- rung im einzelnen bestimmte Anzeichen eindringender Fortbildung antreflFen. ^) Die Berliner Knigl. Bibliothek besitzt eine Nachschrift der kan- tischen Vorlesung ber physische Geographie aus dem Jahre 1772, welche durchaus ebenso wenig anthropologischen Inhalt hat, als das spter von Rink herausgegebene Handbuch. *) Den Namen hat er wol von Platners scholastischer** Anthropologie. Er selbst betont, dass sie auf keiner anderen Akademie gelesen wird'^ fUhrapologie , herausg. von Starke 5 f. *) So nach den Angaben des Faculttsalbums. Dazu stimmt W. VIU. 696. Der Brief stammt vom Ende 1774 (so auch Schubert, N, Preuss, Provbl. n. F. XII. 53), nicht 1773 (Hartenstein). Angekndigt waren: Logik, Natur- recht, physische Geographie, ein Examinatorium et Disputatarium ; Kant las: Metaphysik, Anthropologie (praeeunte Baumgarten), Ethik, das Disputaiorium, Vgl. auch W. II. 447, Anm.; Kants Airgabe W. Vlil. 791 ist demnach ungenau. 49 Unverndert ist das praktische Ziel: auch sie soll lehren, den erworbenen Wissenschaften und Geschicklichkeiten das Pragma- tische zu verschaflFen** , sie will die Quellen aller Wissenschaften, lie der Sitten, der Geschicklichkeit, des Umgangs, der Methode, Menschen zu binden und zu regieren, mithin alles Praktischen er- fliien*^ Die Vorlesung soll deshalb fr die Hrer mehr eine ntz- liche Unterhaltung als eine mhsame Beschftigung" sein, mehr ,,ein Spiel des Verstandes" bieten als tiefe Nachforschung" er- fordern ^). Prcisirt dagegen ist die Aufgabe der Wissenschaft. Sie soll die Menschen kosmologisch erwgen, d. i. nach dem, was ihr Verhltnis im Ganzen , darin sie stehen . und darin ein jeder selbst .Neine Stelle einnimmt, uns anzumerken gibt". Ueber den spezielleren vSinn dieser kosmologischen Betrachtung belehrt uns der Gegensatz, in dem Kant sie sich gegen die Methode der empirischen Seelen- lehre" denkt, die den Menschen betrachtet nach dem, was er im Einzelnen Merkwrdiges enthlt". Der Mensch also nicht als In- dividuum, das die Gattung reprsentirt, sondern als Glied des Ganzen der menschlichen Gesellschaft ist das Object der Anthropologie. Er- gnzt wird diese Bestimmung durch das Verhltnis ihrer prag- matischen Zwecksetzung zur speculativen Betrachtung des Menschen ; denn nicht um die Ursachen der Phnomene ist es ihr zu tun, wie eine physiologische Untersuchung sie eruiren wrde, sondern viel- mehr um die Phnomena und ihre Gesetze" selbst, um eine Art Vorbung fr knftige Erfahrungen *j. Zugleich aber sehen wir die neue Disciplin eingefligt in die kritischen Gedanken Kants aus dieser Zeit. Die Lehrgegenstnde nmlich, die als Vorbungen" zur Kenntnis der Welt" dienen, sind zwei : die Natur und der Mensch, jene das Object der physi- schen Geographie, dieser der Anthropologie. Erstere nun ist die Welt als Gegenstand des usseren Sinnes" ; letzterer oder die Seele ist die Welt als Gegenstand des inneren Sinnes". Diese Bestim- mung, die offenbar zu weit ist , da sie die empirische Psychologie mitum&sst, zeigt uns die Stellung der Anthropologie noch nach andrer Richtung, d. i. gegenber der physiologischen Anthropologie in dem Sinne, den wir jetzt denken wrden. Denn nur sofern die den geistigen entsprechenden mechanischen Vorgnge im Organismus in ') W. IL 447, 435; VIII. 66. ) W. VHI. 152, 696; D. 447. Erdmano, Reflexionen. - 50 - ihren Kreis nicht hineingezogen werden sollen, kann ihr Object als Gegenstand des innem Sinns gedeutet werden. Darauf weist auch die Gleichsetzung von Mensch und Seele hin ^). Allerdings stammt diese Einfiigung in den kritischen Gegensatz zwischen usserem und innerem Sinn mehr aus dem architektonischen Bedrfnis des Philosophen nach fester Gliederung als aus dem Zu- sammenhang der Sache. Die Abhngigkeit des Psychischen vom Physischen, die er. nach wie vor statuirt^j, spottet des Gegensatzes, der die beiden Sinnesarten von einander scheiden soU. Auch in der letzten Periode des Philosophen, in den beiden Jahrzehnten voller Ausreifung des EjitidsmuSy bleibt dieses Ge- dankengefiige , das seine strksten Wurzeln in den persnlichen Neigungen des Philosophen hat, im wesentlichen unverndert be- stehen. Es ist vielleicht nicht einmal genauer ausgefhrt; denn der Schein speciellerer Bestimmtheit, den die in dieser Zeit reichlicher werdenden Daten erwecken knnen, verschwindet, sobald wir einerseits bedenken, dass kein Motiv hinzukommt, welches lediglich aus dieser Zeit stammte, und andrerseits erwgen, dass das steigende Alter den frischen Bronnen seines praktisch -anthropologischen Bedrf- nisses immer mehr zum Versiegen bringt. Eine Verschiebung im Sinne des stetigen Anwachsens der anthro- pologischen Studien, wie ein solches durch die kritische Beschrn- kung auf das Subject bedingt ist, er&hrt die Zwecksetzung. Noch immer allerdings macht die kosmologische Erkenntnis der Natur und des Menschen zusammen die Weltkenntnis aus ^). Aber da der Mensch als vernnftiges Wesen Zweck an sich selbst^' ist, sein Dasein also unter den Erdgeschpfen allein absoluten Wert'' hat, wie Kant in der Ethik glaubt voraussetzen zu drfen, da er also, sein eigener letzter Zweck'', der wichtigste Gegenstand in der Welt ist, fr den er seine erworbenen Kenntnisse und Geschick- lichkeiten gebrauchen kann'', so verdient die Erkenntnis desselben als mit Vernunft begabten Erdenwesens besonders Welt- kenntnis genannt zu werden"*). Die Ansicht, derzufolge anfangs der Mensch nur als ein Glied neben allen anderen *) W. n. 447; VHL 151. ') Man vgl. auch die Anerkennung des gleichen Gedankens bei Herder, der wol auf Kant selbst zurckgeht. Kant W. lY. 1S4. 8) W. Vm. 152, 158. *) Afhropologie , Vorrede W. VII. 431 f. 51 - Gliedern des Naturganzen galt^), ist also in der Tat aUmhlich die contrr entg^engesetzte geworden! Die Aufgabe aber dieser Weltkenntnis des Menschen ist durchaus die gleiche geblieben. Die physiologische Anthropologie, die den physischen Ursachen der geistigen Vorgnge nachgrbelt", also etwra nach Art des Cartesius vernnftelt", bleibt ausgeschlossen'); ebenso die empirische Psychologie, allerdings nicht mehr, weil sie nur im einzelnen betrachtet, sondern weil sie ebenfalls auf die Ur- sachen des Geistigen, wennschon auf die unkrperliche, im Men- schen wohnende Substanz" geht^). Gleichartig ist sie diesen beiden nur, sofern ihre Methode ebenfalls empirisch ist; sie geht von ver- standesmssig vereinigten^' innem Erscheinungen aus, um dann allererst zur innem Erfehrung d. i. zu Behauptung gewisser Stze, die die Natur des Menschen" (berhaupt) angehen, fortzuschreiten *). Dadurch ist z. B. die praktische Anthropologie von der Moral oder der Metaphysik der Sitten geschieden ^). Wie daher zum Zweck der Grenzbestimmung der reinen Erkenntnis vor der empirischen Physik eine Metaphysik der Natur, so wre in gleichem Sinne vor der praktischen Anthropologie eine Metaphysik der Sitten voraus- zuschicken ^). Es handelt sich nach wie vor in der Tat um eine prag- matische Anthropologie, um eine solche also, aus der Regeln des Verhaltens in der Welt gezogen werden knnen ') ; denn es mangelt noch sehr an einer Unterweisung, wie man seine bereits erworbenen Erkenntnisse in Anwendung zu bringen und einen seinem Verstnde sowie den Verhltnissen, in denen man steht, gemssen ntzlichen ^) Vgl. S. 41 dieaea Werks. ^ A. a, 0. 431, 490. ^0 A. a. 0. W. VII. 474, 452; vgl. VIII. 152. *) A. a. 0. W. VII. 453 f. In dieaem Sinne wird anthropologiach ge- legentlich gleichbedeutend mit empiriach {Kritik d, r, V. 870). Von hier ans ist es dann zu verstehen, wenn Kant die empirische Paychologie in der Kritik d. r. V. der Idee nach als einen Teil einer ausfhrlichen Anthro- pologie*' darstellt (Er. 877) oder in der Kritik der Urteilskraft geradezu erklrt, die rationale Psychologie sei nicht Pneumatologie als erweiternde Wissenschaft, sondern bloss Anthropologie des innem Sinns** (U. 443). *) GrundUffimg zur Metaphysik der Sitten, Vorrede. W. IV. 236 f. ^ A. a. 0., bei Stabke 5, Kr. d. r. V. 870. Man vgl. die weitere HoYirong im zweiten Abschnitt der Gmndlegang zur Metaphysik der Sitten. W. IV. 258. *) nlhropoloffie W. VE. 505, 490. 4* 52 Gebrauch von ihnen zu machen habe**^). Lehrt also die physiolo- gische Anthropologie, so formulirt Kant (seinen Gegensatz zwischen Natur und Freiheit auch in diese iur denselben inadquaten Be- ziehungen hineindeutend), was die Natur aus dem Menschen macht, so geht die pragmatische auf das, was der Mensch als freihandehi- des Wesen aus sich selber macht, oder machen kann und soU^). Die erste Quelle derselben bleibt daher der Umgang mit den Stadt- oder Landesgenossen**. Erst nachdem so der Umriss der Idee gegeben ist, tritt die systematische Leetre der Reisebeschrei- bungen (das Reisen) hinzu ^). Beiden stehen als Hilfsmittel Welt- geschichte, Biographien, ja Schauspiele und Romane' zur Seile*). Deshalb haben wir auch kein Recht, der systematischen Ver- bindung, die Kant seiner Anthropologie in dem Briefe an Stndlin vom Mai 1793 mit seinem kritischen Plan gibt^), mehr als den Wert eines gelegentlichen Einfalls beizulegen. Die drei Fragen: 1) was kann ich wissen (Metaphysik)? 2) was soll ich tun (Mo- ral)? 3) was darf ich hoffen (Religion)? treffen wir schon in der Kritik der reinen Vernunft. Die hier coordinirte vierte Frage da- gegen: was ist der Mensch (Anthropologie)?" will sich in diesen Zusammenhang nicht fgen, sei es dass man die Anpassimg von der Aniropologie, sei es von den anderen Disciplinen aus versucht. Sie widerfipricht ausserdem dem trichotomischen Prokrustesbett, durch das Kant in dieser P.eriode seine architektonische Willkr an den Problemen auszulassen pfiegt. Diese Darlegungen ber die Entstehungsgeschichte der kantischen Anthropologie lassen uns das Wesen derselben erkennen. Dieselbe ist ein Kind von Kante geseUigen Anlagen und seines frh ent- wickelten psychologischen Beobachtungstalentes, grossgezogen unter der Vorsorge der physischen Geographie, spterhin vor allem ausgestattet mit den MateriaUen der empirischen Psychologie^), fiir die Kant sonst wie bekannt keinen rechten officieUen Platz hat. Damit haben wir denn auch den Maasstab fr ihre Wert- ^) Physische Geoffraphie, Einleitung W. VIII. 152; vgl. VII. 431. ) W. Vn. 431. ^) Man vgl. S. 36 dicBes Werke. *) W. VII. 433. ) W. VIU. 791. ^) Empirische Psychologie fasse ich jetzt krzer, nachdem ich Anthropologie lese", schreibt Kant im Jahre 1778 an Herz. W. Vlll. 706. - 53 schteung gewonnen. Nicht die theoretischen Aufschlsse die sie gibt, sondern was sie leistet flir die Erziehung des Gelehrten zu einem GKede der weltbrgerlichen ^) Gesellschaft hat ber ihre Be deutung zu entscheiden. Unbillig also ist es, wirkUch erweiternde Erkenntnisse von ihr zu fordern. So geschtzt stnde sie hinter dem, was Kants naturwissenschaftliche, selbst seine physisch geo- graphischen Studien , z. B. um nur einiges zu nennen , seine Unter- chongen zur Theorie der Winde, seine Bestimmung der Menschen- rassen *), seine Aufsprungen der physischen Bedingtheit der geistigen Variabilitt des Menschengeschlechts erwarten lassen, weit zurck. Wer dagegen sucht was er zu finden erwarten darf , Unbefangen- heit der Selbstbeobachtung, Feinheit in der psychologischen Recon- stniction des Bewusstseins anderer, Schrfe der Analyse, Gewandt- heit der psychologischen Charakteristik von Individuen, Geschlechtern, Stnden, Rassen, Moden, Sitten, femer glcklichen, zum Teil schnei- denden Witz im Unterscheiden wie im Vergleichen: der wird auch hier eine nicht gewhnliche Leistung anerkennen*). Er wird dies tun, obgleich die Ausfuhrung, die uns in Kants spt redigirtem Hand- buch vorliegt, nur ein kmmerlicher Torso ist. Den Plan, seine anthropologischen Studien in Form eines Hand- buchs zu verwerten, hatte Kant schon frh. Bereits im Winter 1773, als er eben in Deutschland der erste die Anthropologie zu einer selbstndigen akademischen Disciplin erhoben hatte, mitten in den Vorarbeiten zu seiner Kritik der reinen Vernunft, schrieb er an Herz, er arbeite in Zwischenzeiten daran , aus jener in seinen Augen sehr angenehmen Beobachtungslehre eine Vorbung der Ge- schicklichkeit, der Klugheit und selbst der Weisheit ftlr die akade- mische Jugend zu machen'**). Gerade damals aber stand Kant auf der Hhe seines geistigen Lebens. Die schneUe Regsamkeit der Schwingen desselben zwar, die ihn ein Jahrzehnt fi^her in den Betrachtungen zum Schnen ) Anthropologie, Vorrede W. VII. 432. *) Kant schliesst dieselbe von der Anthropologie, wie er sie fasst, aus- drcklich au. W. VIL 432, 64p; vgl W. Vin. 311. *) Die Bemerkungen, mit denen Herbart die vierte Auflage des Originals (1833) eingeleitet hat, geben leider weder Aufklrung zum histo- richen noch Hilfsmittel zum snchlichen Verstndnis des kantischen Werks. Die Leistung, die er demselben auferlegt, einen Zugang zu Kants Lehre zu bilden, kann es am wenigsten erfllen. *) Kants W. VIII. 696. 54 und Erhabenen in den khnsten Bewegungen sich hatte gefetUen lassen, war bereits im Niedergang begriffen; aber er hatte jetzt seine volle Kraft erreicht. Und noch hatte er es in seiner Macht was Mendelssohn an ihm rhmte, die Kunst ,,{tir viele zu schreiben^^ Wre der Plan deshalb damals zur Ausfhrung gekommen, das Entzcken, das nach Jachmanns warmer Schilderung, jeden seiner Zuhrer ber den mit Wift und Genialitt gefllten Vortrag ergriff, den Studenten wie den kenntnisreichen Oeschfbmann ihnen allen standen diese Vorlesungen offen*) in gleicher Weise, wre auf seine Leser bergegangen*). Denn der Reiz, der diese Vor- lesungen vornehmlich belebte, dass nmUch der Philosoph unab- lssig so bei der Beobachtung war, selbst im gemeinen Leben, dass seine Zuhrer vom ersten An&ng bis zum Ende niemals eine trockene, sondern durch den Anlass^ den sie hatten, imaufhrlich ihre gewhnliche Erfahrung mit seinen Bemerkungen zu vergleichen, jederzeit eine unterhaltende Beschftigung'* gewannen, wre sicher auch der schriftlichen Bearbeitung erhalten geblieben. Jedoch die Zwischenzeiten, die Kant fr diese Studien frei behielt, wurden bald immer seltener und krzer. Nur das eine Grenzproblem der physischen Geographie und Anthropologie, das ihn besonders beschftigte, die Frage nach den Menschenrassen, and er Msse fr das Vorlesungsprogramm 1775 auszuarbeiten, sowie durch kurze Anzeigen sein Interesse an dem Basedowschen Philanthropin zu bettigen. Denn auch die pdagogischen Fragen behandelte er, wenigstens in den Semestern, in denen er nicht zugleich das vor- geschriebene einstndige Publicum ber Pdagogik zu halten ge- zwungen war, am Schluss der Charakteristik^' seiner Anthro- pologie '). Auch in dem nchstfolgenden Jahrzehnt der Durchfhrung seines Kriticismus durch die philosophischen Disciplinen war keine Zeit ftlr die Ausarbeitung der Anthropologie als eines Ganzen ge- geben. Mehr&ch aber fand Kant Gelegenheit, einzelne Probleme aus derselben zu behandeln. Hierher sind zunchst die drei zusammengehrigen Aufstze ^) W. Vn. 434 Anm. ') Jachmanm, Kant geschildert in Briefen, 33. ^ So in der spter zu besprechenden Nachschrift seiner anthro- pologischen Vorlesungen vom Winter 1780/81, die in der Knigsberger Universittsbibliothek vorhanden ist, S. 307 312. Ueber Pdagogik las Kant zuerst im Winter 1776/77. 55 zur ,yGeschichte in weltbrgerlicher Absicht'' zu rechnen, die Kant 1784 und 1786 in der Berliner Monatsschrift verflFentlichte ^), alle drei dem Abschnitt der Anthropologie ber den Charakter der Gattung" entnommen, ein Teil also der frheren moralischen Geographie". Auf sie deutet Kant, wo er Beinhold gegenber er- klrt, dass er die Materialien zu einer Anthropologie ziemUch zu kennen glaube, imgleichen auch etwas von der Methode ihres Ge- brauchs , um eine Geschichte der Menschheit im Ganzen ihrer Be- stimmung zu versuchen", wie sie allein in den Handlungen des Menschen gejfunden werden knnen, darin er seinen Charakter offenbart" *). Eben dieser Gedankenzusammenhang ist es auch, der seinen Kecensionen ber Herders Ideen zur Philosophie der Ge- schichte der Menschheit" zu Grunde Uegt, jenes Werk seines grssten vorkritischen Schlers, dessen Wurzeln bis in Kants Vor- lesungen ber physische Geographie aus dem An&ng der sechziger Jahre hineingehen. Gleichzeitig endlich nahm er die Bestimmung des Begriffs der Menschenrasse" wieder auf ^), die ihm einen ehren- vollen Namen in der Geschichte der modernen Anthropologie sichert Alles femer, was sich in den Kritiken der praktischen Ver- nunft und der Urteilskraft zur empirischen Psychologie Gehriges vorfindet, was in der Kritik der reinen Vernunft gelegentlich als unmotivirter psychologischer Beitrag auftritt *), ist diesen Vorlesungen entlehnt, die, wie wir gesehen haben, trotz der begrifflichen Differenz doch seit ihrer Emancipation von der physischen Geo- graphie die ganze empirische Psychologie in sich aufgenommen hatten. Im ersten Werk also manches Einzelne aus der Lehre vom Begehrungsvermgen sowie alles was aus der Erfahrung behufs Ent- gegensetzung gegen die reine praktische Vernunft verwertet wird; in dem zweiten vieles Einzelne aus der Lehre vom Geflihl, andrer- seits alle jene anthropologischen Bemerkungen zum Geschmack, die in den Reflexionen der Anthropologie ber das Genie, ber das Ge- fhl ftir das Angenehme und Schne, ber den Mode-, den Kunst- geschmack imd die Ueppigkeit ihr Correlat finden*). ^) Nheres bei Erdmann, Kants Kricismus 149. ) W. IV. 182. ^ Man vgl Babach, Kant als Anthropolog {MiUeungen der anlhropoL Gesesdiafl in Wien 1872, 65 f.). *) Kr. d. r. V. 172 Anm. Vgl. die von mir herausgegebenen Nach- trge zu derselben (1881) 37. *) Anthropologie 5570. o - Auch die Au&tze, aus denen sich die ,,Religion innerhalb der Grenzen der blossen Vernunft^' zusammensetzt , haben aus dieser reichen Quelle geschpft, teils aus der ursprnglichen ,,moralipchen Geographie", der spteren Lehre vom Charakter der Gattung", teils aus der theologischen Geographie", die in der uns vorliegen- den Bearbeitung nur in zerstreuten Anmerkungen^), besonders des eben erwhnten Elapitels noch erhalten ist. Ebenso gehrt der Aufsatz Das Ende aller Dinge", sowie der kleine Entwurf Zum ewigen Frieden" in den Gedankenzusammenhang von Kants anthro- pologischer Geschichtsansicht hinein, die wir in dem mehrerwhnten Kapitel zur Charakteristik der Menschheit berhaupt wiederfinden. Ein nicht geringes anthropologisches Material femer zur Psycho- logie des Willens und des Gefhls sowie zur Ethik hat die Meta- physik der Sitten" bernommen, deren Pflichtenlehre teils in ganzen Abschnitten*), teils in Einzelheiten^), vor allem aber- in der Art der Ausfhnmg den anthropologischen Ursprung zur Schau trgt. Ana- loges wie von der Religion ipnerhalb der Grenzen der blossen Ver- nunft gilt endlich vom Streit der Facultten", dessen Einhllung nur ganz lose die anthropologische Gestalt verbirgt, die hier vorge- ftihrt wird. Der bekannte Anhang von der Macht des Gemls an Hufeland gehrt sogar zu jenem eigensten Gebiet persnlicher Er- fahrungen, die sich, wenn auch verstreut, in seiner Anthropologie zusammenfinden. So weit hatte Kant seine Schtze verausgabt, als er sich 1798 in letzter Stunde seiner Kraft entschloss, den fast fnfundzwanzig Jahre frher bereits gehegten Vorsatz zur Herausgabe seiner anthropologischen Vorlesungen noch ins Werk zu setzen. Der Er- folg, den wir in seinem Handbuche vor uns sehen, wird nicht mehr befremden^). Aller Orten zeigt sich zimchst, dass wir nicht viel mehr als eine Aufarbeitung von Resten vor uns haben, die zurckgeblieben sind, nachdem der reiche StoflF zu den verschiedensten Zwecken be- reits verwertet ist. Unverhltnismssig drftig z. B. ist die allge- ^) Man vgl. z. B. 10 a. ) Man vgl z. B. Mdaphysik der Sitten 10 mit Anthropologie 83 c, S 42 dort mit 83 a. hier, 36 mit 81 u. s. w, ^ Man vgl was die Anthropologie, besonders 87 f. ber das gute Gemt, und die Metaphysik der Sitten 23 f. ber die Liebespflichten sagt. *) Von den sachlichen Mngeln der Schrift, die uns jetzt auf Schritt und Tritt fhlbar werden, hatte ich abzusehen. 57 meiDe Lehre von der Sinnlichkeit; was Kant hier gibt, gehrt ber- dies seinem eigenen Gestndnis nach nicht zur Anthropologie ( 7). Noch drftiger ist das empirisch-psychologische Material zum Ver- stnde, der Urteilskraft und der Vernunft als solcher ( 38 f.). Alle allgemeinen Ergebnisse dieses Capitels sind eben von der Kritik der reinen Vernunft sowie ihren Erluterungs- und Verteidigungs- schriften aufgebraucht. Diese Lcken, besonders die letztere, werden um so sichtbarer, als der grosse Beobachter in der Pathologie unserer Seele", wie Herder ihn genannt hatte, der Definition und Charakteristik der Schwchen und Krankheiten der Seele einen nicht der Sache, sondern nur der Flle des von ihm noch unver- werteten Stoffs entsprechenden Raum angewiesen hat^). Auch in der Lehre vom Gefhl und vom Begehrungsvermgen bleibt ein solches Missverhltnis bestehen; es wird hier jedoch um vieles verringert, sofern hnliche Lcken wie in der psychologischen Grund- legung sich auch in der Ausftihrung des Einzelnen, anthropologisch Interessanten vorfinden; so vor aUem in der Lehre vom intellec- tuellen Geflihl ^), dann in der Lehre vom Geschmack, von den Affekten und Leidenschaften. Weitere Ungleichmssigkeiten treffen wir in der Charakteristik (> 87 f.). Was vom Naturell zu sagen war haben die ethischen Schriften verschlungen, ebenso was vom Charakter gilt; daher bilden sie beide nur den schwachen Rahmen flir die Lehre vom Tempera- ment Das Schlusskapitel femer vom Charakter der Gattung" wird erst ein Ganzes, wenn man die oben besprochenen culturgeschicht- lit'hen und religionsgeschichtlichen Arbeiten hinzunimmt. Ganz aus- geschlossen bleibt der Abschnitt fr Pdagogik, der mehrfach wol in eine Charakterologie der Lebensalter eingefiigt war^). Er fehlt vielleicht, weil Kant damals plante, seine Pdagogik selbstndig herauszugeben *). Auf das evidenteste sichtbar werden diese Lcken, wenn man Kants Handbuch mit Nachschriften seiner Vorlesung ber Anthropo- logie vei^leicht. Aus solchen Nachschriften sind zwei Ausgaben entstanden, beide im gleichen Jahr (1831) von Fr. Ch. Starke besorgt. Zuerst er- schien I. Kants Anweisung zur Menschen- und Weltkenntnis. ) Man vgl. die 4, 6, loa, 22, 31, 37, 4051. ^ Man vgl. S. 58 f. ") Nicht in der S. 54 erwhnten Nachschrift. *) Man vgl. S. 8 f. dieses Werks. 58 Naxih dessen Vorlesungen im Winterhalbjahre von 1790 1791" (127 S.), eine beraus drftige Publication, deren sachliche Berech- tigung durchaus unerfindlich ist. Darauf folgte , J. Kants Menschen- kunde oder philosophische Anthropologie. Nach handschriftlichen Vorlesungen'^, im ganzen, selbst Kants eigene Ausgabe eingerechnet, die wertvollste und ausfhrlichste Darstellung, die wir von seiner Anthropologie besitzen, auch historisch bedeutsam, sofern sie uns ber eine Entwicklungsperiode des Philosophen, von der wir sonst nur geringe Kunde besitzen, manche Aufschlsse giebt. Aus ihren Errterungen nmlich ergibt sich ^), dass die Vorlesung aller Wahr- scheinlichkeit Kants erstes im Winter 1773 gehaltenes anthropolo- gisches CoUeg wiedergibt. Es folgt dies aus einer Bemerkung, die den vorkritischen Cha- rakter der Ausfhrung deutlich erkennen lsst, aus der Erklrung nmlich, dass der Verstand die Dinge nicht vorstelle, wie wir von ihnen afHcirt werden, sondern was die Dinge an sich selbst sind'* ^). Der Standpunkt ist also noch immer der des rationalen Dog- matismus der Dissertation von 1770. Nun haben wir aber aus dem Zusammenhang der Entwicklungsgeschichte seines Ejiticismus heraus allen Grund, Kants Verlassen dieses Standortes, das sich nach dem bekannten Brief desselben an Herz schon An&ng 1772 vorbereitet, nicht weit in das achte Jahrzehnt hineinzurcken ^). Es verbleibt also der erste passende Winter, d. i. 1773 als der wahrscheinlichste^). Um so viel zwar, wie Starke, ich weiss nicht aus welcher Quelle, geschlossen hat, ist das Material der Handschrift nicht reicher als das Kantische Original. In der ersterwhnten kleineren Ausgabe nmlich kndigt er an, dass die umfassendere Verffentlichung auch den Abschnitt von der intellectuellen Lust und Unlust l)ringen werde, der in Kants Anthropologie . . , zweite . . Auflage . . fehle, weil er auf der Post zwischen Knigsberg und Jena, wo das Buch gedruckt wurde, verloren gegangen war". Ohne tatschliche Grund- *) Starke bemerkt nur: ihr Inhalt verrt, dass die Kritik der reinen Vernunft noch nicht erschienen war". A. a. 0. Xu., vgl. 105. >) A. a. 0. 65. ') Man vgl. den bezglichen Nachweis in Kants Brkgomenen^ herausg. von B. Erdmann, Einleitung LXXXII. f. *) Der Termin ist so schon berraschend spt. Ohne ein so sicheres Zeugnis wrde man schwerlich Grund gefunden haben, die jetzt ver- breite tste Annahme, dass jene Umkippung" sehr bald nach dem Anfang 1772 sich vollzogen htte, wieder aufzugeben. 59 - kge ist diese Bemerkung aUerdings nicht. Kants Handbuch bietet an dem bezeichneten Punkt eine der aufiEiElendsten Lcken. Wir sollen, lehrt Kant, die Lust in sinnliche und intellectuelle, die erstere wiederum in Lust durch die Sinne und in Lust durch die Einbil- dungskraft, die letztere dagegen in Lust durch (darstellbare) Be- griffe und durch Ideen einteilen^). Wir lesen in seinem Werk jedodi nur ber die beiden ersten, ber Vergngen und Qeschmack, nichts ber die beiden anderen. Schon ussere Umstnde aber verbieten, den von Starke angegebe- nen Grund fr zutreffend zu halten. Da beide Auflagen des kantischen Werkes hier bereinstimmen, msste jener Verlust schon 1798 ein- getreten sein ; dann aber wre es doch seltsam, wenn Kant die Ge- legenheit der zweiten Auflage zur Verbesserung imbenutzt gelassen htte. Deshalb ist viel wahrscheinlicher, dass Kant selbst in der Ausarbeitung diese Lcke bersehen hat, und eben deshalb auch bd der Revision auf dieselbe nicht aufinerksam geworden ist. Nun gibt uns die Starkesche Ausgabe hier in der Tat mehr. Sie bringt das Angenehme, Schne und Gute in eine Lustreihe, derznfolge das erstere durch die Sinne, das zweite nach einem all- gemeinen sinnlichen Urteil, das dritte nach Begriffen der Vernunft unbedingt allgemein ge&llt ^). Jedoch selbst wenn wir davon ab- sehen, dass es absurd ist, eine Lcke, die Kant im Jahre 1798 an diesem Ort gelassen, durch eine Elrrterung aus dem Jahre 1773 etwa ausftillen zu wollen, bleibt diese Ausfllung unvollstndig, so- fern nur die intellectuelle Lust durch Ideen, nicht auch die b^riff- liche hier eingeschlossen ist. Vollstndiger zwar, aber nicht principieller als durch diese Er- rterung lsst sich die Lcke durch Kants kritische Schriften aus- Mlen. Denn eingehende Ausfhrungen ber die intellectuelle Lust durch Ideen treffen wir in allen ethischen Schriften Kants sowie in dei' Kritik der Urteilskraft; auch hier jedoch lediglich ber die Lust durch Ideen, wie sie die Achtung vor dem Sittengesetz, die einzige and zugleich unbezweifelte moralische Triebfeder'' enthlt. Kant hat sogar nirgends fr eine Sttte gesorgt, die dem intellectueUen Gefiihl durch Begriffe recht dienen knnte. Da, wo Kant am be- stiinmtesten ber die Arten der intellectueUen Lust handelt, in der Einleitung zur Metaphysik der Sitten^) treffen wir auf eine Glie- ^ Kaut, Anthropologie, W. VIT. 548. *) Kants Anthropologie von Starke 279, 291, 295 f. w. vm. 9. . - 60 - derung, die in den Rahmen der Antliropologie nicht hineinpasst. Denn dort werden der Geschmack als unttige Lust und die prak- tische Lust, die mit dem Begehren notwendig verbunden ist, ein- ander entgegengesetzt, und innerhalb der letzteren sinnliche Lust (Begierde, Neigung und Interesse) von intellectueller Lust (vemunft- mssiger Begierde, sinnenfreier Neigung und Vemunftinteresse) ab getrennt. Whrend also in der Anthropologie Vergngen und Ge- schmack als sinnliche Lust, werden hier Vergngen und intellectuelle Lust als praktische zusammengestellt, so dass Air die reine theore- tische Lust, die Lust durch Begriffe gar kein Raum bleibt. Aber auch in der Begriffsbestimmung der Achtung in der Kritik der praktischen Vernunft finden sich keine Anknpfungspunkte fiir das BegriffsgefhP). Wir mssen daher unbestimmt lassen, wie Kant dieser Einteilung Inhalt zu geben verstanden hat. Als sicher aber drfen wir annehmen, dass auch in den anthropologischen Vorlesungen eine entsprechende Ausfhrung fehlte, da die nachstehend abgedruckten Reflexionen, die Ausgabe von Starke, die gleich zu nennenden Nach- schriften, alle nur das Vemunflgefiihl an dieser Stelle errtern. Andere Vergleichsquellen fiir Kants Ausarbeitung bieten uns zwei ausf^ihrliche, im ganzen sorgfltige Nachschriften seiner anthro- pologischen Vorlesungen aus den Wintersemestern 1780 und 1781. Die zweite in der Handschriflnsammlung der Berliner Kniglichen, die erste in der Sammlung der Knigsberger Universittsbibliothek; jene von Simon Friedlnder, einem Bruder des Kant und Herz be- freundeten David Friedlnder, diese von einem Fr. W. Pohl aus Marienburg *). Der Vergleich mit diesen drei zuletzt genannten Nachschriften hat der obigen Charakteristik der Mngel des Originals, sowie der vorbeigehenden Darstellung der allmhli 1). ^) Im Manuscript: erk. *) eber das analytische Verfahren der PhiloBophie vgl. man W. n. 284, 288, 291, 297, 316, 378; VDI. 656; ber das der Moral s. Spteres. **) Man vgl. W. Vm. 688, 688 und dazu 686 sowie W. U. 403. ***) d. 1., wie spfttere Reflexionen besttigen, der Oottesbegriff. Ueber andere Einteilungen aus dieser Zeit vgl. die Mitteilungen^ a. a. O. S. 66 f. 27 81. Alle phosophia ist entweder empirisch oder pura. Die erste ist, deren principia aus der Erfahrung entlehnt sind, daher psychologia und physica; die phosophia pura ist entweder ^eoretica o^er practica. Die (heoretica hat entweder gar *) keine Objecte der Sinne zum Gregenstande (hransscendentaiis) , oder hat das Allge- meine aller Objecte der Sinne zum Gegenstande (M^aphysica pro- pria). Die letztere besteht aus der physiologia^ mechanica, pneu- matologia, thelogia nahirdUs, 82. Alle Philosophie ist entweder roHonalis ([nicht] die Logik) oder empirica; jene, derai Principien nicht aus disr JErUmmg sind. Die rationlis ist entweder pura oder applicata; jene trans- scendentliSy diese melaphysica, oder jene metaphysica generaiUSf diese specialis, ^ d. i. ^ physica generalis oder cosmologia specialis^ psycho- logia rationlis oder physica rationlis. 83. Die metaphysica specialis hat zum Grund entweder Em- pfindung oder Gefhl: Jene der Grund (Materie) der Erschei- nungen, diese der Begierden; jene Metaphysik der Natur, diese der Sitten. Die erstere entweder physiologia rationlis oder (heo- logia ntUurlis*). 84. Philosophie empirisch oder rational. Jene Physik, diese Metaphysik. Die letztere entweder metaphysica generalis (transscen- dentoMs philosophia) oder specialis. 85. (**Die dogmatische philosophia pura enthlt zwei Dis- ciplinen : ^) Im Manuscript: entweder aus gar. *) Ihie FortBetznng sollte, wie ein Zeichen am Schluss andeutet, folgen; sie fehlt jedoch. Die Reflexion ist brigens offenbar auch in der ersten Be- stimmung der speziellen Metaphysik (Nr. 82) unvollstndig. **) Die Zeitbestimmung ceser und der folgenden Reflexionen ist nicht zweifellos. Mancherlei spricht fr die Zeit um 1769. So knnte die trans- scendentale Physiologie als Metaphysik im Sinne von Nr. 94, 95 u. Nr. 121 gedeutet werden; femer reine Vernunft^ im Sinne von Nr. 74 dogmatisch nach Massgabe von W. 11. 315 (die kritische Fassung des Begriffs in sach- licher Hinsicht zuerst W. Vm. 674, in methodologischer W. Vm. 693), Kritik** 28 1) Die Regeln vom allgemein giltigen Gebrauch des Ver- standes ; 2) die Regeln vom allgemein giltigen Gebrauch des freien Willens. In beiden wird nach dem nexu hgico, aus keinen datis der Erfahrung geurteilt; allein in der physiologia transscenderUli sind diese data aus der Erfahrung nach den Verhltnissen des Raumes und der Zeit so gegeben, dass der allgemeinste Begriff des Ob- jects allen usseren und inneren Empfindungen gemein (ist), und der Grund davon gesucht wird. 86. Es ist eine Wissenschaft der reinen Vernunft mglich und auch ntig. Sie ist aber entweder Philosophie oder Mathe- matik; jene erwgt, was da sei, und (die Vernunft lediglich, welcher respedus sei)*) diese, wie vielmal einerlei sei**). Der Raum ist ein Object sowol fr Philosophie als Mathematik. Die Urteile vom Raum, die intuitiv sind, sind noch nicht mathe- matisch, auch nicht philosophisch. Beide beurteilen den Raum nicht a priori, aus Grundstzen vom Raum, welche die Vernunft erkennt, sondern aus Grundstzen a posteriori, d. i. intuitiv und einzeln, obzwar nicht empirisch. Die Philosophie der reinen Ver- nunft ist entweder dogmatisch, und da ist ihr Gegenstand durch das, was alle- Sinne am gemeinsten haben, gegeben und gleichsam durch das Genus der Sinne; also erstlich Vorstellungskraft und Begehrungsvermgen als die Gegenstnde des inneren Sinnes; zweitens Raum und Zeit, mithin allgemeine Mechanik als das Allgemeinste usserer Sinne. Daher die dogmatische reine Philo- sophie ist die schematische: Logik, die theoretische: Moral und die allgemeine Naturwissenschaft. Zweitens ist sie kritisch, mithin subjectiv, sie ist zetetisch, skeptisch [provisorisch]. 87. Die Kritik ist eine Wissenschaft nicht der Hervor- bringung, sondern der Beurteilung gewisser Dinge nach Regeln der Vollkommenheit, also Metaphysik eine Wissenschaft, die Er- und kritisch'' endlich wie W. II. 315. Dennoch wird die obige Bestimmung fr die erste Zeit des Kriticismus zutreffender sein. *) Die Klammem sind Zusatz des Herausgebers. **) 8o schon W. 11. 290. Die Zeit des kritischen Empirismus wird auch durch das Folgende nahegelegt. Zu zetetisch'' vgl. W. II. 315 und Nr. 96. 29 kenntnisse aus reiner Vernunft zu beurteilen. Ausser der Logik, welche eine propdeutische Wissenschaft aller Gelehrsamkeit ist, enthlt die Vemunftgelehrsamkeit einen kritischen Teil der Er- fahrung und Vernunft, und zwei dogmatische; die erste*) ist Metaphysik, die zweite Mathematik und Moral in reiner Vernunft, und Physik und Psychologie in empirischer Wissenschaft der Vernunft. 88. Philosophie der reinen Vernunft: 1) subjectiver, 2) ob- jectiver Teil. Jener Transscendentalphilosophie, Betrachtung der reinen Vernunft selbst, dieser Erkenntnis ^ev Gegenstnde (ber- haupt), der letzte Metaphysik der Natur und der Sitten. 4. Begriff der Metaphysik, Transscendentalphilosophie and Kritik der reinen Yemnnft. Kritischer Empirismus**). 89. Alle Erkenntnis hat zwei terminas: a priori und a po- steriori***)] daher prindpia prima a priori oder a posteriori. Die principia absolute prima a priori sind alle indemonstrabel ; also ent- hlt die Metaphysik nur principia comparative prima. 90. Die ersten Grnde von hinten her der Erkenntnis sind Erfahrimgen. Die Wissenschaft, zu den obersten Grnden a priori zu gelangen, ist Metaphysik. Diese Wissenschaft ist auflsend; Grundbegriffe, Grundurteile, Methode der Natur f); bedingte Unentbehrlichkeit dieser Wissenschaft bei hheren Vemunft- urteilen. *) d. h. der zweite Teil der Metaphysik. Man vgl. Nr. 81. **) Man vgl. die Reflexionen ber den Begriff des Apriori, Nr. 258 f. ***) So schon W. IL 366; aber auch noch W. 11.397 und hufiger in der Metaphysik (bei Plitz). Der Grund der obigen Zeitbestimmungen erhellt aus Kants Begriffsbestimmung der Metaphysik um 1774 (Mitteilungen, Pkilos. Mtmatfih. S. 66). t) Ueber die Methode Newtons in der Metaphysik s. W. II. 283, 294, 366. 30 91. Die Metaphysik handelt nicht von Objecten, sondern Erkenntnissen *). 92. Die Mathematiker haben geglaubt, wenn sie die Objecto | der reinen Vernunft bearbeiteten, etwas Vorzgliches auszurichten. 4 Aber es ist zu bedauern, dass wenn sie diese Erkenntnis objectiv nehmen, sie ein undankbares Feld bearbeiten. Aber in der Kritik der Vernunft**) knnen sie den grssten Nutzen schaffen***): Holland. Kritischer Rationalismus. 93. Phosqphia iransscendentcilis: Ommtudo est^) vd distribtUiva (universalUas)^ vd coUecHva (uni- versitas)^). Omnitudo coUecHva est vd coordinaonis vd subordinationiSi et prioris terminus est mundus, posterioris terminus est ens primum. Hincf) Reine Philosophie, angewandt auf : 1) OfUologia 2) Cosmologia 8) Theologia . Natur berhaupt, oder * transscendentcdis } . . diese Natur. i) distributwa est hgica: ein jedes; coUectwa est relis: alle zu- sanmien. Ein jeder Krper ist beweglich, nicht: alle zusammen sind beweglich* Eine jede Vernderung hat ein Ende^ nicht: alle zusammen ein Ende. 94. Der erste Teil, von den ersten Grnden imserer reinen Vemunfterkenntnis aller Dinge, obersten principia cognoscendi: ') Sp&ter zwischen est und vd bexgeschrieben : di^'undtve. *) Man vgl die Definition der Metaphysik W. II. 291. *) So zueist W. n. 318. **) Im Sinne von W. IL 71? Vgl. dagegen ebergang XIX. 590. t) Am meisten verwandt ist der obigen Enteilung die Gliederung im Manusdipt der Metaphysik von 1774 (Mitteilungen a. a. 0. 71); dann die Gliederung W. YIII 688 von 1772. Denn der dortige Begriff der Phnomeno- logie mchte dem obigen der reinen Philosophie im wesentlichen entsprechen, wenn man die Erklrung der ereteren um 1770 (W. VIII 663) dorthin ber- tragen darf. Man vgl. auch Nr. 79. 31 Ontlogia, Der zweite Teil, von den ersten Grnden der Dinge, obersten principia essendi: Theologia naturalis. Von den ersten Principien der Vernunft in Ansehung der krperlichen Natur, d. i. von der Mglichkeit usserer Erscheinungen pneunuxtologia *) oder (^SofiMEtologia purd). 95. Die Metaphysik hat entweder blosse Objecte der reinen Vernunft zum Gegenstande oder Gegenstnde der Sinne, wovon sie die Grnde und ihre Natur nicht durch die Sinne, sondern durch reine Vernunft kennen lernt Jenes ist der allgemeine, dieser der besondere Teil (metaphtfsica applicata) und besteht aus der pneumaiologia und somcttoloffia pura; vor beiden muss die Physiologie des innem oder ussern Sinnes vorgehen**), aber nicht vor der metaphysica universMy nmlich der Ontlogia und theologia generU, davon die erste das oberste Princip aUer Er* kenntnisse durch reine Vernunft, die zweite das oberste durch reine Vernunft zu erkennende Princip aller Dinge betrachtet In der Ontologie wird alles betrachtet disjimctive, in der theologia naturalis und cosmohgia alles coUective. Kriticismus, erste Periode. 96. Idee der Metaphysik: Ist sie Kritik oder Doctrin, ist ihr Verfahren zetetisch oder dogmatisch?***) Es ist die Frage, was kann man durch blosse Vernunft ohne alle Erfahrung er- kennen (Mathematik, Moral) f), welches sind die Quellen, Be- dingungen und Grenzen. Die Transscendentalphilosophie ist Kritik der reinen Vernunft ff); sie ist Disciplin der reinen Vernunft Aesthetik Kategorien der Modalitt: Mglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit, 524. Durch die Natur des Verstandes nicht bstrahmdoj sondern judicando entstehen Grundbegriffe der Synthesis : Dasein, Mglichkeit; Einheit, Substanz, Accidenz; relatio, respedus realisy logicus; notwendig, zufllig; Ganzes, ein Teil; einfach, zusammen- gesetzt; Grund, Folge; Kraft, Ursache**). 525. Vergleichung: Idem et diversum; redlxtaSy negatio. Verbindung: Consentiens et oppositum; fbnna afrfnativa et negativa, Verhltnis: Externum et ifUernum et relativum (quantitas, qualitas), 526. Vergleichung, Verbindung, Verknpfung. 527. Vergleichung, Zusammenhang, Verbindung***). *) Die Bestimmung der beiden letzten inteilung8glieder charakteri- siert das Ganze als einen ersten Einteilmigsversuch , die Beziehung auf die Gegenstnde berhaupt macht den Schluss auf die oben bestimmte Entwick- lungsperiode notwendig. **) Die Reflexion erscheint auch nach den usseren Kriterien der Lage und der Schrift als ein spterer Zusatz zu Nr. 502. ***) Zu dieser und den vorhergehenden Reflexionen vgl. man Nr. 461, 462, 470 sowie sptere Reflexionen. 165 528. Die metaphysischen Begriffe sind erstlich absolut: Mglichkeit und Existenz; zweitens respectiv: a. -Einheit und Vielheit: onrnitudo und particlaritas. J>. Grenzen: Das Erste, das Letzte; infinitum, finitum. c. Verbindung: der Coordination : Ganzes und Teil, einfach und zusammengesetzt; der Subordination: 1. Subject und Prdicat 2. Grund und Folge*). Kriticismus, erste Periode**). 529. Es gibt reine Grundbegriffe der Anschauung oder der Reflexion***), die ersten sind die Principien der Erscheinung, die zweiten der Einsicht; die ersten zeigen die Coordination, die zweiten Subordination. Weil alles in der Zeit vorgestellt wird, so sind alle unsere Vemunftbegriffe doch immer zugleich unter der Bedingung des phaenomeni gedacht. Die Bedingungen der zweiten stimmen nicht mit ^denen) der ersten : in der Zeit ist kein erstes mglich, und im Grunde soll eines sein. 580. Die Verstandesbegriffe sind reflectierte Vorstellungen und haben auch ihre Elemente der Reflexion, Der Raum ist eine intuitive Vorstellung. 531. Ausser den Bestimmungen, ohne die Objecte nicht ein knnen, sind in unserer Vernunft noch Bedingungen, *) Zweifellose Kriterien fr die ZeitbestimmuDg fehlen. **) Die oben abgedrockten .Befiexionen, welche das Dunkel der Ent- wicklung der Kategorien zwischen 1773 and den Darlegungen der Kr. d. r. V. berraschend erhellen, sind nach den folgenden Gesichtspunkten geordnet: Beweise der Bubjectivitt der Kategorien Nr. 529 f. Allgemeiner Sinn ihrer 8ubjectivitt Nr. 5S5 f. Allgemeiner Sinn ihrer Objectivitt Nr. 5i4 f. Begriff derselben Nr. 551 f. Einteilung derselben nach Quantilftt, Qualitt und Position Nr. 555 f. Kategorien der Position Nr. 564 f. Kategorien der Bealverhltnisse (Qualitt) Nr. 569 f. Grenzen der letzteren Nr. 585 f. Beziehung der Kategorien auf die Yorstellungsvermgen Nr. 588 f. Zur Analyse der Kat^orien Nr. 592 f. ***) lieber die Kategorien als Reflexionsbegriffe vgl. in der Metaphysik 102, 143, 146 f., 158, 274, 279 sowie W. II. 401 Z. 28. 166 ohne die wir gewisse Gegenstnde durch Vernunft nicht denken knnen, wenngleich diese Bedingungen nicht Bestimmungen der Gegenstnde selbst sind. Diese canditiones sind also subjectiv und ihre Begriffe bedeuten nichts an dem Gegenstande. Alle synthe- tischen Urteile der reinen Vernunft sind demnach subjectiv und die Begriffe selbst bedeuten Verhltnisse der Vemunfthandlung zu sich selbst. 532. Unsere Vernunft enthlt nichts als Relationen. Wo nun diese nicht gegeben sind durch die Verhltnisse nach Raum und Zeit in der Erfahrung, auch nicht durch die Wiederholung und die Zusammensetzung des Einen aus Vielem bei der reinen Mathematik, so sind sie keine Relationen, welche auf Objecte gehen, sondern nur Verhltnisse unserer Begriffe nach Gesetzen unserer Vernunft. 533. Wahr ist eine Erkenntnis, die mit der Beschaffenheit des Objects zusammenstimmt. Weil durch die Idee des Raumes die Vorstellung usserer Objecte nur mglich ist, so stimmen alle Axiome des Raumes, und was daraus hergeleitet wird, mit dem Objecte, imgleichen alle Verhltnisse der Begriffe nach der Regel der Identitt; denn die Ideen stimmen alsdann unter einander. Allein da die metaphysischen Begriffe von Grund, Substanz u. s. w. nicht eigentlich Vorstellungen der Objecte sind, indem auch der vollkommenste Sinn diese an keinem Dinge empfinden kann, und ohne diese Verhltnisse der Dinge insgesammt, obzwar nicht durch unsere Vernunft, knnen vorgestellt werden, so sind diese Begriffe nicht objectiv, also ist in den Axiomen derselben alles subjectiv. Daher, wenn sie als objectiv fklschlich angesehen werden, gilt von ihnen weder Wahrheit noch Falschheit. Ueber- haupt will man den Begriff der Ursache finden, so wird man ausser den Verhltnissen der Verknpfung nach Ideen der Zeit keine Erklrung finden, die nicht einen Zirkel einschlsse, sie scheint nichts anderes. Der sicherste Beweis, dass sie nicht objectiv sind, ist, dass sie in evidentem Widerspruch stehen*). *) Man vgl. die Reflexionen zu Antinomie, Antithesis u. s. w. Die Zeit- bestimmung dieser Refiexionen gibt vermutlich den Endpunkt. Man vgl Nr. 3, 6. 167 534. Die Analysis der reinen Vernunft gibt nichts als Deut- lichkeit in den Vorstellungen, die wir schon haben. Die synthe- tischen Stze gehen auf die Bedingungen der Urteile durch reine Vernunft und sind subjectiv. Also kann die reine Vernunft nicht anders als in Anwendung auf Sinne uns Objecte erkennen lehren. 535. Unsere materialen Begriffe knnen niemals auf etwas anderes gehen, als was wir empfunden haben, und also auch unsere materialen Grundstze knnen nur als Gesetze der Er- fahrung angesehen werden, und niemals allgemeiner sein. Wenn man aber die Art zu urteilen bis auf die Begriffe der Form extendiert, so wird daraus mehr ein Gesetz von subjectivem Gebrauch. 536. Wir haben zweierlei Arten von Begriffen: solche, die durch die Gegenwart der Sache in uns entstehen knnen, oder diejenigen, wodurch der Verstand das Verhltnis dieser Begriffe zu den Gesetzen seines eignen Denkens sich vorstellt. Zu den letztem gehrt der Begriff des Grundes, der Mglichkeit, des Daseins. Daher die Grundstze ber jene objectiv, die ber diese subjectiv sind. 537. Alle rationalen Grundbegriffe sind Begriffe der Form, die empirischen sind Principien der Materie. Jene sind lediglich subjectiv, d. i. von den Gesetzen unseres Denkens abstrahiert, diese objectiv, von der Vorstellung selbst, dadurch das Object reprsentiert wird. Der Verstand wird auf die Erfahrung nur nach Gesetzen des Verstandes appliciert, aber die abgesonderte Idee von dem Verhltnis der Empfindungsvorstellung berhaupt nach Gesetzen des Verstandes macht den reinen Rationalbegriff aus. Der Verstand verfhrt nach einem natrlichen Gesetze, wenn er eines und vieles denkt. Dieser Verstand, auf die Em- pfindung eines Krpers angewandt, abstrahiert nicht von ihm die Idee eines Ganzen, sondern von sich selber. 168 538. Eigentlich ist die Vorstellung aller Dinge die Vor- stellung unsers eigenen Verstandes und die Relation einer Vor- stellung zu der andern nach unsern innem Gesetzen. Die Un- mglichkeit Begriffe zu trennen, oder die Verbindung derselben, ohne alle Gesetze unseres Verstandes ist bloss subjeetiv, ebenso auch die Mglichkeit. Wir erkennen die Mglichkeit freier Handlungen nur empirisch *) ; in rationalem Verstnde wider- streitet sie den Gesetzen, unsern Verstand zu brauchen. nalysis sine termino macht die synike^in unmglich. Daher nach den Ge- setzen im Gebrauch unseres Verstandes wir in allem, was ge- schieht, einen Grund setzen; aber eben dann ist die synihesis unmglich (eben dieses auf die anlysin des Krpers sine termino appliciert, wo keine synihesis unmglich ist)**). Von den ersten Verhltnissen nach Gesetzen unsers Verstandes lsst sich weiter kein Grund angeben ***). (^ Die anlysis campla fhrt von Vielem auf die Einheit, in serie successivorum aufs principium, in simUa- neorum auf monas^). Die axiomata (synthelica) der Philosophie gehen lediglich auf das Verhltnis, was nur subjectiv nach Ge- setzen imseres Verstandes kann erkannt werden. 539. Anlysis der Vernunft: principium contradietionis^ identi' tatis; gibt objectiv giltige Stze. Synthesis der Vernunft: verschiedene Gesetze; axionua s/uh- reptitia; subjectiv giltige Stze: die Bedingungen unserer Ver- nunft, welche nur^) mittelbar und nicht durch Anschauung Objecto erkennt, also die canditiones^ vermittelst deren ihr eine Erkenntnis wovon mglich ist, und die*) Notwendigkeit, etwas primitive und ohne conditiones zu setzen. 540. Alle analytischen Urteile haben zum Grunde den Satz der Identitt und Contradiction ; die synthetischen haben so viel ') Von Kant zwischengeschrieben. *) Im Man : weiche 1) nur; vielleicht ist nachher und 2) die" zu denken. *) Eine Erkenntnis der praktischen Freiheit durch Er&hrung als eine von den Natnrursachen behauptet Kant noch in der Kr. d. r. Y. (476 und) 830 f. Man vgl. die Reflexionen ber Freiheit. **) Der Text ist hier nirgends unsicher; der Sinn ist mir dunkel geblieben. *) Man vgl. Kr. 146. 169 axionuUa als conceptus synthetici per intellectus naturam gegeben sind. Diese concepttta syniici sind die G-rnde^ wodurch der Verstand Erfahrungsbogriffe der Sachen erlangen kann; und also gelten die princ^^ia sf^fUheHca nur in Ansehung der Gesetze der Erfahrung, mithin a posteriori und sind praktisch wahr; aber in abstracto sind sie nur subjectiv giltig. 541. Das contrapositum des Satzes des Widerspruchs ist ein subjectives G^etz. 542. Die ersten Principien der empirischen Philosophie sind Erfahrungsstze, die allgemein sind, von denen man zu den niedern herabgeht; die von der rationalen sind reine Vernunft- grnde. In der empirischen Philosophie verfahrt man analytisch, in der rationalen synthetisch*). Wir knnen von synthetischen Grundstzen Grnde in sensu subiecHvo angeben, aber nicht in sensu ohiectivo. Nur von ab- strahierten Begriffen knnen wir durch die anlysin objective Grnde angeben, aber von rationalen nur durch analysin subiectivam, Oder vielmehr: von rationalen Stzen knnen wir nur durch analysin subiedwam Grnde geben, z. B. von dem Satze, dass ein Wesen notwendig existiere, weil nmlich unsere Gedanken von einer Mglichkeit ohne alle Wirklichkeit nichtig sind, indem alle Mglichkeit von etwas Wirklichem muss geborgt werden**). Die eigentliche Metaphysik oder die reine Philosophie besteht aus der Ontologie. 543. Die philosophia pura ber die rationalen Begriffe***) ist nur subjectiv und niemals synthetisch. Die principia der philosophia applicata domestica sind die ersten Erfahrungsgesetze in Verbindung mit den principiis raiionalibus, sofern sich solche auf die Empirie beziehen. *) Man beachte den YoUen Gegensatz gegen die BestimmuDgen aus der Zeit des kzitiaehen Empirismns. Vgl. Nr. 78; dagegen 80 f., 96 f. **) Man vgl. sptere Reflexionen. ***) d. h. die Analyse derselben. Man rgl. Nr. 99. f. 170 - 544. (* Synthetische Begriffe sind Raum, Zeit (und Zahl), und sind objeetiv. Wenn die Begriffe auch synthetisch sind, die Stze aber sind analytisch, d. i. nach der Regel der Identitt, so sind sie objeetiv. Sind Begriffe aber subjectiv, d. i. von gar keinem Object, weder einer gegebenen Condition der Reprsen- tation der Objecto (in) Raum und Zeit, noch willkrliche Be- griffe der Quantitt, so sind die Urteile doch objeetiv und allge- meingiltig, d. i. entweder allgemein wahr oder falsch, wenn ihre Form analytisch ist. Ist aber ihre Form synthetisch, so sind sie subjectiv, und objeetiv gelten sie nur als Regeln der Erscheinungen, folglich als empirische Urteile. 545. Wenn einer durch synthetische Stze a priori spricht, so spricht er nur von seinen eigenen Gedanken , z. B. dass es notwendige Wesen gebe u. s. w. : nmlich dass er ohne diese Vor- aussetzung nicht complet vom Dasein der Dinge Begriff habe. Oder er spricht von Bedingungen der Erfahrungserkenntnis a priori und dann ist es objeetiv, z. B. ein jedes compositum reale hat eine Kraft der Verbindung der Teile zum Grunde. Indessen sind diese Stze wirklich analytisch**). 546. Die Ideen und Regeln der Vernunft werden auch in dem Verhltnisse empirischer Begriffe gebraucht, und dieses ist ihr natrlicher und richtiger Gebrauch ; sie sind alsdann aber auf iudicia empirica primiiiva gegrndet, die nur durch Induction all- gemein sind***). Aber eben diese Urteile der Vernunft, sofern sie rein sind, sollen an sich allgemein sein. Die philosophia pura ist nicht so wie die matesis pura an sich selbst gewiss. *) Ich nehme an, dass die beiden ersten der folgenden Reflexionen den Kant neuen Gkdanken der subjectiven Objectivitt der Kategorien in der Formulierung geben, die sich aus der Zeit des kritischen Empirismus als die nchstverwandte aufdrngte. Dort war das Analytische das Allgemeingiltige (jetzt Objective), das Synthetische das lediglich Empirische (jetzt das bloss Subjecve). Man vgl. die Formulierungen in dem Briefe an Herz, W. Ym. 689. **) D. h. aus synthetischen Begriffen durch Analyse gewonnen. ^**) Eine erste Fassung der Grundstze der UrteUskraft, die sich auf die unerweislichen Urteile aus der Zeit des kritischen Empirismus zurckbezieht. 171 547. Alle Principien der menschlichen Erkenntnis sind vel formlia vel materilia, entweder der analytischen, und heissen logisch, und gelten flir jeden Verstand, sind objectiv (nur nicht umgekehrt); oder der synthetischen, und heissen real; und weil sie ohne Sinne allgemein ausgesagt werden, sind sie entweder Grundstze der Form des Verstandes oder der Sinnlichkeit. Im ersten Falle sind sie bloss subjective Gesetze; im zweiten sind sie nur unter der Hypothesis der Sinnlichkeit objectiv; wenn aber die Hypothesis schon im Subjecte liegt, sind sie objectiv*). 548. Die condHiones, ohne welche die Gegenstnde nicht knnen gegeben werden, sind objectiv, obgleich nach G^etzen der Sinnlichkeit. Die conditiones, ohne welche sie (wenn sie gleich gegeben worden) nicht knnen erkannt (verstanden) werden, sind objectiv. Die, ohne welche sie nicht knnen eingesehen werden (durch Vernunft erkannt), sind bloss subjectiv. Aber diese subjectiven conditiones sind objectiv in Ansehung des Gebrauchs der Vernunft bei Erfahrung (leges convenientiae)**). 549. Alle synthetischen Stze, welche die Bedingung aus- drcken, ohne welche es berhaupt unmglich ist, ein Object zu erkennen, sind objectiv; diejenigen, ohne welche es unmglich ist, es a priori complet zu erkennen, sind subjectiv. Alle unsere Erkenntnis hat immer Correlate. Wenn das einige derselben fehlt, knnen wir das andere nicht complet erkennen. AUe unsere Grssenerkenntnis ist bestimmt nur durch Schranken mg- lich***); also knnen wir die Grsse berhaupt nicht absolut complet erkennen, weil wir hier keine Schranken setzen sollen. 550. Die einfachen Begriffe der Vernunft, ja alle einfachen Begriffe sind subjectiv. Die objectiven bestehen in der Zusammen- stimmung der Erkenntnis mit sich selbst, und sind also zusammen- ^) Man vgl. dagegen Nr. 522. **) Man vgl. dagegen die Charakteristik dieser Principien W. IL 424, 80. **) Man vgl. die Anmerkung zu Nr. 357. 172 gesetzt. Daher ist der Begriff des Ersten subjectiv, denn er enthlt den Begriff von Allem *). 551. Die wahren Vemunftbegriffe zeigen nur das Verhltnis der Sachen berhaupt Die Objeete sind sensitiv; nur der Ge- brauch der Vernunft in Ansehung ihrer geschieht nach bloss intellectualen Gesetzen. Sind die Objeete intellectual, so ist dieses Enthusiasmus**). 552. Von reinen Verstandesbegriffen: sind die reinen Actus der Apprehension***). 553. Alle reinen Vernunftideen sind Ideen der Beflexion (discursive) und keine intuitive, wie Plato behauptet; daher werden dadurch auch nicht Gegenstnde vorgestellt, sondern nur Gesetze, die B^riffe, welche uns durch Sinne gegeben worden, zu vergleichen t). 554. Alle Begriffe berhaupt, von woher sie auch ihren Stoff nehmen mgen, sind reflectierte, d. i. in das logische Ver- hltnis der Vielgiltigkeit gebrachte Vorstellungen. Allein es gibt Begriffe, deren ganzer Sinn nicht andres ist, als eine oder andre *) Ich habe die. Reflexion an ins Ende dieser Reihe gestellt, nicht weil eie die spteste in diesem Zusammenhang sein knnte, sie geht yielmehr den letzten, Nr. 546 f., zeitlich voraus , sondern weil sie ftir sich allein steht Unklar bleibt, so weit ich sehen kann, das Verhltnis des letzten Satzes zu den vorhergehenden. Ich interpretiere: der Begriff des Ersten enthlt den der absoluten Totalitt, sofern er durch Einschrnkung derselben ent- steht. Die Formulierung des Gedankens ist dann allerdings nicht prcis; ebensowenig aber die des vorhergehenden Satzes, dessen Sinn zwetfellos ist. Das Daher** lsst jedoch yielmehr ein objectiv'* statt des subjectiv** er- warten, was nicht bloss durch die deutlichen Shriftzge, sondern auch durch den Begriff des Ersten ausgeschlossen erscheint. *) Man vgl. Nr. 232 f. ***) Man vgl. zu den sonst citierten Stellen auch die ausdrcklich ent- gegengesetzten Fassungen der Apprehension W. VII. 444 Anm. und Nach- lass XIX. 258, wo Reflexion noch ganz im Sinne dieser Periode gedacht ist. t) Zu den beiden folgenden Reflexionen vgl. Nr. 471, 472. 173 Reflexion, .welcher vorkommende Vorstellungen knnen unter- worfen werden. Sie knnen Reflexionsbegriffe (conceptus refledente^ heissen; und weil alle Art der Reflexion im Urteile vorkommt, so werden sie die blosse Verstandeshandlung, die im Urteile auf das V^rhltnis angewandt wird, absolut in sich fassen, als Grnde der Mglichkeit zu urteilen. 555. (*In allen Erkenntnissen ist am Object: 1) die Materie und die Form derselben, d. i. die Qualitt; 2) der Unterschied, wie sie gegeben wird; 3) die Quantitt zu bemerken. In einem Urteil ist die Materie Sulgect und Prdicat, aber die Form eines jeden besteht eben darin, dass das eine Subject heisst u. s. w. Die Setzung ist copula: est Die Quantitt betrifl^t beide, entweder dass das Subject ein allgemeiner Begriff ist an sich selbst u. s. w. Hier wird nicht das Logische des Urteils, sondern das Reale der Begriffe er- wogen. Es ist die Materie der Begriffe. Zur Materie gehren objective Realdata, jg. B. Ursache, Inhrenz, Composition. 556. Die Idee der Thesis: Bealitas; der Synthesis: Materia et forma; der Analysis: quantiias el qualitcts**). 557. Die Grundbegriffe aller unserer Erkenntnis sind: erstens, das Sein berhaupt, quidUas; zweitens, wie etwas ist; drittens, wie viel mal es ist. Das, wodurch die Dinge gegeben sind, ist eine Empfindung, wie sie gegeben sind, reine An- schauung. 558. Kategorien der Quantitt, Qualitt und Position. *) Die beiden ersten Reflexionen weichen zwar nicht in den drei Qlie- dem der Einteilung, aber in der spedelleren Bestimnnmg derselben wie unter einander so anch von allen folgenden ab. Es sind, da sie allein stehen, gelegentliche AnordnungsverBache die ich jedoch nicht unterdrcken wollte. **) Es kann sein, dass Kr. 297 als Fortsetzung au&ufassen ist. 174 - 559. Das zu unserer Erkenntnis Gehrige, wodurch die Gegenstnde gedacht werden (denn der Raum ist nur die Art, wie sie uns gegeben werden), ist entweder das Denken eines Gegenstandes berhaupt*), oder wie er von uns selbst ber- haupt kann gegeben werden, quantUaSf oder wie er uns durch Erfahrung gegeben werden muss. 560. Wir haben drei Kategorien und deren Prdicamente : 1) der Position (Sein und Nichtsein); 2) des respedus; 3) der completudinis. Das erste ist, ob etwas sei oder nicht; das zweite, was da respectiv auf ein anderes sei oder nicht; die dritte, wie viel von einem Dinge zusammen sei u. s. w. Quaeitas, qudlitaSf jproposiiionis. 5G1. Von dem mathematischen Begriffe der Grsse, dem einzigen , welcher ohne alle Data einer Erkenntnis a priori ins unendliche fhig ist (imgleichen Geometrie), weil er lauter An- schauung seiner willkrlichen Handlung ist, und sich keine Qualitt einmengt**), auch durch keine logische Analysis darin verfahren wird, keine synthetischen Grundstze der Vernunft ***) darin angetroffen werden. Dagegen die Anticipationen der em- pirischen Erkenntnis einen grossen Unterschied der subjectiven und objectiven Conditionen zulassen, oder vielmehr der Beziehung auf Erfahrung sie zu verstehen, wie der auf die Vernunft, sie a priori zu erkennen. Bei der Quantitt wird mir dieselbe will- krlich nach ihren Conditionen gegeben ; bei den ^ Begriffen ) der Synthesis durch Erfahrung; die der Thesis sind begleitende Be- griffe des Setzens, entweder schlechthin oder a priori f). 562. Die Kategorie der Synthesis wird wol so heissen: substantia; camatum et independens; compositum, simplex. Die Ka- *) D. i. hier im Sinne der Position. , **) Man vgl. dagegen Kr. 742 f. *****) D. h. also discursive, wie sie Kr. 761 ebenfalls ausgeschlossen werden, t) Ein hnlicher Gegensatz, wennschon, was hier das erste EinteUungs- glied ist, dort Gattungsbegriff wird, in Nr. 564 (Dasein und Mglichkeit). Man Tgl. Kr. 273. 175 tegorie der Analysis: totale (perfectum, completum)^) et parHk; finUum et infinitum (particularitd^ est infinUa) ^) ; unum et plura *), 563. In einem Urteil drckt der singulare Satz die Einheit, der particulare die Vielheit und der universale die onmUudinem aus **). Ein allgemeiner Satz drckt die Verbindung des Vielen, was unter dem allgemeinen Begriff eines Subjects steht, durch das gemeinschaftliche Prdicat aus, oder vielmehr die Verbindung in der Sphre eines Begriffs. Wenn das Prdicat ein reciprocwm vom Subject ist, so fllt das Subject die Sphre aus und be- zeichnet ein totum. Der bedingte Satz drckt das Verhltnis des Q-rundes zur Folge aus, welche vom Grund ist entweder sub- ordinierte Folge in einem sarites, oder coordinierte in {judieio) coptdativo. Drittens: dass das Prdicat im Subject ist, also ein accidenSj drckt die Verbindung der Accidentien in einer Substanz aus. 564. (*** Thetischer Satz: modal oder rein. 565. Das logische Verhltnis ist bloss ein Verhltnis der Unterordnung, d. i. der sphaerarum conceptuum, und die logische Vemunftbeschaffenheit der Begriffe besteht darin, dass sie allge- meine^) Begriffe oder intuUus sind. 1) Die Klammem sind Zusatz des Herausgebers. Die eingeklammerten 'Worte sind im Mannscript ber- nnd beigeschrieben. ') Im Manuscript ein durchstrichenes oder^. *) Daneben stehen die Worte quae qualis quanta** mit einem Fort- setzungszeichen , dessen Correspondent jedoch so wenig wie eine correspon- dierende Ausfuhrung aufzufinden ist Man vgl. quaecis in Nr. 560. **) Die Beziehungen der Einheit und Allheit auf die Urteile, wie sie in der Kr. d. r. V. vorliegen, also in ihr Gegenteil verkehrt Man vgl. ber Analoga in der Zeit um 1774 in der Abhandlung Eine unbeachtet gebliebene QueU^/' a. a. 0. 140. ***) Die nachfolgenden vier Reflexionen sind zusammengestellt, um den erst allmhlich erfolgten Hinzutritt des Begrifib der Notwendigkeit zu ver- anschaulichen. 176 Das reale Verhltnis ist das der Zusaimnenordnungen, und die Regeln derselben sind entweder die der Vernunft oder der Sinnlichkeit. Zu den ersten gehrt Substanz und Accidens (da- gegen das logische Verhltnis nur Subject und Prdicat hat. Die Inhrent ist eine coardinatiOf die Convenienz eine sbordmatio Jogica)^)'^ der Begriff des rundes:; der des Ganzen, oder viel- mehr des Zusammengesetzten. Mglichkeit und Dasein sind positiones beoluUte, jene des Begriffs (Etwas), dieses der Sache. Also sind alle synthetischen Begriffe (intdlechudiier): SubsUMtia, compositum et ratio. 566. Es sind zwei Begriffe, die eigentlich nicht Prdicate der Dinge sind, sondern wodurch die Dinge selbst gedacht werden mit allen ihren Prdicaten. 567. Die metaphysischen Begriffe sind : 1) Mglich; 2) Sein; 2b) Notwendig*); 3) Eines zum andern gesetzt (Ganzes); 4) Eines im andern (Substanz) ; 5) Eines durchs andere (Grund). Die drei letzteren sind Realverhltnisse. Die Einheit des Vielen: a) des Ganzen; b) die Einheit der Prdicate in einem Subject; oder c) der Folge durch einen Grund. 568. Etwas und Nichts sind fonnale Begriffe in der Meta- physik, und bedeuten bloss die Relation. Etwas und Nichts im logischen Verstnde ist: mglich und unmglich, d. i. dem gar kein Begriff zukommt, nicht A, auch nicht Non-^, welches dort durch den Widerspruch, in der Metaphysik aber aus der Ver- gleichung mit dem Urwesen hergeleitet wird. Das Mgliche ist Etwas oder Nichts im metaphysischen Verstnde als recUitas oder negaiio. Die drei absoluten Begriffe als die einfachsten sind: mglich (kommt von unbestimmten Urteilen); Dasein (von Be- jahungen) ; notwendig (von Bejahung durch Begriffe. Kat^orien). ^) Die Klammern sind Zusatz des HerRUsgebers. *) Von Kant bergeschrieben! - 177 - 569. ('^'Zum Dasein gehren innere und ussere Bestim- mungen ; die Prineipien sind : Substanz, Ursache und Commercium. 570. DreiEiche Art, wie Dinge das Dasein bestimmen. Also reales Verhltnis: erstlich des Subjects, zweitens der Ur- sache, drittens der Vereinigung in einem Ganzen von Substanzen. 571. Kategorien des realen Subjects, Grundes und Ganzen zum Unterschiede der logischen. Es sind Realverhltnisse. 572. In der Substanz **) ist 1) das Verhltnis der Inhrenz (accidens); 2) der Causalitt (Kraft); 3) des commercii (Einfluss). 573. Das Dasein von Etwas in einem substrato; das Dasein von Etwas durch ein prindpium in einer Reihe; das Dasein von Etwas in einem composUo. Da ist nicht Inhrenz, aber doch wechselseitige Verknpfung. 574. (*** Verbunden sind a und 6, deren Position eines aus- macht; deren Verbindung nach einer allgemeinen Regel notwendig ist, d. i. von deren einem sich auf den anderen schliessen lsst^ sind verknpft. Deren Verbindung zufllig ist, d. i. t den Anfiwgspiuikt. **) Man vgl. a. a. O. 240 Das Dasein ist kein constitutives Prdikat (detenninatives)^ es kann also auch nicht per analysm aus dem Begriff eines Dinges geftinden werden als zu seinem Inhalt gehrig. Also kann es aus Begriffen nicht objectiv bewiesen werden, aber wol in Beziehung auf alles andere als abgeleitete Begriffe wie ein notwendiges Substratum angesehen werden*). 847. Etwas ist darum wirklich, weil es mglich ist, weil (es), wenn es nur als rationatum mglich ist, wenn der Grund wirk- lich ist, auch wirklich sein muss. Nichts ist aber darum wirk- lich, weil es bloss mglich ist, obzwar alles, was mglich ist, wirklich sein mag. Denn die Mglichkeit ist ein blosses Ver- hltnis zu unserm Verstand, die Wirklichkeit entweder eine Verknpfung mit unserer Grunderfahrung Raum und Zeit, welche eine ursprngliche Wirklichkeit enthalten, oder eine Ver- knpfung mit einem unendlichen Verstnde. Hier wird aber immer eine Existenz vorausgesetzt; dass wir aber jedes Sein (des Realen) aufheben knnen, beweist nicht die Mglichkeit des Nichtseins, sondern die Abhngigkeit unseres Begrifis vom Sein von der Verknpfung mit der Erfahrung. Eriticismus, sptere Zeit**). 848. Alles, was existiert, ist durchgngig determiniert; aber diese durchgngige Determination macht nicht den Begriff der Existenz aus, sondern dass ein Ding absolut imd nicht bloss in Verhltnis auf einen Begriff gesetzt ist. 849. Alles was existiert, ist durchgngig determiniert, denn es wird objectiv, d. i. absolut gesetzt. Aber es ist darum nicht durch seinen Begriff determiniert. Umgekehrt, was durch seinen *) Im Sinne von W. H. 122, 126. **) Die Zeitbestimmung gibt den Endpunkt. 241 Begriff durchgngig determiniert ist, ist darum nicht existierend, eben darum, weil es nur respectiv auf den Begriff gesetzt wird *) 850. Wenn ich etwas nur respectiv auf meinen Begriff setze, so ist es vielfltig unbestimmt; wird es aber absolut ge- setzt, so ist es nach dem principio exclusi medii durchgngig be- stimmt; aber ich kann nicht umgekehrt schliessen **). 851. Das Dasein geht nur auf Dinge, die Wirklichkeit auch auf ihre Handlungen***). 852. Eigentlich existieren nur Substanzen. cddentia sind nur Prdikate existierender Substanzen. Das Prdikat selber ist nichts Existierendest). 853. In der Existenz ist mehr als othsin desto notwendiger sein, je fter etwas ge- schehen ist*). Kritischer Rationalismus. 869. Wenn Etwas an sich zufllig ist, so wird es sofern bloss durch Verstand vorgestellt, und muss eine Ursache haben. Wenn aber Etwas bloss zuflliger Weise gegeben ist (in der Er- scheinung als Etwas, das sich verndert), so ist darum nicht das Dasein selbst zufllig. Kriticismus, erste Periode. 870. Wir haben kein Beispiel von hypothetisch notwendigen Dingen als nur in Ansehung der Form derselben: z. B. Ent- st(^hung von Eis, von Salzen aus Vermischung**). 871. Die absolute Notwendigkeit, da sie nicht nach ana- lytischen Principien des Verstandes erkannt werden kann, wird es aus synthetischen sein***). *) Die beiden letzten Reflexionen gehren in den Zusammenhang der Anthropologie. * **) Die Zeitbestimmang gibt den Endpunkt. **) Im Sinne von Kr. 628 f.? 246 872. Die absolute Notwendigkeit ist, wenn das Gegenteil der synthetischen Bedingung der Mglichkeit widerstreitet NihU vel logice tte vel transscendentle. 873. Ist der Begriff einer notwendigen oder zu&Uigen Substanz aber berhaupt denkbar? Zum wenigsten beweisen Vernderungen der Substanzen ihre Zuflligkeit nicht Diese Begriffe wollen nur die Mglichkeit der Erkenntnis des Daseins der Dinge vllig a priori, oder die Unmglichkeit derselben an- zeigen, und gelten also nicht von Objecten, sondern dem Ver- hltnis unserer Begriffe von ihnen zu unserm Erkenntnisvermgen. Das erstere ist unmglich. Anstatt dieser Begriffe sollte man sich derer des unbedingten, mglichen Daseins bedienen*). 874. Zuftlllig ist das, was nur bedingter Weise (hypothetisch) mglich ist (dessen Nichtsein also an sich selbst mglich ist). Man kann nicht davon anfangen, dass das Gegenteil mglich sei, d. i. dass es nicht existiere. Denn da wir die Unmglich- keit nur durch einen Widerspruch erkennen, das Nichtsein aber einer Sache sich selbst nie widerspricht, so wrde alles zufllig sein. Alles was geschieht, ist zuftlllig, d. i. nur bedingter Weise mglich: principif4m causlitatis. Daher Substanzen, die beharren, nicht als zufllig anzusehen sind, obgleich ihr 'Zustand zufllig ist, mithin die Vernderungen der Substanzen ihre Zuflligkeit nicht beweisen. 875. Zufllig ist nicht das, dessen Nichtsein sich nicht widerspricht, sondern ungegrttndet ist. Nun ist alles, was existiert, gegrndet, folglich nichts Existierendes ist zufllig. Das Ge- grndetsein geht hier auf Erfahrung, nicht auf objective Principien. 876. Die Zuflligkeit, d. i. Mglichkeit des Gegenteils, lsst sich durch die Vernderung nicht erkennen, sondern nur daraus, dass alle Vernderung ein Anschauen ist, und also an sich und *) Im Manuficript: brauchen. Man vgl. den Anhang zur Textrevisiou. 247 ohne dass eine Ursache dazu sei, zufkllig ist. priori lsst sie sich an nichts erkennen. 877. Gesetz der Vernunft, nicht der Sinne: Alles, was da ist, ist notwendig, entweder schlechthin oder bedingt. Alle Notwendigkeit ist bedingt, oder unter Bedingung der inneren Bestimmungen eines (Dinges) (desjenigen, was einem Dinge innerlich ist) oder unter usseren Bedingungen. 878. Alles, was geschieht, ist zufllig an sich selbst; weil es doch aber notwendig sein muss vermge des Obigen, so ist es notwendig durch einen fremden Grund. 879. Absolute necessarium ens. Dass etwas mglich sei, knnen wir durch das blosse Nichtwidersprechen des Gedankens nicht erkennen, aber wol, dass etwas unmglich sei, aus dem Widerspruch. Dass ein Ding- notwendig sei, knnen wir aber nur durch den Widerspruch des Gegenteils (entweder da der Begriff sich selbst, oder das Dasein anderi gegebenen Gesetzen widerspricht) einsehen ; wo also dergleichen nicht verlangt werden kann, z. B. dass das Nichtsein eines Dinges sich selbst wider- spreche, da knnen wir die Unmglichkeit des Nichtseins, mit- hin die Notwendigkeit nicht einsehen. Wrden wir aller Dinge Mglichkeit anschaulich erkennen, so wrden wir die Unmglich- keit von etwas auch ohne Widerspruch, dadurch, dass wir das Ding im Felde der Mglichkeit gar nicht antrfen, erkennen. Die absolute Notwendigkeit wrde nichts als die Anschauung eines Dinges a priori sein. Wir sind gentigt, alle Dinge als notwendig anzunehmen (als absolut oder hypothetisch)*). Der Grund ist, weil wir alles Wahre zugleich logisch als notwendig vorstellen mssen (prindpium exchisi medii), indem wir nur durch Urteile die Dinge determi- nieren und Urteile a posteriori ohne durch (Urteile) a priori be- sttigt zu sein, nicht objectiv sind. *) Man vgl. dagegen Nachtrge zur Kr. d, r. F. herausg. von Erdmann Nr. XCin. 248 880. In demselben Verstnde, in welchem ein Ding not- wendig ist, ist es auch unvernderlich. Kommt ihm ein Pr- dikat schlechthin notwendig zu, so ist es auch in Ansehung des- selben unvernderlich; ist's bedingter Weise, so ist es unter dieser Bedingung unvernderlich. Aber das Ding selber ist darum nicht unvernderlich, sondern nur in Ansehung seiner Prdikate. In Ansehung des Daseins kann kein Ding vernder- lich sein, denn das Nichtsein ist keine Vernderung*). 881. Alles commercium und mithin alles composUwm ist als solches zufUUig**). 882. Die Notwendigkeit ist entweder logisch oder real, analytisch und synthetisch. Die synthetische Notwendigkeit ent- weder aus Begriffen oder Anschauungen oder dem Verhltnis der Begriffe berhaupt zu Anschauungen. Das notwendige Da- sein ist entweder abgeleitet oder ursprnglich : necessiUiS ariginaria vel derhxUiva. Die- Notwendigkeit als Bedingung ist eigentlich hypothetisch, aber doch nicht bedingt ...;*) es ist die Not- wendigkeit als Voraussetzung. Die Notwendigkeit eines Dinges an sich selbst ist die des Daseins, nicht des Verhltnisses eines Prdikats zum Subject oder des Bedingten zur Bedingung. Einem an sich notwendigen Dinge kommt nicht das Dasein notwendig zu, denn alsdann liegt's im Begriffe; sondern es ist die Bedingung berhaupt ein Dasein zu setzen. Kriticismus, sptere Zeit***). 883. Gegeben ist ein Gegenstand, sofern er durchgngig bestimmt ist. Wenn durch seinen Begriff er durchgngig ge- geben ist, so ist er notwendig. 1) Im Manuscript Anmerkungszeichen. Anmerkung fehlt jedoch. *) Man vgl. Metaphysik 299 und W. II. 128. **) Man vgl. den Abschnitt ber Wechselwirkung. ***) Die Zeitbestimmung gibt fr alle folgenden Reflexionen den Endpunkt. 249 884. Die Existenz eines Dinges kann nur relativ auf einen Begriff; den ich von demselben habe, niemals absolut als zufallig oder notwendig erkannt werden. 885. Alles Notwendige muss a priori als existierend erkannt werden, also aus der blossen Mglichkeit und dem Begriffe. Hypothetisch aber diese erkennen heisst diesen Begriff von einem bloss Mglichen als einem Wirklichen seiner Bedingung nach anhngend betrachten. Wenn also die Sache gesetzt wird, die die Bedingung enthlt, so folgt aus der blossen Mglichkeit der- selben 4s Bedingte, z. B. Glas muss durch den Fall zerbrechen, a priori aus der Sprdigkeit berhaupt. Dem Glas hngt diese Sprdigkeit an, und es existiert also auch das Zerbrechen als notwendig. Aus der blossen Mglichkeit die Wirklichkeit schliessen *). 886. Necessas est vel ut rationati vd ui rationis sive indepen* dentiae. m NecessUas est vel ut absoltUa, h. e, omni respedu necessarium, vel ut h^oihetica: quodam tantum respedu necessarium, Contingeniia omnimoda est iim, cui'us oppositwm quovis respedu est necessarium. Der blosse Zufall, das Ungefhr. Contingeniia externo respedu omnimoda est libertas**). 887. Entweder etwas ist unter einer Bedingung notwendig (restridive) oder in irgend einer Anwendung (Application), exten- sive. Unter aller Bedingung ist nichts notwendig, denn wenn es schon eine Bedingung hat, so ist sie unter dem Gegenteile nicht notwendig***). 888. Die Notwendigkeit wird am besten eingeteilt in die bedingte und unbedingte. Jene wiederum in die innerlich oder *) So auch Kr. 111, 142, 259, 273, 521; BeU. II. 106, 111. Das Ganze gibt einen Beitrag zar Lehre Kants vom analytischen Urteil! **) Man vgl. Kr. 475. *) Man vgl. Kr. 601 f. 250 usserlich bedingte. Denn h^oiheticum ist nicht dem intemo^ sondern dem categonco entgegengesetzt. 889. Dasjenige ist unbedingt notwendig, was ohne restrictive Bedingung notwendig ist, folglich in aller Absicht*). 890. Die Vernderlichkeit beweist auf keinerlei Weise die Zuflligkeit. Jene ist possihHas staiuum diversorumy diese possi- bilitas oppositorum; jene ist eine determifiatio secundum leges sensi- tivi in cognitiane. Wir haben gar keine Merkmale der Zufllig- keit durch die Vernunft, ebenso wenig wie der Notwendigkeit, ausser der bedingten. Das Absolute ist in allen Stcken un- bekannt **). 891. Unser Begriff vom zufUigen Dinge ist der Begriff von einem Dinge, das nur als causatum lterius mglich ist, nicht, dessen Nichtsein unmglich, d. i. undenkbar ist. Also ist der Satz Quodlibet cantifigens est causatum lterius tautolog^sch ; z. B. wir nennen organisierter Wesen Existenz zufllig. Wir knnen nmlich die reale Mglichkeit nur dadurch erkennen, dass der Gegenstand auf irgend eine Art gegeben wird'*'**). Wollen wir sie a priori erkennen, so muss er nicht durch Anschauung (em- pirische), sondern als Existenz durch etwas anderes, was a priori determiniert, d. i. Ursache erkannt (werden) f). 892. Wir haben von ente contingenti keinen andern Begriff, als dass es ein solches sei, dessen Nichtsein kann gedacht wer- den. Aber dann ist alles logisch contingens. Bealiter contingens wrde das sein, dessen Nichtsein an sich unmglich ist, ob es gleich kann gedacht werden; aber davon haben wir keinen Be- griff, er ist problematisch. Substanzen stellen wir uns als entia a se vor mit sammt ihrem Zustande. Zwecke sind entia ab lio. *) Man vgl. Kr. 332. **) Man vgl. Kr. 290 Anm., 488, 687 und W. U. 428. ***) Man vgl. Kr. 447. t) Man vgl. Kr. 289 f. ; 612, 637. 251 Wir haben es nur mit Erscheinungen und nicht mit entihus per 8 zu tun. Also ist nur nach der contingentia in der Erschei- nung die Frage, d. i. der dessen, was geschieht*). 893. Principium contingentiae bedeutet, dass eigentlich nichts als schlechterdings zufllig existiere, d. i. dass sein Dasein objectiv als bestimmt msse erkannt werden, wenn es subjectiv in der Wahrnehmung bestimmt ist. Alles ist notwendig, entweder absolut oder hypothetisch. Alles, was da ist, ist notwendig, entweder an sich oder durch Ursache. Ebenso ist auch nichts schlechterdings notwendig, sondern nur in Beziehung auf die Mglichkeit der Gegenstnde der Erfahrung**). 894. Das principium rationati sagt nur: alles, was geschieht, ist unter einer Bedingung notwendig***); alles muss objectiv a priori bestimmt sein. 895. Die Zuflligkeit kann empirisch oder intellectual vor- gestellt werden. In letzterem Falle ist sie ein Begriff der Ver- nunft, d. 1. a priori. Dass nun alles, was a priori an sich un- determiniert ist, und doch determiniert ist, durch etwas anderes sein msse, ist identisch f). 896. Das erste der Dinge ist das schlechterdings Notwendige. Das erste der Zustnde ist das schlechterdings ZufUUige. (Absolute) Notvi^endigkeit und Freiheit unbegreiflich ff). *) Man vgi. Kr. 290, 301, 487. *) Man vgl. Nr. 857 und Nr. 836 f. **) Man vgl Kr. 289 aowie Nr. 977 f. t) Man vgl. Kr. 488. tt) Man vgl. Metaphysik 69. 252 3. Einheit, Wahrheit und Vollkommenheit. 12*). Dogmatismus**). 897. Durchgngiger Zusammenhang desjenigen, was zum Wesen gehrt: Unitas (Einheit) ; consensm (EinheUigkeit) ; unicitas (Einigkeit). Transscendentale Einheit: Ableitung des Mannigfaltigen aus einem Begriff: Wesen. Transscendentale Wahrheit: Ableitung des Mannigfaltigen von einander: Attribute. Transscendentale Vollkommenheit: Ableitung des Begriffs aus dem Mannigfaltigen. 898.