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Gestern habe ich zum letzten Mal ein Messer angefaßt!Die Strahlentherapie auf den BGGFTagungen von 1912 bis 1939 Wolfgang Frobenius Einleitung Ich erinnere mich noch heute der Erregung im Saal, als die Vertreter der Freiburger Frauenklinik ihren Vortrag [] beendet hatten. Alles diskutierte wild durcheinander. Ein sehr bekannter Operateur sprang auf, hochrot im Gesicht, und rief pathetisch: Gestern habe ich zum letzten Mal ein Messer ange- faßt!ʼ [] Würdige Herren umarmten sich. Ein Do- zent, der hinter mir saß, verkündigte feierlich: Die Krebsgefahr ist gebannt, die Menschheit darf aufat- men.ʼ Noch nie hatte uns, so schien es, ein Mittel von so starker Zerstörungskraft auf Karzinomzellen zur Verfügung gestanden.1 Die Beschreibung dieser Szene, die sich in den Memoiren des ehemaligen Berliner Ordinarius Walter Stoeckel (18711961) findet, illustriert per- fekt die Ausnahmesituation, in der sich die deut- schen Frauenärzte zu Beginn der zweiten Dekade des 20. Jahrhunderts fühlten: Nur rund eineinhalb Jahrzehnte nach Etablierung der ersten Erfolg ver- sprechenden Krebsoperationstechniken an der Ge- bärmutter schien sich auf der 15. Versammlung der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie im Mai 1913 in Halle mit der eben erst entdeckten Strah- lentherapie eine Methode zu präsentieren, die nicht nur einen weiteren Fortschritt, sondern eine Revolution in der Onkologie verhieß. Der Wiener Ordinarius Ernst Wertheim (18641920), mit dessen Namen noch heute für viele Fachgenossen die abdominale Radikaloperation des von Krebs befallenen Uterus verbunden ist, zeigte sich von den in Halle präsentierten Ergebnis- sen der Strahlentherapie bei dieser Erkrankung nicht weniger beeindruckt als seine Kollegen. Ernst Bumm (18581925), damals als ein Vorgänger Sto- eckels Direktor der Berliner Universitätsfrauenkli- nik an der Artilleriestraße, berichtete später, der berühmte Operateur habe ihm im Gespräch gesagt: [] ich muß es als tragisches Schicksal hinneh- men, daß meine Lebensarbeit, die Radikaloperation des Uteruskarzinoms, in dem Augenblick überholt und unnütz gemacht wurde, wo ich sie unter vielen Mühen und unter sehr schmerzlichen Verlusten auf die Höhe der Ausbildung gebracht habe.2 An der Entwicklung der so viel versprechenden gynäkologischen Strahlentherapie, für die in den Anfängen neben onkologischen auch viele Indika- tionen zur Behandlung gutartiger Erkrankungen gesehen wurden, hatten die Direktoren der Univer- sitätsfrauenkliniken München, Erlangen und Würz- burg zusammen mit ihren Mitarbeitern in den ers- ten Dekaden des 20. Jahrhunderts erheblichen An- teil. Albert Döderlein (18601941), der Direktor der Frauenklinik an der Münchner Maistraße, und Carl Joseph Gauß (18751957), der 1923 als schon renommierter Strahlentherapeut aus der oben er- wähnten Freiburger Klinik kommend die Würzbur- ger Universitätsfrauenklinik übernahm, gehörten zu den Pionieren der ersten Stunde. Ludwig Seitz (18721961), bis 1921 Direktor der Erlanger Klinik, sowie sein Schüler und Nachfolger im Amt, Her- mann Wintz (18871947), begannen ab 1914 ge- tragen von der Dresdner Aufbruchsstimmung in enger Kooperation mit dem ortsansässigen Unter- nehmen Reiniger, Gebbert und Schall (später Sie- mens) ein strahlentherapeutisches Forschungs- und Behandlungszentrum von Rang zu etablieren. 3 Die Beiträge der genannten Wissenschaftler zur Strahlentherapie, die in international beachteten Fachzeitschriften erschienen und in Handbüchern ihren Niederschlag fanden, wurden natürlich auch auf den Kongressen der Bayerischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde (BGGF) the- matisiert. Vorträge und Diskussionen dazu standen 1 Stoeckel: Erinnerungen (1966), S. 212. 2 Bumm: Eröffnungsrede (1920), S. 910 3 Siehe hierzu Frobenius: Röntgenstrahlen (2003). 60 © Copyright 2012 Georg Thieme Verlag Stuttgart New York

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„Gestern habe ich zum letzten Mal ein Messer angefaßt!“Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungenvon 1912 bis 1939

Wolfgang Frobenius

Einleitung

„Ich erinnere mich noch heute der Erregung imSaal, als die Vertreter der Freiburger Frauenklinikihren Vortrag […] beendet hatten. Alles diskutiertewild durcheinander. Ein sehr bekannter Operateursprang auf, hochrot im Gesicht, und rief pathetisch:‚Gestern habe ich zum letztenMal einMesser ange-faßt!ʼ […] Würdige Herren umarmten sich. Ein Do-zent, der hinter mir saß, verkündigte feierlich: ‚DieKrebsgefahr ist gebannt, die Menschheit darf aufat-men.ʼ Noch nie hatte uns, so schien es, ein Mittelvon so starker Zerstörungskraft auf Karzinomzellenzur Verfügung gestanden.“1

Die Beschreibung dieser Szene, die sich in denMemoiren des ehemaligen Berliner OrdinariusWalter Stoeckel (1871–1961) findet, illustriert per-fekt die Ausnahmesituation, in der sich die deut-schen Frauenärzte zu Beginn der zweiten Dekadedes 20. Jahrhunderts fühlten: Nur rund eineinhalbJahrzehnte nach Etablierung der ersten Erfolg ver-sprechenden Krebsoperationstechniken an der Ge-bärmutter schien sich auf der 15. Versammlung derDeutschen Gesellschaft für Gynäkologie im Mai1913 in Halle mit der eben erst entdeckten Strah-lentherapie eine Methode zu präsentieren, dienicht nur einen weiteren Fortschritt, sondern eineRevolution in der Onkologie verhieß.

Der Wiener Ordinarius Ernst Wertheim (1864–1920), mit dessen Namen noch heute für vieleFachgenossen die abdominale Radikaloperationdes von Krebs befallenen Uterus verbunden ist,zeigte sich von den in Halle präsentierten Ergebnis-sen der Strahlentherapie bei dieser Erkrankungnicht weniger beeindruckt als seine Kollegen. ErnstBumm (1858–1925), damals als ein Vorgänger Sto-eckels Direktor der Berliner Universitätsfrauenkli-nik an der Artilleriestraße, berichtete später, der

berühmte Operateur habe ihm im Gespräch gesagt:„[…] ich muß es als tragisches Schicksal hinneh-men, daßmeine Lebensarbeit, die Radikaloperationdes Uteruskarzinoms, in dem Augenblick überholtund unnütz gemacht wurde, wo ich sie unter vielenMühen und unter sehr schmerzlichen Verlusten aufdie Höhe der Ausbildung gebracht habe.“2

An der Entwicklung der so viel versprechendengynäkologischen Strahlentherapie, für die in denAnfängen neben onkologischen auch viele Indika-tionen zur Behandlung gutartiger Erkrankungengesehenwurden, hatten die Direktoren der Univer-sitätsfrauenklinikenMünchen, Erlangen undWürz-burg zusammen mit ihren Mitarbeitern in den ers-ten Dekaden des 20. Jahrhunderts erheblichen An-teil. Albert Döderlein (1860–1941), der Direktorder Frauenklinik an der Münchner Maistraße, undCarl Joseph Gauß (1875–1957), der 1923 als schonrenommierter Strahlentherapeut aus der oben er-wähnten Freiburger Klinik kommend dieWürzbur-ger Universitätsfrauenklinik übernahm, gehörtenzu den Pionieren der ersten Stunde. Ludwig Seitz(1872–1961), bis 1921 Direktor der Erlanger Klinik,sowie sein Schüler und Nachfolger im Amt, Her-mannWintz (1887–1947), begannen ab 1914 – ge-tragen von der Dresdner Aufbruchsstimmung – inenger Kooperation mit dem ortsansässigen Unter-nehmen Reiniger, Gebbert und Schall (später Sie-mens) ein strahlentherapeutisches Forschungs-und Behandlungszentrum von Rang zu etablieren.3

Die Beiträge der genannten Wissenschaftler zurStrahlentherapie, die in international beachtetenFachzeitschriften erschienen und in Handbüchernihren Niederschlag fanden, wurden natürlich auchauf den Kongressen der Bayerischen Gesellschaftfür Geburtshilfe und Frauenheilkunde (BGGF) the-matisiert. Vorträge und Diskussionen dazu standen

1 Stoeckel: Erinnerungen (1966), S. 212.

2 Bumm: Eröffnungsrede (1920), S. 9–103 Siehe hierzu Frobenius: Röntgenstrahlen (2003).

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vomGründungsjahr an bis zum Beginn des ZweitenWeltkriegs in vielen Versammlungen auf der Tages-ordnung. Schon bei der konstituierenden Sitzungam 28. Januar 1912 in Würzburg wurde über Rönt-gentherapie vorgetragen und diskutiert, im weite-ren Verlauf beherrschte das Thema Strahlenthera-pie die Veranstaltungen von 1913, sowie – nachder durch den Ersten Weltkrieg bedingten Pause –

ab 1921 bis zum Anfang der 1930er Jahre.Einen letzten Höhepunkt innerhalb des Zeit-

raums bis zum Zweiten Weltkrieg, der hier etwasgenauer betrachtet werden soll, stellte die Sitzungvom 12. Februar 1933 in München dar. An dieserVeranstaltung, die dem Gedenken von WilhelmConrad Röntgen (1845–1923) anlässlich seines10. Todestages gewidmet war, beteiligte sich auchdie zwei Jahre zuvor gegründete Bayerische Gesell-schaft für Röntgenologie und Radiologie4, die be-reits 1932 aus besonderem Anlass zu einerBGGF‑Tagung hinzugebeten worden war. Auch da-rauf wird noch zurückzukommen sein.

Im Mittelpunkt des Interesses bei den BGGF‑Ta-gungen standen jeweils die neuesten Ergebnisseder Behandlung mit Röntgenstrahlen bzw. Radio-nukliden. Sie sollten therapeutische Kernfragen je-ner Zeit beantworten helfen: Kann die Strahlenthe-rapie die operative Behandlung tatsächlich erset-zen? Ist die Therapie mit Röntgenstrahlen jenermit Radium bzw. Mesothorium überlegen oder be-dient man sich am besten der Kombination vonbeidem? Im Laufe der Jahre schoben sich jedochauch andere Probleme in den Vordergrund – soetwa die Diskussion über mögliche Fehlbildungenbzw. Erbschäden bei Kindern von Müttern, die we-gen gutartigen Erkrankungen bestrahlt wordenwaren. Dieses Problem entwickelte – wie sich zei-gen wird – zunehmende Brisanz, so dass sich dieBGGF sogar gezwungen sah, 1932 mit einer Resolu-tion von Tagungsteilnehmern dazu Stellung zu be-ziehen.

Bis 1913: Dominanz operativerVerfahren mit vielen Misserfolgen

Bevor nun die BGGF‑Tagungen anhand der schrift-lichen Tagungsberichte bis 1939 einer genauerenBetrachtung unterzogen werden, erscheint es sinn-

voll, sich die Situation zu vergegenwärtigen, in dersich die Frauenheilkunde zu Beginn des Untersu-chungszeitraums befand.5 Wie oben angedeutet,hatten vor allem österreichische Frauenärzte imausgehenden 19. und zu Beginn des 20. Jahrhun-derts mit ihren Operationstechniken erstmals einInstrument geschaffen, mit dem bösartige gynäko-logische Erkrankungen kurativ angegangen wer-den konnten. Während vor 1878 beim Uteruskrebsnur konservatives Vorgehen mit rein palliativemCharakter in Frage kam, wagte man von da an bis1895 auf der Basis der von Wilhelm AlexanderFreund (1833–1917) und Vinzenz Czerny (1842–1916) vorgeschlagenen Verfahren bereits in etwa15% der Fälle eine Operation. Die erweiterten ab-dominalen und vaginalen Eingriffe, die Ernst Wert-heim und Friedrich Schauta (1849–1919) dann seitder Jahrhundertwende in Wien auf der Basis derArbeiten anderer speziell für das Zervixkarzinometablierten, steigerten die Operabilität bis 1910 auf50% und mehr.

Trotz aller Bemühungen blieb die Operations-mortalität hoch: Wertheim vermochte sie in seinerbesten Serie auf 9% zu drücken, im Durchschnittstarb von seinen ersten 500 Patientinnen etwajede vierte. Schautas vaginale Operation erwiessich bei 445 krebskranken Frauen zwar als wenigerriskant, aber auch er verlor noch durchschnittlich8,9% durch die Operation. Immerhin erreichteWertheim bis 1911 ein rezidivfreies Fünfjahres-Überleben für über 42% seiner primär erfolgreichoperierten Patientinnen, bei Schauta waren esknapp 35%.6

Die bis zum Beginn der zweiten Dekade des20. Jahrhunderts mit der operativen Therapie er-reichten Erfolge bei der Behandlung einer tödlichenErkrankung wurden nach anfänglicher Skepsis derMethode gegenüber zunächst als eindrucksvollempfunden. Unter dem Einfluss der ersten Berichteüber die Ergebnisse der Strahlentherapie ändertesich dies aber wieder bis zu einem gewissen Grad:Angesichts der Möglichkeit, inoperable Patientin-nen mit Strahlen zu behandeln, betrachtete mandie Ergebnisse der Chirurgie nun auch unter demAspekt der „Dauerheilungen“: Dabei wurde der Be-handlungserfolg auf alle beobachteten Fälle bezo-gen – also nicht nur auf die operierten (absoluteHeilungsziffer). So gesehen konnten sowohl Wert-

4 Die Gesellschaft wurde 1931 in München gegründet.Sie trägt jetzt den Namen Bayerische Röntgengesell-schaft (bayroe.de/hp438/Gruendungsaufruf.htm(04.09.2012)).

5 Siehe hierzu ein detaillierter Überblick in Frobenius(Röntgenstrahlen), S. 13–99. Diesem Überblick wirdhier gefolgt.

6 Siehe hierzuWertheim: Operation (1911) und Schau-ta: Operation (1911).

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heim als auch Schauta nicht einmal jeder fünftenKrebspatientin wirksame Hilfe leisten. „Die Erfolgeder Chirurgie haben die Erwartungen enttäuscht“,resümierte der Berliner Chirurg und Professor amRadiuminstitut der Charité, Anton Sticker, in einemBericht über die II. Internationale Konferenz fürKrebsforschung, die 1913 in Brüssel stattfand.7

Auch prinzipiell gutartige Erkrankungen wieMyome und hämorrhagische Metropathien wiesenbei der Behandlung durch Hysterektomie in derersten Dekade des 20. Jahrhunderts eine Mortalitätzwischen 1,1 und 9% auf. Genauere Angaben überdie Morbidität, womöglich aufgeschlüsselt nachder genauen Indikation zur Operation, lassen sichfür die Zeit vor 1910 in der Literatur kaum finden.Eine Übersicht hierzu gibt erst die 1920 veröffent-lichte Zusammenstellung von Arthur Giles. Er fandbei rund 3100 Eingriffen eine postoperative Kom-plikationsrate von über 13%, wobeiWundheilungs-und Blasenstörungen die wichtigste Rolle spielten.Außerdem kam es dieser Übersicht zufolge immer-hin bei etwa 1% der Patientinnen zu Verletzungenanderer Organe.8

Diese relativ hoheMorbidität undMortalität derchirurgischen Behandlung war von einer weiterenVerfeinerung der Operationstechnik nicht ent-scheidend zu beeinflussen. Wie wir heute wissen,bedurfte es wesentlicher Fortschritte in der Anäs-thesie und Intensivmedizin sowie in der Infektions-behandlung, um – beginnend in den fünfziger Jah-ren des 20. Jahrhunderts – den Anteil tödlicherKomplikationen etwa bei der Wertheim-Operationin den Bereich unter einem Prozent abzusenken.Für die palliative Therapie bei den beklagenswer-ten Opfern fortgeschrittener Karzinome hatten dieErfolge im operativen Bereich zunächst überhauptkeine Auswirkungen gehabt.9

Beginn der Behandlung mitRöntgenstrahlen und Radium

Die Entdeckung der Röntgenstrahlen (1895) unddes Radiums (1898) sowie die rasch folgenden Hin-weise darauf, dass damit womöglich bisher unge-ahnte therapeutische Möglichkeiten eröffnet wer-

Abb. 4.1 Operationssaal der Erlanger Frauenklinik 1908 (Quelle: Archiv Frauenklinik Erlangen).

7 Sticker: Strahlenbehandlung (1913), S. 451.8 Giles: Indications (1920), S. 13–21.

9 Zur Situation dieser Krebskranken Freund: Leben(1913), S. 121–129.

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den könnten, begannen nach der Jahrhundertwen-de Mediziner aller Fachrichtungen zu faszinieren.Abgesehen von Einzelfällen lag der Schwerpunktder radiotherapeutischen Versuche in den erstenJahren methodenbedingt vor allem im Bereich der-matologischer Erkrankungen. Etwa vom Jahr 1906an begann man, die aktinische Behandlung nachersten Erkenntnissen über ihre potentielle Tiefen-wirkung auch bei gynäkologischen Erkrankungenin größerem Umfang einzusetzen. Eine Indikationhierfür stellten zunächst vor allem der Uterus myo-matosus und die hämorrhagischen Metropathiendar. Bestrahlt wurde dabei in Deutschland anfäng-lich überwiegend mit Röntgenapparaten (Telethe-rapie), in Frankreich mit Radium (Brachytherapie).In Deutschland stand Radium damals kaum zurVerfügung. Eine Therapie mit Radionukliden ingrößerem Umfang wurde erst möglich, nachdemder Chemiker Otto Hahn (1879–1968) 1907 dasMesothorium entdeckt hatte.

Im Jahr 1913 lagen zur radiotherapeutischenBehandlung von Myomen und Metrorrhagien be-reits mehrere größere Studien vor. Als herausra-gend muss dabei eine Untersuchung der FreiburgerFrauenklinik bezeichnet werden, deren Ergebnissevon Gauß und Hermann Lembcke (1884–1975)1912 unter dem Titel „Röntgentiefentherapie –

ihre theoretischen Grundlagen, ihre praktische An-wendung und ihre klinischen Erfolge“ als Monogra-phie publiziert worden waren. In der Arbeit wirdnicht nur über die Behandlungsergebnisse bei 205Patientinnen berichtet. Sie enthält auch einen aus-führlichen experimentellen Teil, mit dem die Ent-wicklung des methodischen Vorgehens begründetwird, das nach Angaben der Autoren letztlich zu ei-ner Erfolgsrate von 100% führte.10

Obwohl sich die Freiburger Frauenärzte zumZeitpunkt der genannten Publikation auch schonseit mehreren Jahren mit der Röntgentiefenthera-pie von gynäkologischen Malignomen befasst hat-ten, wurde dieses Thema in der Monographie prak-tisch nicht erwähnt. Die Strahlenbehandlung vonUteruskrebsen entwickelte sich erst beim oben er-wähnten Kongress der Deutschen Gesellschaft fürGynäkologie imMai 1913 in Halle zu einem zentra-len Thema: Damals präsentierten die führendenRadiotherapeuten in der Gynäkologie – auch fürdie Veranstalter überraschend – ihre neuen, vor-läufigen Behandlungsergebnisse, die von der über-wiegenden Zahl der Kongressteilnehmer als so sen-sationell empfunden wurden.

Die bei der Veranstaltung geweckten Hoffnun-gen erwiesen sich in ihrer übersteigerten Formzwar schon wenige Monate später als trügerisch.Dennoch gilt der Kongress von Halle auch heutenoch als Meilenstein in der Geschichte der gynäko-logischen Radiologie, weil von ihmwesentliche Im-pulse für weitere Untersuchungen auf diesem For-schungsgebiet ausgegangen sind. Dazu gehören si-cherlich auch die entsprechenden Aktivitäten derBGGF‑Mitglieder, die in der vorliegenden Arbeitim Spiegel ihrer Kongresse betrachtet werden sol-len.

Technische Problemebei der Strahlentherapie

Die in der ursprünglichen Versuchsanordnung ih-res Erfinders entstehende Röntgenstrahlung warrelativ wenig penetrationsfähig („weich“) sowiequalitativ und quantitativ äußerst inkonstant. Ob-wohl für den medizinischen Gebrauch rasch spe-zielle Röhren mit hohlspiegelartig geformten Ka-thoden und metallischen Antikathoden („Targets“)konstruiert wurden, ließen sich in der Therapie zu-nächst nur oberflächlich wirksame Bestrahlungendurchführen, deren Effekte auch wegen der fehlen-den Möglichkeit zu irgendeiner Form der Dosime-trie weitgehend unvorhersehbar waren. Als Folgedavon blieb die Behandlung nicht selten wirkungs-los oder es traten schwere Verbrennungen bei denPatientinnen auf.

Die Schwankungen in der Strahlenqualität und‑quantität der ersten Röntgenröhren erwiesen sichals Folge des Konstruktionsprinzips: Es handeltesich um sogenannte Gasentladungsröhren, derenEvakuierung sich im Betrieb rasch änderte. Trotzvielfältiger Bemühungen mit allen möglichen tech-nischen Tricks gelang es bis 1913 nicht, grundsätz-lich Abhilfe zu schaffen. Einen gangbaren Weg zumweitgehenden Ausgleich dieses konstruktionsbe-dingten Nachteils der Gasentladungsröhren fanderst 1916 HermannWintz mit seinem „Regenerier-automaten“.11 Schon 1913 allerdings hatte derAmerikaner William David Coolidge (1873–1975)eine Hochvakuum-Glühkathodenröhre beschrie-ben, bei der Röhrenstrom und Röhrenspannungunabhängig voneinander geregelt werden konn-ten.12 Sie wies damit die beschriebenen Nachteile

10 Gauß; Lembcke: Röntgentiefentherapie (1912).

11 Wintz: Regenerierung (1916), S. 382–383.12 Coolidge: Roentgen (1913–1914), S. 115–124.

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der Gasentladungsröhre nicht auf und konnte sichbis zur Mitte der zwanziger Jahre weitgehenddurchsetzen.

Trotz des beschriebenen grundsätzlichen Röh-renproblems war die Leistungsfähigkeit der Rönt-gengeräte in der ersten Dekade des 20. Jahr-hunderts kontinuierlich gesteigert worden. Nebenverschiedenen Modifikationen an den Gasent-ladungsröhren trugen Verbesserungen in der Gerä-tetechnik dazu bei. So gelang es, die erforderlichenHochspannungsgeneratoren leistungsfähiger zumachen. Die Anfänge der Filtertechnik, mit derenHilfe die Röntgenstrahlung für bestimmte thera-peutische Zwecke im Sinne einer Härtung in gewis-sen Grenzen homogenisierbar wurde, ließen etwaab 1904 erstmals auch die Bestrahlung tiefer gele-gener Organe ohne Überschreitung der Hauttole-ranzdosis zu.

Für die Entwicklung der Röntgentiefentherapiespielten auch die frühen Untersuchungen zur Be-strahlungstechnik eine Rolle. In diesem Zusam-menhang sind vor allem die Bedeutung des Fokus-Haut-Abstandes (FHA) und die Benutzung mehre-rer Strahleneinfallspforten (Kreuzfeuerbestrah-lung) zu nennen. So zeigte Friedrich Dessauer(1881–1963) nach 1904 mit umfangreichen Mes-sungen am Modell, dass aufgrund des Abstands-quadratgesetzes eine Homogenisierung der Rönt-genstrahlen in gewissen Grenzen auch durch eineVergrößerung des FHA möglich ist.13 Für die Praxiserlangte allerdings zunächst die „mehrstellige Fil-ternahbestrahlung“ der Freiburger Klinik größereBedeutung, da die Bestrahlungsdauer nach demDessauerschen Prinzip wegen des enormen FHAbei der damaligen Leistungsfähigkeit der Apparate100 Stunden und mehr betrug.

Erste biologische Grundlagen für die Röntgen-tiefentherapie ergaben sich 1903, als der RadiologeHeinrich Ernst Albers-Schönberg (1865–1921) zei-gen konnte, dass sich männliche Kaninchen undMeerschweinchen durch Röntgenstrahlen zumin-dest temporär sterilisieren lassen.14 Diese Untersu-chungen wurden zwischen 1904 und 1906 vonzwei französischen Wissenschaftlern erweitert.Aus ihren Beobachtungen zogen sie weitreichendeSchlüsse, die als das „Gesetz von Bergonié und Tri-bondeau“ in die medizinische Literatur eingegan-gen sind und denen heute noch vonmanchen Fach-leuten eine gewisse Bedeutung beigemessenwird.15 Danach sind die Auswirkungen von Strah-

len auf Zellen umso intensiver, je größer deren re-produktive Aktivität ist, je länger ihre mitotischenPhasen dauern und je weniger ihre Morphologieund spezielle Funktion festgelegt sind. Etwa von1905 an mehrten sich auch die Hinweise darauf,dass Röntgenstrahlen negative Auswirkungen aufbeginnendes Leben haben können. 1910 präsen-tierte der Bonner Gynäkologe Karl Reifferscheid(1874–1926) erstmals histologische Untersuchun-gen an menschlichen Ovarien, die Röntgenstrahlenausgesetzt gewesenwaren. Er fand eineweitgehen-de Zerstörung aller epithelialen Strukturen undkonstatierte, damit sei „für die zahlreichen klini-schen Erfolge bei der therapeutischen Verwendungvon Röntgenstrahlen eine positive histologischeGrundlage“ gefunden worden.16

Die Radiologen der ersten Stunde schätzten die„Intensität des ausgestrahlten Lichtes“ u.a. danachab, wie eine – oft genug die eigene – in den Strah-lengang gehaltene Hand auf einem Röntgenschirmabgebildet wurde. Aufschluss über die applizierteDosis gaben nach einem mehr oder minder langenIntervall das Behandlungsergebnis, nicht seltenaber auch ein beträchtlicher Strahlenschaden. DieEntwicklung von Verfahren zur Ermittlung derStrahlenqualität begann 1902, als der französischePhysiker Louis Benoist (geb. 1856) sein Radiochro-mometer zur Differenzierung von zwölf Härtegra-den einer Strahlung vorstellte.17 Es basierte auf derunterschiedlichen Strahlentransparenz von Metallverschiedener Schichtdicke.

Die Quantität von Strahlen wurde zunächst vorallem mit chemischen Methoden ermittelt. Erwäh-nenswert sind hier das von Guido Holzknecht(1872–1931) entwickelte Chromoradiometer, dasRadiometer X der Franzosen Raymond Sabouraud(1864–1938) und Henri Noiré (1878–1937) sowiedas erstmals 1905 vorgestellte Quantimeter vonRobert Kienböck (1871–1953), der wie Holzknechtzu den Pionieren der österreichischen Radiologiegehört.18 Erste Versuche, die ionisierende Wirkungder Röntgenstrahlen zu quantifizieren und dadurchzuverlässigere Ergebnisse zu erreichen, fallen be-reits in die zweite Dekade nach der Jahrhundert-

13 Dessauer: Anwendung (1907), S. 3.14 Albers-Schönberg: Wirkung (1903), S. 1959–1860.

15 Jean Bergonié (1857–1925) war Radiologe, Albert Tri-bondeau Histologe. Siehe hierzu: Beck-Bornholdt:Proliferationsrate (1997), S. 335–337 sowie den Le-serbrief dazu von Streffer: Proliferationsrate (1997),S. 484.

16 Reifferscheid: Studien (1910), S. 593–597.17 Benoist: Definition (1902), S. 225.18 Siehe hierzu Frobenius: Röntgenstrahlen (2003),

S. 49–54.

64 Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939

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wende. Für eine spezielle Dosimetrie bei der Appli-kation von Radionukliden sah man zunächst über-haupt keine Notwendigkeit: Es genüge, die „biolo-gische Leistungsfähigkeit“ der Präparate an derHaut zu ermitteln und dann nach Zeit zu dosieren,da das Radiumpräparat im Gegensatz zur Röntgen-röhre als konstante Strahlungsquelle anzusehensei.19

Konstituierende Sitzung 1912in Würzburg: Myome standenim Mittelpunkt

Die Röntgentherapie führte schon auf der konstitu-ierenden Sitzung der BGGF am 28. Januar 1912 zueiner lebhaften Diskussion. Ausgangspunkt warein Referat von Franz Weber (1877–1933, Selbst-mord), dem späteren Direktor der II. Universitäts-frauenklinik München, über die „Brauchbarkeit“der neuen Behandlungsform in der Klinik von Dö-derlein bei einer Reihe von gynäkologischen Er-krankungen. Dazu zählte Weber vor allem klimak-terische Blutungsstörungen, dysmenorrhoische Be-schwerden sowie Myome. Von den Patientinnenmit den klimakterischen Blutungsstörungen hättenmit einer einzigen Ausnahme alle als geheilt entlas-sen werden können, sagte er. Der Misserfolg habesich bei einer 37-jährigen Frau gezeigt und sei ver-mutlich auf das noch relativ jugendliche Alter zu-rückzuführen – „eine Tatsache, die ja in der in derJugend viel stärkeren Ovarialfunktion eine genü-gende Erklärung findet.“

Etwas komplizierter lägen die Dinge bei der Be-handlung von Myomen. Zum einen sei es nicht im-mer sicher möglich, in diesen Fällen ein womöglichsimultan aufgetretenes Korpuskarzinom auszu-schließen. Zum anderen könne die Frage nach„einer Neigung günstig beeinflusster Myome zuspäterer maligner Degeneration erst in Zukunft be-antwortet werden.“ Ausfallerscheinungen bei Pa-tientinnen, bei denen durch die Bestrahlung eineCessatio mensium erreicht worden sei, habe er nurin wenigen Fällen beobachtet. Insgesamt kam We-ber, der kaum Zahlen nannte, zu dem Schluss,„dass die Therapie der Myome bei älteren Frauensowie die Therapie der klimakterischen Blutungenund Beschwerden zu den glänzendsten Errungen-schaften der Röntgentherapie zählen.“20

In der Diskussion wies Seitz darauf hin, dass dielange Behandlungsdauer ein Nachteil der Röntgen-therapie sei. Er bezog sich dabei auf einen Hinweisvon Weber, wonach nicht alle Patientinnen dieTherapie zum Abschluss gebracht hätten. Seitz sag-te dazu, klinische Patientinnen verlören häufigwährend der Behandlung die Geduld. Er führe da-her die Bestrahlung nur bei den Frauen durch, diedies ausdrücklich wünschten. Auch könne die Be-handlungsdauer jetzt durch den Einsatz von neuenRöntgengeräten und Aluminiumfiltern wesentlichverkürzt werden. Dieser Meinung schloss sich Os-kar Polano (1873–1934) an, der „harte Röhren,starke Ströme und länger dauernde Belichtung“propagierte. Dann führe die Behandlung auch beiMyomen in der Mehrzahl der Fälle zum Erfolg. Kri-tische Anmerkungen grundsätzlicher Art kamenvon dem Nürnberger Frauenarzt Siegfried Flatau(1865–1926). Er wandte sich insbesondere gegendie Behauptung, dass die Röntgenbestrahlung beiklimakterischen Blutungen das „denkbar einfachs-te Verfahren“ sei. Sie erfordere vielmehr eine übe-raus komplizierte Apparatur und die Technik seinicht leicht zu beherrschen. Ferner sei ein großerAufwand an Zeit und Geld nötig, „was in der realenWelt der nicht staatlich-klinischen Tätigkeit einwichtiger Faktor ist“.21

Kritisch setzte sich auch Gustav Klein (1862–1920), Leiter der Universitätspoliklinik für Frauen-krankheiten und Geburtshilfe in München, mit derStrahlentherapie der Myome auseinander. Bei derzweiten Sitzung der BGGF am 7. Juli 1912 in derbayerischen Landeshauptstadt bezog er sich in ei-nem Vortrag vor allem auf Äußerungen aus derFreiburger Klinik, wonach es jetzt möglich sei, alleMyomemit Röntgenstrahlen zu heilen: „ZahlreicheGynäkologen, darunter auch ich, können [dem,WF]nicht zustimmen.“ Klein wies dazu auf eigeneMisserfolge hin. So sei es in einigen Fällen von sub-mukösen Myomen nicht möglich gewesen, die Blu-tungen hinreichend zu vermindern. Wegen „derzunehmenden Anämie und schwerer Herzdegene-ration“ hätte dann doch operiert werden müssen.Besondere Probleme sah Klein bei jungen Frauenmit Myomen:

„Da die Röntgenstrahlen hauptsächlich, wennauch nicht ausschließlich, auf dem Weg über die

19 Siehe hierzu ebd., S. 62–63.

20 Weber: Behandlung (1912), S. 769–771. Zum Selbst-mordWebers siehe auch Dross (Juden) und Frobenius(Wiederbesetzung) in diesem Band.

21 Seitz; Polano; Flatau: Diskussionsbeiträge (1912),S. 772. Zum Schicksal von Polano siehe Kinzelbach(BGGF) in diesem Band.

Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939 65

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Ovarien wirken, geht es hier wie früher mit derKastration: Man hat die gesunden Ovarien entfernt,um den Tumor in der Bauchhöhle zurückzulassen.Beim Röntgenisieren zerstört man die Ovarien,welche noch wichtige Funktionen für das Allge-meinbefinden haben, und konserviert zunächstdie Myome.“22

Die Sitzungen von 1913

1913, im Jahr des später als Meilenstein in der gy-näkologischen Strahlentherapie bezeichnetenDresdner Kongresses, hatten sich die Mitgliederder BGGF schon im Februar in Nürnberg bei ihrerersten Sitzung des Jahres intensiv mit der Strahlen-therapie befasst. Im Mittelpunkt der Veranstaltungstanden Berichte von Albert Döderlein und Ernstvon Seuffert (1879–1952) aus München. Döderlein,der in diesen Wochen unermüdlich als Vortragen-der in Sachen Strahlentherapie unterwegs warund gleichzeitig ausführlich publizierte, sprachüber die Röntgentherapie bei Myom und Karzinom,Seuffert über gynäkologische Röntgentherapie,wobei er sich auch mit technischen Details ausei-nandersetzte.

Die Sitzungsberichte der BGGF verweisen zuden Ausführungen der beiden Referenten auf inder Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkolo-gie und in der Strahlentherapie publizierte Arti-kel.23 Abgedruckt ist nur der einzige Diskussions-beitrag zum Thema, der von Seitz stammte undüber erste Erfahrungen aus der Erlanger Klinik be-richtete. Da davon ausgegangen werden kann, dassDöderlein und von Seuffert vor denMitgliedern derGesellschaft die wichtigsten Aspekte ihrer Veröf-fentlichungen darlegten, soll hier wenigstens aufdie Ausführungen Döderleins eingegangenwerden.Der Münchner Klinikchef, dessen beeindruckendePersönlichkeit von seinen Zeitgenossen immerwieder herausgestellt wurde, dürfte bei dem Kon-gress mit ähnlicher Wortgewalt und Überzeu-gungskraft aufgetreten sein, wie sie sich in seinenschriftlichen Äußerungen widerspiegelt. Sie ver-mitteln einen lebendigen Eindruck von der Situati-on in der Strahlentherapie zu Beginn der zweitenDekade des 20. Jahrhunderts.

Aus den einleitenden Bemerkungen Döderleinsist der Stellenwert zu entnehmen, den er der Strah-lentherapie Anfang des Jahres 1913 beimaß. Sie sei,

so erklärte er, nun „aus dem Stadium der schüch-ternen Versuche herausgehoben“ und habe sich„zu einem äußerst wirkungsvollen Machtmittelentwickelt“. Ihre „verständnisvolle Ausnützung“werde eine „tiefgreifende Umwälzung“ in der ge-samten, besonders der operativen Gynäkologieherbeiführen. „Noch aber gärt es in diesem neues-ten Zweig der Heilkunde, und es bedarf jetzt geradewohl keine andere Frage so wie diese möglichstvielseitiger Erörterung, damit wir aus den verschie-denartigen Beobachtungen und Erfahrungen dasbeste Produkt herauskeltern können.“24

Im Hinblick auf die technische Entwicklung derBehandlung mit Röntgenstrahlen bezeichnete Dö-derlein „das Gespenst der Röntgenverbrennung“als gebannt. Diese Komplikation, nicht nur der Ärz-teschaft, sondern auch dem großen Publikumdurch vielerlei in Zeitungen „fast unaufhörlich“ ab-gehandelte Entschädigungsprozesse bekannt, seidurch die Berücksichtigung der Wirkung unter-schiedlicher Strahlenqualitäten auf die Haut unddie adäquate Filterung beherrschbar geworden. Al-lerdings bleibe die Anwendung der Röntgenthera-pie eine so „verantwortungsvolle und vielgestaltigeAufgabe, daß nur derjenige dieses Unternehmenwagen darf, der sich mit allen diesen technischenund wissenschaftlichen Einzelheiten genauestensvertraut gemacht hat.“ Bei der Behandlung sei einMaß von Arbeit und Aufmerksamkeit nötig, wiesie derzeit keine andere gynäkologische Therapiebeanspruche.25

Döderlein beschäftigte sich dann mit der Tatsa-che, dass es kaum zwei Kliniken oder Röntgeninsti-tute gebe, in denen „in ganz gleicher Weise“ gear-beitet werde. Nun habe aber die von Gauß undLembcke in Freiburg ausgearbeitete und publizierteMethode Klärung in vielen Streitfragen gebracht,das „unruhige Hin- und Herwogen der Anschauun-gen und Vorschläge“ beendet und das therapeuti-sche Handeln auf eine sichere Basis gestellt. In derMünchner Klinik werde das Freiburger Verfahren,mit dem sich von Seuffert bei wiederholten dorti-gen Aufenthalten durch das „weitgehende Entge-genkommen der Herren Krönig und Gauß“ habevertraut machen können, seit etwa einem Jahr an-gewandt. Bei exaktem Vorgehen nach der Freibur-ger Methode ließen sich Krönigs Erfahrungen be-stätigen, „der ja den viel angefeindeten Ausspruchgetan hat, dass er in 100 pCt. Heilungen erzielenkonnte.“26

22 Klein: Myome (1912), S. 589–591.23 Döderlein: Röntgenstrahlen (1912). Seuffert: (1913).

24 Döderlein: Röntgenstrahlen (1912), S. 553.25 Ebd., S. 554–555.

66 Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939

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Döderlein präsentierte dazu 21 Fälle von Myommit Anamnese, klinischem Befund, Art der Bestrah-lung und Behandlungsergebnis. Dabei habe sich be-stätigt, dass es mit der neuen Methode in viel kür-zerer Zeit als früher, nicht selten sogar in einer ein-zigen Sitzung gelinge, eine komplette Amenorrhoezu erzielen. Dies sei nicht nur wegen der Verkür-zung der Behandlungszeit ein Gewinn. Damitkönnten nun auch „ausgeblutete Frauen mit My-omherzen oder Myokarditiden“ ohne zusätzlicheGefährdung der Röntgentherapie unterzogen wer-den. Kontraindikationen sah Döderlein nur nochin der Kombination Myom/Karzinom, bei mit Ad-nextumoren vergesellschafteten Myomen sowiebei Frauen mit Sterilitätsproblemen durch Myome.Auch sei es „keine Frage, dass die Strahlenbehand-lung bei jüngeren Frauen mit Myomen Nachteilemit sich bringen kann.“27

Im Zusammenhang mit der Behandlung vonMalignomen durch Röntgenstrahlen wies Döder-lein auf die noch sehr inkonsistenten Erfahrungenhin. Einerseits seien aus der Vergangenheit vielevergebliche Therapieversuche bekannt geworden.Andererseits habe Bumm Ende 1912 über einenFall von fortgeschrittenem, inoperablem Zervixkar-zinom berichtet, in dem der Zustand der Patientindurch eine halbjährige Behandlung mit der „jetzi-gen, sich quantitativ und qualitativ von der frühe-ren wesentlich unterscheidenden Verabreichungvon Röntgenstrahlen“ gebessert werden konnte.Döderlein ließ allerdings keinen Zweifel daran,dass er Röntgenstrahlen für die Krebsbehandlungaus verschiedenen Gründen nicht als das Mittelder ersten Wahl betrachtete. Schließlich erklärteer: „Da kommt uns eine Entdeckung außerordent-lich gelegen, die berufen ist, die Radiotherapie indenkbar einfacher Weise zu komplettieren […],das vom Radium abstammende […] Mesothori-um.“28

Döderlein präsentierte dann sechs eigene Fälle,bei denen die Behandlung „teils in Kombinationmit Röntgenstrahlen, teils auch ohne solche“ weit-gehend fortgeschritten bzw. abgeschlossen war. Inallen Fällen, die Döderlein später auch auf demKongress in Dresden vorstellte, hatte sich zumin-dest eine deutliche Besserung des Befundes erge-ben. Dabei diskutierte er die erste Patientin beson-ders ausführlich, die er im Anschluss an die Be-

strahlung operiert hatte, „um nichts unversucht zulassen“ und um eine Histologie zu gewinnen. Die47-jährige Frau war ursprünglich stark blutend, ab-gemagert und mit stinkendem Ausfluss zur Be-handlung gekommen. Bei der Untersuchung fandsich eine Portio mit großem Karzinomkrater, „dersich etwa bis in die Mitte des Corpus uteri hinauferstreckte und weit auf die Scheide übergriff.“ ImBereich des rechten Parametriums zeigte sich einbis an die Beckenwand reichendes, den Uterus ein-mauerndes Infiltrat. Der „gänzlich inoperable Fall“wurde dann Döderlein zufolge vaginal mit Mesot-horium bestrahlt. Schon nach vier Wochen habesich ein vollkommen gewandeltes klinisches Bildgezeigt. Blutung und Ausfluss hätten „vollständignachgelassen“, die Zervix sei neu formiert gewe-sen, die Patientin habe an Gewicht zugenommenund „hatte keinerlei Klagen mehr“.

Bei der Untersuchung des Operationspräparatesbestätigte sich entsprechend dem klinischen Bild,dass die Karzinomzellen bis „in eine gewisse Tiefe“vollständig verschwunden waren. Döderlein fol-gerte daraus, dass die therapeutische Wirkung derStrahlen in diesem Fall noch nicht genügend in dieTiefe gedrungenwar. Er sah mit diesem Befund, derihn zur Weiterbehandlung der Patientin veranlass-te, zum einen die grundsätzliche Effektivität desMesothoriums bestätigt. Zum anderen meinte er,die in diesem Fall noch nicht ausreichende Wir-kung der Behandlung werde sich „nach allem, waswir bei der Entwicklung der Tiefentherapie […]kennengelernt haben“, sicherlich noch steigern las-sen. Daraus ergebe sich die praktische Folgerung,„dass wir weitere Versuche zur ausschließlichenBehandlung der Uteruskarzinome [mit Strahlen,WF] mit allem Nachdruck aufnehmen dürfen.“29

Besonders spektakulär gestaltete sich die zweiteSitzung der BGGF des Jahres 1913, die im Dezem-ber, also nach der Dresdner Veranstaltung, in Mün-chen stattfand: Hier demonstrierte Döderlein denfast 70 Tagungsteilnehmern 24 Patientinnen miteinem Uteruskarzinom, die in der Münchner Klinikmit Mesothorium behandelt wordenwaren und beidenen aktuell keinerlei Symptome mehr nachweis-bar waren. Im Sitzungsbericht ist vermerkt, dassdiese Patientinnen von sämtlichen Anwesendenuntersucht werden konnten, um den Ärzten Gele-genheit zu geben, sich mit eigenem Augenscheinvon den Erfolgen der Mesothorium-Behandlung zuüberzeugen.3026 Ebd., S. 558. Bernhard Krönig (1863–1917) war von

1904–1917 Direktor der Freiburger Universitätsfrau-enklinik.

27 Döderlein: Röntgenstrahlen (1912), S. 570.28 Ebd., S. 579.

29 Ebd., S. 583.30 Döderlein: Erfahrungen (1913), S. 512.

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In der Diskussion ergänzte Döderlein später,dass 1913 insgesamt 153 an einemUteruskarzinomerkrankte Frauen in die Münchner Klinik eingewie-sen worden seien. Davon seien 24 verstorben, 98noch in Behandlung und 31 aktuell ohne irgend-welche Krankheitserscheinungen. Die 24 demons-trierten Patientinnen zählten den Angaben Döder-leins zufolge zu den 31 asymptomatischen Frauen,die alle für diese Sitzung nachMünchen eingeladenwordenwaren. Allerdings hätten die fehlenden sie-ben trotz mehrfacher Bitten keine Notwendigkeitgesehen, sich nochmals in der Klinik vorzustellenund sich bei dieser Gelegenheit auch von mehrerenÄrzten untersuchen zu lassen.31

Ein weiterer Höhepunkt der Veranstaltung wardie Verabschiedung einer Resolution, mit der diePolitik zur Unterstützung bei der kostspieligen An-schaffung ausreichender Mengen von Mesothori-um aufgefordert werden sollte. In der von Seitz ini-tiierten Erklärung, die von den 68 anwesenden Ärz-ten einstimmig angenommen wurde, heißt es, dieTagungsteilnehmer seien überzeugt davon, „dassdie Beschaffung solcher Stoffe von Seiten des Staa-tes zum Fortsetzen der Forschung und im Interesseder Krebskranken eine dringende Notwendigkeitist“. Die Absicht des Kultusministeriums, noch inder laufenden Budgetperiode eine entsprechendeVorlage im Landtag einzubringen, werde daherdankbar begrüßt.

Zuvor hatten Joseph Albert Amann (1866–1919), der Direktor der II. UniversitätsfrauenklinikMünchen, und Seitz aus Erlangen über ihre Erfah-rungen mit der neuen Behandlungsmethode be-richtet. Auch von ihnenwurde der Effekt besondershervorgehoben, der mit Mesothorium bei inoper-ablen Patientinnen mit großen, jauchenden Krebs-geschwüren zu erzielen war. Amann sagte, auchwenn bei sehr fortgeschrittenen Erkrankungennach Mesothorium keine Besserung der Erkran-kung selbst gesehen werden konnte, so sei aberstets wenigstens eine deutliche Beeinflussung vonJauchung und Blutung möglich gewesen. Seitz be-schrieb die Effektewie folgt: „[…] hörte die Blutungund Jauchung alsbald auf, die Kranken nahmen anGewicht zu, der Karzinomkörper verkleinerte sichund schrumpfte schließlich zu einem überhäutetenengen Kanal zusammen, genau so, wie wir es ebenbei den von Herrn Döderlein vorgestellten Fällendurch Untersuchung feststellen konnten.“32

Interessant ist, dass Seitz hier bereits erstmalsauf die Problematik der Lymphknotenmetastasie-rung für die Kontakttherapie mit Mesothoriumhinwies. Er bezog sich dabei auf zwei Patientinnen.Bei einer von ihnen hatte er nach der Behandlungeines Zervixkarzinoms mit Mesothorium den Ute-rus radikal exstirpiert. Dabei sei am Präparat keinKrebs mehr nachweisbar gewesen. Allerdings hät-ten sich in zwei mit entfernten, an der Teilungsstel-le der Arteria iliaca gelegenen Lymphknoten „ganzfrische, unveränderte und lebensfähige Karzinom-zellen“ gefunden. Im zweiten Fall habe ein weitfortgeschrittenes Korpuskarzinom zwar ganz aus-gezeichnet auf die Behandlung reagiert. Wenig spä-ter sei jedoch eine ungewöhnlich rasch wachsendeMetastase im Bereich der Inguinalregion aufgetre-ten. „Diese Beobachtungen lassen die Frage nachder Beeinflussung weiter entfernt liegender Metas-tasen in wenig günstigem Licht erscheinen, we-nigstens mit der bisher geübten Technik“, erklärteSeitz.33

Die einzige kritische Stellungnahme kam vonAdolf Theilhaber (1854–1936), dem Leiter einerprivaten Frauenklinik in München. Er bezog sichauf Untersuchungen von Wertheim und Schauta,bei denen sich nach Radiumbehandlung bei derMehrzahl der behandelten Patientinnen in derTiefe noch zum Teil unbeschädigte Krebszellengefunden hätten. „Es ist deshalb einstweilen beioperablen Fällen das Messer der Behandlung mitradioaktiven Substanzen vorzuziehen“, erklärteTheilhaber. Er wies ferner auf Komplikationen derStrahlentherapie hin. Zur Problematik der Beschaf-fung von Radionukliden meinte Theilhaber, mit derjetzt so wesentlich verbesserten Röntgentherapieließe sich nun „mit recht geringen Mitteln“ häufigAnnäherndes erreichen.34 Dem widersprach Ernstvon Seuffert mit Hinweis auf die Erfahrungen mitder Röntgenbestrahlung von Karzinomen in derBerliner Universitätsfrauenklinik durch ErnstBumm. Die dort geübte Form der Röntgentherapiesei außerordentlich kompliziert und langwierig.Auch bei der Betrachtung der Kosten ergebe sichkein Vorteil für die Röntgentherapie, wenn manden Aufwand für das Röntgenzimmer, die Appara-te, den Strom und die Röhren sowie den enormenZeitaufwand und das nötige Personal berücksich-tige.35

31 Döderlein: Schlusswort (1913), S. 526–527.32 Amann: Resultate (1913), S. 514–516.

33 Seitz: Diskussionsbeitrag (1913), S. 517–518.34 Theilhaber: Diskussionsbeitrag (1913), S. 513.35 Seuffert: Diskussionsbeitrag (1913), S. 514.

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1914–1921: keine dokumentiertenSitzungen, viel Forschung

Der denkwürdige Dresdner Kongress im Oktoberund die eben beschriebene Sitzung der BGGF imDezember 1913 sind die letzten dokumentiertenVeranstaltungen, auf denen die bayerischen Frau-enärzte bis zum Ende des Ersten Weltkrieges undseiner unmittelbaren Nachwehen die Möglichkeithatten, sich auf Kongressen auszutauschen. Vonden zwei BGGF‑Sitzungen 1915 existieren keineTagungsberichte. Die Versammlungen der Deut-schen Gesellschaft für Gynäkologie wurden erst1920 mit einem Kongress in Berlin, die Sitzungender BGGF im Januar 1921 mit einer Veranstaltungin Nürnberg wieder aufgenommen. Die Klage desersten Nachkriegspräsidenten Ernst Bumm in sei-ner Berliner Eröffnungsansprache, wonach derKrieg die Röntgenlaboratorien geleert und „auf lan-ge Zeit stillgelegt“ habe,36 war allerdings nicht füralle Einrichtungen zutreffend: In Erlangen gelanges Seitz zusammen mit seinem auch technischhoch begabten Schüler Hermann Wintz, bis zurWiederaufnahme der BGGF‑Sitzungen 1921 einstrahlentherapeutisches Forschungs- und Behand-lungszentrum von internationalem Rang aufzubau-en, das Mitte der 1920er Jahre der damals schontraditionell hoch angesehenen Einrichtung der Dö-derleinschen Klinik vermutlich in nichts nachstand(Abbildungen 4.2 und 4.3).37

Wissenschaftliche Kommunikation innerhalbDeutschlands blieb auch ohne die Kongresse mög-lich, die der rasanten Entwicklung in der Radiolo-gie jener Jahre durch die zeitlichen Intervalle zwi-schen den Veranstaltungen ohnehin nur einge-schränkt Rechnung tragen konnten. WichtigeTräger dieser Kommunikation waren von Anfangan auch die Zeitschriften gewesen, die wie die da-mals auch international hoch angesehene „Münch-ner Medizinische Wochenschrift“ (MMW) und das„Zentralblatt für Gynäkologie“ teilweise wöchent-lich erschienen. Vor allem in diesen beiden Zeit-schriften, aber auch in der „Strahlentherapie“ undin der „Berliner MedizinischenWochenschrift“, pu-blizierten Seitz und Wintz die Ergebnisse ihrer Ar-beiten aus jenen Jahren zur Verbesserung der Rönt-genröhren- und Apparatetechnik, zur Dosimetriesowie zur Optimierung der Bestrahlungsverfahren.1920 veröffentlichten die Erlanger dann in Analo-

gie zu der vielzitierten Arbeit der Freiburger Klinik(1912) und zu der zusammenfassenden Darstel-lung der Münchner Untersuchungen von Ernst vonSeuffert (1917) eine Monographie mit dem Titel„Unsere Methode der Röntgen-Tiefentherapie undihre Erfolge“38. Die wissenschaftliche Arbeit vonWintz fand eine öffentliche Anerkennung in derTatsache, dass er 1924 – zehn Jahre nach Beginnseiner Tätigkeit in Erlangen als Volontärassistent –zum Präsidenten der Deutschen Röntgengesell-schaft gewählt wurde.

Als Albert Döderlein am 30. Januar 1921 inNürnberg die erste Nachkriegssitzung der BGGF lei-tete, standen deshalb Vorträge von Seitz undWintzsowie von Ernst von Seuffert im Mittelpunkt desInteresses. Die Erlanger berichteten dabei nichtnur über die Bestrahlung von Uterus-, sondernauch von Mammakarzinomen. Eine besondere Rol-le spielte das von ihnen entwickelte Konzept des„Röntgen-Wertheim“, das 1919 erstmals publiziertworden war. Ausgehend von der Überlegung, dassdie Strahlentherapie ebenso wie die operative The-rapie das von Seitz schon bei der BGGF‑Sitzung von1913 angesprochene Problem des Lymphknoten-befalls in erheblicher Distanz zum Primärtumor be-rücksichtigenmüsse, hatten die Erlanger dafür eineneue Röntgen-Bestrahlungstechnik entwickelt. Siesah die Einbeziehung der pelvinen Lymphknotenund der Parametrien vor und wurde als „aus-schließliche“ Röntgenbestrahlung apostrophiert.39

In der Sitzung präsentierten die Erlanger zu-nächst ihre gesammelten Fünfjahres-Ergebnissebei Patientinnen mit Zervixkarzinom, von denenein Teil noch kombiniert mit „kleinen Mengen Ra-dium“ behandelt wurde. Für die 58 Frauen ergabsich insgesamt eine absolute Heilungsziffer von20,7%.40 Zur Differenzierung der Ergebnisse zwi-schen Patientinnen, die ausschließlich bzw. vor-wiegend mit Röntgenstrahlen behandelt wurden,

36 Bumm: Eröffnungsrede (1920).37 Siehe hierzu Frobenius: Röntgenstrahlen (2003).

38 Seitz; Wintz: Methode (1920).39 Wintz: Ergebnisse (1919), S. 101. Das Manuskript

entstand auf der Basis eines Vortrages, den Wintzam 4. Oktober 1918 in Breslau hielt. In der Publikati-on gebraucht Wintz den Terminus „Röntgen-Wert-heim“ noch nicht, obwohl er das Konzept in extensobeschreibt. Der Begriff findet sich erst später in einervon Seitz und Wintz gemeinsam 1919 in der MMWveröffentlichten Arbeit: Seitz; Wintz: Röntgenbe-strahlung (1919).

40 Die absolute Heilungsziffer ergibt sich aus der Ge-samtzahl der Patientinnen mit Zervixkarzinom.Dazu gehören auch Frauen, die zwar in der Klinik vor-gestellt, aber dann nicht bestrahlt wurden (z.B. aus-sichtslose Fälle oder Patientinnen, welche die vorge-

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erklärten sie, hier zeigten sich nach den zwei Jah-ren, über die verglichen werden konnte, kaum Un-terschiede: Die Heilungsziffern betrügen 53% fürdie ausschließliche und 56% für die vorwiegendeRöntgenbestrahlung. Die absolute Heilungsziffervon 20,7% für das Gesamtkollektiv sei „im allge-meinen“ etwas höher als jene, die andernorts mitder ausschließlichen Radiumbehandlung erzieltwerde und stimme mit der mittleren absolutenHeilungsziffer nach der radikalen WertheimschenOperation überein.41

Seitz und Wintz wiesen gleichzeitig darauf hin,dass beim Vergleich zwischen den Ergebnissen derStrahlentherapie und der operativen Behandlung

die für die Strahlentherapie besonders ungünstigenAusgangsvoraussetzungen berücksichtigt werdenmüssten. So sei die Strahlenbehandlung durch„den Zugang von ganz besonders ungünstigen Fäl-len belastet und außerdem dadurch, dass mancheKranke sich nicht allen […] erforderlichen Bestrah-lungen unterzogen (ungenügend Bestrahlte).“ Vonden ungenügend bestrahlten Frauen, so die Refe-renten, sei nach fünf Jahren keine mehr am Leben,von den genügend bestrahlten dagegen noch 20%.Außerdem handele es sich bei der Strahlentherapieim Gegensatz zur Operation um eine Methode, dienoch in der Entwicklung sei.

Erstmals wurde auch über Strahlentherapie beiBrustkrebs berichtet. Seitz und Wintz erklärtendazu recht pauschal, von den 24 in ihrer Klinik pri-mär bestrahlten Patientinnen mit Brustkrebs seiennach bis zu vier Jahren „noch die meisten am Lebenund gesund.“ Die Nachbestrahlung von operiertenPatientinnen mit dieser Erkrankung habe ebensowie die Nachbestrahlung von operierten Uterus-karzinomen die Rezidivrate sehr vermindert. Be-

Abb. 4.2 Forschungslabor von Hermann Wintz in der Erlanger Frauenklinik (Quelle: Archiv Frauenklinik Erlan-gen).

schlagene Bestrahlung ablehnten). Diese Begrifflich-keiten wurden zur besseren Vergleichbarkeit der Be-handlungsstatistiken eingeführt. Sie fanden aber erstin der 1923 etablierten Form der „Winterschen Karzi-nomstatistik“ ihren allgemein akzeptierten Nieder-schlag.

41 Seitz, Ludwig; Wintz, Hermann: Erfahrungen (1921),S. 91–92.

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reits aufgetretene Rezidive, deren Röntgentherapiein früheren Jahrenwenig befriedigend gewesen sei,könnten nach einer Umstellung der Technik aufFernfeldbestrahlung nunmehr weit besser behan-delt werden.42

Ernst von Seuffert konzentrierte sich in seinenAusführungen auf die Behandlung gutartiger Er-krankungen mit Röntgenstrahlen. Zur Therapievon Malignomen verwies er auf eine ausführlicheVeröffentlichung der Münchner Ergebnisse in derMonatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie.Unmittelbar auf seine Vorredner eingehend, erklär-te er aber ergänzend, die in München bei derKrebsbehandlung ausschließlich mit radioaktivenSubstanzen erzielten Ergebnisse bestätigten, dassmit beiden Verfahren – der ausschließlichen Rönt-gentherapie und der ausschließlichen Radium-bzw. Mesothorium-Behandlung – gleichwertige Er-gebnisse erzielt werden könnten.43

In der Publikation, auf die von Seuffert hinwies,hatte er sehr ausführlich über die ungleich größe-ren Zahlen von Patientinnen berichtet, über diedie Münchner vor allem aufgrund ihrer langen Er-fahrungen in der ausschließlichen Strahlenbehand-lung von Karzinomen verfügten. In der Döderlein-schen Klinik wurden ja seit dem 1. Januar 1913Patientinnen mit Krebserkrankungen des Gebär-mutterhalses nur noch mit aktinischen Substanzenbehandelt. Diese Form der ausschließlichen Mesot-horium- bzw. Radiumtherapie von Malignomenwurde erst von 1918 an in bestimmten Fällen mitder Röntgentherapie ergänzt.44 Zum Ende der De-kade zu machte sich dann auch in der Döderlein-schen Klinik die Überzeugung breit, dass die ergän-zende Röntgentherapie möglicherweise die Be-handlungsergebnisse weiter verbessern konnte.45

Einer der Gründe für die primäre Zurückhaltungder Münchner beim Einsatz der Röntgenbehand-

Abb. 4.3 Blick in das Röntgeninstitut der Erlanger Frauenklinik 1921 (Quelle: Archiv Frauenklinik Erlangen).

42 Ebd., S. 92–93.43 Seuffert: Erfahrungen (1921), S. 95–96.

44 Seuffert: Ergebnis (1920), S. 115.45 Ebd., S. 130.

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lung zur Krebstherapie war rein praktischer Naturgewesen: Die in der Klinik vorhandenen Röntgen-apparate waren – wie Döderlein schon 1912 fest-stellte – mit den Bestrahlungen gutartiger Erkran-kungen mehr als ausgelastet.46

Im Zusammenhang mit den Behandlungsergeb-nissen der Münchner Klinik bei gutartigen Erkran-kungen betonte von Seuffert bei der BGGF‑Tagung– ohne Zahlen zu nennen – die wachsende Thera-piesicherheit sowohl im Hinblick auf die erzieltenBehandlungseffekte als auch auf die Vermeidungvon Komplikationen. So könne bei einfachen kli-makterischen Blutungen unter allen Umständender volle Erfolg ohne jedes Risiko erreicht werden.Ebenso sicher sei bei Myomen älterer Frauen eineAmenorrhoe zu erzielen. Mit „leistungsfähigerenInstrumentarien“ sowie entsprechender Technikkönnten auch symptomatische Myome „fast stets“zur Zufriedenheit der Patientinnen angegangenwerden. Jedenfalls seien aktuell weder die Größe

eines Myoms noch Symptome wie Kompressions-erscheinungen, Ischurie oder Druckneuralgie alsKontraindikationen für die Bestrahlung zu betrach-ten. „Besonders hervorheben möchte ich noch, daßwir bei keinem Fall der Strahlenbehandlung diesernichtmalignen Prozesse jemals irgendwelche nen-nenswerte Schädigungen erlebt haben, vor allemkeine Hautschädigungen und ernstlichen Darmstö-rungen“, betonte von Seuffert.47

In den Ausführungen des Münchner Strahlen-therapeuten bei der Sitzung spielten auch die tem-poräre Strahlensterilisation bei jüngeren Frauenund die damit verbundenen Risiken eine wichtigeRolle. Auf dieses Thema, das die BGGF bis 1932 er-heblich beschäftigte, wird später noch genauer ein-gegangen.

In der Sitzung vom 26. November 1922 präsen-tierte erstmals die Würzburger Universitätsfrauen-klinik Behandlungsergebnisse für Patientinnen mit

Abb. 4.4 Einstellen des suprasymphysären Feldes beim „Röntgen-Wertheim“ (Quelle: Archiv FrauenklinikErlangen).

46 Döderlein: Röntgenstrahlen (1912), S. 578.

47 Seuffert: Erfahrungen (1921), S. 93–95, Hervorhe-bung im Original.

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Zervixkarzinom. Im Gegensatz zu anderen Klinikenhatte man dort die Therapie je nach Stadium derErkrankung nicht nur im Hinblick auf die Frage„Operation vs. Strahlen“, sondern auch hinsichtlichdes Operationsverfahrens individualisiert. Wie derReferent, Walther Schmitt (1888–1931), mitteilte,wurden unter 314 Patientinnen zwischen 1910und 1919 die operablen Fälle (51,5%) je nach Stadi-um der Erkrankung („günstig“ vs. „ungünstig“) ent-weder auf vaginalem oder auf abdominalem Wegbehandelt. Bei inoperablen Frauen kam die Strah-lentherapie (Radium, Röntgen alleine oder in Kom-bination) zur Anwendung.

Bei den günstigeren Befunden, die vaginal ope-riert wurden (100 Fälle), betrug die fünfjährigeDauerheilung Schmitt zufolge 38,9%, bei den abdo-minalen Wertheim-Operationen (50 Fälle) 31,3%.Für die Jahre zwischen 1910 und 1916 gab der Re-ferent auch eine absolute Heilungsrate für die ope-rierten Patientinnen an: Sie lag bei 20,2%. Bestrahltwurden in den Jahren zwischen 1913 und 1920insgesamt 122 Frauen. 11,3% dieser inoperablenPatientinnen seien länger als fünf Jahre gesund ge-blieben. Von den zwischen 1913 und 1916 insge-samt behandelten 126 Patientinnen blieben 28fünf Jahre und länger ohne erkennbares Rezidiv.Die absolute Leistung der operativen und derStrahlentherapie lag den Angaben zufolge im ge-nannten Zeitraum demnach bei 22,2%.48

Auch von der Döderleinschen Klinik wurdenden Tagungsteilnehmern neue Zahlen präsentiert.Aus den von Gustav Scholten, dem späteren Chefder gynäkologischen Abteilung des Krankenhausesrechts der Isar, vorgelegten Daten ergaben sich In-formationen, die in dieser Weise bisher noch nichtvermittelt worden waren: die „optimalen Hei-lungsziffern“ für zwischen 1913 und 1916 behan-delte Frauen mit Zervixkarzinom, eingeteilt nachklinisch ermittelten Stadien der Erkrankung.49 Un-ter der „optimalen Heilungsziffer“ verstand manScholten zufolge die Ergebnisse bei Patientinnen,bei denen die geplante Behandlung in vollem Um-fang durchgeführt werden konnte, die sich also derTherapie nicht vorzeitig entzogen hatten oder imVerlauf aus verschiedenen Gründen von der Thera-pie ausgeschlossen werden mussten. Die Stadien-

einteilung unterschied je nach Ausmaß der Erkran-kung vier Gruppen und korrespondierte in etwamit der erst 1929 festgelegten Klassifikation derRadiologischen Kommission des Völkerbundes, ausder später die FIGO‑Klassifikation hervorging.50

Danach lag die optimale Heilungsziffer im genann-ten Zeitraum für das Stadium I (n = 43) bei 81%, fürdas Stadium II (n = 50) bei 36% und für das StadiumIII (n = 121) bei 10,4%. Für das Stadium IV wurdenkeine Zahlen angegeben. Scholten betonte, dassdiese Ergebnisse auf die ausschließliche Behand-lung mit radioaktiven Substanzen zurückzuführenseien.51

In der Diskussion wies Döderlein auf die beson-dere Bedeutung der Darstellung der Behandlungs-ergebnisse nach den einzelnen Gruppen hin. Nurdann sei es möglich, die Wertigkeit der Strahlen-therapie gegenüber der Operation einzuschätzen.Mit den vorgelegten Zahlen könne die MünchnerKlinik belegen, dass die Strahlentherapie „in einerReihe von Fällen“ auch eine Heilung bei inoperab-len Patientinnen bewirke. „Diese Fälle beweisenschlagend die qualitative Überlegenheit der Strah-lenbehandlung über die operative“, erklärte Döder-lein.52 Die Ergebnisse der Würzburger Klinik be-zeichnete Döderlein wegen der dort vorgenomme-nen individualisierten Indikationsstellung alsbesonders bemerkenswert. Dadurch werde esmöglich, die Wertigkeit der derzeit unterschiedli-chen Behandlungsmöglichkeiten bei differenzie-rendem Einsatz zu beurteilen. Er halte es für sehrwohl möglich, dass die weitere Entwicklung dergesamten Karzinombehandlung auf diesem Wegfortschreite.53 August Mayer (1876–1968) aus Tü-bingenwies darauf hin, dass in seiner Klinik Patien-tinnen seit einigen Jahren präoperativ bestrahltwürden. Dadurch gelinge es in Fällen, in denen dieKarzinome verjaucht seien, dieses Infektionsrisikozu beseitigen. So habe man die Mortalität wegenpostoperativer Peritonitis von 10,9% auf 4,4% drü-cken können. „Ich glaube also, daß auch dieserWeg des Versuches wert ist“, sagte Mayer.54

In den folgenden Jahren standenweniger die Er-gebnisse als vielmehr der Krebstherapie ganz allge-mein assoziierte Themen im Fokus der BGGF‑Sit-zungen, soweit das Thema überhaupt angespro-chen wurde. So zeigt sich auf dem Münchner

48 Schmitt: Behandlung (1922), S. 287–288. Bei der Be-trachtung dieser Zahlen ergibt sich eine gewisse Un-sicherheit: Es fehlen die genauen Definitionen für Be-griffe wie absolute Heilungsrate und absolute Leis-tung. Auch ist nicht klar, ab wann in Würzburg mitder Strahlentherapie begonnen wurde.

49 Scholten: Heilerfolge (1922), S. 291.

50 Siehe hierzu im Überblick Frobenius (Röntgenstrah-len), S. 282–284.

51 Scholten: Heilerfolge (1922), S. 291–292.52 Döderlein: Diskussionsbeitrag (1922), S. 292–293.53 Ebd.54 Mayer: Diskussionsbeitrag (1922), S. 293.

Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939 73

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Kongress im Mai 1924 das zunehmende Interessean Fragen des Strahlenschutzes. Friedrich Voltz(1891–1938), der von Döderlein zum Leiter seinerStrahlenabteilung berufene Physiker, sprach dazuüber eine Methode zur Abschirmung der Röntgen-röhren durch den Einbau in Bleikästen, die ein Aus-treten der Strahlung nur noch über die dazu vorge-sehene Blende zuließen (Abbildung 4.5).55 Fernerspielte die Frage möglicher Strahlenschäden beider Frucht eine Rolle, auf die hier später noch ein-gegangen wird. Die Erlanger Klinik trat nun mitNeuerungen zur radiologischen Diagnostik hervor,mit der sich Dyroff und Wilhelm Flaskamp (1891–1980) befassten.56

Allerdings konnte Voltz 1925 in Nürnberg, alsGauß erstmals den Vorsitz führte, eine große Sam-melstatistik vorlegen, in der die Ergebnisse aller inder Literatur auffindbaren Untersuchungen zurausschließlichen Strahlentherapie des Zervixkarzi-noms zusammengefasst wurden. Voltz hatte fürdiese Untersuchungen ohne Rücksicht auf Methodeund Technik der jeweiligen Behandler eine Berech-nung der gesamten absoluten und relativen Hei-

lungsziffer nach Georg Winter (1856–1946) vorge-nommen und diese Werte mit jenen für die Opera-tion verglichen. Dabei fand er für dieausschließliche Strahlentherapie Werte von 16,9%(absolute Heilungsziffer) und 41,3% (relative Hei-lungsziffer). Für die operative Behandlung lagendie entsprechenden Zahlen bei 26% und 39,2%.„Der Unterschied zwischen diesen Zahlen darfnicht zugunsten der Operation verwertet werden,denn das Material der Strahlenbehandlung trei-benden Kliniken ist schlechter“, erklärte Voltz.Dies lasse sich durch den Vergleich der Operabili-tätsziffern belegen. Die Überlegenheit der Strahlen-therapie ergebe sich ferner aus dem Fehlen einerprimären Mortalität sowie aus der Tatsache, dassauch inoperable Karzinome in bestimmten Fällendamit heilbar seien.57

Der Physiker Voltz trat bereits zwei Jahre später,1927 in Nürnberg unter dem Vorsitz von HermannWintz, erneut auf einem BGGF‑Kongress auf. Dies-mal präsentierte er den Teilnehmern schon im Feb-ruar die Ergebnisse zu 14 Jahren Strahlentherapie

Abb. 4.5 Erste Maßnahmen des Strahlenschutzes an Röntgenröhren: „Wintz-Kanone“ um 1925 (Quelle: Ar-chiv Frauenklinik Erlangen).

55 Voltz: Bestrahlen (1924), S. 233–234.56 Dyroff: Darstellung (1925), S. 351–353; Flaskamp:

Lymphgefäßdarstellung (1925), S. 353–355.

57 Voltz: Resultate (1925), S. 4. Die relative Heilungszif-fer berücksichtigt nur Patientinnen, die tatsächlicheiner Behandlung unterzogen wurden.Dyroff: Darstellung (1925), S. 351–353; Flaskamp:Lymphgefäßdarstellung (1925), S. 353–355.

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der Karzinome in München, die Döderlein selbsterst im darauffolgenden Juni beim Kongress derDeutschen Gesellschaft für Gynäkologie in Bonnvorstellte. Zur Analyse der ermittelten Zahlen wur-de zunächst betont, dass mit Einführung der Strah-lentherapie die Zahl der in der Klinik mit stark fort-geschrittenen Erkrankungen vorgestellten Patien-tinnen ganz erheblich zugenommen habe: DieOperabilität der Zervixkarzinome sei deshalb nach1912 von 62% auf 20% abgesunken. Dies müsse beider Betrachtung der absoluten Heilziffer beachtetwerden. Die Münchner wiesen in diesem Zusam-menhang vor allem auf ihre Ergebnisse aus denJahren von 1921 bis 1923 hin: Hier seien absoluteHeilziffern von 23%, 34,3% und 35,6% erzielt wor-den. Sie führten diese Verbesserung, die wegendes noch kurzen Beobachtungszeitraums nochnicht als endgültig betrachtet werden könnte, aufdie 1921 eingeführte Kombination der Radium-mit der Röntgentherapie sowie auf den Einsatz ei-nes neuen Röntgenapparates zurück. 58

In der Diskussion beglückwünschte Gauß dieMünchner zu ihren „geradezu glänzenden Heiler-folgen“ bei der Bestrahlung der gynäkologischenKarzinome. Die Voltzschen Zahlen seien geeignet,nicht nur die Berechtigung, sondern sogar die Ver-pflichtung nachzuweisen, „daß der strahlentech-nisch ausgestattete Gynäkologe – aber auch nurdieser! – seine Karzinompatientinnen bestrahlt.“Dabei sei die kombinierte Radium-Röntgenbe-strahlung der alleinigen Röntgen- und der alleini-gen Radiumbehandlung überlegen.59 Die Überle-genheit der Strahlentherapie gegenüber der Opera-tion wurde auch von Heinrich Eymer (1883–1965)betont, der als Ordinarius in Innsbruck an der Ta-gung teilnahm und in seiner dortigen Klinik – wieer sagte – „aus äußeren Gründen auf die Strahlen-therapie verzichten“ musste. Mit dem Hinweis aufseine „sicher günstige“ operative Mortalität beiKarzinomeingriffen von 4,5% erinnerte er daran,dass alle inoperablen Frauen von vornherein „aufdie Verlustliste“ gesetzt werden müssten, währendgerade die in einzelnen Fällen gezeigte Heilung die-ser Erkrankten „die Leistungsfähigkeit der Strah-lentherapie auf das Schlagendste beweist.“60

Auch in den folgenden Jahren bis 1933 wurdenauf den Sitzungen immer wieder neue Statistikenmit verbesserten Ergebnissen der Strahlentherapiepräsentiert. 1929 bekräftigte Döderlein mit Hin-

weis auf vergleichbare Ergebnisse aus der interna-tionalen Literatur seinen Standpunkt, dass dieStrahlentherapie für die Behandlung der Uterus-karzinome das Verfahren derWahl sei. Er bezog da-bei auch die in Erlangen erzielten Ergebnisse ein,die an anderer Stelle vorgestellt worden waren.61

Angesichts der Situation appellierte Döderlein andie deutschen Gynäkologen, sich zur Strahlenthe-rapie zu bekennen, wie dies in Frankreich undAmerika längst geschehen sei.62 Bei derselben Sit-zung demonstrierte der von Gauß inWürzburg an-gestellte Röntgenphysiker Theodor Neeff (1898–1940, gefallen) zwei Tabellen für die Dosierungvon Radium einmal in Kombination mit Röntgen-strahlen und einmal ohne, denen die von Wintzentwickelte Hauteinheitsdosis (HED) zugrundelag.63 Wintz berichtete über die Ergebnisse einerersten größeren Serie von Röntgenbehandlungenbeim Mammakarzinom. Für diese nach seiner An-sicht technisch besonders anspruchsvolle Behand-lung hatte er eine eigene Methode entwickelt und1924 in einer Monographie detailliert beschrie-ben.64 Behandelt worden waren seinem Bericht zu-folge bis 1929 mehrere Hundert Patientinnen mitoperablen, inoperablen und rezidivierenden Er-krankungen. Auf die Einzelheiten kann hier nichteingegangen werden.65

Die BGGF‑Tagung vom Februar 1933 spielte inmehrerer Hinsicht eine besondere Rolle. Zum einenstellte sie –wie einleitend erwähnt– als Gedenksit-zung für den zehn Jahre zuvor verstorbenen Wil-helm Conrad Röntgen die letzte Schwerpunktver-anstaltung zur Strahlentherapie vor Beginn desZweiten Weltkriegs dar, weil sich andere Themenin den Vordergrund schoben. Zum anderen deute-ten sich hier erstmals auf einer BGGF‑Sitzung Ent-wicklungen an, durch welche die Strahlentherapievon den Indikationen, aber auch von der prakti-schen Durchführung her auf längere Sicht wesent-lich verändert werden sollte. Dazu gehörten dieHinwendung zur protrahiert-fraktionierten Appli-kation der Strahlendosen nach Henri Coutard(1876–1950) und der Zweifel an der Berechtigung

58 Döderlein: Strahlenbehandlung (1927), S. 138–140.59 Gauß: Diskussionsbeitrag (1928), S. 150.60 Eymer: Diskussionsbeitrag (1928), S. 150.

61 Wintz: Ergebnisse (1925), S. 19–21. Diese Zahlenwurden auch in Radiology and Cancer publiziert.

62 Döderlein: Strahlenbehandlung (1929), S. 168–169;ebenso in Döderlein: Carcinombestrahlung (1929),S. 2.

63 Zur HED siehe Frobenius: Röntgenstrahlen (2003),S. 184–189.

64 Wintz: Mammakarzinom (1924).65 Wintz: Röntgenbehandlung (1929), S. 169–170. Zu

Details auch Frobenius (2003), S. 291–297.

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der Indikation zur Strahlentherapie bei Myomenund Metropathien.

Die zunehmende Kritik an der Behandlung gut-artiger Erkrankungen mit der Strahlentherapiewurde eher indirekt deutlich: Der NürnbergerFrauenarzt Richard Mandelbaum (geb. 1896),66 dernur wenige Jahre später von den Nationalsozialis-ten zur Emigration gezwungen wurde, zitierte die-se Kritik einleitend im Zusammenhangmit der Vor-stellung seiner Behandlungsergebnisse bei 170 Pa-tientinnen, die an Myomen oder Metropathienlitten. Er bezog sich dabei namentlich auf denösterreichischen Endokrinologen BernhardAschner (1883–1960), der wie andere auch diesenEingriff als „besonders verhängnisvoll“ für denweiblichen Organismus bezeichne und ihn deshalbvöllig ablehne. Mandelbaum konzedierte, dass essich bei den kastrierenden Bestrahlungen um einenschwerwiegenden Eingriff handle. Er werde abernur dann vorgenommen, wenn jede andere Thera-pie fehlgeschlagen sei. Von seinen Patientinnen sei-en 87% mit dem Therapieergebnis zufrieden.67

In der Diskussion erwies sich in diesem Punktvor allem Wintz noch als erklärter Anhänger derStrahlentherapie bei Myomen. Er kritisierte ganzim Gegenteil „die weitverbreitete Anschauung[…], nach der Myome und Metropathien erst dannder Strahlentherapie zugeführt werden sollen,wenn konservative Maßnahmen […] versagen.“Das Hinausschieben der Bestrahlung sei aber nichtnur zwecklos, sondern schädlich, sagte er. „Derdauernde Blutverlust muß zu Anämien führen;das Myomwächst durch das Abwarten.“68 HeinrichGuthmann (1893–1968) aus Frankfurt/Main, da-mals noch Oberarzt von Seitz, sprach sich dagegenfür eine differenzierende Indikationsstellung aus,die einerseits die anatomische Situation berück-sichtige, andererseits aber auch individuelle endo-krine Aspekte einbeziehe: So sei bei großen Myo-men mit Komplikationen im Regelfall die Operati-on vorzuziehen, ebenso sollten Frauen mitNeigung zu innersekretorischen Störungen, bei de-nen die Ausfallerscheinungen nach Bestrahlungwahrscheinlich sehr störend werden würden, der

chirurgischen Therapie zugeführt werden. Dies gel-te auch für alle „jugendlichen Myomträgerinnen,bei denen der Wunsch nach Erhaltung der Mens-truation bzw. der Konzeptionsfähigkeit besteht“.Alle anderen Patientinnen könnten mit gleichgroßer Aussicht auf Erfolg durch Bestrahlung be-handelt werden.69

Im Zusammenhang mit der Strahlentherapie beiMalignomen des Uterus stellte Eymer, inzwischennach Heidelberg berufen und dort noch Ordinarius,die Behandlungsergebnisse der Klinik von 1913 bis1927 vor. Für 587 Frauen mit Zervixkarzinom, diein dieser Zeit den Rat der Klinik gesucht hätten, er-gebe sich eine absolute Heilungszahl von 22,3%. Be-züglich der detaillierten Daten zur absoluten undrelativen Leistungszahl sowie zu Mortalität undStrahlenschäden verwies er auf eine Publikation inder Zeitschrift „Strahlentherapie“.70

Substantiellere Informationen zur protrahiert-fraktionierten Strahlentherapie gab es interessan-terweise nicht in den Vorträgen, sondern eher bei-läufig in der ausgiebigen Diskussion dazu. Das aus-lösende Referat von Paul Schumacher (geb. 1896)aus der Universitätsfrauenklinik Gießen zum The-ma „Klinische Erfahrungen mit protrahiert-fraktio-nierter Intensiv-Röntgenbestrahlung bei inoperab-len und rezidivierenden malignen Genitaltumorenund Mammakarzinomen“ bezog sich auf insgesamtnur 45 sehr heterogene Fällemit maximal zwei Jah-ren Nachbeobachtungszeit. Genauere Details zurBehandlung wurden nicht mitgeteilt. Von daherblieb als Information vor allem mitzunehmen, dassdiese Art der Behandlung eine erhöhte Belastungdes Gesamtorganismus mit sich bringen könne,wenn die Strahlendosen nicht an die neue Thera-pieform angepasst würden. Um den zusätzlichenRisiken Rechnung zu tragen, müssten Allgemeinzu-stand und Blutbild der Patientinnen künftig genau-er kontrolliert werden.71

In der Diskussion stellte sich heraus, dass Modi-fikationen der klassischen Strahlentherapie in eini-gen Kliniken bzw. Instituten schon länger zur An-wendung kamen. So erklärte Guthmann, die Frank-furter Klinik habe sich schon seit acht Jahren vonder vor allem durch Wintz propagierten einzeiti-gen Bestrahlungstechnik abgewandt und bevorzu-ge an ihrer Stelle die Bestrahlung mit geteilten Do-sen unter Beibehaltung der Gesamtdosis. Beobach-tet würden dabei vor allem „zweifellos geringere

66 Richard Mandelbaum, der seit 1926 in Nürnberg alsFrauenarzt niedergelassen war, gehört zu den jüdi-schen Medizinern und BGGF‑Mitgliedern, die imDritten Reich verfolgt wurden und das Land verlassenmussten. 1936 bat er von New York aus um eine Be-stätigung seiner BGGF‑Mitgliedschaft: Archiv derBGGF (1912–1988), Korrespondenzen Dyroff.

67 Mandelbaum: Fälle (1936), S. 308–311.68 Wintz: Diskussionsbeitrag (1936), S. 317.

69 Guthmann: Diskussionsbeitrag (1936), S. 315–316.70 Eymer: Ergebnisse (1936), S. 319–320.71 Schumacher: Erfahrungen (1936), S. 320–321.

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Nebenschädigungen und eine bessere Verträglich-keit ohne ungünstigen Einfluss auf die Wirkung.“Erst in den letzten Jahren seien die Dosen etwas er-höht worden. Was die Behandlung mit fraktionier-ten und erhöhten Dosen betreffe, so habe noch kei-ne Klinik Erfahrungen, die den Forderungen nacheiner fünfjährigen Nachbeobachtungszeit entsprä-chen. Auch wenn die bisherigen Beobachtungeneine leichte Verbesserung der Ergebnisse zeigten,so habe man doch noch keine Veranlassung, dieMethode der fraktionierten Hochdosenbestrahlungals das Verfahren der Wahl zu bezeichnen.72

Ernst Schehl (geb. 1900) aus der Gaußschen Kli-nik in Würzburg berichtete ebenfalls im Rahmender Diskussion über 60 Patientinnen mit „fastdurchweg inoperablem“ Zervixkarzinom, die seit1930 nach der Methode von Coutard protrahiert-fraktioniert mit einer kombinierten Radium- undRöntgentherapie behandelt worden seien. Bei denersten 20 dieser Patientinnen betrage die Nachbe-obachtungszeit nun zwei Jahre. Schehl verglich siemit 20 anderen Frauen mit ähnlichem Krankheits-bild, die kurzzeitig-fraktioniert und ebenfalls kom-biniert behandelt worden waren. Bestrahlungs-technik und Dosierungen gab er genau an. Aus dentabellarisch dargestellten Ergebnissen (zum Über-leben und zum klinischen Zustand im Verlauf nachJahren) könne trotz der kleinen Zahl der Schluss ge-zogen werden, dass die protrahiert-fraktionierteMethode beim inoperablen Kollumkarzinom mehrleiste. Nachteile seien die höheren Kosten bei län-gerem Klinikaufenthalt und die schlechtere Ver-träglichkeit bei kachektischen Patientinnen.73

Die Diskussion um genetischeSchäden und teratogene Effekte

Die Diskussion um genetische Schäden und terato-gene Effekte der Strahlentherapie beschäftigte dieBGGF über Jahre. Hinweise auf teratogene Effekteoder – wie man damals sagte – Frucht- bzw. Erb-schädigung durch die Strahlentherapie mehrtensich in der wissenschaftlichen Literatur bereits seit1905. Allerdings ergab sich bei der Untersuchungvon Fällen, in denen Schwangere akzidentell be-strahlt worden waren, zunächst ein durchaus nochwidersprüchliches Bild. Dennoch wiesen unter denGynäkologen Albert Döderlein, Carl Joseph Gauß

und Hugo Sellheim (1871–1936) schon 1911 aufentsprechende Risiken hin.74 Ebenso warnte derRadiologe Josef Wetterer in seinem berühmtenHandbuch zur Strahlentherapie von 1913 eindring-lich: „Eine Schädigung der Frucht durch Röntgen-strahlung ist durchaus möglich, und zwar schondurch kleine Dosen. Es sollte daher die Abdominal-gegend gravider Frauen unter keinen Umständenbestrahlt werden.“ Wetterer sprach sich deshalbauch gegen die damals praktizierte Abortinduktionmit Hilfe von Röntgenstrahlen aus. Bei einemMiss-erfolg müsse mit der Geburt eines geschädigtenKindes gerechnet werden, erklärte er.75

Ein anderes Problem stellte die Frage dar, wel-che Folgen eine Bestrahlung der Ovarien für späte-re Schwangerschaften haben konnte. Durch die imUntersuchungszeitraum zunehmend beliebtereund vielfach praktizierte temporäre Radiomeno-lyse zur Therapie von sonst refraktären Blutungs-störungen und Myomen bei prinzipiell konzep-tionsfähigen Frauen besaß diese Frage erheblicheRelevanz. Als sie in der ersten Sitzung nach demWeltkrieg im Januar 1921 erstmals auf einerBGGF‑Veranstaltung ausführlicher thematisiertwurde, schien sie eigentlich schon beantwortet:Ernst von Seuffert, der aus der I. Frauenklinik Mün-chen über die Behandlung gutartiger gynäkologi-scher Erkrankungen referierte, erklärte nämlich,Befürchtungen einer Keimschädigung dürften„heute als vollständig widerlegt betrachtet wer-den.“Als Beweis führte er experimentelle Untersu-chungen von Ludwig Nürnberger (1884–1959) so-wie die „klinische Tatsache“ an, dass schon in zahl-reichen Fällen Frauen nach einer temporärenStrahlenmenolyse gesunde Kinder bekommen hät-ten.76

Seufferts Einschätzung der Sachlage sollte sichallerdings als Irrtum herausstellen. Die Frage derUnbedenklichkeit der zeitweisen Ausschaltung derOvarialfunktion erwies sich in der Folge keines-wegs als eindeutig beantwortet, sondern beschäf-tigte die Gesellschaft ganz im Gegenteil in zuneh-mendem Maße. Zunächst hatte aber WaltherSchmitt aus Würzburg im Mai 1924 noch neun Fäl-le vorgestellt, in denen bestrahlte Frauen gesundenNachwuchs geboren hatten. Im Hinblick darauf so-wie mit Hinweis auf die vorliegende Literatur be-stätigte er die Einschätzung Seufferts, dass nach Be-strahlung der Ovarien bei einer später eintretenden

72 Guthmann: Diskussionsbeitrag II (1936), S. 326–327.73 Schehl: Diskussionsbeitrag (1936), S. 325–326.

74 DGGG München 1911.75 Wetterer: Handbuch (1913–1914), S. 295.76 Seuffert: Erfahrungen (1921), S. 94.

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Schwangerschaft noch in keinem Fall „Störungen“oder „Mißbildungen“ beobachtet worden seien. Ander temporären Kastration könne daher festgehal-ten werden. In der Diskussion mit wenigen Wort-meldungen verwies Rudolf Dyroff in dem einzigenunmittelbar themenrelevanten Beitrag auf 13 wei-tere Fälle aus Erlangen, die ebenfalls ohne Auffällig-keit geblieben waren.

Schon im darauffolgenden Jahr, 1925, veränder-te sich dieses Bild allerdings: Nun löste der Hinweisvon Schmitt auf einen zuvor in Wien beim Deut-schen Gynäkologenkongress präsentierten Falleine lebhafte Debatte unter den BGGF‑Sitzungsteil-nehmern aus. Dabei handelte es sich um einen „ty-pischen Mongoloiden“, den eine Frau zwei Jahrenach einer Bestrahlung wegen profuser Blutungenbei Uterus myomatosus geboren hatte. Schmitt sag-te dazu, zwar könne kein zwingender Zusammen-hang zwischen der Bestrahlung und dem Phänotypdes Kindes hergestellt werden. Es sei aber auchnicht möglich, zu beweisen, dass sicher keineStrahlenschädigung vorliege. Die Würzburger Kli-nik halte sich daher – „trotz inneren Zweifels“ –

für verpflichtet, eine temporäre Strahlensterilisati-on nur noch dann auszuführen, wenn aller Voraus-sicht nach eine weitere Schwangerschaft nichtmehr zu erwarten sei. Von daher kämen bis aufweiteres nur noch größere Myome sowie gonor-rhoische und tuberkulöse Adnexerkrankungen alsIndikation in Frage.77

In der Diskussionmeldeten sich vor allem Erlan-ger zu Wort: Wilhelm Flaskamp erklärte, der er-wähnte Fall verdiene zweifellos „ernstliche Beach-tung“. Allerdings sollte er auch hinsichtlich erbbio-logischer Komponenten überprüft werden. SeinChef Hermann Wintz glaube jedenfalls, „auf dashervorragende therapeutische Hilfsmittel […] beiwohlbegründeter Indikationsstellung nicht ver-zichten zu können.“ Bei Myomträgerinnen sollteunter Berücksichtigung der innersekretorischenGenese die definitive Röntgenkastration durchge-führt werden. Flaskamps Mitassistent Penzoldtwarnte mit dem Hinweis auf Mütter, die nach Be-strahlung konzipiert hätten und deren Kinder jetztheranwüchsen, dringend davor, fragliche Keim-schädigungen vorschnell zu veröffentlichen. Erkündigte genaue Richtlinien dazu an, was in diesenFällen als Mindestmaß an Anamnese und Befunderwartet werden müsse. Es sei nicht angängig,„blasse oder unterernährte Kinder röntgenvorbe-handelter Frauen […] als pathologische, röntgenge-

schädigte Kinder zu bezeichnen.“ Dyroff berichtetevon einigen eigenen einschlägigen Tierexperimen-ten, bei denen er keinen geschädigten Nachwuchsgesehen habe. Emil Vogt aus Tübingen wies auf dieSchwierigkeit hin, eine womöglich strahlenindu-zierte Retardierung bei Kindern nachzuweisen, dieaus einer Amenorrhoe heraus geboren wurden.78

1930 waren die temporäre Radiomenolyse undihre möglichen Folgen dann schon zu einem groß-en Thema geworden, zu dem es bei der BGGF‑Ta-gung vier eingeladene Referenten gab, derenBeiträge anschließend in der Zeitschrift „Strahlen-therapie“ abgedruckt werden sollten. Als erstersprach Wintz über die wissenschaftlichen und ex-perimentellen Grundlagen der – wie er es nannte– „temporären Röntgenamenorrhöe“. Wintz beton-te, der Prozentsatz der Erfolge dieser Behandlungsei so groß, „dass sie […] mit allen anderen medizi-nischen Techniken verglichen werden kann.“ Scha-den für die Frauen gebe es nicht, da weder derStoffwechsel noch die Verfassung der Haut oderdas psychische Verhalten tangiert würden. Auchträten bei anderen Drüsen der inneren Sekretionkeine Störungen ein, das Geschlechtsleben bleibeunbeeinflusst. „Wir sind also berechtigt, in der Me-thode der temporären Röntgenamenorrhöe einewertvolle Bereicherung unserer Behandlungsmög-lichkeiten zu erblicken.“79

Ludwig Nürnberger aus Halle (Saale) erklärte,im Zusammenhang mit Keimschädigung durchRöntgenstrahlen müsse genau zwischen Früh- undSpätschädigung unterschieden werden. UnterFrühschädigung verstand er die akute Strahlenwir-kung auf einen proliferierenden Follikel mit Eizellebzw. auf einen Embryo, als Spätschädigung be-zeichnete er die Manifestation eines Strahlenscha-dens an einer Frucht, die nach längerer Amenor-rhoe aus einem während der Bestrahlung ruhen-den Follikel entstanden war. „Die Möglichkeiteiner Frühschädigung durch Röntgenstrahlen istallgemein anerkannt“, stellte Nürnberger fest.Über das Vorkommen einer Spätschädigung gingendie Ansichten dagegen noch auseinander. Trotzneuerer experimenteller Befunde mit Drosophilamelanogaster seien aber bisher alle Versuche miss-glückt, die Möglichkeit einer Spätschädigung zubeweisen.80

Der Anatom Hermann Stieve (1886–1952), derspäter in der NS‑Zeit skrupellos u.a. an den Eierstö-cken von hingerichteten Frauen Studien betrieb, re-

77 Schmitt: Nachkommenschädigung (1925), S. 359 f.

78 Ebd., [Diskussionsbeiträge].79 Wintz: Grundlagen (1930), S. 2849.

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ferierte über Rückbildungserscheinungen an denKeimdrüsen. Zu den entsprechenden Phänomenenan den Ovarien sagte er, sie liefen unabhängig vonden einwirkenden Noxen stets in gleicher Weiseab: Zunächst gingen alle Eizellen in wachsendenFollikeln zugrunde; nur bei sehr gravierenden undlänger einwirkenden Faktoren würden auch die ru-henden Primärfollikel vernichtet. Von daher seiendie Ovarien nach weniger ausgeprägter Schädigungin der Lage, ihre Funktion wieder aufzunehmen.„Niemals konnte bisher festgestellt werden, daß Le-bewesen, die infolge einer Keimdrüsenschädigungder angeführten Art für kürzere oder längere Zeitunfruchtbar waren, später mißgebildete oderkrankhafte Nachkommen erzeugt haben.“81

Carl Joseph Gauß, einer der Erfinder der Metho-de, setzte sich zunächst mit den unterschiedlichenBezeichnungen auseinander. Die bisher gebräuchli-chenTermini träfen zum Teil nicht den Kern der Sa-che, seien falsch gebildet, ließen sich schwer aus-sprechen oder erweckten eine „die Patientin ab-schreckende Vorstellung (‚Kastration‘).“ Gaußempfahl daher für die künftige Verwendung denBegriff Menolyse. Nach Erörterung der Indikatio-nen, Kontraindikationen und Heilerfolge ging erauch ausführlich auf Probleme ein. Verbrennungen,so erklärte er, könnten bei exakter Dosierung nichtmehr vorkommen. Auch eine ungewollte Dauer-amenorrhoe lasse sich so weitgehend vermeiden.Vor jeder Behandlung müsse eine Schwangerschaftmit allen Mitteln der Diagnostik ausgeschlossenwerden; werde sie erst nach der Bestrahlung ent-deckt, so sei mit Rücksicht auf dieMöglichkeit einerFruchtschädigung die baldige Unterbrechung nötig.Gauß riet zur Vermeidung der sogenannten Früh-schädigung dazu, in den fünf Monaten nach einerBestrahlung eine Schwangerschaft unbedingt zuvermeiden.82

Albert Döderlein schließlich hielt in einer Artzusammenfassendem Schlusswort noch einmalein engagiertes Plädoyer für die temporäre Strah-lenmenolyse. Die zeitweilige Ausschaltung vonOvarien und Menstruation erscheine ihm in nichtwenigen Fällen als eine einzigartige Therapie, dievon nichts anderem erreicht werde und einengroßen Fortschritt gerade auch in den Fällen dar-

stelle, „in denen mit späterer Nachkommenschaftgerechnet werden muß und soll.“ Döderlein bezogsich dabei nicht nur auf die bereits erwähnten Indi-kationen, sondern führte auch schwerere Allge-meinerkrankungen an, bei denen die Frauen imHinblick auf ihre „monatlichen Genitalfunktionennicht nur subjektiv außerordentlich leiden, son-dern auch objektiv in ihren anderweitigen Erkran-kungen auf das empfindlichste [sic] gefährdetsind.“

Im Zusammenhang mit den befürchtetenFruchtschäden verwies Döderlein auf die Feststel-lungen von Nürnberger und Stieve. Sie ließen„doch in ganz anderem Lichte“ erscheinen, inwie-weit die beimMenschen beobachteten Missbildun-gen von Kindern früher Bestrahlter wirklich Strah-lenfolgen seien. Seine Erfahrungenwie auch die derWürzburger und der Erlanger Klinik zeigten, dassschon Hunderte von Kindern nach Bestrahlung zurWelt gekommen seien, die, soweit sie bis jetztverfolgt werden konnten, nicht die geringste Strah-lenschädigung aufwiesen. Man dürfe nicht Experi-mente an niederen, sich extrakorporal entwickeln-den Tieren „gegen eine so ungeheuer bedeutungs-volle Therapiefrage beim Menschen immer wiederals Gespenst vorführen“, erklärte Döderlein.83

Dass die BGGF‑Tagung von 1932 einen ganz be-sonderen Charakter haben würde, konnte sich denMitgliedern schon frühzeitig durch die erste Einla-dung erschließen: „Bei der ungeheueren Bedeu-tung, die der Frage der temporären Röntgename-norrhoe infolge der neuesten Veröffentlichungenzukommt, hat der Vorstand es für zweckmäßig be-funden, dieses Thema als Hauptthema auf die Ta-gesordnung zu setzen. Es werden Referate von denauf diesem Gebiet erfahrensten Autoren gehaltenwerden“, schrieb der seinerzeitige Vorsitzende,der Geheime Sanitätsrat August Beckh (1865–1951) aus Nürnberg, am 12. Dezember 1931.84

Zu den angesprochenen „neuesten Veröffentli-chungen“ zählte eine „Entschließung der Deut-schen Gesellschaft für Vererbungswissenschaftüber die Frage der Keimschädigung durch Röntgen-strahlen und die Strahlentherapie“, von der dieMitglieder der BGGF ebenso wie andere Strahlen-therapeuten im September 1931 überrascht wor-den waren. In dem Papier, dem sich zwei Tagenach seiner Verabschiedung auch die Deutsche Ge-sellschaft für Rassenhygiene (Eugenik) angeschlos-

80 Ebd., S. 2849 f. Nürnberger bezog sich dabei auf dieVersuche des späteren Nobelpreisträgers (1946) Her-mann Josef Muller (1890–1967), der in Bestrahlungs-versuchen mit Drosophila melanogaster genetischeMutationen in den Keimzellen induzierte.

81 Wintz: Grundlagen (1930), 2850 f.82 Gauß: Erfahrungen (1930), S. 2852–2854.

83 Döderlein: Diskussionsbeitrag (1930), S. 2855–2857.84 Erste Einladung zur Tagung am 7. Februar 1932; Ar-

chiv der BGGF.

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sen hatte, wurde unmissverständlich vor der tem-porären Radiomenolyse gewarnt:

„Die Mitglieder […] sind der Ansicht, daß dieSchädigung der Erbmasse durch Röntgenstrahlendurch eine große Zahl exakter Experimente sicher-gestellt ist. Sie halten es daher für ihre Pflicht, diedeutsche Ärzteschaft eindringlich auf die Gefahrenhinzuweisen, die der Nachkommenschaft durchRöntgenbestrahlung der Keimdrüsen, insbesonde-re bei der sogenannten temporären Sterilisierungdroht. Es handelt sich um Schädigungen der Erb-masse, die unter Umständen erst nach Generatio-nen in Erscheinung treten.“85

Auf der Tagung wollte die BGGF dieser Resoluti-on entgegentreten. Dazu waren neun hochkarätigeReferenten aufgebotenworden. Die Objektivität derwissenschaftlichen Auseinandersetzung sollte un-ter anderem dadurch demonstriert werden, dasssich unter den Vortragenden zwei – wie es hieß –

„führende Erbforscher“ befanden. Gemeint warendie Berlinerin Paula Hertwig (1889–1983), die zuden Begründerinnen der Strahlengenetik gezähltwird, sowie der Münchner Rassenhygieniker HansLuxenburger (1894–1976). Dabei vertrat Hertwigden Standpunkt der Deutschen Gesellschaft fürVererbungswissenschaft, Luxenburger sprach fürdie Deutsche Gesellschaft für Rassenhygiene. Inden Formulierungen, die er bei seiner Darstellungbenutzte, trat schon deutlich der Duktus hervor,der später die Sprache der NS‑Eugeniker prägensollte.86

Einleitend wies Wintz nochmals auf die Bedeu-tung der temporären Strahlenamenorrhoe für dieFrauenheilkunde hin. Es gebe eine ganze Reihe vonIndikationen, bei denen die „zeitweise Ausschal-tung der Menstruation einer Dauerausschaltung“vorzuziehen sei, sagte er. Gleichzeitig wiederholteer die Überzeugung, dass die „phänotypische, viel-leicht auch genotypische Schädigung“ eines Kindes–wenn überhaupt – nur bei der „Frühbefruchtung“möglich erscheine. Eine Stellungnahme zu der Ent-schließung der Erbforscher sei vor allem deshalberforderlich, weil es „nicht ohne weiteres berech-tigt erscheint, die 500 Kinder, geboren von Frauennach temporärer Strahlenamenorrhoe, als erbge-schädigt zu bezeichnen.“ Ferner gehe es um dieFrage, ob auch durch diagnostische Maßnahmen

Erbschäden hervorgerufen werden könnten, „dadie Dosen bei zahlreichen Beckenaufnahmen, gera-de beim Mann, nicht viel unter den Dosen der tem-porären Sterilisation liegen.“87

Paula Hertwig stellte in ihrem Beitrag zunächstden Stand der Forschung in der experimentellenGenetik dar. Von daher sei bekannt, dass Radium-und Röntgenstrahlen Erbänderungen oder Muta-tionen auslösen könnten. Im Tier- und Pflanzen-versuch erweise sich die Steigerung der Mutations-rate der Ionisationsrate als direkt proportional.Eine Erhöhung sei bereits bei 100 r gesichert.88 „Esgibt streng genommen keine untere Grenze dermutationsauslösenden Wirkung der Bestrahlung,da die Mutationen anscheinend durch die Elektro-nen bewirkt werden und von der Zahl der Elektro-nen, die die Zellen passieren, abhängen“, betontePaula Hertwig. Sie wies ferner darauf hin, dassnach dem Kenntnisstand der Wissenschaft keinGrund erkennbar sei, Spermatogonien und Sper-matozyten oder den Primärfollikeln (Oozyten) derSäuger die Mutationsfähigkeit abzusprechen. Füreinen Beweis fehlten allerdings noch Versuche inausreichendem Umfang an Säugetieren. Schon dieMöglichkeit einer Gefährdung des menschlichenErbgutes genüge aber als Anlass, eindringlichst aufdie Risiken aufmerksam zu machen. Diese Erwä-gungen hätten die Deutsche Gesellschaft für Ver-erbungsforschung bewogen, ihre Warnung vor„starken und vermeidbaren Bestrahlungen derKeimdrüsen in Form einer Entschließung auszu-sprechen.“89

Auch Hans Luxenburger erklärte, an den Ergeb-nissen der experimentellen Forschung könne solange nicht vorbeigegangen werden, bis klar ge-worden sei, ob der menschlichen Erbpathologie imFalle der Strahlenschädigung eine Sonderstellungeingeräumt werden könne. Aktuell sei es abernoch nicht einmal möglich, Vermutungen darüberzu äußern, welche Strahlungsintensitäten eventu-ell schon keimschädigend auf den Menschen wir-ken könnten. Auch das Problem der Früh- oderSpätbefruchtung liege völlig im Dunkeln. Luxen-burger versicherte, die Eugenik wolle der ärztli-chen Aktivität durchaus keine Schwierigkeiten be-reiten. Sie habe aber „nicht nur das Entartete aus-

85 Zitiert nach Nürnberger: Entschließung (1932),S. 202.

86 Hans Luxenburger sprach 1934 auf einer „Kundge-bung der deutschen Ärzteschaft“ in Fürth, auf der„Frankenführer“ Julius Streicher die Hauptrede hielt.Siehe den Beitrag von Dross, Juden, in diesem Band.

87 Wintz: Strahlenamenorrhoe (1932), S. 196–197.88 Das „r“ war die Bezeichnung für „Internationales

Röntgen“. Die Einheit der Dosis betrug 100 r, was0,93 Gy entspricht. Zu historischen und aktuellenStrahlendosen im Vergleich siehe Willers et al.: Jahr-hundert (1998), S. 54.

89 Hertwig: Grundlagen (1933), S. 197–198.

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zumerzen“, sondern müsse „allen Maßnahmen ge-genüber auf der Hut sein, die geeignet sein könn-ten, zu der an sich schwer ausrottbaren, schon be-stehenden Belastung neues Material für die Gegen-auslese zu liefern.“ Deshalb könne die Eugenik ihreBedenken gegen die Bestrahlung der Keimdrüsenerst aufgeben, wenn der Nachweis ihrer Unbedenk-lichkeit erbracht worden sei.90

Anschließend setzte sich in sehr detaillierterForm Ludwig Nürnberger aus Sicht der Frauenärzteund Radiologen mit juristischen, allgemeinmenschlichen und wissenschaftlichen Aspektender Resolution auseinander. Zu den juristischenAspekten sagte Nürnberger, Ärzte müssten nun da-mit rechnen, zivil- oder strafrechtlich haftbar ge-macht zu werden, wenn einer Patientin nach einertemporären Strahlenmenolyse „ein Kind mit ir-gendwelchen Anomalien“ geboren werde. Darüberhinaus bestehe das Haftungsrisiko aber auch dann,wenn es im Zusammenhang mit einer therapeuti-schen Bestrahlung zu einer akzidentellen Schwan-gerschaft komme, da in der Resolution nicht nurauf Gefahren der temporären Sterilisierung, son-dern auch ganz allgemein auf die der Röntgenbe-strahlung der Keimdrüsen hingewiesen werde.Nürnberger erklärte, es müsse deshalb nun davorgewarnt werden, temporäre Menolysen durchzu-führen. Bei therapeutischen Bestrahlungen sei eserforderlich, sich von den Patientinnen und ihrenEhemännern eine adäquate Aufklärung über die Ri-siken der Frühbefruchtung bescheinigen zu las-sen.91

Im Zusammenhang mit den allgemein mensch-lichen Auswirkungen der Resolutionwies Nürnber-ger unter anderem auf die Situation von Eltern hin,deren Kind aus einer Schwangerschaft nach einerBestrahlung hervorgegangen sei. Bei diesen Elternmüsse, wenn sie von der Resolution Kenntnis er-hielten, mit einem „schweren psychischen Trauma“gerechnet werden. „Selbst wenn das Kind gesundund frisch ist, werden die Eltern, bei denen der Ver-dacht auf eine rezessive Keimschädigung einmalgeweckt ist, vielleicht nie mehr dieses Kindes frohwerden. Zeigt das Kind aber gar die geringste Auf-fälligkeit, dann besteht die große Gefahr, dass dieEltern in ihm ein geschädigtes und minderwertigesElement der Gesellschaft erblicken.“92

Im Hinblick auf die wissenschaftlichen Aspekteder Resolution erneuerte Nürnberger die schon

früher geäußerte Auffassung, dass bei der Risikoab-schätzung für Erbschäden strikt zwischen derFrüh- und der Spätbefruchtung unterschiedenwer-den müsse. Mit Hinweis auf die von Paula Hertwigangeführten experimentellen Befunde erklärte er,eine kritische Analyse zeige, dass diese Mutationen„so gut wie ausschließlich“ bei Frühbefruchtungbeobachtet worden seien, also dann, wenn dieKeimzellen kurze Zeit nach der Bestrahlung be-fruchtet worden seien. „In keiner einzigen der zahl-reichen Arbeiten […] ist der Beweis erbracht wor-den, daß es eine Spätschädigung durch Röntgen-strahlen gibt.“ Nürnberger resümierte, die beidenGesellschaften hätten in ihrer Entschließung „einergefühlsmäßigen Antipathie gegen die temporäreSterilisierung Ausdruck verliehen“ und dabei „denBoden der wissenschaftlich gesicherten Tatsachenverlassen.“93

Rudolf Dyroff (1893–1966) berichtete von ge-meinsamen Untersuchungen mit Wintz an Säuger-ovarien. Dabei habe sich eine abgestufte Reaktionauf Röntgenstrahlung ermitteln lassen: „Pri-mordialeier erweisen sich als relativ strahlenresis-tente Gebilde, die zu ihrer Schädigung erheblichhöhere Strahlendosen benötigen als die anderenEistadien, die also bei Strahlenschädigung der übri-gen Eielemente ungeschädigt bleiben können.“Nach Ablauf einer temporären Menolyse würdenaus dem Bestand ungeschädigte Primordialeiernachreifen. Ferner wies Dyroff auf physiologischeUnterschiede zwischen der Eizellreifung bei Droso-phila und bei Säugern hin. Bei den Fliegen würdenEizellen aus Oogonien nachproduziert, weiblicheSäuger kämen dagegen mit einem fertig gebildetenEivorrat in Form der Primordialeier zur Welt. Dieim Drosophila-Ovar vorhandenen Eielemente ent-sprächen den Primordialeiern der Säuger wederanatomisch noch biologisch, resümierte er. 94

In den übrigen Vorträgen wurde nochmals aufAspekte hingewiesen, die bei der BGGF‑Tagung1930 bereits dargestellt worden waren. Schließlichlegte Albert Döderlein den Tagungsteilnehmerneine Resolution vor, in der die Deutsche Gesell-schaft für Vererbungswissenschaft und die Deut-sche Gesellschaft für Rassenhygiene (Eugenik)dazu aufgefordert wurden, ihre Entschließung ausdem Jahr 1931 zu überprüfen. Zur Begründunghieß es, die Entschließung der Erbforscher stützesich ausschließlich auf experimentelle Untersu-chungen an Tieren und Pflanzen. Die zugrunde ge-

90 Luxenburger: Strahlenamenorrhoe (1933), S. 198–200.

91 Nürnberger: Entschließung (1933), S. 204.92 Ebd.

93 Ebd., S. 208.94 Dyroff: Ovarhistologie (1933), S. 209–211.

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legten Versuchsbedingungen könnten weder quali-tativ noch quantitativ mit den Bedingungen vergli-chen werden, unter denen Strahlen am Menschenangewendet werden. „Da also die Voraussetzungenfür eine solche Entschließung fehlen, lehnenwir sieab, zumal auch die bisher vorliegenden Beobach-tungen am Säugetier und am Menschen dagegensprechen.“ Des Weiteren wurde auf die möglichenFolgen der Entschließung der Erbforscher hinge-wiesen. So hieß es, dadurch werde der „Bestandund die Weiterentwicklung der heute unentbehrli-chen und auch nicht zu ersetzenden diagnosti-schen und therapeutischen Anwendung der Rönt-genstrahlen im Bereich des männlichen und weib-lichen Unterleibes“ aufs äußerste gefährdet. Fürden Arzt seien unabsehbare zivil- und strafrechtli-che Auswirkungen zu erwarten.95

Die Entschließung wurde von der Versammlungmit einer Gegenstimme angenommen. In der fol-genden Debatte forderte August Mayer „die HerrenErbforscher“ dazu auf, wenigstens vorerst zu erklä-ren, dass die Verwendung von Röntgenstrahlen „inkeiner Weise als sittenwidrige Handlung“ betrach-tet werden könne. Es bestehe sonst die Gefahr, dassderen Resolution „ein Nagel zum Sarg der gesam-ten Strahlenforschung wird, auf die wir Deutschenmit Recht so stolz sein dürfen.“96 Wer von den An-wesenden gegen die BGGF‑Entschließung ge-stimmt hatte, geht aus der Diskussion nicht hervor.

In den folgenden Sitzungen der BGGF bis zumBeginn des Zweiten Weltkrieges wurde das Themaerstaunlicherweise kaum noch berührt. 1933 beider Veranstaltung zum 10. Todestag von Röntgenstand die onkologische Strahlentherapie im Mittel-punkt der Tagung, die Veranstaltung 1934 fielwegen der Erkrankung und des Todes des Vorsit-zenden Oskar Polano aus und 1935 bildete die Ge-burtshilfe zusammen mit den eugenischen Sterili-sationen einen Schwerpunkt der Tagung. Erst1936 findet sich im Zusammenhang mit einer Dis-kussion über die Radiumtherapie von schwerenGenitalblutungen folgende Bemerkung von Gauß:

„Eine Radium-Schwachbestrahlung […] ist nachden heutigen Ansichten über die Gefahr einerKeimschädigung bei allen gebärfähigen Frauenebensowenig statthaft wie die seit geraumer Zeitals untragbar angesehene temporäre Strahlenme-nolyse.“97

Früherkennung wird zum Thema

Mit der Ernüchterung im Hinblick auf die Bedeu-tung der Strahlentherapie gingen Überlegungenzur Verbesserung der Früherkennung einher, aufdie abschließend kurz eingegangen werden soll. Indiesem Zusammenhang stieß vor allem die bereitsin den 1920er Jahren von Hans Hinselmann (1884–1959) inaugurierte Kolposkopie auf größeres Inte-resse. Auf der BGGF‑Tagung 1933, in dem Jahr, indem Hinselmann seine Monographie zur Einfüh-rung in diese Technik publizierte,98 präsentierte Er-win Zweifel (1885–1949) ein von ihm konstruierteseinfaches Instrument für diese Technik, das kos-tengünstig zur Verbreitung der Kolposkopie beitra-gen sollte. 1937 hielt der Hinselmann-Schüler Gus-tav Mestwerdt (1910–1979) aus Jena dann einenVortrag über das „latente Portiokarzinom“, dereine rege Diskussion unter den Tagungsteilneh-mern auslöste. 1939 schließlich lud die Gesellschaftden Königsberger Ordinarius Felix von Mikulicz-Radecki (1892–1966) zu einem Vortrag über „Er-fahrungen mit der Krebsreihenuntersuchung“ anseiner Klinik ein. Bei dieser Gelegenheit präsentier-te auch der inzwischen nach Altona gewechselteMestwerdt Ergebnisse von 340 Kolposkopien beiasymptomatischen Frauen, die anlässlich der Vor-bereitung zur Zwangssterilisation untersucht wor-den waren. Dabei hatte er in zwei Fällen ein Mikro-karzinom entdeckt und die betroffenen Frauen va-ginal hysterektomiert.99

Fazit

In den ersten Dekaden nach der Gründung derBayerischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Frau-enheilkunde (BGGF) im Jahr 1912 hat die Entwick-lung der Strahlentherapie die Kongresse der Gesell-schaft stark geprägt. Dies ist einerseits daraufzurückzuführen, dass einige der Pioniere und wis-senschaftlichen Wegbereiter dieser neuen Behand-lungsform Mitglieder der Gesellschaft waren. Zunennen sind hier vor allem Albert Döderlein, Lud-wig Seitz und Hermann Wintz, später auch derschon aus Freiburg wohlbekannte Carl JosephGauß. Ihre Arbeit wäre freilich nicht möglich gewe-sen ohne die Unterstützung durch Ernst von Seuf-fert sowie die Strahlenphysiker Friedrich Voltz(München), Walther Rump (Erlangen) und Theodor

95 Döderlein: Diskussionsbeitrag (1933), S. 215.96 Mayer: Diskussionsbeitrag (1933), S. 219.97 Gauß: Diskussionsbeitrag (1936), S. 359.

98 Hinselmann: Einführung (1933).99 Mestwerdt: Portiokarzinom (1939), S. 1743.

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Neeff (Würzburg, später München). Andererseitsgab es Anfang des 20. Jahrhunderts nicht nur fürMediziner kaum ein Thema, das derart fasziniertewie die Wirkungen von Radionukliden und Rönt-genstrahlen.

Die Sitzungsberichte der BGGF vermitteln einenlebendigen Eindruck davon, welche klinischen Pro-bleme die Frauenheilkunde in jenen Jahren vor al-lem beschäftigten: hohe Morbiditäts- und Mortali-tätsraten bei operativen Eingriffen trotz inzwi-schen schon gut entwickelter chirurgischerTechnik, aber noch ohne differenzierte anästhesio-logische Begleitung und Antibiotika; schwer kon-trollierbare, oft genug fatal anämisierende Blutun-gen bei ovarieller Dysfunktion und gutartigen Ute-rustumoren ohne endokrine Therapieoption sowieschließlich für Betroffene, Angehörige und oftmalsauch Ärzte kaum erträgliche Belastungssituationendurch fortgeschrittene maligne Tumoren, aberohne adäquate palliative Behandlungsmöglichkei-ten. Kein Wunder, dass schon die ersten auf denBGGF‑Kongressen präsentierten Bestrahlungser-gebnisse an Einzelfällen sehr euphorisierend wirk-ten.

Wie unglaublich das Verschwinden von verjau-chenden Tumorkratern angemutet haben mag, er-schließt sich aus dem Entschluss Döderleins, dieseersten Patientinnen auf einem BGGF‑Kongress vor-zustellen mit dem Angebot der Nachuntersuchungan alle Tagungsteilnehmer. Dass die überwiegendeMehrzahl der behandelten Frauen sich tatsächlichdazu bereit erklärte, kann sicherlich als Ausdruckder Dankbarkeit für eine bis dahin unvorstellbareBehandlung gewertet werden. Die Entschlossen-heit der Gesellschaft, den Ausbau der Strahlenbe-handlung nach Kräften zu fördern, manifestiertesich in der Resolution vom Dezember 1913, mitder für die Bereitstellung der teuren RadionuklideumUnterstützung durch die Politik geworbenwur-de.

Bemerkenswert erscheint die Konsequenz, mitder Döderlein in der I. Münchner Frauenklinik abJanuar 1913 alle Patientinnen mit bösartigen gynä-kologischen Tumoren der kaum etablierten Strah-lentherapie zuführte, obwohl er zu den bestenOperateuren seiner Zeit gezählt wurde. Trotz seinesunermüdlichen Werbens für die allgemeine Um-stellung der Behandlung mochte ihm darin nur einTeil der Fachgenossen folgen. Andere entschiedensich – wie die Vertreter der Würzburger Universi-tätsfrauenklinik – für ein differenzierteres Vorge-hen, das sich an der Operabilität eines Tumors ori-entierte. Die Vorteile der Kombination von Brachy-

und Teletherapie beim Zervixkarzinom kristalli-sierten sich Anfang der 1920er Jahre heraus. Einekonsequente Umsetzung dieses Konzeptes verfolg-ten die Strahlentherapeuten in der Münchner Mai-straße bereits ab 1921. Die Erlanger konnten sichdazu zunächst nicht entschließen, obwohl dies zu-mindest retrospektiv dem Konzept des Röntgen-Wertheim am besten entsprochen hätte.

Der anfängliche Verzicht auf Röntgenstrahlenfür die Behandlung bösartiger Geschwülste in derI. Münchner Universitätsfrauenklinik war nicht al-lein wissenschaftlich-medizinischen Überlegungengeschuldet, sondern folgte auch den Sachzwängen,die sich aus einer durch die Behandlung gutartigerErkrankungen ausgelasteten Röntgenabteilung er-gaben. In Erlangen war es wohl umgekehrt: Hierbewirkten die besonders günstigen Voraussetzun-gen für die Röntgenbehandlung, die enge Koopera-tion mit der örtlichen Industrie und die Einrich-tung einer militärischen Röntgenstation in derFrauenklinik im Ersten Weltkrieg eine zunächsteher einseitige Ausrichtung in anderer Form.

Die wissenschaftliche Debatte über die Strah-lentherapie vollzog sich auf sehr unterschiedlichenEbenen. Verantwortlich dafür war vor allem dieenorme Komplexität des Themas, die sich bei-spielsweise im physikalisch-technischen Bereichnur von relativ wenigen Ärzten, wie etwa demauch mit einer physikalischen Arbeit promoviertenHermann Wintz, voll erfassen ließ. Von daher be-schränkte man sich in lokalen ärztlichen Vereinenvor allem auf Werbung für die neue Behandlung.Bei den BGGF‑Sitzungen, aber auch in den Ver-handlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynä-kologie, diskutierten Teilnehmer und Referentenüber ihre Behandlungsergebnisse, in der Regel,ohne auf technische Details der einzelnen Verfah-ren näher einzugehen. Dies blieb vor allem radiolo-gischen Kongressen vorbehalten, auf denen auchhochspezialisierte Frauenärztewie etwaWintz auf-traten. Ähnlich verhielt es sich mit den Publikatio-nen zur Strahlentherapie. Ergebnisse und klinischeFragestellungen wurden in gynäkologischen Fach-zeitschriften publiziert, technische Details vor al-lem in der „Strahlentherapie“ oder in den „Fort-schritten auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen“.Eine Ausnahme in dieser Hinsicht stellte in den ers-ten Dekaden des 20. Jahrhunderts die „MünchnerMedizinische Wochenschrift“ dar, in der beispiels-weise Wintz auch seine technischen Erfindungenpublizierte. Die bayerischen Ordinarien trugen die-ser Komplexität der Strahlentherapie frühzeitig inpersoneller Hinsicht Rechnung, indem sie u.a. die

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oben erwähnten Physiker für die Forschung unddie Überwachung der Therapie einstellten.

In den Tagungsberichten der BGGF lässt sich gutverfolgen, wie mit den Jahren die Ansprüche an dieDokumentation der Behandlungsergebnisse zu-nahmen, um zu einer möglichst genauen Ver-gleichbarkeit der vor allem zu Beginn sehr unter-schiedlichen Verfahren zu gelangen. Zudem ginges natürlich auch immer um das Abschneiden ge-genüber den operativen Verfahren, wobei dieStrahlentherapie ihre Anwendbarkeit bei inoper-ablen Befunden und in der Palliation als bedeuten-des Alleinstellungsmerkmal ins Feld führen konnte.Einen Meilenstein für die Ergebnisdokumentationstellte die Einführung der Kriterien der Winter-schen Karzinomstatistik im Jahr 1923 dar, der –

mit gewissen Einschränkungen – von da an gefolgtwurde.

Erstaunlich wenig Resonanz auf den BGGF‑Ta-gungen erfuhren wichtige Neuerungen in derStrahlentherapie, die nach 1928 auf den großen ra-diologischen Kongressen die Diskussionen be-stimmten: Die Abwendung von der einzeitigen Be-strahlung zugunsten der protrahiert-fraktioniertenMethode nach Coutard und die Einführung inter-national anerkannter Dosiseinheiten für die appli-zierte Strahlung. Obwohl sich beispielsweise Wintzauf radiologischen Kongressen an den Diskussio-nen zum Für und Wider der protrahiert-fraktio-nierten Therapie beteiligte, blieb das Thema beiden BGGF‑Sitzungen bis zum Zweiten Weltkrieg inden Referaten von untergeordneter Bedeutung. Eserlangte lediglich in Diskussionen eine gewisse Re-levanz, als sich herausstellte, dass das neue Verfah-ren doch zumindest in einigen Kliniken getestetwurde. Stellungnahmen von Döderlein, Gauß undWintz zur protrahiert-fraktionierten Strahlenthe-rapie vor dem BGGF‑Auditorium sucht man abervergeblich.

Allerdings drängte sich gegen Ende der 1920erJahre ein anderes Thema in den Vordergrund, vondem pessimistische Zeitgenossen fürchteten, eskönne womöglich die ganze Ära der Strahlenbe-handlung und ‑diagnostik abrupt beenden: die Fra-ge der Frucht- bzw. Erbschädigung. Sie erhielt ganzbesondere Brisanz durch die erwähnte Entschließ-ung der Deutschen Gesellschaft für Vererbungswis-senschaft und der Deutschen Gesellschaft für Ras-senhygiene (Eugenik) von 1931, in der insbesonde-re vor der beliebten temporären Röntgenmenolysezur Behandlung von Blutungsstörungen und Myo-men gewarnt wurde. Bei der BGGF‑Tagung 1932kam es zu einer lebhaften Debatte darüber und

der Entschließung wurde eine eigene Resolutionzur Rechtfertigung der bis dahin geübten Praxisentgegengesetzt. An dieser Stelle ist es interessantzu sehen, wie die politische Entwicklung eine Fra-ge, der ursprünglich große Bedeutung beigemessenworden war, offenbar innerhalb kürzester Zeit ge-genstandslos machen konnte. Unter dem Gesichts-punkt der „Aufrassung“ hatte ein Therapieverfah-ren wie die temporäre Röntgenmenolyse anschei-nend ohne weitere Diskussion keine Chance mehr– jenseits aller anderen Einwände, die man gegendas Verfahren haben konnte.

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Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939 85

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86 Die Strahlentherapie auf den BGGF‑Tagungen von 1912 bis 1939

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