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Seite 1 Prof. Dr. Jürgen Wegge, TUD „Shared Leadership“ - Führung ist teilbar!

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Page 1: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

Seite 1

Prof. Dr. Jürgen Wegge, TUD

„Shared Leadership“ - Führung ist teilbar!

Page 2: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

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Was bedeutet das Wort „Führung“?

Erkenntnisse zur Persönlichkeit von Führern und der Rolle von Geführten

Verteilte Führung in Organisationen: Ein neuer Ansatz

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Führung Das Wort „Führung“ wird als ein Sammelbegriff für solche

Interaktionsprozesse verwendet, in denen eine absichtliche (mehr oder weniger unmittelbare) soziale Einflussnahme von

Personen auf andere Personen zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben im Kontext einer strukturierten Arbeitssituation zu

Grunde liegt (vgl. Wunderer & Grunwald, 1980, S. 62).

Solche Einflussprozesse können – grob betrachtet – in drei Bereiche verschiedener Reichweite eingeteilt werden, in denen

zur Einflussnahme eher unterschiedliche Mittel und Wege genutzt werden...

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Personale Führung Die personale Führung umfasst alle unmittelbaren,

wechselseitigen und tendenziell eher nichtsymmetrischen Interaktionsprozesse im Dienste der Unternehmensführung, die zwischen einem oder mehreren Führern und einem oder

mehreren gleichzeitig anwesenden Geführten stattfinden, wobei diese Prozesse von jedem Mitglied und jeder Gruppe

einer Organisation ausgehen können, auch im Sinne einer „lateralen Führung“ unter Gleichgestellten oder als

„Führung von unten“.

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Ebene der Hierarchie

I

II

III

Individuum Anweisung I - III

(b)

(a) (c) (d) (e)

Einfluss

Verschiedene Formen der personalen Führung auf individueller Ebene: Führung von oben (a), laterale Führung (b), Führung von unten (c und d) und Führung durch den höheren Vorgesetzten (e)

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Personalmanagement Das Wort Personalmanagement umfasst alle

Interaktionsprozesse (Entscheidungen, Handlungen, Gespräche etc.) im Dienste der Unternehmensführung, die auf die

Steuerung (Verfügbarkeit, Nutzung, Entwicklung etc.) der humanen Ressourcen (Fähigkeiten, Fertigkeiten, Wissen,

Kompetenzen) der Organisationsmitglieder zielen, etwa die Personalgewinnung und alle Maßnahmen der

Personalentwicklung.

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• Ermittlung des Personalbedarfs in quantitativer, qualitativer und zeitlicher Hinsicht

• Personalbeschaffung in quantitativer, qualitativer und zeitlicher Hinsicht

• Personalentwicklung: Erweitern und/oder Vertiefen des organisationsinternen Angebots an menschlicher Arbeitsleistung im Sinne von Ausbilden, Fortbilden, Weiterbilden und Umschulen

• Personaleinsatz: Eingliedern von Personal in betriebliche Leistungsprozesse und Anpassen der Arbeitssituation an den Menschen

• Personalerhaltung: Erhalten und Fördern der menschlichen Arbeitsleistung (Entgelt, Urlaub, Altersvorsorge)

• Personalfreistellung: die Freistellung von Personal zur Beseitigung einer personellen Überdeckung

Teilfunktionen des Personalwesens nach Hornung (1997)

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Unternehmensführung Unternehmensführung umfasst alle Interaktionsprozesse (z.B.

Entscheidungen, Handlungen, Strategieplanungen) mit Blick auf die Beschaffung, Verteilung, Nutzung, Kontrolle und Entwicklung einzelner Ressourcen (wie z.B. Kapital, Personal, Informationen,

Technik) einer Organisation, die mit der Absicht erfolgen, das Erreichen der wesentlichen Unternehmensziele zu befördern,

etwa das Bilden von Allianzen, der Entschluss zum Börsengang, Entwicklung einer Unternehmenskultur oder die Wahl

der Hierarchie.

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Zeit („schnell“)

Qualität („gut“)

Kosten („billig“)

Zentrale Unternehmensziele

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Einige unnötige Missverständnisse • Führung erfolgt nur „von oben“ (es gibt nur einen Akteur) • Führung ist erfolgreiche Führung, kann also nicht misslingen • Führungserfolg kann an einem Kriterium abgelesen werden • Führung ist immer nur personale Mitarbeiterführung • die Interaktionsabsicht des Führenden ist belanglos, weil nur

die Deutung (Wahrnehmung) des Geführten zählt... ...aber: man kann wohl nicht nicht-symbolisch führen

• Die Ziele der Führungskraft sind legitimer und / oder (moralisch) wertvoller als die Ziele der Geführten

• Man kann auf (personale) Führung in Organisationen verzichten

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Was bedeutet das Wort „Führung“?

Erkenntnisse zur Persönlichkeit von Führern und der Rolle von Geführten

Verteilte Führung in Organisationen: Ein neuer Ansatz

Page 13: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

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Merkmale erfolgreicher Führer und Vorgesetzte laut Alltagstheorie

erfolgreiche Führer sind...

mutig intelligent berufserfahren

sozial kompetent interkulturell

offen

teamfähig

flexibel

innovativ

mobil belastbar

verbal geschickt

kundenorientiert

gebildet

fast wie Unternehmer

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Der „Great Man-Mythos“ • “Der Vorgesetzte hat alles im Griff” • “Es gibt einen ‚one best way‘ der Führung“ • “Erfolgreiche Führung beruht hauptsächlich

auf der Kunst direkter Menschenführung” • “Führer sind begnadete Helden” • „Ob jemand erfolgreich führen kann, ist

angeboren oder doch zumindest ein festes nicht leicht änderbares Persönlichkeitsmerkmal“

• „Ist es nur der richtige Führer, wird aus einem Heer von Feiglingen ein Heer von Löwen!“

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Die „Persönlichkeit“ des erfolgreichen Führers

• hoch ausgeprägte Intelligenz (r liegt um .30) • stark ausgeprägte Leistungs- und Machtmotivdisposition und Extraversion

(Metaanalyse, Judge et al., 2002, JAP) • männlich; starke Unterrepräsentation von Frauen im Management: 2% = Top, 8

% = mittleres Management; Ursache = (Selbst-)Fremdselektion und Sozialisation • evtl. auch „Charisma“ und emotionale Intelligenz ? • .... es gibt noch viele Mess- und Theorieprobleme, weil die Erfassung der

Dispositionen oft strittig ist und weil die vermittelnden Prozesse und Moderatorvariablen zumeist „im Dunkeln“ bleiben, die Zusammenhänge aber ohne Frage aufgaben- und situationsspezifisch variabel ausgeprägt sind

Page 16: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

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Zur „Persönlichkeit“ und Rolle der „Führermacher“

• Ängstliche Geführte schätzen partizipative Führung mehr als nicht-ängstliche (Wegge, 2004)

• Zentrale Strategien der Führung von unten sind: einschmeicheln, rational argumentieren, Druck machen und übergeordnete Instanzen einschalten (Blickle & Gönner, 1999)

• es gibt kulturell unterschiedlich ausgeprägte Schemata von „erfolgreicher“ (wirksamer) Führung (Lord & Maher, 1991 und das GLOBE-Projekt)

• Das Erlebnis, einem charismatischen Führer zu begegnen, ist immer auch Wahrnehmungsleistung der Geführten (Haslam, 2001). Die Ähnlichkeit der Werte und Einstellungen (mit Blick auf den Führer) befördert das Erlebnis von Charisma (Klein & House, 1995)

Page 17: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

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Wen wählt man zum Führer ? • männliche, gruppen(-prozess)-dienlich agierende, extravertierte und intelligent

wirkende Vielredner • Gerecht und vertrauensvoll agierende Personen Ausnahme: der Wettbewerb

mit anderen Fremdgruppen fördert die Bereitschaft, parteiische, gegenüber Sympathisanten der Fremdgruppe ungerechte Führer zu unterstützen

• Führer werden dann eher unterstützt, wenn sie (z.B. auch durch den Akt/Prozess der Ernennung, z.B. Wahl, Ernennung, Zufall, Rotation) als Prototyp der Gruppe wahrgenommen werden: Sie symbolisieren dann das aktuelle Selbstverständnis der Gruppe (sehr kontextspezifisch). Zufällig ernannte Führer können daher effizienter sein als nach Verdiensten ernannte Führer; und Gruppen wählen - auch deshalb - nicht immer diejenigen Personen, die für die Aufgabe am besten qualifiziert sind

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Was bedeutet das Wort „Führung“?

Erkenntnisse zur Persönlichkeit von Führern und der Rolle von Geführten

Verteilte Führung in Organisationen: Ein neuer Ansatz

Page 19: Bodensee-Forum 2012: Prof. Jürgen Wegge - Shared Leadership

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Vertikale Führung Traditionelles Führungsverständnis: Eine ernannte Führungskraft steht hierarchisch über dem Team, hat die formale Autorität und ist verantwortlich für die Teamprozesse sowie die Teamergebnisse (Druskat & Wheeler, 2003; Kozlowski, Gully, Salas & Cannon-Bowers, 1996).

Geteilte Führung Polyzentrisches Führungsverständnis: Geteilte Führung ist ein dynamischer, interaktiver Beeinflussungsprozess zwischen Individuen einer Gruppe mit dem Ziel, Gruppen- oder Organisationsziele oder beides zu erreichen. Die Führung ist unter den Gruppenmitgliedern aufgeteilt, anstatt in den Händen einer einzelnen Führungskraft zentralisiert zu sein (nach Pearce & Conger, 2003).

= Führungskraft = Gruppenmitglied

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“An interactive and dynamic process which individuals in teams or in groups use to influence each other to achieve a stated goal or Objective” (Pearce & Conger, 2003).

More than one actor will collaborate to prepare or make decisions. (e.g. co- workers, work council) (Wegge et al., 2010)

Broad-based and institutionalized employee influence processes (Wegge et al., 2010)

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„Geteilte Führung“ – Jetzt auch in der Nationalmannschaft?

Wer führt Podolski?

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Gegenseitige Beeinflussung und Führung von Teammitgliedern

Podolskis Spielleistung

Podolskis Tore

Spielleistung von Özil, Schweinsteiger u.a.

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Messung geteilter Führung (nach Piecha & Wegge, in Vorbereitung)

Transformational Leadership • Intellectual Stimulation • Inspiring Leadership

Empowering Leadership • Participative decision-making • Delegation of authority • Information sharing • Skill development

Directive Leadership • Assigning goals • Instruction and command

Transactional Leadership • Contingent reward • Management by exception (active)

Aversive Leadership • Intimidation • Abuse

Laissez-faire Leadership

• Non-presence • Non-activity and non-engagement

/ Non-concern

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Bisherige Befunde zur geteilten Führung I

In folgenden Kontexten konnten positive Zusammenhänge zwischen geteilter Führung und der Effektivität von Teams bisher gezeigt werden:

Prozessoptimierungsteam (Pearce & Sims, 2002), Top Management Teams (Ensley, Hmieleski & Pearce, 2006), Konventionellen Teams (Carson, Tesluk & Marrone, 2007; Hiller, Day & Vance, 2006) Virtuellen Teams (Carte, Chidambaram & Becker, 2006; Pearce, Yoo & Alavi, 2004)

Einschlägige Befunde liegen derzeit für die Bedeutung geteilter Führung für die Effektivität von Arbeitsgruppen vor.

Studie von Pearce und Sims (2002): Effektive Team nutzen geteilte Führung genauso oft wie vertikale Führung Geteilter Führung ist der vertikalen Führung hinsichtlich deren Wirkung auf die

Effektivität des Teams sogar überlegen

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Bisherige Befunde zur geteilten Führung II

Zusammenhang geteilter Führung mit der Leistung im Team (SuGA-Projekt; N = 212 Altenpfleger/Innen)

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Bisherige Befunde zur geteilten Führung III

Gründe für die leistungsförderliche Wirkung geteilter Führung

• Autonomie und Partizipation affektive und motivationale Prozesse von Arbeitnehmern werden angeregt • Teilung von Führungsaufgaben in der Arbeitsgruppe wirkt positiv auf die Arbeitszufriedenheit • Geteilte Führung stärkt das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Arbeitsgruppe (team potency), geforderten Anforderungen zu erledigen • Mitglieder in Gruppen mit viel geteilter Führung sind stärker gewillt:

• zusätzliche Anstrengungen zu investieren • Aufgaben zu übernehmen, die nicht vertraglich vorgeschrieben sind • auch Networking-Verhalten in ihrer Arbeitsgruppe zu zeigen

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Bisherige Befunde zur geteilten Führung IV

• nach dem Job-Demand-Ressources-Model (JDR-Model, Demerouti, Bakker, Nachreiner & Schaufeli, 2001) kann geteilte Führung als Ressource betrachtet werden, die Arbeitsanforderungen puffert gestärkte Selbstmanagementfähigkeiten Reduzierung von Stress und

Steigerung des Wohlbefindens erhöhte soz. Unterstützung puffert negative Arbeitsbelastungen erweiterter Tätigkeitsspielraum fördert die Gesundheit erhöhte Selbstbestimmtheit und Einflussnahme sind signifikant bedeutsam für

die psychische und physische Gesundheit

• eine Unterscheidung der Wirkung der verschiedenen Führungsfacetten auf die Gesundheit ist unumgänglich

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Bisherige Befunde zur geteilten Führung V

Zusammenhang geteilter Führung mit Gesundheit und Wohlbefinden der Teammitglieder (SuGA-Projekt; N = 212 Altenpfleger/Innen)

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Förderung geteilter Führung

• die Entwicklung von Selbstführungsfähigkeiten der Gruppenmitglieder • die Vermeidung von Bestrafung und die Befürwortung von Lernen aus Fehlern • das Formulierung von Fragen, statt Antworten zu liefern • die Förderung von Initiative und Kreativität sowie Reduzierung von Befehlen • die Schaffung von Interdependenz • die Förderung von Entscheidungsfindungen auf Gruppenebene • die Auswahl von Gruppenmitgliedern hinsichtlich Fachwissens und

Führungsfähigkeiten • die Unterstützung, falls nötige Fähigkeiten in der Gruppe nicht vorhanden sind • die gezielte Grenzregulation zwischen der Gruppe und der sie umgebenden

Organisationseinheiten.

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