professor dr. k. täufel — 65 jahre alt

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Die Nahrung Chemie, Physiologie, Technologie

2. Jahrgang 1958 1. Heft

Professor Dr. K. Taufel - 65 Jahre alt

,,Quelle horrible peine a un homme qui est sans prgneurs et sans cabale, qui n’est engag6 dans aucun corps, mais qui est seul, e t qui n’a que beaucoup de m6rite pour toute recommandation, de se faire jour ‘a travers I’obscuritC ou il se trou- ve . . . .“

LA B R U Y ~ R E

Am 10. Dezember 1892 wurde Albert Kurt TAUFEL als Sohn eines sachsischen Webers in Crimmitzschau geboren - seines 65. Geburtstages gedenken Lebens- mittelchemiker und Chemiker und vor allem seine zahlreichen Mitarbeiter und Schiiler in aller Welt. In unermiidlicher wissenschaftlicher Tatigkeit hat der Jubilar ein Lebenswerk von aul3ergewohnlicher Vielseitigkeit und Fiille geschaffen. Die Lebensmittelchemie verdankt ihm nicht nur wertvolle analytische Methoden, son- dern vor allem richtungsweisende Gedanken, die fur die moderne Gestaltung dieses Wissenszweiges von entscheidender Bedeutung waren und sein werden. Hierbei ging er davon aus, die Lebensmittel nicht als bloBe chemische Stoffgemische zu betrachten, deren Verhalten sich von den Einzelkomponenten ableiten la&, sondern sie als geordnete, organisierte Systeme zu betrachten. Als Produkte der lebendigen Natur sind die Lebensmittel im Kreislauf der lebenden Substanz zum Umsatz be- stimmt, und ihr Schicksal folgt innerhalb wie auBerhalb des Korpers den gleichen physiologisch-chemischen Prinzipien. Diese Auffassung ist weit verschieden von der alteren, iiberwiegend analytischen Betrachtungsweise und zweifellos fur die wissenschaftliche Ausgestaltung der Lebensmittelchemie von allergrofltem Wert gewesen.

Der wissenschaftliche Weg K. TAUFELS begann mit dem Studium der Natur- wissenschaften in Leipzig 1912-14, dem nach einer Unterbrechung durch mehr- jahrigen Kriegsdienst im ersten Weltkrieg im Januar 1919 an der Universitat Miinchen ein Chemie-Studium folgte. Dort wurde er nach kurzer Zeit Assistent am Laboratorium fur Angewandte Chemie und promovierte 1921 mit einer preisge- kronten Arbeit an der Universitat Miinchen. I924 folgte die Ernennung zum Privat- dozenten fur angewandte Chemie und I927 die Approbation als staatlich gepriifter Lebensmittelchemiker. Bereits in diesen Jahren verschaffte ihm sein rasch wachsen- I Die Nahrung, Heft I

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der Ruf mehrere Aufforderungen zu Vortragen und Unterricht nach Spanien, Portu- gal, Italien und Griechenland.

Seine Arbeiten dieser Periode betrafen vor allem analytische Probleme, wobei unter dem EinfluB seines ersten Lehrers TH. PAUL bevorzugt physikalisch-chemische Methoden angewandt wurden. Fruhzeitig wandte sich sein Interesse der Fettchemie zu, wobei er neue Verfahren zum Nachweis der Ranzigkeit von Fetten entwickelte. Das volkswirtschaftlich so auBerordentlich wichtige Gebiet des Ranzigwerdens der Nahrungsfette hat ihn dann viele Jahre beschaftigt, wobei die Autooxydation der olefinischen Fettsauren sein besonderes Interesse fand. Diese Arbeiten er- gaben wertvolle Erkenntnisse sowohl uber den Chemismus der Autoxydation wie uber die Wirkung der Antioxygene.

AuBer dem Fettgebiet bearbeitete er aber gleichzeitig rnit bewunderswerter Viel- seitigkeit noch eine Reihe von anderen Problemen, deren Bedeutung in praktischer oder theoretischer Hinsicht keineswegs geringer ist. Vor allem beschaftigte ihn das Verhalten der Kohlenhydrate unter verschiedenen Reaktionsbedingungen und ihre Hydrolyse. Damit verbanden sich Untersuchungen uber die naturlichen Saccharide des Bienenhonigs, deren Identifizierung erst rnit Hilfe der chromatographischen Methode gelang. Daneben fuhrte er weitere Arbeiten auf verschiedenen Gebieten durch, deren Aufzahlung zu weit fuhren wurde. Hervorgehoben werden mogen die Untersuchungen uber die Analytik und die Bewertung der Pektinstoffe, doch fehlen nicht Studien uber den MalzungsprozeD und andere Themen von teils prak- tischem, teils theoretischem Interesse. Die in Munchen begonnenen Arbeiten konnte er im Jahre 1936 als pl. ao. Professor an der Technischen Hochschule Karlsruhe in groBerem MaDstabe fortsetzen, wo er gleichzeitig Direktor des Instituts fur Lebensmittelchemie der Technjschen Hochschule und Direktor der Badischen Staat- lichen Lebensmitteluntersuchungsanstalt war. Von Karlsruhe ubersiedelte er 1940 als 0. Professor fur Chemie und Technologie der Lebensmittel und Direktor des Instituts fur Lebensmittel- und Garungschemie der Technischen Hochschule Dresden als Nachfolger von A. HEIDUSCHKA nach Dresden. Das Jahr 1945 beraubte ihn durch den Bombenangriff vom 13. 2. 1945 seiner gesamten Habe und fugte dazu als wei- teren, von ihm schwer empfundenen Schicksalsschlag den Verlust der rnit besonderer Liebe wahrgenommenen akademischen Lehrtatigkeit. Nachdem er in den ersten Nachkriegsjahren zunachst seine groDen Erfahrungen der praktischen Lebensmittel- kontrolle und 4berwachung zur Verfugung gestellt hatte, ubernahm er am I. I. 1948 die Funktion des 2. Direktors im neugegrundeten Institut fur Ernahrungs- und Verpflegungswissenschaften in Potsdam-Rehbrucke. Wenn ihm schon der rnit groI3en Mitteln unter der Leitung von A. SCHEUNERT erfolgende Ausbau dieses Institutes alle Moglichkeiten zur Forschungsarbeit gab, so erfullte es ihn doch mit Befriedigung, da13 er seit 1951 auchwieder als akademischer Lehrer wirken konnte, wo er von der Humboldt-Universitat als Professor rnit Lehrstuhl berufen wurde und ein In- stitut fur Lebensmittelchemie und -technologic in Berlin-WeiDensee errichten konnte.

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Prof. Dr. K. Taufel zum 65. Geburtstag 3

So wie der junge Forscher sich mit der Konstitution und dem Verhalten kunst- Iicher SuDstoffe befaDt hatte und der gereifte Gelehrte sein Interesse den naturlich vorkommenden Sacchariden, ihrer biologischen Bedeutung und ihren Umsetzungen bei der Behandlung zuwandte, SO ist auch eine Entwicklung von den analytischen Arbeiten der Jugendzeit uber die Erfassung organischer Sauren in Lebensmitteln zu dem jiingsten Hauptinteressengebiet festzustellen, das Untersuchungen uber das Vorkommen der Citronensaure in Lebensmitteln und pflanzlichen oder tierischen Organen gewidmet war. Bei dieser Problemstellung erkennt man besonders deutlich, in welchem MaDe sich K. TAUFEL den biologisch-chemischen Grundproblemen der belebten Substanz zugewendet hat. Nicht mehr die analytische Erfassung der Citronensaure, sondern die Aufklarung ihrer biologischen Bedeutung im Organismus steht jetzt im Vordergrund des Interesses.

Die Vielseitigkeit der von K. TAUFEL bearbeiteten Forschungsgebiete wird ver- standlich aus der Kenntnis seiner Personlichkeit und seiner Arbeitsweise. Mit uner- mudeter Aufmerksamkeit verfolgt er die Entwicklung der gesamten Ernahrungs- wissenschaft und weil3 durch ein erstaunliches Gedachtnis fernliegende Einzeltat- sachen zu vereinen. In nahezu 400 Veroffentlichungen in Biichern und wissenschaft- lichen Zeitschriften hat er seine Gedankengange und Forschungsergebnisse der Allgemeinheit zuganglich gemacht. Er wirkt als Herausgeber der Zeitschrift ,,Er- nahrungsforschung", die die Arbeiten des Institutes fur Ernahrungsforschung und der Anstalt fur Vitaminforschung in Potsdam-Rehbrucke enthalt. AuOerdem zeichnet er verantwortlich - nach dem Tode von A. SCHEUNERT - als Herausgeber dieser Zeitschrift.

Dem erfolgreichen Forscher und bahnbrechenden Lehrer sind zahlreiche Ehrungen und Anerkennungen zuteil geworden. Der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin gehort er als Sektionsmitglied den Sektionen fur Pharmakologie und Phar- mazie und ebenso der Sektion fur Ernahrung der Klasse fur medizinische Wissen- schaften an. Er ist Mitglied der Internationalen Gesellschaft fur Fettwissenschaft und Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina in Halle/Saale. Die deutsche Forschungsanstalt fur Lebensmittelchemie in Munchen ernannte ihn zu ihrem ehrenamtlichen Mitglied. Seine Arbeiten auf dem Fettgebiet wurden durch die Verleihung der Wilhelm NORMANN-hfedaille der Deutschen Gesellschaft fur Fettwissenschaft, MunsterlWestf., und seine gesamte bahnbrechende Leistung auf dem Gebiete der Lebensmittelchemie durch den Deutschen Nationalpreis 11. Klasse fur Wissenschaft und Technik gewurdigt.

So fiihrte dieser Lebensweg, fur den die vorangestellte Maxime von LA BRUYERE geschrieben sein konnte, Kurt TAUFEL aus der beengten Umwelt einer sachsischen Industriestadt auf die hochste Ebene des wissenschaftlichen Wirkens, wahrend durch seine Tatigkeit ein ganzer Zweig der Naturwissenschaft wesentliche Impulse erhielt.

Wer ihn kennt, wird uberzeugt sein, da8 65 Lebensjahre seinen jugendlichen Schwung und sein ganz der Chemie gewidmetes Interesse nicht dampfen konnen. I=

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Moge ihm trotzdem die Fiirsorge seiner Gattin, die ihn mit stetem Verstandnis und interessierter Teilnahme umgibt, die Stunden aul3erhalb seines Institutes verschonen, wenn ihn auch dort die Chemie genau so ausfiillt wie ,,im Dienst", am Sonntag wie am Alltag.

Der Wunsch aller seiner Mitarbeiter, Fachkollegen und Freunde an dieseni 65. Geburtstag ist, da8 ihm fur ein weiteres erfolgreiches Wirken Schaffenskraft und Gesundheit noch fur viele Jahre erhalten bleiben moge!

Fur die Schriftleitung

K. RAUSCHER Fur die Mitherausgcber

U. FREIMUTH