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Prinzipien bei der Entwicklung von Lehrwerken für das Fach Deutsch als zweite Fremdsprache an der ägyptischen Oberschule unter Berücksichtigung der Schreibkompetenz Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie in der Fakultät für Philologie der RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM vorgelegt von Heba Abdalla aus Kairo, Ägypten

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Prinzipien bei der Entwicklung von Lehrwerken für das Fach

Deutsch als zweite Fremdsprache an der ägyptischen Oberschule

unter Berücksichtigung der Schreibkompetenz

Inaugural-Dissertation

zur

Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie

in der

Fakultät für Philologie

der

RUHR-UNIVERSITÄT BOCHUM

vorgelegt von

Heba Abdalla

aus Kairo, Ägypten

II

Gedruckt mit der Genehmigung der Fakultät für Philologie der Ruhr-Universität

Bochum

Referent: Prof. Dr. Karin Kleppin.

Korreferent: Prof. Dr. Karl-Richard Bausch.

Tag der mündlichen Prüfung: 01.07. 2011.

III

Vorwort

Die vorliegende Publikation ist eine überarbeitete Version meiner Doktorarbeit, die vom Seminar für Spachlehrforschung der Ruhr-Universität Bochum 2011 angenommen wird. Sie wäre ohne die Unterstützung einer Vielzahl von Perso-nen und Organisationen nicht möglich gewesen. Deshalb möchte ich an dieser Stelle der ägyptischen Studienmission danken, die mir für meine Arbeit ein Sti-pendium gewährt hat.

In besonderer Weise gilt mein Dank meiner Betreuerin Frau Prof. Dr. Karin Kleppin für die vielen Gespräche und Ermutigungen, mit denen sie dem Entste-hungsprozess meiner Arbeit gefolgt hat. Während jeder Phase der Promotion begleitete sie meine Arbeit aufgeschlossen und interessiert. Sie war jeder Zeit ansprechbar und diskussionsbereit. Ihre konstruktive Kritik war stets anregend. Durch ihre äußerst wertvollen Hinweise und Diskussionen bekam ich immer wieder neue Impulse.

Mein weiterer Dank gilt meinem Lehrer Herrn Prof. Dr. Karl-Richard Bausch für seine nützlichen Beratungen und treffenden Anmerkungen und Unterstüt-zung in der Schlussphase meines Forschungsprozesses.

Ebenso möchte ich allen an der empirischen Studie beteiligten DaF-Schülerinnen und Schülern aus Ägypten herzlich danken, ohne deren Mitwir-kung diese Arbeit nicht zustande gekommen wäre. Sie erzählten mir aufge-schlossen von ihren Lernbemühungen hinsichtlich des Deutschen als Fremd-sprache und von ihrer Textproduktion in der Fremdsprache und haben damit in bedeutender Weise zur Entwicklung des Fachbereichs beigetragen und sich au-ßerdem auch selbst aktiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Des Weiteren möchte ich ihren Lehrern und Lehrerinnen an dieser Stelle ausdrücklich danken.

Ein großes Dankeschön für das mühsame Korrekturlesen geht an Dr. Lucia Li-cher, Christine Linster und Carolin Eckardt.

Meinen herzlichen Dank richte ich nicht zuletzt an meine Familie, meine Eltern sowie meine Kinder und vor allem an meinen Lebenspartner, der mich während der Dissertationszeit geduldig unterstützte und zu jeder Zeit zur Fortsetzung der Arbeit ermutigte.

Bochum, im Juli 2011

Heba Abdalla

IV

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung.......................................................................................................... 1

1. Zugang zum Thema ........................................................................................ 1

2. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit................................................ 1

3. Methodologischer Zugriff (qualitativer und quantitativer For-schungsansatz) ..................................................................................................... 3

4. Gliederung und Arbeitsschwerpunkte .......................................................... 4

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen...... 7

1. Begriffsbestimmung: Lehrbuch und Lehrwerk........................................... 7

2. Faktoren, die die Gestaltung und Erforschung von Lehrwerken beeinflussen ........................................................................................................11

2.1 Fachübergreifende Faktoren..............................................................11

2.2 Fachspezifische Faktoren ..................................................................12

3. Regionale Lehrwerke Deutsch als Fremdsprache......................................14

3.1 Kriterien, denen ein regionales Lehrwerk genügen soll ...................17

3.2 Schritte zur Entwicklung regionaler Lehrwerke ...............................18

3.3 Zusammensetzung des Autorenteams...............................................20

4. Regionalisierung und Curriculumentwicklung für den DaF-Unterricht 21

5. Fünf Lehrwerkgenerationen nach Götze....................................................27

6. Zur Funktion von Lehrwerken beim Lernen fremder Sprachen.............29

7. Lehrwerkforschung und Lehrwerkkritik............ .......................................32

7.1 Zur Lehrwerkforschung ....................................................................32

7.2 Zur Lehrwerkkritik............................................................................33

7.3 Kriterienkataloge zur Analyse von Lehrwerken ...............................33

7.3.1 Das Mannheimer Gutachten ..................................................33

7.3.2 Das Gutachten des Sprachverbandes (Das Mainzer Gutachten).........................................................................................................36

7.3.3 Das Hamburger Gutachten.....................................................37

V

7.3.4 Der Stockholmer Kriterienkatalog.........................................38

7.3.5 Kriterienkatalog zur Gestaltung autonomiefördernder Lehrwerke nach C. Nodari..............................................................40

7.3.6 Qualitätsmerkmale zur Analyse von Lehrwerken nach Funk44

8. Das ägyptische DaF-Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“ auf dem Prüfstand: Zu dessen Konzeption und Struktur............................................45

8.1 Das Äußere........................................................................................46

8.2 Das Innere .........................................................................................47

8.2.1 Aufbau und Themen ..............................................................47

8.2.2 Sprache...................................................................................49

8.2.3 Grammatik .............................................................................50

8.2.4 Lernerorientierung .................................................................51

8.2.5 Übungsformen und produktive Fertigkeiten..........................52

8.2.5.1 Übersetzungsübungen...............................................52

8.2.5.2 Kulturkontrastive Aufgaben .....................................53

9. Das Lehrwerk als Machtinstrument und als ideologisches Instrument ..53

9.1 Zu den Begriffen „Macht“ und „Ideologie“......................................53

9.1.1 Macht .....................................................................................53

9.1.2 Ideologie.................................................................................56

10. Prinzipien und Kriterien für die Konstruktion v on Lehrwerken ..........58

10.1 Dialog ..............................................................................................58

10.2 Interkulturelles Lernen ....................................................................59

10.3 Authentizität ....................................................................................61

10.4 Handlungsorientierung....................................................................62

10.5 Schülerorientierung .........................................................................64

Zusammenfassung des Kapitels .......................................................................64

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten .66

1. Die gesellschaftspolitische Situation und der Stellenwert der deutschen Sprache in Ägypten ...........................................................................................66

2. Zur Organisation des Deutschunterrichts in Ägypten ..............................70

VI

2.1 Bildungssituation in Ägypten............................................................70

2.2 Sprachensituation und Sprachpolitik ................................................74

2.3 Die Stellung der Fremdsprachen in Ägypten....................................75

2.4 Deutsch an staatlichen ägyptischen Schulen.....................................76

2.4.1 Zur Analyse des schulischen Deutschunterrichts in Ägypten: eine Übersicht über bestehende Probleme......................................76

2.5 Die deutschen Auslandsschulen in Ägypten.....................................78

2.6 Deutsch im Hochschulbereich...........................................................79

2.7 Deutsch im außerschulischen Bereich ..............................................80

Zusammenfassung des Kapitels .......................................................................81

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache an ägyptischen Gymnasien: Realität und Wunsch ..............82

1. Schreibförderung im DaF-Unterricht .........................................................82

1.1 Schreiben aufgrund kommunikativer Bedürfnisse............................83

1.2 Schreiben aufgrund unterrichtspraktischer Bedürfnisse ...................84

1.3 Schreiben aufgrund lernpsychologischer Überlegungen ..................84

1.4 Schreiben als Hilfe bei der Strukturierung geistiger Handlungen ....85

1.5 Zum Status des Schreibfertigkeit im ägyptischen DaF-Unterricht...92

1.6 Zur Didaktisierung der Schreiblehre im regionalen DaF-Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“..............................................................93

1.7 Das prozessorientierte Schreibmodell...............................................93

2. Zu den landeskundlichen Inhalten im Fremdsprachenunterricht: Rahmenbedingungen und wichtige didaktische Konzepte...........................99

3. Förderung der Lernerautonomie in Ägypten?.........................................105

3.1 Traditioneller (schulischer) Fremdsprachenunterricht....................105

3.2 Ursprünge des autonomen Lernens.................................................106

3.3 Von der Fremd- zur Selbststeuerung: Stufen zur Autonomie.........109

3.4 Das Lehrwerk als Instrument zur Autonomisierung der Lernenden im DaF-Unterricht ......................................................................................111

3.4.1 Lerneraktivierende Aufgaben ..............................................111

3.4.2 Lernunterstützende Aufgaben..............................................112

VII

3.4.3 Transparenz..........................................................................113

3.4.4 Offenheit ..............................................................................114

3.4.5 Natürliche authentische Materialien ....................................114

3.4.6 Objektivierende Aufgabenstellungen ..................................114

3.4.7. Motivation...........................................................................115

4. Self-assessment (Selbsteinschätzung) auf Basis autonomen Spracherwerbs.................................................................................................116

4.1 Die Lehrerrolle bei self-assessment (Selbsteinschätzung) durch die Schüler...................................................................................................118

4.2 Umsetzung im schulischen Lernprozess .........................................118

Zusammenfassung des Kapitels .....................................................................124

V. Die empirische Studie.................................................................................126

1. Schreibproduktion: persönliche Erfahrungen und Standpunkte ..........126

1.1 Ausgangspunkt und Anliegen der Studie........................................126

1.2 Subjektive Theorien ........................................................................127

1.2.1 Definition .............................................................................127

1.3 Das Konstrukt „Fremdsprachliche Schreibproduktion“ .................129

1.4 Die Forschungsmethodik: Qualitative und quantitative Verfahren 129

1.5 Erhebungsinstrumente und Durchführung......................................131

1.5.1 Die Interviewpartner/innen ..................................................131

1.5.2 Die Interviews: Durchführung, Rahmenbedingungen und Transkription.................................................................................132

1.5.3 Der Fragebogen....................................................................134

1.6 Die Auswertungsmethodik der Inhaltsanalyse................................135

1.6.1 Das Kategoriensystem der vorliegenden Studie ..................142

1.6.1.1 Kategorie 1: Subjektives Fremdsprachenprofil ......143

Fallstudie I – Nada..............................................................144

Fallstudie II – Walaa...........................................................144

Fallstudie III – Sara.............................................................145

Fallstudie IV – Lama ..........................................................145

Fallstudie V – Iman.............................................................146

VIII

Fallstudie VI – Kareem.......................................................146

Fallstudie VII – Omar.........................................................147

Fallstudie VIII – Mustafa....................................................148

Fallstudie IX – Faruq ..........................................................148

Fallstudie X – Yasser..........................................................149

1.6.1.2 Kategorie 2: Subjektive Motivationsprofile ...........149

1.6.1.3 Kategorie 3: Subjektive Einstellungen zur Schreibproduktion in der Fremdsprache.............................155

1.6.1.4 Kategorie 4: Individuelle Aspekte des fremdsprachlichen Schreibens ............................................159

1.6.1.5 Kategorie 5: Subjektive Voraussetzungen fürs Schreiben.............................................................................163

1.6.1.6 Kategorie 6: Schreibprozess als chronologische Folge.............................................................................................166

1.6.1.7 Kategorie 7: Spezifika des Schreibens in den gelernten Fremdsprachen....................................................170

1.6.1.8 Kategorie 8: Persönliche Vorschläge zur Verbesserung des Schreibkönnens und Optimierung des Fremdsprachenerwerbs .......................................................174

VI. Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven .............................177

1. Fazit: Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse.........................177

1.1 Förderung der integrativen Motivation durch Schreibaufgaben.....177

1.2 Authentische Lehrwerktexte ...........................................................178

1.3 Prozessorientierung .........................................................................179

1.4 Unterstützung der Überarbeitungsprozesse durch Kriteriengebrauch oder Checklisten....................................................................................180

1.5 Schreiben im autonom gestalteten Fremdsprachenunterricht.........181

1.5.1 Gruppenarbeit.......................................................................181

1.5.2 Die Aufgabenstellungen.......................................................181

1.5.3 Übungstypologie ..................................................................182

1.5.4 Lernstrategien.......................................................................182

1.5.5 Lehrerrolle............................................................................182

IX

2. Schreibstrategien: Einblicke in die schulische Schreibpraxis des ägyptischen DaF-Unterrichts .........................................................................182

2.1 Förderung der Schreibkompetenz: Prozessorientierter Schreibunterricht als Chance.................................................................183

2.1.1 Schreibmotivation ................................................................184

2.1.2 Vertiefung durch Schreibaufgabenklärung..........................185

2.1.3 Strukturbildung ....................................................................185

2.1.4 Erstentwurf...........................................................................186

2.1.5 Inhaltliche und sprachliche Überarbeitung..........................187

2.1.6 Fertige Reinschrift erstellen.................................................187

2.1.7 Beurteilung und weitere Überarbeitung...............................188

2.1.8 Arbeitsrückblick...................................................................188

Zusammenfassung des Kapitels .....................................................................189

Bibliographie....................................................................................................190

Anhang 1: Katwijker Empfehlungen zur Curriculumentw icklung (Breitung 1993: 184ff.)......................................................................................................207

Anhang 2: Nürnberger Empfehlungen zum Frühen Fremdsprachenlernen...........................................................................................................................210

Anhang 3: Liste zur Selbsteinschätzung des Schülers (Piepho 2003: 10ff.)...........................................................................................................................230

Anhang 4: Fragebogen zur Lernerbiographie (Deutsch/ Arabisch) ..........241

Anhang 5: Fragebogen zur Schreibproduktion (Deutsch/ Arabisch) ........247

Anhang 6: Verlauf und Forschungsfragen des Interviews .........................251

Anhang 7: Transkription der arabischen Buchstaben................................252

Anhang 8: Liste der Abbildungen .................................................................254

Anhang 9: Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen..............................255

I. Einleitung

1

I. Einleitung

1. Zugang zum Thema

Geschriebene und gesprochene Sprache gelten als gleichwertige Existenzformen der Sprache. Als ein Mittel direkter Kommunikation kommt gesprochene Spra-che an erster Stelle vor, während geschriebene Sprache sich eher zur indirekten Kommunikation eignet. Beide Sprachformen zeichnen sich durch einen sprach-produktiven Charakter aus. Über den Stellenwert des Schreibens bei der Sprach-aneignung im Fremdsprachenunterricht wurde bereits heftig diskutiert. Schrei-ben wird als eine Tätigkeit betrachtet, die in der Regel von kognitiven Aktivitä-ten begleitet ist und darüber hinaus einen positiven Einfluss auf die anderen Sprachfertigkeiten hat, besonders auf die Entwicklung der Sprechfertigkeit. Die-se kognitive Belastung findet auf drei Ebenen statt: die Ebene des Wahrnehmens des gerade Geschriebenen, die Ebene der Erinnerung an den bisherigen Text und die Ebene der Vorstellung von dem zu Schreibenden (vgl. Storch 2001: 248).

Weil sich im Schreiben das Problem der Textproduktion behandeln lässt, wird es als ein Problemlösungsprozess aufgefasst. In diesem Prozess soll erforscht wer-den, wie die Schreibprodukte angefertigt werden.

2. Problemstellung und Zielsetzung der Arbeit

Auf den ägyptischen DaF-Unterricht bezogen wird Schreiben als Erwerbsziel gesehen. In diesem Sinne liegt der Fokus auf dem Produkt (dem Text) und nicht auf dem Prozess, d. h. einen Text „abzuliefern“ ist das Ziel des Schreibens. Au-ßerdem fehlt das Lernziel Befähigung zur schriftlichen Sprachproduktion in Curricula, Lehrprogrammen, Lehrbüchern und im Bewusstsein von Lehrkräften, was die Verfasserin in pädagogischer Hinsicht zum Nachdenken anregt.

Die vorliegende Arbeit erwuchs aus meinem Interesse am Schreiben im Fremd-sprachenunterricht. Meine Erfahrungen sammelte ich im Unterricht sowohl mit Schülern der Sekundarstufe als auch mit DaF-Studierenden. Bemerkenswert da-bei war, dass Mängel an Schreibkompetenz u. a. auf Mängel an den im Lehr-buch gebotenen Aufgaben und Übungstypen zurückzuführen sind. Durch Pro-dukt-, Prozess- und Sprachorientierung könnten diese Schreibaufgaben und Übungen zur Entwicklung der Schreibkompetenz beitragen. Maßnahmen zur Verbesserung des Schreibvermögens und der Motivation zum Schreiben – wie z. B. Schreibschulungen und Schreibworkshops – kommen wegen der institutio-nellen und eigenkulturellen Rahmenbedingungen1 nicht in Frage. Deshalb be-

1 z. B. große Klassenstärken, keine Medienausstattung, kulturspezifische Lehr- und Lerntraditionen wie Aus-wendiglernen, dominante Lehrerpersönlichkeit.

I. Einleitung

2

schäftigt sich die vorliegende Arbeit im Allgemeinen mit der Konzipieren eini-ger Prinzipien zur Entwicklung von Lehrwerken im Rahmen des DaF-Unterrichts an den staatlichen Oberschulen Ägyptens und im Besonderen mit ei-ner systematischen Förderung der Schreibfertigkeit in den DaF-Lehrwerken, da das seit 1999 eingesetzte Lehrwerk "Kairo-Frankfurt…und zurück" überaus re-formbedürftig ist; weiterhin fehlen entsprechende wissenschaftliche Untersu-chungen dazu bisher gänzlich. Im Vergleich zu früheren Lehrwerken ist "Kairo-Frankfurt…und zurück" zwar ein methodischer Fortschritt, aber den Ansprüchen an ein regionales und aktuelles Lehrwerk für den Fremdsprachenunterricht ge-nügt es nicht. Im Großen und Ganzen ignoriert das Lehrwerk die Lernerfahrun-gen und -strategien der Schüler aus dem Englischunterricht (L2). "Kairo-Frankfurt…und zurück" ist deshalb kein geeignetes Lehrwerk für Deutsch als zweite Fremdsprache (L3) in Ägypten. Diesem Mangel will die vorliegende Dissertation abhelfen. Zu diesem Ziel soll eine empirische Untersuchung zur Er-forschung eines relevanten Aspekts der Lehrwerkentwicklung u. z. dem der Schreibproduktion im Fremdsprachenunterricht durch die Analyse Sub-jektiver Theorien, d. h. gängiger Vorstellungen, Ansätze, Lernerfahrungen und Arbeitsweisen der Probanden durchgeführt werden. Anders ausgedruckt: Der Aspekt der schriftlichen Kompetenzentwicklung wird durch eine empirische Un-tersuchung gestützt und somit können begründete Empfehlungen gerade auch für diesen Bereich gegeben werden. Des Weiteren soll das Lehrwerk "Kairo-Frankfurt…und zurück" einer kritischen Analyse unterzogen und ferner soll eine Analyse der Rahmenbedingungen geboten werden. Aufgrund der empirischen Untersuchung soll eine verlässliche Grundlage für die Reformierung der Lehr-werkentwicklung im Fach Deutsch insbesondere und des Deutschunterrichts in Ägypten generell geschaffen werden.

Zur gegenwärtigen Situation in Ägypten

In Ägypten, wie in vielen nicht-englischsprachigen Ländern auf der Welt hat Englisch als erste Fremdsprache die führende Rolle übernommen. Deutsch folgt im ägyptischen Schulbereich als führende Tertiärsprache (L3) nach Englisch (L2). Neuner (1999:15) weist darauf hin, dass in den meisten Untersuchungen zum Tertiärsprachenerwerb Deutsch nach Englisch gelernt wird. Daher dürfte die Tatsache, dass Englisch eine typische L2 ist und Deutsch als typische L3 nach Englisch gelernt wird, unumstritten sein.

Was die gegenwärtige Situation des DaF-Lernens in Ägypten anbelangt, wird seit 1999 an den ägyptischen Gymnasien im ersten Schuljahr das Lehrwerk "Kairo-Frankfurt…und zurück" Band I (Hebeisch-Karbach/ Hunsinger/ Hak 2000: 1) eingeführt. Es ist für Oberschüler ohne sprachliche Vorkenntnisse vor-gesehen und besteht aus den folgenden Bestandteilen: Kursbuch und Arbeits-buch sowie die dazu gehörigen Hörkassetten. Es umfasst auch ein Lehrerhand-

I. Einleitung

3

buch, das die methodisch-didaktischen Hinweise für die Deutschlehrer beinhal-tet.

Im Jahre 2000 wurde der zweite Band desselben Lehrwerkes auch für das zweite Schuljahr der Oberschule eingesetzt. Dieses Lehrwerk folgt der kommunikati-ven Methode, in der die Fremdsprache als Kommunikationsmittel fungiert. Ge-rade weil Kommunikation initiiert werden soll, rückt es den Lerner2 ins Zentrum des Unterrichtsgeschehens. Die Lernenden sind von den Lerninhalten betroffen. Das Lehrwerk eröffnet ihnen die Möglichkeit, sich persönlich im Unterrichtsge-spräch wiederzufinden, indem die Umgebungsvariablen der jeweiligen Lerner-gruppen berücksichtigt werden. Es wird im Lehrwerk versucht, lerngruppenspe-zifische Faktoren, die das Fremdsprachenlernen beeinflussen (wie z. B. Alter, Einbezug der eigenen muttersprachlichen Vorprägung, Eingehen auf Vorwissen und Erfahrung etc.), zu berücksichtigen.

3. Methodologischer Zugriff (qualitativer und quantitativer For-schungsansatz)

Die Studie verfolgt das Ziel, mit Hilfe einer deskriptiv-interpretativen Untersu-chung den Gegenstand „Schreibproduktion in der Fremdsprache“ zu analysieren und auf dieser Basis nach Möglichkeiten der Schreibförderung von DaF-Lernenden zu suchen. Anders ausgedruckt: Hier geht es darum, wie Schreibpro-duktion im Fremdsprachenunterricht von Schülern wahrgenommen und erlebt wird und welche Sichtweisen und Erfahrungen sie für relevant halten. Um Auf-schluss über die subjektiven Theorien gewinnen zu können, dient das fokussierte Interview als qualitatives Verfahren. Es bezeichnet eine moderierte und fokus-sierte Diskussion einer Gruppe von Personen, die ihre Meinungen, Wahrneh-mungen und Ideen austauschen. Die daraus resultierenden gruppendynamischen Prozesse führen zur intensiven Auseinandersetzung der Teilnehmer mit dem Diskussionsthema.

Als quantitatives Verfahren werden zwei Fragebogen verwendet, die vor dem Interview ausgefüllt werden. Der erste Fragebogen ist zur Lernerbiographie der Probanden. Er verfolgt das Ziel, möglichst viele biographische Faktoren zu sammeln, die den Lernprozess von Fremdsprachen beeinflussen könnten. Im zweiten Fragebogen zur Schreibproduktion werden die Phasen des Schreibpro-zesses angesprochen. Hierbei sollen die Probanden diese Phasen nach persönli-cher Priorität auf einer Skala von 1 bis 5 gewichten. Dieser zweite Fragebogen hilft bei der Bewusstseinsbildung hinsichtlich wichtiger Phasen des Schreibpro-

2 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit benutze ich hier für Lernerinnen und Lerner, Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, etc. die maskuline Form.

I. Einleitung

4

zesses. Zur Datenauswertung wird das strukturierende inhaltsanalytische Ver-fahren nach Mayring (2008) eingesetzt.

4. Gliederung und Arbeitsschwerpunkte

Nachdem die Problemstellung sowie die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit vorgestellt werden, beginnt das zweite Kapitel dieser Arbeit mit einem theoreti-schen Teil, in dem die für die Dissertation grundlegenden Aspekte und Begriffe – wie z. B. Lehrbuch, Lehrwerk, Lehrwerkforschung, Lehrwerkkritik – unter Berücksichtigung der relevanten wissenschaftlichen Publikationen und Untersu-chungen herausgearbeitet werden. Es ist erwähnenswert, dass Kapitel 2 sich den theoretischen Grundlagen der Arbeit widmet, und zwar den Erkenntnissen aus der Lehrwerkforschung. Regionale Lehrwerke Deutsch als Fremdsprache sowie Regionalisierung und Curriculumentwicklung werden in den Abschnitten 3 und 4 vorgenommen. Lehrwerkgenerationen nach Götze und die Funktion von Lehrwerken im Fremdsprachenunterricht werden in den Abschnitten 5 und 6 vorgestellt, bevor im Abschnitt 7 die verschiedenen Kriterienkataloge zur Ana-lyse von Lehrwerken, wie z. B. das Mannheimer Gutachten, das Gutachten des Sprachverbandes, das Hamburger Gutachten, der Stockholmer Kriterienkatalog, der Kriterienkatalog zur Gestaltung autonomiefördernder Lehrwerke nach Noda-ri, thematisiert und kritisiert werden. Nachdem die verschiedenen Kriterienkata-loge zur Analyse von Lehrwerken präsentiert wurden, soll im Abschnitt 8 des zweiten Kapitels das ägyptische DaF-Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“ analysiert werden. Ferner wird im Abschnitt 9 die Rolle des Lehrwerks als Machtinstrument und ideologisches Instrument geschildert. Abgeschlossen wird das zweite Kapitel mit einer Darlegung der Prinzipien und Kriterien, welche die Konstruktion von Lehrwerken beeinflussen können.

Im dritten Kapitel dieser Arbeit wird die geschichtliche Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten behandelt. Abschnitt eins beinhaltet die gesell-schaftspolitische Situation und der Stellenwert der deutschen Sprache in Ägyp-ten. Im Anschluss daran wird im Abschnitt zwei die Organisation des Deutsch-unterrichts in Ägypten vorgestellt. Dabei werden die Bildungs- und Sprachensi-tuation sowie die Sprachenpolitik in Ägypten in den Abschnitten 2.1 und 2.2 skizziert. Im Abschnitt 2.3 steht die Bedeutung von Fremdsprachen in Ägypten im Vordergrund. Der Abschnitt 2.4 setzt sich mit dem Deutschangebot an staat-lichen Schulen auseinander. Es handelt sich insbesondere um die Analyse des schulischen Deutschunterrichts und dessen Probleme. In einem weiteren Unter-punkt dieses Abschnitts werden die Besonderheiten des arabischen Wortarten-systems angeführt. Im Abschnitt 2.5 wird einen Überblick über die deutschen Auslandsschulen in Ägypten gegeben. Mit einer Darstellung des Deutschange-bots sowohl im Hochschulbereich als auch im außerschulischen Bereich wird das dritte Kapitel abgeschlossen.

I. Einleitung

5

In Kapitel 4 werden auf der Grundlage der zuvor behandelten Fragestellungen einige Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprachen an ägyptischen Oberschulen skizziert. Hier sind insgesamt vier Perspektiven zu beleuchten. Zunächst liegt das Augenmerk auf Aspekten der Schreibförderung im ägyptischen DaF-Unterricht. Anschließend werden zentrale Rahmenbedingungen und wichtige didaktische Konzepte zu den landeskundli-chen Inhalten im Fremdsprachenunterricht diskutiert. Darauf folgt die Darstel-lung der Förderungsmöglichkeiten der Lernerautonomie in Ägypten. Im Zent-rum dieser Ausführungen steht die Rolle des Lehrwerks als Instrument zur Au-tonomisierung der Lernenden im DaF-Unterricht. Viertens wird auf Basis auto-nomen Spracherwerbs auf die Selbsteinschätzung (self-assessment) eingegan-gen.

Kapitel 5 widmet sich den empirischen Untersuchungen. Am Ausgangspunkt der empirischen Studie steht die Frage: Welche individuellen Vorstellungen und Besonderheiten von Schreibproduktion in der Fremdsprache haben die Lernen-den und wie gehen sie mit den Schreibschwierigkeiten um?

Um die subjektive Sicht der Lernenden darüber zu untersuchen, habe ich mich für das Konzept der Subjektiven Theorien entschieden. Dieser Ansatz wurde ab den 90er Jahren nach der Psychologie und Pädagogik auch in der Sprachlehrfor-schung zum Einsatz gebracht. Bei de Florio-Hansen (1998: 4) ist die Rede von einer „subjektiven Wende“ in der Erforschung des Lehrens und Lernens fremder Sprachen. Im Mittelpunkt des Interesses zahlreicher Untersuchungen stehen zu dieser Zeit die Kognition und Innensichten der Fremdsprachenlehrer und -lerner.

Die empirische Grundlage dieses Kapitels bilden fokussierte Interviews, die mit zwei Gruppen (je 5 Versuchspersonen) von ägyptischen DaF-Lernenden durch-geführt werden. Als zweites Instrument zur Datenerhebung dienen zwei Befra-gungen. Die erste Befragung befasst sich mit ihrer Sprachlernbiographie und die zweite mit deren Vorstellungen und Annahmen über die erfolgreiche Gestaltung von Prozessen zur Produktion eines Textes.

Zum theoretischen Bezugsrahmen der empirischen Untersuchung wurde das Modell der qualitativen Inhaltsanalyse von Mayring (2008) gewählt. Außerdem werden in diesem Kapitel die Erhebungsinstrumente, deren Durchführung und Analyseverfahren ausführlich dargestellt.

Im letzten Kapitel der Arbeit werden die Konsequenzen der Untersuchung für die Praxis und die Entwicklungsperspektiven für den Deutschunterricht in Ägypten dargestellt. Dieser Teil verfolgt das Ziel, „die zentralen Ergebnisse der eigenen Untersuchung in den Rahmen pädagogischer Praxis zu stellen. Hierbei sollen verschiedene Konsequenzen, die sich aus den Ergebnissen schlüssig erge-ben, für die pädagogische Arbeit aufgezeigt und ausführlich diskutiert werden“

I. Einleitung

6

(König/ Bentler 1997: 94f.). In diesem Teil werden Vorschläge zur Entwicklung des Deutschunterrichts gemacht. Im Rahmen dieser Entwicklung sollen vor al-lem neue zeitgemäße und regionalgerichtete Curricula und damit auch Lehrwer-ke für den Deutschunterricht entwickelt werden. Eine solche Entwicklung ist aber ohne vorherige Diagnose nicht denkbar. Die Diagnose erfolgt nur durch empirische Instrumentarien, die adäquate Bildungssysteme durch das Optimie-ren der Unterrichtseffektivität erzielen.

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

7

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

1. Begriffsbestimmung: Lehrbuch und Lehrwerk

In den letzten Jahren ist der Vermittlungskomponente „Lehrwerk“ größere Auf-merksamkeit gewidmet worden, weil in der Praxis des Fremdsprachenunter-richts das Lehrwerk eine ausschlaggebende Rolle spielt. Das impliziert auch Piephos Urteil, das Lehrwerk wäre die „dominante Variable“ des Fremdspra-chenunterrichts (Piepho 1976: 46). Es ist das relevanteste Lehr- und Lernmittel, das dabei hilft, das unterrichtlich gestützte Fremdsprachenlernen zu organisie-ren. Bausch (1999) stellt richtig fest:

„Lehr- und Lernmaterialien übernehmen im realen Alltagsgeschäft des schulischen Fremdsprachenunterrichts die Funktion eines Lehr- und Lernschrittmachers; d.h. sie steuern und beeinflussen im übergeordnetem Sinne den gesamten Unterrichtsprozess“ (Bausch 1999: 17).

Lehrwerke sollen helfen, den Lernenden zum entdeckenden Umgang mit der Fremdsprache herauszufordern. Dabei ist wesentlich, dass der Gegenstand Spra-che Mittel bleiben muss und nicht Selbstzweck werden darf. Somit gilt das Lehrwerk als zentrale Lenkungsinstanz des derzeitigen Fremdsprachenunter-richts. Dementsprechend ist die Rolle des Lehrwerks im Unterrichtsprozess sehr wichtig. In der Fachdiskussion unterscheidet man zwischen Lehrbuch und Lehrwerk.

Das Lehrbuch gilt als ein in sich abgeschlossenes Druckwerk, dem eine be-stimmte didaktische und methodische Konzeption zugrunde liegt. Im Lehrbuch sind zudem auch die benötigten Hilfsmittel (Texte, Übungen, Grammatikdarstel-lungen, Vokabular etc.) zwischen zwei Buchdeckeln vorhanden (vgl. Neuner 1989: 240). Da im Fremdsprachenunterricht nicht nur mit schriftlichen Texten gearbeitet wird, sondern auch mit Tonkassetten, Übungs- und Arbeitsbüchern, wird der Begriff „Lehrbuch“ als unzureichend betrachtet und stattdessen der Be-griff „Lehrwerk“ bevorzugt.

Für Lehrkräfte und Lerner sind Lehrwerke wichtige Arbeitsmaterialien. Nach Neuner (2003: 399) umfasst das Lehrwerk mehrere Teile, die unterschiedliche didaktische Funktion haben, wie Schülerbuch, Arbeitsheft, Glossar, Grammati-sches Beiheft, Zusatzlesetexte, auditive Medien (z. B. Tonband bzw. Kassette), visuelle Medien (z. B. Wandbilder, Bildkarten, Diaserien, Filme, Videobänder, CD-ROM, CDs etc.), dessen Einsatzplan in Lehrerhandreichungen beschrieben wird. Die Lehrerhandbücher sind oft kleinschrittig und detailliert in ihren me-thodischen Vorschlägen. Dies kann einerseits Interessen und Bedürfnissen der Lerngruppe entsprechen und somit eine reiche Anzahl realistischer Kommunika-tionssituationen herstellen. Andererseits kann es eine Gefahr bergen, Lehrwerke routinemäßig und dadurch einen für viele Lerner nicht unbedingt motivations-

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

8

fördernden Unterricht zu gestalten: erst der Text, dann die Vokabeln, gefolgt von den grammatischen Übungen, bei jeder Lektion Frontalunterricht und in re-gelmäßigen Abständen Partner- oder Gruppenarbeit. (vgl. Neuner 1989: 240/ Schmidt 1994: 397ff.).

Lehrwerke werden auf der Grundlage von Lehrplänen konzipiert, entwickelt und verändert. Die Entscheidung, dieses oder jenes Lehrwerk dem ägyptischen Un-terricht zugrunde zu legen, trifft in der Regel das Ministerium für Erziehung und Bildung. Wenn ein Lehrwerk ein positives Genehmigungsverfahren erhält, kann es in den Schulen eingesetzt werden.

Die Lehrwerke, genauso wie die Lehrpläne, sind „Kinder ihrer Zeit“ (Neuner 1994: 14), da sie das Ergebnis der gesellschaftlich-politischen, pädagogischen und fachlichen Diskussion der entsprechenden Periode darstellen. Hier handelt es sich um den Wandel des Bedingungsgefüges bzw. der Einflussfaktoren, die einen Effekt auf institutionelle und materielle Bedingungen des Unterrichts ha-ben, wie beispielsweise gesellschaftliche und kulturelle, institutionelle, fachdi-daktische (Lernzielbestimmung, Lernstoffauswahl) und fachmethodische Fakto-ren (Unterrichtsgliederung, Unterrichtsformen, Unterrichtsmedien, Unterrichts-organisation). Daneben wird das zu vermittelnde Bild des Zielsprachenlandes von dem Verhältnis zu diesem Land bestimmt. Sobald sich die Verhältnisse zwi-schen den Ländern ändern, entsteht die Notwendigkeit der Überarbeitung und Neukonzipierung der Lehrwerke. Ein markantes Beispiel dafür ist die Situation in den ehemaligen sozialistischen Ländern (Tschechische und Slowakische Re-publik, Polen, Ungarn, Bulgarien und in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion). Nach dem Ende des Kalten Krieges und der deutschen Wiedervereinigung ver-änderten sich die Verhältnisse zwischen Deutschland und diesen Staaten gänz-lich. Die Bundesrepublik Deutschland war nicht mehr der ideologische Feind, sondern ein befreundetes Land. Dementsprechend galt es, ein positives Bild die-ses Landes im Fremdsprachenunterricht zu vermitteln. Die alten, ideologisch geprägten Lehrwerke, die von der Existenz eines brüderlichen sozialistischen und eines feindlichen kapitalistischen deutschen Staates berichteten, wurden un-aktuell. In diesem Zusammenhang stellte Neuner 1994 die Forderung nach einer

„Umorientierung in der Fremdsprachenpolitik – wie auch die Formulierung neuer übergreifender pädagogischer Leitlinien – [, die dazu führt], dass in diesen Ländern neue Lehrpläne für den Fremdsprachenunterricht verfasst werden müssen (Ziele/ In-halte; Methoden; Sprachenfolge etc.), dass neue Lehrwerke erstellt werden und dass neue Perspektiven der Aus- und Weiterbildung der Lehrer entwickelt werden“ (Neuner 1994: 11)

Da aber solch ein umfassender Wandel ein ziemlich komplizierter Prozess ist, ist diese Forderung zurzeit immer noch aktuell. Es ist in diesem Bereich noch viel Arbeit zu leisten.

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Die Lehrwerke spiegeln ebenfalls den Entwicklungsstand der Didaktik und Me-thodik des Fremdsprachenunterrichts wider, was mit Heuers verfrühtem Postulat harmoniert:

„Gefordert wird die Kongruenz der Lehrwerke mit den methodischen Vorstellungen der Zeit“ (Heuer 1969: 367).

Normalerweise versuchen die Lehrwerkautoren die neusten Entwicklungen und Ideen im Bereich der Fachwissenschaften in ihren Lehrwerken umzusetzen, um ein besseres Resultat beim Lehr- und Lernprozess zu erreichen und dem An-spruch der Modernität zu entsprechen. Wie die Lehrer mit dem jeweiligen Lehrwerk umgehen und inwieweit sie diesem Lehrwerk zugrunde liegende me-thodisch-didaktische und pädagogische Leitideen realisieren, bleibt allerdings oft unkontrollierbar.

Ein weiterer für die allgemeine Charakterisierung der Lehrwerke wichtiger As-pekt ist deren kommerzieller Charakter. Lehrwerke sind eine Ware und unterlie-gen den marktwirtschaftlichen Gesetzen.

„Die Lehrwerke entstehen immer als Kompromiss, der die vielfältigen Bedingungen des Unterrichts – personeller (Lehrer/ Schüler), institutioneller (Lehrpläne/ Schulfor-men) und didaktisch-methodischer Art – mit Herstellungsbedingungen (Autoren/ Ver-lage/ Markt) unter einen Hut zu bringen sucht“ (Neuner 1979: 23).

Ausgehend davon, dass das Lehrwerk eine zentrale Rolle im Lehr- und Lernpro-zess spielt, erfüllt es viele Aufgaben, nämlich zu bestimmen, was im Fremdspra-chenunterricht geschieht:

• Beim Einsatz des Lehrplans bestimmt es die Ziele des Unterrichts.

• Es gibt den Ausschlag in Bezug auf die Auswahl, Gewichtung und Pro-gression des Lernstoffs (Inhalte, Fertigkeiten etc.)

• Es legt die Unterrichtsverfahren, die Unterrichtsgliederung bzw. Phasen-einteilung (Einführung/ Übung/ Anwendung und Transfer), die Arbeits-formen des Unterrichts (Frontalunterricht/Partner- und Gruppenarbeit) und das Verhalten von Lehrern und Schülern fest.

• Es bestimmt die Reihenfolge der anderen Unterrichtsmedien (wie Kasset-ten; Tafeln; Folien; Glossare; Arbeitsbüchern etc.).

• Es weist darauf hin, welche Lehrziele kontrolliert werden sollen und wel-che Testverfahren einsatzbereit sind (vgl. Neuner 1994: 8).

Das Lehrwerk reflektiert die Elemente einer fachdidaktischen und methodischen Konzeption zusammenfassend wie folgt (siehe Abb.1).

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Abb. 1: (Neuner 1994: 8)

Wenn das Unterrichtsgeschehen interpretiert wird, dann wird plausibel, dass das Lehrwerk zwischen dem Lehrplan (fachdidaktischen und fachmethodische Kon-zeption), der Lehrsituation (institutionelle Bedingungen/ Lehrer) und den Ler-nenden bzw. der Lerngruppe vermittelt, wie Abb. 2 veranschaulicht:

Abb. 2: (Neuner 1994: 9)

Daraus ergibt sich, dass diesem wichtigen Stellenwert des Lehrwerks im Unter-richt eine ebenso dauernde und umfangreiche Tätigkeit seitens der fachdidakti-schen Forschung zukommen müsste. Obwohl in Deutschland Lehrwerkfor-schung einen wichtigen Platz in Fachdidaktik und Sprachlehrforschung ein-nimmt, kommt die Lehrwerkforschung aber tatsächlich erst noch in Gang. Eine ausbreitende Methode der Lehrwerkforschung, eine ausführliche Theorie des Lehrwerks steht bisher noch nicht zur Verfügung. Zwei Belege unter vielen: Neuner zitiert in seinem Lehrwerkartikel im „Handbuch Fremdsprachenunter-richt“ (Neuner 2003: 399f.) ganz überwiegend Fachliteratur der 70er Jahre, we-nig aus den 80er und 90er Jahren. E. Leopold stellt in der „praktischen Handrei-chung für Fremdsprachenlehrer“ (Leopold 1998: 132) fest,

„dass Lehrwerkforschung und Lehrwerkkritik nicht im Mittelpunkt der fachdidakti-schen Erörterungen der 90er Jahre stehen“ (Leopold 1998: 132).

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Aber wovon hängt es ab, dass Lehrwerkforschung und -kritik nicht im Zentrum der Forschung stehen?

2. Faktoren, die die Gestaltung und Erforschung von Lehrwerken beein-flussen

Um auf diese Frage einzugehen, wird sich diese Arbeit mit den Faktoren, welche die Lehrwerkgestaltung beeinflussen, intensiv beschäftigen. Dabei sind fach-übergreifende und fachspezifische Faktoren zu differenzieren.

2.1 Fachübergreifende Faktoren

Die Erfordernisse einer Lehrwerkforschung wurden erst in den letzten Jahrzehn-ten klar und insbesondere in dem Fach Deutsch als Fremdsprache wurde eine nennenswerte Diskussion über Lehrwerke geführt, die verschiedene Ansätze mit einer Vielzahl von Rückmeldungen aus der Praxis verbindet. Dies bezieht sich sicher auf die übergreifenden gesellschaftlichen und institutionellen Bedingun-gen, die auf die Theorie und Praxis des Fremdsprachenunterrichts eingewirkt haben. Diese Hypothese lässt sich zutreffend am Beispiel der Entwicklung des Fremdsprachenunterrichts in der Bundesrepublik Deutschland bestätigen.

In den 50er Jahren mangelt es in der Fachdiskussion etwa an Beiträgen zur Lehrwerkanalyse. Das liegt darin begründet, dass die modernen Fremdsprachen (Englisch, dazu auch Französisch) nur in der höheren Schule (Oberrealschule, Gymnasium, Realgymnasium etc.) unterrichtet wurden, die 5 bis 10% eines Schülerjahrganges besuchten. Den Volksschülern, welche die größte Schüler-gruppe repräsentieren, wurde kein Fremdsprachenunterricht erteilt. Fremdspra-chenunterricht war ein Vorrecht höherer Bildung, das einer sehr kleinen elitären Gruppe von Schülern nützte (vgl. Neuner 1979: 5f.).

In den vorherrschenden Fremdsprachenfächern erhielt bis in die 60er Jahre ein Lehrwerk eine dominante Rolle (Englisch: „Learning Englisch“; Französisch: „Etudes Françaises“, beide erschienen im Klett Verlag, Stuttgart). Dies erweist sich auch als zutreffend für Deutsch als Fremdsprache: Das 1955 herausgebrach-te Lehrbuch „Deutsche Sprachlehre für Ausländer“ von Schulz/ Griesbach (Hueber-Verlag, München) behauptete sich bald als leitendes Lehrbuch.

In der ersten Hälfte der 60er Jahre wurde der Anspruch nach der Konstituierung von Lehrwerkanalyse und -kritik in der Fachdiskussion stark erhoben. Das ergab sich aus der Reform in Bildungs- und Schulpolitik (wie z. B. Öffnung und Aus-dehnung des Gymnasiums, Weiterentwicklung der Volksschule zur Hauptschu-le, in der seit der Mitte 60er Jahre Englisch als Pflichtfach unterrichtet wurde; Erweiterung des Fremdsprachenangebots im Bereich der Erwachsenenbildung und im Bereich beruflicher Bildung). Die unerwartet starke Ausweitung des

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Fremdsprachenangebots brachte auch eine große Ausweitung des Angebots an Lehrwerken mit sich.

Ende der 60er Jahre formte sich zum ersten Mal ein Arbeitskreis von Fremd-sprachendidaktikern unter dem Namen „Lehrwerkforschung und Lehrwerkkri-tik“, der einen Arbeitsplan zur Lehrwerkanalyse entwarf. Damit begann eine systematische Erforschung des neuen Arbeitsfeldes (vgl. ebd.: 5ff.).

Der Arbeitskreis verfolgte zwei wichtige Ziele:

• Dem Lehrenden sollen Hilfen für die Beurteilung eines Lehrwerkes ge-nannt werden;

• Die Faktoren, welche die Lehrwerkerstellung beeinflussen, sollen unter-sucht werden (Didaktik, Lehrplan, Lehrerschaft, Schulorganisation, Ver-lagswesen, Autoren) (vgl. Heuer/ Müller 1973: 9ff.).

Der Arbeitskreis machte auf einige Schwierigkeiten aufmerksam, die bei der Analyse und Beurteilung von Lehrwerken auftreten:

„Die Grundlagen der Lehrwerkkritik sind freilich nicht von einem einfachen For-schungsansatz her zu ermitteln. Lehrwerke sind der Umschlagplatz von curricularen Ideen für das weite Feld schulischer Vielfalt. Sie stellen Kompromisse dar zwischen fortschreitender Theorie und beharrender Praxis“ (ebd.: 7).

In den von Heuer und Müller (1973) eingereichten Arbeiten werden zuerst ein-zelne Aspekte der Lehrwerke diskutiert: Situation, Aussprache und Grammatik. Mit dem Konzept der „Kontextualisierbarkeitsprobe“ haben sie einen Ansatz entwickelt, der von der Lehrwerkkritik im Fach Deutsch als Fremdsprache wei-ter verfolgt wurde u. z. die Frage nach der Sprache im Lehrbuch: inwieweit sie einen Situationsbezug hat oder „authentisch“ ist.

Seit den 70er Jahren hat sich die Lehrwerkanalyse als ein fester Bestandteil fremdsprachendidaktischer Forschung etabliert. Die seit 1975 plötzlich ange-stiegene Zahl der Beiträge in Fachzeitschriften beweist das wachsende Interesse der Fachdidaktiker insbesondere an Fragen der wissenschaftlichen Grundlegung der Lehrwerkkonzeptionen.

2.2 Fachspezifische Faktoren

Nicht nur gesellschaftlich-politische bzw. institutionelle Veränderungen wirken an der Neuorientierung der Konzeptionen von Fremdsprachenlehrwerken mit. Der Impuls zur Formulierung neuer Konzeptionen der Didaktik und Methodik des Fremdsprachenunterrichts kann auch den Neuansätzen im Bereich der Fachwissenschaften (wie Sprach-, Literaturwissenschaft, Landeskunde) und der Lerntheorie zugrunde gelegt werden (vgl. Neuner/ Hunfeld 1993). Solche Neu-

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ansätze kann man etwa in der Ersetzung der Grammatik-Übersetzungsmethode durch die audiolinguale/ audiovisuelle Methode in den 60er Jahren und an der Entwicklung des „kommunikativen Ansatzes“ seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre entdecken. Sie sind durch die Formulierung neuer Lernziele und Unter-richtsprinzipien charakterisiert. Aus diesen Neuansätzen zur Didaktik und Me-thodik des Fremdsprachenunterrichts kam immer auch der Impuls zur Entwick-lung neuer Lehrwerke zustande. Anders formuliert: Die Entwicklung von Lehr-werken folgt der Entwicklung der Sprachmethodik und -didaktik, die wiederum von den jeweils dominierenden linguistischen und psychologischen Theorien geprägt sind.

Nach einer Erläuterung der Faktoren, die Einfluss auf Gestaltung und Forschung von Lehrwerken haben, kann die folgende graphische Darstellung die gegensei-tige Wirkung und enge Vernetzung dieser Faktoren deutlich machen, so dass das fremdsprachliche Lehrwerk sich als Mittelpunkt in einem Gefüge seiner Ein-flussfaktoren wiederfindet.

Abb. 3: (Neuner 1994: 13)

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3. Regionale Lehrwerke Deutsch als Fremdsprache

Es ist erforderlich, den DaF-Unterricht an den Lernbedingungen, den Bildungs-zielen und -inhalten, den Methoden, den Lernerfahrungen und den Lernerwar-tungen der jeweiligen Region zu orientieren. Davon ausgehend setze ich mir in diesem Kapitel das Ziel, auf regionale lernerorientierte Lehrwerke, deren Ent-wicklungsgeschichte und Schritte zu ihrer Entwicklung hinzuweisen und dabei einen Beitrag zur Erklärung des Entwicklungshintergrundes des in Ägypten ein-gesetzten regionalen Lehrwerks für das Fach Deutsch als Fremdsprache "Kairo-Frankfurt…und zurück" zu leisten.

In den Erziehungswissenschaften geht es Ende der 60er Jahre um die häufig ge-stellte Frage: Inwieweit ist es von Bedeutung, die westlichen Bildungsziele und -konzepte in anderen Regionen bzw. Ländern der Dritten Welt zu verwenden? In diesen Kolonialländern sind die einheimischen Lehr- und Lerntraditionen zu-rückgedrängt. Hinzu kommt in der Fremdsprachendidaktik die kommunikative Wende, die einen Transfer solcher Überlegungen auf den Fremdsprachenunter-richt Deutsch in den Ländern der Dritten Welt befürwortet. Durch den Gedan-kengang von Osterloh hat sich die Diskussion über die Regionalisierung von Lehrmethoden und Materialien im Fremdsprachenunterricht in den 80er und 90er Jahren erweitert.

Osterloh (1978) trat dafür ein, dass Sprachunterricht sich „an der Umwelt und den praktischen Erfahrungen des Schülers“ orientieren und die Fremdsprache „ein Instrument zur sprachlichen Bewältigung der eignen Situation und Fortbil-dung der eignen Identität“ werden muss (Osterloh 1978: 191f.).

Aufgrund eines steigenden Selbstbewusstseins der Germanisten im Ausland plä-dierten afrikanische und asiatische Vertreter des Faches Deutsch als Fremdspra-che für die Erstellung selbständiger Curricula, die gemäß den Zielen und Tradi-tionen des nationalen Bildungssystems festgelegt worden sind. Krumm (1987) bestätigte diese Meinung, indem er darauf aufmerksam machte, dass Lehrkräfte in der Dritten Welt mit deutschen Lehrmaterialien auf große Anpassungsprob-leme stoßen, da die Kultur in großem Maße dem Unterrichtsverhalten und der Unterrichtssprache eine Prägung verleiht. Wenn man diese kulturellen Prägun-gen in Betracht zieht, hat dies Lernbarrieren und Missverständnisse zur Folge.

„In Umkehrung der bisherigen Blickrichtung sollten diese Anstrengungen nicht länger als ‘unvollkommene Anwendung’ und ‘defizitäres Verständnis’ überlegener westli-cher Leistungen interpretiert, sondern als eigenständige Anpassungsleistung gewürdigt werden“ (Krumm 1987: 278).

Das Goethe-Institut hat hier eine große Rolle bei der Regionalisierung von Lehrwerken übernommen. Durch die weit verbreiteten kommunikativen und in-

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terkulturellen Ansätze war es stark beeinflusst und hielt es für notwendig, bei der Lehrwerkentwicklung auf kulturspezifische Themen und Lerntraditionen einzugehen. Vor diesem Hintergrund konstituierte das Goethe-Institut den Ar-beitsbereich „Regionale Lehrwerke“. Aus diesem ergeben sich in den 80er Jah-ren Lehrwerke, die durch eine Bildungszusammenarbeit mit Ländern der Dritten Welt in Deutschland erschienen (vgl. Gerighausen/ Seel 1983).

Darüber hinaus muss die Arroganz und der Eifer, mit dem mancher entsandte Lehrer die deutsche Sprache im Ausland verbreitet, kritisiert oder abgelehnt werden. Durch die Entwicklung regionsspezifischer und lernerorientierter Lehr-werke müssen die Bedürfnisse und Lernziele der Lerner nicht nur berücksichtigt werden, sondern auch als Ausgangspunkt aller didaktisch-methodischen Überle-gungen betrachtet werden. In diesem Rahmen sind die Lernziele der Lerner in der Region zu untersuchen. Es ist unlogisch, in einem Grundstufenlehrwerk Deutsch als Fremdsprache eine Vielzahl der relevanten deutschen Sprachakte zu präsentieren und zu üben, wenn die meisten Lerner nie oder nur selten in die Lage kommen, mit deutschen Muttersprachlern zu kommunizieren. Dagegen müssen spezifische Lernziele wie Lesekompetenz, Fachsprachen, Wirtschafts-deutsch usw. je nach Bedarf im Lehrwerk realisiert werden.

Zwar war Regionalisierung zunächst mit Konzepten wie Adaptierung an die Dritte Welt, Diskriminierung und Übertragung eurozentrischer Konzeptionen verbunden, aber die interkulturelle Orientierung des Faches Deutsch als Fremd-sprache ist nicht mit kultureller Dominanz gleichzusetzen, da Interkulturalität Partnerschaftlichkeit in Lehr-Lern-Situation erfordert.

Laut Breitung/ Lattaro (2001) handelt es sich bei regionalen Lehrwerken um

„solche, die auf der Basis überregionaler, im deutschsprachigen Raum entwickelter Lehrwerke den speziellen Bedürfnissen und den besonderen Lerntraditionen eines Landes, einer Region angepasst wurden und nunmehr Rechnung tragen“ (Breitung/ Lattaro 2001: 1043).

In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass die regionalen Lehrwer-ke adressatenspezifisch und partnerschaftlich erarbeitet sein sollen. Sie ergeben sich aus einer kritischen Einstellung gegenüber dem Export von Lehrwerken im deutschsprachigen Raum. Dieselbe Auffassung vertraten auch Gerighausen und Seel (1982b) und erläuterten sie wie folgt:

„Ausgangsposition wie auch globale Zielvorstellung für regionale Lehrwerke ist es, Bildungsziele und -inhalte, Methoden und Lehr-/ Lernformen nicht mehr zu exportie-ren und anderen Völkern aufzudrängen, sondern auch im Sprachunterricht auf die spe-zifischen Bedürfnisse und Erfahrungen in der Region Bezug zu nehmen“ (Gerighau-sen/ Seel 1982b: 23).

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Es gibt einige Faktoren, welche die Verwendung von, in der Bundesrepublik er-stellten, universalistischen, für den Gebrauch in der ganzen Welt vorgesehenen und demnach unspezifizierten Lehr- und Lernmaterialien im Unterricht Deutsch als Fremdsprache verhindern und statt dessen die Erarbeitung regionenspezifi-scher Lehr- und Lernmaterialien erfordern:

• Global, adressatenunspezifisch konzipierte Lehrwerke berücksichtigen die regionalen länderbezogenen Unterrichtsbedingungen, Unterrichtszie-le, -inhalte und -methoden nicht.

• Universalistische Lehrwerke ziehen weder die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen der Lerner noch die Lerntraditionen im Einsatzland in Erwägung.

• Die didaktischen Konzepte und Lehrwerke, die für Lerner im deutschen Sprachraum entwickelt wurden, eignen sich nicht für viele Regionen der Welt, weil sie westliche Traditionen, Wertvorstellungen darbieten.

• Die kontrastive Perspektive d.h. Transfer und Interferenzen von Ziel- und Ausgangssprache im morphologischen, syntaktischen und semanti-schen Bereich und die kulturellen Unterschiede werden bei universalisti-schen Lehrwerken nicht im Auge behalten. Deshalb muss ein regionales Lehrwerk den aus dem Kontrast von Ausgangs- und Zielsprache ent-standenen Problemen Rechnung tragen und für den Spracherwerbspro-zess nutzbar machen. Wo immer es möglich ist, soll der Lehrer diesen Prozess mit Sprachvergleichen begleiten, also durch Bewusstmachung fördern.

• Die Frage, ob Lehrkräfte aufgrund ihrer unterschiedlichen Lerntraditio-nen mit globalen, durch heterogene didaktische Erfahrungen geprägten Lehrwerken arbeiten können, wird nicht berücksichtigt.

Laut Götze (1982: 6f.) muss der Konzipierung regionaler Lehrwerke eine Di-daktik des Faches Deutsch als Fremdsprache für die Region zugrunde liegen. Entscheidende Aspekte dafür sind:

• Soziokulturelle Bedingungen des Unterrichts (Normen, ethische Werte, religiöse Traditionen, politisches System, Stellung des Individuums und der Familie, gesellschaftliche Zielvorstellungen, europäische Einflüsse);

• Erfahrungen, Lernmotivationen, Herkunft und Bildungsstand der Lerner (soziale Herkunft, Ausbildung in der Muttersprache, Transportprobleme (Schulweg), Motivation der Lerner, Deutsch zu lernen);

• Methodik und Didaktik des mutter- und fremdsprachlichen Unterrichts im Einsatzland (welche Methode dominiert, Testformen und Bewer-tungs-maßstäbe, geschlossene oder offene Curricula, Ausbildungsstand der Lehrer);

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• Sprachvergleich zwischen Ausgangs- und Zielsprache (auf der phonolo-gischen, morpho-syntaktischen und semantisch-pragmatischen Ebene);

• Lehr- und Lernziele des Deutschunterrichts in der Region (welche Lern-ziele stehen im Mittelpunkt, welche sind nebensächlich);

• Stoffauswahl und Stoffaufbereitung (Themen, Textsorten, Übungstypo-logien);

• Funktion und Inhalt der Landeskunde (eventuell Korrektur des in der Region falsch vorherrschenden Deutschlandbildes);

• Art und Funktion technischer Unterrichtsmittel (unter dem Aspekt der Lerntraditionen und der technischen Bedingungen im Einsatzland).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erstellung regionenspezifischen Unterrichtsmaterials unter Berücksichtigung folgender Aspekte erfolgt:

• Lehr- und Lernbedingungen und -traditionen im Lande; • Methodik des Muttersprachenunterrichts; • Sozialstrukturen in der Region; • Interferenzen im morpho-syntaktischen und semantischen Bereich mit

Beachtung einer vorhandenen lingua franca; • Lernpsychologische Prozesse beim Fremdsprachenerwerb.

Dabei ist die Frage nach dem Lernen einer Fremdsprache von ganz entscheiden-der Bedeutung, weil regionales Unterrichtsmaterial für Lerner und nicht für Leh-rer eingesetzt werden muss.

3.1 Kriterien, denen ein regionales Lehrwerk genügen soll

Nach einem Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Regionalisie-rungsidee von Lehrwerken als Alternative zum Methoden- und Materialtransfer komme ich zu den Kriterien, die ein regionales Lehrwerk erfüllen soll.

Ein regionales Fremdsprachenlehrwerk soll durch seine äußere Attraktivität und Aufmachung gekennzeichnet sein. Diese übernimmt auch didaktische Funktio-nen: Die Lerner arbeiten lieber mit anziehenden und anregenden Unterrichtsma-terialien; eine anschauliche und bunte Gestaltung ist leserfreundlich; wenn der Lerner sich angesprochen fühlt, ist er aktiv und motiviert. Diese äußere Farbig-keit drückt auch innere Lebendigkeit aus, die sich in den Themen und Inhalten befindet: d. h. die Themen sind nicht vorgegeben, sondern das Material soll so verarbeitet sein, dass die Lerner Inhalte herausfinden und mit ihnen kritisch um-gehen, beginnend mit neuen Wörtern, über Grammatikregeln bis hin zu Textin-halten. Dies funktioniert sehr erfolgreich, wenn die Lerner auf eine spielerische Art und Weise an die Sprache herangehen. Mit anderen Worten: die Lerner ris-kieren auszuprobieren, Fragen zu stellen und über ihren eigenen Lernprozess zu

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reflektieren. Außerdem sollen Lerner mit Formen und Normen der Zielspra-chenkultur vertraut gemacht werden, damit sie sich in der Zielsprachenkultur angemessen verhalten können: Interkulturelles Lernen bezieht ein Kennenlernen anderer Werte und Verhaltensformen ein. Aber ein solches Lernerverhalten be-dingt ein bestimmtes Lehrerverhalten: Der Lehrer muss kreativ und flexibel sein und darf nicht alle Einzelheiten im Unterrichtsgeschehen planen. Deshalb kön-nen in diesem Zusammenhang neue Unterrichtsmethoden sinnvoll sein, da sie eine höhere Lernerkreativität im Unterricht fördern. Neue Methoden und Mate-rialien können in den Unterricht erfolgreich eingeführt werden, wenn die Lehrer frühzeitig durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen dafür gerüstet werden.

3.2 Schritte zur Entwicklung regionaler Lehrwerke

Nach einer Darbietung der Kriterien, die ein regionales Lehrwerk erfüllen soll, möchte ich nun die einzelnen Schritte zur Erstellung regionaler Lehrwerke ver-deutlichen.

Nach Breitung/ Lattaro (2001: 1044) sind sieben Schritte zur Entwicklung regi-onaler Lehrwerke zu unterscheiden:

1. Analyse der Rahmenbedingungen

Der erste Schritt erfordert die Analyse des Bedingungsgefüges des Unterrichts im Einsatzland wie z. B. die Zielgruppenadäquatheit (Lerninteresse, Lernge-wohnheiten, Mentalität, Alter, geographische und soziale Gesichtspunkte, Aus-gangssprachen, Vorkenntnisse, Prüfungsanforderungen, Lehrplanvorschriften), Lernziele des Fremdsprachenunterrichts, Inhalte, Methoden, Sozial- und Ar-beitsformen.

2. Vorüberlegungen

Im zweiten Schritt sollen einige Vorüberlegungen über das Lehrwerk angestellt werden. Diese beziehen sich auf den Umfang des Lehrwerks (d. h. Bandzahl, Anzahl der Lektionen pro Band), Aufbau der Bände, Komponenten des Lehr-werks und deren Gestaltung, Visualisierung, zugrunde liegende didaktisch-methodische Grundsätze, Begleitmaterial (Art und Anzahl und ggf. Laufzeit: CDs usw.), Einsatz der Muttersprache.

3. Themenprogression

Für die Entwicklung regionaler Lehrwerke ist die Bestimmung der Themenpro-gression von großem Nutzen. Hier sollen die Themen an die Lebens- und Erfah-rungsbereiche der Lerner anknüpfen. Dabei handelt es sich um Themen, die den Lerner betreffen und interessieren und um Textsorten, die authentisch sind. Dar-

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über hinaus muss die Themenauswahl didaktisch begründet werden. Bei der Auswahl der Textsorten in einem regionalen Lehrwerk ist von den Prioritäten im Einsatzland auszugehen. Beispielsweise spielt in den sogenannten Entwick-lungsländern das Märchen eine größere Rolle als in Europa und sollte deshalb beachtet werden. Auch die Gewichtung sowie die Abfolge der einzelnen Fertig-keiten (Lesen, Hören, Sprechen, Schreiben) sollte berücksichtigt werden.

Die folgende Abbildung veranschaulicht die Beziehung diese Gesichtspunkte untereinander:

Thema

Textsorten

Fertigkeiten

Wortschatz/ Strukturen

Abb. 4: (Breitung/ Lattaro 2001: 1044)

Die Abbildung zeigt, dass die Wahl eines bestimmten Themas die anderen Ge-sichtspunkte festlegt: beispielsweise bei der Wahl des Themas „Mein Haustier“ soll die Textsorte „Erzählen“ sein. Diese Textsorte bestimmt sowohl die Fertig-keit „Sprechen“ als auch die Strukturen „Präsens/ Perfekt“.

4. Erprobung im Unterricht

Eine Modellektion soll in diesem Schritt im Unterricht an einer oder an mehre-ren Lerngruppen erprobt werden. Die Lerner und Lehrkräfte müssen zu ihren Er-fahrungen mit dem Lehrwerk befragt werden.

5. Festlegung der Progression

Im fünften Schritt soll das Autorenteam zu endgültigen Entscheidungen kom-men bezüglich der Themen, Fertigkeiten, Grammatik, Wortschatz, Übungstypo-logie, Arbeitstechniken, Lernstrategien usw.

6. Erstellung eines Inventars an Aufgaben- und Übungstypen

In einem weiteren Schritt setzt das Autorenteam das Übungs- und Aufgabenan-gebot fest. Die Gestaltung der Aufgabenstellungen soll das kreative Arbeiten fördern und die Möglichkeit anbieten, eigene Erfahrungen und eignes Wissen einzubringen.

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7. Arbeits-/ Zeitpläne

Im letzten Schritt der Erstellung eines regionalen Lehrwerks sollen die Arbeits- und Zeitpläne entworfen werden (z. B. Dauer und durchschnittliche Stundenzahl pro Lektion).

3.3 Zusammensetzung des Autorenteams

Wesentlich bei der Entwicklung regionaler Lehrwerke ist die endgültige Ent-scheidung über das Autorenteam. Es besteht aus zwei Gruppen; die eine umfasst ausländische Autoren, die sowohl über Wissen über ihre eigene Muttersprache und Kultur als auch Lerntraditionen im eigenen Land verfügen; die andere Gruppe enthält deutschsprachige Koautoren, die mit der deutschen Sprache und Kultur vertraut sind, wie z. B.: Linguisten, Didaktiker und Bildungsexperten. Die Mitglieder des Autorenteams tauschen ihre Gedanken und Meinungen dar-über aus, welche Erwartungen mit den deutschsprachigen Ländern verbunden sind und wie sie vom Zielland beurteilt werden. Der Austausch im Autorenteam legt einen weiteren Akzent auf die Auffassung der ausländischen Autoren dazu, wie die Lerntraditionen und die in Curricula und Lehrprogrammen bestimmten kulturellen und sozialen Werte mit den Erwartungen der deutschsprachigen Mit-glieder von Deutschunterricht in Übereinstimmung gebracht werden. Dieser Austauschprozess zielt in erster Linie darauf ab, von den Bedingungen des Leh-rens und Lernens im Lande auszugehen, die Erfahrungen der einheimischen Deutschlehrer, sowie ein wechselseitiges Voneinanderlernen zu initiieren.

Die Mitglieder eines solchen binationalen Teams werden nach bestimmten Kri-terien ausgewählt. Sie sollen sprachlich und fachlich kompetent sein. Daneben werden Erfahrung und Kreativität bei der Materialentwicklung und -erprobung sowie auch Team- und Kompromissfähigkeit erwartet.

Zu beachten bei der Zusammenarbeit des Autorenteams ist, dass die Gruppe einheimischer Autoren nicht solche umfasst, die westlich ausgebildet und orien-tiert sind, der Oberschicht im Lande angehören oder ihr eigenes Land und die Bildungsziele der Lerner durch eine „europäische Brille“ sehen.

Die Beratungen des Autorenteams sollen zur Festlegung einer Reihe von moti-vationsfördernden Kriterien. Diese sollen einigermaßen schüler- und lehrer-freundliche Ergebnisse zur Folge haben, wie beispielsweise:

a) Großflächiges Format DIN A4, auch die im Lehrerhandbuch abgedruckten Testmuster, damit sie als direkte Kopiervorlage verwendet werden können.

b) Zeichnungen eines guten Karikaturisten als Visualisierungshilfe in klarer, übersichtlicher und einfacher Form.

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c) abwechselungsreiche Fotos und Graphiken.

d) großzügiger Umbruch, d. h. Vermeidung von Überbelastung der Seiten durch zu große Materialfülle; Platz im Buch für die Lösung schriftlicher Übungen (vgl. ebd.: 1046).

4. Regionalisierung und Curriculumentwicklung für den DaF-Unterricht

Selbstverständlich setzt die Entwicklung neuer regionaler Unterrichtsmaterialien eine Konzipierung neuer Curricula voraus. Das bedeutet: Parallel zur regionalen Lehrwerkentwicklung müssen Anstrengungen auch auf dem Gebiet der Curricu-lumentwicklung unternommen werden.

In der Fachliteratur für Deutsch als Fremdsprache gibt es nur zwei nennenswerte Rahmencurricula, die in den 90er Jahren die regionale Konzipierung von Curri-cula und Lehrwerken unterstützt haben, nämlich „Die Katwijker Empfehlungen zur Curriculumentwicklung für den Deutschunterricht als Fremdsprache“ und „Die Nürnberger Empfehlungen zum frühen Fremdsprachenlernen“.

Bevor auf diese Empfehlungen eingegangen wird, soll zunächst eine präzise Be-griffserläuterung des Wortes Curriculum und eine Differenzierung vom Begriff Lehrplan gegeben werden, da in der Fachdiskussion viele Bezeichnungen ne-beneinander und zum Teil synonym benutzt werden, wie z. B. Curriculum, Lehrplan.

Das Wort Curriculum hat seinen Ursprung im Lateinischen und bedeutet laut Wahrig 1991 Rennen, Rennbahn. Charakterisierend für die etymologische Wur-zel des Wortes kommen die Bilder des Laufens, der Schnelligkeit und der Ver-änderung vor (vgl. Wahrig 1991: 322). In der didaktischen Fachdiskussion kommt der Begriff Curriculum aus dem Amerikanischen und wurde Anfang der 1970er Jahre als Ersatz für den Begriff Lehrplan übernommen. Vertreter dieser Richtung kritisierten an traditionellen Lehrplänen, die sich nur auf Stoffvertei-lung beschränkten, den fehlenden Zusammenhang zwischen Zielen, Inhalten, Methoden und Medien. Demgegenüber richtet sich das Curriculum eher nach Lehrzielen und nach dem Ablauf des Lehr- oder Lernprozesses zwecks der Ein-wirkung auf Unterricht. Vor diesem Hintergrund werden Lehrpläne als ge-schlossene Curricula bezeichnet. In der Planung von Lehr- und Lernprozessen ergeben sich Lehrpläne, wohingegen Curricula sich auf den gesamten Planungs-prozess von der Legitimation bis zur Evaluation richten. Hinzukommend bezie-hen sich Curricula auf sämtliche Dimensionen von Lernprozessen, auf Lernzie-le, Lerninhalte, Lernverfahren, Lernmittel und institutionelle Lernorganisation, Situationen (Gruppierung von Inhalten und Methoden), Strategien (Planung von Situationen), Evaluation (Messung des Lehr- und Lernerfolgs/ Mißerfolgs mit objektivierten Verfahren).

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Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Curriculum eine spezifi-sche, systematisch und analytisch angelegte Form eines Lehrplans ist, in dem die Lernziele systematisch nach inhaltlichen und hierarchischen Gesichtspunk-ten geordnet sind und in dem darüber hinaus Operationalisierungskriterien for-muliert und Vermittlungshinweise gegeben werden.

Um zu den Empfehlungen zur Curriculumentwicklung für den DaF-Unterricht zurückzukehren, sollen nun an dieser Stelle die „Katwijker Empfehlungen“ dargelegt werden. Vom 30.03. bis 04.04.1992 trafen Experten und Teilnehmer des internationalen Symposiums „Entwicklung von Curricula in Mittel- und Osteuropa“ im niederländischen Katwijk zusammen, um sich mit der Entwick-lung von Curricula für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache auseinanderzu-setzen und zu Übereinstimmungen zu kommen, um letzten Endes gemeinsame Standpunkte festzusetzen. Dieses Symposium wurde vom Niederländischen In-stitut für Lehrplanentwicklung (SLO) in Enschede, dem Goethe-Institut Amesterdam und dem Goethe-Institut München organisiert. Die Ergebnisse ge-meinsamer Überlegungen erfolgten in Form von Empfehlungen für Curricula im Unterricht Deutsch als Fremdsprache Damit sollte dazu beigetragen werden, alle Schwierigkeiten, die einem lernerorientierten, kommunikativen, motivierenden und interkulturellen Unterricht Deutsch als Fremdsprache entgegen stehen, aus dem Weg zu räumen.

Die Katwijker Empfehlungen sehen für Curricula keinen Export von Theorien und Methoden vor, sondern sie stellen die Notwendigkeit in den Vordergrund, dass Curricula die Bedürfnisse eines Landes an Kommunikation und Kooperati-on in den Mittelpunkt stellen.

„Umfang und Art des anzustrebenden Wissens und Könnens in der deutschen Sprache werden dabei unter Berücksichtigung von Lehr- und Lerntraditionen, von geographi-scher und kultureller Nähe oder Entfernung zum deutschsprachigen Raum sowie den aktuellen kommunikativen Bedürfnissen eines Landes bestimmt.“ (Katwijker Empfeh-lungen Abs. 2, entnommen aus Breitung 1993: 184).

Die Curriculumentwicklung wird als demokratischer Prozess betrachtet, an dem die betroffenen Gruppen (wie Lehrende, Lernende, Eltern, Institutionen, Admi-nistration) teilnehmen. Des Weiteren ist dieser Prozess mit klaren Indizien für die Konstruktion eines Curriculums sowie auch für den Aufbau der einzelnen Kapitel ausgestattet. Solche Kapitel befassen sich mit den Zielen, den Grund-prinzipien, den Unterrichts- und Lerninhalten, den Methoden und Mitteln und der Lernerfolgskontrolle. Der letzte Ansatz der Katwijker Empfehlungen kon-zentriert sich auf die Ausarbeitung, Evaluierung und Kontrolle eines Curricu-lums (s. Anhang 1). Hier wird explizit auf die Bedeutung eines Curriculums – nach ministerieller Zulassung – aufmerksam gemacht. In dieser Hinsicht ist das Curriculum nicht nur für die Schulbildung im Allgemeinen wesentlich, sondern

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es dient vor allem auch als Basis für die Entwicklung neuer regionalspezifischer Lehrwerke.

Während die Katwijker Empfehlungen im Nachhinein nur eingeschränkt für aufsehenerregende Neuerungen gehalten wurden, haben sie trotzdem direkt nach ihrer Veröffentlichung eine rege Debatte in Gang gesetzt und zu weitreichenden Folgen geführt. Die Katwijker Empfehlungen wurden als Ausgangsbasis für die Zusammenstellung eines Rahmencurriculums für fortgeschrittene Lerner in Po-len, Tschechien, Ungarn und der Slowakei genutzt. Dieses Rahmencurriculum wird später wieder für jedes einzelne Land angeführt. Zugleich fungierte es als Leitprinzip für die Lehrerfortbildung. Des Weiteren wurden in Autorenfortbil-dungsseminaren Komponenten für adäquate Lehrmaterialien zusammengetragen und in den vier Ländern zwecks einer Untersuchung zum Einsatz gebracht. Au-ßerdem wurden landeskennzeichnende und adressatenspezifische Lehrmateria-lien für unterschiedliche Ausbildungsstufen erarbeitet, erprobt, revidiert und im gängigen Schulunterricht angewandt. Vor allem an die Erprobungsphase haben sich wissenschaftliche österreichische, deutsche und schweizer Berater und Ex-perten angeschlossen. Ihre Beobachtungen und Erkenntnisse haben einen we-sentlichen Beitrag zur Gründung und Sicherstellung der Ausbildungsunterlagen, der Sprachunterrichtspraxis und der Lehrmaterialien geleistet.

Das zweite erwähnenswerte Rahmencurriculum sind die sogenannten „Nürn-berger Empfehlungen zum frühen Fremdsprachenlernen“, das die „Katwijker Empfehlungen“ zur Grundlage nimmt. Dies ist ein Rahmencurriculum, das kon-krete Hinweise gibt, welche Schritte in unterschiedlichen Bedingungsgefügen bis hin zum praktischen Deutschunterricht zu befolgen sind. Es bietet Möglich-keiten für den frühen Fremdsprachenerwerb und erfordert regionale Konkretisie-rungen. In den Mittelpunkt des Experteninteresses werden folgende Fragen ge-rückt:

• Was ist unter frühem Fremdsprachenunterricht zu verstehen? • Wo findet früher Fremdsprachenunterricht statt? • Welche Lernziele hat der frühe Fremdsprachenunterricht? • Wie sieht früher Fremdsprachenunterricht idealerweise aus?

Zu diesen und anderen Fragen hat sich eine Expertenrunde auf den „Nürnberger Symposien“ getroffen, da die Europäische Kommission das Ziel erreichen möchte, dass jeder Bürger außer seiner Muttersprache zwei weitere Sprachen kennt (Muttersprache+2). Um dies zu realisieren, soll der Fremdsprachenunter-richt so früh wie möglich beginnen. Es besteht unter den 25 Expertinnen und Experten aus 18 Ländern in der Welt Konsens über die Hauptprobleme des frü-hen Fremdsprachenlernens (Ziele, Inhalte, Methoden und Evaluationsprinzi-pien), über organisatorische Punkte (z. B. Gestaltung des Unterrichts, Kontinui-

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tät) und über Angelegenheiten der Primarschullehreraus- und -fortbildung (s. Anhang 2). Im Zentrum ihrer Überlegungen standen die Bedürfnisse des Kindes. Auf Lerner- und Handlungsorientierung waren die Vorschläge zur Unterrichts-gestaltung gerichtet. Überdies fokussieren die Vorschläge sowohl die Vermitt-lung von Lernerstrategien, die das Kind zu einem selbständigen, autonomen Lerner erziehen können, als auch die Förderung des interkulturellen Aspekts. Diese Anregungen zur Gestaltung des Unterrichts sollen in einer angstfreien Umgebung durchgeführt werden, welche die allgemeine Entwicklung des Kin-des unterstützt und ihm eine zusätzliche Gelegenheit bietet, sich in der Welt zu-rechtzufinden, das Fremde als Fremdes zu akzeptieren und offen für andere Kul-turen zu sein (vgl. Breitung/ Lattaro 2001: 1048f.).

Das Rahmencurriculum wurde als Empfehlung formuliert und in den einzelnen Ländern gemäß den jeweiligen Bedingungen, kulturellen Erfahrungen und Lern-traditionen erläutert und veranschaulicht. Auf Basis der „Nürnberger Empfeh-lungen“ wurden regionale Lehrwerke und Lehrmaterialien für den Primarbe-reich in verschiedenen Ländern erarbeitet, wie z. B. in Bulgarien, Polen, Rumä-nien, Russland, Tschechien, Ungarn, Griechenland, Italien, Frankreich und Bel-gien. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die Orientierungen an den „Nürnberger Empfehlungen“plausibel und einleuchtend umgesetzt wurden und eine gute Voraussetzung für einen kindgemäßen, ergebnisreichen Unterricht ge-schaffen haben. Darüber hinaus ist die Schlussfolgerung abzuleiten, dass der in den „Nürnberger Empfehlungen“ vorgeschlagene Pfad vom Curriculum zu regi-onalen Lehrwerken realisierbar, sinnvoll und effizient ist.

Von der Hypothese ausgehend, dass es kein ideales Lehrwerk gibt, sollen die gegenwärtigen Lehrwerke im Bereich Deutsch als Fremdsprache nur als Basis für die Erteilung eines kompetenzorientierten Unterrichts verwendet werden. Sie müssen durch Zusatzmaterialien und Formen des offenen Unterrichts ergänzt werden, wie z. B. durch schülerrelevante Aufgaben.

Um dieses Ziel zu realisieren, hat eine Expertenkommission unter der Leitung von Prof. Dr. Karl-Richard Bausch im Auftrag der Zentralstelle für das Aus-landsschulwesen (ZfA) den Rahmenplan für „Deutsch als Fremdsprache“ im Jahr 2009 entwickelt. Im Vordergrund stand die Ausrichtung des DaF-Unterrichts im Sinne der Standard- und Kompetenzorientierung. Außerdem zeigte der Plan deutlich auf, wie die Erteilung eines kompetenzorientierten DaF-Unterrichts in kleinen Schritten und zielorientiert machbar ist.3

3 Für weitere Informationen vgl. die Internetseite der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) www. Auslandsschulwesen.de. Als weitere Quelle ist hier der Rahmenplan Deutsch als Fremdsprache zu nennen.

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Vorteil des Rahmenplans Deutsch als Fremdsprache ist es, dass er die Kompe-tenzen definiert, aber Schulen die Freiheit lässt, diese konkret zu entwickeln. Er wird für ein zentrales Instrument zur Qualitätssicherung und -entwicklung gehalten. Dabei ist nicht zu übersehen, dass der Rahmenplan DaF Rücksicht auf die Mehrsprachigkeit der Schüler nimmt. Es wird jetzt den Schülern die Chance geboten, ihre mehrsprachigen Kenntnisse beim Sprachenlernen anzuwenden. Weiterhin legt der Rahmenplan den Fokus auf die Förderung eines bewussten Sprachenlernens. Die Schüler sind aufgefordert, ihre eigenen Lernstrategien wahrzunehmen und zu entwickeln.

Die Formulierung der Kompetenzen im Rahmenplan DaF orientiert sich am Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen des Europarats. Hier sind die Sprachbereiche Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben, interkulturelle Kompeten-zen sowie auch der Umgang mit Medien angesprochen.

Nun tritt eine wichtige Frage auf, nämlich: Warum müssen Curricula immer wieder überarbeitet bzw. neu gestaltet werden?

Wenn Schule und Fachunterricht als integrierte Elemente von gesellschaftlich politischen, institutionellen und fachspezifischen Systemen erfasst werden, die sich durchgehend ändern (weil die Menschen die Welt, in der sie leben, verän-dern), dann wird verständlich, warum Curricula immer wieder neu verfasst wer-den müssen. Es ist eine vom Allgemeinen zum Besonderen hierarchisch gestufte Reihe von Faktoren zu unterscheiden, die auf die Curriculumarbeit einwirken, und zwar:

(a) Übergreifende gesellschaftliche Faktoren: Während die jeweils herrschen-de Bildungspolitik die Anforderungen und Zielsetzungen der Schule zur Vorbe-reitung der nachfolgenden Generation auf das Leben festsetzt, sollen Curricula solche Vorstellungen vermitteln. Deshalb ist es notwendig, dass Curricula nach jedem gesellschaftspolitischen Machtwechsel so schnell wie möglich verändert werden.

„Die wesentlichste und gemeinsame Aufgabe von Lehrplänen, Richtlinien und Curri-cula ist, dass sie Entscheidungen über die Ziele und Inhalte von Unterricht mitteilen. Was eine Gesellschaft für wertvoll, wichtig, unverzichtbar und relevant hält, um ihre Kultur zu tradieren und gesellschaftliche Regeneration zu ermöglichen, fasst sie zu ei-nem Kanon von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten zusammen, die in ihren Schulen vermittelt werden sollen … Offensichtlich muss hierfür eine Auswahl aus dem gesamten Erfahrungssatz getroffen werden. Und es erheben sich Fragen wie: - worin besteht das Rohmaterial, das als Bausubstanz dieses Kanons gelten kann? - Nach welchen Kriterien und zu welchen spezifisch schulischen Zwecken wird daraus ausgewählt?

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- Wie stellt sich der didaktische Begründungszusammenhang für die Auswahl der Struktur dieses Kanons und für die Organisation der Lehr- und Lernprozesse dar?“ (Westphalen 1985: 14).

Neben den innerstaatlichen Veränderungen der gesellschaftlichen Macht-verhältnisse gilt auch die Veränderung der zwischenstaatlichen Beziehungen als eine wichtige Ursache zur Ausarbeitung und Neuformung von Curricula für den Fremdsprachenunterricht. Der Einfluss dieser innerstaatlichen und zwischen-staatlichen Veränderungen auf den fremdsprachlichen Deutschunterricht lässt sich seit dem Ende der 80er Jahre am Beispiel der ehemaligen Ostblockländer veranschaulichen.

Durch die Möglichkeit, technische Medien umfassend einzusetzen (etwa: Ent-wicklung der Möglichkeiten der Sprachspeicherung und -wiedergabe; Rund-funk; Fernsehen; Computertechnologie), ergeben sich Anregungen zur Verände-rung der curricularen Grundlagen im Fremdsprachenunterricht. Technische Me-dien tragen dazu bei, dass die Vernetzung von Information und Kommunikation über Länder- und Sprachgrenzen hinweg geht. Außerdem haben sie einen gro-ßen Einfluss nicht nur auf die Inhalte des Fremdsprachenunterrichts (wie etwa landeskundliche Informationen, die dadurch immer wieder aktualisiert werden können), sondern auch auf die Lehrmethoden (beispielsweise im Einsatz auditi-ver und visueller Medien in der audiolingualen/ audiovisuellen Methode).

(b) institutionelle Faktoren: Die Schule als gesellschaftliche Institution wird von den gesellschaftspolitischen Verhältnissen nachhaltig beeinflusst, da diese sowohl die Stellung, die das Fach Deutsch im Fächerkanon der Schule besitzt, als auch die Geltung, die es sich bei Lehrenden und Lernenden verschafft, maß-gebend prägen. Weiterhin haben sie die Formulierung fächerübergreifender Leitvorstellungen zu Bildung und Erziehung, die Auswahl der Inhalte des Fach-unterrichts und letzten Endes, wie man einen guten Fremdsprachenunterricht ge-stalten kann, zur Folge. Auf Basis der Auseinandersetzung mit den gesell-schafts- und bildungspolitischen Grundlagen versuchen Curricula die Formulie-rung fachübergreifender und fachspezifischer Ziele darzulegen und dadurch die Voraussetzungen für curriculare Entscheidungen deutlich zu machen.

(c) Fachliche Faktoren: Sicher kann die Erkenntnisausweitung direkter Be-zugswissenschaften auf das Fach Deutsch als Fremdsprache – wie z. B. der Lite-raturwissenschaft, der Sprachwissenschaft, der Landeskunde – Anregungen zur Revision der Curricula geben. Durch eine Einsicht in die Curricula verschiede-ner Epochen ist herauszufinden, dass die Curriculumentwickler sich für Inhalte im Bereich von Literatur und Landeskunde entschieden, die Trends und Feststel-lungen der aktuellen fachwissenschaftlichen Diskussion reflektieren. Überdies haben Neuansätze in der Sprachbeschreibung des Deutschen – wie etwa Struktu-ralismus, Pragmalinguistik und Dependenz-Valenz-Grammatik – die Fassung

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neuer didaktisch-methodischer Konzepte des Deutschunterrichts ins Leben geru-fen (beispielsweise die Ausarbeitung der audiolingualen Methode oder die Ent-wicklung der kommunikativen Didaktik).

Diese fachliche Ebene der Curriculumentwicklung ist dadurch charakterisiert, dass fachbezogene Lehrziele im kognitiven, affektiven und pragmatischen Be-reich formuliert werden. Ein weiteres Kennzeichen von Curricula ist, dass die Lehrziele in Lehrinhalte, Unterrichtsverfahren und Lernzielkontrollen eingeteilt werden.

(d) Unterrichtliche Faktoren : Den festen Komponenten von Curricula werden Hinweise zur Unterrichtsgestaltung zugeordnet. Diese können allgemeine Prin-zipien zur Unterrichtsmethodik anbelangen (z. B. ausführliche Erläuterungen zum Prinzip der Anschaulichkeit), sie können sich entweder auf die Unterrichts-planung erstrecken (z. B. Bearbeitung der Arbeits- und Sozialformen des Unter-richts) oder die unterrichtliche Durchführung einzelner Aspekte betreffen (z. B. Entwicklung der sprachlichen Fertigkeiten – etwa: Erweiterungsmethoden des Hörverstehens – oder der Sprachsysteme – wie: Grammatik-, Wortschatz-, Aus-spracheschulung, Einsatz von technischen Medien; Verfahren der Textarbeit; etc.). Hier sollen nicht nur theoretische Empfehlungen formuliert werden, son-dern die Unterrichtsverfahren mit Beispielen illustriert werden (wie die Ent-wicklung von Arbeitsblättern oder die Konzeption von Übungen und Aufgaben).

Aus diesen oben genannten Faktoren sollen nicht nur Curricula entwickelt wer-den, sondern auch die Lehrmethoden und Lehrwerke, weil sie sich gemäß den Zielsetzungen und Rahmenbedingungen verändern. Auf diese Weise ist die Entwicklung von Lehrmethoden und Lehrwerken kein linearer Prozess, aus dem sich die perfekte Lehrmethode und das optimale Lehrwerk ergeben. Sie ist eher als Adaptationsprozess an die sich dauernd verändernden Bedingungen des Leh-rens und Lernens zu begreifen. Während das Curriculum den didaktisch-methodischen Rahmen des Unterrichts bestimmt, sind die Lehrwerke beauftragt, diese Konzeption für den Unterricht anwendbar zu machen, indem sie die Unter-richtsphasen, Sozialformen, Unterrichtsmedien und Unterrichtsorganisation un-ter Berücksichtigung der im Curriculum angegebenen Prinzipien der Unter-richtsmethodik festlegen.

Als ein klares Beispiel für die fachlichen Faktoren, die auf die Curriculumarbeit und Lehrwerkentwicklung einwirken, sollen die von Götze sogenannten Lehr-werkgenerationen im Folgenden ausgeführt werden.

5. Fünf Lehrwerkgenerationen nach Götze

Laut Götze (1994) gibt es nach dem Zweiten Weltkrieg in der Fachdiskussion über Deutsch als Fremdsprache fünf Phasen, die von Methoden des Lehrens und

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Lernens geprägt sind. Diese Methoden schildern Anwendungen bestimmter sprach-wissenschaftlicher bzw. lerntheoretischer Überlegungen.

A. Generation (50er Jahre): Grammatikorientierte Lehrwerke

Die erste Phase – dominierend in den fünfziger Jahren – ist dadurch charakteri-siert, dass Sprache und Grammatik gleichgesetzt werden. Grammatik und Re-gelwissen stehen im Mittelpunkt des Interesses im Fremdsprachenunterricht und die Kommunikationsfähigkeit in der Zielsprache wird vernachlässigt. Die ge-schriebene Sprache in Form der „Hochsprache“ wird mehr als die gesprochene Sprache beachtet. Dabei werden herkömmliche Unterrichtsverfahren fortgeführt. Das Lehrwerk, das diese Phase repräsentiert und in der ersten Generation her-vorragend dominiert, ist „Deutsche Sprachlehre für Ausländer“ von Schulz/ Griesbach (vgl. Götze 1994: 29).

B. Generation (60er Jahre): Audio-linguale bzw. audio-visuelle Lehrwerke

Der linguistische Strukturalismus (Sprache = Struktur) und die Anwendung be-havioristischer Lehrverfahren (Reiz-Reaktion) haben in den sechziger Jahren ei-nen starken Einfluss auf zahlreiche Lehrwerke ausgeübt, die die audio-linguale oder audio-visuelle Lehrmethode verfolgen. In dieser zweiten Phase herrscht ei-ne rigide Einsprachigkeit. Die Zielsprache wird nur ohne Übersetzung benutzt. Hier wird das Lehren grammatikalischer Regeln vermieden, anstatt dessen do-minieren Hör-Sprechübungen (Drillübungen), welche das Beherrschen von Kommunikationsmustern bezwecken. Entsprechend steht die gesprochene Spra-che im Vordergrund (vgl. ebd.). Das typische Lehrwerk dieser Generation ist „Vorwärts“.

C. Generation (70er Jahre): Kommunikative Lehrwerke

Die dritte Phase zeichnet sich durch „die Pragmatische Wende“ aus, in der die von Hans-Eberhard Piepho (1974) in Anlehnung an Jürgen Habermas entwickel-te „Theorie der kommunikativen Kompetenz“ im Fremdsprachenunterricht zur Geltung gekommen ist. Nach dem soziolinguistischen Ansatz ist Sprache ein wesentlicher Teil der Gesellschaft; und somit ist sprachliches Handeln Teil des sozialen Handelns. Diese Auffassung gelangt in den Lehrwerken der dritten Phase zur Anwendung, die das sprechaktbezogene Sprachhandeln der „Sprech-akttheorie“ (Searle 1969) betont. Hierbei wird häufig das Sprachhandeln auf das Einüben von Sprechakten (wie z. B. fragen/ antworten; bitten/ die Bitte erfüllen) reduziert. Von allen Funktionen natürlicher Sprache wird in diesem Zusammen-hang nur noch die kommunikative angesprochen. Die Sprache ist als Informati-onsträger stehen geblieben. Außerdem wird die gesprochene Sprache überakzen-tuiert. Das charakteristische Lehrwerk dieser Zeit ist „Deutsch Aktiv“, das vor allem die spontan gesprochene Sprache schildert.

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D. Generation (80er Jahre): Interkulturelle Lehrwerke

Die vierte Phase ist durch die Erstellung adressatenspezifischer Lehrwerke mit Bezug zur Ausgangssprache einer Region gekennzeichnet. Um die ethnozentri-sche Sicht zu vermeiden, ist die neue Generation von Lehrwerken in dieser Pha-se durch eine „Fremdperspektive“ charakterisiert. Dabei haben Überlegungen der „Interkulturellen Germanistik“ (Wierlacher 1987) eine wichtige Rolle ge-spielt. Als grammatischer Ansatz für die Syntax wird die Valenztheorie für ge-eignet erachtet. Charakteristische Lehrwerke dieser Phase sind „Sichtwechsel“ und „Sprachbrücke“.

E. Generation (90er Jahre): Lehrwerke der mentalistischen Wende

In Abgrenzung zu Lehrwerken der 3. Generation möchte die fünfte alle vier Grundfertigkeiten, vor allem Lesen und Schreiben und zugleich kognitive Lehr-verfahren („mentalistische Wende“) betonen. Dabei spielen Ergebnisse aus den Bereichen der Psycholinguistik, der Hirnhemisphärenforschung, aber auch der Zweitsprachenerwerbsforschung eine wesentliche Rolle. Ziel ist es, die für Ju-gendliche und Erwachsene charakteristische Form des zweiten oder dritten Spracherwerbs in Lehrwerken zu unterstützen. Dieser Ansatz spiegelt sich in den Lehrwerken „Wege“ und „Die Suche“ wider, welche die neue, fünfte Lehr-werkgeneration anschaulich machen. Hier werden u. a. Übungen zur Sprachre-flexion, also interaktive Übungen, geboten.

Ob es sich heutzutage um eine sechste Lehrwerkgeneration handelt, bleibt un-entschieden, weil die neueren Lehrwerke keinem einheitlichen methodischen Konzept folgen. Aus diesem Grunde bietet Funk für die aktuelle Periode den Begriff „integrativer Ansatz“ an.

„Für die (…) Lehrwerke dieser Periode scheint eher der Begriff eines integrativen An-satzes zutreffend zu sein, der Elemente bisheriger Ansätze in unterschiedlicher Ge-wichtung umfasst und in ein differenziertes Lernangebot integriert“ (Funk 2001: 283).

6. Zur Funktion von Lehrwerken beim Lernen fremder Sprachen

Ich möchte nun auf die Funktionen eingehen, die Lehrwerke im Fremdspra-chenunterricht erfüllen. In der Diskussion rund um das Lehrwerk wird häufig betont, das Lehrwerk bestimme wie kein anderer Faktor das Unterrichtsgesche-hen (vgl. Heuer/ Müller 1973). Aber die Verwendungsbereiche und Situationen, in denen ein Lehrwerk benutzt wird, prägen ebenfalls das Unterrichtsgeschehen (vgl. Bimmel/ Kast/ Neuner 2003). Lehrwerke haben im Alltag des schulischen Fremdsprachenunterrichts laut Bausch „die Funktion eines Lehr- und Lern-schrittmachers“ (Bausch 1999: 17), d.h. sie üben große Wirkung auf den Unter-richtsprozess im Großen und Ganzen aus. Dies bezieht sich genauso auf die In-

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haltsebene, auf die unterrichtsmethodischen Prinzipien, auf die Progressions-strukturen sowie auch auf die Qualitätsstandards. Dabei fällt besonders ins Ge-wicht, dass Lehrwerke, die zielbewusst für den schulischen Fremdsprachenun-terricht erstellt wurden, meist die Rahmenbedingungen, welche durch die vom Ministerium veröffentlichten Richtlinien, Curricula und Lehrpläne festgelegt sind, konkret zu realisieren versuchen. So setzen z. B. Lehrpläne fest, welche landeskundlichen und sprachlichen Inhalte im Unterricht gelernt werden sollen; sie schreiben vor, welche Übungsformen gebraucht werden dürfen und nach welcher Progression Inhalte angeboten werden sollen. Und das Lehrwerk setzt diese Vorschriften getreulich um, weil sonst der Verlag keine Lizenz zur Einfüh-rung an den Schulen bekäme. Auf diese Weise haben vorgegebene Lehrwerke einen Nachteil, der darin besteht, dass sie der Individualität der Lerner nicht ge-recht werden und autonomes Lernen verhindern. Außerdem müssen sich Schüler dem unterordnen, was ihnen von außen aufgezwungen wird. Hinzu kommt, dass die Vorherrschaft der vorgegebenen Lehrwerke nicht nur aus pädagogischen und didaktischen Gründen gewollt ist, sondern auch aus dem autoritären Bestreben des Staates vertreten vom Erziehungs- und Bildungsministerium, den Unterricht zu kontrollieren. Eine solche Lenkungsfunktion verhindert es, dass Fremdspra-chenlehrer, den Ausschlag zumindest hinsichtlich der Unterrichtsplanung und -durchführung geben können (vgl. ebd.: 17).

Für Vielau (2005) gestaltet das Lehrwerk einen „äußeren Lehrplan“, der das Un-terrichtsgeschehen steuert. Er hebt hervor, dass das Lehrwerk nur den Rahmen für den Unterricht vorgeben, dem Lehrer aber Freiraum bieten soll, auf die indi-viduellen (Lern-) Bedürfnisse der Lernenden eingehen zu können. Lernen nach Vielau wird als dynamischer Prozess verstanden, der nicht bei allen Lernenden gleich abläuft. Von daher ist eine Loslösung vom Lehrwerk sinnvoll und an sei-ner Stelle sollen neue Perspektiven für die Unterrichtspraxis wie Lerner- und Handlungsorientierung, Projektunterricht, autonomes Lernen, Aufgabenorientie-rung hervortreten.

Neuner (2007: 400) misst den Lehrwerken im Rahmen des Beziehungsgefüges, dem der Fremdsprachenunterricht unterliegt, eine Mittlerrolle bei, weil das Lehrwerk als Vermittler zwischen Unterricht, dem Lehrplan und den Lernenden gesehen werden kann. Das Lehrwerk muss seiner Ansicht nach einer Reihe dif-ferenzierter Voraussetzungen gerecht werden: legitimen Bedingungen (Leitvor-stellungen, die von der Gesellschaft zu Schule und Schulfach entwickelt werden; Außenbeziehungen zum Zielsprachenland), reflexiven Bedingungen (übergrei-fenden erziehungswissenschaftlichen Konzepte), institutionellen Bedingungen (Lehrpläne, Zulassungsvorschriften), analytischen Bedingungen (sprachwissen-schaftliche, textwissenschaftliche und landeswissenschaftliche Faktoren, die insbesondere die Stoffauswahl bestimmen), konstruktiven Bedingungen (lern-psychologische Erwägungen) und materiellen Bedingungen (Markt, Preis, Um-

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fang und Ausstattung). Dieses Bedingungsgeflecht verändert sich nach seiner Auffassung grundlegend, sobald sich ein Bedingungsfaktor verändert.

Wenn das Lehrwerk als Schnittpunkt aller Bedingungen, die Unterricht konstitu-ieren, verstanden wird, dann ist seine Hauptfunktion zweifellos die der Steue-rung des Unterrichts durch die Entscheidung über Auswahl, Gewichtung, Abstu-fung (Progression) des Lernstoffes (Themen/ Inhalte), der Fertigkeiten und der Sprachsysteme. Dieser steuernde Charakter wird auch von denjenigen, die die legitimen und institutionellen Bedingungen von Unterricht setzen, in den Vor-dergrund gerückt.

Weiterhin besteht eine Funktion des Lehrwerks darin, dass es die Kontinuität der Lernprogression beim Lehrerwechsel sichert. Diese Funktion des Lehrwerks wird von vielen Lehrern als wichtig und arbeitserleichternd herausgestellt.

Die nächste Funktion des Lehrwerks, die vor allem im Klassenzimmer ihren Niederschlag findet, bezieht sich auf die Bestimmung der Unterrichtsverfahren, der Unterrichtsphasen (Einführung/ Übung/ Anwendung bzw. Transfer) und der Sozialformen des Unterrichts (Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit).

Es folgt die Funktion des Lehrwerks, methodische Erkenntnisse an die Lehren-den weiter zu tragen und sie auf einen bestimmten methodischen Ansatz zu ver-pflichten. Diese Funktion unterstreicht erneut seinen zentralen Charakter im un-terrichtlichen Gestaltungsprozess.

Das Lehrwerk hat noch eine zusätzliche Aufgabe: Es muss Lust und Neugier auf andere Bücher wecken, da es nicht das einzige Material in der Biographie eines Lerners sein darf.

Im schulischen Bereich haben Lehrwerke ein riesengroßes Problem: Die Lerner wählen sie nicht aus. Das Auswahlkriterium ist nicht, dass man mit ihnen gut lernen kann. Das Kriterium ist, dass man meint, mit ihnen gut unterrichten zu können. Es sind eben Lehr - und nicht Lernwerke. Die Lehrwerkkonzeption be-ruht wiederum auf der traditionellen Annahme, Wissen sei durch Instruktion transferierbar. Aber die Einsicht, dass Wissen von einzelnen Lernern entdeckt und logisch aufgebaut werden muss, wird kaum berücksichtigt. Somit liegt die Bedeutung eines Lehrwerks primär in der Unterstützung des Lehrers. Er be-kommt mit Hilfe des Lehrwerks die Möglichkeit, die konkrete Welt des Klas-senzimmers mental zu verlassen. Dabei werden sowohl Lehrer als auch Lerner durch Bilder unterstützt. Die Entsprechung von Laut, Bild und Schrift soll den Lerner darin unterstützen, die fremdsprachliche Welt selbst zu explorieren und sich sowohl schriftlich als auch mündlich in dieser Welt adäquat zu verhalten.

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In diesem Rahmen hat der Lehrer im fremdsprachlichen Anfangsunterricht die Aufgabe, der Repräsentant der betreffenden Sprachkultur zu sein. Er ist Modell und Vorbild und damit die wichtigste Quelle für Informationen bezüglich des Sozial- und Sprachverhaltens in der Zielkultur. Vom Lehrer hört und erfährt der Lerner lebendige Sprache, die interaktiv als Ausdrucksmittel im spezifischen Kulturbereich zwischen den Menschen verwendet wird. Dabei ist wesentlich, dass der Gegenstand Sprache Mittel bleibt und nicht Selbstzweck wird.

Somit bleibt das Lehrwerk der Interaktion des Lehrers mit den Schülern nachge-ordnet, deswegen kann ein guter Lehrer auch mit einem schlechten Lehrwerk ei-nen effizienten Unterricht gestalten, besonders wenn diese Schwächen durch er-gänzendes Material ausgeglichen werden. Aber ein schlechter Lehrer kann mit einem gut gestalteten Lehrwerk scheitern. Es besteht also keine automatische Korrelation zwischen Lehrwerk und gutem Unterricht. Anders ausgedrückt: die Qualität des Lehrwerks erteilt noch keine Garantie für den Sprachlernerfolg. Lehrwerke müssen gerade deshalb kritisiert werden, da sie Theorie und Praxis zusammenführen und die Bedeutung der Fremdsprachendidaktik für die Praxis unterstreichen. Überdies erlaubt ihre Kritik Einsicht in die jeweiligen Konzepte des Fremdsprachenlehrens und -lernens, die den einzelnen Lehrwerken zugrun-de liegen, und erleichtert ihre Korrektur.

7. Lehrwerkforschung und Lehrwerkkritik

Neuner (2007: 400) erhebt die Forderung, zwischen Lehrwerkforschung und Lehrwerkkritik zu unterscheiden. Lehrwerkforschung konzentriere sich auf die Analyse der Grundlagen, Faktoren und des Bedingungsgefüges (deskriptiv), während Lehrwerkkritik die Aufgabe habe, ein valides Raster von Beurteilungs-kriterien zu entwickeln, die Lehrwerke danach zu beurteilen und Empfehlungen zum Einsatz zu formulieren (präskriptiv). Dagegen ist einzuwenden, dass auch die wissenschaftliche Analyse nicht ohne valide Kriterien auskommt und natür-lich auch kritische Elemente enthalten kann. Lehrwerkforschung bezeichnet meines Erachtens den Oberbegriff für die verschiedenen Schwerpunkte der wis-senschaftlichen Beschäftigung mit Lehrwerken.

7.1 Zur Lehrwerkforschung

Lothar Quetz (1976: 20ff.) untersucht (für den Englischunterricht in der Er-wachsenenbildung), welchen Anteil das Lehrwerk am Unterrichtsgeschehen hat: mehr als zwei Drittel der Unterrichtszeit in den von ihm beobachteten Klassen werden mit dem Lehrwerk gestaltet. Aber meiner Meinung nach behindern Leh-rer- und Lehrwerkdominanz die Entwicklung eigener Ideen auf Seiten der Schü-ler.

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Im Hinblick auf den Fremdsprachenunterricht sind systematische Versuche der Lehrwerkforschung entscheidend durch Achtenhagen/ Wienold/ van Buer/ Rös-ner (1975) im Sinne einer fachwissenschaftlichen Lernobjektanalyse weiter-entwickelt worden.

Neben dieser Lernobjektanalyse sind auch andere quantitative Verfahren für die Lehrwerkforschung eingesetzt worden; Peter Bung (1977) überträgt die „Con-tent Analyse“ aus den Sozialwissenschaften auf die Analyse von Englischlehr-werken. Damit hat er die Basis einer systematischen, quantifizierbaren Lehr-werkanalyse fundiert, die mit klar formulierten Hypothesen und Kategorien ar-beitet.

7.2 Zur Lehrwerkkritik

Solange die Wirkung von Lehr- und Lernmaterial insbesondere die Steuerungs-wirkungen für Lehrer und Schüler auf den Lernprozess noch nicht hinreichend untersucht wird, muss eine für die Unterrichtspraxis hilfreiche Lehrwerkkritik daher versuchen, die vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Fremd-sprachenlernen und damit begründete methodisch-didaktische Konzepte mit ei-ner „hermeneutischen Lehrwerkanalyse“ zu verbinden. Diese Art der Lehrwerk-kritik hat sich erst im Anschluss an die Arbeiten des Arbeitskreises „Lehrwerk-forschung und Lehrwerkkritik“ wissenschaftlich und bildungspolitisch Gehör verschaffen können. Analysen kompletter Lehrwerke wie vor allem der seit 1975 erscheinende Unterrichtsmediendienst des Deutschen Volkshochschulver-bandes, das Mannheimer Gutachten (Engel/ Krumm/ Wierlacher, Band I: 1977; Band II: 1979) sowie auch das Gutachten des Sprachverbandes Deutsch für aus-ländische Arbeitnehmer (Barkowski u. a.: 1980) stehen noch im Vordergrund.

7.3 Kriterienkataloge zur Analyse von Lehrwerken

Die Tradition der Lehrwerkanalyse im Bereich Deutsch als Fremdsprache be-ginnt erst mit dem Mannheimer Gutachten (1977). Überdies wurden weitere Kriterienkataloge entwickelt, wie das Gutachten des Sprachverbandes (1980), das Hamburger Gutachten (1982) und der Stockholmer Kriterienkatalog (1985). Diese werden im Folgenden vorgestellt, ebenso wie die Kriterien zur Analyse der Qualitätsmerkmale von Lehrwerken, die von Funk (2004) entwickelt wur-den.

7.3.1 Das Mannheimer Gutachten

Das Mannheimer Gutachten wurde im Jahr 1977 aufgrund einer Aufforderung der Kulturabteilung des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland vom Institut für Deutsche Sprache unter Vorsitz von Ulrich Engel veröffentlicht. Das Ziel des „Mannheimer Gutachtens“ war es, eine systematische Analyse aller

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wichtigen Dimensionen und Aspekte eines Lehrwerks aufgrund veröffentlichter, begründbarer und objektiver Kriterien zu schaffen. Hierin wurde versucht, Kri-terien zu allen für ein Lehrwerk bedeutsamen Bereichen zu entwickeln und zu veröffentlichen, um Transparenz in die fachliche Diskussion zu bringen. Die Analyse der Lehrwerke wurde im Team durchgeführt und die untersuchten Lehrwerke wurden nach folgenden Kriterien sortiert (vgl. Engel/ Krumm/ Wier-lacher 1977: 3):

• Erstellte und erschienene Lehrwerke im deutschen Sprachraum.

• Lehrwerke, die in ihrer Anwendung nicht regional begrenzt sind, sondern weltweit der Vermittlung von Deutsch als Fremdsprache dienen sollen.

• Lehrwerke für Lernende der Sekundarstufe II.

• Ausnahme: Lehrwerke für die Primarstufe und für Gastarbeiter und Gast-arbeiterkinder.

• Die in diesem Projekt aufgelisteten Beurteilungskriterien zur Lehrwerkana-lyse umfassen die Bereiche Didaktik, Linguistik (wie z. B. die Art der Grammatikvermittlung, Texte und Kontrastivität) und Themenplanung (Deutschlandkunde), die sich mit Fragen über Literatur und Landeskunde in den Lehrwerken beschäftigen, sowie auch den jeweiligen Bereich der Texte (vgl. Krumm/ Ohms-Duszenko 2001: 1034).

Defizite des Mannheimer Gutachtens

Das Mannheimer Gutachten ist in erster Linie linguistisch ausgerichtet, im Zent-rum der Betrachtung steht das Material. Einen Bezug zum Unterricht, ein klar erkennbares Konzept von Unterricht und Aussagen über die Realisierbarkeit be-gründeter Lernziele weist es nicht auf. Außerdem sind die im „Mannheimer Gutachten“ angebotenen Beurteilungskriterien eher analysierend und beschrei-bend als bewertend formuliert, da man davon ausgeht, dass es nicht nur ein ein-ziges Lehrwerkkonzept gibt, das einen Lernerfolg garantiert, sondern es gibt di-verse Lehrwerkskonzeptionen, die an unterschiedliche Zielsetzungen und Unter-richtsbedingungen anlehnen. Es wird jedoch deutlich gemacht, dass jede Analy-se auch bewertende Komponenten mit einschließt.

„Im Hintergrund steht dabei keineswegs die Vorstellung, es gebe so etwas wie „das ideale Lehrwerk“, das möglichst allen Situationen und Intentionen gerecht wird. Viel-mehr wird von der Vorstellung ausgegangen, dass es unterschiedliche, an den ver-schiedenen Zielsetzungen und Unterrichtsbedingungen orientierte Lehrwerkkonzepti-onen gibt.“ (Engel/ Krumm/ Wierlacher 1977: 9f.)

Doch ist die aktive, produktive Verwendung der deutschen Sprache eine Ge-meinsamkeit, die alle untersuchten Lehrwerke kennzeichnet. So heben Engel/ Krumm/ Wierlacher (1977) hervor, dass

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„in Lehrwerken nicht nur das Sprachsystem (die Grammatik), sondern auch die Be-dingungen der Sprachverwendung zu berücksichtigen sind, und dass dem Lernenden genügend Gelegenheit geboten werden muss, die Sprache schon im Lernprozess tat-sächlich zu verwenden“ (ebd. 1977: 10).

Im Mannheimer Gutachten wird das Kontrastivitätsprinzip in Betracht gezogen. Hier wird überprüft, inwieweit die zwischen der Muttersprache und der Ziel-sprache bestehenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten in das Lehrwerk Ein-gang finden. Solche Lehrwerke, die für eine bestimmte Zielgruppe konzipiert werden und deren Vorwissen und Muttersprache berücksichtigen, werden von den Lernenden als angenehm empfunden. Daraus ergibt sich, dass Ängstlichkeit vor der Fremdsprache aufgehoben und die Sprache selbst als leicht und unkom-pliziert empfunden wird.

Unter dem 7. Teilaspekt „Deutsch: Abgrenzung, Texte“ bringt der Kriterienkata-log des „Mannheimer Gutachtens“ relativ konkrete Fragen an die Texte zum Ausdruck. Allerdings sind folgende Punkte umstritten:

• Im Kriterienkatalog des „Mannheimer Gutachtens“ wurde nur in einzel-nen Fällen auf die auditiven und visuellen Medien der untersuchten Lehr-werke Bezug genommen. Man argumentierte damit, dass die Analyse sol-cher Materialien einen großen zeitlichen Aufwand erfordere (vgl. ebd. 1977: 6). Obwohl die Kommission ihre Entscheidung logisch dargelegt hat, wird die Validität der Lehrwerkanalyse aufgrund der Vernachlässi-gung der zwei wichtigen Sprachkomponenten Hörverstehen und Hör-Seh-Verstehen gefährdet.

• Im „Mannheimer Gutachten“ werden die verschieden Sprachfertigkeiten global und oberflächlich geschildert, da für sie nicht genügend detaillierte Kriterien erstellt wurden. Die dort entwickelten Kriterien können nur dann hilfreich sein, wenn man sich einen Überblick über die im Lehrwerk ge-übten Fertigkeiten verschaffen möchte. Es ist aber unmöglich, auf Basis der im Katalog genannten Aspekte ein Kriterienraster für eine spezifische Fertigkeit zu erstellen.

• Die im „Mannheimer Gutachten“ vorgeschlagenen Beurteilungskriterien zur Lehrwerkanalyse sind nicht für die wissenschaftliche Forschung kon-zipiert; sie eigenen sich für potenzielle Benutzer von DaF-Lehrwerken, trotzdem wurden in bestimmten Kriterienbereichen Fachbegriffe benutzt, die theoretische Kenntnisse bedingen, über die Lehrer ohne besondere Fachausbildung nicht verfügen können (vgl. Neuner 1994: 21f).

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kriterien des Mannheimer Gutach-tens nicht den Anspruch auf Vollständigkeit der Kriterienauswahl für sich erhe-ben. Sie zielen auf eine Auflistung der damalig aktuellen Lernliteratur für Deutschlerner und eine objektive Begutachtung der einzelnen Lehrwerke mit ih-

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ren Lernmaterialien, aber die Gewichtung der einzelnen Kriterien erfolgt nur nach den persönlichen Präferenzen ihrer Verfasser, ohne die Bedürfnisse der Lerner oder die Kompatibilität des Lehrwerks mit anderen Unterrichtsmateria-lien zu berücksichtigen.

7.3.2 Das Gutachten des Sprachverbandes (Das Mainzer Gutachten)

Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre begannen erste Diskussionen um eine sprachliche Ausbildung der Wanderarbeitskräfte. Zwar gab es nur wenige An-gebote für ein institutionalisiertes Deutschlernen, an dem ausländische Arbeiter teilnahmen, aber die Teilnehmerzahl stand in keinem Verhältnis zur Zahl der ausländischen Arbeitskräfte. Überdies beschwerten sich die Anbieter von Deutschkursen über den vorzeitigen Abbruch des Kursbesuchs seitens der aus-ländischen Teilnehmer, die sich für eine Kursteilnahme entschieden haben.

Um dieses Problem zu beheben, wurde im Mai 1974 der Sprachverband – Deutsch für ausländische Arbeitnehmer gegründet, der das Ziel verfolgte,

„durch eine enge und koordinierte Zusammenarbeit aller Beteiligten neue Vorausset-zungen für eine wirksamere sprachliche Ausbildung der ausländischen Arbeitnehmer zu schaffen, und damit die wichtigste Bedingung für das Gelingen aller Eingliede-rungsbemühungen zu erfüllen“ (Jenniches 1975: 7).

Diese Zielsetzung wurde in der Zeitschrift „Deutsch Lernen“ 1975 ausgedrückt, die 1975-2001 vom Sprachverband Deutsch für ausländische Arbeitnehmer he-rausgegeben wurde und im Schneider-Verlag Hohengehren Baltmannsweiler er-schien. „Deutsch lernen“ war die Fachzeitschrift für Deutsch als Zweitsprache in Deutschland.

Im August 1974 wurde die Geschäftsstelle in Mainz eingerichtet. Im Rahmen der Institution Sprachverband Deutsch für ausländische Arbeitnehmer konzi-pierte eine Arbeitsgruppe im Jahre 1979 einige Analysekriterien zur Überprü-fung von Lehrwerken. Die im Deutschunterricht mit ausländischen Arbeitneh-mern eingesetzten Lehrwerke wurden hinsichtlich ihrer Eignung für den Unter-richt mit dieser Gruppe untersucht. Hier stand die Frage im Mittelpunkt, inwie-weit die Lehrwerke die Mehrsprachigkeit und bikulturelle Identität der Ziel-gruppe berücksichtigen. Daraus ergab sich ein Lehrwerkgutachten (vgl. Bar-kowski u. a. 1980), das diese Zielgruppe, deren Kenntnisstand, Alter, Interessen, kulturelle Unterschiede und Rahmenbedingungen im Auge behielt.

Die Entwicklung von Kriterien zur Beurteilung von Lehrwerken hatte einen großen positiven Einfluss auf das Fach „Deutsch für ausländische Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen“ (DfaA). Der Bereich der Kursorganisation war am stärksten davon betroffen, weil sich neue Lerngruppen mit spezifischen

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Lernbedürfnissen (z. B. Hausfrauen, Analphabeten) an den Deutschkursen betei-ligt haben (vgl. Sprachverband e. V. Mainz 1994: 122). Der Kriterienkatalog des Sprachverbandes ist zielgruppenorientiert und wird in sieben thematische Kom-plexe wie folgt aufgegliedert:

„1. bikulturelle Identität der Zielgruppe, 2. gesellschaftliche Situation, 3. heterogene Lernvoraussetzungen, 4. unterrichtlicher und nichtunterrichtlicher Spracherwerb, 5. Kommunikationssituation, 6. Belastung durch die Arbeitsplatzsituation, 7. Rahmenbedingungen des Unterrichts“ (ebd. : 122f.).

Zu jedem der oben genannten Komplexe wurde ein schematisch aufgebauter Fragenkatalog ausgearbeitet, dessen Fragen nicht nur auf das zu beurteilende Lehrwerk, sondern auch auf die subjektiven Erfahrungen der Beurteilenden mit ihrer Lerngruppe Bezug nehmen: Das Mainzer Gutachten stammte von Metho-dikern/ Didaktikern, deren praktische Erfahrung im Unterricht mit ausländischen Arbeitnehmern im Gutachten ganz klar zu spüren ist. Sie fokussierten sich vor allem auf die Realisierbarkeit von Lernzielen, die von ihren aufgeklärten Unter-richtkonzepten abhängig sind.

7.3.3 Das Hamburger Gutachten

Die Lehrwerkanalyse als Forschungsfeld der Fremdsprachendidaktik ist in den 80ern des vergangenen Jahrhunderts ein intensiv weiterhin diskutiertes Thema geblieben. Beier/ Möhn (1982) haben in ihren „Vorüberlegungen zu einem Hamburger Gutachten über fachsprachliche Lehr- und Lernmaterialien des Deutschen als Fremdsprache“ die Problematik der Lehrwerkbegutachtung im Allgemeinen und die der Begutachtung fachsprachlicher Lehrwerke im Beson-deren diskutiert. Für fachsprachliche Lehrwerke haben sie Beurteilungskriterien aufgestellt, die in erster Linie die Auffassung ihrer Verfasser von Sinn und Zweck von Unterricht sowie von den daraus resultierenden Lernzielen und Un-terrichtsmethoden widerspiegeln. Ferner haben sie generelle Anforderungen an Fachsprachenlehrwerke aufgelistet. In der Vorüberlegung des Gutachtens wer-den fünf Kriterienkomplexe vorgeschlagen:

1. Deklaration der kommunikativen Zielfertigkeiten

Dieser Aspekt ist eine grundlegende Voraussetzung bei der Konzipierung des Lehrwerks, da die kommunikative Kompetenz im Fremdsprachenunterricht auf verschiedene Weise erworben werden kann. Es muss abgegrenzt werden, wel-ches Lernziel hinsichtlich der fachlichen Kommunikationskompetenz erreicht werden soll.

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2. Benutzerprofil

Es muss festgestellt werden, „unter welchen institutionellen (z. B. Bestandteil eines bestimmten Curriculums) und organisatorischen Voraussetzungen (z. B. Gruppenbildungen) das Lehrwerk verwendet werden kann“ (Beier/ Möhn 1982: 316). Des Weiteren ist die Lernergruppe meist sehr heterogen bezüglich ihrer Sprach- und Fachkenntnisse. Ebenso sind die unterschiedlichen Lehrerkompe-tenzen zu berücksichtigen.

3. Realitätsbezüge der Situation der Texte

Um die fachliche Kompetenzentwicklung zu gewährleisten, sollten wirklich-keitsnahe Materialien für die Vermittlung genutzt werden. Demgemäß sollten die Materialien auf ihren authentischen Bezug hin untersucht werden.

4. Angemessenheit der Struktur des Lehrwerks im Hinblick auf Ziele, Ler-ner und Fächer

Dieses Kriterium beinhaltet die unterschiedlichen Anforderungen an ein Lehr-werk, das sich nach erwachsenen Lernern richtet. Dabei müssen kulturspezifi-sche Hintergründe, Benutzerprofile, Ausgangssprache, sowie die Abfolge und Eingliederung der Übungen im Auge behalten werden.

5. Referenzgrammatik und Referenzlexikon

Die Vermittlung der Grammatik hängt von den Vorkenntnissen der Lernergrup-pe ab. Es wird hier zwischen der expliziten und peripheren Grammatikdarstel-lung unterschieden. Außerdem darf auch der Umgang mit Fachwörterbüchern nicht außer Acht gelassen werden.

Des Weiteren hat Buhlmann einen Minimalkatalog von Analysekriterien zu-sammengestellt. Buhlmann ist der Ansicht, dass diese Kriterien nicht lediglich als Orientierungshilfe bei der Beurteilung fungieren, sondern vielmehr dem Leh-rer erlauben eine genauere und verlässliche Orientierung über das fachsprachli-che Lehrwerk oder Unterrichtsmaterial, das er seinem Kurs zugrunde legen will oder muss, besonders wenn bestimmte Teile des Lehrwerks für eine bestimmte Zielgruppe nicht geeignet sind. In diesem Fall helfen die Analysekriterien dem Lehrer, wo und wie er mit Weglassen, Ersetzen oder Ergänzen umgehen kann (vgl. Buhlmann 1982: 148).

7.3.4 Der Stockholmer Kriterienkatalog

In den 1980er Jahren folgte eine weitere Lehrwerkbegutachtung durch H.-J. Krumm u. a. (1985) - der Stockholmer Kriterienkatalog. Dieser ähnelt in der

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Zielsetzung dem Mannheimer Gutachten, formuliert aber nicht dessen Feinkrite-rien. Während das Mannheimer Gutachten eine qualitative Analyse mit konkre-ten Feinfragen (insgesamt wurden mehr als 120 Fragen pro Lehrmaterial unter-sucht) erarbeitet hat, untersucht der Stockholmer Kriterienkatalog die Lehrwerke hinsichtlich acht ,,Grobzielen“. Dabei konzentriert sich der Stockholmer Krite-rienkatalog vorrangig auf die Selbstlernerfähigkeit der einzelnen Lehrmateria-lien. Diese Perspektive der Schüler bietet nicht nur die Möglichkeit zum eigen-ständigen Lernen, sondern kümmert sich auch darum, inwieweit Lernziele und Fortschritt für den einzelnen Lerner erkennbar sind. Gerade diese Punkte sind bedeutend im eigenständigen Umgang mit Lehrmaterialien, da sie zum einen feedbackgebend bezüglich der eigenen Lernleistungen sind und zum anderen die Motivation zum Weiterlernen bestimmen. Im Folgenden sollen die relevanten Kriterien des Stockholmer Kriterienkatalogs vorgestellt werden.

1. Aufbau des Lehrwerks

Ein erstes Kriterium des Kataloges ist der Aufbau des Lehrwerkes. Dabei wurde begutachtet, inwieweit alle notwendigen Bestandteile in den Lehrmaterialien vorhanden sind und welches zusätzliche Material für den Deutschlerner zur Ver-fügung steht. Des Weiteren wurde auch das Layout der Lehrmaterialen bezüg-lich der Übersichtlichkeit, der graphischen Gestaltung und Kombination von Bild und Text untersucht. Wichtig hierbei ist, dass die entsprechenden Texte auch visuell so aufbereitet sein sollen, dass sie vom Lerner zum Teil intuitiv er-fasst werden können. Bezüglich der Aktualität der Lehrwerke wurde überprüft, inwieweit diese mit den Anforderungen des Lehrplans und der Lernziele über-einstimmen (vgl. Krumm 1994b: 100f.).

2. Inhalte und Landeskunde

Im Schwerpunkt Inhalte und Landeskunde wurde darauf geachtet, wie viele ver-schiedene Nationalitäten in einem Lehrwerk vorkommen. Ebenso hat man ge-sellschaftliche Vergleiche, politische und wirtschaftliche Verhältnisse genauer betrachtet sowie Informationen geprüft, die Auskunft über Geographie und So-ziologie geben. Ein weiteres Kriterium der Lehrwerkanalyse bestand in der Dar-stellung des eigenen Heimatlandes. In diesem Zusammenhang standen Fragen im Mittelpunkt, wie beispielsweise: Konnten in Lehrwerken Vergleiche zwi-schen Deutschland und anderen Ländern auf kultureller, literarischer und ge-schichtlicher Ebene präsentiert werden? Zeigten Lehrwerke typische kulturelle Eigenheiten auf und gab es anschauliche ,,Dialoge der Kulturen", die altersge-recht, sachlich richtig, aber auch abwechslungsreich und kulturkontrastiv prä-sentiert wurden? (vgl. ebd.: 101f.).

3. Sprache

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In diesem Bereich der Lehrwerkbegutachtung wurde in Frage gestellt, ob die Lehrmaterialien sich der Standardsprache bedienen und inwieweit diese auch authentisch und vielfältig formuliert sind. Kernfragen waren vor allem, ob die Sprache situationsgerecht angewendet wird und auch lernerrelevante Redesitua-tionen im Lehrwerk behandelt wurden. Auch die Erklärung bisher unbekannter Wörter und Redewendungen, sowie die verwendeten Sprachen entsprechend des Sprachniveaus wurden überprüft und untereinander (bezogen auf die Lehrwerke) verglichen (vgl. ebd.: 102f.).

4. Grammatik

Da sich fast alle Lehrwerke in ihrer Progression auf die Grammatik konzentrie-ren, kristallisierte sich dieser Bereich als weiterer Schwerpunkt des Stockholmer Kriterienkatalogs heraus. Es wurde darauf geachtet, dass die Grammatik syste-matisch bearbeitet wird. Ferner wurde auch darauf Wert gelegt, dass die gram-matikalischen Begriffe bei ihrer Einführung dem Sprachniveau der Lerner ent-sprechend erläutert werden. Pluspunkte erhielten Lehrwerke, welche die prag-matisch-kommunikative Grammatik berücksichtigten. Noch dazu wurde über-prüft, ob auf den kulturellen Hintergrund der Lerner eingegangen wurde, da auch verschiedene Sprachen zum Teil gleiche grammatikalische Erklärungen und Theorien haben. Weiterhin wurde im Auge behalten, nach welchen Ge-sichtspunkten (Grammatik versus Kommunikation) diese konstruiert wurden (vgl. ebd.: 103f.).

5. Übungen

Lehrwerke arbeiten generell auch mit entsprechenden Übungen, daher ist es notwendig zu fragen, inwieweit die Übungen den gestellten Lehr- und Lernzie-len gerecht werden. Der Stockholmer Kriterienkatalog beschäftigt sich dabei mit den Formulierungen der Arbeitsanweisungen und daneben damit, welche Fer-tigkeiten in den jeweiligen Aufgaben angesprochen werden sollen. Außerdem wurden die Übungstypen daraufhin überprüft, ob ihnen eine entsprechende Sys-tematik zugrunde liegt. Auch die Einbindung von Aufgaben zum Selbstlernen, bzw. verschiedenen Lernformen wurde berücksichtigt, da diese Materialien vor allem von älteren Zielgruppen selbstständig verwendet werden. Wie auch im Mannheimer Kriterienkatalog wurde der Zusammenhang von Übung und ent-sprechenden Lektion überprüft und die Wiederholung von Aufgaben kontrolliert (vgl. ebd.: 104).

7.3.5 Kriterienkatalog zur Gestaltung autonomiefördernder Lehrwerke nach C. Nodari

Seit Beginn der 80er Jahre spielen insbesondere Fragen nach der Lernerorientie-rung und Autonomieförderung von Lehrwerkkonzepten eine zentrale Rolle. Ei-

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ner der führenden Lehrwerksanalysten aktueller Zeit ist Claudio Nodari. Eines seiner zentralen Werke lautet ,,Kriterien zur Gestaltung autonomiefördernder Lehrwerke“ in: Theorie und Praxis. Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache, 3/ 1999.

Darin fordert Claudio Nodari, dass die Konzepte des autonomen Lernens Bedeu-tung in der Gestaltung von Lehrwerken erlangen sollen, um die Selbständigkeit beim Fremdsprachenlernen zu fördern. Der Kriterienkatalog zur Gestaltung au-tonomiefördernder Lehrwerke befasst sich mit der zentralen Fragestellung: ,,Wie werden Fremdsprachlehrmittel in 10 Jahren aussehen?" (Nodari 1999: 200). Da-bei konzentriert sich Nodari auf die autonomiefördernden Inhalts- und Struktur-elemente, die entscheiden,

• ,,ob das Lehrwerk für den Unterricht im Zielsprachenland oder außerhalb bestimmt ist,

• an welche Zielgruppe sich das Lehrwerk wendet (Kinder, Studierende, schulungewohnte Erwachsene, Wirtschaftsleute usw.),

• welche Lehr- und Lernkultur Unterrichtende und Lernende mitbringen.“ (ebd. 1999: 200).

Nodaris Kriterienkatalog dient dabei als Arbeitsinstrument für Lehrwerk-schaffende, das ihnen die Möglichkeit bietet, durch Prinzipien der Lehrwerkges-taltung autonomes Lernen zu fördern. Hier sollen die Lehrwerke so konzipiert und gestaltet sein, dass das Erreichen allgemein-erzieherischer Lehrziele unter-stützt wird. Dies bedeutet, dass sie sich nicht nur an aktuellen Lehrplanvorgaben orientieren sollten, sondern auch eine pädagogische Struktur innehaben müssen. Kritisch sei angemerkt, dass Aktualitätsbezug, wie auch Einsatzbereich der Lehrwerke durch diese Forderung beschränkt worden sind, da Lehrpläne sich kontinuierlich ändern und auch die Lerngruppe aufgrund der pädagogischen Struktur (orientiert an Grundstufe, Lernungewohnte etc.) sehr klein ist.

Nodari ist der Ansicht, dass autonomes Lernverhalten entweder implizit durch die Gestaltung der angeregten Übungsformen und Aufgaben oder explizit durch bestimmte Angebote gefördert werden kann. Sein Kriterienkatalog gliedert sich in sieben Hauptansätze:

A. Orientierung im Lehr-/ Lernprozess: Hier befasste sich Nodari mit der Orientierung im Lehrmittel, mit der Verständlichkeit der instruktionalen Texte und mit der Orientierung im Curriculum.

B. Übertragung von Verantwortung: In diesem Ansatz setzte sich Nodari mit dem Lernpensum, den Inhalten, den Arbeits- und Sozialformen, mit den Übun-gen sowie auch mit den Aufgaben und Aktivitäten auseinander und schlägt neue Aktivitäten zur Förderung der Autonomie bezüglich dieser Punkte vor. Selbst-

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ständigkeit, Eigeninitiative und Eigenverantwortung sind im Lehrwerk dadurch zu fördern, dass mindestens ein Übungsbereich in Form einer (Übungs-) Werk-statt organisiert ist. Der Übungsapparat ist so zu gestalten, dass den Schülern ein Angebot von Übungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wird. Zudem soll die Werkstatt Hilfen für den selbstständigen Umgang und für Leistungskontrollen enthalten. Lehrwerke sollten so ausgearbeitet sein, dass sie zur Vertiefung des bisher Gelernten beitragen können. Übungsmöglichkeiten dienen dabei auch zur Lockerung des unterrichtlichen Geschehens und zur Motivation der Lerner. Des Weiteren müssen die Lehr- und Lernmaterialien so strukturiert sein, dass der Lerner eine Rückmeldung zu seinen bisherigen Leistungserfolgen verzeichnen kann. Unklarheiten und Fehler müssen transparent für den Lerner dargestellt werden können, um Fehlkonzepte beim eigenverantwortlichen Lernen zu ver-meiden.

C. Reflexion über Lernprozesse: In diesem Kriterium beschäftigte sich Nodari mit metakognitivem Wissen, den Lerntechniken, der Selbstkorrektur und den Selbsttests, mit der Reflexion über kommunikative Strategien und mit der Re-flexion über Spracherwerb, indem er fordert, dass im Lehrmittel Instrumente zur Selbst- und Fremdeinschätzung geliefert und explizite Lerntechniken angeboten werden sollen.

D. Erweiterte Lernformen: Um erweiterte Lernformen zu realisieren, schlägt Nodari zwei Techniken vor, nämlich die Steuerung der Unterrichtsform und Unterstützung im Begleitbuch. Hier geht es in erster Linie darum, dass die im Lehrwerk vorgegebenen Inhalte zum kommunikativen Handeln anregen und ko-operatives Zusammenarbeiten verlangen. Zu diesem Zweck sind die Lehrinhalte von Anfang an so zu gestalten, dass Lehrer und Lerner stufenweise zum rezip-roken Lehren/ Lernen herangeführt werden. Das reziproke Lernen/ Lehren gilt als Form der selbstständigen Erarbeitung von Informationen aus Texten. Vor al-lem in Bezug auf die Lesekompetenz der Lerner spielt diese Erarbeitungsmetho-de eine bedeutende Rolle. Der Lerner soll in der Lage sein, selbstständig bedeu-tende Inhalte zu erfassen und zu interpretieren. Der Lerner fungiert beim rezip-roken Lernen selbst als Lehrer, indem er im Dialog mit den anderen Schülern den Text selbstständig erarbeitet. Anfänglich wird die Kernthese des Textes her-ausgearbeitet und weitere offene Fragen werden formuliert. Anschließend wird der erarbeitete Inhalt zusammengefasst und wiedergegeben. Im dritten Schritt werden bisher unklare Aspekte erneut thematisiert und im bisherigen Wissen verankert. Abschließend werden Vorhersagen getroffen, wie sich der Hand-lungsverlauf fortsetzen könnte. Ziel ist es, die Lerner zum selbstständigen Han-deln zu motivieren und ihnen Handlungsstrategien zum eigenständigen Arbeiten beizubringen.

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E. Gebrauch der Zielsprache (mündlich und schriftlich): In diesem Ansatz empfiehlt Nodari, dass die Zielsprache sowohl auf der mündlichen als auch auf der schriftlichen Ebene in vier Bereichen gebraucht werden soll, nämlich im Klassenzimmer, in der Umgebung, im direkten Austausch und im indirekten Austausch. Das Lehrwerk kann im Klassenzimmer eine Anregung geben, deutschsprachige Personen aus der Umgebung für eine Gesprächsstunde einzu-laden. Außerdem soll es ermutigen, dass die Lerner in Kontakt mit deutschspra-chigen Institutionen und Persönlichkeiten treten. Ferner soll das Lehrwerk nach Nodaris Auffassung Austauschprojekte (Schüleraustausch, Lehrpersonenaus-tausch) fördern. Im Bereich des indirekten Austausches soll das Lehrwerk zum mündlichen und schriftlichen Austausch mit deutschsprachigen Personen oder Klassen antreiben. F. Reflexion über Sprache (Language awareness): Die Forderungen nach Re-flexion über Sprache werden im Nodaris Kriterienkatalog explizit behandelt, in-dem sie in vier Formen erscheinen sollen, etwa in Wahrnehmung des Deutschen, Reflexion über die Unterschiede zwischen Erst- und Zweitsprache, Reflexion über die sprachliche Vielfalt und Reflexion über die vielfältigen Funktionen von Sprache. Bei der Wahrnehmung des Deutschen handelt es sich darum, dass im Lehrwerk die Präsenz des Deutschen in der Umgebung der Lernenden themati-siert und hervorgehoben werden soll. Außerdem soll das Lehrwerk die Anre-gung geben, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen dem Deutschen und den vorher gelernten Sprachen nachzudenken und darzulegen. G. Interkulturelles Lernen (cultural awareness): Das interkulturelle Lernen schließt nach Nodaris Ansicht die Wahl der Themen, Thematisierung von Ein-stellungen und Werten, Reflexion über kulturbedingte verbale Normen und Re-flexion über kulturbedingte nonverbale Verhaltensweisen und Riten ein. Hier wird nach authentischen Themen und Unterrichtsmitteln gefragt. Ziele der au-thentischen Mittel sind nicht nur ein korrektes Weltbild der aktuell erlernten Sprache zu transferieren, sondern auch den Lerner mit tatsächlichen Fakten beim Lernen zu unterstützen, was eine positive Wirkung auf die Erweiterung des Wissenshorizonts des Lerners hat. Des Weiteren plädiert Nodari in seinem Kata-log für exemplarische Darstellungen von Einstellungen und Werten verschiede-ner Gruppen im Zielsprachenland und dafür, diese mit der eigenen Wirklichkeit zu vergleichen und darüber zu reflektieren. Er fordert außerdem, dass nicht nur sprachliche Normen (z. B. grüßen, Komplimente aussprechen, telefonieren), sondern auch Tabu-Themen (z. B. über den Lohn sprechen, über Misserfolge sprechen) in der Ausgangs- und Zielsprache kontrastiv präsentiert werden sol-len. Die Konzepte Nodaris beschränken sich nicht nur auf kulturbedingte verba-le Normen, sondern umfassen auch nonverbale Verhaltensweisen (z. B. Hände schütteln, Sprechdistanz, Körperkontakte), die kontrastiv und möglicherweise auch historisch dargestellt werden sollen. Hierbei werden Riten und Sitten aus

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deutschsprachigen Regionen erläutert und mit denen im eigenen Land kontras-tiert.

7.3.6 Qualitätsmerkmale zur Analyse von Lehrwerken nach Funk

Funk (2004) betont, dass die Qualität des Lehrwerks keine Qualität des Lehr- und Lernprozesses zu Konsequenz hat, weil es viele Faktoren gibt, die das Er-gebnis von Lehr- und Lernprozessen beeinflussen; das Lehrwerk ist somit nur einer dieser Faktoren, der zu einer Debatte über die Qualität von Unterrichtsma-terialien geführt hat. So wurde das Lehrwerk auf dem Göttinger Kongress des AKADAF (Akademisches Deutsch als Fremdsprache) ins Zentrum der Auf-merksamkeit einer Tagung gerückt. Anstatt Entwicklungsaspekte vorzuschlagen und darzulegen, haben die meisten Beiträge das Medium Lehrwerk kritisch be-trachtet. Die Kritikpunkte zeigen sich folgendermaßen auf:

• Die Vielfalt der Verarbeitungsprozesse wurde in den Lehrwerken aus di-daktisch-methodischer Hinsicht bemängelt, da ihr begrenztes Übungs- und Aufgabenrepertoire wenig Bezug zu den Möglichkeiten einer realen Sprachverwendung der Zielgruppe nimmt.

• Pädagogisch gesehen weisen Lehrwerke Defizite auf, indem sie zeit- und ortsfern zur aktuellen Lernsituation konzipiert wurden. Sie nehmen keine Rücksicht auf individuelle Lernpotenziale und -probleme der konkreten Zielgruppe. Außerdem behindern Lehrwerke das kreative Unterrichtsge-schehen und erschweren die Entstehung einer lernerorientierten Arbeits-atmosphäre.

• Das Lehrwerk ist die wichtigste Barriere zur Lernerautonomie, deswegen wurde durch die Lerner mehr Prozesskontrolle und mehr Autonomie ver-langt.

• Unter konstruktivistischem Aspekt betrachtet, steht das Lehrwerk dem Prozess der Wissenskonstruktion im Weg. Es kämpft gegen den selbst-ständigen Aufbau von Kenntnissen und Fertigkeiten durch die Bestim-mung von Zielen, Materialien und Methoden.

• Aus einer universalgrammatischen Perspektive tragen Lehrwerke dem Aspekt learnability keinerlei Rechnung, da sie grammatische Strukturen einführen, welche die Erwerbsreihenfolgen nicht beachten und damit die wissenschaftlich erkennbare Abfolge der Lernbarkeit von grammatischen Regeln nicht berücksichtigen.

Diese gegen das Medium Lehrwerk erhobenen Vorwürfe hält Funk (2004) für unsinnig und äußert sich dazu auf folgende Weise:

„Lehrwerke können, besonders dann, wenn Theorie und Praxis zusammenarbeiten, ein gestuftes, geordnetes, theoretisch fundiertes Lernprogramm sein, eine Leitlinie, die Theorie- und Praxiserfahrung enthält und verfügbar macht, nicht aber ein alles umfas-sendes Angebot für den Unterricht“ (Funk 2004: 42).

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In dieser Hinsicht bestätigt Funk die schon früh von Kleppin (1984/85) ausge-drückte Meinung, dass eine hermeneutische Lehrwerkanalyse die empirischen Daten zur Verwendung des Werkes mit berücksichtigen soll. Funk fügt hinzu, dass Lehrwerke als Instrument fungieren können, das den Lehrenden die Gele-genheit bietet, die individuellen Lernerbedürfnisse zu fördern, weil Lehrende sich bei der Unterrichtsvorbereitung, Materialrecherche sowie auch im Unter-richt entlastet fühlen. Noch dazu schlägt Funk vor, dass Lehrende zum sozialen Miteinander im Sprachlernprozess ein reichliches Angebot an kreativen Aufga-ben ausarbeiten sollen. Weiterhin hebt Funk die zunehmende Rolle der Informa-tions- und Kommunikationsmedien (IKT) im Sprachlernprozess hervor. Er sieht, dass ihre Verfügbarkeit eine reichhaltige Lernumwelt schaffen kann.

Zur Bewertung von Lehrwerken schlägt Funk (2004) zwölf Qualitätsmerkmale vor. Er kommentiert, dass es eine Vielzahl an ungesicherten Forschungsergeb-nissen zu Fremdsprachenerwerbsprozessen bzw. zum Fremdsprachenlernen gibt und dementsprechend auch keine Qualitätsmerkmale und -anforderungen an Lehrmaterialien entwickelt wurden. Als Qualitätsmerkmale werden unter ande-rem die Bereiche der Konzeption des Lehrwerks und dessen mediale Ausstat-tung sowie auch dessen Bezug zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrah-men und Profile deutsch sowie auch die fremdsprachendidaktische Aktualität der vier Fertigkeiten aufgeführt. Weiterhin werden die Gestaltung der Übungs- und Aufgabenkonzeption, Grammatik und Phonetik, Wortschatzarbeit, Inhalte/ Landeskunde und die Evaluation/ Selbstevaluation genannt. Diese werden in ei-ner Kriterienliste festgehalten und

„um unterschiedliche Interpretationen der Merkmale zumindest einzugrenzen, werden Beispiele für Indikatoren genannt […]. Um die Gewichtung eines Einzelkriteriums of-fen und transparent zu halten, wird ein Gewichtungsfaktor eingeführt“ (Funk 2004: 44).

Diese Kriterienliste soll zu fachdidaktischen Diskussionen und Reflexionen an-regen und als Strukturierungshilfe dienen.

Nachdem die verschiedenen Kriterienkataloge zur Analyse von Lehrwerken oben dargestellt und diskutiert wurden, ist nun der nächste Schritt, das ägypti-sche DaF-Lehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“ zu analysieren.

8. Das ägyptische DaF-Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“ auf dem Prüfstand: Zu dessen Konzeption und Struktur

Aufgrund der Auseinandersetzung mit den Katalogen zur Lehrwerkanalyse han-delt es sich im Weiteren um eine objektive Analyse des ägyptischen Fremdspra-chenlehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“. Inwiefern das Lehrwerk den Ansprüchen genügt, die der aktualisierte Stand von Forschung, Theorie und Pra-

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xis im Fremdsprachenerwerb stellt, darüber soll im Folgenden Auskunft gege-ben werden. Ausgehend von der Tatsache, dass das Äußere eines Buches für seinen Inhalt wirbt, beginnt die Analyse mit einem Deutungsversuch des vorde-ren Umschlags. Im Anschluss daran wird das Innere des Lehrwerks nach Ge-sichtspunkten wie Aufbau, Themen, Sprache, Grammatik und Lernerorientie-rung untersucht.

8.1 Das Äußere

Das zweibändige Lehrwerk ist durch die Kombination von vier ruhigen Farben (gelb, rot, grün, blau) gekennzeichnet. Klare Schrift charakterisiert den von der Größe her dominanten Titel. Außerdem befinden sich auf dem Frontcover zwei Informationskästchen; einmal mit der Zugehörigkeit des Lehrwerks zum Minis-terium für Erziehung und Unterricht der arabischen Republik Ägypten, das Zweite mit der Aufschrift „Band 1“ bzw. „Band 2“. Klar wird auch, dass es um ein Lehrwerk handelt, das für das Fach Deutsch als zweite Fremdsprache ge-dacht ist. Dies wird schriftlich auf dem Umschlag erwähnt.

Neben den schriftlichen Angaben stellt das Frontcover aber auch eine große Zeichnung dar. Die Kontinente Afrika und Europa sind auf einem Globus zu se-hen. Afrika, wo Ägypten liegt, ist leicht gelblich getönt als Kennzeichen der großen Wüstenflächen. Hier werden zwei der berühmtesten Wahrzeichen Kairos gezeichnet, u. z. die drei Pyramiden und der Kairo-Turm. Die Perspektive der Zeichnung ist so bearbeitet, dass der Betrachter die Bauwerke von oben betrach-tet, d. h. je höher, desto breiter erscheint der Turm und umgekehrt. Außerdem wird Europa in Grüntönen gezeigt, worauf viele Hochhäuser dargestellt werden. Diese Hochhäuser sind ein kennzeichnendes Merkmal von Frankfurt. Überdies dreht sich der Globus gegen den Uhrzeigersinn. Ein Flugzeug fliegt über den Kairo-Turm und bewegt sich in Richtung der Frankfurter Hochhäuser, hinterher flattert ein Flugticket für die Strecke „Kairo-Frankfurt und zurück“.

Aber welche Funktion haben die Auswahl und die Anordnung dieser Motive?

Sie haben eine bestimmte Botschaft, die von den potenziellen Benutzern, näm-lich DaF-Lehrenden und -Lernenden, zu erschließen ist. Die wirbelnde Globus-struktur kann als Sinnbild für die Progression analysiert werden, d. h.: Dieses Buch ist progressiv aufgebaut. Handelt es sich bei der Zeichnung auf dem Um-schlag um einen dynamischen Globus, der in Bewegung ist, so kann man zur folgenden Deutung gelangen: Die Dynamik des Globus symbolisiert die (Vor-wärts-) Bewegung beim Sprachenlernen. Diese Auslegung unterstützt den Ge-danken des progressiven Buchaufbaus und des damit verbundenen Lernfort-schritts. Darüber hinaus spiegeln Flugzeug und Flugticket die inhaltliche Leit-

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thematik des Lehrwerks wider, u. z. machen ägyptische Schüler eine Reise nach Deutschland, weil sie gute Leistungen im Fach Deutsch als Fremdsprache ge-zeigt haben. Demnach ist der Name des Lehrwerks („Kairo-Frankfurt und zu-rück“) auch als Hinweis auf die Metapher dieser Reise zu verstehen, mit der Sprachenlernen in diesem Buch in Verbindung gebracht wird: Das Erlernen ei-ner Fremdsprache ist mehr als das Erlernen von Wortschatz und grammatischen Strukturen. Es bedeutet darüber hinaus das Kennenlernen eines anderen Landes, seiner Menschen und deren Kultur – wobei der Ausgangspunkt immer der eige-ne Herkunftskontext ist.

Weiterhin sind die Hochhäuser, die Pyramiden und der Turm künstlich, von Menschen geplant, gebaut und für Menschen gedacht. Sie kennzeichnen die kul-turellen Errungenschaften jeder Nation.

8.2 Das Innere

"Kairo-Frankfurt…und zurück" ist auf zwei Bände ausgelegt und für Schüler der 9. und 10. Klassen an den staatlichen Gymnasien Ägyptens gedacht. Neben dem Lehrbuch besteht jeder Band des vorliegenden Lehrwerks aus einem Arbeits-buch, einem Lehrerheft und Audio-Kassetten.

8.2.1 Aufbau und Themen

In "Kairo-Frankfurt…und zurück" ist gut nachzuvollziehen, welche Struktur es hat, und auch, wie die Kapitel aufgebaut sind. Das gesamte Buch folgt einer kla-ren Gliederung. Das Inhaltsverzeichnis ist so gestaltet, dass es den Schülern die schnelle Durchsicht des Lernbereichs ermöglicht. Die Inhaltsübersicht befindet sich auf zwei Seiten im 1. Band und auf fünf Seiten im 2. Band. Jede Lektion wird mit Hilfe einer fünfspaltigen Tabelle vorgestellt, bei der jede Spalte einem der folgenden Aspekte zugeordnet ist: Rahmenhandlung, Verständigungsanläs-se, spezielle Fertigkeiten, weitere Schwerpunkte und Grammatik. Dieses Lehr-werk wurde sowohl von ägyptischen als auch von deutschen Autoren verfasst, die sich das Ziel setzten, Schüler auf die Abiturprüfung vorzubereiten, indem das gelernte Wissen in die Praxis umgesetzt werden soll und die Schüler sich in jeder Lebenssituation verständigen können. Die didaktisch-methodische Grund-konzeption dieses Lehrwerks ist die bessere Kommunikation in der Fremdspra-che.

Der erste Band umfasst sieben Lektionen, in denen die Teile A, B, C, D und ge-legentlich E die deutsche Sprache, meist in Form von kurzen Dialogen in All-tagssituationen, mit Bildern bzw. Zeichnungen präsentieren. Die einzelnen Teile haben einen Fokus auf je eine Fertigkeit. Die jeweiligen Schwerpunkte dieser Fertigkeiten werden im Inhaltsverzeichnis zusammenfassend formuliert. Die Lektionen haben neben der Kombination von Fertigkeiten immer ein Gramma-

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tikthema integriert. Die Grammatikvermittlung erfolgt sowohl implizit an Hand von Texten als auch in Form von tabellarischen Darstellungen grammatischer Phänomene. Die Anzahl der Lesetexte ist noch gering, steigt aber im zweiten Band deutlich an. Das als Leitmedium des Unterrichts gedachte Schulbuch soll nicht ohne die Kassetten bearbeitet werden, weil diese alle Texte und eine Viel-zahl von Ausspracheübungen enthalten und die Entwicklung des Hörverstehens unterstützen. Die in jeder Lektion auftretenden Übungen streben besonders die Förderung der Sprechfertigkeit an. Im Lehrwerk, aber auch im Arbeitsbuch be-finden sich Seitenränder, die aus Kapitelnummer und -teil (z. B. Lektion 5, A) bestehen und dienen dazu, eine bessere Orientierung und eine Übersicht der Ka-pitel zu bekommen. In den einzelnen Lektionen wird ferner auf Übungen im Ar-beitsbuch hingewiesen, die den Lernenden die Lehrwerkbenutzung erleichtern. Sie fördern meist die Schreibfertigkeit und haben sowohl den Transfer, als auch die Anwendung der erworbenen Kenntnisse zum Ziel. Überdies werden die Symbole der Kassette als Hinweis auf Ausspracheübung angezeigt. Die wich-tigsten Redemittel werden in Form von Dialogen und Übungen präsentiert und geübt.

Die sieben Kapitel des ersten Bandes tragen die folgenden Titel: „Unsere Klasse – Im Flughafen Frankfurt“, „Die Deutsche Schule in Kairo“, „In Kassel (1): Die Familie“, „In Kassel (2): Wohnen“, „In Kassel (3): Die Goetheschule“, „In Kas-sel (4): Stadtrundfahrt“ und „In Kassel (5): Hobbys“. Wichtige Themen wie „Freizeit und Unterhaltung“, „Urlaub“, „Natur“, „Arbeit und Beruf“, „Wohnen“, „Feste und Feiern“, „Mode“, „Wahrnehmung und Motorik“, „Politik und Ge-sellschaft“ und „Gesundheit“ werden im ersten Band nicht berücksichtigt.

Die globale Thematik des Lehrwerks beschäftigt sich, wie oben dargelegt, mit ägyptischen Schülern, die Deutsch als zweite Fremdsprache lernen. Sie machen eine Reise nach Deutschland, weil sie ausgezeichnete Leistungen im Fach Deutsch erbracht haben. Mit diesen Schülern können sich die Lernenden identi-fizieren, da sie im gleichen Alter und in derselben Lernsituation sind. Darüber hinaus können die problemorientiert gestalteten Lehr- und Lernmaterialien die Kreativität der Lernenden fördern. Somit wird der Lernende aufgefordert, bei der dargestellten Problematik mitzudenken und dann eine kritische Stellung-nahme gegenüber dem Angebotenen zu geben, z. B. über die Beziehung zwi-schen Eltern und Kindern zu diskutieren und die eigene Meinung diesbezüglich begründen, Ägypten und Deutschland zu vergleichen.

Der zweite Band besteht aus elf Lektionen, in denen die Zahl der monologischen Texte und verbunden damit auch die Zahl der Übungen zum Leseverstehen und zur Vermittlung von verschiedenen Lesestilen, wie z. B. detailliertes, globales oder selektives Lesen ansteigt. Die Orientierung an Lesetexten im zweiten Band führt zu einer Akzentverschiebung in Richtung Leseverstehen. Im Vergleich zu

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Band 1 beinhaltet Band 2 (das Kursbuch) anspruchsvollere Themen wie u. a. "Eltern und Kinder", "Unsere Lebensziele", "Unsere Zukunft" und "Industrie und Umwelt". Dabei verfolgt es einen interkulturellen Ansatz. Das bedeutet, dass sich neben Übungen zur Informationsentnahme Übungen finden, die die Schüler zum Mitdenken und zum Vergleich der deutschen und ägyptischen Kul-tur anregen. Typisch für das regionale Lehrwerk ist die Verwendung der Mutter-sprache (Arabisch) zur Erklärung der Fremdsprache (Deutsch). Das heißt, sprachliche Erklärungen sind im formalen Aufbau des Lehrwerks zweisprachig. Seine Zielsetzung liegt darin, die Oberschüler mit dem Deutschen bekannt zu machen. Ferner wird in "Kairo-Frankfurt…und zurück" Wert darauf gelegt, dass die im Lehrbuch dargestellten Situationen möglichst oft in der Klasse zu "Real-situationen" werden, d. h. in Rollenspielen umgesetzt oder auf Abläufe in der Klasse übertragen werden. Im Anhang der beiden Arbeitsbücher befindet sich ein alphabetisches Wörterbuch (Deutsch-Arabisch), welches das Sprachenlernen erleichtert. Das Wörterbuch umfasst nur Wörter, die im Lehrbuch Verwendung finden.

Mit Blick auf diese Beschreibung des Lehrwerks sind aus meiner Sicht folgende Punkte kritisch zu betrachten:

• Wenn die Themen und Texte den altersbedingten Bedürfnissen der Ler-nenden entsprechen, kann dies zu einer höheren Lernmotivation, einem erhöhten Interesse der Lernenden und insgesamt zu einem besseren Ver-ständnis führen. Dadurch können die Lernenden einen Zusammenhang zwischen den Inhalten und ihrem eigenen Leben herstellen. Vor diesem Hintergrund bleibt zu kritisieren, dass die Zielgruppe zwar bei der Kon-zeption der Lehrbuchfiguren berücksichtigt worden ist, aber bei der Ent-scheidung über die Auswahl und die Gewichtung von Themen nicht ein-bezogen wurde.

• Des Weiteren wird der Ansatz des Lernerbezugs in "Kairo-Frankfurt…und zurück" nicht umgesetzt: Lernende werden mit ihrem Vorwissen und ihren Ideen in die Aufgabenstellungen nicht eingebunden; sie bestimmen durch das, was sie an eigenen Vorstellungen und Ideen mitbringen, die konkreten Inhalte nicht mit. Hier ist Lernerbezug nur ein theoretisches Schlagwort, das konzeptuell nicht umgesetzt wird.

8.2.2 Sprache

Das Fremdsprachenlehrwerk richtet sich an Jugendliche DaF-Anfänger, deswe-gen werden die Texte in Standardsprache verfasst. Die Standardsprache zu be-herrschen, erleichtert einen Kontakt mit allen Deutschsprachigen. Darüber hin-aus bietet das Lehrwerk keine Beispiele für die sprachliche Vielfalt, z. B.: Um-gangssprache, Jugendsprache, Werbesprache, Fachsprache oder literarische

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Sprache, ausgehend davon, dass die Adressatengruppe nicht im Stande ist, diese Sprachvarianten oder eventuell dialektale Färbungen zu verstehen. Daher passt die Sprache der jeweiligen Lernstufe.

Wie in jedem Lehrwerk für Anfänger spielt die Phonetik eine Rolle. Dabei wird zunächst der Intonation und ihrer Schulung durch Erkennen und Nachahmen be-sondere Wichtigkeit beigemessen. Die kontrastiv schwierigen Laute, die im Arabischen nicht existieren, werden besonders hervorgehoben und genügend geübt. Überdies werden Intonationshilfen durch Farben, Pfeile, Sprechpausen und Wortakzente gegeben, die vor der zu betonenden Silbe stehen. Dann werden die korrekte Aussprache der Vokale und Konsonanten, später auch die Satzme-lodie und ihre Variationen in bestimmten Sprechsituationen und die Abwand-lung des Sprechtempos berücksichtigt.

8.2.3 Grammatik

In jeder Lektion des ägyptischen Lehrwerks werden grammatische Phänomene thematisiert, geübt und systematisiert. Die Grammatikthemen sind innerhalb der Lektionen nicht abgeschlossen, sondern verbinden, in grammatischer Hinsicht, die Lektionen untereinander. Es ist auch hervorzuheben, dass komplexe Gram-matikphänomene (z. B. Perfektbildung) auf mehrere Kapitel aufgeteilt werden, damit die Lernenden nicht mit der Systematik als Ganzem konfrontiert werden und sich auf die Elemente konzentrieren können, die für die Bewältigung ein-zelner Sprachhandlungen relevant sind. Hier ist die Rede von einer „Streckung“ der Grammatikphänomene über mehrere Lektionen, bis Lernende ein komplettes System zur Verfügung haben. Es erscheint aber sinnvoll, das entsprechende Phänomen in seiner kompletten Systematik zu einem späteren Zeitpunkt zu wie-derholen und gleichermaßen zu vertiefen (konzentrische Progression).

Neue grammatische Strukturen werden in Texten, Gesprächen, Monologen ein-geführt. Dann erfolgt die Bewusstmachung bzw. Aneignung der neuen Gramma-tik durch Tabellen, in denen die neuen Strukturen farbig hervorgehoben werden. In diesem Fall bieten Tabellen eine starke visuelle Unterstützung. Statt einer Regelerklärung seitens der Lehrenden geht es hier um die eigenständige Er-schließung der Regel durch die Lernenden. Die tabellarische Darstellung gram-matischer Regeln spielt erklärtermaßen eine Rolle bei der Präsentation und Se-mantisierung des grammatischen Stoffes. Die Übungen im Arbeitsbuch dienen der Festigung und Vertiefung der Grammatik. Ferner befindet sich im hinteren Teil des Buches ein Lösungsschlüssel.

Leider fehlt im Lehrwerk jeder Hinweis darauf, neue grammatische Regeln mit derartigen in der Muttersprache zu vergleichen. Auch das Verhältnis der neuen Terminologie zu der den Lernern bereits bekannten Terminologie aus dem Mut-tersprachenunterricht ist nicht bedacht.

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Zusammenfassend kann man über die Grammatik in "Kairo-Frankfurt…und zu-rück" sagen, dass sie eine sinnvolle Mischung aus Wiederholung, Systematisie-rung und Erweiterung darstellt, die das eigenständige Lernen in mancher Hin-sicht fördert.

8.2.4 Lernerorientierung

Die Themen in "Kairo-Frankfurt…und zurück" sind auf die Adressatengruppe abgestimmt, d. h. sie sind für Jugendliche (zwischen 16 und 18 Jahre) gut geeig-net (vgl. Themen und Anrede Du/ Ihr). Das Lehrwerk ist im schulischen Bereich weit verbreitet, weil es vom Ministerium für Erziehung und Unterricht zugelas-sen wird.

Es gibt den Lernenden aber keine Möglichkeit, sich selbst zu kontrollieren und einzuschätzen, da es keine Ansätze oder Tests zur Selbstevaluation enthält, die das Erreichen der Lernziele durch Strategien überprüfen. Um das Sprachniveau der Anfänger, die geringe Lernerfahrungen haben, zu berücksichtigen, finden die Arbeitsanweisungen, Kommentare und Hinweise sowohl in der Mutterspra-che (Arabisch) als auch in der Zielsprache (Deutsch) statt und sind insofern ver-ständlich.

Jedoch wird in "Kairo-Frankfurt…und zurück" in Betracht gezogen, Lernstrate-gien oder Lerntipps in der Klasse zu diskutieren und sich gegenseitig Hilfe zu geben. Dies erfolgt unter der separaten Rubrik „Das Lernen lernen“. Die dort angegebenen Strategien sind auffällig markiert und daher deutlich von den Übungen und Texten zu unterscheiden, da diese Rubrik schon farblich deutlich abgesetzt ist und schon im Inhaltsverzeichnis explizit genannt wird. Unter dieser Rubrik wird in aller Kürze erklärt, wie man sich das Lernen einer Fremdsprache erleichtern kann und den Schülern einige brauchbare Hilfen gegeben werden.

Als Kritikpunkte könnten meiner Ansicht nach die folgenden genannt werden, die von den Lehrwerkentwicklern zur Kenntnis genommen werden sollten:

• Weil die Zielgruppe keinerlei Vorkenntnisse im Deutschen hat, ist es meines Erachtens von großer Bedeutung, ihnen etwas über Lernstrategien und ihren Gebrauch zu erklären.

• Bei "Kairo-Frankfurt…und zurück" finden sich leider auch keine Tipps oder Anregungen dazu, wie die Schüler sich konkrete individuelle Lern-ziele setzen können. Auch hier fehlen Strategien zur individuellen Lern-planung, die zum Beispiel erläutern, wie ein Lerner einen Lernplan mit ausreichenden Pausen unter Berücksichtigung der persönlichen Tagesleis-tungshochs und -tiefs aufstellt und einen Arbeitsplatz zur Vermeidung unnötiger Ablenkung sinnvoll gestaltet.

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8.2.5 Übungsformen und produktive Fertigkeiten

Im ägyptischen DaF-Lehrwerk bleibt die Abfolge von Kapiteln, Kapitelteilen, Texten und Übungen unverändert. Weiterhin sind die Übungen in sich geschlos-sen angelegt, d.h. sie ermöglichen nach den vorgegebenen Mustern keine Wei-terarbeit. Nur selten werden Anregungen zu über das Lehrwerk hinausgehenden Projekten gegeben. Ausgehend von einer beschränkten Zahl von Textsorten (Di-alog, Brief, Postkarte, informierende Texte über Landeskunde, Auszüge aus Ta-gebüchern) werden nur wenige Arten des Lesens trainiert: selegierendes, kurso-risches, orientierendes und totales Lesen.

Was die produktiven Fertigkeiten anbelangt, werden sie langsam und kleinschrittig aufgebaut. Die kommunikativ-pragmatische Ausrichtung des ägyptischen DaF-Lehrwerks verbindet die Verwendung spezifischer Redemittel mit bestimmten Sprechsituationen. Somit orientiert es sich an einer situativen Progression. Es fehlen jedoch Arbeitsaufgaben, die Lerner dazu auffordern, den Textaufbau zu erkennen, Grundgedanken zu benennen, Abschnitte zusammen-zufassen, Argumente wiederzugeben, die Intention des Autors aufzuschlüsseln, Aussagen eines Textes zu relativieren oder zu kommentieren. Anlässe zur schriftlichen Produktion bieten formelle und informelle Briefe, Phantasiege-schichten, Bildbeschreibungen und Aufgaben zur Texterstellung aus Stichpunk-ten. Solche Übungen steuern und befähigen damit nicht zum freien Umgang mit der Sprache. Das Lehrwerk enthält nur wenige Übungen, die einen spielerisch-kreativen Umgang mit der Sprache ermöglichen.

Zusätzlich ist zu kritisieren, dass es nicht zu einer problemorientierten Behand-lung der Themen kommt. Zu den einzelnen Inhaltsbereichen stehen keine weite-ren Zusatzmaterialien zur Verfügung, weshalb sich die Lerner nur oberflächlich und unfundiert mit den Themen auseinandersetzen und sie nicht aus verschiede-nen Perspektiven betrachten.

Trotz der genannten Kritikpunkte hat "Kairo-Frankfurt…und zurück" – im Ver-gleich zu älteren Lehrwerken – innovative Bemühungen aufgezeigt. Zu wün-schen bleiben meiner Meinung nach wichtige Aspekte bei den Aufgabenstellun-gen, um die produktiven Fähigkeiten, vor allem die Textproduktion, zu fördern.

8.2.5.1 Übersetzungsübungen

Übersetzungsübungen verdeutlichen die Unterschiede zwischen der Ziel- und Ausgangssprache hinsichtlich Syntax und Semantik. Bei diesen Übungen stehen die sprach-stilistischen Aspekte, die feinen Differenzierungen, die detaillierten Mittel der Kohärenzbildung und Sinngestaltung in der Zielsprache im Mittel-punkt der Aufmerksamkeit. Daher plädiere ich für den Einsatz von Überset-zungsübungen in einem DaF-Lehrwerk. Sie haben folgende Vorteile:

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A. Sie ermöglichen eine gezielte Überprüfung von abweichenden grammati-schen Strukturen in der Ausgangs- und Zielsprache. Dabei ist eine professionelle Übersetzungskompetenz nicht anzustreben. Konfrontative Übungen lenken die Aufmerksamkeit der Lernenden auf die Kontrastivität zwischen Mutter- und Fremdsprache.

B. Übersetzungsübungen lassen die Lernenden erkennen, dass es beim Überset-zen nicht nur eine richtige Lösung gibt. Dabei scheint die treffende Auswahl von Bedeutungen und Strukturen wichtig zu sein.

Die Herübersetzung, d.h. die Übersetzung in die Muttersprache, scheint bei An-fängern sinnvoll, weil sie in der Muttersprache über einen größeren Varianten-reichtum verfügen.

8.2.5.2 Kulturkontrastive Aufgaben

Die Erfahrung zeigt, dass den ägyptischen Lernenden der kulturspezifische Wortschatz fehlt. Damit ist das Wortmaterial zur Beschreibung der eigenen kul-turspezifischen Erscheinungen, wie u.a. Feste und Feiern, gemeint. Deshalb sol-len die kulturkontrastiven Übungen in einem ägyptischen DaF-Lehrwerk mehr Beachtung finden. Bei der Wortschatzvermittlung soll es darum gehen, nicht nur einen Wortschatz für das Alltagsleben zu vermitteln, sondern auch die gesell-schaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Bereiche in Betracht zu ziehen.

Die Vorteile dieser kulturspezifischen Aufgaben sind wie folgt zusammenge-fasst:

A. Die Lernenden können ihre Meinungen über die eigene Wirklichkeit äußern und dabei den ihnen zur Verfügung stehenden sowohl gelernten allgemeinen als auch kulturspezifischen Wortschatz benutzen.

B. Die DaF-Lernenden können sich von ihrer eigenen Kultur distanzieren und sie kritisieren.

9. Das Lehrwerk als Machtinstrument und als ideologisches Instrument

Im Folgenden möchte ich auf die beiden Größen „Macht“ und „Ideologie“ im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts eingehen.

9.1 Zu den Begriffen „Macht“ und „Ideologie“

9.1.1 Macht

„Macht, der Einfluss, durch den Akteure anderen Personen erfolgreich Handlungen vorschreiben oder deren Handlungsmöglichkeiten einschrän-

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ken. Man spricht dabei auch von Machtverhältnissen oder Machtbezie-hungen“ (Nünning 2001: 398f.).

Auf der Grundlage der Definition von „Macht“ kann man die ersten Überlegun-gen zum Zusammenspiel von Lehrwerk und eben diesem „Einfluss“ anstellen: Jedes Lehrwerk ist ein Konstrukt, kreiert im Hinblick auf spezifische methodi-sche und didaktische Zielsetzungen.

Wer sind in diesem Zusammenhang die Akteure? Ist es der verantwortliche Ver-lag, sind es konkrete Personen: die Autoren?

Die eigentlichen Akteure sind meiner Auffassung nach die Lehrwerkmacher und der Verlag. Obwohl sie im Unterricht nicht anwesend sind, üben sie auf indirek-tem Wege Einfluss auf den Unterricht aus, da sie durch das Lehrwerk einen be-stimmten Pfad für den Unterricht vorgezeichnet haben. Es gibt dennoch sicher viele Lehrende, die das Lehrwerk zum Zentrum ihres Unterrichts machen und ihm von der ersten bis zur letzten Seite folgen. Es bildet für sie die Lerngrundla-ge des Unterrichts; es determiniert somit den Inhalt und die Methode des Ler-nens in der Klasse (vgl. Dendrinos 1992: 24).

In diesem Zusammenhang sollte man die Machtverhältnisse im Beziehungsge-flecht zwischen Lehrenden, Lernenden und dem Lehrwerk thematisieren. Des-halb wird es notwendig sein, einen anders gearteten Machtbegriff für die vorlie-gende Untersuchung zugrunde zu legen, um diejenigen Mechanismen aufzude-cken, die sich im Wirkungskreis des Lehrwerks entfalten. Ein eindimensionales Verständnis von Macht als direkte Einflussnahme eines „Akteurs“ auf eine an-dere Person wird dem kaum gerecht, auch scheint es nicht darum zu gehen, einer Person konkrete Handlungen vorzuschreiben oder zu untersagen, es sind offen-bare latente Einflüsse, die hier wirken.

Der Philosoph, Historiker und Gesellschaftstheoretiker Michel Foucault hat ein Verständnis von „Macht“ wie im Folgenden erläutert:

„Der Grund dafür, dass die Macht herrscht, dass man sie akzeptiert, liegt ganz einfach darin, dass sie nicht nur als neinsagende Gewalt auf uns lastet, sondern in Wirklichkeit die Körper durchdringt, Dinge produziert, Lust verursacht, Wissen hervorbringt, Dis-kurse produziert; man muss sie als ein produktives Netz auffassen, das den ganzen so-zialen Körper überzieht und nicht so sehr als negative Instanz, deren Funktion in der Unterdrückung besteht“ (Foucault 1978: 35).

Worin besteht nun der Unterschied dieser Auffassung von „Macht“ zu jener zu-vor zitierten?

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Foucault beschreibt eine Kraft, die „die Körper durchdringt“, die ein „produkti-ves Netz“ ist; es entsteht der Eindruck, dass Macht ein Phänomen sein muss: Sie ist vielseitig und wirkt in verschiedene Richtungen.

Innerhalb dieser Logik ist es nur konsequent, auch den Widerstand gegen Machtwirkungen als ebenso produktiven Teil des ganzen Systems zu begreifen, der neue „Diskurse“ der Macht hervorbringen kann.

Die zuvor erwähnte Definition geht aber von einem eindimensional wirkenden Einfluss aus, den ein bestimmter Akteur auf eine andere Person ausübt.

Auch der Wirkungscharakter von Macht erfährt bei Foucault eine Erweiterung, denn er wendet sich gegen die Auffassung, dass Macht vor allem eine „negative Instanz“, eine „neinsagende Gewalt“ sei; vielmehr sieht er sie eine produktive Kraft, die nicht zuletzt auch „Lust“ hervorbringen kann.

Mit anderen Worten: Macht entfaltet sich nicht dadurch, dass man ihr folgen muss, sondern sie hat Gewalt, da man ihr oftmals folgen will.

Aus dieser Auffassung von Macht ergibt sich, dass in Lehrwerken latente, zwi-schen den Zeilen sprechende Botschaften aufzuspüren sind, die einen Katalog von Werten und Normen bilden, indem Menschen, Regionen und Abstrakta wie Alltag oder Kultur auf eine bestimmte Art und Weise dargestellt werden. Diese Botschaften veranschaulichen den Machtbegriff, so ist Neutralität im Lehrwerk unmöglich. Dendrinos gibt an, dass Schulen

„…are regarded not as neutral but as political sites which impose an ideological cast“ (Dendrinos 1992: 77).

Eine Macht im Lehrwerk besteht darin, dass Sprache und Sprechen Vorausset-zung, Medium und Konsequenz des Vermögens Einzelner darstellt, sich sozial handelnd zu artikulieren, zu präsentieren und zu verändern. Ohne Sprache, ohne das Vermögen, sich mitzuteilen und in diesem Mitteilen die grundlegende Er-fahrung zu machen, erkannt zu werden, ist die Entwicklung individueller Hand-lungsfähigkeit zumindest bedroht. Sprache ist mächtig, da sie eine bedeutende Grundlage der Befähigung Einzelner darstellt, sich sozial und gesellschaftlich darzustellen und wirksam zu sein. Andererseits begründet Sprache das Handeln, so wie das Handeln Sprache ermöglicht (vgl. Mecheril/ Quehl 2006: 358f.).

In einem bildungstheoretischen Sinne muss gesprochene, auch geschriebene Sprache als bedeutender Weg der Erschließung von Welt und immer neuen Wel-ten verstanden werden, in denen sich der Mensch neu erfährt und erschließt. Diese Idee der Handlungserweiterung durch Spracherweiterung könnte durch folgendes Schema veranschaulicht werden:

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Abb. 5: (Mecheril/ Quehl 2006: 359)

Die Idee, die das Schema illustriert, ist: Je sicherer und differenzierter das Re-pertoire schriftlichen und mündlichen Sprachgebrauchs eines Sprechers/ einer Sprecherin ist, desto selbstverständlicher kann er/ sie sich in den Handlungs-sphären eines gesellschaftlichen Zusammenhangs bewegen. Diese Handlungs-sphären werden als symbolisch-räumliche Kreise dargestellt, die zunehmend öf-fentlicher und formeller werden. Inwieweit es dem Menschen gelingt, die als Kreise dargestellten Grenzen von Handlungssphären zu überschreiten, ist ab-hängig sowohl von sprachlichen als auch von den Wirksamkeitserfahrungen, die diesem sprachlichen Selbstvertrauen erwachsen.

9.1.2 Ideologie

Auf alltagssprachlicher Ebene wird der Ideologiebegriff oftmals mit „Denkwei-se“ oder „Weltanschauung“ gleichgesetzt (vgl. Duden 1997: 372).

Ausgehend davon, dass Kultur und Gesellschaft Weltanschauungen bestimmen, wird daher „Ideologie“ als System von Leitideen verstanden, die gesellschaftlich bestimmend sind.

In Metzler Lexikon bezeichnet „Ideologie“ die

„[…] auf der Standortabhängigkeit des Denkens beruhenden Mechanismen, durch die veränderliche, gesellschafts- und interessenspezifische Fakten als naturgegebene, un-veränderliche Daten missverstanden werden“ (Nünning 2001: 269f.).

Laut Dendrinos bezeichnet Ideologie

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„ a system of key beliefs, held by members of a group, that direct their actions and processes in some areas of life“ (Dendrinos 1992: 78).

In Anlehnung an diese Definition versteht Christie unter Ideologie

„sets of beliefs, attitudes, myths, assumptions and values associated with social groups, institutions and classes“ (Christie 1989: 22)

Christie ist der Ansicht, dass Ideologien in Schulprogrammen, Lehrbüchern und in vielen anderen Lehrplanmaterialien dargestellt werden. Sie finden in vielerlei Hinsicht Ausdruck, entweder verbal oder nonverbal.

Was die schulische Ideologie (educational ideology) betrifft, wird von Dendri-nos Folgendes aufgefasst:

„system of beliefs that gives general direction to the educational policies and activities of those who hold these beliefs“ (Dendrinos 1992: 78).

Dendrinos meint auch, dass der Ideologiebegriff nicht nur Ideen, sondern auch Werte und Einstellungen umfasst, was ihm einen evaluativen Charakter beifügt (vgl. ebd.).

In welchem Verhältnis stehen dann „Ideologie“ und „Macht“ zueinander?

Sieht man Macht als eine produktive, alles durchdringende Kraft, dann bedeutet dies für die oben zitierten „Mechanismen“, dass auch diese mittels jener Kraft in alle Lebensbereiche dringen.

Wenn also „Macht“ überall wirkt, ist dann alles, was sie berührt, was sie trans-portiert „Ideologie“?

Foucault selbst hält den Ideologiebegriff für sehr problematisch, lehnt ihn im Grunde ab, weil er „in einem potentiellen Gegensatz zu etwas, was Wahrheit wäre“ steht. Wenn der soziokulturelle Kontext sich ändert, so ändert sich auch das Verständnis dessen, was als wahr angesehen wird. Für Foucault ist Ideologie jedoch untrennbar von etwas, das man als „absolute Wahrheit“ bezeichnen könnte. Wer aber sollte diese „absolute Wahrheit“ besitzen, wie könnte man si-cher sein, dass diese „Wahrheit“ frei von jeglicher „Ideologie“ wäre? (Volk-mann 1999:123).

Der Literaturwissenschaftler Terry Eagleton betont die Stärken des Ideologie-begriffs:

„Eine der Stärken des Ideologiebegriffs ist es, zwischen Machtkämpfen, die zentral für eine Gesellschaftsform sind und solchen, die es nicht sind, unterscheiden zu können“ (Eagleton 1993:15).

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Zu Foucaults Verständnis von „Macht“ äußert sich Eagleton ebenfalls kritisch:

„Wenn es keinerlei Werte und Überzeugungen gibt, die nicht mit Macht verbunden sind, dann drohte eine Expansion des Ideologiebegriff[s] bis zur Unkenntlichkeit. Jede Definition, die zu umfassend ist, verliert an begrifflicher Schärfe und wird zur bloßen Worthülse“ (ebd.).

Die beiden Zitate verdeutlichen, worauf es Eagleton ankommt: Die praktische Anwendbarkeit der Terminologie. Dazu gehört vor allem, dass der Ideologie-begriff dabei helfen kann, in der Untersuchung von Diskursen zwischen zentra-len und marginalen Machtwirkungen zu unterscheiden (vgl. ebd.). Der Begriff „Ideologie“ soll dazu dienen, als selektierendes Element diejenigen Machtwir-kungen in Lehrwerken herauszustellen.

10. Prinzipien und Kriterien für die Konstruktion v on Lehrwerken

Nach der Darstellung von Begriffserklärungen und Funktionen von Lehrwerken beim Lernen fremder Sprachen, Lehrwerkforschung, Lehrwerkkritik und regio-nale Lehrwerkentwicklung möchte ich nun einige Prinzipien und Kriterien für die Konstruktion von Lehrwerken erläutern. Gemäß der Auffassung von Edel-hoff (1999: 70) gibt es fünf Prinzipien für die Konstruktion von Lehrwerken: Dialog, interkulturelles Lernen, Authentizität, Handlungsorientierung und Schü-lerorientierung.

10.1 Dialog

Nach Edelhoff wird Dialog als ein Instrument betrachtet, das man benutzt, um Fremdheit in der Sprache zu überwinden und Distanz abzubauen.

Im fremdsprachenunterrichtlichen Sinne umfasst dieser Ansatz einerseits die ak-tive Entwicklung von Verstehenskompetenz, andererseits eine lebensbezogene Äußerungs- und Mitteilungskompetenz. Wie Edelhoff (ebd.) ausführt, ist Ver-stehen immer auf das Ganze der fremden Sprache gerichtet. Als eine sprachre-zeptive Fertigkeit ist Verstehen eine Voraussetzung, um Sprache zum Äußern benutzen zu können. Demzufolge sollen Strategien und Methoden gelehrt wer-den, um im Leben einer fremdsprachlichen Anforderung nicht verständnislos gegenüberzustehen: z. B. einem Text in der Zeitung, im Buch, auf dem Bild-schirm oder den Äußerungen in einer Situation, bei einer Hör-Seh-Anforderung im Fernsehen, auf der Straße, einem Hörereignis im Radio.

Während sich Verstehenskompetenz immer auf das Ganze einer Sprache richtet, so stellt eine Äußerungs- und Mitteilungskompetenz nur einen Ausschnitt dar, den man aktiv lernen kann. Äußern und Mitteilen zu lehren und zu lernen heißt, mit den wenigen Sprachmitteln, über die man aktiv verfügt, in verschiedenen Lebenssituationen (wie Beruf, Freizeit) sprachkompetent zu sein.

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Zwar steht Sprache zum Verstehen mit Sprache zum Äußern und Mitteilen in einer engen Verbindung, aber gewiss nicht in einem 1:1-Verhältnis. Laut Edel-hoff (ebd.) muss man viel mehr verstehen können, als man aktiv mündlich und schriftlich verwenden kann. Der Sinn liegt darin, dass es keine Sprachäußerung ohne Verstehen gibt. Der Dialog verknüpft Verstehen und Äußern/ Mitteilen und zielt auf Verständigung ab, d. h. verstehen, sich verständlich machen und verstanden werden. Deswegen beschränkt sich das Prinzip des Dialogs nicht nur auf Mündlichkeit, sondern schließt auch eine Auseinandersetzung und Begeg-nung in direkter, textlicher und symbolischer Form ein.

10.2 Interkulturelles Lernen

Bei Verstehen und Äußern/ Mitteilen im Dialog handelt es sich um das Verhält-nis vom Eigenen zum Fremden und wieder zum Eigenen. Aus einer interkultu-rellen Perspektive sollen wir bestimmen, worin das Interkulturelle im eigenen Land als Grundlage für Fremdsprachenlernen besteht, welche interkulturellen Umstände und Bedingungen im Zielsprachenland zu berücksichtigen sind und wie dann kommunikative Beziehungen zwischen diesen lernend aufgebaut wer-den können (vgl. ebd.).

Hier wird Kultur als „Alltagswissen“ verstanden, das nicht nur das alltägliche Handeln von Essen über Bekleidung bis hin zu Berufen und Verwandtschafts-beziehungen umfasst, sondern ebenso die Ideen, die Alltagstheorien und die Deutungsmuster, in denen die Mitglieder einer Kultur in natürlicher Einstellung die sie umgebende Welt interpretieren. Diese Deutungsmuster steuern alltägli-ches Handeln nach Maßgabe von Tradition und sozialem Kontext. In einen sol-chen Rahmen von Alltagsstruktur gehört dann auch die Sprache als der im kommunikativen Handeln festgelegte Orientierungsrahmen für die Auslegung von Situationen und Rollenbeziehungen. Für das handelnde Individuum erhält „Kultur“ demnach die Bedeutung eines sozialen Ordnungsgefüges, das Regeln zur Strukturierung der Umwelt festlegt, die dann in subjektive Handlungsziele und -strukturen umgesetzt werden. Kultur als Gesamtheit sozialer Bedingungen des Verhaltens erfüllt für den Einzelnen eine konkrete Orientierungsfunktion, über die das Individuum innerhalb seines Sozialgefüges erst kommunikations- und handlungsfähig wird (vgl. Boesch 1980: 19f.).

Aus diesem erweiterten Begriff von Kultur folgt zwingend ein relativistisches Verständnis von Kultur: Versteht man diese als einen in sozialer Interaktion und Kommunikation sich konstituierenden Orientierungsrahmen menschlichen Han-delns, dann ist davon auszugehen, dass jede Kultur einem für sie „vernünftigen“ Entwurf sozialer Ordnung und Regeln folgt und damit jeder Kultur-Entwurf eine Existenzberechtigung hat.

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Kultur wird wirklich verstehbar nur in Kenntnis der subjektiven Bedeutung, die ihr die in ihr tätigen Menschen zumessen (vgl. ebd.).

Dieser Ansatz eines relativen, am anthropologischen Element von gesellschaftli-cher Entwicklung orientierten Begriffs von Kultur wird von Boesch einleuch-tend begründet:

„Danach umfasst Kultur den gesamten vom Menschen geschaffenen und immer wie-der umgestalteten Lebensraum, zu dem sowohl Produktionsmittel, Sozialbeziehungen, Symbole und Institutionen gehören“ (ebd.: 20).

Laut Boesch (ebd.: 21) ist

„die Kultur, anders als Natur, das in Interaktionen zwischen Mensch und Umwelt ge-schaffene Verhaltensfeld.“

Verbindendes Element zwischen Mensch und Umwelt ist die Handlung:

„Im Prozess des Handelns wirkt der Mensch auf seine Umwelt ein, zugleich aber er-füllt er darin ihre Forderungen“ (ebd.: 101).

Über diesen Handlungsprozess erst konstituiert sich kulturelle Wirklichkeit, denn

„unsere Umwelt wird erst dadurch gestaltet, dass sie Bedingungen, Ziele und Instru-mente unseres Handelns enthält“ (ebd.: 27).

Diese handlungsrelevanten Ziele und Symbole werden nicht nur durch die vor-handenen instrumentalen Bedingungen und objektiven Situationsanforderungen bestimmt, sondern sind gleichermaßen durch die subjektive Handlungsgeschich-te und soziale Erfahrungen des Individuums beeinflusst.

Zusammenfassend impliziert der von Boesch (1980) entworfene Ansatz, dass

1. Kultur eine individuelle und eine strukturelle Komponente hat,

2. die Kultur konstituierenden Handlungen von subjektiven Vorwegnahmen und Interpretationen der Umwelt abhängig sind und Kultur daher verschiedene Er-scheinungsformen haben kann,

3. Kultur von den Individuen potentiell gestaltet und verändert werden kann.

Ob Kultur als Handlungsfaktor zur Ausgrenzung anderer Kulturen führt oder zu kultureller Identität und der Akzeptanz und Einbeziehung anderer kultureller Entwürfe, hängt weitgehend von der persönlichen Biographie und den sozialen Erfahrungen des handelnden Individuums ab. Kulturelle Handlungsorientierung

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ist also nicht als einseitiger, durch die objektiv-historischen Bedingungen deter-minierter Prozess zu verstehen, sondern wird stets durch den aktiv handelnden und international gestalteten Faktor ‚Mensch’ mitbestimmt (vgl. Jouhy 1985: 69ff.)

10.3 Authentizität

Authentizität von Lehrwerktexten wird seit den 70er Jahren unter dem Einfluss der audiolingualen und audiovisuellen Methoden im Fremdsprachenunterricht sowohl von Theoretikern als auch von Praktikern gefordert. Fremdsprachen-forscher und Fremdsprachendidaktiker haben sich nicht nur mit der Authentizi-tät der verwendeten Sprache beschäftigt, d. h. mit der Frage, ob die im Lehrwerk verwendete Sprache künstlich oder eher natürlich klingt, sondern auch damit, ob die dargestellten Themen den Fremdsprachenlernenden einen authentischen Einblick in die Zielkultur vermitteln. Keim (1994: 163) sieht die Forderung nach authentischen Texten im Fremdsprachenunterricht einerseits als Konsequenz der Akzentuierung auf die Entwicklung der mündlichen Ausdrucksfähigkeit und an-dererseits als Erweiterung der kommunikativen Kompetenz an.

In der Forschungsliteratur kann aber der Begriff „Authentizität“, da er unter-schiedlich definiert und verwendet wird, zu Verwirrungen führen (vgl. Honnef-Becker 1996: 49). Auf der sprachlichen Ebene versteht Henrici (1980: 124) un-ter „authentischen Texten“ solche Texte, die die Fremdsprache, wie sie gespro-chen und geschrieben wird, reproduzieren, ohne Rücksicht auf die Vorausset-zungen und Bedürfnisse der Lernenden zu nehmen. Oftmals aber hat die in Lehrwerken verwendete Sprache einen künstlichen Charakter, was zu Äußerun-gen wie „So spricht doch kein Mensch“ von Seiten der Lernenden führt (vgl. Keim 1994: 162). Das wird von Edelhoff (1986: 23ff.) als „sprachlich-linguistische Authentizität“ beschrieben. Er selbst unterscheidet zwischen der „pädagogisch-situativen Authentizität“ auf der einen und der „Rezeption“ und der „Produktion“ von authentischen Texten auf der anderen Seite. Bei der sprachlich-linguistischen Authentizität geht es um die Qualität der Textauswahl, -bearbeitung und -anordnung. Pädagogisch-situative Authentizität bezeichnet den Umgang mit authentischen Texten im Fremdsprachenunterricht. Die Art der Textpräsentation authentischer Texte beinhaltet häufig beispielsweise Redun-danzen, die den Lernern das Erschließen von Texten leichter machen. Edelhoff differenziert des Weiteren zwischen Rezeption und Produktion von authenti-schen Texten. Von den Lernenden wird erwartet, dass sie die Rezeption von au-thentischen Texten bewältigen können. Jedoch kann man von ihnen nicht ver-langen, dass sie im Fremdsprachenunterricht authentische Texte produzieren, so wie sie von Muttersprachlern produziert würden.

Authentizität von Texten bedeutet nicht, dass man beliebige Sprachdokumente aus dem Zielsprachenland als schulische Vorlagen verwendet, sondern Authen-

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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tizität muss immer in Verbindung zum Lerner gebracht werden. Die Lehrwerk-autoren sollen die Ablösung von der schulischen Situation im Auge haben und das Ziel vorgeben: Ein selbständiger Umgang mit Text und Information seitens der Lerner. Das Augenmerk muss auf dem Einrichten von Dokumenten liegen, zu dem Zweck, dass Schüler authentische Texte selbst auffinden und erschließen lernen.

Dazu zählt die Authentizität der Sachverhalte. Es gibt manche Lehrwerke, die oftmals unrealistische Inhalte benutzen und die Realität abbilden, wie wir sie gern hätten. Es wäre von großer Bedeutung, dass auf authentische Fakten und Sachverhalte Wert gelegt wird, die vielschichtig und unterschiedlich interpre-tierbar sind. Lehrende und ihre Lehrwerke sollen dabei Deutungshelfer sein.

Die Lehrmaterialien sollen kein bestimmtes Bild des Zielsprachenlandes trans-portieren, das von den eigenen Wahrnehmungen und Deutungen der Lehrwerk-autoren ausgeht und das Fremde zu verstehen behindert. Es darf nicht mehr sein, dass Lehrwerkfiguren wie Puppen agieren und an Schauplätzen deutscher Be-deutung eine Basisgrammatik vorführen. Die Sachverhalte müssen mit der Rea-lität übereinstimmen und im Leben überprüfbar sein, ausgehend davon, dass Schüler ihre Lehrenden und die Lehrwerke nicht mehr als alleinige Informati-onsquellen benötigen.

Außerdem sollen die Bedürfnisse und Lernmöglichkeiten der Schüler berück-sichtigt werden, da sie die Gelegenheit erhalten müssen, als ob sie selbst in einer aktuellen und zukünftigen Wirklichkeit sprachlich handelten. Daraus resultiert, dass auch die Lehr- und Lernsituationen authentisch sein müssen. Aus der Per-spektive von Edelhoff (1999: 73) sind authentische Lehr- und Lernsituationen

„solche, die Selbstfindung und Selbstbildung in Gruppe und Schule fördern“ (ebd.: 73).

Aus dieser Auseinandersetzung wird ersichtlich, dass der Begriff „Authentizität“ aus verschiedenen Perspektiven erklärt werden kann, so z.B. die „sprachlich-linguistische Authentizität“, die „Themen- bzw. Inhaltsauthentizität“ (vgl. Keim 1994: 163).

10.4 Handlungsorientierung

Handlungsorientierung wird von der Erziehungswissenschaft neu ins Spiel ge-bracht und ist mit Pestalozzis Lernen mit Kopf, Herz und Hand verknüpft (vgl. Fauser/ Fintelmann/ Flitner 1983). Beim Fremdsprachenlernen ist die Hand-lungsorientierung ein Anlass, über die Grenze des normalen Unterrichts hinaus zu gehen, nationale Grenzen zu übertreten, mit Sprache etwas zu tun und Spra-che mit Konsequenz einzusetzen (vgl. Edelhoff/ Liebau 1988).

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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Der handlungsorientierte Ansatz achtet auch auf die kognitiven und emotionalen Möglichkeiten und die Absichten von Menschen sowie auf das ganze Spektrum der Fähigkeiten, über das Menschen verfügen.

Im handlungsorientierten Unterricht sollen Lernende und Lehrkräfte gemeinsam etwas tun, was zu konkreten Ergebnissen führt, wobei das gemeinsame Handeln den Lernprozess charakterisiert. Handlungsorientierter Unterricht ist ein schü-leraktiver Unterricht, der ganzheitlich abläuft (unter Einbezug von Kopf und Hand/ Denken und Tun). Natürlich verlangt ein solcher Unterricht von allen Be-teiligten eine aktive Mitarbeit, wodurch die Lernmotivation gesteigert wird. Durch Selbsttätigkeit will der handlungsorientierte Unterricht Lernende zur Selbständigkeit hinleiten. Dabei schaffen die Lehrenden Handlungssituationen und bereiten die geeigneten Sach-, Sinn- und Problemzusammenhänge gemein-sam mit den Lernenden vor. Dies führt dazu, dass

• unterschiedliche Methoden und Arbeitstechniken erworben und ange-wandt werden,

• Lernende sich an der Vereinbarung des angestrebten „Produkts“ beteili-gen,

• Lernvorgänge durch die Arbeit am Produkt ausgelöst werden, • Sachzwänge, die eine Arbeit/ eine Lernaufgabe bestimmen, deutlich wer-

den, • Partner- und Gruppenarbeit gelernt wird (also das Einüben sozialer Ver-

haltensweisen), • Ergebnisse genau überdacht werden, bevor sie vorgestellt werden, • Lernwege festgehalten werden, damit auf diese Weise Lernschwierigkei-

ten festgestellt und behoben werden können, • Lernerfolge deutlich werden mit dem Weg, der zu ihnen führt.

Lehrende müssen den handlungsorientierten Unterricht unter Berücksichtigung der Interessen der Lernenden und der Schule planen und durchführen. Lernende sollen dabei in die Planungsphase einbezogen werden (vgl. Jung 2001: 80ff.).

Somit bedeutet ein handlungsorientierter Unterricht • ganzheitliches Lernen, • Selbsttätigkeit, • schüleraktives, neugieriges, selbständiges Lernen, • Lernen mit Fehlern, aus denen gelernt werden kann, • Schließlich zeigt ein handlungsorientierter Unterricht, dass Lernen und

Anwendung, Theorie und Praxis zusammen gehen können.

Handlungsorientierung ist praktisches Lernen, dessen Ziel Lernen mit Sinn ist. Im fremdsprachlichen Unterricht ist es mit den vorher erwähnten Prinzipien,

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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dem des Verstehens und der Verständigung (Dialog), des interkulturellen Ler-nens und der Authentizität, eng verbunden. Unter dem Motto „How to do things with words“ ist Handlungsorientierung Konkretisierung und Konsequenz der anderen bereits genannten Prinzipien.

10.5 Schülerorientierung

Von der Tatsache ausgehend, dass Schüler ihre Kultur, ihre Einstellungen und Werte, ihre Lernfähigkeit und Lerngewohnheiten in den Unterricht mitbringen, muss die Orientierung des pädagogischen Handelns den Lernenden, ihren Be-dürfnissen, ihrer Lebensweltlichkeit und Zukunftsorientierung entsprechen. Die Schüler sind unterschiedlich geprägt. Soziale, kulturelle, ethnische, religiöse, historisch-politische Faktoren wirken auf sie ein und formen sie.

Lebensweltlichkeiten und ihre gesellschaftlichen Bedingungen können durch Er-fahrungslernen und Begegnung mit dem Fremden bereichert und qualifiziert, durch Schule jedoch kaum verändert werden.

Die Arbeits- und Übungsformen sind dazu verpflichtet, schülerorientiert zu sein, Lernerautonomie und Selbststeuerung dazu das Lernen zu unterstützen. Es gibt Arbeits- und Übungsformen, die in manchen Regionen bei manchen Schülern und ihren Prägungen nicht geeignet erscheinen. Und es gibt auch Lerndispositi-onen4 und learner styles, die berücksichtigt werden sollen.

Schließlich gehören zum Prinzip der Schülerorientierung Sozialformen und die Organisation der Differenzierung. Es gibt Anlässe, bei denen Schüler gleicher Lernstände besser lernen können, und solche, bei denen Heterogenität Vorteile bringt. Da man nicht genau feststellen kann, wer die Schüler mit gleichen Lern-ständen, gleicher Lernhöhe und gleichen Lernfähigkeiten sind, scheint das päda-gogische Geheimnis in der Balance zu liegen (vgl. Edelhoff 1999: 74).

Zusammenfassung des Kapitels

Dem zweiten Kapitel liegt eine Frage zugrunde: Warum gibt es kein ideales Lehrwerk, das für alle Unterrichtsformen geeignet ist?

Es wurde schon gezeigt, dass Lehrmethoden bzw. Lehrverfahren und dement-sprechend Lehrwerke „Kinder ihrer Zeit“ (Neuner 1994: 14) sind, d. h. immer

4 Lerndispositionen - so wie ich den Begriff hier verstehe – bezeichnen eine elementare Konkretisierung der Zugehörigkeit zu einem sozialen Kontext. Sie sind hypothetische “Einheiten” des routinisierten und verkörperlichten Handlungsvermögens, Orientierungen, die das Handeln und Erleben der Einzelnen ausrichten. Dispositionen erwachsen aus der Bezogenheit eines Individuums auf einen Kontext, sie ermöglichen diese Be-zogenheit und zeigen sie an. Dispositionen gehen auf Erfahrungen zurück; sie sind erfahrungsvermittelt verfestigte Bereitschaften und Befangenheiten des Körpers, des Denkens, des Empfindens, des Handelns, des Sprechens.

II. Lehrwerke im Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen

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wieder werden neue Lehrverfahren entwickelt, die die Lehrwerkentwicklung be-einflusst und maßgeblich geprägt haben. Aus diesem Grunde entstehen immer neue Lehrwerkgenerationen, die sowohl dominierende Lehr- und Lernformen, als auch gesellschaftliches Erkenntnisinteresse, Eigen- und Fremdbilder und den sozio-ökonomischen Kontext widerspiegeln. Diese Fülle von Faktoren bestimmt die Regionalisierung von DaF-Lehrwerken.

Die Situation der Lehrwerkkritik und Lehrwerkforschung Deutsch als Fremd-sprache und die verschiedenen Kriterienkataloge zur Analyse von Lehrwerken werden im vorab besprochenen Kapitel hervorgehoben.

Aufgrund der Auseinandersetzung mit den Kriterienkatalogen zur Lehrwerkana-lyse handelt es sich um eine Analyse des ägyptischen DaF-Lehrwerks „Kairo-Frankfurt… und zurück“. Dabei steht die folgende Frage im Vordergrund: In-wiefern genügt das Lehrwerk den Ansprüchen, die den aktualisierten Stand von Lehrwerkforschung im Fremdsprachenerwerb stellen?

Im folgenden Kapitel sollen die Entwicklungslinien und Perspektiven des ägyp-tischen DaF-Unterrichts vorgestellt werden. In diesem Zusammenhang werden die Faktoren dargeboten, die die Entwicklungsgeschichte des Deutschunterrichts geprägt haben.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

In diesem Kapitel werden die Faktoren dargestellt, die die Entwicklungsge-schichte des Deutschunterrichts in Ägypten beeinflusst und ihn geprägt haben. Diese Betrachtungsweise ist für die Erstellung neuer Prinzipien zur Entwicklung von Lehrwerken für das Fach Deutsch an der Oberschule in Ägypten von grund-legender Bedeutung.

1. Die gesellschaftspolitische Situation und der Stellenwert der deutschen Sprache in Ägypten

Der Fremdsprachenunterricht in Ägypten hat eine lange Geschichte. Fremdspra-chenkenntnisse waren immer von großer Bedeutung für die ägyptische Bevölke-rung; sie dienen zur Kommunikation, zur Entwicklung der Handelsbeziehungen, zum Wissens- und Kulturaustausch sowohl mit den Nachbarn als auch mit ent-fernten Ländern. Fremdsprachenausbildung wird prinzipiell als sehr wichtig in Ägypten erachtet und deshalb durch unterschiedliche Kulturinstitutionen und Stiftungen gefördert, wie das „Goethe-Institut“, den „Deutschen Akademischen Austauschdienst“ (DAAD), das „Österreichische Kulturinstitut“, die „Deutschen Schulen“ und die „Deutsche Botschaft“. Durch diese Institutionen fördert die Bundesrepublik Deutschland die deutsche Sprache im Ausland. Der Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kulturpolitik 2000 begründet die Förderung der deutschen Sprache im Ausland wie folgt:

„Die Förderung der deutschen Sprache im Ausland ist weiterhin ein Schwerpunkt der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Je besser die Deutschkenntnisse im Ausland sind, desto leichter werden wir verstanden. Wer Deutsch als Fremdsprache lernt, do-kumentiert ein erhebliches Interesse an unserem Land. Darüber hinaus ist ein moder-ner Deutschunterricht ein ideales Mittel, um ein realistisches und facettenreiches Deutschlandbild zu vermitteln“ (Bericht der Bundesregierung zur Auswärtigen Kul-turpolitik 2000 2001: 6).

Die Geschichte der Bildung in Ägypten begann mit dem Religionsunterricht, der in den Moscheen und kleinen Gebetsecken stattfand. Diese Art von Bildung ent-faltete sich durch Al-Azhar5 und Koran-Schulen (arab. „Kuttāb6“) und herrschte bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Die Methode des Unterrichts in den Koran-Schulen bestand darin, dass die Kinder die arabische Hochsprache lernten, in-dem sie ihrem Scheich (Lehrer) bei der Rezitation der Verse aus dem Koran zu-hörten. Die Kinder wiederholten das Gehörte und lernten es auswendig. Diese Koran-Schulen bereiteten auf den Besuch der Schule vor. Zu dieser Zeit galt Al-Azhar als eine Hochschule, an der die Schüler die Grammatik der arabischen

5 Mehr zum Al-Azhar und azharitischen Bildungssystem siehe Abschnitt 2.1 in diesem Kapitel. 6 Kuttāb ist eine kleine, islamisch-traditionelle Koran- und Schreibschule und existiert auch heute noch.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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Hochsprache lernten. Dann studierten sie Logik, Rhetorik und Poesie, deren Studium zwei oder drei Jahre dauerte. Danach hatte der Schüler – wenn er woll-te – die Möglichkeit, sein Studium weiterzuführen, indem er die Auslegung von Koran-Suren sowie die so genannte Hadīt-Literatur (Nachrichten über Aussagen und Handlungs-/ Verhaltensweisen des Propheten Muhammad) ausführlicher studierte. Dieses Studium dauerte durchschnittlich acht bis zehn Jahre. Nach dem Abschluss des Al-Azhar Studiums wurde der Student als „Scheich“ bzw. „Wissenschaftler“ bezeichnet.

Unter Mohammad Ali (geb. 1769 – gest. 1849) – dem Gründer des modernen Ägyptens –begann der Aufbau eines neuen Staatswesens in Ägypten, wobei das Bildungswesen, insbesondere die Hochschulen, zum Kern der Veränderungen erhoben wurde. Er führte eine Bildungsrevolution im Lande. Er versuchte ein für Ägypten modernes Bildungswesen nach dem europäischen Muster (eher Frankreich) einzuführen, indem er im Jahre 1844 viele Missionen nach Europa sandte. Sie umfassten die Oberschicht, die sich weiterbilden sollte, um zur Wei-terentwicklung des Landes auf industrieller, wissenschaftlicher und militärischer Ebene beizutragen. Damit zielte er darauf ab, einerseits seine Armee mit den be-nötigten Offizieren, Ärzten und Ingenieuren zu versehen, andererseits Ärzte, In-genieure und Mitarbeiter auszubilden, um in den verschiedenen Branchen der Regierung zu arbeiten. Außerdem ließ Mohamed Ali im ganzen Land ca. 50 Grundschulen bauen. Der Rat für Grund- und Hochschulangelegenheiten – ge-gründet am 9. März 1837 – plante die Errichtung von Schulen für Mädchen. Er war der Kern für das erste Bildungsministerium in Ägypten (vgl. Schüller 2010: 17ff.).

Weiterhin gründete Mohamed Ali in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhun-derts eine Reihe von Hochschulen, wie z. B. medizinische, tiermedizinische, landwirtschaftliche, Schulen für Ingenieur- und Rechnungswesen, Rechtswis-senschaftliche Schulen, Verwaltungs-, Sprach-, pharmazeutische Schulen, sowie Kriegs-, Marine-, Infanterie- und Reitschulen. Die Sprachschule wird als die wichtigste der von ihm gegründeten Schulen betrachtet, da sie die Übersetzung der Wissenschaften aus der westlichen Kultur betrieb, so dass die anderen Ge-biete daraus Nutzen ziehen konnten. Diese Hochschulen wurden durch den Rat für Grund- und Hochschulangelegenheiten kontrolliert. In dieser bemerkenswer-ten Ära von Mohamed Ali waren die meisten Missionen nach Frankreich gerich-tet; darin liegt die Vertiefung der Wurzeln der französischen Kultur in Ägypten begründet7 (vgl. Shils/ Roberts 2004: 166).

Unter den Studierenden, die in einer Mission nach Frankreich geschickt worden waren, war Rifa‘Á AÔ-Óahtāwī. Nach seiner Rückkehr nach Ägypten war er der

7 In acht Missionen wurden 372 Studenten nach Frankreich, 68 nach England, 7 nach Österreich gesandt.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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Ansicht, dass die Modernisierung Ägyptens auf zwei Konzepten basiere: Ers-tens, eine Zeitung nach dem französischen Vorbild zu errichten, zweitens, Fremdsprachen in der Bildung große Aufmerksamkeit zu widmen. Mohamed Ali war ganz davon überzeugt und benannte Rifa‘Á AÔ-Óahtāwī.als Chefredak-teur der Zeitung „Al-waqa’i‘ al-masriya“ (dt. Ägyptische Tatsachen), die zwei-sprachig in Arabisch und Türkisch gedruckt wurde, und als Direktor der Hoch-schule für Sprachen.

Darüber hinaus hat in der Zeit von Mohamed Ali die Übersetzung von Büchern in allen Bereichen aus den europäischen Sprachen ins Arabische einen Auf-schwung erlebt. Daraus resultiert die Übersetzung von ca. 2000 Büchern.

Aber diese Konzeption Mohamed Alis zur Förderung der Bildung im modernen Ägypten hat später durch den englischen Kolonialismus an Bedeutung verloren8. Die Kolonialmächte wollten kein gebildetes ägyptisches Volk, das zukünftig ge-gen sie protestieren könnte.

Was die deutsche Sprache und Kultur anbelangt, war die von Mohamed Ali ge-gründete Hochschule für Sprachen die erste öffentliche Bildungseinrichtung, die sich mit den Fremdsprachen akademisch beschäftigte. In dieser Schule vermit-telte im Jahre 1860 ein ägyptischer Lehrer die österreichische Kultur, da zu die-ser Zeit die Studienmissionen, die die Lehrer sprachlich qualifizieren, nur nach Österreich führten (vgl. Maher 1991:33). So kann Ägypten auf eine große Bil-dungstradition zurückblicken und kann Deutsch als Fremdsprache auf eine Tra-dition bis zurück ins 19. Jahrhundert verweisen. Die Fremdsprache Deutsch hat bis heute eine für die arabische Welt außerordentliche Stellung erreicht.

Es sind einige Faktoren zu nennen, die den bedeutenden Stellenwert der deut-schen Sprache in Ägypten begründen:

a) Politische Maßnahmen

Warum Deutsch an ägyptischen Schulen und Universitäten unterrichtet wird, wird von der Sprachenpolitik9 stark beeinflusst. Wenn man die Situation der Fremdsprachen in Ägypten näher betrachtet, findet man, dass Englisch als erste Fremdsprache dominiert, gefolgt von Französisch und Deutsch als zweite Fremdsprachen. Aber andere weniger verbreitete Fremdsprachen wie Italienisch sind auch zu finden.

8 Seitdem Nasser (geb. 1918 - gest. 1970) am 16. 01.1956 an der Macht kam, sind alle Staatsbürger verpflichtet, die Schule gebührenfrei zu besuchen. 9 In diesem Zusammenhang ist die Sprachpolitik zu definieren als alle Maßnahmen und Regeln, mit denen der Gebrauch von bestimmten Sprachen vorgeschrieben wird.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

69

b) Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands

Die Zusammenarbeit Deutschlands mit Ägypten hat sich auf der wirtschaftli-chen Ebene besonders gegen Ende des 20. Jahrhunderts zunehmend intensiviert. Der Grund liegt darin, dass Deutschland nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner für Ägypten war, was ein steigendes Interesse an der deutschen Sprache hervorrief. Seit etwa fünfzehn Jahren erfährt Ägypten einen anhalten-den Wirtschaftsaufschwung, welcher das Land auch für deutsche Investoren zu einem attraktiven Handelspartner gemacht hat (vgl. Lange 2003). Indiz für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation sind die seit 1997 wachsenden Zah-len im Bereich des gegenseitigen Im- und Exports deutscher bzw. ägyptischer Waren. Während Deutschland insbesondere Maschinen, elektrotechnische Er-zeugnisse, chemische Erzeugnisse und Fahrzeuge nach Ägypten liefert, expor-tiert Ägypten Baumwollkleidung, Kraftstoffe, Schmieröle und Nahrungsmittel nach Deutschland. Weiterhin assoziieren die meisten Ägyptern große deutsche Marken wie (Daimler) Mercedes, AEG, BMW, Allianz, Adidas, Löwe, Villeroy & Boch und Siemens mit hervorragender, hochwertiger Qualität.

c) Affektive Dimension gegenüber der deutschen Gesellschaft

Da Ägypten in der Vergangenheit von England und Frankreich annektiert wur-de, haben die Ägypter negative Einstellungen gegenüber diesen Ländern, somit auch gegenüber ihren Sprachen. Aber die Situation mit Deutschland sieht ganz anders aus. Deutsch wird im institutionellen Kontext des Lehrens und Lernens fremder Sprachen prinzipiell erst nach Englisch gelernt. Ausgehend von dieser Sprachenfolge besteht auf Seiten der Lehrenden und Lernenden die Möglichkeit, ihr sprachliches Vorwissen, Sprachlernerfahrung und Transferprozesse effektiv zu nutzen.

Auf der These basierend, dass das Image einer Fremdsprache die Attitüden zu dieser Sprache und zum Fremdsprachenlernen beeinflusst, haben die meisten Ägypter positive Einstellungen gegenüber der deutschen Sprache. Solche positi-ven Gefühle verbessern die Fähigkeit eines Lernenden beim Spracherwerb, Ideen kreativer, d. h. mit mehr Möglichkeiten, zu organisieren und ins Langzeit-gedächtnis aufzunehmen. Daraus kann man schließen, dass Emotion und Kogni-tion sich gegenseitig beeinflussen (vgl. Lochtman/ Lutjeharms 2004: 173). Mit dem Deutschen als Fremdsprache sind positive Gefühle seitens der Ägypter ver-bunden, was zu einer besseren Beherrschung der Sprache führt. Außerdem wird die Sprache als leichter zu lernen empfunden und ihre Verarbeitung verläuft müheloser.

Die meisten Ägypter haben ein positives Bild von Deutschland. Meiner Auffas-sung nach ist solche Positivität auch teilweise gegenseitig. Man hört von Deut-

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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schen immer wieder, dass sie Ägypter mit Begriffen wie Gastfreundlichkeit, Herzlichkeit, Freundlichkeit und Höflichkeit beschreiben.

Deutschland pflegt zu Ägypten sehr gute Wirtschafts- und Handelsbeziehungen. Dank den traditionell guten deutsch-ägyptischen Beziehungen gehört Ägypten zu den Schwerpunktländern der bundesdeutschen auswärtigen Kulturpolitik10. 1960 trat ein Kulturabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Ägypten in Kraft. Aber auch die DDR war in Ägypten durch Kulturzentren in Kairo und Alex präsent, an denen DDR-Lektoren und ägyptische Lehrkräfte Deutschkurse abhielten. Zurzeit hat die ägyptische Außenpolitik Beziehungen zur Europäischen Union (EU) und wünscht ein stärkeres Engagement der EU für einen Frieden im Nahen Osten. Die Zusammenarbeit mit der EU hält Ägypten für grundsätzlich positiv, nötig und nützlich. Ein Assoziationsabkommen zwi-schen der EU und Ägypten ist am 1. Juni 2004 in Kraft getreten. Ein gemeinsa-mer Aktionsplan im Rahmen der EU-Nachbarschaftspolitik, der die Zusammen-arbeit zwischen Ägypten und der EU konkretisiert und Zielvorgaben festlegt, wurde im März 2007 vereinbart. Im Sommer 2007 fanden die ersten Treffen der Unterausschüsse zur Umsetzung des Aktionsplans statt (vgl. Auswärtiges Amt 2010).

2. Zur Organisation des Deutschunterrichts in Ägypten

2.1 Bildungssituation in Ägypten

Die Bildungssituation in Ägypten – vor allem die an den Hochschulen – unter-scheidet sich erheblich von der in Deutschland. Zahlreiche soziale, wirtschaftli-che und kulturelle Umstände spielen dabei eine Rolle. Im Folgenden wird ein Blick darauf geworfen.

In einem Land wie Ägypten bietet die Bildung die Gelegenheit einer besseren Zukunft für Millionen junger Ägypter. Es eröffnet Möglichkeiten und Chancen, eine gut bezahlte Arbeit zu finden und einen besseren sozialen Status zu erlan-gen. Dadurch ist das Studieren in Ägypten mehr zu einer Art sozialer Gewohn-heit geworden. Hier unterscheidet sich Ägypten von Deutschland und anderen Industrieländern, in denen das Studium als fortgeschrittene Phase betrachtet wird, in die man nicht unbedingt eintreten muss. In Deutschland kann auch ein nicht studierender junger Mensch eine gute Chance auf dem Arbeitsmarkt, ein gutes Einkommen und einen angemessenen sozialen Status erlangen.

10 Ägypten ist mit der German University, den drei deutschen Schulen und den Goethe-Instituten aber auch ein Schwerpunktland deutscher Kulturpolitik in der Region. Diese Institutionen zeigen deutlich, dass Deutschland in Ägypten kulturell stark vertreten ist.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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Vor diesem Hintergrund sind die Jahre in der Oberstufe für ägyptische Schüler sehr kritisch und werden als die entscheidende Phase für die Zukunft betrachtet. Viele bezeichnen sie als eine schreckliche Zeit, da das Ergebnis dieser Jahre da-rüber entscheidet, ob ein Schüler sich an seiner gewünschten Fakultät einschrei-ben kann oder nicht. Die Einschreibung wird durch eine so genannte „Zulas-sungsstelle“ geregelt, die die vorhandenen Plätze der staatlichen Universitäten und Fachhochschulen nach den Wünschen der Studenten und gemäß ihrer Abi-turnoten aufteilt. In der Oberstufe muss sich der Schüler für einen von zwei Be-reichen entscheiden: für den naturwissenschaftlichen oder den sprachlich-literarischen Bereich, in dem jeweils die entsprechenden natur- oder geisteswis-senschaftlichen Fächer unterrichtet werden. Jeder Bereich qualifiziert seine Schüler für bestimmte Fakultäten. Es gibt aber auch Fakultäten, die Schüler aus beiden Bereichen aufnehmen, und es gibt andere, die besondere Fähigkeiten vo-raussetzen und neben der genügenden Abiturnote auch noch Aufnahmeprüfun-gen fordern.

Der Schulbesuch ist seit 1923 obligatorisch und das staatliche ägyptische Bil-dungssystem ist kostenlos. Die Schulpflicht umfasst neun Jahre (6. bis 15. Le-bensjahr). Die schulpflichtige Zeit, die sogenannte Basic Education, lässt sich in zwei Stufen gliedern: Sechs Jahrgangsstufen Grundschule (Primary School 1.-6. Klasse), die mit dem .Primary School Certificate abgeschlossen wird und drei Jahre Mittelschule (Preparatory School 7.-9. Klasse), die mit dem Basic Educa-tion Completion Certificate endet (vgl. National Centre for Educational Re-search and Development 2001).

Nach der neunjährigen Schulpflicht können die Schüler zwischen der allge-meinbildenden Sekundarschule (General Secondary School), der Technical Se-condary School (dreijährige Ausbildung zum Facharbeiter) und der Technical School (fünfjährige Ausbildung zum Facharbeiter auf höherem Level) wählen.

Besonders in der allgemeinbildenden Sekundarstufe geben sich Schüler und de-ren Familien die größte Mühe, bestmögliche Ergebnisse zu erreichen, aus dem Grunde, dass für ägyptische Familien die Ausbildung ihrer Kinder das wichtigs-te Ziel ist. Außerdem gibt es von den meisten Schülern erwünschte Fakultäten, die als „Spitzenfakultäten“ charakterisiert sind, weil sie sehr gute Abiturnoten fordern. Medizin, Ingenieur-, Politik- und Medienwissenschaften gehören dazu - und sollen ihren Absolventen eine bessere finanzielle und soziale Zukunft versi-chern.

Im Vergleich zum staatlichen Schulsystem befindet sich in Ägypten ein parallel verlaufendes, religiös gefärbtes Bildungssystem, das als azharitisches Bildungs-

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

72

system11 bezeichnet wird. Damit ist das Bildungssystem an den azharitischen Schulen und an der Universität Al-Azhar (gegr. 969) gemeint. Al -Azhar12 ist die älteste Universität der Welt (vgl. Shils/ Roberts 2004: 166).

Im azharitischen Bildungszweig wird getrenntgeschlechtlich unterrichtet. Die Struktur und der Unterricht in den Azhar-Schulen und an der Al-Azhar-Universität entsprechen überwiegend denen des staatlichen Schul- und Hoch-schulsystems, jedoch wird den islamischen Fächern und dem Arabischunterricht größere Relevanz beigemessen.

„Vor allem die umfassende Reform von 1961 hat das Azhar-Bildungssystem mit dem staatlichen Universitäts- und Schulsystem verflochten. […] Indem neben den allge-meinen Fächern Arabisch, Koranlehre, islamische Studien etc. unterrichtet werden, […] blieb die Azhar ihrer islamischen Tradition verhaftet. Durch die doppelte Zielset-zung des Azhar-Bildungssytems verlängert sich die Ausbildung im Verhältnis zum staatlichen Schulsystem13. […] Im Sommer 1998 erfolgte erneut eine Reform zur Re-lativierung der Dichotomie: Die Oberstufe an Azhar-Schulen wurde um ein Jahr redu-ziert“ (Arras 2001b: 1602).

Im Gegensatz zu diesen zwei Schultypen haben sich in Ägypten in den letzten Jahren in steigender Zahl Privatschulen angesiedelt, die Schulgeld erheben, aber eine bessere Ausbildung als die staatlichen Schulen bieten und deshalb nur für eine Minderheit der Schüler in Frage kommt. Für die Bezahlung von Schulgeld und Privatstunden werden große Opfer gebracht. Nicht nur die inkompetente Verwaltung in der Bildung ist die Ursache für das stetig sinkende Niveau der staatlichen Schulen. Noch dazu kommt der Lernstoff, der auswendig gelernt wird; Frontalunterricht ist die Regel; die Lehrbücher sind veraltet; nachzuden-ken, nachzufragen oder frei zu formulieren stehen nicht auf dem Stundenplan. Ferner sind die Schulgebäude verfallen, überfüllt; die Lehrer lehren den Stoff erst nach Schulschluss in Privatstunden, die ihnen das Überleben sichern. Pri-vatunterricht wird darüber hinaus von den Eltern unterstützt und ist zu einer Gewohnheit geworden, weil sie davon überzeugt sind, dass Privatunterricht ih-ren Kindern ein höheres Wissens- und Lernniveau sicherstellt. Obwohl das Er-ziehungsministerium die hohen Schulkosten der Privatschulen kritisiert und vor kurzem versprochen hat, die Lehrergehälter zu erhöhen, ist mit einer wirklichen Reform jedoch noch nicht zu rechnen. Infolgedessen steigt weiter das Interesse an Privatunterricht und Privatschulen in den nächsten Jahren.

11 Zur Entwicklung und Struktur des azharitischen Bildungssystems siehe Arras, Ulrike (2001a): „Germanistik an der Universität Al-Azhar in Kairo (Ägypten)“. In: Info DaF 28/1, S. 42-50. 12 Das Wort Al-Azhar bedeutet: die „Blühende und/ oder Leuchtende“. Für diesen Namen gibt es zwei Erläute-rungen. Zum einen soll der Name von den um die Moschee gebauten „blühenden“ Palästen stammen. Zum ande-ren kann von FaÔima z-zahrÁÞ stammen, Tochter des Propheten MuÎammad, da die Fatimiden sie hoch achteten. Diese Benennung ist über die Jahrhunderte bis heute geblieben. 13 4 Jahre Oberschule statt 3 an den staatlichen.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

73

Was das ägyptische Hochschulwesen betrifft, verfügt Ägypten über eine große Zahl von Universitäten (18 staatliche und 16 private) und über reichlich weitere Forschungseinrichtungen. Die Al-Azhar-Universität hat sogar eine über tausend-jährige Geschichte und erlangt in der arabischen Welt Geltung. Das staatliche Hochschulsystem richtet sich nach britischen und französischen Mustern: Nach vier- bis fünfjährigem Studium in Basisfächern wird der Licence oder der Bac-calaureos als Abschluss erreicht. Für den Magisterabschluss sind anschließend zwei bis zu fünf Jahre vorgesehen, und die Promotion dauert weitere fünf Jahre. Im Bereich der Hochschulgermanistik und DaF müssen sowohl die Magister- als auch die Doktorarbeit in deutscher Sprache angefertigt werden.

Neben den kostenlosen staatlichen Universitäten und der Al-Azhar-Universität werden in den letzten Jahren viele Universitäten eröffnet, die sich in privater Hand befinden (wie z.B. Delta Universität für Wissenschaft und Technologie, Nahda-Universität, 6.Oktober-Universität, Nil-Universität, Alsun-Akademie, Egyptian E-Learning Universität). Diese privaten Einrichtungen finanzieren sich über Studiengebühren.

In den neunziger Jahren wurde im staatlichen Hochschulbereich ein größeres Fassungsvermögen geschaffen, um die Schwierigkeit des jährlichen Studieren-denzuwachs überwinden zu können: Neue staatliche Hochschulen sind in Vor-bereitung; teilweise als echte Neugründungen oder es werden einzelne Universi-tätszweige in autonome Universitäten umgewandelt. Ebenso wird die Möglich-keit zum Fernstudium weiter ausgebaut. Neben den amerikanischen, deutschen, französischen und britischen Universitäten wurde die Gründung von kanadi-schen, chinesischen, russischen und indischen Hochschulen geplant. Aufgrund des explodierenden Bevölkerungswachstums ist doch klar geworden, dass die Nachfrage nach Studienplätzen das Angebot deutlich übersteigt. Der quantitati-ve Ausbau war von großer finanzieller Investierung abhängig und konnte nur auf Kosten der Qualität realisiert wurde. Die staatlichen Universitäten sind drei-fach überbelegt. Infolgedessen leidet die Qualität der Ausbildung. Weiterhin werden bis zu 70 Prozent der Studierenden aufgrund ihrer Schulnoten in Stu-diengängen zugelassen, die sie eigentlich nicht interessieren. Ende der Neunzi-ger Jahre wurde über die Einführung von Studiengebühren zur Verbesserung der finanziellen Situation der staatlichen Universitäten nachgedacht. Diese Überle-gungen wurden aber ad acta gelegt, um Unruhen in der Studentenschaft zu ver-meiden. Folglich stößt der ägyptische Hochschulbereich auf viele Schwierigkei-ten: Zu viele Studenten, überfüllte Veranstaltungen, schlecht bezahlte Dozenten, mangelhafte Forschungseinrichtungen, Fehlen von qualifizierten Lehrkräften, Abwesenheit von neuen Medien, schlecht ausgestattete Bibliotheken14 und häu-

14 Sie erlauben oft nur eine erste Orientierung, aber aktuelle Forschungsergebnisse sind selten zugänglich.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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fig unmodernisierte Lehrmaterialien. Zudem basieren Universitätskarrieren häu-fig nicht auf Leistung, sondern auf Dienstalter oder Beziehungen. Außerdem wird der Lernstoff auswendig gelernt, Frontalunterricht ist die Regel, Nachden-ken, Nachfragen oder frei Formulieren kommen nicht in Betracht.

1964 garantierte die ägyptische Regierung allen Hochschulabsolventen, in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, was sich anschließend als großes Problem darstellte. Da die Zahl der Universitätsabsolventen ständig stieg, konnte der Staat in den letzten Jahren die Verantwortung seiner Entscheidung nicht mehr tragen und hat seine Garantie endgültig abgeschafft. Ein weiteres Problem im ägyptischen Hochschulwesen ist, dass sich zu wenige Studenten für Fächer wie Ingenieur- oder Wirtschaftswissenschaften einschreiben, für deren Absolventen in Ägypten Bedarf vorhanden wäre. Dagegen immatrikulieren sich viele Stu-dienanfänger in den Geisteswissenschaften, die im Land ein besonders hohes Ansehen haben, oft aber ungleich schlechtere Berufschancen bieten.

Mit Hilfe internationaler Organisationen wie z. B. der Weltbank sind in den letz-ten Jahren eine Reihe von Reformprojekten an den Hochschulen finanziert wor-den, die von einer Arbeitsgruppe im Hochschulministerium (HEEP – Higher Education Enhancement Project) im Jahre 2002 koordiniert werden (vgl. Welt-bank 2008). Gerade die Weltbank warnt davor, auf eine rein quantitative Expan-sion des Bildungssystems zu setzen, ohne vorher dringend notwendige qualitati-ve Verbesserungen sicherzustellen. Mit den von der Weltbank insgesamt zur Verfügung gestellten 60 Mio.-US Dollar sollen im Rahmen des HEEP in erster Linie drei Ziele erreicht werden:

1. Höhere Effizienz durch besseres Hochschulmanagement; 2. Verbesserung der Qualität und der Arbeitsmarktrelevanz der Hochschul-

ausbildung; 3. Grundlegende Verbesserung der technischen Fachschulen.

Neben diversen Projekten ist vor allem das Qualitätssicherungsprojekt von Be-deutung, das für alle Phasen der Ausbildung von der Schule bis zur Universität eine Qualität sicherstellen soll, die ägyptische Schüler und Studierende reif für den globalisierten Arbeitsmarkt macht. Erste Ansätze von Konkurrenz unter den ägyptischen Hochschulen werden durch den (HEEPF) Higher Education Enhan-cement Project Fund gefördert, bei dem sich Universitäten um Finanzmittel für innovative Reformprojekte bewerben können.

2.2 Sprachensituation und Sprachpolitik

Die Amtssprache Ägyptens ist Arabisch, obwohl Araber erst im 7. Jahrhundert ins Land kamen und bis heute lediglich 25% der gesamten Bevölkerung ausma-chen. Mehr als drei Viertel sind Nachfolger der pharaonischen Ägypter. 98,8%

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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der Bevölkerung sprechen umgangssprachlich den ägyptisch-arabischen Dialekt. Englisch und Französisch sind die wichtigsten Handelssprachen in Ägypten. Als Sprache der Weiterbildung kommen beide aber nur äußerst eingeschränkt in Frage.

„Modern Standard Arabic is the official language, used in the public, official, formal and written contexts, while colloquial dialects of Arabic are spoken as a mother tongue and used in informal contexts by almost the entire population“ (Baker/ Prys Jones 1998: 358).

Die Sprachenpolitik in Ägypten zeigt kaum Konfliktpotential, weil die Vorrang-stellung des Arabischen allgemein anerkannt ist.

2.3 Die Stellung der Fremdsprachen in Ägypten

Sowohl im schulischen als auch im universitären Bereich ist Englisch die wich-tigste Fremdsprache in Ägypten. Es wird ab der ersten Grundschulklasse als ers-te Pflichtfremdsprache unterrichtet und besteht bis zum ägyptischen Abitur als Pflichtfach. An den Universitäten ist Englisch die am meisten erwünschte Fremdsprache. In Kairo ist mit der AUC (American University Cairo) eine be-rühmte englischsprachige Hochschule vertreten. Neben den französischen und britischen Universitätstraditionen stellt die AUC ein amerikanisches Modell dar. Sie untersteht einem Hochschulrat in den Vereinigten Staaten und wird durch amerikanische Spenden finanziert. Außerdem bietet die AUC fast nur Grundstu-dien an. Jedoch auf einigen Gebieten betreibt sie Forschung (vgl. Shils/ Roberts 2004: 167).

Obgleich die napoleonische Expedition in Ägypten nur drei Jahre (1798-1801) dauerte, besteht bis heute große Affinität zur französischen Sprache. Das mag auf den ersten Blick sicherlich überraschen, da Ägypten 1882-1936 unter briti-schem Protektorat stand und somit zu den politischen und wirtschaftlichen Ein-flussgebieten der Engländer zählte. Aus sprachlicher Perspektive lassen sich zwischen dem Arabischen und Französischen keinerlei Gemeinsamkeiten fin-den. Dennoch, oder gerade deswegen ist Französisch traditionell in Ägypten sehr präsent und verteidigt seine Stellung als zweitwichtigste Fremdsprache. Außerdem sind viele französische Schulen, Gymnasien und eine französische Universität in Ägypten angesiedelt. Französisch kann darüber hinaus an mehre-ren ägyptischen Universitäten weiterstudiert werden. Seit 1986 beteiligt sich Ägypten am Treffen der frankophonen Staaten und es kann nicht erstaunen, dass die Bedeutung des Französischen im Bildungswesen von staatlicher Seite be-günstigt wird.

Neben Französisch werden als zweite Wahlpflichtfremdsprachen an den Schu-len Deutsch, Italienisch und Spanisch angeboten. Sie werden nur im ersten und

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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zweiten Jahr der dreijährigen Oberschule unterrichtet. Nach Französisch stößt die deutsche Sprache auf großes Interesse.

2.4 Deutsch an staatlichen ägyptischen Schulen

Seit dem Schuljahr 1995/96 wird Deutsch an den staatlichen Oberschulen nur im ersten und zweiten Jahr gelernt, jedoch nicht mehr im Abschlussjahr. Positiv für das Erlernen der deutschen Sprache im staatlichen Schulwesen wirkt sich die re-lativ hohe Wochenstundenzahl aus: Im ersten Lernjahr sind drei Wochenstunden vorgesehen, im zweiten Jahr dann sogar sechs. Außerdem ist die Klassenfre-quenz in der zweiten Fremdsprache meist niedrig, was der Qualität des Unter-richts nützt.

In Ägypten unterrichten Lehrer nur ein Fach, was zu einem hohen Ausbildungs-niveau im jeweiligen Fach führt. Allerdings ist die Qualifikation der Deutschleh-rer in der Sprachbeherrschung und der didaktischen Ausbildung sehr heterogen. Das liegt daran, dass nicht nur die als Deutschlehrer ausgebildeten Absolventen der Pädagogischen Fakultäten diesen Beruf ausüben, sondern auch wenig oder überhaupt nicht didaktisch und methodisch ausgebildete Absolventen anderer Germanistikstudiengänge:

„Die weitaus meisten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen haben […] keine didaktisch- methodische Ausbildung. Sie werden direkt nach dem vierjährigen Germanistik-studium, das diese Fragestellungen im Curriculum nicht berücksichtigt, als Lehrkräfte eingestellt. Angesichts nicht nur didaktischer, sondern auch sprachlicher Schwächen, müssen sich bewerbende Lehrkräfte neuerdings einer mündlichen Prüfung unterzie-hen. Allerdings können auch abgelehnte Bewerberinnen und Bewerber auf Honorarba-sis als Deutschlehrkräfte arbeiten“ (Arras 2001b: 1605).

Der Mittelpunkt des Deutschangebots in Ägypten liegt deutlich in Kairo und den Städten des angrenzenden Nildeltas, aber auch in Alexandria. In den Provinzen wird Deutsch hingegen wesentlich seltener angeboten, da die meisten Deutsch-lehrer nicht bereit sind, ihren Beruf in den Provinzen zu ergreifen. Das liegt dar-an, dass die Lehrer eine Nebentätigkeit als Privatlehrer leichter in den großen Städten finden können als auf dem Land. Das langfristige Ziel sollte darin be-stehen, eine landesweite echte Wahlmöglichkeit zwischen Deutsch und Franzö-sisch als zweiter Fremdsprache an den Oberschulen zu schaffen.

2.4.1 Zur Analyse des schulischen Deutschunterrichts in Ägypten: eine Übersicht über bestehende Probleme

Nachdem das Licht auf das Deutschangebot an staatlichen Schulen geworfen wurde, möchte ich im Folgenden die Problembereiche ägyptischer Deutschler-ner herausstellen. Mängel beim heutigen ägyptischen Deutschunterricht aufde-cken, einige Verbesserungsmöglichkeiten vorschlagen und optimale Wege zur

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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Durchführung des Deutschunterrichts für ägyptische Lerner suchen. Dabei be-schränkte sich die Analyse auf die staatlichen Schulen.

Die Infrastruktur im staatlichen Schulbereich ist oft mangelhaft: Diaprojektoren sind ebenso selten vorhanden wie Tonbandgeräte; Sprachlabore existieren nicht. Hinzu kommt, dass die Möglichkeit des Einsatzes vieler dieser Anlagen im täg-lichen Unterrichtsbetrieb stark angezweifelt wird und mit bürokratisch bedingter Verzögerung verbunden ist. Die kaum altersspezifischen Themen der DaF-Lehrwerke führen darüber hinaus zur Demotivation der ägyptischen Lerner der Altersgruppe 16-18, die etwa im Englischunterricht (die 1. obligatorische Fremdsprache seit Klasse 1 der Grundschule) durchaus anspruchsvoll konkurrie-rende Vergleichsmöglichkeiten finden.

Mit dem Gesagten soll allerdings keineswegs ausgeschlossen werden, dass es Lehrer gibt, die sehr gut mit dem einen oder anderen der im Schulbereich einge-setzten Lehrwerke arbeiten können und beste Resultate erzielen. Der allgemeine Stand der Lehrerausbildung sowie der Grad der Neigung zur Sprachbeherr-schung und methodischen Kompetenz grenzen diese Möglichkeiten eher ab.

Aus dem Einfluss des Arabischen als Muttersprache auf das Erlernen des Deut-schen ergeben sich einige Probleme. Das liegt darin begründet, dass beide Spra-chen zu verschiedenen Sprachfamilien gehören – Arabisch ist eine semitische, während Deutsch eine indogermanische Sprache ist. Deswegen kann allgemein unterstrichen werden, dass zwischen Deutsch und Arabisch riesige Unterschiede bestehen: von der Phonetik bis zur Morphologie, von der Syntax bis zur Seman-tik. Um die daraus entstehenden Lernhindernisse zu verringern, muss man, aus-gehend von der kontrastiven Linguistik, alle beim Fremdsprachenunterricht auf-tretenden Probleme beobachten. In unserem Fall heißt dies, die beiden Sprachen – Deutsch und Arabisch – miteinander zu vergleichen, ihre allgemeinen Ge-setzmäßigkeiten zu untersuchen, ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede he-rauszufinden, damit die Hauptschwierigkeiten der ägyptischen Deutschlernen-den festgestellt werden können. Zur Überwindung dieser Schwierigkeiten muss man darüber hinaus Leitprinzipien aufstellen, die dann durch konkrete Schritte und Methoden zu verwirklichen sind, z. B. Zusammenstellung einer unterrichts-orientierten kontrastiven Grammatik Deutsch/ Arabisch, Hervorhebung kontra-stiver deutsch-arabischer Analysen in den eingesetzten Lehrwerken, Akzentuie-rung der besonders schwer vorkommenden Spracherscheinungen usw. Ahmad (1996) fasst diese Hypothese der Relevanz des kontrastiven Aspekts beim Fremdsprachenlernen in seiner Dissertation so zusammen:

„Kontrastivbedingte Lernschwierigkeiten und Fehler können durch Lernmaterialien und -methoden behoben werden, welche die Kontraste zwischen Ausgangs- und Ziel-sprache durch Bewusstmachung und entsprechende Übungen gezielt berücksichtigen“ (Ahmad 1996: 12).

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Vor diesem Hintergrund werde ich einige Perspektiven des arabischen Wortar-tensystems erklären, die sich in besonderer Weise vom Deutschen unterscheiden und deswegen zu speziellen Lernschwierigkeiten bei ägyptischen Deutschler-nern führen können.

2.5 Die deutschen Auslandsschulen in Ägypten

Eine besondere Rolle bei der Förderung der deutschen Sprache im Ausland spie-len die deutschen Auslandsschulen. Der Bericht der Bundesregierung über die Stellung der deutschen Sprache in der Welt bezeichnet das Auslandsschulwesen als das wirksamste Instrument zur Verbreitung des Deutschen in der Welt (vgl. Deutscher Bundestag 1986: 240). Das Auslandsschulwesen ist bis heute ein zentrales Instrument der Auswärtigen Kulturpolitik geblieben. Ihm wird deshalb bei der Verteilung der Mittel des Kulturhaushalts des Auswärtigen Amts Priori-tät eingeräumt und fast ein Drittel des Gesamtbudgets der Auswärtigen Kultur-politik fließt in diesen Bereich.

In Ägypten befinden sich drei deutsche Auslandsschulen: Es sind dies die Deut-sche Evangelische Oberschule (DEO) in Kairo sowie die Deutschen Schulen der Borromäerinnen in Kairo und in Alexandria15. Alle drei Schulen verfolgen das Konzept der integrierten Begegnungsschulen. Damit ist gemeint, dass sowohl deutsche Schüler als auch Schüler ägyptischer oder sonstiger Abstammung auf-genommen werden dürfen. Die Schulen führen zum Abitur und zur ägyptischen Hochschulreife (Thanaweya Amma). Hier werden Deutschsprachige und Ara-bischsprachige Schüler auf der Grundlage der Bildungsinhalte Deutschlands und Ägyptens gemeinsam und weitgehend auf deutsch unterrichtet. Die nicht-deutschsprachigen Schüler werden schrittweise integriert. Der Abschluss be-rechtigt zum Studium in beiden Staaten16. Die Schulen genießen einen hervorra-genden Ruf, ihre Absolventen sind in Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung vertreten und sind bei den deutschen Institutionen tätig. Jede der Schulen hat je-des Jahr 200 bis 300 Bewerbungen für je 60 Kindergartenplätze und muss die Vierjährigen einem Aufnahmetest unterziehen. Der Besuch aller drei Schulen ist kostenpflichtig.

Als Eliteschule befindet sich die Deutsche Evangelische Oberschule seit 1873 in Kairo. Sie ist eine gemischt-geschlechtliche Schule, deren Schüler zu über 80% Ägypter sind (vgl. Lauck 1999: 42). Die Schule entscheidet selbst über die Auf-nahme der Kandidaten:

15 Zur Entwicklung der Deutschen Schulen in Ägypten siehe Gottzmann, C. (1984): 293ff. Zur DEO siehe Prig-ge, H. (1999): 45-49. 16 Ein Germanistikstudium an der Universität Kairo kann ausschließlich von den Abgängern dieser Schulen auf-genommen werden.

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„Von den in den letzten Jahren durchschnittlich 200 Anmeldungen konnten erst 30, dann 25 berücksichtigt werden. Es musste sichergestellt sein, dass nur begabte, lern-willige, für eine Fremdsprache talentierte, sozial integrierbare Schüler/innen aufge-nommen wurden, die keine Vorkenntnisse in der Deutschen Sprache hatten. Um Fehl-entscheidungen bei der Wahl der Schullaufbahn möglichst zu vermeiden, findet seit den Anfängen eine Aufnahmeprüfung statt. Sie besteht aus einem Intelligenz- bzw. Eignungstest und Prüfungen in den Fächern Arabisch und Mathematik“ (Prigge 1999: 47).

Die beiden Deutschen Schulen der Borromäerinnen17 sind seit 1946 reine Mäd-chenschulen. Als Abschlüsse können nach Klasse 8 die ägyptische Eddadeya-Prüfung (nationaler Abschluss der Sekundarstufe I), nach Klasse 11 die ägypti-sche Hochschulzugangsberechtigung Thanaweya und das Deutsche Sprachdip-lom II oder nach Klasse 12 das deutsche Abitur abgelegt werden. Zusätzlich gibt es in Alexandria einen berufsbildenden Zweig.

2.6 Deutsch im Hochschulbereich

Aus einer qualitativen und quantitativen Perspektive hat das Deutsche im Hoch-schulbereich eine hohe Stellung erreicht. Die Situation der Germanistik an ägyp-tischen Hochschulen zeigt sich auf folgende Weise:

An fünf Universitäten sind Germanistikabteilungen vorhanden. Diese sind die Universität Kairo, Heluan, Menoufeya, El Minya und die Universität Ain Shams, an der zwei Abteilungen ansässig sind. Daneben gibt es an der Universi-tät Azhar drei Germanistikabteilungen. Im Bereich der Privatuniversitäten ist die Deutschabteilung an der Universität 6. Oktober zu nennen. Ein weiteres Deutschangebot an der privaten Misr International Universität in Ägypten ist wohl eingestellt worden.

Selbst an Universitäten, an denen keine Deutschabteilungen bestehen, gibt es oft Deutschangebote. Als Beispiele sind an dieser Stelle u. a. die Technische Hoch-schule Heluan in Kairo und die Fachhochschule für Touristik in Kairo anzufüh-ren. Auch die Universitäten in Alexandria, Assiut, Menoufeya, Sohag, Fayoum und Zagazig bieten Deutsch im Rahmen von fachsprachlichen oder allgemein-sprachlichen Kursen an, ebenso die Kunstakademie in Kairo. Am Fachsprachen-zentrum der Universität Assiut wird Unterricht in Deutsch als Fachsprache er-teilt (vgl. Arras 2001b: 1606f.).

17 Die Schule in Alexandria wurde 1884 eröffnet, jene in Kairo 1904.

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2.7 Deutsch im außerschulischen Bereich

Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Es fördert die Verbreitung der deutschen Sprache durch seine Kul-turgesellschaften und Sprachlernzentren und beschäftigt sich mit der internatio-nalen kulturellen Zusammenarbeit.

Mit seinen beiden Niederlassungen in Kairo und Alexandria fördert das Goethe-Institut die Kenntnis der deutschen Sprache in Ägypten und vermittelt durch Veranstaltungen ein realistisches Deutschlandbild. Die meisten Veranstaltungen sind öffentlich und kostenlos. An ihnen nehmen die Studenten der Deutschabtei-lungen an den Universitäten den größten Anteil mit dem Ziel, ihre sprachlichen Fähigkeiten zu verbessern.

Für das Goethe-Institut steht die pädagogische Verbindungsarbeit im Vorder-grund, deren Aufgabe primär in der sprachlichen Ausbildung der ägyptischen Oberschullehrer besteht. Der Fortbildung der Deutschlehrer dienen auch moder-ne Fernlernmaterialien.

„Die der Pädagogischen Verbindungsarbeit (PV) Kairo zur Verfügung stehenden Fernstudieneinheiten werden so verteilt, dass die Pädagogische Abteilung der Ain-Shams-Universität (Deutschlehrerausbildung) den Löwenanteil erhält, weitere Exemp-lare gehen an die Übersetzerfakultät (Alsun), die Deutsche Abteilung der Azhar-Universität, interessierte Inspektoren des Erziehungsministeriums sowie an die Sprachabteilung des Goethe-Instituts und an DAAD-Lektoren. Einzelne interessierte Besucher des PV-Büros (ägyptische Deutschlehrer von staatlichen oder privaten Sprachinstituten) erhalten Einzelexemplare zu bestimmten Themen“ (Rautzenberg 1998: 286).

Neben dem Goethe-Institut existiert in Ägypten eine Vielzahl von kommerziel-len Institutionen, die Deutsch anbieten. Für die weitere Entwicklung der deut-schen Sprache in Ägypten sollten aber mehr Bemühungen nicht nur für einen weiteren quantitativen Ausbau sondern auch für die Steigerung der Qualität an-gestellt werden.

III. Zur geschichtlichen Entwicklung des Deutschunterrichts in Ägypten

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Zusammenfassung des Kapitels

Im Mittelpunkt des dritten Kapitels standen die gesellschaftspolitische Situation und der Stellenwert der deutschen Sprache in Ägypten. Hier wurde die Rolle von Mohammad Ali hervorgehoben, der ägyptische begabte Studenten nach Frankreich schickte, um Fachleute für seine Aufbaupläne ausbilden zu lassen. Den Schwerpunkt legte er auf die Übersetzung und dementsprechend errichtete er die Sprachenhochschule.

In den darauffolgenden Abschnitten wurden die Bildungs- und Sprachensituati-on sowie die Sprachenpolitik in Ägypten dargestellt. Es wurde deutlich gemacht, dass das Erlernen von Fremdsprachen mit dem Erwerb von Fertigkeiten zusam-menhängt, welche die berufliche und private Lebensqualität der Lerner verbes-sern. Da die Ägypter Deutsch für eine bedeutende Fremdsprache halten, die ihre Berufschancen bei deutschen Firmen verbessert, stiegen die Zahlen der Deutsch-lerner im Jahre 2012, sowohl im schulischen und hochschulischen als auch im außerschulischen Bereich,18 auf Rekordniveau.

Vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Stärke Deutschlands geben deutsche Touristen viel Geld im Urlaub aus. Deswegen sind Tourismus und Hotelfach wichtige Bereiche, innerhalb derer die Lernergebnisse erfolgreich in die berufli-che Karriere transferiert werden können.

18 Nach den Angaben von Goethe-Institut, mehr dazu vgl. http://www.goethe.de/prs/prm/a012/de8962959.htm

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache an ägyptischen Gymnasien: Realität und Wunsch

Davon ausgehend, dass der Fremdsprachenunterricht einerseits eine dreifache Zielsetzung verfolgt, nämlich erstens die Lerner sprachlich auszubilden, zwei-tens sie kompetent zu machen in ihrem Wissen über das Zielsprachenland und in ihren Einstellungen zur anderen Sprachen und den damit verbundenen Kulturen und schließlich ihnen ein Wissen zu vermitteln, das sie bei individuellen Lern-prozessen in Gegenwart und Zukunft benötigen und nutzen können, stelle ich im Folgenden einige Perspektiven dar, die zur Erreichung der oben genannten Ziel-setzungen führen können. Da der gegenwärtige Deutschunterricht andererseits dringend der Reform bedarf, sind die anschließend vorgeschlagenen Perspekti-ven für eine Neuorganisation des Deutschunterrichts konzipiert. Diese Perspek-tiven beziehen sich auf den schulischen Fremdsprachenunterricht im Fach Deutsch an ägyptischen Gymnasien.

1. Schreibförderung im DaF-Unterricht

Im Unterricht spielt Schreiben eine bedeutende Rolle. Fremdsprachliches Schreiben zu lernen, ist eine zentrale Schlüsselkompetenz, die es ermöglicht, an schriftlichen Kommunikationsprozessen teilzunehmen. Somit kommt der schuli-schen Erziehung und Bildung eine hohe Verantwortung für die Entwicklung der Schreibkompetenzen zu. Allerdings zeigte die eigene Erfahrung mit ägyptischen DaF-Lernern, dass der tatsächliche Stand der Schreibfertigkeit an der Sekundar-stufe hinter den Ansprüchen zurücksteht. Aus diesem Grund werde ich im Fol-genden den Fokus auf die Förderung der Schreibkompetenz lenken. Dafür sind pragmatische Gründe wie schriftliche Übung, Tests, Hausaufgaben und lernpsy-chologische Argumente wie beispielsweise die Rolle der Graphomotorik beim Spracherwerb und die Hilfsfunktion des Schreibens bei der Unterstützung der anderen Fertigkeiten anzuführen. Das Schreiben bietet die Gelegenheit, geistige Handlungen zu ordnen, zu strukturieren, Gedanken zu profilieren.

Zugleich ist Schreiben ein langsamer Prozess, der von kognitiven Aktivitäten begleitet ist, wie Nachdenken über Inhalt und dessen sprachliche Realisierung, über die sprachliche Korrektheit, Überarbeitung des Textes. Auch im Sinne der pädagogischen Orientierung des DaF-Unterrichts kommt dem Schreiben eine wichtige Funktion zu, weil bestimmte Lernertypen sich lieber mündlich, andere lieber schriftlich äußern. Für die letzte Gruppe gilt Schreiben als eine geeignete Übungs- und Ausdrucksmöglichkeit, deswegen muss der Unterricht dieser Gruppe von Lernern die Chance bieten, sich entsprechend ihrem Lernstil auszu-drücken.

Weiterhin erweist es sich als notwendig, das Schreiben im Sinne einer systema-tischen Förderung der Schreibfertigkeit in den DaF-Lehrwerken wie auch in der

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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DaF-Didaktik zu konzipieren und zu praktizieren, da das Schreiben als gleichbe-rechtigte Fertigkeit neben den rezeptiven Fertigkeiten und dem Sprechen an Gewicht gewinnen soll.

Im Unterricht tritt Schreiben entweder als Mittlertätigkeit oder als Zieltätigkeit auf. Bei allen übenden Schreibaktivitäten, z. B. schriftliche Lückenübungen, Diktate, Skizzieren eines Dialogs zur Vorbereitung eines Rollenspiels usw. geht es um Schreiben als Mittlertätigkeit. Aber wenn Lerner geschriebene Texte zu realen Schreibanlässen (z. B. persönliche Stellungnahme zu einem Thema) oder zu simulierten Schreibanlässe (z. B. Einkaufszettel für ein Rollenspiel) produ-zieren, besteht in diesen Fällen Schreiben als Zieltätigkeit. In den folgenden Überlegungen beschäftige ich mich mit dem Schreiben als Zielfertigkeit, das bedeutet, die gezielte Förderung der Fähigkeit, schriftliche Texte in der Fremd-sprache zu verfassen.

Trotz der Wichtigkeit des Schreibens im Unterricht haben zahlreiche Untersu-chungen über die Frequenz des Schreibens in der Fremdsprache bewiesen, dass nur wenige nach ihrer Schulzeit noch in der Fremdsprache schreiben (vgl. Kast 1995: 16) und, dass die meisten Lernenden die Fremdsprache nach Abschluss des Unterrichts nur noch selten aktiv in ihrer schriftlichen Form verwenden (Kast 1991: 14ff.). Das ergibt sich daraus, dass in der realen Unterrichtssituation dem Schreiben nur eine untergeordnete Rolle beigemessen wird.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Gründen der Bedeut-samkeit des Schreibens im Unterricht.

Die Relevanz des Schreibens im Unterricht kann laut Kast (1995: 17ff.) auf-grund vierer Perspektiven begründet:

1.1 Schreiben aufgrund kommunikativer Bedürfnisse

Die Rolle des Schreibens in einem kommunikativen Unterricht lässt sich auf folgende Bereiche beschränken:

• formelle Briefe (zur Informationsverarbeitung): Verlag, Buchhandlung, Hotel, Verkehrsbüro, Jugendherberge usw.

• informelle Briefe/ Karten: Ansichtskarten, Briefpartner (Klassenkorrespon-denz) usw.

• Formulare: Fragen zur Person (Anmeldung im Hotel, in Jugendherbergen), Telegramm usw.

• Kurzmitteilungen für Dritte.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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1.2 Schreiben aufgrund unterrichtspraktischer Bedürfnisse

Den zweiten Bereich der Wichtigkeit des Schreibens repräsentieren die unter-richtspraktischen Bedürfnisse. Im Unterricht werden Hausaufgaben, Übungen, Tests, Notizen (für spätere mündliche Produktion), Stichwortskizzen, Material- und Ideensammlungen geschrieben. Außerdem spielt das Schreiben eine bedeu-tende Rolle zum Erkennen der inneren Differenzierung in der Klasse. Die Diffe-renzen können darin bestehen:

- Tempo (einige Schüler sind schneller als andere);

- Niveau (einige Schüler sind besser als andere);

- Interesse (Schüler haben unterschiedliche Interessen, auch bei einem Thema wie Hobbys);

- didaktischer Arbeitsform (nicht jede Sozialform ist für jeden Schüler in glei-chem Maße effektiv).

Dieselbe Meinung bestätigt auch Krings (1992), der sich mit dem Aspekt der Differenzierung im Schreibprozess wie folgt auseinandergesetzt hat:

„bei fremdsprachlichen Schreibprozessen (ist)…ein hohes Maß an individueller Varia-tion in praktisch allen Subprozessen zu beobachten. Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich, ob nicht jede fremdsprachliche Schreibdidaktik, die von einem generali-sierten Lerner ausgeht, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Wahrscheinlich muss eine solche Schreibdidaktik vielmehr von vornherein die Existenz verschiedener Typen von Schreibern in Rechnung stellen und entsprechend früh Verfahren zur inne-ren Differenzierung des Schreibunterrichts entwickeln.“ (Krings 1992: 72)

1.3 Schreiben aufgrund lernpsychologischer Überlegungen

Aus lernpsychologischer Perspektive verfestigt das Schriftbild das Gehörte oder das Gelesene, deshalb eignet sich Schreiben gut zur Festigung von Sprachkennt-nissen. Darüber hinaus hat das Schreiben eine motivationale Funktion beim Spracherwerb. Die Hilfsfunktion des Schreibens bei der Unterstützung der ande-ren Fertigkeiten muss berücksichtigt werden. Das besagt, dass Schreiben sich positiv auf die anderen Fertigkeiten auswirkt und umgekehrt: es wird also von den anderen Fertigkeiten unterstützt, da die empirischen Untersuchungen im Be-reich der Neurophysiologie (des Funktionierens unseren Nervensystems) darauf aufmerksam machten, dass die Fertigkeitszentren in unserer Hirnrinde nicht iso-liert funktionieren, sondern dazwischen eine intensive Kommunikation stattfin-det. Die Fertigkeiten Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben sind eng aneinander angeknüpft und stehen in einer gegenseitigen Wechselwirkung.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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So hängt Lesen mit Schreiben in der Weise zusammen, dass die Schriftbilder, die durch das Schreiben eingeübt werden, beim Lesen schneller zu begreifen sind. Und beim Lesen schreiben sich die Schriftbilder ins Gedächtnis.

Wenn der Lernprozess neben dem Hören und Sprechen die optischen und graphomotorische Reize berücksichtigt, wird das Lernen effektiver und steigt der Einprägungs- und Behaltenseffekt durch das Einbeziehen mehrerer Sinnes-kanäle. Damit sind die Aspekte gemeint, die beim Schreiben ins Gewicht fallen, nämlich:

• optische (man sieht, was man schreibt); • akustische (die Sprachlaute werden mit dem entsprechenden Abbild der

Buchstabe verbunden); • sprechmotorische (das Schreiben ist parallel von innerem Sprechen be-

gleitet); • motorische (die Bewegung der Hand und der Finger beim Niederschrei-

ben).

In gleicher Weise stehen Sprechen und Schreiben in Verbindung. Beide Tätig-keiten skizzieren eine Mitteilung bzw. eine Botschaft, treffen eine Auswahl über sprachliche Mittel, setzen Wörter zu Sätzen zusammen. Beim Schreiben lässt sich die Lautform einleuchtend erkennen, da wer schreibt, auch innerlich verba-lisiert, was er schreibt.

1.4 Schreiben als Hilfe bei der Strukturierung geistiger Handlungen

Krumm (1989: 6) legt großen Wert auf die enge Beziehung zwischen Schreiben und der Entwicklung unserer Denkweise, indem er die Funktion des Schreibens zur Ordnung unserer unordentlichen und unsystematischen Gedanken und deren Strukturierung unterstreicht.

Die kommunikativen, unterrichtspraktischen, lernpsychologischen und geistigen Schreibanlässe machen darauf aufmerksam, dass Schreiben mehr als nur eine Mitteilungsfunktion hat und mehr als nur ein Arbeitsmittel ist. Beim Schreiben kommt etwas Neuartiges, errichtet sich der Lerner ein Gebäude aus Gedanken und rüstet es allmählich aus. Dieses Textgebäude hängt stark mit ihm zusam-men, da es seine Ideen, seine Phantasie, seine Wünsche, seine Hoffnungen, sei-nen Witz und seinen Ernst widerspiegelt. Auf diese Weise wird Schreiben als personales Schreiben bezeichnet. Schreibend beschäftigt sich der Lerner mit seiner eigenen Identität, indem er aufgrund seiner begrenzten sprachlichen Mög-lichkeiten dazu gezwungen ist, seine Ideen und Gedanken einfach auszudrücken, sich auf das Wesentliche zu beschränken. Von diesem Standpunkt aus handelt es sich an erster Stelle nicht um den Text als Produkt, sondern um den Schreiben-den Lerner sowie auch um den Text im Entstehungsprozess.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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In der traditionellen Schreibdidaktik war Schreiben eine alleinige Handlung. Wenn man im Unterricht den Schwerpunkt vom Produkt auf den Prozess und vom Text auf den Schreibenden verlagert, stellt sich die Frage nach der Opti-mierung dieses Prozesses. Die verschiedenen Arbeits- und Sozialformen bieten eine Antwort. Sie sind Formen kooperativer Vorbereitung, gemeinsamer Erstel-lung und kollektiver Evaluation von Texten. Die gemeinsame Arbeit am Text ist vorteilhaft, weil die getroffenen Entscheidungen auch gemeinsam diskutiert werden: Die Lerner unterhalten sich über ihren Text, ihre Formulierungen, ihre Planungskriterien, ihre Inhalte und über ihre Textbaupläne.

Vor diesem Hintergrund möchte ich darauf hinweisen, dass die nachher genann-ten Schreibfertigkeitsübungen in Partnerarbeit, in Kleingruppen oder sogar mit der ganzen Klasse durchgeführt werden können, wodurch die Lerner die Kennt-nis bekommen, dass Schreiben auch in Zusammenarbeit und Erfahrungsaus-tausch mit anderen erfolgen kann.

Hier möchte ich die Schreibfertigkeitsübungen vorstellen und sie nach folgen-den vier Übungsbereichen laut Kast (1994: 54) systematisieren:

a) Übungen, die die schriftliche Kommunikation vorbereiten

Bei diesem Übungsbereich werden keine Texte angefertigt, da in dieser Phase die Textproduktion vorbereitet wird, indem der dafür erforderliche Wortschatz angeeignet, erweitert, systematisch eingeübt und das bereits verfügbare Wissen aufgefrischt wird, Redemittel (Satzteile, Sätze, Redewendungen usw.) bereitge-stellt, Satzteile und Sätze geschrieben werden, Konnektoren (Konjunktionen, Adverbien, Partikeln) und ihre semantische Funktion veranschaulicht, Recht-schreibung und Zeichensetzung schwerwiegend trainiert werden. Die meisten Übungen bereiten auch auf die anderen Fertigkeiten Hören, Sprechen und Lesen vor.

Zu diesem Übungsbereich sind folgende Aufgaben zuzuordnen:

• Wortschatzerweiterungen (wie Wortketten19, Wortschlangen20, Alphabet-wörter21, Wörterbasteln22, der gleiche Buchstabe23, Wortbilder24, Satz-schlange25, Wortsätze26).

19 Hier geht es darum, dass ein Wort vorgegeben wird und der letzte Buchstabe den ersten Buchstaben des neuen Wortes bildet (Sonne-Esel-Lampe…). 20 Ein zusammengesetztes Wort wird festgelegt. Das Grundwort wird zum Bestimmungswort des folgenden Wortes (Dorfbrunnen-Brunnenwasser-Wasserflasche…). 21 Es sollen möglichst viele Wörter gebildet werden, die mit einem bestimmten Buchstaben beginnen. Man kann auch nur Wörter einer Wortart oder Wörter, die einem Themenbereich gehören, ansetzen, nur Berufe usw.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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• Assoziogramme: Man kann ein Reizwort, Photo, Bild oder einen Reizsatz oder Gegenstand zur Auslösung der Assoziationen benutzen. Die assozi-ierten Wörter nehmen Bezug aufeinander, haben ein Thema zur Folge und konzipieren eine Handlung.

• Konnektorenübungen: In einem Lückentext fehlen alle Konnektoren, die am Ende des Textes in alphabetischer Reihenfolge stehen. Sie sollen vom Lerner ergänzt werden. Der Lehrer soll die richtige Reihenfolge an die Tafel oder auf eine Folie schreiben und dann Unklarheiten mit den Ler-nern diskutieren. In diesem Zusammenhang redet Stephan Krashen von einer Input-Hypothese. Er stellt die Vermutung auf, dass man zum Schreiben Textkenntnisse (wie baut man einen Text? Was ist geschriebe-ne Sprache? Was macht einen Text interessant/ langweilig?) braucht. Die-se Textkompetenz erwirbt man besonders durch das Lesen von Texten. Das heißt: Man erlernt produktive Kompetenz durch rezeptive Tätigkeit (vgl. Krashen 1985: 98f.).

• Referenzübungen repräsentieren einen sinnvollen Bestandteil eines Schreibprogramms, weil Referenzen sehr wichtig sind, um verständliche Texte zu produzieren. In diesen Übungen werden einzelne Sätze und Satz-teile aufeinander bezogen und miteinander verbunden. Der Lerner soll diese Verweise unterstreichen und in einer Tabelle ordnen usw.

• Logische Sätze rekonstruieren (Hier üben die Lerner den Wortschatz so-wie grammatische Regeln, indem sie aus einzelnen Wörtern einen logi-schen Satz rekonstruieren).

• Rechtschreibung und Zeichensetzung: Durch Lückendiktate können be-stimmte Schwerpunkte trainiert und überprüft werden wie z. B. Groß-/ Kleinschreibung, ss-ß-s, e-eh-ee usw. Bei den Lücken könnte es um ein-zelne Buchstaben, ganze Wörter oder Wortgruppen oder einzelne Sätze gehen. Piepho (1989) vertritt die folgende These, in der er die Entwick-lung der Aneignung von Regeln der Rechtschreibung und Orthographie wie folgt beschreibt:

22 A lässt sich ein Wort einfallen, z. B. Honig. Auf ein Blatt Papier schreibt er den ersten Buchstaben und gibt es seinem Nachbarn. B macht dasselbe, z. B. Liebe. A fügt ein e hinzu, da er an Leben denkt; B fügt ein a dazu, weil er an Haus denkt usw. 23 Es handelt sich darum, möglichst viele Substantive und Verben zu finden, die mit den gleichen Buchstaben beginnen und Sinn ergeben (Tee trinken, Fahrrad fahren…). 24 Mit Hilfe dieser Übung werden zusammengesetzte Wörter trainiert, indem ein Lerner ein zusammengesetztes Wort zeichnet und es seinem Nachbarn zeigt. Der Partner muss raten, wie das Wort heißt (Fahrstuhl, Kinderwa-gen…). 25 Hier wird ein Wort vorgegeben. Der Partner sucht das nächste Wort, das ans erste anschließt (Ein-Ein Leh-rer…). 26 In dieser Übung wird ein Wort festgesetzt, aus dessen Buchstaben ein Satz gebildet werden soll, in dem jedes Wort mit einem Buchstaben dieses Wortes beginnt (Mond: Mein Opa nimmt Drogen).

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„die Rechtschreibung entwickle sich gleichsam natürlich von anfänglicher Verein-fachung oder Übergeneralisierung über einige hartnäckig immer wieder auftauchende Fehler hin zu einer durchweg recht zuverlässigen Orthographie. Generell legen diese Erfahrungen nahe, die Orthographie nicht überzubetonen…“ (Piepho 1989: 38).

b) Übungen, die die schriftliche Kommunikation aufbauen

Bei diesen Übungen handelt es sich um komplizierte schriftliche Aktivitäten, die in Teiltätigkeiten durchgeführt werden, um ihre Komplexität einzuüben. Hier übernimmt der Lerner eine schöpferischere Rolle als in den vorbereiten-den Übungen. Bei diesen Übungen ist die Rede zum einen von Satzkonstrukti-ons- und Satzkombinationsübungen, zum anderen von Texterstellungsübungen.

• Satzkonstruktionsübungen wie z. B. Ursachen und Folgen erkennen bzw. Ausreden erfinden, indem die Lerner Satzpaare aufgrund der Resultat-Grund-Beziehung miteinander verknüpfen.

• Satzkombinationen: Die Lerner konstituieren aus mehreren Kernsätzen längere komplexere Satzstrukturen. Die Übungen entfalten sich vom Ein-fachen zum Komplexeren, wo der Satzbau, die Satzlänge und die Satz-komplexität merklich fortschreiten.

• Personenbeschreibung (z. B. Freunde, Lehrer); hier können die Lerner selbst die Textsorte bestimmen, in der sie ihre Beschreibungen abfassen (Interview, Fernsehnachricht).

• Satzerweiterungen (Hauptsätze werden mit Unterstützung von Konnekto-ren zusammengebaut).

• Mehrsatzübungen: Die Lerner bemühen sich, in einer Reihe von Sätzen die Referenzformen und deren Proformen zu suchen und in ein Schema zu schreiben.

• Paralleltextübung: Als Ausgangspunkt nehmen die Lerner einen Text und erstellen einen Paralleltext mit gleichen Strukturen, aber mit unterschied-lichem Inhalt.

• Perspektivenwechsel: Hier können die Lerner eine Geschichte, aber aus einem anderen Aspekt erzählen.

c) Übungen, die die schriftliche Kommunikation strukturieren

Der dritte Übungsbereich beschäftigt sich mit der Textarbeit, mit dem Gliedern und Strukturieren von Texten. Im Wesentlichen soll hier vom Wort zum Satz und zum Text fortgeschritten werden. Das heißt: es geht um Übungen, mit deren Hilfe nicht nur die sprachliche Komplexität bei den Lernern gefördert wird, son-dern auch die Teilkompetenzen erworben werden, die für diesen Prozess nötig sind. Jedoch ist das schrittweise Erweitern wichtig, welches die zunehmende sprachliche Komplexität reflektiert.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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• Schreiben erfolgt anhand von Vorgaben (Raster, Diagramm, Dialogbe-ginn, erster Satz/ Abschnitt ist vorgegeben).

• Textergänzungen: Einige Sätze im Text sind entfernt. Die Lerner sollen einen kompletten kohärenten Text schreiben, indem sie

- Den Text als Einheit beobachten, um die fehlenden Stellen zu vervoll-ständigen;

- Die angemessenen Verweismittel beachten und anwenden;

- Sich stilistisch nach der Vorlage richten und versuchen sich anzupas-sen.

Der Text vor und nach der Lücke soll Verweise auf den fehlenden Satz geben so, dass er sich auf logischer Weise in den Text einordnet.

• Zusammenfassung schreiben: Dieser Aufgabentyp betrifft zum einen das Verstehen eines Textes, zum anderen die Anfertigung eines Textes. An dieser Stelle sind wieder zwei Fertigkeitsbereiche eng aufeinander bezo-gen.

• Schreibaufträge (Dialog zum Thema „Im Restaurant“ schreiben). In die-sem Schritt geht es darum, den Schreibanlass, den Leser (was weiß der Leser vom Thema? seine Interessen?) und die Textsorte genauer festzu-legen.

• Einen Text über eine Bildgeschichte/ Stichwortgeschichte/ Illustrationen und Fotos schreiben.

d) Übungen, die sich auf reale Kommunikationssituationen beziehen

Die Übungen betreffen schriftliche Äußerungen, die planmäßig auf Kommuni-kationsfähigkeit in Realsituationen auszurichten sind. Beispielhaft für solche Si-tuationen stehen Briefe und Postkarten, Klassenkorrespondenz, das Ausfüllen von Formularen usw. Auf einer entwickelten Ebene schließen sich Berichte, Er-läuterungen, Kommentare, Protokolle an. In kommunikativen Schreibübungen soll vier Faktoren Rechnung getragen werden:

• Adressat: Was erwartet der Leser von meinem Text? • Schreibintention: Warum schreibe ich? • Äußerliche Form des Textes: Welche formalen Aspekte sind zu berück-

sichtigen? • Inhalt: Was möchte ich den Adressaten bekannt geben?

Wenn der Lerner diese Hauptfaktoren im Auge behält, ist er unter kommunika-tiven Gesichtspunkten in der Lage,

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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• Persönliche und formelle Briefe zu schreiben; • Rollenspiele, Szenen auszuarbeiten; • Stichwortskizzen anzufertigen; • Anzeigen zu entwerfen.

In dieser Übungsphase ist wichtig, dass die Lerner die benötigten Hilfen vom Lehrer erhalten. Er soll seinen Lernern Angebote machen, wie sie das Produkt optimieren können, also was die methodische Vorgehensweise anbelangt (vgl. Kast 1995: 127).

Nach dieser Erläuterung der Schreibfertigkeitsübungen ist es an dieser Stelle wichtig, folgende Fragen an das Lehrwerk für DaF zu stellen:

• Enthält es Übungen, die schriftliche Kommunikation vorbereiten, auf-bauen, strukturieren und simulieren?

• Umfasst es satzüberschreitende Übungen? • Kommen neben den pragmatischen Schreibaufträgen auch kreative, die

Phantasie ansprechende Übungen vor?

Im Rahmen eines Modells zum Schreiblehrprozess soll die Schreibfertigkeit sys-tematisch aufgebaut und trainiert werden, indem dem Lerner klargemacht wird, dass er beim prozessorientierten Schreiben in der Fremdsprache die nachstehen-den Schritte befolgen soll:

(1) Systematische Planung: In dieser Phase handelt es sich darum, den Schreibanlass und den Adressaten des Schreibens zu bestimmen, die ersten inhaltlichen Vorstellungen zu skizzieren und die Textsorte festzustellen. Bei dieser Planung sind Antworten auf folgende Fragen zu finden:

- Wer schreibt wem? - Welchen Anlass gibt es, den Text zu schreiben? - Welche Textsorte soll geschrieben werden? - Was wird mit dem Text beabsichtigt? - Worum geht es inhaltlich?

(2) Vorbereitung: In einem zweiten Schritt werden der benötigte Wortschatz und die notwendigen Redemittel gesammelt und erarbeitet. Dabei sollen die Lerner Überlegungen zum inhaltlichen Aufbau des Textes konzipieren und Gliederungen erarbeiten.

(3) Formulierung : Vom letzten Schritt ausgehend wird der Versuch unter-nommen, die Assoziation und Planungen zum Textaufbau in gedanklich-logischer Anordnung auszuformulieren. Somit entstehen Satzteile oder kurze Sätze. Hier werden die existierenden Sprachdefizite beseitigt.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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(4) Niederschrift des Textes: Im Rahmen einer bestimmten Textform geht es nun darum, aus Satzteilen einen zusammenhängenden Text zu schreiben. Ein-zelne Abschnitte sollen gebildet und das kommunikative Ziel soll sprachlich strukturiert werden. (5) Überarbeitung, Revision, Korrektur : Die Lerner sollen in der Lage sein, Textkohärenz herzustellen, indem sie einige Stellen im Textentwurf umformu-lieren, durchstreichen, verändern. Diese Überarbeitung kann sowohl die inhalt-liche Ebene als auch sprachliche Formulierungen anbelangen. Die Kontrolle und Korrektur können sich auf alle Phasen beziehen, deswegen sind die einzel-nen Phasen voneinander nicht scharf abzugrenzen, sondern sie sind aufeinander bezogen.

Das folgende Modell veranschaulicht den Ablauf des Schreibprozesses und fasst die Schritte stichwortartig zusammen:

Abb. 6: Der didaktische Schreibprozess (Storch 2008: 253)

Dieses didaktische Modell zeigt einen allgemeinen Rahmen, der mit dem Ni-veau der Lerner, der Unterrichtssituation und der Art der jeweiligen Schreibauf-gabe übereinstimmen soll.

Zurück zu den ans Lehrwerk gestellten Fragen:

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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• Fußen die im Lehrwerk vorhandenen Schreibaufgaben auf einem existie-renden Modell zum Schreiblernprozess?

• Sind Übungen oder Hinweise vorhanden, die den Lerner vom ersten Schritt zur Niederschrift eines Entwurfs führen?

1.5 Zum Status des Schreibfertigkeit im ägyptischen DaF-Unterricht

Wenn man den ägyptischen DaF-Unterricht hinsichtlich der Schreibkompetenz unter die Lupe nimmt, ist festzustellen, dass die Rolle der Schreiberziehung in-nerhalb der vier Fertigkeitsbereiche vernachlässigt wird und die Fokussierung bei schriftlichen Aufgabenstellungen vorwiegend auf dem Produkt selbst liegt und weniger auf den Schreibprozess ausgerichtet ist. Bei den Schreibaufgaben geht es nicht um das Wie der Darbietung, sondern vielmehr darum, dass die Lerner eine große Menge an Informationen zu Papier bringen, ohne zu wissen, wie man Texte klar und logisch gliedert und wie Einzelsätze zu einem sinnvol-len Ganzen zusammengefügt werden können. Hier legen die Lerner viel Wert auf Wort- und Satzbildung, auf grammatische Korrektheit, was die Entwicklung einer ganzheitlichen Lernerhaltung bei der Textproduktion verhindert. Außer-dem mangelt es den dargebotenen Texten an Qualität. Des Weiteren fehlt den Lernern die Vermittlung der notwendigen Kenntnisse der Schreiblehre. Immer noch bestehen Vermittlungsdefizite darin, wie Schreibprozesse in klar geglieder-te Phasen und Teilkompetenzen aufzugliedern sind und sich ohne großen Auf-wand vermitteln lassen. In der gymnasialen Oberstufe in Ägypten findet die Schreibfertigkeit keine gezielte, didaktisch durchdachte Schulung und Förde-rung. Das kann auf einige Faktoren zurückgeführt werden, erstens sind die Fremdsprachenlehrer für die Vermittlung der Schreibfähigkeit unzureichend ausgebildet. Zweitens spielt in den Köpfen der Lehrkräfte das Schreiben eine untergeordnete Rolle. Drittens wird die Vermittlung des Schreibens in den Richtlinien und Lehrplänen nicht angemessen berücksichtigt ebenso wie die Teilkomplexe der Textproduktion wie z. B. das Bereitstellen von Inhalten, Ord-nen und Gliedern und die Bestimmung von Schreibzielen. Sie werden völlig au-ßer Acht gelassen. Viertens wird der Schreibprozess als ein komplexer, strate-giegeleiteter Prozess kaum thematisiert und eingeübt. Fünftens geht es an den Schulen bei den schriftlichen Übungen um Aneignung und Festigung von Ein-zelelementen wie Wortschatz und grammatische Strukturen, wobei die Lerner Wörter meist ohne Kontext und Regeln auswendig lernen. Sechstens stellt der sogenannte Prüfungsterror ein weiteres Problem dar. Die meisten Lerner lernen nur der Prüfung wegen. Sie haben große Angst vor der Lehrerbewertung, des-halb orientieren sie sich am Lehrwerk als musterhaftes Vorbild, lernen alles auswendig und schreiben bei der Prüfung nach dem auswendig gelernten Mus-ter.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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1.6 Zur Didaktisierung der Schreiblehre im regionalen DaF-Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“

Bei einem Einblick in das regionale Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“ bezüglich der Didaktisierung der Schreiblehre als pragmatisch orientiertes Mo-dell fällt auf, dass sich die meisten Aufgabenstellungen und Bearbeitungsansätze inhaltlich wie gehabt an Lehrbuchtexten orientieren und auf die Beantwortung bzw. Erstellung mündlicher oder schriftlicher Aufgaben ausgerichtet sind. As-pekte der Schreibschulung sowie Empfehlungen und Hilfen für die Texterstel-lung im Sinne von „Wie“ finden sich bei der Einordnung von Schreibprodukten jedoch nicht.

Im Anhang des Lehrwerks werden keine Hinweise zur Texterstellung und zu ih-ren Teilbereichen gegeben. Darüber hinaus werden weder die für den Oberstu-fenunterricht notwendigen Methodenkenntnisse behandelt noch Mustertexte mit detaillierten Verfahrenshinweisen angeboten, die den Lernern Bearbeitungssi-cherheit vermitteln und ihnen demonstrieren, wie sie eine sich abschließende Aufgabe bearbeiten können. Ich vertrete die Auffassung, dass die Lehr- und Lerntraditionen für die gegenwärtige Situation im schriftlichen Bereich in Ägyp-ten maßgeblich sind. Aber was kann man tun, um die bestehenden Mängel und Schwächen aus dem Weg zu schaffen und die Schreibfertigkeit im Fremdspra-chenunterricht zu fördern?

Anstatt des produktorientierten Ansatzes muss Schreiben als Prozess verstanden werden. Im nachfolgenden Abschnitt schlage ich deshalb ein prozessorientiertes Schreibmodell vor.

1.7 Das prozessorientierte Schreibmodell

Das Schreiben ist mit einer Reihe von Teilkompetenzen verknüpft, wie z. B. Vorplanung, differenzierte Zugriffe auf internales und externales Wissen, struk-turelles Organisationstalent, Überarbeitungskompetenz, Kenntnis von Schreib-konventionen, Textsortensicherheit, sprachliche Sicherheit, etc. (vgl. Holtwisch 2004: 64). Es ist notwendig, fremdsprachliche Formulierungen und die Verbali-sierungen von Ideen ständig zu überprüfen, was nicht nur zur Förderung der Be-herrschung der Fremdsprache, sondern auch zum sicheren Umgang mit unter-schiedlichen Textformen führt. Auf diese Weise soll die prozessorientierte Pro-duktion aufgabenbezogener Texte als Chance angesehen werden, welche die in der Schule erworbene Schreibkompetenz für das Leben außerhalb des Klassen-zimmers transferierbar macht.

Laut Holtwisch (2004: 65) umfasst der fremdsprachliche Schreibprozess selbst sechs Teilbereiche:

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• „Analyse der Aufgabenstellung, • Thematisch-episodisches Wissen des Schreibers, • Nutzung externer Quellen und Ressourcen, • Fremdsprachlich-linguistisches Wissen des Schreibers, • Kenntnisse der Schreiblehre, • Eigentlicher Schreibprozess“ (ebd.: 65).

Das Konzept des Schreiblehrprozesses lässt sich am besten anhand eines von Holtwisch entwickelten Modells veranschaulichen. Es unterteilt sich in before writing, while writing und after writing tasks. Das Modell soll für den ägypti-schen fremdsprachlichen Schreiblehrprozess adaptiert werden. Die folgende Ta-belle soll einen Eindruck vom prozessorientierten Schreibmodell vermitteln, das in Teilphasen aufgegliedert ist:

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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Abb. 7: Das prozessorientierte Schreibmodell (Holtwisch 2004: 65)

Im Folgenden werden die fünf Phasen des Schreibmodells im Detail erläutert.

1. Gathering Ideas (Ideen sammeln)

Klausuren und Prüfungsarbeiten sollen auf authentischen Texten beruhen, was die Richtlinien und Lehrpläne berücksichtigen sollen. In diesem Fall ergibt sich eine thematische Anknüpfung, welche die Aufgabenbearbeitung erleichtert. Für viele Schüler ist die Ideenfindung eines der großen Probleme, da der Schreib-fluss durch mangelnde Inhalte gestört wird. Noch dazu kommen Probleme bei der Formulierung in der Fremdsprache. Aus diesen Gründen ist es nötig, mit den Schülern dauerhaft zahlreiche Techniken zu üben, die solche Barrieren abbauen und kreatives Verhalten fördern.

1.1 Brainstorming-Technik

Die Brainstorming-Technik wurde vom amerikanischen Werbefachmann Alex Osborn 1953 erfunden und von Charles Hutchison Clark weiterentwickelt, um die Erzeugung von neuen, ungewöhnlichen Ideen in einer Gruppe von Men-schen zu fördern. Das Grundprinzip dieser Methode ist nämlich: using the brain to storm a problem (Deutsch: Das Gehirn verwenden zum Sturm auf ein Prob-lem). Anders formuliert: Der Name Brainstorming weist darauf hin, dass das Gehirn intensiv nach Ideen durchforscht werden soll. Beim Brainstorming set-zen sich mehrere Personen zusammen und versuchen, spontan und in freier Rede innerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist 5 bis 30 Minuten) durch freie As-soziation möglichst viele Ideen zur Lösung eines vorgelegten Problems zu fin-den. Die Methode des Brainstormings kennzeichnet sich durch Denkaktivität, Schnelligkeit und Spontaneität (vgl. Schewior-Popp 2005: 143).

Der Ablauf wird durch einen Moderator (bzw. Lehrer) koordiniert, der die Technik des Brainstormings beherrscht. Er soll möglichst nicht nur auf die Ein-haltung der Regeln und des Zeitrahmens achten, sondern den Diskussionsverlauf gezielt auf fruchtbare Überlegungen lenken und bei nachlassendem Ideenfluss neue Impulse geben.

Um diese Methode einzuüben, ist es sinnvoll, mit einem Brainstorming auf Zu-ruf zu beginnen. Man beginnt dabei mit einem thematischen Schlüsselwort, das in die Mitte der Tafel geschrieben und eingekreist wird. Die gefundenen Ideen werden dann entweder ungeordnet an der Tafel aufgelistet oder in vorbereitete Verzweigungen eingetragen. Wenn man vorstrukturierte Methoden wie net dia-grams verwendet, hilft dieses Sammelsystem der nachfolgenden Phase „organi-sing ideas“ und macht die Sammlung von Brainstorming-Ergebnissen übersicht-licher (vgl. Holtwisch 2004: 66).

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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Bevor der Lehrer mit dem Brainstorming beginnt, soll den Schülern die Gele-genheit geboten werden, sich mit dem Schlüsselwort (keyword) als Stimulus ge-danklich zu beschäftigen. Dann sagen sie, welche Begriffe bzw. kurze Phrasen ihnen einfallen. Die Methode des Brainstormings wird effektiver und kreativer, wenn sie individuell oder in kleinen Gruppen ausgeführt wird. Daran anschlie-ßend folgt ein kurzer Gedankenaustausch, während dessen die Schüler eigene Notizen schreiben.

Abb. 8: Sammelsystem „net diagram“

2. Ordering and organising ideas

Die zweite Phase des Schreibmodells umfasst, gesammelte Ideen zu organisie-ren. Man kann jedoch feststellen, dass viele Schüler zwischen der Planung eines Textes und seiner Erstellung nicht klar unterscheiden können. In diesem Rah-men weist Wolff auf die enorme Bedeutung der Einübung des Schreibens im Fremdsprachenunterricht hin:

„Dadurch wird der Schreibprozess für jedes einzelne Gruppenmitglied erleichtert. Pla-nungs-, Formulierung-, und Überarbeitungsprozesse werden gemeinsam geleistet und für alle Gruppenmitglieder explizit versprachlicht“ (Wolff 1991: 37).

Bezüglich dieser Phase bedeutet dies, dass das gesammelte Material zunächst einmal kontrolliert werden soll, indem es überprüft und ausgewählt wird. Wich-

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tig ist, die Gedanken in eine logische Reihenfolge zu bringen, so dass ein Text entsteht, der sowohl aufgabenrelevant ist als auch die persönliche Position und Kritik des Lerners widerspiegelt. Hinzu kommt, dass der Text die Kriterien ei-nes gut strukturierten Textes erfüllen soll. Dazu ist es nötig, dass der Lerner die brauchbaren Ordnungssysteme kennt, die eine Lenkfunktion haben.

Das obige net diagram (s. Abb. 8) kann man benutzen, um die Abfolge der Ideen für die Texterstellung durch Zuordnung von Nummerierungen festzulegen. Hier werden die Zahlen auf die entsprechenden Verzweigungen geschrieben.

Die Verwendung von Mind Maps und Topic Outlines sind weitere hilfreiche Methoden, die dabei helfen, Gedankensammlungen zwar systematisch, aber an-spruchsvoller zu ordnen. Diese beiden Verfahren dienen dazu, das hierarchische Denken zu schulen. Sie können auch auf andere Unterrichtsfächer als Arbeits-techniken übertragen werden.

Mit Hilfe einer Mind Map kann der Lerner selbst entscheiden, mit welcher the-matischen Idee er seinen Text beginnen möchte. Die Verzweigungen zu numme-rieren, ist nicht mehr nötig, da die Ideen schon hierarchisch angeordnet worden sind.

Das Topic Outline ist eine weitere Methode, mit der der Schreiber Gliederungs-punkte in eine logische Reihenfolge bringt. Die Gliederungspunkte können in Stichworten oder aber ausformuliert erstellt werden, wie das folgende Beispiel zeigt:

Abb. 9: Ordnungssystem topic outline

1. Sinnvoller Umgang mit der Zeit - eigene Ziele und Prioritäten - mehr Zufriedenheit - im eigenen Rhythmus lernen - sich nicht zu lange Pausen nehmen - sich entspannen 2. Probleme und ihre Folgen - Widerstände gegen Planung - nur scheinbare Freiheit - Unangenehmes wird aufgeschoben (ständig schlechtes Gewissen) - Termine können nicht eingehalten werden (Stress)

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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3. Writing a draft

Wenn der Lerner die Sammel- und Ordnungsphase abschließt, dann besitzt er nun gute Voraussetzungen für den sich anschließenden Formulierungsprozess, nämlich writing a draft. Am Ende der drafting-Phase steht der Korrekturprozess, in dem der innere und äußere Textaufbau sowie die sprachliche Richtigkeit überprüft werden. Zu dieser Phase gehören auch Bausteine wie Kohäsion, Pa-ragraphing und die Verwendung von Konnektoren. Diese repräsentieren die bes-ten Voraussetzungen, damit qualitativ gute Texte zustande kommen.

4. Checking and Proofreading

In dieser Phase liest der Schreiber den eigenen Text weitaus intensiver, und zwar mit der Einstellung, jede Aussage als korrekt belegen zu können. Kontrol-liert wird zum einen die Rechtschreibung und Interpunktion, des Weiteren natür-lich die Grammatik.

Um eine systematische und vollständige Kontrolle des Textes zu gewährleisten, können die wichtigsten Kontrollaspekte in einer Checkliste zusammengetragen werden. Diese Liste soll beim Lesen der eigenen Ausführungen permanent als Maßstab verwendet werden.

Abb. 10: Checkliste

5. Writing a final version

In der letzten Phase des Schreibmodells kann der Lerner die endgültige Version seines Textes – wenn nötig – neu schreiben.

(1) Sind alle Elemente des Themas in den Gliederungsüberschriften enthal-ten?

(2) Ist die Gliederungsstruktur logisch?

(3) Sind die Beziehungen zwischen den Gliederungspunkten erkennbar?

(4) Wird das Thema vollständig abgedeckt?

(5) Sind die Gliederungspunkte themengerecht detailliert und gewichtet?

(6) Sind alle Redundanzen beseitigt worden?

(7) Sind alle Füllwörter eliminiert worden?

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

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2. Zu den landeskundlichen Inhalten im Fremdsprachenunterricht: Rah-menbedingungen und wichtige didaktische Konzepte

In der Regel spiegeln Lehrwerke den jeweiligen Stand der fremdsprachendidak-tischen Diskussion wider und können als Dokumentationen der im Erschei-nungszeitraum herrschenden methodischen Vorstellungen von Deutschunterricht definiert werden. Die Lehrmethoden stellen sich in den Lehrwerken an Texten, an der Grammatik, an Übungen, am Lektionsaufbau und an der Lernprogression dar. Ebenso ist bemerkenswert, dass die landeskundlichen Konzepte in den Lehrwerken stets eine Mischung aus gesellschaftlich und politisch begründbaren Positionen sowie aus subjektiven Vorstellungen und Vorlieben der jeweiligen Lehrwerkautoren darbieten, die von den gesellschaftlich-politischen Gegeben-heiten ihrer Umgebung geprägt werden können.

Aus didaktischer Hinsicht werden verschiedene Herangehensweisen bei der Darstellung landeskundlicher Informationen unterschieden. Diese Herange-hensweisen können einen Einfluss auf die Auswahl und Perspektivierung lan-deskundlicher bzw. geschichtlicher Themen nehmen. In diesem Zusammenhang schlagen Weimann und Hosch (1993: 514ff.) in Anlehnung an die bekannten Lehrwerkgenerationen vor, die unterschiedlichen didaktischen Ansätze von Landeskunde einzuteilen in:

• einen kognitiven Ansatz; • einen kommunikativen Ansatz und • einen interkulturellen Ansatz.

Anzumerken dabei ist, dass diese Ansätze in der Praxis selten in ganz reiner Form auftreten, sondern oft gemischt zu finden sind. Die drei Ansätze werden im Folgenden kurz charakterisiert.

Die Lerninhalte des kognitiven Ansatzes sind größtenteils Realien (z. B.: Haus-typen in Deutschland; Landschaftsformen…), Institutionen (z. B.: der deutsche Bundestag; Wahlsystem in Deutschland…), Geschichte (Wiedervereinigung…), Kultur (Museen in Dresden; Goethe in Weimar…).

Wie die Beispielthemen aufzeigen, geht es hier um den Aufbau systematischer Kenntnisse über Kultur und Gesellschaft, d. h. die „Aneignung deklarativen Wissens“ (Weimann/ Hosch 1993: 514). Im Verständnis dieses Konzepts hat die Landeskunde die Aufgabe, „ein beziehungsreiches, zusammenhängendes Sys-tem deutscher Wirklichkeit zu vermitteln“ (Delmas/ Vorderwülbecke 1982: 202). Mit Hilfe dieser Tatsachen und Fakten soll ein Bild von der Gesellschaft des Zielsprachenlandes entstehen. Die Themen, die die Entstehung eines Lan-desbildes unterstützen, stammen von den jeweiligen Bezugswissenschaften der

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Landeskunde wie Politik, Soziologie, Geschichte, Geographie, Kultur, Litera-turwissenschaft usw.

Im kommunikativen Ansatz werden die Lerninhalte nicht mehr anhand von In-stitutionen oder/ und Gegenständen der Zielkultur erworben; eher werden nach diesem Konzept die Erfahrungen, Kenntnisse und Einstellungen der Lernenden prioritär behandelt. Hier ist ein Perspektivenwechsel von der Lehrerperspektive zur Lernerperspektive so stark zu bemerken, dass die Selektion landeskundlicher Inhalte sich nach den Interessen und Bedürfnissen der Lernenden richtet. Über-geordnetes Ziel des kommunikativen Ansatzes ist sowohl die sprachliche und kulturelle Handlungsfähigkeit als auch die Entwicklung von Einstellungen wie Offenheit, Toleranz und Kommunikationsbereitschaft der Zielkultur gegenüber. Landeskunde in diesem Verständnis ist informationsbezogen und gleichzeitig handlungsbezogen aufgefasst. Der kommunikative Ansatz bezieht sich auf All-tagssituationen (wie Menschen wohnen, arbeiten, essen, sich bilden usw.). Aus-gehend von eigenen Lebenserfahrungen finden die Lernenden einen leichten Zugang in die fremde Kultur (vgl. Weimann/ Hosch 1993: 515f.).

Seit Beginn der 80er Jahre hält die Fremdsprachendidaktik die wechselseitige Bedingtheit sprachlichen und kulturellen Lernens für notwendig, und daraus ent-steht der interkulturelle Ansatz , da Verständigungsfähigkeit sich nicht auf ei-nen richtigen Einsatz des Sprachsystems beschränkt. In einem interkulturell aus-gerichteten Fremdsprachenunterricht geht es essentiell um die Entwicklung von Fähigkeiten, Strategien und Fertigkeiten im Umgang mit fremden Kulturen und Gesellschaften. Dazu gehört z. B. die Fähigkeit, sich in andere Menschen hin-einzuversetzen, mit ihnen mitzufühlen (vgl. ebd.: 516f.).

Im interkulturellen Ansatz ist Wissen über die fremde Kultur besonders wichtig. In diesem Rahmen ist es schwierig zu entscheiden, welche Fakten, Tatsachen aus der Kultur der Zielsprache in einen landeskundlichen Stoffkanon aufzuneh-men sind. Dieser Wissensstoff wird nach bestimmten Selektionskriterien ausge-wählt, nämlich:

• Lernerinteressen: Der Lehrer soll nur das in seinem Stoffkanon aufneh-men, wofür sich die Lernenden interessieren.

• Sprachwissen und Kommunikationsfähigkeit der Lernenden: In den Stoffplan soll der Lehrer nur das aufnehmen, was die Lernenden auf-grund ihrer fremdsprachlichen Kompetenz in der Fremdsprache verarbei-ten können.

• Beschreibung der Zielgesellschaft (des Landesbildes) im Sinne des kog-nitiven Ansatzes, der dabei Raum für Entwicklung von Haltungen, Ein-stellungen und Kompetenzen im Umgang mit dem Fremden lässt.

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• Kulturelle Interferenzen: Zum Inhalt wählt der Lehrer das aus, was 1) entweder sehr verschieden zur Ausgangskultur der Lernenden ist und sich deshalb leicht vergleichen lässt 2) oder er entscheidet sich für Dinge aus beiden Kulturen, die an der Oberfläche scheinbar gleich sind 3) oder für Dinge, bei denen ein gegenseitiger Einfluss beider Kulturen sichtbar wird.

Hauptsächlich geht es hier nicht so sehr um die Inhalte selbst, sondern vielmehr um die Tatsache, dass mit Hilfe dieser Inhalte sowohl Haltungen und Einstel-lungen beim Lernenden entwickelt werden als auch die Entfaltung von Fähigkei-ten möglich wird, z. B.:

• Fähigkeiten im Selbsterkunden der fremden Wirklichkeit; • Fähigkeiten zur Interpretation von fremder Wirklichkeit; • Fähigkeiten im Suchen, Finden und Auswerten authentischer Materialien

(Texte, Bilder…); • Fähigkeiten zum adäquaten Verhalten in der fremden Wirklichkeit.

Aus diesen Beispielen für Fähigkeiten, die im Unterricht entwickelt werden sol-len, ist klar zu erkennen, dass landeskundliches Wissen nicht auf Faktenwissen reduziert. Gleichermaßen ist prozedurales Wissen bedeutsam. Damit wird das Wissen gemeint, wie man an Fakten herankommt und wie man mit Fakten um-geht.

Dieser Ersatz der traditionellen Landeskunde durch ein interkulturelles Leitkon-zept führte im vergangenen Jahrzehnt zu einem Paradigmenwechsel in der Fremdsprachendidaktik. Daneben wird die Bildungspolitik im Allgemeinen so-wie die Fremdsprachendidaktik im Besonderen seit der Veröffentlichung der PISA-Studie durch die Diskussion um „Bildungsstandards“ maßgeblich beein-flusst. An dieser Stelle wäre es von besonderer Bedeutung den Kulturbegriff zu differenzieren. Der im Rahmen dieser Arbeit angeführte Kulturbegriff orientiert sich an Bechtel (2003), wonach

„…die je eigene Kultur gleichzeitig ein ganz spezifisches Orientierungssystem dar-stellt, das sich von anderen unterscheidet und für unsere spezifische eigenkulturelle Prägung verantwortlich ist“ (Bechtel 2003: 51).

Nun stellt sich die Frage, ob und wie interkulturelles Lernen und Bildungsstan-dards miteinander vereinbart werden können.

Gemäß dem interkulturellen Lernkonzept soll der DaF-Unterricht über die Aus-bildung einer Sprachkompetenz hinaus den Lernern einen Einblick in die Gege-benheiten des Zielsprachenlandes ermöglichen. Der Ansatz des interkulturellen Lernens weist über das Vermitteln von Fakten der deutschsprachigen Welt hin-

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aus und führt den Lerner zu einer kritisch-toleranten Auseinandersetzung mit kulturellen Gegebenheiten des Zielsprachenlandes, indem er Inhalte, kulturelle Erfahrungen und Sachverhalte wie verschiedene Lebensweisen, Werte und Normen des eigenen Lebensbereichs mit reflektiert. In diesem Sinne ist interkul-turelles Lernen kontrastiv, da im Lernprozess ein Entgegensetzen der Kulturen erfolgt und dadurch Unterschiede und Gemeinsamkeiten entdeckt werden kön-nen. In der Verfolgung dieser Zielsetzung soll der DaF-Unterricht – m. E. – Grundlagen für die Ausbildung von Wissen sowie ein kritisches Bewusstsein für die Unterschiede zwischen Kulturen vermitteln. Auf diese Weise wirkt der Un-terricht auf die Persönlichkeitskompetenz des Lerners. Außerdem sollen indivi-duelle Fremdverstehensprozesse Eingang in die curricularen Vorgaben für den DaF-Unterricht in Ägypten finden.

Während die fremdsprachendidaktische Diskussion in den 1990er Jahren von der Interkulturalität beherrscht wurde, richtet sich die Bildungspolitik im Allge-meinen auf die Entwicklung und Implementierung von Bildungsstandards. Ei-nen wichtigen Beitrag dazu leistet die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Kultusministerkonferenz (KMK) und dem Deutschen Institut für Pädagogische Forschung (DIPF) gemeinsam im Jahre 2003 vorgeleg-te Expertise Zur Entwicklung nationaler Bildungsstandards. Dieser Expertise zufolge bezeichnen die Bildungsstandards unter anderem die in der Schule zu vermittelnden Kompetenzen,

„die so konkret beschrieben [werden], dass sie in Aufgabenstellungen umgesetzt und prinzipiell mit Hilfe von Testverfahren erfasst werden können“ (BMBF/ KMK/ DIPF 2003: 19).

Solche Orientierung an einer testbasierten Messung und Bewertung der Ergeb-nisse des Lernprozesses führt dazu, dass die Expertise Bildungsstandards als Output-Standards definiert (vgl. ebd.: 32), denn es gilt: „Bildungsstandards in unserem Sinne sind ergebnisbezogen“ (ebd.: 33). An dieser Stelle möchte ich betonen, dass die Expertise mit Beispielen für Kompetenzmodelle zur Beschrei-bung von Bildungsstandards endet, darunter der Gemeinsame Europäische Refe-renzrahmen für Sprachen (GERS) (vgl. Europarat 2001).

In diesem Zusammenhang stellt sich weiterhin die Frage, inwieweit interkultu-relle Kompetenzen in Skalenmodellen erfassbar, operationalisierbar und mess-bar sind. Anders ausgedrückt: Können interkulturelle Kompetenzen in einer standardisierten Form operationalisiert werden?

Es ist jedoch bemerkenswert, dass die interkulturellen Kompetenzen im GERS ebenfalls nicht angemessen thematisiert werden. Beispielsweise wird der Be-reich der interkulturellen Missverständnisse nirgends im GERS dargelegt. Diese konzeptuelle Lücke stellt bei dem GERS einen großen Mangel dar. Diese Mei-

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nung hat auch David Little – einer der die Entwicklung des Referenzrahmens maßgeblich begleitenden Didaktiker – bestätigt, dass der Referenzrahmen in seiner vorliegenden Version kaum etwas zu interkulturellen Kompetenzen sagt:

„CEF [the Common European Framework] has very little to say about pluriculturalism and interculturality. One reason for this is no doubt the fact that there is as yet no con-sensus among experts in intercultural communication as to whether intercultural com-petence is scable in the same way as communicative proficiency“ (Little 2003: 135).

Es erscheint m. E. für diesen Bereich sinnvoller, statt einer Output-Orientierung eher die Aufmerksamkeit auf den Input einer Lernumgebung und die interkultu-relle Erkenntnisprozesse zu lenken. Für das interkulturelle Lernen ist es ange-messener, Input-Standards zu formulieren, die gewährleisten, dass der Unter-richt interkulturelles Lernen ermöglicht. Aber es ist zweifelhaft, dass die Ergeb-nisse eines interkulturellen Verstehensprozesses über alle Lerner in einer stan-dardisierten Form erfasst, gemessen und bewertet werden können. Das liegt dar-in begründet, dass gemäß den Ansätzen zur Lernzieloperationalisierung (vgl. Mager 1972) festgestellt wurde, affektive, emotionale und normorientierte Lern-ziele vorwiegend schwer in beobachtbarem, lernersprachlichem Output zu erfas-sen. Folglich bleibt dieses Problem für die neuerliche Standardsdiskussion be-stehen. Es bleibt aber festzuhalten, dass der Output interkulturellen Lernens we-der in Skalenmodellen beschreibbar noch in standardisierten Testverfahren messbar ist. Durch die Entwicklung von Input-Standards kann man einen Lern-kontext schaffen, indem die Schüler zu echtem interkulturellem Lernen angeregt werden.

Davon ausgehend, inwieweit die Input-Standards für die Konzeption von inter-kulturellem Unterricht angemessen sind, so stellt sich die Frage nach der Kon-kretisierung von Leitlinien für die Planung und Durchführung von interkulturel-len Unterrichtinhalten. Im folgenden Abschnitt will ich auf drei zentrale Leitli-nien eingehen, die dazu dienen, Input-Standards für die Entwicklung von inter-kulturellen Kompetenzen zu sichern.

(a) Problemorientierung

Problemorientierung wird dadurch gewährleistet, dass die interkulturellen Inhal-te an einem zentralen Thema und einem zentralen Problem orientiert sein muss, das für das Fremdverstehen von Relevanz ist. Darüber hinaus soll die Problem-orientierung garantieren, dass möglichst alle Teilaspekte der Unterrichtsinhalte in einem Zusammenhang stehen und sich aufeinander beziehen. Schließlich impliziert diese Leitlinie, dass das zentrale Thema für die Schüler von Interesse sein und zur Auseinandersetzung sowohl mit der Zielkultur als auch mit der Ei-genkultur auffordern soll.

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(b) Pluralität

Mit der zweiten Leitlinie für die Planung und Durchführung interkultureller Un-terrichtsinhalte ist gemeint, dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt der Be-zugskultur in der thematischen Behandlung widergespiegelt wird. Zur sprachli-chen Pluralität Deutschlands gehört die Erarbeitung der sprachlichen Vielfältig-keit27 des Landes im Allgemeinen (Deutsch, Dänisch, Sorbisch, Friesisch, Nie-derdeutsch, Jiddisch). Zur Erarbeitung der kulturellen Pluralität ist es notwendig zu zeigen, dass es unterschiedliche Sichtweisen, Traditionen, Sitten und Beurtei-lungen in der Zielkultur gibt.

(c) Perspektivwechsel

Die dritte Leitlinie weist auf den Aspekt des Perspektivwechsels hin. Die Um-setzung dieser Leitlinie soll sicherstellen, dass die Zielkultur sich nicht nur aus der Außenperspektive betrachtet wird, sondern dass den Schülern die Chance gegeben wird, sich in die Innenperspektiven einzufinden, die Perspektiven mit-einander zu vergleichen und sich auf diese Weise kritisch mit den einzelnen Per-spektiven auseinanderzusetzen.

Die hier genannten Leitlinien für die Unterrichtskonzeption können als Input-Standards verstanden werden, die dabei helfen, Unterrichtsinhalte zu planen und durchzuführen, welche interkulturelle Lernprozesse ermöglichen.

27 In Deutschland ist die Amtssprache Deutsch. Die zahlreichen regionalen Dialekte weichen teilweise stark vom Hochdeutschen ab. Ein Großteil der Bevölkerung spricht die Fremdsprache Englisch. Im Norden von Schleswig-Holstein gibt es eine dänische Minderheit und Dänisch ist zum Teil Schulsprache. In Brandenburg und Sachsen lebt eine sorbische Minderheit und an rund 50 Schulen ist Sorbisch – eine slawische Sprache – Unterrichtsspra-che. Offiziell wird auch Friesisch als Minderheitensprache anerkannt. Nordfriesisch wird in Schleswig-Holstein und Saterfriesisch in Niedersachsen gesprochen. Außerdem wird in Hessen Romani als Minderheitensprache der Sinti und Roma anerkannt. Daneben wird Niederdeutsch als Regionalsprache in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern sowie in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt gesprochen.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

105

3. Förderung der Lernerautonomie in Ägypten?

3.1 Traditioneller (schulischer) Fremdsprachenunterricht

Beobachtet man die schulische Praxis des Fremdsprachenunterrichts, d. h. die Art und Weise, wie in Ägypten Fremdsprachen traditionellerweise gelehrt und gelernt werden, so ist das Fragezeichen am Ende des Titels sicherlich berechtigt. Es ist festzustellen, dass der Lehrer als allwissende Autoritätsperson gewöhnlich der Einzige ist, der im Sprachunterricht spricht, während die Schüler zuhören. Der Stoff wird auswendig gelernt. Frontalunterricht mit Fokus auf Grammatik und Wortschatz ist an den meisten Schulen üblich.

Bereits der erste Blick in die meisten Unterrichtsräume bestätigt diese These, da diese Räume nach einem Grundmuster eingerichtet sind, bei dem Tische und Stühle

„in einer Richtung angeordnet sind, nämlich auf eine Art „Bühne“ hin. (…) Im Unter-richt selbst sitzt üblicherweise eine mehr oder weniger große Anzahl von Schülerinnen und/ oder Schülern (…) mit Blick zur „Bühne“. Dort agiert sitzend, stehend oder ge-hend eine erwachsene ausgebildete Lehrperson“ (Huneke/ Steinig 2002: 89).

Eine natürliche Folge des oben beschriebenen Zustands ist, dass die Lehrperson, diejenige ist, die bestimmt, was, wie und wann im Unterricht geschieht. Sie trifft die Entscheidung darüber, wer und was sagen darf bzw. soll, indem sie Fragen stellt und Aufgaben formuliert.

Aber gerade weil die Mehrzahl der Lernenden eher wenig Interesse zeigt und nur selten selbstinitiativ ist, ist es meiner Auffassung nach unbedingt, ihnen den Fremdsprachenunterricht so wohlschmeckend wie möglich zu machen. Bisher sind sie daran gewöhnt, dass ihnen Wissen auf einem silbernen Tablett serviert wird. Allerdings bedeutet das nicht, dass sie keinen angeregten Appetit auf neue, selbstgewählte Speisen haben. In diesem Zusammenhang finde ich den Ansatz der Lernerautonomie ideal. Lernerautonomie ist eine wichtige Komponente im Fremdsprachenunterricht und stellt eine wesentliche Voraussetzung für die Ent-wicklung von DaF-Lehrwerken dar. Weil der Fremdsprachenunterricht in star-kem Maße an dem eingeführten Lehrwerk orientiert ist, wäre es wünschenswert, dass die Lehrwerkautoren die Förderung von Lernerautonomie in den Aufbau von Lehrwerken integrieren. Ausgehend von modernen Lehrwerkkonzeptionen ist ein wesentliches Ziel der Bewusstmachung einer potentiellen Lernerautono-mie, dass die Lernenden die Möglichkeit bekommen, die Verantwortung für ih-ren Lernprozess und -erfolg zu übernehmen, indem sie

• planen und organisieren, • Probleme und mögliche Lösungen formulieren,

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

106

• Alternativen suchen und aufzeigen, • ihre Arbeitsabläufe selbst kontrollieren, • in ihrem eigenständigen Denken und Handeln herausfordern und för-

dern, • in Selbstständigkeit, Identifikation und Leistungsbereitschaft unterstüt-

zen und fördern.

3.2 Ursprünge des autonomen Lernens

Das Konzept der Lernerautonomie ist komplex und facettenreich. Seit seiner konzeptuellen Geburt in den siebziger Jahren hat es sich zunehmend weiterent-wickelt (vgl. Martinez 2008: 105). Um die Entwicklung dieses Konzepts zu il-lustrieren, sollen zunächst drei Beiträge vorgestellt werden, die die Definitions-bildung des Begriffs „Lernerautonomie“ prägten: Holec (1981), Allwright (1988) und Wenden (1991).

Der Begriff der Lernerautonomie wurde bereits 1980 von Holec in die Diskussi-on gebracht. Sein Ansatz ist grundsätzlich politischer Natur. Er bezeichnet Ler-nerautonomie als eine der erzieherischen Innovationen, die darauf zielt, die Freiheit des Individuums zu entwickeln. Das soll geschehen, indem die Fähig-keiten gefördert werden, die es dazu befähigen, als verantwortliches Mitglied in seiner Gesellschaft zu handeln. Holec beschreibt Lernerautonomie als die Fä-higkeit,

„das eigene Lernen selbstverantwortlich in die Hand nehmen zu können. Dies erfor-dert, dass der Lerner in die Lage versetzt werden, Lernziele, Inhalte und Progression bestimmen zu können, die eigenen Lernmethoden und Techniken auswählen und diese sowie das Gelernte bewerten zu können“ (Holec 1981:3).

So nennt Holec als Voraussetzung für autonomes Lernen die Fähigkeit:

• Lernziele, Lerninhalte und Lernprogression festzulegen, • geeignete Lerntechniken auszuwählen, • frei über Lernort, Lernzeit und Lerntempo zu entscheiden und • den eigenen Lernerfolg bewerten zu können.

Holec unterstreicht in seinen Publikationen drei Schlüsselkomponenten des Konzepts:

• Die Fähigkeit, sich im Lernprozess autonom zu verhalten und die Mög-lichkeit, durch entsprechende Lernstrukturen diese Fähigkeit zu entwi-ckeln, bedingen einander (vgl. Holec 1981; 1985; 1988).

• Lernerautonomie kann nur durch die Möglichkeit, selbst bestimmtes Ler-nen zu üben, entwickelt werden (vgl. Holec 1981; 1985).

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

107

• Das Prinzip der vollen Kontrolle des Lerners über Entscheidungen, die sein eigenes Lernen betreffen, muss beachtet werden (vgl. Holec 1985; 1987). Nach Holec beziehen sich diese Entscheidungen auf die Festle-gung der Lernziele, der Inhalte und der Progression, auf die Auswahl der zu benutzenden Methoden und Arbeitstechniken, auf die Gestaltung des Lernprozesses (im Hinblick auf Zeit, Ort, Rhythmus) und auf die Bewer-tung des Gelernten und des Lernprozesses, d.h. es sind Entscheidungen, die in herkömmlichen Unterrichtskontexten vom Lehrer getroffen werden (vgl. Holec 1981:3).

Allwright (1988) hingegen bezweifelt die Generalisierbarkeit der von Holec ver-tretenen Herangehensweise. Er stellt bezüglich des Begriffs „Lernerautonomie“ Folgendes fest:

„The term is (…) associated with a radical restructuring that involves the rejection of the traditional classroom and the introduction of wholly new ways of working.” (Allw-right 1988:35).

In dieser Aussage verlangt Allwright doch eine vollständige Abwendung vom gewohnten Unterrichtsablauf, indem er aber Wege vorschlägt, mit denen Ler-nerautonomie im Klassenzimmer-Kontext, also im gesteuerten und formalen Kontext, gefördert werden kann. In seinem Vorschlag geht er davon aus, dass Lehrpersonen autonomes Lernverhalten im Lehr-Lernkontext des Klassenzim-mers identifizieren und fördern können. Allwright (1988) definiert den Begriff der Lernerautonomie nicht neu, aber seine Ausführungen repräsentieren eine wichtige Stufe in der Entwicklung dieses Konzepts, da er den Focus von den strukturellen Lehr-/ Lernbedingungen hin zum Verhalten des individuellen Ler-ners bewegt.

Wenden (1991) ordnet Allwrights Vorschläge in den Kontext eines breiteren lerntheoretischen Rahmens ein und zieht methodologisches Lerner-Training (im Hinblick auf den Gebrauch von Lernstrategien) und die Entwicklung von Ler-nerautonomie aufeinander.

Wenden definiert Lernerautonomie wie im Folgenden:

„In effect, ‘successful’ or ‘expert’ learners have learned how to learn. They have ac-quired the learning strategies, the knowledge about learning, and the attitudes that en-able them to use these skills and knowledge confidently, flexibly, appropriately and independently of a teacher. Therefore, they are autonomous“ (Wenden 1991:15).

In dieser Formulierung stellt das Lernverhalten selbst eine ausreichende Bedin-gung für Lernerautonomie dar. Aber das strukturelle Element, also den Kontext, in welchem es stattfindet und eigenständiges Entscheiden über Lerninhalte spie-len in ihrer Definition von Lernerautonomie keine Rolle mehr.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

108

David Little, einer der wichtigsten Vertreter des Autonomiekonzepts, bezeichnet die Entwicklung von Autonomie als eine universale menschliche Fähigkeit, die im Prinzip für jeden Lerner verfügbar ist. Seiner Meinung nach sind die meisten erfolgreichen Lerner in formalen Kontexten autonome Lerner. Sie übernehmen Verantwortung für ihr Lernen, sie reflektieren ständig darüber, was sie lernen, warum sie lernen, wie sie lernen und mit welchem Erfolg sie lernen. Solche Lerner sind in der Lage, Entscheidungen bezüglich der Lerninhalte und des Lernvorgehens zu treffen. Lernziel und Lernweg werden bewusst geplant. Eine wichtige Komponente für die bewusste Planung der Lernhandlungen ist die Kenntnis über und die Anwendung von unterschiedlichen Lernstrategien. Little verweist auch darauf, dass die meisten erfolgreichen Lerner ihre Autonomie ei-genständig durch individuelle Lernerfahrungen – unabhängig von Lehrern – entwickeln (vgl. Little 1999: 13f.). Daher ist Lernerautonomie auch lern- und lehrbar.

Ein wichtiger Punkt Littles Konzeptes ist eine analytische Sicht auf den Prozess des Lernens. Lernerautonomie setzt seines Erachtens Fähigkeiten voraus, den eigenen Lernprozess zu gestalten (to shape), den eigenen Lernprozess zu über-wachen (to monitor) und den eigenen Lernprozess auszuwerten (to evaluate) (vgl. Bimmel/ Rampillon 2000).

Zusammenfassend beschreibt Little Lernerautonomie wie folgt:

Schülerautonomie ist:

• die Fähigkeit der Schüler zur Distanzierung, zur kritischen Reflexion des-sen, was im Unterricht passiert, zum Entscheiden und zur selbständigen Handlung,

• die (zunehmende) Unabhängigkeit der Schüler von Kontrolle, • ihre (zunehmende) Freiheit und deshalb, • eine Mischung von Unabhängigkeit und Abhängigkeit in der sozialen Be-

ziehung zwischen Lehrer und Schülern.

Eine genauere Definition autonomen Lernens, die an die oben angeführten Kon-zepte anknüpft, formulieren Bimmel/ Rampillon (2000):

Von autonomem Lernen sprechen wir, wenn Lernende die zentralen Entschei-dungen über ihr Lernen selbst treffen. Autonome Lernende entscheiden z.B. selbst:

• dass sie lernen wollen, • wie sie beim Lernen vorgehen, • welche Materialien und welche Hilfsmittel sie zum Lernen verwenden,

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

109

• welche Lernstrategien sie einsetzen, • ob sie allein oder mit anderen lernen, • wie sie ihre Lernzeit einteilen, • wie sie kontrollieren, ob sie erfolgreich gelernt haben (ebd.: 33).

Lernerautonomie bezieht sich auf Lernformen, in denen sich der Lehrer darum bemüht, die Lernenden in die Prozesse einzubeziehen, die erforderlich sind, um erfolgreich zu lernen, und ihnen mehr und mehr Verantwortung für das eigene Lernen zu übertragen.

Eine interessante Unterscheidung dieses didaktischen Begriffs bereichert Ben-son (1997: 18ff.). Er unterscheidet weiterhin zwischen drei Versionen von Ler-nerautonomie: einer technischen, einer psychologischen und einer politischen Version. Eine technische Version von Lernerautonomie wird als Lernen außer-halb eines institutionalisierten Lernkontextes (Schule, Universität) ohne Einbe-ziehung eines Lehrers definiert. Psychologische Versionen definieren Lernerau-tonomie als Fähigkeit, Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen und sehen die Entwicklung von Lernerautonomie als einen nie abgeschlossenen Pro-zess, der immer mehr die eigenen Lernprozesse beeinflusst. In politischen Ver-sionen von Lernerautonomie wird das Konzept im Zusammenhang mit der Kon-trolle von Lernprozessen und Lerninhalten gesehen. Der Grundbegriff politi-scher Version von Lernerautonomie bezieht sich auf die Bedingungen, unter welchen es Lernern möglich ist, sowohl ihr eigenes Lernen als auch die institu-tionellen Kontexte zu kontrollieren, in welchen ihr Lernen stattfindet.

Insgesamt kann die Entwicklung, die das Konzept der Lernerautonomie seit dem Ende der 70er Jahre bis zum heutigen Zeitpunkt durchlaufen hat, auf drei Ebe-nen beschrieben werden: Es entwickelte sich von einer situationalen hin zu einer psychologischen Beschreibung von Lernbedingungen, von einer sozialen hin zu einer individuellen Auffassung vom Lernenden und von einer Bedeutungsorien-tierung des Lernens (warum lernen Lerner und was lernen sie?) hin zu einer Ori-entierung an den Lernhandlungen (wie lernen sie?).

3.3 Von der Fremd- zur Selbststeuerung: Stufen zur Autonomie

Durch die vorherigen Ausführungen wurde schon klargelegt, dass Lernerauto-nomie keine Voraussetzung, sondern eher ein langfristiges Ziel repräsentiert. Man ist der Ansicht:

„Der Lerner muss erst schrittweise auf die Lernerautonomie vorbereitet werden bzw. die Bereitschaft zur Eigenverantwortlichkeit entwickeln“ (Chan 2000: 67).

Wie kann das geschehen?

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

110

Laut Nunan/ Lamb (1996) kann Lernerautonomie auf unterschiedlichen Stufen realisiert werden, weil sie festgestellt haben, dass

„learner-centeredness is not an all-or-nothing process. Rather it is a continuum from relatively less to relatively more learner-centered“ (Nunan/ Lamb 1996: 12).

Die stufigen Lerneraktivitäten können folgendermaßen tabellarisch angezeigt werden:

Lerneraktivitäten Anmerkungen

1. Bewusstheit Die Lerner werden sich über die pädagogischen Ziele und Inhalte des Kurses bewusst. Sie identifizieren die Anforderungen von Aufgaben sowie ihre eigenen Lernstile und -strategien.

2. Beteiligung Die Lerner sind an der Auswahl von Zielen und Alter-nativen beteiligt. Entsprechend können sie aus einer Reihe von Möglichkeiten auswählen.

3. Intervenierende Lerneraktivität

Die Lerner sind an der Modifizierung der Ziele und In-halte des Kurses beteiligt und passen die Aufgabe ent-sprechend ihrer Bedürfnisse an.

4. Kreative Lernerak-tivität

Die Lerner bestimmen ihre eigenen Ziele und Inhalte langfristig. Dafür erstellen sie auch ihre eigenen Auf-gaben.

5. Lerneraktivität au-ßerhalb des Kurses

Die Lerner überschreiten die Grenzen des Klassen-zimmers und verknüpfen die Inhalte des Lernens im Kurs mit der realen Welt. Dadurch werden sie zu Leh-rern und Forschern.

Tab. 2: Autonomiekontinuum (vgl. Nunan/ Lamb 1996: 12f.)

Die Tabelle stellt dar, dass der Unterricht, in dem Lerner die pädagogischen Zie-le (learning process goals) und die entsprechenden Inhalte (language content goals) klar erkennen, lernerzentrierter ist als Unterricht, in dem Ziele und Inhalte nicht ausdrücklich aufgedeckt werden. Demzufolge treten Nunan/ Lamb dafür ein, dass besonders Lerner in der Anfangsphase auf diese Ziele und Inhalte auf-merksam gemacht werden müssen. Dies ist der erste Schritt auf dem phasischen Lernprozess. Hier sollen die Zielsetzungen und Inhalte auf die eigenen Bedürf-nisse der Lerner gut abgestimmt sein. Dabei nehmen die Lerner Bezug auf die spezifisch individuellen Lernerfahrungen und versuchen diese mit der realen Welt zu verbinden.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

111

„How far one choose to move along the continuum depends on one´s learners and the context and environment of the instructional process“ (ebd.: 13).

Die von Nunan/ Lamb vorgeschlagenen Stufen, die autonomes Lernen fördern, sind nicht voneinander getrennt, sondern eher miteinander verknüpft und gleich-zeitig verwebt. Sie sollen als „offener Entwurf“ betrachtet werden, der sowohl mit den realen Bedingungen als auch mit der Gruppe in Übereinstimmung ge-bracht werden müssen. Auf diese Art und Weise wird die Bereitschaft des Ler-ners gefördert, Verantwortung im Fremdsprachenunterricht übernehmen zu kön-nen, da er mit seiner Individualität in den Mittelpunkt des Unterrichts gerückt wird und sein subjektives Wissen thematisieren kann. Weiterhin wird diese Be-fähigung gemäß den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Lerner veränder-bar.

3.4 Das Lehrwerk als Instrument zur Autonomisierung der Lernenden im DaF-Unterricht

Nach einer theoretischen Fundierung des Autonomiebegriffs möchte ich einen Überblick über die Rolle der Lehrwerke bei der Autonomieförderung der Ler-nenden im DaF-Unterricht geben. In diesem Zusammenhang stellt sich die Fra-ge: Wie sollen Lehrwerke aussehen, die die Autonomie fördern?

Bei Autonomie handelt es sich um eine lernerzentrierte Lernform, da der Lerner entscheidet, gestaltet usw. Hier soll beispielhaft anhand von sieben Vorschlägen verdeutlicht werden, wie Lehr- und Lernmaterialien scheinen sollen, die den au-tonomen Lernprozess in Gang setzen und unterstützen können. Vor diesem Hin-tergrund sollen autonomiefördernde Lehr- und Lernmaterialien aktivierend, un-terstützend, transparent, offen, natürlich, objektivierend und motivierend sein. Alle sieben Vorschläge zielen auf eine lernerverantwortliche, eigentätige Ausei-nandersetzung mit der Aufgabe ab.

3.4.1 Lerneraktivierende Aufgaben

Die Aktivierung der Lernenden im Unterricht und in ihrem Lernprozess steht im Zentrum der methodisch-didaktischen Diskussion. Die Lerneraktivierung kann u. a. durch den Einsatz spielerischer Aktivitäten im Sprachenunterricht oder durch Medien (Bilder, Musik, Film…) realisiert werden. Hier sollten die Aufga-ben die praktischen Fähigkeiten des Lerners nutzen und seine sozialen Bedürf-nisse erfüllen. Wesentlich ist dabei, dass die Aufgaben dem Lerner den Bezug von Lernen und natürlicher Umgebung wahrnehmbar machen, d. h. ihm den Zu-sammenhang von Spracherwerb und eigenem Erleben deutlich zu machen. Das Ziel solcher Aufgaben besteht nicht nur in der Erprobung erworbener Kenntnis-se in realen Situationen, sondern auch in der Analyse des zielsprachlichen All-tags, wie z. B. in Abbildung 11:

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

112

(Abb. 11: Vorderwülbecke 1986: 62)

Diese Art von Aufgaben bietet dem Lerner die Möglichkeit, erworbenes Wissen anzuwenden, deswegen ist für die Förderung autonomen Lernens grundsätzlich geeignet.

Bei einer Durchsicht des Lehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“ bin ich überrascht, wie wenig dieser Übungstyp auftaucht. Projektvorschläge kommen im Band I nur dreimal vor und behandeln Themen wie Zettelkasten, Klassen-briefkasten und eine Wandzeitung anzufertigen.

Im Band II sind die Projektvorschläge nur viermal zu finden. Sie stellen folgen-de Themen dar: Einen Deutschen erfinden und mit einem Lebenslauf versehen, Klassenbriefkasten, eine Reklame entwerfen und zu einem Thema eine Wand-zeitung machen. Es ist in diesem Zusammenhang erwähnenswert, dass dieser Aufgabentyp fakultativ ist. Aus diesem Grunde wird von der Lehrperson igno-riert, weil sie die Ansicht vertreten, solche Aufgaben investieren viel Zeit und Energie.

Zusammenfassend habe ich zu zeigen versucht, dass eine Übungstypologie zur Förderung des autonomen und partnerschaftlichen Lernens ausgearbeitet werden muss. Diese Übungstypologie sollte eine sinnvolle Hilfe beim Spracherwerb leisten.

3.4.2 Lernunterstützende Aufgaben

Um die Selbstverantwortungsfähigkeit der Lernenden zu fördern, brauchen sie autonome Materialien, die sie in ihrem Spracherwerbsprozess gezielt unterstüt-zen. Solche autonome Materialien sollen nach Stern (1983: 41) aktive Planungs-strategien, akademische Lernstrategien, soziales Lernen und effektive Strate-gien bieten. Diese Aspekte sind für den Lernerfolg maßgeblich.

Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die Lehrmaterialien bestimmte Kriterien er-füllen, nämlich:

• einführende Hinweise zum Umgang mit dem Lehrwerk zu geben, • Lernvorerfahrungen zu berücksichtigen, • Lernstrategien und Arbeitstechniken darzulegen,

1. Projekte

a) Bitte fragen Sie Passanten:

„Wo ist hier eine Telefonzelle/ ein Briefkasten/ das Rathaus…?“

Notieren Sie die Antworten genau, und berichten Sie in der Klasse!

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

113

• den individuellen Lerntyp zu ermitteln, da eine genaue Bestimmung des Lerntyps das Lernen optimal macht und Voraussetzungen für Lernerfolge schafft,

• beratschlagende Handlungsweisen im Spracherwerb darzubieten.

Eine der Grundlagen, die zunehmende Autonomie gewährleistet, ist es, dass die Lernenden gelernt haben zu lernen. Das heißt, sie lernen, wie man grundsätzlich sinnvoll und effektiv Lernerfolge erreichen kann. Hier handelt es sich nicht nur ums Lernen von Inhalten eines Themas, sondern um die Aneignung von Techni-ken und Strategien, die die Gelegenheit bieten, in Zukunft auch andere Lernin-halte schnell zu erfassen und ihr behalten zu fördern.

Ein Beispiel für Lerntipps:

• Mache dir feste Lernzeiten zur Gewohnheit! • Um die Aufmerksamkeit und Konzentration zu erhalten, soll der Lernstoff

öfter mal gewechselt werden. • Lege Pausen gezielt zur Leistungssteigerung ein! • Ohne regelmäßiges Wiederholen gibt es keinen dauerhaften Lernerfolg!

3.4.3 Transparenz

Zu den neuen Ansätzen, worüber die Lehrwerkautoren nachdenken sollen, ge-hört Transparenz. Dieses Stichwort ist in den letzten Jahren zu kennzeichnenden Merkmalen neuer Lehrwerke geworden. Transparenz in Lehrwerken spiegelt sich in einigen Forderungen wider, mit denen die Lehrwerke ausgestattet sein sollen, wie:

• klare, für die Lernenden verständliche Gliederung, d. h. klar erkennbare Struktur und übersichtlicher Aufbau,

• ausdrucksvolles Inhaltsverzeichnis, das auf Sprechabsichten, Grammatik-themen sowie auch die Wortschatzbereiche, z. B. durch Angaben der Themen und Situationen hinweist,

• Register, das ein gezieltes Auffinden spezieller Aspekte bietet, • Deutliche, präzise Lernzielangaben, indem die Lernenden die zu errei-

chenden Lernziele alleine erkennen können, • Integrierter Lösungsschlüssel zur selbständigen Korrektur.

Diese Transparenzvoraussetzungen können Lehrwerkautoren heute leicht her-stellen dank des Referenzrahmens und seiner Konkretisierung für DaF «Profile Deutsch». Er liefert ein Inventar kommunikativer Handlungen.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

114

3.4.4 Offenheit

Offene Materialien unterstützen den autonomen Lerner. Sie erlauben jedem Ler-ner frei zu wählen, in welcher Sozialform und in welchem methodisch individu-ellen Weg die Inhalte bearbeitet werden. Das Offenheitsprinzip umfasst die Aufgabenstellung, Interessen des Lerners und die individuellen Schwerpunktset-zungen.

Offene Aufgabenstellungen bieten dem Lerner, sich in einem vorgegebenen Rahmen sprachlich frei zu äußern oder zu einem Problem Stellung zu nehmen. Für diese Aufgaben soll es mehrere mögliche Lösungen geben. Außerdem soll innerhalb der Aufgaben Raum für die eigenen Interessen der Lernenden bzw. die Individualisierung gelassen werden. In diesem Zusammenhang zeigt sich der projektorientierte Unterricht u. a. als geeignete Unterrichtsform.

3.4.5 Natürliche authentische Materialien

Natürliche Materialien verbinden Alltagserfahrung mit Fremdsprachenunter-richt, indem die natürliche Lebensumwelt des Lerners angesprochen und für den Spracherwerbsprozess genutzt wird. In diesem Sinne bedeutet „Natürlich“ auch den Einsatz authentischer Materialien, wie z. B. authentische Texte in Printme-dien, Radio (Verkehrsnachrichten), Fernsehen (Wettervorhersage). Dabei soll die Variation an Textsorten beachtet werden. Außerdem nehmen natürliche Ma-terialien Rücksicht auf bestehende Lese- und Hörgewohnheiten aus dem mutter-sprachlichen Bereich und helfen dem Lerner, über sinnvolle nachzudenken und sie gezielt in authentischen Situationen auszuüben. Ferner legen natürliche Ma-terialien großen Wert vor allem auf realitätsnahes Lernen, d. h. lernen, wie ein Muttersprachler zu reagieren. Hier geht es insbesondere um die Orientierung an der gesprochenen Sprache, um selektives Hören und Lesen und um adressaten-gerechtes Schreiben.

3.4.6 Objektivierende Aufgabenstellungen

In einer traditionellen Vorstellung von Fremdsprachenunterricht ist die Lehrper-son die einzige Kontroll- und Korrekturinstanz. Nur sie kennt die Zielsprache und die methodischen Wege, die zum Ziel führen. Beim autonomen Lernen soll diese Rolle der Lehrperson verschwinden aus dem Grunde, dass durch autono-miefördernde Materialien die Lernenden Rückmeldungen über den Lernprozess und Lernerfolg bekommen können. Autonomiefördernde Materialien stellen dem Lernenden zur Verfügung:

• Anleitungen zur Reflexion über seine Leistungen im Fremdsprachener-werbsprozess,

• Selbsteinschätzung seiner Fortschritte: Sie klären die Lernziele der vor-läufigen Lektionen auf,

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

115

• Konkrete Überprüfung seiner Kenntnisse objektiviert die vorherige Selbsteinschätzung.

Wenn der Lösungsschlüssel in den Übungsaufgaben integriert wird, so wird der Lerner darüber informiert, was er bereits kann. Diese Art von Aufgaben hat so-wohl einen motivatorischen Charakter beim Lerner als auch positiven Einfluss auf das weitere Lernen. Aus den Fehlern kann der Lerner Folgen für die künftige Verwendung der Zielsprache im Allgemeinen für sein Lernen ziehen.

3.4.7. Motivation

Das gute Lehr- und Lernmaterial motiviert den Lerner zum Weiterlernen. Bei Apelt (1981) werden unterschiedliche Motive für das Fremdsprachenlernen er-wähnt, wie das Anschlussmotiv, das Leistungsmotiv, das Neugier- und Wis-sensmotiv, das Nützlichkeitsmotiv, das Gesellschaftsmotiv, das Elternmotiv, das Kommunikationsmotiv, das Lehrermotiv, das Anerkennungs- und Geltungsmo-tiv. Wenn einige Forderungen im Lehr- und Lernmaterial erfüllt werden, können von Lehrwerken motivierende Effekte ausgehen, wie z. B. die Forderung nach mehr Authentizität, die Forderung nach Aktualität, die Forderung nach Identifi-kationsmöglichkeiten mit Personen und Situationen, die Forderung nach Trans-parenz, die Forderung nach Flexibilität, die Forderung nach Einbeziehung des Alltagslebens, die Forderung nach Sichtbarmachung des Lernfortschritts sowie Themenwechsel. Nicht zuletzt steigern Bilder, Zeichnungen und Illustrationen die Freude am Umgang mit dem Lehrwerk, besonders wenn sie den Lerner zum Sprechen anregen.

Schließlich ist es wünschenswert, dass das Lehrwerk den Lernenden vielfältige Möglichkeiten eröffnet, selbständig und selbstorganisierend zu arbeiten und die eigenen Interessen nachzugehen. Dabei soll berücksichtigt werden, dass die Lernenden Rückmeldungen über ihre Leistungen erhalten. Durch spezielle Hin-weise und Vorworte können die Lehrwerkautoren größere Transparenz errei-chen. Außerdem sollen den Lernenden ausreichend Evaluationschancen angebo-ten werden. Letzten Endes darf bei allen Gedanken nicht übersehen, dass zwar Lehr- und Lernmaterialien die Richtung der Autonomie angeben, aber der Schritt zur Autonomie wird durch den Umgang der Lehrperson mit dem Lehr-werk im Unterricht gesteuert.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

116

4. Self-assessment (Selbsteinschätzung) auf Basis autonomen Spracher-werbs

An den ägyptischen Gymnasien wird der Schüler weder gefragt, was er erstrebt, noch werden seine Ressourcen berücksichtigt. Eine planende Außeninstanz (nämlich das Ministerium für Erziehung und Unterricht) bestimmt für alle Schü-ler die Qualität und Quantität der zu erbringenden Leistung und beurteilt dem-gemäß den Grad der Planerfüllung. Es muss darum gehen, dass es neben dem tradierten schulischen Paradigma des planenden, organisierenden, vermittelnden und kontrollierenden Lehrers auch ein alternatives Paradigma eines aus eigenem Antrieb lernenden und sich selber beurteilenden Schülers geben könnte. Selbst-bestimmtes bzw. autonomes Lernen existiert dann in Anlehnung an Macht (1997), wenn der Schüler:

- „sein Lernziel und seinen Lernstoff selber bestimmt, - seinen Lernweg und seine Lernmittel selber auswählt und - das Maß seines Lernerfolgs selber beurteilt“ (Macht 1997: 197f.).

Beim heutigen Fremdsprachenunterricht ist nicht zu empfehlen, alle Bereiche des Spracherwerbs im Sinne des autonomen Lernens zu individualisieren. Des-halb wird vorgeschlagen, dass einige der Spracherwerbsbereiche von den Schü-lern autonom bearbeitet worden sind, die anderen im Klassenunterricht gemein-sam zu erschließen bleiben. Als besonders geeignet für die autonome Arbeit er-scheinen folgende Bereiche: Wörter, grammatische Erscheinungen, kulturkund-liche Fakten, Lesetexte, kommunikative Schreibvorhaben.

In der Literatur zum autonomen Lernen wird immer wieder auf Verlaufsschritte hingewiesen. Das verbreiteste Verlaufskonzept ist das von Dickinson (1992: 23), das mit der Abkürzung IDEAL bezeichnet wird. Die Buchstaben des Kurz-wortes stellen folgende Bereiche der Selbstreflexion dar, die der Schüler wäh-rend der autonomen Arbeit schaffen soll:

Identify What is the topic?

Define What do I have to do?

Explore How will I tackle the task?

Act Is this the best way of doing it?

Look Have I answered the question or completed the task?

Diese Gesichtspunkte der arbeitsbegleitenden Reflexion knüpfen an die oben genannten drei Aspekte zur Definition des autonomen Lernens an, nämlich:

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

117

• Ziel und Gegenstand des Lernens,

• Lernstrategien,

• Ergebnis der Lernbemühung.

Diese drei Aspekte sind miteinander eng verbunden: wenn in einem Bereich die Selbstverantwortlichkeit der Schüler ermutigt wird, muss sie auch in den ande-ren Bereichen zugestanden wird. Auch auf einer fachlich kompetenten Anlei-tung und Unterstützung fußt ein selbstverantwortetes Lernen. Bei der Reflexion des Schülers über die verschiedenen Aspekte seiner Arbeit ist es besonders wichtig, dass er Gespräche mit den Mitschülern und mit der Lehrkraft führt, in-dem er seine Vorstellungen präzise formuliert, Anregungen aufnimmt und die Meinung anderer in seine Arbeit mit einbezieht. Auf diese Weise ist autonomes Lernen alles andere außer Willkür.

Laut Weskamp (2003) befasst sich die Forschung zum self-assessment (Selbst-einschätzung) in erster Linie mit der Frage:

„wie, unter welchen Bedingungen und mit welchem Erfolg Lerner ihre Fähigkeiten und Fortschritte beim Erlernen einer fremden Sprache selbst einschätzen können“ (ebd.: 382).

Die Fähigkeit zum self-assessment gilt als zentrales Element modernen Fremd-sprachenunterrichts und fordert eine dynamische Involviertheit des Lerners in alle Phasen des Lernprozesses. Das self-assessment ist mit der Selbstbeobach-tung eng verbunden, da die sprachliche Fertigkeiten und Vorgehensweisen retro-spektiv eingeschätzt werden (vgl. ebd.).

Aus psycholinguistischer Perspektive ist self-assessment als metakognitive Stra-tegie zu sehen, die in einem Reflexions-Aktionskreislauf stattfindet. Hierbei ist die Aufgabe des Lehrers, eine Reflexionskultur im Klassenzimmer zu etablieren. Der Lehrer soll seine Schüler antreiben, darüber nachzudenken, was man er-reicht, welche Lernerfahrungen man gesammelt hat. Diese Gesamtreflexion er-öffnet vor allem in der Diskussion mit anderen Lernern neue Perspektiven für die Organisation des Weiterlernens (vgl. ebd.: 383).

Der auf self-assessment (Selbsteinschätzung) basierte Unterricht hat folgende Merkmale:

• Der Schüler legt selber den Gegenstand der Leistungsbewertung fest.

• Der Schüler bestimmt den Zeitpunkt, wo er den Lernvorgang als abgebro-chen betrachtet und eine Bewertung vornehmen möchte.

IV. Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache

118

• Der Schüler provoziert selber ein Ereignis, das er seiner Erfolgseinschät-zung zugrunde legen will.

• Der Schüler bewertet das Lernprodukt. Dabei bezieht er sich häufig auf ein Innenkriterium, nämlich den eigenen Leistungsanspruch. Daneben sucht er auch nach Außenkriterien, wie z. B. die von anderen Schülern er-brachte vergleichbare Leistung oder die vermutete Erwartung der Lehr-kraft.

4.1 Die Lehrerrolle bei self-assessment (Selbsteinschätzung) durch die Schüler

Grundsätzlich soll eine Reihe von Regeln zwischen Lehrkraft, Klasse und indi-viduellem Schüler vereinbart wird, die dem Schüler dabei hilft, die Einschätzung der eigenen Leistung bewusster und expliziter zu machen. Darüber hinaus ge-währen diese Regeln den Mitschülern und der Lehrkraft gleichzeitig Einblick in den Lernerfolg des einzelnen Schülers. Zu diesen Regeln zählen:

• Vereinbarung über die Art und Weise, wie der Schüler das Ergebnis sei-nes Lernvorhabens dokumentiert. Anders formuliert: Der Schüler wählt eine Aufgabenform aus, die ihm durch den Klassenunterricht bekannt ist. Entweder bittet er die Lehrkraft, daraus ein Leistungsereignis zu machen (z. B. einen Lückentext ausfüllen), oder nimmt sich selber der Schüler ein Leistungsereignis vor (z. B. Erzählen, was auf einem Bild zu sehen ist).

• Die zweite Regel besagt, dass der Schüler nun – nach dem Dokumentie-ren seines Lernergebnisses – bereit ist, seine eigene Leistung zu bewerten. Diese Bewertung erfolgt anhand von Kriterien, die von der Lehrkraft zur Verfügung gestellt werden. Außerdem soll der Schüler dafür gerüstet sein, die eigene Bewertung gegenüber der Lehrkraft und sowie auch gegenüber den Mitschülern zu begründen.

• Der Schüler soll tolerant sein und es akzeptieren, dass die Lehrkraft aus ihrer Sicht eine Bewertung vornimmt, die von der Selbsteinschätzung sei-tens des Schülers abweicht. Mit Hilfe von diesen Vereinbarungen wird ei-ne Relation hergestellt zwischen einerseits dem Bedürfnis des Schülers, dass er das Ergebnis seiner Lernarbeit vor sich und gegenüber anderen zu kommentieren und zu verteidigen und andererseits dem Zwang zur Beno-tung, dem die Lehrkraft unterliegt.

4.2 Umsetzung im schulischen Lernprozess

Von der Tatsache ausgehend, dass Selbsteinschätzung darauf abzielt, Defizite in der eigenen Leistung zu identifizieren und deren Veränderung nachvollziehen und möglicherweise Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten und sich somit auch selbst steuern zu können, gibt es in der Literatur Kriterien, die dem Schüler da-

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bei helfen, die Selbsteinschätzung seiner Leistung auszudrücken. Heaton (1990: 123ff.) gibt dem Schüler für jede sprachliche Fertigkeit eine Kurzbeschreibung von fünf Qualitätsabstufungen vor, von denen der Schüler die auf seine erfolgte Arbeit zutreffende ankreuzt. Auf der anderen Seite will Dickinson (1992: 35) an Stelle von diesem Verfahren, dass die Schüler im Unterricht gemeinsam Beo-bachtungskriterien aufzustellen versuchen, um ihre Aufmerksamkeit auf die we-sentlichen Aspekte zu richten, die beim Fremdsprachenlernen von Bedeutung sind. Anschließend legt Dam (1995: 49) eine Liste von allgemeinen Fragen fest, welche das Ziel verfolgt, die Selbst-Reflexion der Schüler auf verschiedene As-pekte zu leiten:

- What am I/ are we doing? - Why am I/ are we doing it? - How am I/ are we doing it? - Good experiences? - Bad experiences? - Ideas for changes? - What can it be used for? - What next?

Als Ergänzung zu den oben genannten Vorschlägen skizziert Macht (1997: 201f.) ein Verfahren, das seiner Meinung nach eine gewisse psychologische Systematik beansprucht und eine Vereinbarung über die Bewertungspunkte für die Notengebung bietet. Das Verfahren umfasst, dass der Schüler erstens den von ihm durchlaufenden Lernprozess kommentiert (Fragen 1 und 2), zweitens das Lernresultat aus subjektiver Perspektive bewertet (Fragen 3 und 4). Bei jeder Frage soll der Lernende sich auf einer Skala einordnen. Abbildung 12 zeigt eine Karteikarte, die als Vorlage für den betroffenen Schüler verstanden könnte.

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Abb. 12: Vorlage für die Selbsteinschätzung der Schüler

(Macht 1997: 201f.)

Auf jeder Skala soll der Schüler kurz kommentieren, warum er eine bestimmte Stufe angekreuzt hat. Darauf bezogen können die Lehrkraft und evtl. auch die Mitschüler die Selbsteinschätzung entweder bestätigen oder eine davon abwei-chende Meinung ausdrücken. Aus diesem Meinungsaustausch ergibt sich ein Kompromiss, der darin dargestellt wird, dass der Schüler die Marke auf der ei-nen oder anderen Skala verändert. Zum Schluss werden die Stufen der vier Ska-len zusammengezählt, damit der Schüler eine Punktzahl von maximal 20 Punk-ten erhält, die mühelos in eine Note geändert werden kann.

Abschließend schlägt Piepho (2003: 23) die folgende Liste zur Selbsteinschät-zung des Schülers vor.

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Abb. 13: Liste zur Selbsteinschätzung

(Piepho 2003: 23f.)

Abb. 13: Liste zur Selbsteinschätzung

Abb. 13: Liste zur Selbsteinschätzung

Bitte ankreuzen Bemerkungen dazu:

1. Ich lerne am besten, wenn - ich etwas höre ---------------------------- - ich etwas vor mir als Bild sehe ---------------------------- - ich etwas aufschreibe ---------------------------- - ich etwas nachspreche ----------------------------

Kannst du einen Fall nennen, in dem du so gelernt hast?

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

2. Ich lerne am besten, wenn - ich etwas selbst herausfinde --------------------------- - ich etwas genau erklärt bekomme --------------------------- - ich etwas immer wieder höre oder lese --------------------------- - ich schriftliche Übungen mache ---------------------------

Kannst du auch hier ein Beispiel geben, wann das so war?

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

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Abb. 13: Liste zur Selbsteinschätzung (Piepho 2003: 23f.)

Hervorzuheben ist an dieser Stelle, dass Piepho noch eine weitere ausführlichere Liste zur Selbsteinschätzung des Schülers dargestellt hat. Die in der Liste enthal-

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tenen hundert Punkte sind seiner Auffassung nach als Lerntipps konzipiert wor-den (s. Anhang 2).

Auf diese Art und Weise werden die Schüler für ihre eigenen Stärken und Schwächen im fremdsprachlichen Bereich sensibilisiert. Dann wird auch die Fremdbewertung durch die Lehrkraft nicht mehr so stark als willkürlich und dis-zipliniert empfunden werden.

Das traditionelle schulische Lernen in Ägypten ist durch die Autorität des Leh-rers gekennzeichnet. Zwar verändern Erfolg oder Misserfolg die Schülermotiva-tion, aber beeinflussen kaum die Lehrplanung und den Fortgang des Unterrichts. Wenn der Schüler das Lernergebnis selber erlebt, beeinflusst dies seine Lerntä-tigkeit. Wird das Lernergebnis als unbefriedigend empfunden, so kann das eine völlige Umorientierung in der Zielrichtung und Strategie des späteren Lernvor-habens bewirken. Von da aus ist eine systematische Integration des self-assessment der Schüler in das regionale Lehrwerk für das Fach Deutsch als Fremdsprache und in andere Unterrichtsmaterialien in Ägypten stark gefordert. Allerdings wünscht die vorliegende Arbeit, dass self-assessment in absehbarer Zeit zum Alltag im ägyptischen Fremdsprachenunterricht gehören wird.

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Zusammenfassung des Kapitels

Wie bereits erwähnt, bildet Kapitel 4 den Kern der Arbeit. Hier werden einige Überlegungen zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremd-sprache an ägyptischen Oberschulen genauer erläutert. Diese Überlegungen um-fassen vier Bereiche. Zunächst werden Aspekte der Schreibförderung im ägypti-schen DaF-Unterricht analysiert. Bei einem Einblick in das regionale Lehrwerk „Kairo-Frankfurt…und zurück“ wird deutlich, dass die Aufgabenstellungen stark an Lehrbuchtexten orientiert sind. Aspekte der Schreibschulung werden ausgeklammert. Aus diesem Grund legt die vorliegende Arbeit den Schwerpunkt auf das prozessorientierte Schreibmodell, welches das Konzept des Schreiblehr-prozesses in den Vordergrund stellt.

Der zweite Bereich beschäftigt sich mit den in Lehrwerken dargestellten landes-kundlichen Konzepten. Aus didaktischer Perspektive werden drei verschiedene Herangehensweisen bei der Darstellung landeskundlicher Informationen unter-schieden: der kognitive, der kommunikative und der interkulturelle Ansatz. Da-bei wurde auf die Frage nach dem Zusammenhang von interkulturellen Kompe-tenzen und Bildungsstandards eingegangen. Aus dieser Frage sind drei Leitli-nien für die Planung und Durchführung von interkulturellen Unterrichtsinhalten hervorgegangen: Problemorientierung, Pluralität und Perspektivwechsel. Diese Leitlinien für die Unterrichtskonzeption unterstützen die Planung und Durchfüh-rung von Unterrichtsinhalten.

Im Anschluss daran befasst sich der dritte Bereich mit der Förderung von Ler-nerautonomie. Nunan/ Lamb 1996 schlagen fünf Stufen zur Realisierung von Lernerautonomie vor. Dieses Autonomiekontinuum enthält folgende Lernerakti-vitäten: Bewusstheit, Beteiligung, intervenierende Lerneraktivität, kreative Ler-neraktivität und Lerneraktivität außerhalb des Klassenzimmers. In diesem Zu-sammenhang stellt sich die Frage nach der Rolle von Lehrwerken zur Autono-mieförderung. Mit anderen Worten: Wie sollen Lehrwerke aussehen, die die Au-tonomie fördern? Die vorliegende Untersuchung macht sieben Vorschläge, die verdeutlichen, wie Lehr- und Lernmaterialien autonomiefördernd gestaltet sein sollen. Sie sollen aktivierend, unterstützend, transparent, offen, natürlich, objektivierend und mo-tivierend sein.

Abschließend wird der Grundsatz der Selbsteinschätzung (des self-assessment) dargestellt. Nach diesem Konzept sollen Schüler lernen, eigene Fähigkeiten und Fortschritte im Lernprozess selbst einschätzen zu können. Trotz der zunehmen-den Bedeutung der Selbsteinschätzung im DaF-Unterricht herrscht im ägypti-schen Bildungssystem die traditionelle Fremdbewertung auf Seiten der Lehr-kraft. Deshalb plädiert die vorliegende Studie für einen auf self-assessment ba-sierten Unterricht, der darauf abzielt, Defizite in der eigenen Leistung zu identi-

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fizieren, deren Veränderungen nachzuvollziehen und möglicherweise Verbesse-rungsmaßnahmen einzuleiten und sich somit auch selbst steuern zu können.

Die empirische Studie

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V. Die empirische Studie

1. Schreibproduktion: persönliche Erfahrungen und Standpunkte

Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit wurde der theoretische Hintergrund der Untersuchung beleuchtet, d. h. die Lehrwerke des heutigen DaF-Kontexts in der gymnasialen Oberstufe in Ägypten sowie einige Aspekte zur Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache. Im zweiten Teil werden die Untersuchungsergebnisse zur Schreibproduktion präsentiert.

1.1 Ausgangspunkt und Anliegen der Studie

Im Abschnitt 1 des vierten Kapitels wurde der systematische Aufbau der Schreibfertigkeit thematisiert. Außerdem wurde festgestellt, dass die Rolle der Schreiberziehung innerhalb der vier Fertigkeitsbereiche im ägyptischen DaF-Unterricht außer Acht gelassen wird. Die Fokussierung liegt vielmehr auf dem Produkt, nicht darauf, wie ein Lerner eine Schreibaufgabe in klar gegliederte Phasen bewältigen kann. Normalerweise werden keine Schreibverfahren oder Schreibtechniken vermittelt. Zudem geben die Lehrpersonen kaum eigene Er-fahrungen mit Schreibprozessen weiter. Sie kümmern sich auch wenig um die Schreibschwierigkeiten, -krisen und -ängste. Um auf diese Herausforderungen reagieren zu können und somit die Realität der Schreibproduktion zu verbessern und möglichst zu optimieren, wäre u. a. eine Auseinandersetzung mit den sub-jektiven Theorien der Lernenden über Schreibproduktion in der Fremdsprache erforderlich, ausgehend von der Tatsache, dass das Schreiben etwas sehr Subjek-tives und Persönliches ist, das oft mit intimen, einzigartigen Inhalten verbunden ist. Subjektive Theorien zu erheben, ist ein Verfahren, das die Lernenden zum Nachdenken über ihre Vorgehensweisen bei der Bewältigung von Schreibaufga-ben bringt. Weiter dient dieses Verfahren dazu, zu erklären: „Warum geht jedes Individuum so vor?“ sowie vorher zu sagen, wie es sein soll.

„Schreibproduktion im schulischen DaF-Unterricht“ ist ein Begriff, der mit den unterschiedlichsten individuellen Erfahrungen gefüllt ist, aus denen man Wis-sen, Erfahrungen und Einstellungen zieht. Am Ausgangspunkt meiner empiri-schen Studie stand somit die Überlegung, diesen Konsens über die Besonderhei-ten der Schreibproduktion in der Fremdsprache genauer nachzufragen, d. h. was bei einzelnen Schülern dahinter steht.

Die nachfolgende Studie will die individuellen Vorstellungen und Besonderhei-ten von Schreibproduktion in der Fremdsprache aus der Sicht von Schülern er-läutern. Die Lernenden sollen ihre subjektiv erlebten, empfundenen, verarbeite-ten und gelernten Erfahrungen im Umgang mit Schreibfertigkeit schildern. Die Äußerungen, aus denen die subjektiven Theorien konstruiert werden sollen, be-wegen sich zwischen Erfahrung und daraus abgeleiteten Verallgemeinerungen. Durch den schulischen Unterricht in Ägypten wird Schreibproduktion den Schü-lern als jeweils einzelsprachlicher Prozess angeboten, über den keine systemati-

Die empirische Studie

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sche Reflexion stattfindet. Deshalb konzentriert sich die Studie auf die Grund-annahmen der Schüler über den Schreibprozess. Dabei soll deutlich gemacht werden, welche Aspekte die Schüler in ihren subjektiven Theorien für wichtig halten, welche Bezüge und Verknüpfungen sie herstellen. Von einem solchen Reflexionsprozess kann man für die zukünftige Praxis profitieren. Somit können subjektive Theorien Aufschluss darüber geben, von welchen Konzepten die Ler-nenden ausgehen, welche Wertigkeiten und Prioritäten sie setzen, welche As-pekte und Zusammenhänge kein Bestandteil ihrer Reflexion sind.

Hier will die Studie Einblick in die Relevanz der subjektiven Theorien individu-ell und auch für die Lehr-/ Lernsituation einer Gruppe ermöglichen. Nachfol-gend soll der Begriff der subjektiven Theorien begrifflich geklärt werden.

1.2 Subjektive Theorien

Jede Schülerin und jeder Schüler hat bereits bei Aufnahme der schulischen Bil-dung eine eigene subjektive Theorie: Sie bzw. er hatten ja selbst Unterricht, wa-ren Kinder und Jugendliche, hatten Eltern, haben mit anderen über Erziehung, Schule und Unterricht gesprochen, sind Einflüssen aus den Medien, den Religi-onsinstanzen und anderer weltanschaulicher Gruppen ausgesetzt und haben viel-leicht auch schon Elemente aus wissenschaftlichen Theorien aufgenommen. Auf diese Weise wird das Verhalten (bzw. Handeln) von Schülerinnen und Schülern weitgehend durch ein Bündel von Annahmen, Kenntnissen, Vermutungen, Mo-tiven und Vorstellungen gesteuert, die in dem Begriff "subjektive Theorien" zu-sammengefasst werden (vgl. Groeben 1988: 17). Damit ist die Summe verbal gefasster und/ oder auch unbewusster, automatisierter Dispositionen gemeint, die das Verhalten bzw. die Handlungen eines Individuums steuern. Demgemäß verweist der Terminus „subjektive Theorien“ auf alle Aspekte der Selbst- und Weltsicht von Individuen. Aus dem Bild der Individuen folgt, dass die Reflexio-nen der Lernenden über ihre Schreibproduktion zur Erklärung und Verbesserung des Fremdsprachenlernens und -lehrens beitragen können.

1.2.1 Definition

Nach Groeben werden subjektive Theorien beschrieben als

„Kognitionen der Selbst- und Weltsicht, als komplexes Aggregat mit (zumindest im-pliziter) Argumentationsstruktur, das auch die zu Objektiven (wissenschaftlichen) Theorien parallelen Funktionen der Erklärung, Prognose, Technologie erfüllt“ (ebd.: 19).

Diese Definition wird in ihren Bestandteilen nachfolgend erläutert.

Subjektive Theorien sind ein kognitionspsychologisches Konstrukt. Unter Kog-nition verstehen die Kognitivisten eher einfache Phänomene, wie z. B. Begriffe und Konzepte (vgl. ebd.: 17f.). Hingegen zeigen die subjektiven Theorien kom-plexe Aggregate von Konzepten mit impliziter Argumentationsstruktur. Unter dem Begriff Argumentationsstruktur (Wenn-Dann-Beziehung) sind deduktiv-

Die empirische Studie

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analytische Schlüsse zu verstehen, die „neues Wissen generieren“ (Groeben 1986: 37ff.).

Aus dem Bericht einer Lehrerin geben Schlee/ Wahl dafür ein Beispiel. „WENN die Schüler aufstehen und den Unterricht kaputtmachen, DANN werde ich erst einmal stinkig, WEIL ich erwarte, dass die Schüler sich so verhalten, wie ich das möchte“ (Schlee/ Wahl 1987: 6).

Diese Argumentationsstrukturen, z. B. in Form von Wenn-Dann-Formulierun-gen, können zu subjektiven Theorien führen, wenn sie – wie objektive Theorien – die Funktionen der Erklärung, Prognose und Technologie erfüllen.

„Die Grundidee dabei ist, dass das handelnde Subjekt sich auf Annahmen, Hypothe-sen, Beobachtungen stützt, die man in Analogie zu wissenschaftlichen Theorien be-schreiben kann“ (Rheinberg/ Bromme/ Minsel/ Winterler/ Weidenmann 2001: 317).

In Anlehnung an Dann 1994 und Groeben 1988 sind also Subjektive Theorien durch folgende Definitionsmerkmale charakterisiert:

• Subjektive Theorien sind relativ stabile kognitive Strukturen (mentale Repräsentationen), die aber durch Erfahrung veränderbar sind.

• Subjektive Theorien sind teilweise implizit, teilweise bewusst, d. h. sie können sowohl aus bewussten, der Person zugänglichen Kognitionen als auch aus impliziten, nicht bewusstseinsfähigen Kognitionen bestehen und sich sowohl auf die Welt als auch auf die eigene Person beziehen.

• Subjektive Theorien verfügen über strukturelle Eigenschaften wie wissen-schaftliche Theorien. Sie enthalten eine zumindest implizite Argumentati-onsstruktur (z. B. Wenn-Dann-Beziehungen).

• Ähnlich wie wissenschaftliche Theorien erledigen Subjektive Theorien die Aufgaben:

- der Situationsdefinition einer Realitätskonstituierung,

- der nachträglichen Erklärung (und oft der Rechtfertigung) aufgetrete-ner Ereignisse,

- der Vorhersage (oder nur der Erwartung) zukünftiger Geschehnisse,

- der Erzeugung von Handlungsentwürfen oder Handlungsempfehlun-gen zur Einleitung wünschenswerter oder Verhinderung nicht wün-schenswerter Geschehnisse.

• Subjektiven Theorien kommt eine handlungsleitende oder handlungssteu-ernde Funktion zu. Handlungsleitende Kognitionen sind dementsprechend in bestimmten Situationen aktivierte subjektive Theoriestrukturen. Zu-sammen mit anderen (z. B. emotionalen) Faktoren wirken sie auf das be-obachtbare Verhalten im Rahmen zielgerichteten Handelns.

Die empirische Studie

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Laut Groeben (1988: 22ff.) hebt Grotjahn (1998: 38f.) hervor, dass Subjektive Theorien sich von wissenschaftlichen Theorien unterscheiden. Erstens sind Sub-jektive Theorien selten explizit und praktisch niemals formuliert. Zweitens kön-nen sie widersprüchlich sein, ohne dass dies den subjektiven Theoretiker stört. Drittens müssen sie aktualisierbar sein, im Gegensatz zu wissenschaftlichen Theorien, die möglichst genau, sprachlich aktualisiert sein müssen. Gerade des-wegen werden Subjektive Theorien in der Literatur durch Begriffe wie „implizi-te Theorie, naive Verhaltenstheorie, Alltagswissen, Berufswissen, Erziehungs-wissen usw.“ markiert (Wahl 1991: 53).

1.3 Das Konstrukt „Fremdsprachliche Schreibproduktion“

Wie oben erklärt, geht es bei Subjektiven Theorien um komplexe Systeme von zusammenhängenden Begriffen und Konzepten, die „durch ein Netz von diver-sen Argumenten miteinander verknüpft“ sind (Bovet 1993: 14). In Ähnlichkeit mit wissenschaftlichen, d. h. objektiven Theorien können Subjektive Theorien laut König (1995: 13) neben subjektiven Daten (subjektive Beschreibungen) auch subjektive Konstrukte (abstrakte Begriffe wie z. B. Lernerautonomie) ein-schließen. Subjektive Theorien eines Individuums setzen sich zusammen aus all dem, was es an Überlegungen zu einem bestimmten Gegenstand besitzt.

Diesem Konzept folgend behaupte ich, dass es bei der fremdsprachlichen Schreibproduktion um ein komplexes System von zusammenhängenden Begrif-fen und Konzepten handelt, die „durch ein Netz von diversen Argumenten mit-einander verknüpft“ sind (Bovet 1993: 14). Da es sich bei der Erforschung des didaktischen Komplexes ‘Schreibproduktion in der Fremdsprache, um einen sehr weiten Gegenstand handelt, der eine Vielzahl von Einzelelementen umfas-sen kann, gehe ich davon aus, dass er aus verschiedenen bereichsspezifischen Einzeltheorien, subjektiven Konstrukten, subjektiven Daten und subjektiven Wenn- Dann- Hypothesen bzw. Gesetzmäßigkeiten besteht. Weil es im Alltags-leben kaum Anlässe gibt, sich mit der eigenen Schreibproduktion in der Fremd-sprache zu beschäftigen oder über den Schreibvorgang nachzudenken spekuliere ich, dass die Untersuchungspartner deren einzelne Komponenten erst durch das Interview aufdecken und interpretieren.

1.4 Die Forschungsmethodik: Qualitative und quantitative Verfahren

Die Frage nach der Forschungsmethodik soll im Blick auf die Zielsetzung disku-tiert werden. Zielsetzung dieser empirischen Untersuchung ist es, die subjekti-ven Theorien der Gesprächspartner zu erfassen, wie Schreibproduktion im Fremdsprachenunterricht von ihnen wahrgenommen und erlebt wird und welche Sichtweisen und Erfahrungen sie in ihren subjektiven Theorien als relevant be-trachten. In diesem Zusammenhang haben die befragten Schüler die Möglich-keit, ihre Sichtweisen und Erklärungen individuell und subjektiv zu schildern.

Die empirische Studie

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Um Aufschluss über die Subjektiven Theorien gewinnen zu können, müssen diese Subjektiven Theorien expliziert werden. Zu ihrer Explikation scheinen vor allem Interviews als qualitatives Verfahren geeignet, weil dadurch auch Vorstel-lungen entdeckt werden können, die weder vom Forscher erwartet noch vom In-terviewten bewusst reflektiert worden sind. Labudde weist darauf hin, dass nur mit Hilfe von Interviews Vorstellungen, Begründungen und ihre Umsetzung im Unterricht „in möglichst vielen Facetten“ (Labudde 2000: 323) analysiert wer-den können.

Als qualitative Erhebungsmethodik dieser Arbeit dient das Instrument der Fo-kusgruppe bzw. des fokussierten Interviews. Im Gegensatz zu typischen qualita-tiven Einzelinterviews handelt es sich bei einem fokussierten Interview um eine moderierte und fokussierte Diskussion einer Gruppe von Personen, die durch den gegenseitigen Austausch und die Konfrontation mit Wahrnehmungen, Mei-nungen und Ideen anderer Diskussionsteilnehmer ein deutliches Plus an Infor-mationen bieten soll gegenüber einer nacheinander durchgeführten Mehrzahl an Einzelinterviews. Gruppendynamische Prozesse führen zu einer intensiveren Auseinandersetzung der Teilnehmer mit dem Diskussionsthema, weil sie ihre eigenen Meinungen gegenüber anderen Teilnehmern begründen müssen. Dieser gegenseitige Austausch soll zur Vertiefung der individuellen Überlegungen füh-ren. Gleichzeitig führt die Gruppensituation dazu, dass emotionale, spontan ge-äußerte Reaktionen der Teilnehmer, die in einem Einzelgespräch nicht auftreten würden, sichtbar werden (vgl. Kepper 2008: 183/ Edmunds 1999: 2ff.). So fasst Kepper (2008) die Zielsetzung des fokussierten Interviews wie im folgenden zu-sammen:

„Der Begriff der Fokussierung stellt dabei auf das Ziel dieser Interviewform ab, durch die vorausgehende Präsentation von Stimuli das Gespräch auf ganz bestimmte Themen oder Problembereiche zu beschränken. Solche Stimuli können z. B. Filme, Zeitungsar-tikel, Werbungsanzeigen oder Ähnliches sein“ (Kepper 2008: 183).

Als Charakteristika qualitativer Verfahren fasst Lamnek (1995) die zentralen Prinzipien wie folgt zusammen:

„Offenheit des Forschers gegenüber - den Untersuchungspersonen, - den Untersuchungssituationen und - den Untersuchungsmethoden, ist ein erstes Prinzip empirischer Forschung“ (Lamnek 1995: 29).

Als quantitatives Verfahren habe ich Fragebogen eingesetzt, die Konstrukte von außen vorgeben. Durch schriftliche Fragebogen ist das Verhalten in Form von Zusammenhängen und zahlenmäßigen Ausprägungen möglichst genau zu be-schreiben.

Die empirische Studie

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Nach Atteslander besteht ein Merkmal quantitativer Verfahren darin, dass sozia-le Realität objektiv dargestellt und durch kontrollierte Methoden erfassbar ge-macht wird (vgl. Atteslander 2000: 91).

„Empirische Forschung soll theoriebegleitend Daten über die soziale Realität sam-meln, wobei diese Daten den Kriterien der Reliabilität, der Validität sowie der Reprä-sentabilität und der intersubjektiven Überprüfbarkeit zu genügen haben und in erster Linie der Prüfung der vorangestellten Theorien und Hypothesen dienen“ (ebd.: 91).

1.5 Erhebungsinstrumente und Durchführung

1.5.1 Die Interviewpartner/innen

Um die Individualität der Ausführungen im Rahmen dieser Arbeit zu gewähr-leisten, habe ich zehn Schüler und Schülerinnen interviewt. Es waren fünf Schü-lerinnen und fünf Schüler, die ich über ihre Erfahrungen im Umgang mit Schreibfertigkeit in der Fremdsprache und ihre daraus gewonnen Sichtweisen und Standpunkte befragt habe. Das Interview wurde im November 2009 geführt. Eine vergleichsweise homogene Gruppe von Schülern und Schülerinnen der gymnasialen Oberschule habe ich befragt. Zum Zeitpunkt der Befragung gingen alle in die 10. Klasse und lernten Deutsch als zweite Wahlfremdsprache seit der 9. Klasse. Die Interviews habe ich an der MuÊammaÝ al-Malik Fahd Oberschule für Mädchen und an der Zakī Mubārak Oberschule für Jungen in Kairo (Ägyp-ten) geführt, da die gymnasialen staatlichen Oberschulen in Ägypten ge-schlechtsgetrennt sind. Deswegen habe ich zwei Interviews geführt, einmal mit einer Mädchengruppe und ein anderes Mal mit einer Jungengruppe. Bei allen Teilnehmern war Arabisch die alleinige Muttersprache und sie verfügen über Kenntnisse in weiteren Fremdsprachen (Englisch, Deutsch und manchmal Fran-zösisch).

Die Kontaktaufnahme erfolgte über die Deutschlehrkräfte, die mir die Chance boten, innerhalb des Unterrichts meine Vorstellung davon, was im Interview er-örtert werden sollte, kurz darzustellen. Insbesondere betonte ich, dass es bei dem von mir Erwarteten mehr um die persönliche Sicht, eben subjektive Theorien zur Schreibfertigkeit in der Fremdsprache, handelte. Ich habe hervorgehoben, dass jeder am Interview teilnehmen könnte, abgesehen von fremdsprachlichen Leis-tungen in der Schule. Anonymität gegenüber dem Lehrer und im Rahmen mei-ner Verschriftlichung habe ich explizit zugesichert. Mit denjenigen, die sich zu einem Interview bereit erklärten, habe ich dann einen ersten Termin vereinbart. Ausgehend davon, dass das Vorgehen der Partner ein relativ hohes Maß an Of-fenheit und Kooperationsbereitschaft bedingte, war die Entscheidung zur Teil-nahme am Interview den Schülern und Schülerinnen überlassen. Weil die Teil-nehmer Deutsch als 2. Fremdsprache nur seit einem Schuljahr lernten, und das Sprachniveau B1 zwar noch nicht erreichten, wurden die Interviews auf Ara-

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bisch durchgeführt. Über eigene Erfahrungen und Sichtweisen konnten sie nicht auf Deutsch berichten und sich nicht genau und explizit äußern.

1.5.2 Die Interviews: Durchführung, Rahmenbedingungen und Transkrip-tion

Als ein Erhebungsinstrument wurde in der vorliegenden Untersuchung das so-genannte fokussierte Interview verwendet. Nach den Wünschen der Interview-partner fanden die Interviews in Schulräumen in Freistunden statt, wodurch der zeitliche Rahmen des Interviews auf die Länge einer Schulstunde abgegrenzt wurde. Sie wurden auf Tonkassetten aufgezeichnet.

Bei einem ersten vereinbarten Termin habe ich verlangt, dass die Teilnehmer über ein ihnen interessantes Thema, z. B. Freizeitaktivitäten einen Text schrei-ben, den ich als Stimulus benutzte, um den Einstieg in das Gespräch zu erleich-tern. Als Gesprächseinleitung gab es lediglich Informationen, zu welchem Zweck das Interview dient, dass alle Daten streng vertraulich behandelt werden, sowie einen Hinweis auf die Tonaufnahme während des Interviews. Die Befrag-ten wussten, dass sie die Thematik „Schreibproduktion in der Fremdsprache“ aus einer persönlichen Perspektive darstellen und analysieren sollten. Dann wurde ein zweiter Termin mit den Teilnehmern zur Durchführung der Inter-views vereinbart. Dabei sollte betont werden, dass das Interesse den Teilneh-mern und deren Umgang mit einer Schreibaufgabe in der Fremdsprache galt. Als Einführung und zur Lockerung der Atmosphäre habe ich offene Impulse durch Fragestellungen gegeben, damit die Teilnehmer sich an die noch fremde Inter-viewsituation gewöhnen können. In dieser Situation sollten sie erst einmal mit dem Thema „warm“ und sich darauf einstellen. Weiter verfolgt diese offene Fragetechnik das Ziel, die Teilnehmer mit offenen Fragen und Diskussionsan-reizen in der Interviewsituation dazu anzuregen, sich in selbstgewählten Formu-lierungen zum Thema zu äußern. Dies bezieht sich auf den Anspruch der Offen-heit, der qualitative Forschung auszeichnet. Zu diesen Fragen ließ sich ein eige-ner Standpunkt leicht formulieren:

(1) Zu Anfang kannst du erzählen, welche Fremdsprachen du schon gelernt hast, wann, wo, wie lange?

(2) Inwieweit ist Fremdsprachenlernen deiner Meinung nach relevant für dich? Insgesamt?

Dann sollten die Teilnehmer die Möglichkeit geboten werden, an die ihnen wichtigen Aspekte heranzutreten, ohne dass sie durch meine Frage in eine be-stimmte Richtung gelenkt wurden. Wegen der Offenheit der Frage fiel sie den Teilnehmern schwer zu beantworten und Nachfragen wurden in Aussicht ge-nommen.

(3) Wie heißt eigentlich das für dich, einen Text in der Fremdsprache zu schrei-ben? Schreibst du gerne in der Fremdsprache?

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(4) Kannst du Aspekte nennen, die für dich beim Schreiben wichtig sind?

(5) Unter welchen Bedingungen bist du zufrieden mit deinem Text?

Durch diese Fragen wurden unterschiedliche Aspekte thematisiert und individu-elle Schwerpunkte gesetzt. Hier geht es um Prinzipien der Schreibförderung, die die Teilnehmer selbst vorschlagen, um die Prozessorientierung des fremdsprach-lichen Schreibens zu sichern.

(6) Was machst du, wenn du anfängst, einen Text zu schreiben?

Was machst du, wenn du nicht weißt, weiterzuschreiben?

Was machst du, wenn dir ein Wort/ Ausdruck fehlt?

(7) Glaubst du, dass du in Deutsch anders schreiben kannst als die Fremdspra-chen, die du vorher gelernt hast? Warum? Worin zeigt sich das?

Durch diese Fragen wird der Lernprozess auf einer chronologischen und sowie auf einer kausalen Weise analysiert. In diesem Zusammenhang zielt die Frage (6) sicherlich nicht auf eine Darstellung mentaler Prozesse, weil solche Prozesse schwer und mühevoll zu formulieren sind. In den Interviews sollte diese Frage dazu dienen, insbesondere die Phasen und den Verlauf des Schreibprozesses zu hinterfragen. Des Weiteren sollten Beziehungen zwischen den verschiedenen Fremdsprachen hergestellt werden, so dass besondere Eigenschaften des Schrei-bens in Deutsch als 2. Fremdsprache zu entdecken waren. Die Frage nach der Andersartigkeit bzw. den Besonderheiten der Schreibfertigkeit in der zweiten Fremdsprache habe ich erst gegen Ende des Interviews gestellt, damit ich mich auf Ausführungen, die sich auf diesen Punkt im Laufe des Gesprächs stützten, konzentrieren konnte.

In der Abschlussphase der Interviews wurde den Gesprächspartnern gedankt, dass sie sich die Zeit genommen haben und ihre Erfahrungen weitergegeben ha-ben.

Neben den Interviewfragen habe ich mich angestrengt, meine Gesprächsbeiträge der Linie der Partner/innen anzupassen, indem ich bestimmte Aspekte hervorge-hoben oder nachgefragt habe oder sie ermutigt habe, zu argumentieren. Darüber hinaus wurde verstehend genickt, zuletzt Gesagtes wiederholt oder paraphra-siert. Auf diese Weise wurde eine lockere, offene Atmosphäre geschaffen, um möglichst viele Informationen vom Befragten zu erhalten, ohne ihn zu beein-flussen. Die Gespräche dauerten je nach der den Partnern zur Verfügung stehen-den Zeit zwischen 40 bis 50 Minuten. Die Interviews wurden mit Erlaubnis der Interviewten mit einem Tonbandgerät aufgezeichnet. Als erster Schritt der Aus-wertung müssen die als Tonaufnahmen vorliegenden Interviews vollständig transkribiert werden. Unter Transkription ist die Übertragung von gesprochener Sprache in eine schriftliche Form zu verstehen (Mayring 2002: 89). Der Begriff „Transkription“ stammt vom lateinischen Wort „transscribere“ ab und bedeutet „umschreiben“, d. h. die Interviews wurden für die weitere Auswertung in Text-

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form aufbereitet. Hier fand ein Transformationsprozess der Tondaten in Textda-ten statt. Dies bedeutet, dass die vorliegenden und zu analysierenden Rohmateri-alien in den sogenannten „Text“ gebracht werden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass die arabischen Wörter in eine vereinfachte Form der wis-senschaftlichen orientalischen Umschrift wiedergegeben werden. Dabei soll auf die grammatische Korrektheit der artikulierten Wörter bei der Transkription ge-achtet werden. Da das Hauptinteresse an thematisch-inhaltlichen Informationen liegt, wird die den Inhalt nicht verändernde Interpunktion weggelassen. Deutli-che, längere Pausen werden durch Auslassungspunkte (...) markiert und die Fra-gen der Interviewleiterin in Kursivschrift. Besonders betonte Begriffe werden durch Unterstreichung gekennzeichnet. Zustimmende oder bestätigende Lautäu-ßerungen der Interviewerin (mhm, aha etc.) werden nicht mit transkribiert, so-fern sie den Redefluss der befragten Person nicht unterbrechen. Um sicherzu-stellen, dass die Transkripte den Gesprächsverlauf möglichst genau und wörtlich dokumentieren, werden die Transkripte Wort für Wort mit der Tonbandauf-zeichnung verglichen und korrigiert. Nun sind die Transkripte für das eigentli-che Auswertungsverfahren vorbereitet.

1.5.3 Der Fragebogen

Den Schülern und Schülerinnen wurden weiterhin zwei Fragebogen vorgelegt (s. Anhang 4 und 5), die sie vor dem Interview ausgefüllt haben. Der erste Fra-gebogen war zur Lernerbiographie der Schüler und Schülerinnen, weil die Sprachlernbiographie ausschlaggebend für die subjektiven Theorien zur Schreibproduktion sei. Ziel dieses Fragebogens ist es, möglichst viele biographi-sche Faktoren zu sammeln, die den Lernprozess von Fremdsprachen beeinflus-sen könnten. Hier wurde gefragt nach dem mutter- und fremdsprachlichen Hin-tergrund der Schüler und Schülerinnen, nach ihrer Motivation, Deutsch zu wäh-len, nach dem Stellenwert der Fremdsprachen und nach ihrer persönlichen Me-thodologie, um eine Fremdsprache am besten zu lernen. Außerdem wurde nach ihrer Lehrerrolle bei der Motivation im Fremdsprachenlernen gefragt. Dazu gibt es einige Fragen des Fragebogens, die die Befragten auffordern, aus der Retro-spektive ihren schulischen Lernerfolg einzuschätzen. Schließlich wurden ihre Gedanken zur Verbesserung ihres Sprachniveaus sowie auch ihre Vorschläge zur Optimierung des Fremdsprachenunterrichts erfragt.

Zu erwarten wäre, dass dieser Fragebogen mir helfen könnte, mir ein Bild von den Probanden zu machen und dieses Bild mit den Ausführungen der Probanden im Interview zu vergleichen.

Auf Basis der von ihnen geschriebenen Texte sollten die Schüler und Schülerin-nen den zweiten Fragebogen zur Schreibproduktion ausfüllen. Hier sollten die Phasen des Schreibprozesses, denen sie bei der Textherstellung gefolgt sind, nach persönlicher Priorität auf einer Skala von 1 bis 5 gewichtet werden. Der Fragebogen war in drei Phasen eingeteilt, u. z. Gliederung, während des Textens

Die empirische Studie

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und Überarbeitungsprozesse. Dieser zweite Fragebogen diente zur Kenntnis der wichtigsten Phasen des Schreibprozesses. Eine gewisse Bewusstseinsbildung ist für die Lernenden erforderlich, da viele nur vage wahrgenommene Probleme damit minimiert werden könnten.

Ferner erfüllen die Fragebögen eine wichtige Funktion, denn die Antworten der Probanden werden später ihren Ausführungen in den Interviews gegenüberge-stellt und können insofern Aufschluss über den Aufbau und die Struktur der sub-jektiven Theorien geben. Im Rahmen dieser Studie versteht man unter subjekti-ven Theorien die gedanklichen Konstrukte, bei denen es sich in erster Linie dar-um handelt, verschiedene Erfahrungen, Einstellungen und Überzeugungen zu-sammenzuhängen.

1.6 Die Auswertungsmethodik der Inhaltsanalyse

Aus den Interviews ist eine beachtliche Textmenge entstanden. Um die Fülle des Materials soweit wie möglich nutzen zu können, habe ich in der Literatur über Auswertungstechniken der Interviews nachgeschaut.

Im Folgenden geschieht die Auswertung in einer chronologischen Weise. Als erster Auswertungsschritt werden – in Auseinandersetzung mit dem Material – die Kategorien entwickelt. Dieser Schritt erfolgt, wenn man das Material durch-sieht und kennzeichnet, welche Themen und Aspekte vorkommen. Solche The-men und Aspekte, nach denen das Material sortiert wird, werden als Auswer-tungskategorien bezeichnet. Als zweiter Schritt wird das Material kodiert bzw. unter ausgewählten Auswertungskategorien verschlüsselt. Drittens ergibt sich aus der Kodierung die Auswahl von Fällen für vertiefende Analysen. In dieser Hinsicht wird Auswertung nicht auf eine Auswertungsphase beschränkt, in der die transkribierten Interviews analysiert werden, sondern vielmehr als während der Erhebung beginnender fortlaufender Prozess verstanden. Dieser Prozess, der sich als inhaltsanalytisches Verfahren beschreiben lässt, reflektiert den Aus-tausch zwischen erhobenem Material in Form von Interviewtranskripten einer-seits und dem theoretischen Vorverständnis andererseits.

Die nachfolgend im Zentrum stehende Auswertungsstrategie ist eine Form der qualitativen Inhaltsanalyse, bei der es sich grundsätzlich darum handelt, die Formulierungen der Befragten aufzugreifen und herauszufinden, welchen Sinn-gehalt sie damit verbinden. Früh definiert die Methode der Inhaltsanalyse fol-gendermaßen:

„Die Inhaltsanalyse ist eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilun-gen“ (Früh 2007: 27).

Die drei zentralen Bestandteile dieser Definition sind: „empirische Methode“, „systematisch“ und „intersubjektiv nachvollziehbar“.

Die empirische Studie

136

Die Inhaltsanalyse wird als „empirische Methode“ bezeichnet, bei der der Weg zur Gewinnung wissenschaftlicher Kenntnisse erläutert wird. In dieser empiri-schen Vorgehensweise muss die Inhaltsanalyse in jedem Fall messen bzw. quan-tifizieren, d. h. die Inhaltsanalyse schließt also einen numerischen Bestandteil ein, mit dem man sich theoretisch und forschungspraktisch beschäftigen muss.

Die Forderung nach „Systematik“ in der oben genannten Definition der Inhalts-analyse basiert zum einen auf einer eindeutigen Struktur bei der Realisierung der Forschungsaufgabe im Sinne einer konkreten Forschungsstrategie und zum an-deren auf deren Anwendung auf das Untersuchungsmaterial. Um konkrete For-schungsoperationen durchzuführen, sollen empirisch prüfbare Hypothesen for-muliert, sowohl das relevante Untersuchungsmaterial als auch die Analyse-, Co-dier- und Messeinheiten determiniert, das Kategoriensystem konzipiert sowie die Validität und Reliabilität überprüft werden. Besonders heftig wehren sich Inhaltsanalytiker immer wieder gegen die freie Ausdeutung des zu analysieren-den Materials, da die Inhaltsanalyse systematisch vorgehen soll.

Des Weiteren beinhaltet die Definition der Inhaltsanalyse die detaillierte Darle-gung der Methode, d. h. wie der Forscher zu seinen Daten gelangt ist und wie die Ergebnisse zu interpretieren sind. In diesem Kontext zeigt sich das systema-tische Vorgehen der Inhaltsanalyse vor allem darin, dass die Analyse nach ex-pliziten Regeln abläuft. Diese Regelhaftigkeit ermöglicht es, dass auch andere die Analyse verstehen, nachvollziehen und überprüfen können (vgl. ebd.: 27ff.).

Laut Mayring sind drei Grundtypen der inhaltsanalytischen Auswertung der Da-ten zu differenzieren. Die drei Interpretationsformen unterscheiden sich ledig-lich im Hinblick auf ihre Zielsetzung.

Die Zusammenfassung

Das Ziel der zusammenfassenden Inhaltsanalyse besteht nach Mayring darin, das Textmaterial auf einer vorgegebenen Abstraktionsebene zu reduzieren, so dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben. Der verbleibende Textcorpus soll ein überschaubares aber getreues Abbild des Grundmaterials darstellen.

Die Explikation

Bei der Explikation besteht in Anlehnung an Mayring (1990: 54) das Ziel der Analyse darin, bei einzelnen fraglichen Textteilen, seien es Begriffe oder Sätze, durch die kontrollierte Einbeziehung zusätzlichen Materials das Verständnis zu erweitern, indem es die jeweilige Textstelle erläutert, erklärt oder ausdeutet. Hierbei unterscheidet Mayring zwischen einer engen und weiten Kontextanaly-se.

Die Strukturierung

Bei der Strukturierung besteht das Analyseziel darin, „bestimmte Aspekte aus dem Material herauszufiltern, unter vorher festgelegten Ordnungskriterien einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter

Die empirische Studie

137

Kriterien einzuschätzen“ (Mayring 2003: 58). Das können formale, inhaltliche Aspekte oder bestimmte Typen sein, es kann auch eine Skalierung, eine Ein-schätzung auf bestimmten Dimensionen angestrebt werden. Für diese drei Grundtypen gilt das folgende allgemeine Ablaufmodell der qualitativen Inhalts-analyse:

Abb. 14: Allgemeines Ablaufbild der qualitativen Inhaltsanalyse

(Mayring 2008: 54)

Festlegung des Materials

Analyse der Entstehungssituation

Formale Charakteristika des Materials

Richtung der Analyse

Theoretische Differenzierung der Fragestellung

Bestimmung der Analysetechnik(en) und Festlegung des konkreten Ablaufmodells

Definition der Analyseeinheiten

Analyseschritte mittels des Kategoriensystems

Zusammenfassung Explikation Strukturierung

Rücküberprüfung des Kategoriensystems an Theorie und Material

Interpretation der Ergebnisse in Richtung der Haupt-fragestellung

Anwendung der inhaltsanalytischen Gütekriterien

Die empirische Studie

138

Da das Ziel der Studie weder das Textmaterial regelgeleitet reduziert noch zu-sätzliches Material für die Deutung interpretationsbedürftiger Textteile benutzt, stellt sich die strukturierende Analyse als geeignet für die vorliegende Untersu-chung dar.

Die strukturierende Inhaltsanalyse verfolgt das Ziel, eine bestimmte Struktur aus dem Textmaterial herauszufiltern. Hierbei wird das aus den Strukturierungsdi-mensionen zusammengestellte Kategoriensystem so genau definiert, dass eine eindeutige Zuordnung von Textmaterial zu den Kategorien immer möglich ist. In diesem Zusammenhang empfiehlt Mayring ein Verfahren, das drei sequentiel-le Arbeitsschritte einschließt, um den Entschluss zu fassen, welche Textstelle ei-ner Kategorie entspricht. Zunächst muss explizit festgesetzt werden, welche Textbestandteile unter eine Kategorie fallen (Definition der Kategorien). Dann werden konkrete Textstellen angeführt, die als Beispiele für die Kodierung be-trachtet werden (Ankerbeispiele). Abschließend werden dort, wo Abgrenzungs-probleme zwischen Kategorien bestehen, Regeln bzw. (Kodierregeln) festge-legt, um klare Zuordnungen zu ermöglichen.

In Anlehnung an Mayring (1990: 79) sind vier Formen der Strukturierung zu un-terscheiden:

1. Formale Strukturierung: Ihr Ziel besteht darin, aus dem Textmaterial Struk-turen aufzuzeigen, die das Material in einer bestimmten Weise unterteilen. Hier-bei macht Mayring einen Unterschied von vier Kriterien, nach denen das Text-material zu analysieren ist, u. z. syntaktische, thematische, semantische und dia-logische Kriterien.

2. Inhaltliche Strukturierung : Dabei besteht das Forschungsziel darin, be-stimmte Themen, Inhalte oder Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zu-sammenzufassen. Für die Extraktion dieser Inhalte soll ein System von inhaltli-chen Haupt- und Unterkategorien konzipiert werden. Anschließend ist das in Form von Paraphrasen extrahierte Material pro Unter- und Hauptkategorie zu gruppieren.

3. Typisierende Strukturierung: Sie verfolgt das Ziel, besonders auffallende Bedeutungsgegenstände aus dem Textmaterial auszusortieren und detailliert zu beleuchten. Bei diesen Typen geht es nicht unbedingt um Personen, sondern da-zu können auch markante Ausprägungen auf einer zuvor festgelegten Typisie-rungsdimension gehören.

4. Skalierende Strukturierung: Ihr Ziel liegt darin, zu einzelnen Dimensionen Ausprägungen in Form von Skalen zu bestimmen und das Material daraufhin einzuschätzen. Jedoch lassen sich im Zusammenhang mit der skalierenden Strukturierung auch komplexe Techniken wie die Symbol-, Wert- oder Bewer-tungsanalyse realisieren.

Die empirische Studie

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Wenn diese von Mayring formulierten vier Formen der strukturierenden Inhalts-analyse genau bedacht werden, hat dies hinsichtlich der vorliegenden Studie Folgendes zur Folge:

• Für die Zielsetzung dieser Studie sind formale Gesichtspunkte nicht von besonderer Bedeutung, da die Fragestellung der Studie inhaltlich orien-tiert ist.

• Bei der Datenerhebung werden skalierende Strukturierungen nicht be-rücksichtigt.

• Im Rahmen der Studie könnte eine Typisierung dazu führen, dass die in-haltlichen Gesichtspunkte frühzeitig interpretiert werden.

• Für die Form der inhaltlichen Strukturierung wird die Entscheidung im Hinblick auf das Ziel der vorliegenden Studie getroffen: Die individuellen Lernerfahrungen, d. h. die subjektiven Theorien bei der Schreibprodukti-on im Fremdsprachenunterricht zu erheben und im Hinblick darauf, zum einen die Praxis des Fremdsprachenlehrens und -lernens in Ägypten zu verbessern und zu optimieren und zum anderen die schulische Lern- und Lehrkultur zu entwickeln. Diesbezüglich äußert Mayring den Zweck in-haltlicher Strukturierung: „bestimmte Themen, Inhalte, Aspekte aus dem Material herauszufiltern und zusammenzufassen“ (Mayring 2008: 89).

Die einzelnen Arbeitsschritte für die Inhaltsanalyse in der vorliegenden Studie werden nach dem oben dargestellten Ablaufmodell von Mayring wie folgt fest-gelegt:

1. Phase: Festlegung des Materials

Zuerst muss das zu untersuchende Material festgelegt werden. In dem zu unter-suchendem Material geht es um insgesamt zwei fokussierte Interviews. Jedes In-terview wird mit fünf Partnern durchgeführt.

2. Phase: Analyse der Entstehungssituation

Auf dieser Stufe werden alle Informationen gesammelt, die das Interview wäh-rend der Entstehung beeinflusst haben, die aber nicht aus den Transkriptionen sichtbar sind. Hierzu zählt eine Situationsbeschreibung der Interviewsituation. Für diese Studie ist die Beteiligung an den Interviews für alle Teilnehmer frei-willig. Die Interviews werden von der Verfasserin selbst als Moderatorin durch-geführt.

3. Phase: Formale Charakteristika des Materials

Im Rahmen der Interviewauswertung bezieht sich die Beschreibung der forma-len Charakteristika vor allem auf die Form des Materials sowie auf die Art der Transkription. Es muss offengelegt werden, nach welchen Regeln transkribiert werden. Für die vorliegende Studie werden die Interviews auf einem Tonband aufgezeichnet. Alle Tonbandaufnahmen werden von der Verfasserin vollständig

Die empirische Studie

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transkribiert und sind in schriftlicher Fassung vorhanden für die inhaltsanalyti-sche Auswertung.

4. Phase: Richtung der Analyse

In dieser Studie handelt es sich darum, die subjektiven Theorien der Lernenden bei der Schreibproduktion im Fremdsprachenunterricht zu erfassen. Demnach bezweckt die Analyse, auf Basis der Interviewtexte inhaltlich differenzierte Aussagen über die Subjektiven Theorien der befragten Lernenden zur Produkti-on von geschriebenen Texten im DaF-Unterricht machen zu können. Hier ba-siert die Analyse auf dem klassischen Kommunikationsmodell (Kommunikator, Botschaft, Empfänger).

5. Phase: Theoretische Differenzierung der Fragestellung

Auf dieser Stufe soll das theoretische Vorverständnis offengelegt und die Frage-stellung theoriegeleitet differenziert werden. Anschließend an die Zielsetzung dieser Studie und an die oben stehende Richtung der Analyse werden die Aussa-gen der zehn interviewten Lernenden unter den folgenden Gesichtspunkten aus-gewertet:

Welche individuellen Vorstellungen und Besonderheiten von Schreibproduktion in der Fremdsprache haben die Lernenden und wie gehen sie mit den Schreib-schwierigkeiten um?

6. Phase: Bestimmung der Analysetechnik(en) und Festlegung des konkre-ten Ablaufmodells

In dieser Phase erfolgt eine Festlegung der einen oder mehreren zu verwenden-den Interpretationsverfahren. In der vorliegenden Studie findet das strukturie-rende inhaltsanalytische Verfahren Anwendung. Hierbei handelt es sich genauer um inhaltliche Strukturierung.

7. Phase: Definition der Analyseeinheiten

In diesem Schritt werden die Eigenschaften von Texteinheiten definiert, auf die sich die Auswertung beziehen soll. Für Textstücke werden Minimal- und Maxi-malgrößen bestimmt. Hier sollen Kodier-, Kontext- und Auswertungseinheiten festgesetzt werden, um als Ausprägung für eine Kategorie gelten zu können. Die Kodiereinheit stellt die kleinste Texteinheit dar. Das Gegenstück als die größte zu interpretierende Texteinheit bildet die Kontexteinheit. Die Auswertungsein-heit legt fest, welche Textteile jeweils nacheinander ausgewertet werden. Das gesamte transkribierte Interview präsentiert die Kontexteinheit. Der Inter-viewpartner zeigt im jeweiligen Interview seine Erfahrungen und entwickelt da-raus seine subjektiven Theorien. Als Auswertungseinheit wird die jeweilige Äu-ßerung eines Interviewpartners zu einer Frage erfasst. Bei der Kodierung werden Sätze bzw. zentrale Konstrukte als kleinste Kodiereinheit verstanden.

Die empirische Studie

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8. Phase: Analyseschritte mittels des Kategoriensystems

Als Teilschritt einer vollständigen Inhaltsanalyse steht die Kategorienbildung im Zentrum der Aufmerksamkeit, denn die Kategorien sind gewissermaßen der letzte Bezugspunkt der Untersuchung zum Material, d. h. durch die Definition der Kategorien wird der Bezug zum Text hergestellt. Sie repräsentieren die in-haltliche Auswahl aus dem näher zu untersuchenden Gesamtmaterial und be-stimmen dadurch letztlich die Qualität einer inhaltsanalytischen Untersuchung. Dies ist die eigentliche Hauptphase der Auswertung. Gemäß der Analysemetho-de der Strukturierung wird der Text Stück für Stück erarbeitet. In diesem Schritt werden die Kategorien als Begriffe oder Kurzsätze formuliert. Dabei wird das Datenmaterial systematisch zerlegt, um die Kategorien schrittweise zu entwi-ckeln und dadurch zentrale Aussagen beizubehalten. Des Weiteren ist zu über-prüfen, ob die ausgewählte Textstelle schon unter einer bereits gebildeten Kate-gorie fällt, oder ob eine neue Kategorie gebildet werden soll.

9. Phase: Rücküberprüfung des Kategoriensystems

Ausgehend davon, dass das Kategoriensystem eine zentrale Rolle bei der Analy-se spielt, ist es nötig, dass es das Material widerspiegelt. Je abstrakter die Analy-se ist, desto größer ist die Gefahr, dass die Ergebnisse mit dem Ausgangstext nicht übereinstimmen. Daher ist es in Anlehnung an Mayring zu empfehlen, die abstrakteren Ergebnisse nach den ersten Auswertungsrunden mit den Texten zu vergleichen und sicherzustellen, dass die abstrakteren Kategorien sich im Text zu finden sind. Im Sinne des allgemeinen Ablaufmodells von Mayring erfolgt an dieser Stelle eine Überprüfung des Kategoriensystems. Hiermit können einige Defizite sichtbar werden, wie z. B. einige Kategorien sind zu weit gefasst und enger definiert werden mussten.

10. Phase: Interpretation der Ergebnisse in Richtung der Hauptfragestel-lung

Entsprechend der Fragestellung sollen die Ergebnisse hier interpretiert werden. In diesem Schritt werden die zentralen Stellen aus dem gesamten Interviewmate-rial herausgezogen und erarbeitet. Es werden die Ergebnisse im Zusammenhang mit der Hauptfragestellung interpretiert. Dann kommt es zu einer Gesamtdarstel-lung des Forschungsproblems anhand der Kategorien.

11. Phase: Anwendung der inhaltsanalytischen Gütekriterien

Mayring legt explizit Wert auf die Systematik der Interpretation, deswegen emp-fiehlt er in dieser letzten Phase, die inhaltsanalytischen Gütekriterien anzuwen-den. Er ist sich allerdings der Problematik der Übertragung der klassischen Gü-tekriterien wie "Validität" und "Reliabilität" auf interpretatorisches Vorgehen bewusst und versucht, sie in spezifisch inhaltsanalytische Gütekriterien umzu-bauen. Im Falle einer inhaltsanalytischen Untersuchung bedeutet Reliabilität, dass eine möglichst einheitliche Handhabung des Kategoriensystems durch alle

Die empirische Studie

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beteiligten Koder erreicht wird und auch nachweisbar ist, dass durch die Katego-rienbildung und damit die Zuordnung von Inhalten zu Kategorien dergleichen realisiert werden kann.

1.6.1 Das Kategoriensystem der vorliegenden Studie

Eine der wesentlichen Fragen für den Forschungsprozess lautet: Wie können Kategorien, d. h. in der qualitativen Inhaltsanalyse generiert werden?

Laut König (2005: 105) sind Kategorien „geeignete Oberbegriffe, mit deren Hil-fe sich die Fülle an Daten strukturieren lässt“. In der gängigen Literatur werden drei Vorgehensweisen zur Kategoriengewinnung beschrieben. Kategorien kön-nen entweder induktiv direkt aus dem Material gewonnen oder aber deduktiv aus den theoretischen Vorüberlegungen, aus Theorien oder Theoriekonzepten formuliert werden. Im dritten Fall können das Forschungsinteresse bzw. Hypo-thesen, die sich z. B. in Leitfragen für Interviews ergeben, als Ausgangspunkt für Kategorien fungieren. Weiter können Kategorien aus empirisch abgesicher-ten Theorien oder Theorieteilen abgeleitet werden. Für diesen Prozess der Aus-einandersetzung soll die Kategorienentwicklung an der Fragestellung orientiert sein. Anzahl und Umfang der Kategorien hängen von der Fragestellung ab. Je größer die Kategorienzahl, desto genauer sind die Ergebnisse. Für die Katego-rienbildung gibt es einige zu beachtende Regeln:

• Die Kategorien sollen eindeutig und damit gegeneinander abgrenzbar sein;

• Empirische Relevanz: Die Kategorien sollen ausreichend quantitativ be-setzt sein, damit die Kategorienanzahl aussagefähige Ergebnisse ermög-licht;

• Theoretische Relevanz: Die Kategorien sollen theoretisch sinnvoll sein. Dies bedeutet vor allem, dass sie aus den theorieorientierten Fragestellun-gen abgeleitet werden und somit für die Erkenntnisinteressen der Unter-suchung hilfreich sind.

Für diese Arbeit werden im Folgenden die einzelnen Kategorien mit Hilfe von Ankerbeispielen – wenn es möglich wäre – erläutert. Die verwendeten Anker-beispiele sollen zeigen, inwieweit die Kategorien mit den vorhandenen Aussa-gen im vorliegenden Interviewmaterial übereinstimmen. Ferner haben die Bei-spiele die Funktion, die Auswertungskriterien zu sichern. Die Fragestellung die-ser Studie und die Interviewfragen bilden die Hauptquellen, aus denen sich das folgende Kategoriensystem dieser Studie ergibt:

Kategorie 1: Subjektives Fremdsprachenprofil

Kategorie 2: Subjektive Deutung vom Stellenwert der Fremdsprachen. Aus die-ser Kategorie lassen sich folgende Subkategorien entstehen:

2.1 Gesellschaftliche Motive für Fremdsprachenlernen

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2.2 Persönliche Motive für Fremdsprachenlernen

Kategorie 3: Subjektive Einstellung zur Schreibproduktion in der Fremdsprache

Kategorie 4: Zu beachtende Aspekte beim Schreiben

Kategorie 5: Subjektive Voraussetzungen fürs Schreiben

Kategorie 6: Schreibprozess als chronologische Folge

Kategorie 7: Spezifika des Schreibens in den gelernten Fremdsprachen

Kategorie 8: Persönliche Vorschläge zur Verbesserung des Schreibkönnens und Optimierung des Fremdsprachenerwerbs

Damit lassen sich alle Inhalte der Interviews fassen; diese Kategorien bilden das Grundgerüst der inhaltsanalytischen Gesamtauswertung.

1.6.1.1 Kategorie 1: Subjektives Fremdsprachenprofil

Ausgehend davon, dass die Elemente der Subjektiven Theorien der Lerner sich auf ihre Sprachlerngeschichte stützen, beschreibt diese Kategorie die vorher ge-lernten Fremdsprachen der Interviewpartner in Zusammenhang mit biographi-schen und schulischen Umständen. Diese Sprachlernbiographie ist so vielschich-tig wie unsere Identität und so vielfältig wie unsere Gruppenzugehörigkeiten. Sie hat zwei Funktionen:

• Sie gibt mir Informationen, über die nur die Interviewteilnehmer verfü-gen, die aber für mich wichtig sind. Das Wissen um Lernbiographien hilft mir, das Bild der Subjektiven Theorien der einzelnen Personen näher zu verstehen und die Entwicklung neuer Perspektiven für den DaF-Unterricht in Ägypten auf ihre Lernbedürfnisse abzustimmen.

• Sie hilft den Teilnehmern, über ihre eigenen Sprachlernerfahrungen nach-zudenken und in Zukunft bewusster zu handeln, zu lernen und zu arbeiten und auch Probleme und häufig auftretende Schwierigkeiten zu erkennen und so ihre eigene Effizienz zu erhöhen.

Bei der Darstellung der Sprachlernbiographie wird Auskunft über folgende Punkte gegeben:

Fremdsprachen: Welche Fremdsprachen haben sie im Verlauf Ihres Lebens bisher gelernt?

Sprachlernaktivitäten: Wo, wie und mit welchem zeitlichen Aufwand haben Sie diese Sprachen gelernt? (Informell oder durch Unterricht in der Schule)

Lieblingssprache: Was ist ihre Lieblingssprache?

Lieblingslernbereich: In welchem Lernbereich macht das Fremdsprachenlernen Spaß?

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Lehrerrolle : Welche Rolle spielt der Fremdsprachenlehrer bei der Motivation zum Fremdsprachenlernen?

Themen des Lehrwerks: Wie gefallen ihnen die Inhalte und Themen des Lehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“?

Wortschatz lernen: Wie sammeln und lernen sie neue Vokabeln bzw. gehen sie damit um?

Sprachkontakt: Durch Fernsehen, Radio, Kino, Kunst, Musik, Bücher, Presse, Internet usw.

Eigener Lernerfolg: Wie zufrieden sind sie mit ihrem persönlichen Lernerfolg?

Lernen außerhalb des Unterrichts: Mit einem Privatlehrer?

Ratschläge: Welche Optimierungsmöglichkeiten des Fremdsprachenunterrichts würden sie vorschlagen?

Wie man im Folgenden sehen kann, ist das subjektive Fremdsprachenprofil der beteiligten Personen sehr vielfältig im Hinblick auf die Dauer, wie lange sie die Fremdsprachen gelernt haben. Dies zeigt ein Defizit des ägyptischen Bildungs-systems, weil an der Oberschule alle Lernenden ein bestimmtes einheitliches Sprachniveau erreichen sollen, abgesehen von ihrem Sprachhintergrund in den vorherigen Bildungsphasen. Hier sind unterschiedliche Schultypen (nämlich pri-vate und staatliche) vertreten.

Fallstudie I – Nada

Sie hat Englisch seit dreizehn Jahren als erste Fremdsprache gelernt. Es ist ihre Lieblingssprache. Erst seit einem Jahr hat sie angefangen, Deutsch zu lernen, weil sie Deutsch für eine leichte Sprache hält. Vor allem bei den Rollenspielen macht ihr das Fremdsprachenlernen Spaß. Um die Fremdsprache am besten zu lernen, versucht sie, die gelernte Sprache so weit wie möglich in Kommunikati-onssituationen anzuwenden. Sie meint, dass ihr Deutschlehrer ohne ausreichen-de fachliche und berufliche Qualifikation beim Fremdsprachenlehren ist. Dem-zufolge lernt sie Deutsch außerhalb des schulischen Unterrichts bzw. mit einem Privatlehrer. Durch wiederholtes Schreiben eignet sie sich neue Vokabeln an und ordnet sie in Form von Listen.

Fallstudie II – Walaa

In Anlehnung an die von Walaa ausgefüllte Befragung sind Englisch und Deutsch die zwei gelernten Wahlpflichtfremdsprachen. Seit dreizehn Jahren lernt sie Englisch und seit einem Jahr Deutsch. Für sie sind Englisch und Deutsch ganz in Ordnung. Grammatikübungen und Rollenspiele gefallen ihr am besten. Sie ist der Ansicht, dass ihr Fremdsprachenlehrer ihr den Anstoß zum Fremdsprachenlernen gibt. Die Inhalte und Themen des eingesetzten Lehrwerks

Die empirische Studie

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„Kairo-Frankfurt…und zurück“ sind für sie immerhin akzeptabel. Das Auswen-diglernen ist ihre Strategie zum Erwerb von Themen und Wortschatz. Mit Hilfe eines Fremdsprachenprivatlehrers versucht sie ihr Sprachniveau zu verbessern.

Fallstudie III – Sara

Seitdem sie im Kindergarten war, lernt sie Englisch und erst seit einem Jahr lernt sie Deutsch. Für sie ist Deutsch nicht von Bedeutung, da ihre Lieblings-sprachen Englisch und Arabisch sind. Sie hat sich für Deutsch als zweite Wahl-pflichtfremdsprache entschieden, weil sie erfahren hat, dass man gute Noten in Deutsch erhalten könnte und dass Deutsch eine leichte Sprache sei. Sara interes-siert sich besonders fürs Hörverstehen, denn sie vertritt die Auffassung, dass Hörverstehen häufig eine leicht erfassbare Geschichte enthält, an die sie sich ohne große Schwierigkeiten erinnern kann. Damit sie die Fremdsprache am bes-ten lernt, sieht sie oft spannende fremdsprachige Abenteuerfilme. Aufgrund des-sen, dass ihr Fremdsprachenlehrer sich immer wieder in fröhlicher Stimmung befindet und die Klasse zum Lachen bringt, ist sie angeregt, die Fremdsprache zu lernen. Was ihr aber im Fremdsprachenunterricht nicht gefällt, ist die große Zahl von neuen Vokabeln und Grammatikregeln. Zudem sind die Ausnahmen nicht wenig, was sie zur Verwirrung bringt. Mit ihrem persönlichen Lernerfolg im Englischen ist sie sehr zufrieden, weil sie gute Noten bekommt und sich oft-mals meldet, d. h. sie ist ein aktives Mitglied im Unterricht. Dagegen ist ihr Lernerfolg im Deutschen. Aus diesem Grunde lässt sie sich von einem Privatleh-rer unterstützen.

Fallstudie IV – Lama

In Abgrenzung zu den vorher dargestellten Versuchspersonen Nada, Walaa und Sara hat Lama Deutsch seit vier Jahren gelernt, d. h. ab dem ersten Jahr der Re-alschule. Trotzdem ist die deutsche Sprache für sie kaum erträglich. Allerdings repräsentiert Englisch ihre Lieblingssprache. Beim Fremdsprachenlernen gilt Grammatik als einer der schwierigsten Lernbereiche, daher versucht sie durch intensives Grammatiküben die Regeln der Fremdsprache fest im Gedächtnis zu verankern. Die fremdsprachigen Filme sind für sie der beste Weg zur Verbesse-rung ihrer Fremdsprachenkenntnisse. Sie erachtet ihren Lehrer als entmutigend. Es fehlt ihm die Kompetenz, seine Schüler für das Fremdsprachenlernen zu be-geistern. Aus diesem Grunde lässt sie sich außerhalb des schulischen Bereichs von einem Privatlehrer unterrichten. Um ihren Sprachstand zu verbessern, hoffte sie sich an Sprachkursen zu beteiligen. Zur Optimierung ihres Fremdsprachen-unterrichts schlägt sie vor, einerseits Lern- und Sprachspiele in den Unterricht zu integrieren, andererseits neue Vokabeln auf Karteikarten zu notieren und – wenn möglich – die Karteikarten mit Abbildungen und Zeichnungen anzurei-chern. Dies beschleunigt das Lernvermögen und das Abspeichern des Stoffes.

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Fallstudie V – Iman

Genau sowie Lama hat Iman Englisch seit dreizehn Jahren und Deutsch seit vier Jahren studiert. Da sie erfahren hat, dass die deutsche Sprache leicht auszuspre-chen ist, hat sie die Entscheidung für Deutsch getroffen. Als Lernbereich bevor-zugt sie die Grammatikübungen. Sie ist der Meinung, dass ihr Fremdsprachen-lehrer sie zum Lernen nicht vorantreibt. Obwohl Motivation der Motor ist, der den Lernprozess überhaupt erst in Gang setzt und am Laufen erhält, berücksich-tigt der Lehrer sie nicht, weil das zu lehrende Material enorm groß und die Un-terrichtszeit knapp ist. Die Themen und Inhalte des Lehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“ findet sie ihrem Niveau entsprechend. Dabei spielt die arabische Übersetzung einiger Teile des Lehrwerks eine maßgebende Rolle zur Vereinfachung des Inhaltes. Zusätzlich zum schulischen Unterricht lernt sie Deutsch durchschnittlich zwei bis drei Stunden pro Woche mit einem Privatleh-rer.

Auswendiglernen ist das größte Problem, worauf sie beim Fremdsprachenlernen stößt. Um dieses Problem zu überwinden, versucht sie die Fremdsprache aktiv anzuwenden. Beim Englischen ist es zwar schon gelungen, indem sie mit ande-ren Leuten durch Chatten in Kontakt gekommen ist, aber die Praktizierung der deutschen Sprache in Kommunikationssituationen war erfolglos. Mit ihrem Deutschunterricht ist sie unzufrieden. Zu seiner Verbesserung macht sie einige Vorschläge, nämlich: die Unterrichtszeit zu verlängern, den langsamen Einstieg in den Unterrichtsschwerpunkt und die Wiederholung des neuen Wissens.

Fallstudie VI – Kareem

An staatlichen Schulen hat Kareem Englisch als erste Fremdsprache seit acht Jahren und Deutsch als zweite Wahlpflichtfremdsprache seit einem Jahr gelernt. Seine Lieblingssprache ist Englisch. Deutsch kann er aber akzeptieren. Er hat sich für Deutsch als zweite Fremdsprache entschieden, denn er dachte, Deutsch sei eine einfache und in der ägyptischen Gesellschaft „seltsame“ Sprache. Folg-lich bietet die Beherrschung der deutschen Sprache – seines Erachtens – die Möglichkeit, vor allem gut bezahlte Stellen zu bekommen. Er gibt den Gramma-tikübungen als Lernbereich den Vorzug aus dem Grund, dass sie die Regeln im Gedächtnis befestigen. Weiterhin ist die Rolle seines Fremdsprachenlehrers doch zum Weiterlernen motivierend. Außerdem gefallen ihm die Inhalte und Themen des eingesetzten Lehrwerks gut, weil sie für ihn relevante, aktuelle Themen behandeln. Diese Themenbereiche vermitteln ein klares und wahrheits-getreues Bild von Deutschland, was sein Wissen über Deutschland vertieft und erweitert. Sehr zufrieden ist er mit seinem persönlichen Erfolg im Sprachbe-reich, nachdem sein Sprachniveau sich ständig entwickelt. Die Wiederholung ist die beste Strategie für ihn zur Aneignung der Fremdsprache. Außerhalb des Un-terrichts lernt er Deutsch durchschnittlich 1-2 Stunden pro Woche.

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Kareem hat eine Kommunikationssituation erlebt, in der er die erste Fremdspra-che verstanden und gesprochen hat. Bei einem seiner Freunde hat er einen ame-rikanischen Bekannten von diesem getroffen. Zu diesem Zeitpunkt hat Kareem den Versuch unternommen, mit dem Amerikaner ein Gespräch zu führen. Aber die deutsche Sprache hat er nie aktiv angewendet. Die Aussprache einiger Wör-ter im Deutschen stellt für ihn ein schweres Problem dar. Bezüglich der Ent-wicklung und Verbesserung des DaF-Unterrichts in Ägypten ist er sehr begeis-tert und empfiehlt, die Anzahl der Lernenden in der Klasse geringer zu machen. Weiter muss sich die Lehrerrolle als der einzige Herrscher in der Klasse verän-dern. Ferner soll der Lehrer geduldiger mit seinen Schülern sein, denn bei vielen Lehrern ist die Geduld am Ende und sie sind mit den Nerven fertig.

Fallstudie VII – Omar

Omar lernt Englisch – seine Lieblingssprache – seitdem er die Grundschule be-suchte, genauer gesagt: seit acht Jahren. Aus Liebe zu Deutschland hat er sich für die deutsche Sprache entschieden. Das neue Vokabular zu wiederholen und somit zu lernen, ist seine bevorzugte Technik zur Aneignung der Fremdsprache.

Allen scheint klar zu sein, dass die Lehrperson zum größten Teil für Zu- und/ oder Abneigung dem gelernten Fach gegenüber verantwortlich ist. Auf diese These basierend offenbart Omar, zwar motiviert ihn sein Fremdsprachenlehrer, Deutsch weiter und intensiver zu lernen, aber er wird oft äußerst wütend auf-grund der Vielzahl der Schüller innerhalb der Klasse. Der Lehrer kann die Ne-bengespräche zwischen den Schülern einfach übergehen. Laut zu schreien ist seine Methode, um die Klasse unter Kontrolle halten zu können. Solche Verhal-tensweisen eines Lehrers machen deutlich, dass zum einen die universitäre Fremdsprachenlehrerausbildung in Ägypten verbesserungsbedürftig ist, zum an-deren die Regelungen zur Aufnahme an den staatlichen Schulen einzuengen und zu reformieren sind, damit die Zahl der Schüller in der Klasse geringer wird.

Weiter interessiert sich Omar für die Themen und Inhalte im eingesetzten Lehr-werk nicht. Der Fokus liegt bei ihm auf Grammatik und Vokabeln. Er bekommt eine Nachhilfe im Fach Deutsch, die von zwei bis drei Stunden wöchentlich dauert.

Omar hat zwei Situationen erwähnt, in denen er Englisch produktiv verwendet hat; erstens beim Surfen ins Internet und Chatten; zweitens bei einem Treff mit Touristen in den Pyramiden. Zusätzlich begegnet Omar großen Schwierigkeiten beim Produzieren von fremdsprachlichen Texten. Zuletzt empfiehlt er zur Ver-besserung des DaF-Unterrichts, dass der Lehrer sein Verhalten verändern und gegebenenfalls neu gestalten muss.

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Fallstudie VIII – Mustafa

Mustafa lernt Deutsch seit einem Jahr, jedoch Englisch seit dreizehn Jahren. Seine Schwester hat ihn fürs Deutschlernen begeistert. Nach seiner eigenen Ein-schätzung ist das Lernen der Grammatik – sein Lieblingssprachbereich – mit dem Sprachenlernen gleichzusetzen.

Darüber hinaus findet Mustafa das verwendete Lehrwerk völlig uninteressant. Was ihm am Fremdsprachenunterricht besonders gefällt, ist die Persönlichkeit seines Lehrers. Bei Mustafa nimmt der Lehrer einen gewichtigen Platz im Lehr-Lern-Prozess ein. Er betont, dass eine solche Persönlichkeit das unterrichtliche Interaktionsgeschehen fördert und sich positiv auf die Effektivität des Lehrens und Lernens auswirkt. Von zentraler Bedeutung beim Fremdsprachenerwerb erweisen sich für ihn die Filme und die Sprachpraxis. Er verweist darauf, dass er Schwierigkeiten bei der Aussprache hat. Als Strategie zur Wortschatzverarbei-tung im mentalen Lexikon liest er das neue Wort mehrmals, dann schreibt er es drei- bis viermal. Schließlich hofft Mustafa zur Frage nach der möglichen Opti-mierung des Fremdsprachenunterrichts, dass die Defizite im interaktiven Ver-halten der Lehrer von diesen selbst wahrgenommen und schnell gedeckt werden.

Fallstudie IX – Faruq

Bei Faruq fällt auf, dass Englisch und Deutsch hinsichtlich deren Akzeptanz auf derselben Stufe stehen, obgleich er Englisch seit acht Jahren und Deutsch seit zwei Jahren lernt. Er hat sich für Deutsch als zweite Fremdsprache entschieden aufgrund dessen, dass es viele Ähnlichkeiten zwischen den beiden Sprachen gibt. Grammatikübungen, in denen die neuen Grammatikübungen trainiert und befestigt werden, sind – seiner Ansicht nach – der beste Lernbereich. Um sein Fremdsprachenkönnen zu verbessern, lernt er immer wieder neue Vokabeln auswendig und sieht sich fremdsprachige Filme an. Sein Fremdsprachenlehrer hat leider eine negative Wirkung auf seine Motivation zum Weiterlernen, weil der Lehrer immer nervös wirkt. Außerdem findet Faruq die Inhalte und Themen im ägyptischen DaF-Lehrwerk sehr interessant darum, weil sie für gründliche Informationen des Lerners über landeskundliche Aspekte Deutschlands sorgen.

Um seine Sprachbeherrschung verbessern und die Lerndefizite ausgleichen zu können, bekommt er im Fach Deutsch Nachhilfeunterricht, der ihm die Chance bietet, sich in Ruhe besser auf den Lernstoff zu konzentrieren. Wegen mangeln-der Konzentration an der Schule ist er mit dem DaF-Unterricht unzufrieden. Sowohl mehr Ruhe in den Klassen als auch eine Reduktion von Schülerzahlen innerhalb einzelnen Klassen sind Faruqs Vorschläge zur Weiterentwicklung des Unterrichts.

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Fallstudie X – Yasser

Yasser ist siebzehn Jahre alt und lernt Englisch seit dreizehn Jahren und Deutsch nur seit einem Jahr. Obwohl seine Mutter als Deutschlehrerin an einer Ober-schule arbeitet, hat sie seine Einstellungen gegenüber der Sprache nicht positiv beeinflusst. Allerdings erachtet er Englisch als seine Lieblingssprache; Deutsch ist aber für ihn akzeptabel. Er mag besonders, neue Vokabeln zu lernen, die die bei der Sprachproduktion benötigten Sprachmittel zur Verfügung stellen. Um seine Sprachbeherrschung zu verbessern, hat er vor, Sprachkurse zu besuchen. Seiner Auffassung nach motiviert ihn sein Klassenlehrer zum Weiterlernen und zum besseren Spracherwerb. Was ihm am Unterricht nicht gefällt, ist, dass ei-nerseits die Klassen mit Schülern überfüllt sind; andererseits sind die Lernbe-dingungen und die Klassenausstattung unmodern, d. h. es fehlen u. a. Kassetten.

Seine beliebteste Lernstrategie zur Aneignung der Sprache ist das Hören. Er meint, beim Hören kann er sich ganz auf das Gehörte konzentrieren. Darin liegt der Grund, warum er Englisch fließend sprechen kann. Die Grammatikregeln des Deutschen stören ihn aber oft, weil er die Regeln nur gut verstehen, aber nicht anwenden kann.

1.6.1.2 Kategorie 2: Subjektive Motivationsprofile

Die zweite Kategorie beschäftigt sich mit den individuellen Motivationsprofilen einzelner Lerner. Unter Motivation versteht man laut Kirchner (2004) „die Summe der Gründe (Motive), die jemanden zu einer Entscheidung oder Hand-lung bewegen“ (Kirchner 2004: 1). Hauptsächlich wird der Frage nachgegangen: Inwieweit ist Fremdsprachenlernen relevant für dich? Insgesamt? Besser gesagt: Was motiviert dich, Deutsch zu lernen?

Es gibt zwei verschiedene Arten von Motivation: die instrumentelle Motivation und die integrative Motivation. Die Unterscheidung zwischen instrumenteller und integrativer Orientierung in Bezug auf die Motivation geht auf Gardner und Lambert (1972) zurück. Sie haben die Motivationsforschung bis in die 90er Jah-re geprägt aufgrund der von ihnen veröffentlichten empirischen Querschnittstu-die zum Erwerb des Französischen als Fremd- bzw. Zweitsprache in den USA.

Unter instrumenteller Motivation ist zu verstehen, dass der Lerner mit seinen Sprachkenntnissen etwas Bestimmtes erreichen will, z. B. Waren verkaufen. Von daher ist die instrumentelle Motivation „rein utilitaristischer Natur“ (Ed-mondson/ House 2006: 198). Dahingegen versteht man unter integrativer Moti-vation das Bedürfnis, die Zielsprache zu erlernen, um sich mit deren Kultur zu identifizieren. Damit sind in diesem Sinne positive Einstellungen dieser Ziel-sprachenkultur gegenüber verbunden (vgl. ebd.).

Die empirische Studie

150

Wenn man die Antworten der Teilnehmer unter die Lupe nimmt, ist herauszu-finden, dass ihre Motivationsaspekte sich nur auf instrumentelle Motivation be-schränken.

Mit dem Erlernen der deutschen Sprache hofft Kareem zukünftig vor allem, ei-ne gute Arbeitsstelle zu finden, also instrumentelle Motivation:

Originaltext

Inna itqÁn l-ÝadÐdi mina l-luÈÁt l-ÞaÊnabiyya bi-ÊÁnib l-luÈa l-Ýarabiyya yutÐÎu lÐ furaÒ afÃal fÐ l-ÎuÒÙl ÝalÁ furÒat Ýamal Êayyida fi l-mustaqbal wa yumakkinunÐ min fahm Ýaq-liyyÁt l-ÊinsiyyÁt l-uÌrÁ wa yuÞaddÐ ÆÁlik bi-Ô-ÔabÝ ilÁ nahÃat l-muÊtamaÝ wa taqaddu-mihi wa yumakkinuhu mina t-taÝÁyuš wa t-tafÁhum maÝa l-muÊtamaÝÁt l-uÌrÁ n-nÁÔiqa bi tilka l-luÈÁt wa maÝrifat wuÊhat naÛar l-ÁÌar fÐhi wa bi-t-tÁlÐ yastaÔÐÝ an yanqula li-l-ÞÁÌar ÒÙrÁ ÒaÎÐÎÁ Ýan Æ-ÆÁt.

Übersetzung

Viele Fremdsprachen – neben der arabischen Sprache – zu beherrschen, bietet mir die Gelegenheit einerseits zukünftig eine gute Berufschance zu bekommen, andererseits die Mentalitäten anderer Nationalitäten zu verstehen. Dies führt unbedingt zum Auf-schwung und Fortschritt der Gesellschaft. Außerdem ermöglicht es ihr, mit anderen fremdsprachigen Gesellschaften friedlich zusammen zu leben und zu verständigen. Dadurch kann man die Ansicht des Anderen kennen lernen und infolgedessen wäre es vorstellbar, ein richtiges Bild über sich selbst zu vermitteln.

In den weiteren Ausführungen von Kareem fungiert die Sprache als ein Instru-ment, das dabei hilft, das Fremde zu verstehen und ihm gleichzeitig ein wirk-lichkeitsgetreues Bild über das Eigene zu vermitteln.

Ebenso hat Omar eine instrumentelle Motivation, Deutsch zu lernen. Damit will er seine Berufschancen erhöhen und an zweiter Stelle kommt bei ihm, das Fremde zu verstehen.

Originaltext

bi-šaklin ÌÁÒ yusÁÝidunÐ taÝallum l-luÈÁt wa bi-l-aÌaÒÒ al-ÞalmÁniyyÁ fi l-ÎuÒÙl ÝalÁ Ýa-mal munÁsib wa bi-Òifa ÝÁmma yumakkinu taÝallum l-luÈÁt l-ÞaÊnabiyyÁ afrÁd l-muÊtamaÝ mina t-taÝÁyuš maÝa l-ÁÌar.

Übersetzung

Das Erlernen einer Fremdsprache, vor allem die der deutschen Sprache, hilft mir be-sonders dabei, eine gute Stelle zu finden. Im Allgemeinen versetzt der Fremdspra-chenerwerb die Gesellschaftsmitglieder in die Lage, mit dem Anderen zu koexistieren.

Mustafa vertritt ebenfalls diese Meinung, dass Fremdsprachenerwerb neue, in-teressante Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet. Außerdem berichtet Mustafa,

Die empirische Studie

151

dass seine Schwester Deutsch an der Uni studiert hat. Aber er hat nicht daran gedacht, inwiefern sich die Deutschkenntnisse eventuell als nützlich für seine Schwester erwiesen haben. Jedoch ist ihre Sprachwahl wichtig für die eigene Entscheidung von Mustafa. Für Mustafa lässt sich festhalten, dass ältere Ge-schwister als gute Beispiele vorangehen und ihre positiven bzw. negativen Er-fahrungen und Einstellungen zum Fach und der Sprache Deutsch weitergeben. Diese Rückmeldungen bestärken die Wahl des Deutschen als 2. Fremdsprache seitens der Lerner.

Originaltext

bi-šaklin ÝÁm yusÁÝid taÝallum l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ fÐ taqaddum l-muÊtamaÝ wa fahmi ma taqÙluhÙ l-muÊtamaÝÁt l-uÌrÁ wa maÝrifat ÔarÐqat tafkÐrihÁ wa ÝtiqÁdÁtihÁ Ýani Æ-ÆÁt. wa bi-hÁÆihi Ô-ÔarÐqÁ yastaÔÐÝu muÊtamaÝunÁ l-istifÁdÁ mina l-ÁÌar aw taÝdÐli Ò-ÒÙrÁ s-sayyiÞa l-maÞÌÙÆÁ ÝannÁ wa bi-šaklin ÌÁÒ fa-inna itqÁna l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ maÔlÙb fi l-ÝadÐd min maÊÁlÁti l-Ýamal.

Übersetzung

Generell kann das Fremdsprachenlernen zum Fortschritt der Gesellschaft beitragen. Außerdem ermöglicht es uns, dass wir begreifen, was und wie die anderen über uns denken. Auf diese Weise ist unsere Gesellschaft in der Lage, von dem Anderen Nut-zen zu ziehen oder die schlechten Vorurteile über uns abzubauen. Auf persönlicher Ebene ist die Beherrschung von Fremdsprachen ein Vorteil und in verschiedenen Ge-bieten auf dem Arbeitsmarkt gefragt.

Gleichfalls von großer Bedeutung für Faruq ist der instrumentelle Wert der deutschen Sprache. Er sieht einen praktischen Nutzen im Erlernen der deutschen Sprache. Er will dadurch bessere Jobchancen in der Zukunft haben.

Originaltext

bi-Òifa ÌÁÒÒa fa-inna taÝallum l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ yutÐÎu lÐ al-Ýamal fÐ maÊÁlÁt ÝadÐdÁ wa yumakkinunÐ mina t-tawÁÒul maÝa l-ÊinsiyyÁt l-uÌrÁ. bi-Òifa ÝÁmmÁ tusÁhim fÐ taqad-dum l-muÊtamaÝ Ýan ÔarÐq fahmihi li-l-ÝÁlam wa li-l-muÊtamaÝÁt l-uÌra.

Übersetzung

Zum einen ermöglicht mir das Fremdsprachenlernen in verschiedenen Bereichen zu arbeiten, zum anderen entsteht dadurch die Möglichkeit mit anderen Nationalitäten zu kommunizieren. Im Großen und Ganzen kann jeder, der einer Fremdsprache mächtig ist, die andere Kultur und die anderen Gesellschaften verstehen.

Im gleichen Sinne bezweckt Yassir mit dem Erlernen der deutschen Sprache, eine gutbezahlte Arbeit zu haben.

Die empirische Studie

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Originaltext

Bi-Òifa ÌÁÒÒa fa-inna l-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ tusÁÝidunÐ fÐ ÐÊÁd Ýamal munÁsib fi l-mustaqbal amma bi-Òifa ÝÁmma fa-hiya tusÁÝid ÝalÁ fahm l-muÊtamaÝÁt l-Ùrubiyya wa t-tawakub maÝahÁ.

Übersetzung

Im Besonderen hilft mir das Fremdsprachenlernen, zukünftig eine gute Stelle zu fin-den. Universell leisten Fremdsprachen einen großen Beitrag zum Verständnis europäi-scher Gesellschaften, an die sich unsere Gesellschaft anpassen soll.

Hier stellt sich dar, dass die Teilnehmer der Jungengruppe keinerlei integrative Orientierung gezeigt haben. Keiner der Schüller äußert die Forderung, mehr über die deutschsprachigen Länder und deren Bewohner zu erfahren. Die deut-sche Sprache wird unabhängig von ihren muttersprachlichen Benutzern gesehen. Aufenthalte in deutschsprachigen Ländern als Sprachlernziel und eventuelle Motive für das Sprachenlernen wurden von keinem der Schüler erwähnt.

Auch die Mädchengruppe hält das Deutschlernen für nützlich, weil sie erkannt hat, dass es wichtig ist, mindestens zwei Fremdsprachen zu beherrschen, um für die Zukunft gut gerüstet zu sein. Nach dem Studienabschluss beginnt sozusagen das ernsthafte, verantwortungsvolle Leben. Die Mädchen betonen darüber hin-aus, dass gute Deutschsprachkenntnisse in der Zukunft für ihre Berufspläne von Bedeutung sind und dass sie den Wunsch haben, einen Beruf auszuüben, der in einem engen Zusammenhang mit der deutschen Sprache steht.

Nada weist darauf hin, dass sie die gelernte Fremdsprache für Kommunikati-onszwecke mit Muttersprachlern, wie z. B. mit Ärzten, benutzen kann, d. h. sie kann sich einen Kontakt mit dem Zielsprachenland vorstellen. Diese Kontakt-vorstellung mit den Muttersprachlern ist ein grundlegender Aspekt beim effekti-ven und gelungenen Fremdsprachenerwerb (vgl. Riemer 1997: 10).

Originaltext

yuÝaddu taÝallum l-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ hÁmm bi-šaklin ÝÁmm li-annahu yaÊib an yakÙn lada l-insÁn al-maÝrifa wa nawÝun mina ×-×aqÁfÁ fi l-luÈÁt wa hÁÆÁ yufÐdu fÐ t-taÝÁmul maÝa š-šaÌÒiyyÁt l-uÌrÁ ÆawÐ l-luÈa l-muÌtalifa Ýan luÈatina l-um mi×la t-taÝÁmul maÝa l-aÔibbÁÞ l-aÊÁnib wa t-tafÁhum maÝahum.

Übersetzung

Grundsätzlich erachte ich Fremdsprachenlernen für relevant aus dem Grunde, dass je-der Mensch was über Fremdsprachen wissen soll. Dies hilft der Gesellschaft beim Umgang mit anderssprachigen Personen, wie z. B. bei der Verständigung mit den Ärz-ten.

Die empirische Studie

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Bezüglich ihres Deutschlernens zeigt Nada eine instrumentell orientierte Moti-vation. In der Zukunft will sie in viele Länder reisen. Obwohl Reisezielort und Reisezweck undefiniert bleiben, kann sie sich Aufenthalte im deutschsprachigen Raum vorstellen. In diesem Sinne betont sie auch den großen Stellenwert des Fremdsprachenkönnens zur Sicherung einer guten Arbeitsstelle.

Originaltext

FÐ raÞyÐ l-ÌÁÒ yaÊib taÝallum l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ li-l-ÎuÒÙl ÝalÁ furaÒ Ýamal Îay×u awwal ma yatimmu s-suÞÁlu anhu: ma hiya l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ llatÐ yutqinuhÁ l-fardu l-mutaqaddim bi-ÊÁnib l-luÈa l-um.

Übersetzung

In erster Linie sollte man Fremdsprachen sprechen, um eine Arbeitsstelle zu finden. Wenn man sich um eine Stelle bewirbt, wird der Bewerber hauptsächlich gefragt, wie viele Fremdsprachen er beherrscht.

Walaa deklariert das Fremdsprachenlernen als nötig, besonders im Tourismus. Auf der persönlichen Ebene strebt sie mit ihren Deutschkenntnissen eine pas-sende und gut bezahlte Stelle im Übersetzungsbereich an.

Originaltext

Inna taÝallum l-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ hÁmm li-t-taÝÁmul maÝa s-sÁÞiÎÐn fa itqÁnu l-ka×Ðr mina l-luÈÁt aÒbaÎ fÐ ÝaÒrina hÁÆÁ ÃarÙrÁ wa anÁ anwÐ l-Ýamal fÐ maÊÁl t-tarÊama.

Übersetzung

Das Fremdsprachenlernen ist für den Kontakt mit den Touristen wichtig. Viele Fremd-sprachen zu beherrschen ist in unserer Zeit notwendig geworden und ich habe vor, im Bereich der Übersetzung zu arbeiten.

Weiter denkt Sara an einen möglichen Expertenaustausch bei der Gründung von Unternehmen. Also sie meint, dass Fremdsprachenlernen zur Unterstützung der wirtschaftlichen Beziehungen führt. Sie ist auch neugierig, zu verstehen, was das Andere über das Eigene schreibt, welche Einstellungen es uns gegenüber hat.

Originaltext

Al-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ hÁmma li-t-tawÁÒul maÝa l-ÊinsiyyÁt al-uÌr wa bi-šaklin ÌÁÒÒ urÐd fahm wa stÐÝÁb mÁ arÁhu min kitÁbÁt bi-l-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ wa fahm wuÊhat naÛar l-ÁÌar wa raÞyuh fÐmÁ yaÌuÒÒunÁ wa yumkin ayÃan al-istifÁda mina l-luÈÁti l-aÊnabiyyÁ fÐ maÊÁl l-Ýamal Ýan ÔarÐq tabÁdul l-ÌubarÁÞ baynanÁ wa bayna l-Èarb Ýinda taÞsÐs aš-šarikÁt at-tiÊÁriyyÁ.

Die empirische Studie

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Übersetzung

Fremdsprachen sind von großem Belang für die Kommunikation mit anderen Nationa-litäten und vor allen Dingen möchte ich alles verstehen, was über uns geschrieben wird. Überdies möchte ich den Standpunkt des Anderen bezüglich des Eigenen auffas-sen. Somit kann man den Vorteil von Fremdsprachen im beruflichen Bereich wahr-nehmen durch Expertenaustausch bei der Gründung von Unternehmen.

Lama hat auch eine instrumentell orientierte Motivation. Ihr Traumberuf ist eine Designerin zu werden, die Hochzeitskleider und -dekorationen entwirft. Die Fremdsprachen werde sie zum Umgang mit ihren Kunden verwenden.

Originaltext

Bi-n-nisba lÐ awaddu an aÝmal fÐ maÊÁl taÒmÐm azyÁÞ wa dÐkÙrÁt li ÎafalÁt az-zifÁf li-ÆÁlik aÎtÁÊu li-l-luÈÁti l-aÊnabiyya li-t-taÝÁmul maÝa l-ÊinsiyyÁti l-uÌrÁ.

Übersetzung

Ich persönlich habe vor, als Designerin von Hochzeitskleidern und -dekorationen zu arbeiten. Aus diesem Grunde benötige ich Fremdsprachen, um mit den Kunden ande-rer Nationalitäten umgehen zu können.

Für Iman ist Fremdsprachenlernen von enormer Bedeutung. Ihr Traumberuf ist eine gute Dolmetscherin zu sein. Deswegen ist sie vom Deutschlernen sehr be-geistert.

Originaltext

Bi-šaklin ÌÁÒ tuÝaddu l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ hÁmma bi-n-nisbati lÐ fa-anÁ awaddu an aÝ-mal mutarÊima fawriyyÁ li-ÆÁlik fa-anÁ aÎtaÊ li-itqÁn al-ka×Ðr mina l-luÈÁt l-aÊnabiyyÁ wa maÝrifat maÝlÙmÁt mutaÌaÒÒiÒÁ Ýani l-ÎaÃÁrÁti l-uÌrÁ.

Übersetzung

In der Hauptsache schätze ich Fremdsprachen als lebenswichtig ein, weil ich als Dol-metscherin gerne arbeiten möchte; eine Stelle, die viele Fremdsprachenkenntnisse er-fordert zu haben. Und somit muss ich fachkundige Informationen über andere Kultu-ren sammeln.

Aus der vorangegangenen Darstellung der Motivationsprofile der Probanden kann man zu dem Resultat kommen, dass fast alle Fälle instrumentell orientiert sind, da sie den Fremdsprachenerwerb aus einem Nützlichkeitsaspekt heraus für wichtig erachten, u. z. um die Berufschancen zu verbessern. Das steht in engen Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Umständen, welche die Gesellschaft erlebt, vor allem dem Problem der Arbeitslosigkeit. Wegen des enorm hohen Bevölkerungswachstums werden die wenigen wirtschaftlichen Fortschritte rui-

Die empirische Studie

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niert und bleibt trotzdem die Quote der Arbeitslosigkeit hoch. Zur Reduzierung der steigenden Arbeitslosigkeit, die in manchen Orten bis zu 50% beträgt, kann der Tourismus laut Kessler/ Steiner (2009) einen großen Beitrag leisten. Der Tourismus gilt als wichtiger Devisenbringer Ägyptens. Im Tourismussektor gibt es viele Beschäftigte, die direkt oder indirekt von Tourismus abhängen.

„Der Tourismus schafft direkt und indirekt 329 Arbeitsplätzen/ 1 Mio. US$ Umsatz und ist damit der potenziell dynamischste Beschäftigungssektor im Land. Die Touris-muswirtschaft Ägyptens beschäftigt im Jahr 2005 direkt und indirekt etwa 2,5 Mio. Menschen, was etwa 13% der gesamten arbeitsfähigen Bevölkerung ausmacht“ (Kess-ler/ Steiner 2009: 153).

1.6.1.3 Kategorie 3: Subjektive Einstellungen zur Schreibproduktion in der Fremdsprache

Als produktive Tätigkeit nimmt Schreiben im Fremdsprachenunterricht einen zentralen Platz ein. Wer schreiben kann, soll über einige Teilfähigkeiten verfü-gen; z. B. einen Text organisiert aufbauen, Gedankengänge durchhalten, klar ar-gumentieren, grammatisch korrekt, stilistisch überzeugend schreiben und dabei auf die Regeln der Orthographie und Interpunktion achten.

Aber was die subjektive Einschätzung der beteiligten Personen dem fremd-sprachlichen Schreiben gegenüber angeht, haben sie unterschiedliche Haltungen gezeigt. Im Zentrum dieser Deutungen steht das Problem, dass sich aus sprachli-chen, insbesondere lexikalischen Defiziten ergibt, wie dem folgenden Kommen-tar von Yasser zu entnehmen ist:

Originaltext

ÝindamÁ aktub bi-lÞalmÁniyya aÊidu ÒuÝÙbÁ bÁliÈÁ fÐ ÐÊÁdi l-alfÁÛ wa l-mufradÁt l-munÁsibÁ wa kaÆÁlika l-qawÁÝid.

Übersetzung

Wenn ich Deutsch schreibe, stoße ich auf große Schwierigkeiten, die angemessenen Ausdrücke und Vokabeln zu finden, sowie auch die grammatikalischen Regeln anzu-wenden.

Dieses Problem entsteht – meines Erachtens – dadurch, dass die beteiligten Per-sonen die verschiedenartigen Strategien der Textproduktion, die sie in der Mut-tersprache und in der ersten Fremdsprache automatisiert ausüben, in der zweiten Fremdsprache unadäquat anwenden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Aneignung der Muttersprache, der ersten Fremdsprache und die der zweiten Fremdsprache unterschiedlich verlaufen. Der Schreibprozess in der Fremdspra-che läuft komplex, hierarchisch, strukturiert und zeitlich diskontinuierlich ab (vgl. Krings 1992: 55). In diesem Zusammenhang ist zu unterstreichen, dass das

Die empirische Studie

156

Schreiben dem Lernenden keinen Spaß macht, weil das Produkt der Tätigkeit des Schreibenden im Vordergrund des Interesses steht. Seine Schreibfähigkeit wird nicht gefördert, da auf den eigentlichen Schreibprozess ungenügend fokus-siert wird. Außerdem wird das Schreiben in den Curricula wenig berücksichtigt. Es wird weiter davon ausgegangen, dass es so viele Schreibanlässe in der zwei-ten Fremdsprache nicht gibt und daher der Lerner nur eine eingeschränkte Schreibfähigkeit benötigt. Neuner (1996: 10) betrachtet diese Einengung der Schreibdidaktik auf pragmatisch nützliche Schreibanlässe als eine Reduktion des Schreibens im Fremdsprachenunterricht.

Die anderen Interviewpartner der Jungengruppe betonen hier, dass sie anfäng-lich auf große Schwierigkeiten beim fremdsprachlichen Schreiben stoßen. Aber mit dem ständigen Üben werden diese Schwierigkeiten teilweise behoben. In dieser Phase äußern sie sich positiv über ihre Schreibfähigkeit in der Fremdspra-che. Das wird an der folgenden Äußerung von Kareem deutlich:

Originaltext

Fi l-bidÁyÁ kÁnat kitÁbat naÒÒ bi-l-luÈa l-aÊnabiyya ÒaÝb bi-nisbati lÐ walÁkin baÝda t-tadrÐb wa kitÁbat al-ÝadÐd mina n-nuÒÙÒ aÒbaÎa ladayya l-qudrÁ ÝalÁ kitabat an-nuÒÙÒ bi-luÈa l-aÊnabiyya wa min huna lam taÝud tuma××il lÐ ayy muškila.

Übersetzung

Am Anfang ist mir das Schreiben eines Textes in der Fremdsprache schwer gefallen. Nach mehreren Schreibübungen bin ich jedoch in der Lage, fremdsprachliche Texte zu schreiben, so dass sie mir keine Probleme bereiten.

Aus den Äußerungen von Mustafa ist zu schließen, in welchem Maße er lexika-lische und stilistische Schwierigkeiten im Deutschen hat. Das liegt – nach seiner Auffassung – am bisher kurzen Zeitraum, indem er die deutsche Sprache lernt hat.

Originaltext

Fi l-bidÁyÁ wÁÊahtu mašÁkil ka×ÐrÁ Ýinda l-kitÁba bi-l-almÁniyya fi bidÁyat dirÁsatÐ lahÁ li-ÆÁlik fa-qad kÁnat l-luÈa l-inÊilÐziyya ashal mina l-almÁniyya li-anna fatrat dirÁsati-hÁ kÁnat aÔwal bika×Ðr min muddat dirÁsatÐ li-l-almÁniyya. fa ÝindamÁ aktub bi-l-almÁniyya abÆul maÊhÙdan akbar Èayra anna hunÁka l-ÝadÐd mina l-alfÁÛ llatÐ lÁ astaÔÐÝ an aktubahÁ bi suhÙla.

Übersetzung

Am Anfang meines Deutschlernens bin ich vielen Schwierigkeiten beim Schreiben begegnet. In dieser Hinsicht war das Englische viel leichter als das Deutsche, weil ich Englisch länger als Deutsch gelernt habe.

Die empirische Studie

157

Festzustellen ist, dass das Schreiben „ein sehr problemträchtiger Prozess ist, der den Schreibenden große kognitive Anstrengungen abverlangt“ (Krings 1992: 58). Die Ausführungen von FaruqFaruqFaruqFaruq bestätigen diese Hypothese von Krings.

Originaltext

KitÁbat naÒÒ bi-l-luÈa l-aÊnabiyya yuma××il bi-n-nisbati lÐ daraÊa kabÐra mina Ò-ÒuÝÙba li-annÐ la yumkinunÐ taÔbÐq al-qawÁÝid almadrÙsa ÝalÁ n-naÒÒ al-maktÙb. ana ufaÃÃil al-kitÁba bi-l-luÈa l-inÊilÐziyya li-annÐ darastuhÁ munÆu ×amÁniyat aÝwÁm, amma Ýinda l-kitÁba bi-l-almÁniyya fa-ÞinnÐ abÆul Êuhd kabÐr.

Übersetzung

Einen Text in der Fremdsprache zu schreiben, ist für mich eine komplizierte Aufgabe, weil ich die gelernten Regeln auf die geschriebenen Texte nicht anwenden kann. Da ich Englisch seit acht Jahren lerne, schreibe ich gerne in Englisch im Gegensatz zum Deutschen, bei dem ich mir viel Mühe geben muss.

Im Gegensatz zur Ansicht von Faruq berichtet OmarOmarOmarOmar, dass er dazu neigt, lieber in Deutsch zu schreiben als in Englisch.

Originaltext

UfaÃÃilu l-kitÁba bi-l-luÈa l-almÁniyya li-annÐ darastuha bi-fahm wa bi-Ýumq ak×ar mi-na l-inÊilÐziyya.

Übersetzung

Beim Schreiben tendiere ich zum Deutschen, weil ich die Sprache mit einem besseren Verständnis und intensiver als das Englische erworben habe.

Für ihn erhält das Deutschlernen dann einen Sinn, wenn es ein Sprachbewusst-sein aufbaut. Omar erklärt, dass er die deutsche Sprache bewusster als das Eng-lische gelernt hat. Sprachbewusstsein bedeutet in diesem Rahmen die Kenntnis um den Charakter einer Sprache (Regeln, Vokabeln). Das Sprachbewusstsein entwickelt sich auf der Grundlage des sorgfältigen Gebrauchs von einer oder mehreren Sprachen und ihren Regularitäten, die wahrgenommen und kognitiv bearbeitet werden.

In der Mädchengruppe lässt sich ganz grob feststellen, dass allen das fremd-sprachliche Schreiben schwer fällt. Nada weist darauf hin, dass sie das Schrei-ben nicht genug ausgeübt hat. Hier fehlt es ihr an vorbereitenden Übungen, die auf die Textproduktion vorbereiten. Diese Übungen helfen ihr, den für die Text-produktion notwendigen Wortschatz zu erarbeiten, zu erweitern. Hinzukom-mend aktivieren solche Übungen das bereits vorhandene Wissen. Weiter deuten

Die empirische Studie

158

sie darauf hin, wie Rechtschreibung und Zeichensetzung sinnvoll geübt werden können.

Originaltext

AÊidhu ÒaÝban li-annÐ lam atadarrab Ýalayh bi-šaklin kÁfÐ li-ÆÁlik fa-anÁ lÁ amÐlu li-l-kitÁba bi-l-luÈa l-aÊnabiyya.

Übersetzung

Ich finde, dass fremdsprachliches Schreiben nicht einfach ist, weil ich es unzureichend trainiert habe. Aus diesem Grunde bevorzuge ich es nicht.

Walaa macht darauf aufmerksam, dass das Formulieren ihr Hauptproblem ist, denn sie verfügt nur über begrenzten Wortschatz.

Originaltext

AÊidu ÒuÝÙba fi ÌtiyÁr l-alfÁÛ wa l-kalimÁt bi-l-luÈÁt l-aÊnabiyya ÎÁÒÒatan al-almÁniyya.

Übersetzung

Ich stoße auf Schwierigkeiten bei der fremdsprachlichen Wortwahl, besonders bei der deutschen Sprache.

Diese mangelnden Wortschatzkenntnisse behindern bei ihr deutlich den Schreibprozess. Empirische Untersuchungen von fremdsprachlichen Schreib-prozessen haben gezeigt, dass rund die Hälfte aller Probleme, die während des Schreibvorgangs auftreten, Wortschatzprobleme sind (vgl. Krings 1992: 59). Durch Wortschatzübungen, wie z. B. Kreuzworträtsel, kann man allerdings die-ses Problem bewältigen, wie. Es soll sich um eine bildgesteuerte Wortschatz-übung zu einem bestimmten Thema handeln. Dabei wird noch dazu die Recht-schreibung geübt.

Des Weiteren hat Sara große Schwierigkeiten bei der Anwendung der gramma-tikalischen Regeln während des Schreibens.

Originaltext

YaÒÝubu alayya taÔbÐq al-qawaÝid an-nahwiyya ÝalÁ l-Êumal a×nÁÞa al-kitÁba, baynamÁ iÊÁd al-kalimÁt al-munÁsiba la yušakkil bi-n-nisbati lÐ ayy muškila.

Übersetzung

Beim Schreiben ist es schwierig, die grammatikalischen Regeln anzuwenden, während ich es eher für unproblematisch halte, die passenden Ausdrücke zu finden.

Die empirische Studie

159

Für Lama hat das Problem vielerlei Aspekte. Erstens; sie macht sich viele Ge-danken über die treffende Wortwahl. Der Satzbau repräsentiert für sie die zweit-größte Schwierigkeit. Darüber hinaus hat sie Mängel in der Fertigkeit, Textko-härenz durch inhaltliche und sprachliche Satzverknüpfung herzustellen. Vier-tens; der Absatzbildung weist sie eine untergeordnete Rolle zu. Dieses mehrdi-mensionale Problem Lamas weist darauf hin, dass sie die benötigten Fähigkeiten und Techniken vor und während des Textens weder im schulischen Unterricht noch im Privatunterricht ausreichend geübt hat.

Originaltext

ÏÊÁd al-mufradÁt al-munÁsiba wa tansÐquhÁ fÐ Êumal wa r-rabÔ bayna l-Êumal wa Òiy-ÁÈat al-Êumal ÝalÁ hayÞati faqarÁt yuma××ilu ÒuÝÙbÁ bi-n-nisbati lÐ wa ayÃan taÔbÐqu l-qawÁÝid al-mutaÝallamÁ ÝalÁ l-Êumal l-maktÙba ÒaÝb Êiddan laday.

Übersetzung

Die entsprechenden Vokabeln zu finden, zugleich sie in Sätze einzubinden, die Sätze zu verbinden und dann daraus einen Absatz zu bilden, erschöpft mich sehr. Am schwersten finde ich die Anwendung der grammatikalischen Regeln auf die zu schrei-benden Sätze.

Weiterhin hat Lama ein zusätzliches Problem erwähnt, das sich aus der Anwen-dung der grammatikalischen Regeln auf das Geschriebene ergibt.

Wenn man die Aufmerksamkeit auf Lamas Schwierigkeiten beim fremdsprach-lichen Schreiben richtet, ist von der These auszugehen, dass fremdsprachliches Schreiben in der Realität produktorientiert ist. Diese Produktorientierung er-schwert die Realisierung der Schreibfunktion als „Medium, in dem der Schüler seine Erfahrung bildet und der Lehrer ihm diese nahe bringt“ (Götz 1992: 145 zitiert nach Aebli 1983: 22).

1.6.1.4 Kategorie 4: Individuelle Aspekte des fremdsprachlichen Schreibens

Im Mittelpunkt dieser Kategorie steht die Frage nach den individuellen Schwer-punkten beim Produzieren von Texten in der Fremdsprache. Im Folgenden möchte ich einen Überblick über die verschiedenen Antworten der Probanden geben.

Generell kann festgestellt werden, dass die Prozesse des Formulierens am um-fangreichsten von den Versuchspersonen verbalisiert werden.

Die Thematik und das Herangehen daran sind Kareem sehr wichtig. Er legt primär Wert auf die adäquate Wortwahl. Überdies fasst er die grammatikali-schen Regeln ins Auge. Dabei beschäftigt er sich mit der Satzverknüpfung.

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Originaltext

Awwal mÁ ufakkir fÐhi Ýinda kitÁbat naÒÒ bi-l-luÈa al-aÊnabiyya huwa l-mawÃÙÝ wa kayfiyyat al-badÞi fÐhi wa uhÁwil intqÁÞ al-kalimÁt al-munÁsiba wa urÁÝÐ al-qwÁÝid wa ataÊannab al-ÞaÌÔÁÞ an-naÎawiyya wa aÒÐÈ al-Êumal wa urÁÝÐ al-ÝalÁqÁt bayna l-Êumal.

Übersetzung

Beim Schreiben eines fremdsprachigen Textes mache ich mir vor allem über das The-ma und dessen Einleitung Gedanken. Während dessen versuche ich, die angemessenen Vokabeln herauszufinden, auf die grammatikalischen Regeln sowie auch auf den Satzbau zu achten, die Grammatikfehler zu beseitigen und zuletzt die Satzverknüpfung im Auge zu behalten.

Im Vergleich zu Kareem rückt Omar die Gliederung des Themas ins Zentrum.

Originaltext

Awwalan uqassim al-mawÃÙÝ ilÁ Ýiddat ÝanaÒir raÞÐsiyya aw niqÁÔ ÎattÁ lÁ atašattat fi l-mawÃÙÝ wa ahtamm ka×Ðran bi-l-qawÁÝid an-naÎawiyya wa iÌtiyÁr al-kalimÁt ÌafÐfat n-nuÔq.

Übersetzung

Zuallererst teile ich das Thema in verschiedenen Kategorien oder Punkte ein, damit ich das Thema nicht aus den Augen verliere. Dabei achte ich aufmerksam auf die grammatikalischen Regeln sowie auch auf die Auswahl leicht auszusprechender Wör-ter.

Hierbei ist auffallend, dass er vorzugsweise nur leicht ausgesprochene Wörter wählt, da wahrscheinlich die Aussprache – meines Erachtens – ein problemati-scher Lernbereich bei ihm scheint zu sein. Beim zweiten Fremdsprachenerwerb (Deutsch) ist die Aussprache häufig ein Problemfall, da das Ohr mit den Klang-bildern in der Muttersprache (Arabisch) vertraut gemacht wird. Des Weiteren werden die fremden Laute der zweiten Fremdsprache mit ähnlichen Lauten der ersten Fremdsprache (Englisch) unter Umständen in Übereinstimmung gebracht. In diesem Zusammenhang sind Nachsprechübungen von besonderer Bedeutung. Beim Erlernen der deutschen Sprache sind auch neue Sprechbewegungen erfor-derlich, beispielsweise die gerundeten Vorderzungenvokale (Ü- und Ö-Laute wie Mütter und Töchter). Diese phonetischen Erscheinungen des Deutschen sind problematisch, weil sie überhaupt weder im Arabischen noch im Englischen existieren, deswegen sind solche Ausspracheelemente gegebenenfalls neu zu lernen und zu automatisieren. Damit kann der Lerner eine hohe Aussprache-kompetenz erreichen.

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Es muss an dieser Stelle noch erwähnt werden, dass die Arbeit an der Ausspra-che im fremdsprachlichen Deutschunterricht in Ägypten nicht nur notwendig ist, sondern auch Spaß machen soll.

In Ähnlichkeit mit Omar konzentriert sich Faruq beim Texten auf die Thematik, die grammatikalischen Regeln sowie auch auf die Zeichensetzung und die Or-thographie. Dabei geht Faruq auf das Problem der Rechtschreibfehler ein. Aus seinen Äußerungen ist zu schließen, dass er Fehler begeht, die die Orthographie-regeln betreffen. Außerdem beschreibt er die Phasen, die vom Planungsprozess zum Formulierungsprozess führen.

Originaltext

Awwalan ufakkir ÝammÁ yadÙru l-mawÃÙÝ wa aÃaÝ niqÁÔ ×umma urattib wa aÒÐÈ al-Êumal maÝa murÁÝÁt l-qawÁÝid n-naÎawiyya wa ÝalÁmÁt t-tarqÐm a×nÁÞa l-kitÁba wa uÎÁwil alla uwÁÊih ÒuÝÙbÁt fi šakl kitÁbat al-kalima.

Übersetzung

Zuerst denke ich daran, worum es geht. Dann schreibe ich Stichpunkte, ordne und formuliere die Sätze. Indessen beachte ich die Grammatik und die Interpunktion und versuche, Rechtschreibschwierigkeiten zu überwinden.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Probanden bei ihren Texten Grammatik-, Lexik- und Rechtschreibfehler möglichst zu vermeiden versuchten.

Die Probandinnen in der Mädchengruppe haben etwas ausführlichere Überle-gungen thematisiert. Hierbei fällt ins Auge, dass fast alle den Fokus auf die Kompetenz, Gedanken zu ordnen gerichtet haben. Hier richten sie die Aufmerk-samkeit auf die gedankliche Planungsphase, in dem sie gedankliche Zusammen-hänge herzustellen versuchen. Auf diese Weise unterstützt die Strukturierung der vorhandenen Gedanken das Erstellen eines Textes. Die Aussagen der fünf Probandinnen beinhalten die folgenden Ideen:

• die gedankliche Ordnung, • die Auswahl der angemessenen Wörter, • Satzbildung, • die Überarbeitung des verfassten Textes und • die inhaltliche Gliederung des Textes in Einleitung, Hauptteil, Schluss.

Die folgende Äußerung von Nada umfasst diese Ideen und widerspiegelt die Meinungen der anderen Probandinnen wie folgt:

Die empirische Studie

162

Originaltext

TartÐbu l-afkÁr wa ÌtiyÁr l-mufradÁt s-sahla wa ÒiyÁÈat al-Êumla bi-ÔarÐqÁ ÒaÎÐÎa wa murÁÊaÝat mÁ tamma kitÁbatuhÙ wa uÎÁwil kitÁbat Ýadad munÁsib mina l-Êumal fÐ kull faqra ay ÃarÙrat an yakÙn hunÁka tanÁsuq fÐ Ýadad l-Êumal fÐ l-muqaddima wa n-naÒÒ r-raÞÐsÐ wa l-ÌÁtima.

Übersetzung

[Beim Schreiben kümmere ich mich um] die Gedankenordnung, die Auswahl der leichten Wörter, die richtige Satzformulierung und die Überarbeitung des Geschriebe-nen. Dabei versuche ich in jeden Abschnitt eine ausreichende Satzzahl zu schreiben, das bedeutet: die Satzzahl sowohl in der Einleitung als auch im Hauptteil und Schluss sollen gleichmäßig sein.

Zum Schluss dieser Kategorie lassen sich die vielfältigen individuellen Schwer-punkte einzelnen Lerners am besten in der folgenden Tabelle explizieren. Diese Tabelle macht deutlich, dass nur das Schreibprodukt im Mittelpunkt steht und nicht der Weg, der zu diesem führt.

Kareem Omar Mustafa Faruq Yasser Nada Walaa Sara Lama Iman

Thema X

X X

Einleitung X

Schluss X

Einteilung in Ab-schnitten

X X X X X

Stichworte

Wortschatz X X X X X X X X

Satzzeichen X

Grammatik X X X X

Rechtschreibung X

Gedankenordnung X X X X X X

Satzbau und Satz-verknüpfung

X X X X X

Überarbeitung X X X

Tab. 3: Individuelle Schwerpunkte einzelner Lerner beim Schreiben

(Eigene Darstellung)

Die empirische Studie

163

1.6.1.5 Kategorie 5: Subjektive Voraussetzungen fürs Schreiben

In dieser Kategorie dreht es sich um die zentral individuellen Voraussetzungen für den Erfolg beim Schreiben. Kareem legt den Schwerpunkt auf die Berück-sichtigung der grammatikalischen Regeln und Rechtschreibung. Daneben ten-diert er eher dazu, die Leserperspektive achtzugeben. Deswegen ist es seiner Auffassung nach erforderlich, den möglichen Leser mit in den Text einzubezie-hen.

Originaltext

ÝindamÁ uwaffaq fÐ bidÁyat al-mawÃÙÝ bi-šaklin kabÐr wa ÝindamÁ lÁ aqaÝu fÐ l-aÌÔÁÞ n-naÎawiyya aw aÌÔÁÞ fÐ kitÁbat l-kalimÁt ay aÌÔÁÞ imlÁÞiyyÁ wa an takÙn l-Êumal waÃiÎa bi-nisba li-l-qÁriÞ wa Èayr mubhama fa-ay šaÌÒ yaqraÞ n-naÒÒ yastaÔÐÝ an yafhamuh.

Übersetzung

[Ich wäre mit meinem Text zufrieden], wenn es mir gelänge, insgesamt gute Einlei-tungssätze zu schreiben, wenn ich keine Grammatik- und Rechtschreibfehler begehen würde und wenn die von mir geschriebenen Sätze dem Leser so klar und deutlich wä-ren, dass der Text jedem verständlich wird.

Ebenso misst Omar der Rechtschreibung eine große Bedeutung bei. Zusätzlich hält er die Kohärenzsignale und Satzkonnektoren im geschriebenen Text für enorm wichtig.

Originaltext

AkÙn rÁÃiyan Ýan kitÁbat naÒÒ bi-l-luÈa l-aÊnabiyya ÝindamÁ uwaffaq fÐ kitabat kalimÁt ÒaÎÐÎa imlÁÞiyyan wa tartÐb Êumal ÒaÎÐÎa ay ar-rabÔ bayna l-Êumal bi-adawÁt rabÔ ma-nÔiqiyya mulÁÞima.

Übersetzung

Mit einem von mir in der Fremdsprache geschriebenen Text würde ich zufrieden sein, wenn ich die Rechtschreibung beherrschen und die Sätze richtig ordnen, d. h. logische und anpassende Satzkonnektoren benutzen würde.

Mustafa äußert, er sei erst zufrieden mit dem von ihm geschriebenen Text, wenn er alle vorher festgelegten inhaltlich-thematischen Punkte thematisiert, die in einem klaren Zusammenhang erarbeitet werden sollen und daraus ein kohä-renter Text geschaffen wird.

Die empirische Studie

164

Originaltext

AkÙn rÁÃiyan Ýan l-mawÃÙÝ ÝindamÁ akÙn qad ÝÁlaÊt kull n-niqÁÔ aw l-ÝanÁÒir allatÐ ÎaddadtuhÁ musbaqan bi-Îay×u takÙn mutarÁbiÔÁ maÝa baÝÃiha l-baÝÃ.

Übersetzung

Mit meinem Text wäre ich zufrieden, wenn ich alle im vorhinein definierten Punkte in der Weise bearbeiten könnte, dass sie miteinander verknüpft sind.

Faruq äußert, er sei über seinen Text beglückt, wenn es ihm gelingt, aus Einzel-sätzen einen zusammenhängenden Text macht. Ferner legt er Wert auf die Grammatik und Rechtschreibung.

Originaltext

AkÙn rÁÃi Ýan kitÁbat l-mawÃÙÝ ÝindamÁ akÙn qad naÊaÎt fÐ tartÐb l-Êumal wa rÁÝayt al-qawÁÝid n-naÎawiyya wa taÊannabtu l-aÌÔÁÞ fÐ kitÁbat l-kalimÁt

Übersetzung

Ich würde mit dem Schreiben eines Themas [Textes] zufrieden sein, wenn dessen Satzordnung beachtet, dessen grammatikalische Regeln berücksichtigt und dabei die Rechtschreibfehler möglichst vermieden werden.

Von besonderer Bedeutung für Yasser ist die Gedankenordnung, sowie auch Rechtschreibung und Satzverknüpfung.

Originaltext

ÝindamÁ akÙn rattabt l-Êumal wa l-afkÁr Êayyidan wa baÝudt Ýan l-aÌÔÁÞ fÐ l-kalimÁt wa r-rabÔ bayna l-Êumal bi-adawÁt muÌtalifa munÁsiba li-s-siyÁq.

Übersetzung

[Ich wäre mit meinem Text zufrieden], wenn ich der Satzordnung und Gedankenfolge Beachtung schenken, Rechtschreibfehler vermeiden und schließlich vielfältige, kon-textgemäße Satzkonnektoren benutzen würde.

Nada, Walaa und Lama weisen eine Ähnlichkeit mit der Jungengruppe auf und unterstreichen auch die Rechtschreibung, die Rücksicht auf die grammatikali-schen Regeln und die Gedankenordnung. Beispielhaft für diese Meinung steht die Aussage von Nada.

Die empirische Studie

165

Originaltext

Ýindama akÙn naÊaÌt fÐ kitÁbat al-mufradÁt bi-šaklin ÒaÎÐÎ wa ÞuÔabbiq al-qawÁÝid an-naÎawyya Ýinda ÒiyÁÈat al-Êumal bi-ÔatÐqa ÒaÎÐÎa wa ÝindamÁ takÙ al-afkÁr murattaba wa takÙn al-aÌÔÁÞ qalÐla bi-qadr al-ÞimkÁn.

Übersetzung

[Ich wäre mit meinem Text zufrieden], wenn ich es schaffe, alle Wörter unter einer Rechtschreibperspektive fehlerfrei zu schreiben, bei der Formulierung einzelner Sätze die gelernten Grammatikregeln korrekt zu handhaben, die Gedanken in eine Ordnung zu bringen und die Fehler möglichst gering zu halten.

Auf der anderen Seite hat Iman einen Aspekt hinzugefügt, nämlich die Revision des bereits Geschriebenen durch den Lehrer. Von großer Bedeutung ist dieser Überarbeitungsprozess für die Förderung der Schreibfertigkeit. In dieser Hin-sicht finde ich sinnvoll, die Lernenden mit einem Kriterienkatalog bzw. einer Checkliste vertraut zu machen. Mithilfe dieses Katalogs können die Lerner in der Revisionsphase weiter tief in die Korrektur des Geschriebenen eindringen.

Im Gegensatz zu den anderen Probandinnen hat Sara die Frage nach den Bedin-gungen, unter denen sie mit ihrem geschriebenen Text zufrieden sei, besonders reflektiert thematisiert. Der ausdrucksvolle Stil, die klare eindeutige Wortwahl, die Beachtung der grammatikalischen Regeln, die sorgfältig geschriebene Ein-leitung, die den potentiellen Leser mit in den Text einbezieht, und schließlich ein zusammenfassendes Schlusswort sind bei ihr ausschlaggebend für den Er-folg des geschriebenen Textes.

Originaltext

IÆÁ kÁna l-ÞuslÙb Êayydan wa l-maÝÁnÐ wÁÃiÎa wa munÁsiba wa l-alfÁÛ muntaqÁh maÝa l-ÎirÒ ÝalÁ t-taÔÐq as-salÐm li-l-qawÁÝid an-naÎawyya. Wa yumkin Þan aÝrif anna l-uslÙb Êayyid ÝindamÁ takÙn al-muqaddima maktÙba bi-ÝinÁyÁ wa taÊÆib ntibÁh al-qÁriÞ li-stikmÁl al-qirÁÞa wa an tašmal al-ÌÁtima mulaÌÌaÒ lima tamma tanÁwuluhÙ fÐ l-mawÃÙÝ

Übersetzung

[Ich wäre mit meinem Text zufrieden], wenn der Stil ausdrucksvoll, der Sinn deutlich und verständlich wäre, Wörter vorsichtig ausgesucht und die Grammatikregeln korrekt zur Anwendung gebracht würden. Außerdem kann man einen anschaulichen Stil daran erkennen, dass einerseits die Einleitung sorgsam geschrieben ist und sie gleichzeitig den Leser auf das Weiterlesen aufmerksam macht und andererseits der Schluss einen zusammenfassenden Überblick darüber enthält, was im Hauptteil des Textes behandelt wird.

Die empirische Studie

166

1.6.1.6 Kategorie 6: Schreibprozess als chronologische Folge

Zur Frage nach dem ersten Schritt beim Schreiben eines fremdsprachlichen Tex-tes waren unterschiedliche Auffassungen in den Interviews festzustellen. Ein Teil der Interviewteilnehmer in der Jungengruppe vertritt auf der einen Seite die Ansicht, dass der erste und wichtigste Schritt im Schreibprozess die Vorstellung von relevanten Aspekten bzw. Inhaltspunkten. Dabei heben die Teilnehmer die Schwerpunktsetzung hervor. Hier soll die zentrale Fragestellung des Themas formuliert werden. Kareem, Omar und Mustafa vertreten diese Auffassung. Dies wird deutlich an den folgenden Ankerbeispielen:

Originaltext – Kareem

Awwal ma ufakkir fÐhi huwa maÃmÙn an-naÒÒ ×umma aqÙm bi-kitÁbat ÝanÁÒir aw afkÁr ×umma Ýfakkir fÐ kayfiyyat al-bidÁya fÐ al-mauÃÙÝ wa t-tamhÐd lahu.

Übersetzung

Hauptsächlich denke ich an den Inhalt des Textes. Anschließend schreibe ich die Textgliederung bzw. -ideen. Danach mache ich mir Gedanken darüber, wie ich an das Thema herangehen und es einleiten soll.

Originaltext – Omar

UfaÃÃil an aktub niqÁÔ wa attabiÝhÁ ÎattÁ aktub naÒÒ nÁÊiÎ.

Übersetzung

Ich ziehe es vor, Inhaltspunkte zu schreiben und diesen zu folgen, um einen guten Text produzieren zu können.

Originaltext – Mustafa

Ufakkir fÐ al-afkÁr ar-raÞÐsiyya li-l-mauÃÙÝ wa uÝÁliÊ kullan minhÁ bi-istifÁÃÁ ÎattÁ yaf-hamha al-qÁriÞ.

Übersetzung

Ich mache mir zuerst Gedanken über die Hauptpunkte des Themas und gehe daraufhin auf jeden einzelnen ausführlich ein, damit sie dem Leser verständlich sind.

Mustafas Äußerung macht deutlich, dass er den Leser als einen wichtigen Faktor im Schreibprozess betrachtet. Das bedeutet, dass er „leserorientiert“ auf die Weise schreibt, dass er sich einen potentiellen Leser möglichst konkret ausdenkt und sich in einem Dialog mit ihm während des Schreibens vorstellt. Mustafa formuliert zu jedem Punkt der Gliederung klare Kernsätze. Dabei nimmt er Rücksicht darauf, dem „roten Faden“ entsprechend zu denken und zu schreiben.

Die empirische Studie

167

Auf der anderen Seite ist für Faruq weiterhin von Belang, auf eine attraktive und gleichzeitig angemessene Einleitung des Themas zu fokussieren. In der Ein-leitung soll er die Problemstellung und die Relevanz des Themas darlegen. Meistens bietet die Einleitung einen Überblick über den Aufbau des folgenden Textes.

Originaltext

UfaÃÃilu fÐ l-bidÁyÁ kitabat muqaddima aw tamhÐd Ýan l-mawÃÙÝ li-kay aqÙm bi-tawÃÐÎ al-afkÁr al-mutarattiba fÐ ÆihnÐ wa aqÙm bi-šarÎihÁ wa aktub Êumal muÌtasara.

Übersetzung

Zu allererst schreibe ich eine Einleitung zu dem Thema, wobei ich die im Kopf geord-neten Gedanken erkläre. An dieser Stelle formuliere ich Kurzsätze.

Bei Yasser kommt es darauf an, dass er zu jedem Punkt der Gliederung einen Satz formuliert. Dann notiert er stichwortartig alles, was zu dem Punkt gehört. Alle Stichworte sollen zu einem kleinen Text ausformuliert werden. Durch Überleitungssätze werden die einzelnen Teile des Textes verknüpft. Gliederung muss hier aber nicht streng befolgt werden. Auf diese Weise geht er in die Tiefe des Themas, nicht in die Breite. Der Schlussteil ist besonders für Yasser von be-sonderer Bedeutung. Er bemüht sich darüber hinaus, einen logischen Schluss zu schreiben.

Originaltext

Awwal mÁ ufakkir fÐhi huwa an aktub Êumal muÌtaÒara fÐ l-bidÁya wa aqÙm bi-šarÎihÁ wa tafÒÐlihÁ wa tartÐbihÁ wa ntiqÁÞ ÌÁtima ÊayyidÁ.

Übersetzung

Anfangs befasse ich mich damit, kurze und bündige Sätze zu formulieren. Darauf fol-gend lege ich sie ausführlicher dar. Als Nächstes bringe ich sie in eine Reihenfolge und achte darauf, einen logischen Schluss zu erstellen.

Diese Kategorie beschäftigt sich weiterhin mit der Frage nach den Strategien, die die Probanden verfolgen, wenn sie auf linguistische Probleme stoßen. Bei dieser Annahme geht die vorliegende Untersuchung davon aus, dass die Proban-den das Sprachsystem des Deutschen nur unvollkommen beherrschen, weil sie fremdsprachliche Lernanfänger sind. Die grammatisch-syntaktische Defizite werden von den Probanden durch Vermeidungsstrategien als Lösungswege ver-deckt. Das bedeutet: Bei Wortschatzlücken gebrauchen sie vorwiegend Um-schreibungen. Der Einsatz der Strategie des Umschreibens zeigt die Bewusstheit für Bedeutungsvielfalt und eine sichere Sensibilität für Bedeutungsnuancen

Die empirische Studie

168

fremdsprachlicher Lexeme. Die lexikalischen Schwierigkeiten bei schriftlicher Sprachproduktion schlagen sich in einigen Zeichen nieder, wie beispielsweise:

• Der Lerner kann nicht oder nur langsam Absätze in der korrekten zeitli-chen Abfolge schreiben,

• Der Lerner ist nicht im Stande, Informationen schriftlich kurz und bündig weiterzugeben.

In der vorliegenden Studie haben die Probanden auf verschiedene Strategien zu-rückgegriffen. Kareem und Omar suchen sofort nach Äquivalenten aus dem zur Verfügung stehenden Wortschatz.

Originaltext- Kareem

ÝindamÁ yastawqifnÐ muÒÔalaÎ aw kalima fa-anÁ ufakkir fÐ aqrab badÐl lahu.

Übersetzung

Wenn ich [während des Satzaufbaus] keinen zutreffenden Begriff bzw. kein entspre-chendes Wort finden kann, denke ich über eine entsprechende Alternative nach.

Die Meinung von Mustafa unterscheidet sich aber von diesen beiden, indem er eine weitere Strategie verwendet, nämlich sich den Fachleuten (wie z. B. Leh-rern, Inspektoren) zu zuwenden. Wenn es ihm trotzdem nicht gelingt, den ge-suchten Begriff zu finden, beruft er sich auf Äquivalente, damit die inhaltliche Textgenerierung bei ihm dadurch nicht gestört wird.

Originaltext

ÝindamÁ yastawqifnÐ maÝnÁ aw kalima lÁ aÝrifuhÁ ufakkir fÐ suÞÁl al-muÌtaÒÒÐn wa in lam aÊid abÎa× Ýan badÐl ÞÁÌar mušÁbih li-nafs l-maÝnÁ ÎattÁ lÁ yatašattat mawÒÙÝÐ.

Übersetzung

Wenn mir eine Idee oder ein Wort fehlt, frage ich einen Sprachkundigen. Wenn das nicht möglich ist, suche ich nach anderen Möglichkeiten, die meinen Grundgedanken entsprechen, damit mein Thema nachvollziehbar bleibt.

Eine andere Strategie, die Yasser benutzt, räumt dem Wörterbuch als Nach-schlagewerk einen großen Wert ein. Als Ausgangspunkt nimmt er die Erkennt-nis, dass Wörterbuchbenutzung eine der wichtigsten Lernstrategien in der Fremdsprache ist. Hier ist das Wörterbuch nicht nur für die Rezeption, sondern auch für die Produktion und das Lernen von Sprache zu verwenden. Es ist zu erwarten, dass er ein zweisprachiges Wörterbuch (deutsch-arabisch) benutzt. Auch wenn es ihm nicht gelingt, die richtige Wahl zu treffen, sucht er nach Äquivalenten. Anders gesagt: Die Strategie von Yasser setzt sich aus zwei Etap-

Die empirische Studie

169

pen zusammen: Nachschlagewerke und Äquivalente einzusetzen, damit er die Textqualität nicht beeinträchtigt, d. h. Inhalt, Organisation, Wortschatzauswahl, Sprache und Interpunktion, Rechtschreibung im geschriebenen Text mehr Be-achtung finden.

Originaltext

ÝindamÁ taÈÐb ÝannÐ kalima aw maÝnÁ abÎa× ÝanhÁ fÐ l-qÁmÙs wa in lam aÊidhÁ abÎa× Ýan badÐl lahÁ.

Übersetzung

Wenn mir ein Wort oder noch eine Phrase entfällt, schlage ich es im Wörterbuch nach. Für den Fall, dass ich es nicht erkennen oder identifizieren kann, recherchiere ich nach einer anderen Entsprechung.

Anschließend gehe ich auf die Gruppe der Probandinnen ein. Beobachtet man genau ihre Ausführungen dieser Kategorie bezüglich, fällt auf, dass Nada bei sprachlichen Problemen während der Erstellungsphase eines Textes sich an ih-ren Vater wendet. Der Vater hat die deutsche Sprache studiert, deswegen be-herrscht er die Sprache. Anscheinend stellt der Vater in ihrem Fall einen positi-ven Einstellungsfaktor der Zielsprache gegenüber dar und ist in derselben Zeit ein Motivationsfaktor. Hier kann man also die Hypothese aufstellen: Positive Einstellungen zur Zielsprache sind mit besseren Lernleistungen zu korrelieren, d. h. sie sind einen Grund für gute Leistungen. Nada möchte aus den Erfahrun-gen ihres Vaters im Sprachbereich Nutzen ziehen, die ihr die Gelegenheit zur besseren Sprachbeherrschung sowohl auf mündlicher als auch auf schriftlicher Ebene bieten. Wenn diese Erfahrungen ungenügend sind, um ihr sprachliches Problem zu bewältigen, greift sie zu den Wörterbüchern.

Originaltext

AsÞalu abÐ li-annahu darasa l-luÈa l-almÁniyya wa taÎadda× bihÁ ka×Ðran fÐ l-ÌÁriÊ Îay×u annahÙ ka×Ðr s-safar ilÁ al-manyÁ wa in lam anÊaÎ fÐ ÐÊÁd mÁ abÎa× Ýanhu min lafÛ aw taÝbÐr fa-anÁ alÊaÞ ilÁ l-qawÁmÐs al-mutaÌaÒÒiÒa.

Übersetzung

Zuerst frage ich meinen Vater, da er die deutsche Sprache studiert hat. Überdies hat er während seiner häufigen Reisen nach Deutschland die Sprache im Ausland oft gespro-chen. Wenn ich daran scheitere, den zutreffenden Ausdruck zu finden, schlage ich in Fachwörterbüchern nach.

Auf der anderen Seite nimmt Iman zur Kenntnis, dass der Lehrer die wichtigste Kontrollinstanz ist. Aus ihrer Sicht ist der Lehrer immer noch der Hauptlieferant

Die empirische Studie

170

von Wissen und Informationen. Wenn sie trotzdem keinen Erfolg hat, das Ge-suchte zu finden, formuliert sie ihren Satz um oder verändert sogar die Idee.

OrOrOrOriginaltextiginaltextiginaltextiginaltext

AstaÝÐn bi-l-muÝallim aw uÎÁwil taÈyÐr al-Êumla tamÁman wa l-istiÝÁnÁ bi-alfÁÛ maÝrÙ-fÁ bi-n-nisbati lÐ aw taÈyÐr l-fikra.

Übersetzung

Dabei ist mir mein Lehrer behilflich. Ansonsten versuche ich, den Satz komplett zu modifizieren auf die Weise, dass ich nur mir bekannte und vertraute Ausdrücke benut-ze. Andernfalls ändere ich den Gedanken.

Walaa und Lama sind aber darüber einig, das Wörterbuch als Lösungsweg zur Bewältigung des sprachlichen Problems im Formulierungsprozess zu betrachten.

Originaltext-Lama

AlÊaÞ ilÁ qÁmÙs ÌÁÒÒ bi-l-luÈa aw aÌtÁr lafÛ ÁÌar muqÁrib limÁ abÎa× Ýanhu.

Übersetzung

Ich verlasse mich auf das Sprachwörterbuch oder suche nach einem anderen, dem ge-suchten entsprechenden Ausdruck.

Zusammenfassend kam in der vorliegenden Kategorie zum Ausdruck, dass grammatisch-syntaktische Defizite den Lernenden Schwierigkeiten bereiten. Zu deren Beseitigung greifen die Lernenden auf bestimmte Strategien, die sich von einem zum anderen unterscheiden.

1.6.1.7 Kategorie 7: Spezifika des Schreibens in den gelernten Fremdspra-chen

Diese Kategorie stellt die folgende Frage in den Mittelpunkt: Glaubst du, dass du in Deutsch anders schreiben kannst als in den Fremdsprachen, die du vorher gelernt hast? Warum? Worin zeigt sich das?

Auf diese Frage antwortet Kareem wie folgt:

Originaltext-Kareem

LÁ lÁkkinnÐ ufaÃÃil al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-inÊilÐziyya.

Die empirische Studie

171

Übersetzung

Nein, ich schreibe lieber in Englisch.

Er begründet seine Meinung auf einer logischen Weise, indem er fortfährt:

Originaltext

Li-annÐ taÝallamtuhÁ munÆu ×amÁniyat aÝwÁm wa utqinuhÁ wa ÝalÁmÁt ÆÁlik annÐ ulÁ-hiÛ taÔawwur kabÐr fÐ kitÁbatÐ li-l-mawÃÙÝÁt wa yaÌruÊ an-naÒÒ bi-ÒÙra Êayyida.

Übersetzung

Gerade weil ich Englisch seit acht Jahren lerne. Überdies beherrsche ich diese Spra-che. Beweis dafür ist, dass ich großen Fortschritt bei der Textproduktion gemacht ha-be. Demnach kann ich einen korrekten Text schreiben.

Hier thematisiert Kareem den Aspekt der frühen Einführung einer zweiten Wahlpflichtfremdsprache und macht darauf aufmerksam, dass im Vergleich zur ersten Fremdsprache (Englisch) die zweite Fremdsprache (Deutsch) durch die offiziell festgelegte Einführungszeit eine sehr geringe Bedeutung hat. Insgesamt wird Englisch dreizehn Jahre lang (6. bis 18. Lebenjahr) unterrichtet. Fürs Deut-sche sind lediglich zwei Jahre (16. bis 17. Lebensjahr) vorgesehen. Dieser große Unterschied in der Einführungszeit der ersten und zweiten Fremdsprachen mag als Hinweis für den tiefen Effekt der länger eingeführten Fremdsprache gelten. Demnach ist in Kareems Fall die Schreibfertigkeit in der ersten Fremdsprache viel stärker als in der zweiten Fremdsprache. Deshalb wäre eine gleichwertige Verteilung der Unterrichtsdauer für die erste und zweite Fremdsprache unbe-dingt erforderlich.

Faruq und Yasser vertreten dieselbe Auffassung wie Kareem, indem sie fol-gendermaßen feststellen:

Originaltext-Faruk

InnÐ ufaÃÃik al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-inÊilÐziyya li-annÐ taÝallamtuhÁ munÆu ×amÁniyat aÝ-wÁm fa-anÁ utqinuhÁ ak×ar wa ÝalÁmÁt ÆÁlik annÐ lÁ aÊid aÌÔÁÞ ka×Ðra Ýinda l-kitÁba bi-l-luÈa al-inÊilÐziyya bal aÊid aÌÔÁÞ ak×ar fÐ n-nuÒÙÒ al-maktÙbÁ bi-l-luÈa l-almÁniyya.

Übersetzung

Ich schreibe lieber in Englisch, da ich Englisch seit acht Jahren lerne und besser be-herrsche. Darauf deuten die wenigen Fehler hin, die ich beim Schreiben im Englischen begehe. Dahingegen vermehren sich die Fehler beim Schreiben in Deutsch.

Die empirische Studie

172

Originaltext-Yasser

Aktub afÃal bi-l-inÊilÐziyya bi-sabab ÔÙl fatrat taÝallumÐ lahÁ fa-anÁ aÊid fÐ al-luÈa al-almÁniyya ÒuÝÙbÁ fÐ ÐÊÁd al-kalimÁt wa yaÛhar ÆÁlik fÐ ÔÙl al.waqt allaÆÐ fÐ kitÁbat naÒÒ bi-l-almÁniyya.

Übersetzung

Ich ziehe es vor, in Englisch zu schreiben, ausgehend davon, dass ich die Sprache län-ger gelernt habe. Dahingegen begegnet mir im Deutschen die Schwierigkeit, ein pas-sendes Vokabular zu finden. Dies schlägt sich in der längeren Zeit nieder, die ich zum Schreiben eines Textes brauche.

Diese von den drei Versuchspersonen aufgestellte Hypothese gilt nicht für Omar. Seine Äußerung lässt darauf schließen, dass er das Deutsche bewusster als das Englische gelernt hat. In diesem Zusammenhang wird Sprachbewusstheit in Anlehnung an Morkötter (2005) als sprachenbezogene Konzeptionen, Einstel-lungen und Emotionen, als ein Mittel, aber auch als ein Ziel des Sprachenlernens verstanden (vgl. Morkötter 2005: 37).

Auf die vorher gestellte Frage nach den Besonderheiten der Schreibfertigkeit in der zweiten Fremdsprache antwortet er:

Originaltext

NaÝam fa-anÁ ufaÃÃil al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-almÁniyya li-annÐ taÝallamtuhÁ bi-waÝy wa tarkÐz ak×ar min al-luÈa al-inÊilÐziyya fa-mahÁrÁt al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-almÁniyya afÃal wa aÎsan min al-kitÁbÁ bi-l-inÊilÐziyya.

Übersetzung

Ja, ich schreibe lieber in Deutsch, weil ich die Sprache bewusster und intensiver als das Englische gelernt habe. Aus diesem Grund finde ich die deutsche Sprache leichter und kann demnach gut schreiben.

Anders beurteilt Mustafa seine Schreibfertigkeit in den gelernten Fremdspra-chen. Er neigt eher dazu, seine Fähigkeiten, sowohl in Englisch als auch in Deutsch zu schreiben, auf dieselbe Ebene zu setzen, wie die folgende Äußerung zeigt:

Originaltext

AÎyÁnan arÁ annÐ utqin al-kitÁbÁ bi-l-luÈatayn al-inÊilÐziyya wa l-almÁniyya bi-nafs d-daraÊa wa hÁÆÁ yaÛhar fÐ d-daraÊÁt alltÐ aÎÒul ÝalayhÁ fÐ l-imtiÎÁnÁt wa l-iÌtibÁrÁt fi l-madrasa.

Die empirische Studie

173

Übersetzung

Manchmal finde ich, dass ich die beiden Sprachen Englisch und Deutsch in gleichem Maße beherrsche. Dies zeigt sich in den Noten, die ich in Klausuren und Prüfungen an der Schule bekomme.

Aus den Stellungnahmen der Probandinnen zu derselben Frage geht hervor, dass es sich – ihrer Wahrnehmung zufolge – im Englischen um bessere Sprachaneig-nung als im Deutschen handelt. Ihre Äußerungen deuten darauf hin, dass der frühe Beginn der ersten Fremdsprache zur Sprachbeherrschung führen kann. Sie kommen zu dem Schluss, je früher die Fremdsprache eingeführt wird, desto größer ist das Vokabular, worüber ein Sprachenlerner verfügt. Auf Basis dieser Hypothese bereitet die schriftliche Schreibproduktion in Englisch den Proban-dinnen weniger Schwierigkeiten als in Deutsch, wie die folgenden Beispiele zeigen:

Originaltext-Walaa

LÁ uÊÐd al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-almÁniyya muqÁranatan bi-l-inÊilÐziyya fa-anÁ ataÝallam al-almÁniyya munÆu Ò-Òaffi l-awwal a×-×anawÐ li-ÆÁlik fa-laysa ladyya ÎaÒÐliÁ kÁfiya mina l-kalimÁt llatÐ tusÁÝidnÐ ÝalÁ kitÁbat mawÃÙÝÁt. Fa-anÁ lÁ astaÔÐÝ tarÊamat kull al-kalimÁt alltÐ uÊÐd kitÁbatahÁ fÐ mawÃÙÝin mÁ.

Übersetzung

Im Vergleich zum Englischen kann ich in Deutsch nicht gut schreiben. Ich lerne Deutsch erst seit dem ersten Jahr der Oberschule. Deswegen habe ich ein ungenügen-des Vokabular, um einen Text schreiben zu können. Überdies kann ich nicht alle ara-bischen Lexeme in meinem deutschen Text wiedergeben.

Originaltext-Sara

TuÝadd al-kitÁbÁ bi-l-luÈa al-almÁniyya ÒaÝba bi-nisbati lÐ wa Æalika yarÊiÝ ilÁ qillat a×-×arwÁ al-luÈawyya al-lÁzimÁ li-t-taÝbÐr bi-šakl Êayyid Ýan al-afkÁr al-murÁd kitÁbatihÁ. Wa hÁÆihi Ò-ÒuÝÙba lÁ uwÁÊihuhÁ Ýinda al-kitÁbÁ bi-l-inÊiliziyya li-ÔÙl muddat dirÁsatÐ lahÁ.

Übersetzung

Es fällt mir schwer, in Deutsch zu schreiben. Dies geht auf den nicht ausreichenden Wortschatz zurück, den man braucht, um die zu schreibenden Gedanken auszudrü-cken. Auf dieses Problem treffe ich beim Schreiben in Englisch nicht, weil ich die Sprache länger gelernt habe.

Die empirische Studie

174

1.6.1.8 Kategorie 8: Persönliche Vorschläge zur Verbesserung des Schreib-könnens und Optimierung des Fremdsprachenerwerbs

Diese letzte Kategorie befasst sich mit der Konzipierung etlicher Aspekte einer-seits auf der Mikroebene der Förderung des adressaten-, themen- und prozess-orientierten Schreibens, andererseits auf der Makroebene zur Optimierung des Fremdsprachenerwerbs.

In dieser Kategorie kam die Bedeutung der frühen Einführung des Fremdspra-chenlernens zum Ausdruck. Sie wird als wichtiger Faktor zur besseren Aneig-nung der Fremdsprache angesehen. Außerdem fordern die Probanden eine deut-liche Verringerung der Schülerzahl vor allem in den Fremdsprachen. Dies führt zum vermehrten Sprechanteil des einzelnen Schülers. Der nächste Interviewaus-zug von Kareem soll diese Forderungen darstellen:

Originaltext

AqtariÎ ziyÁdat al-fatrÁ allatÐ yataÝallm fÐhÁ aÔ-ÔullÁb al-luÈa al-almÁniyya kamÁ yaÊib ayÃan taqlÐl Ýadad aÔ-ÔullÁb fÐ l-faÒl ÎattÁ yatamakkan al-muÝallim aw al-muÝallima mi-na s-sayÔarÁ ÝalÁ ÊamÐÝ Ô-ÔullÁb wa muÎÁwalat taÎsÐn itqÁn kulli ÔÁlib li-l-luÈa al-almÁniyya.

Übersetzung

Ich schlage einerseits eine frühere Einführung des DaF-Unterrichts vor. Anderseits muss überdies die Schülerzahl in einer Klasse reduziert werden, damit der/die Klas-senlehrer/in alle Schüler kontrollieren kann. Somit können alle Schüler ihre Sprachbe-herrschung des Deutschen verbessern.

In seiner Äußerung hat Kareem auf die wichtige Rolle der Lehrperson im Lehr- und Lernprozess hingedeutet. Dennoch wäre – meiner Ansicht nach – auch eine Verbesserung der Lehrerqualifikationen wünschenswert. Die Qualität der Fremdsprachenlehrerausbildung kann durch die Intensivierung der Fortbil-dungsmaßnahmen an den Schulen verbessert werden. Diese Maßnahmen sollten regelmäßig organisiert und von den jeweiligen Bildungsstellen finanziert wer-den. Ebenso sollten Lehreraustausche und Aufenthalte in den Zielsprachenlän-dern regelmäßig organisiert und von den Bildungsstellen finanziell unterstützt werden.

Bezüglich eines verbesserten Schreibkönnens schlägt Omar die Vorbereitung auf den Prozess der Textproduktion durch angemessene Übungen vor (vgl. Ka-pitel 4, Abschnitt 1.4). Innerhalb des Übungsprozesses sollen alle Komponenten des Schreibens trainiert werden, z. B. sprachliche Mittel, Textgestaltungsprinzi-pien, Orthographie, Schreibgeläufigkeit. Es scheint meines Erachtens sinnvoll,

Die empirische Studie

175

spielerische Elemente als motivationalen Aspekt bei der Entwicklung des Schreibens einzusetzen.

Originaltext

AqtariÎ ka×rat at-tadrÐbÁt allatÐ tuÝÐn ÝalÁ kitÁbat an-nuÒÙÒ bi-l-almÁniyya.

Übersetzung

Ich schlage vor, viele Übungen durchzuführen, die auf den Schreibprozess in Deutsch vorbereiten.

Diesen Gesichtspunkt des Spielens hebt Iman hervor, indem sie die Möglichkeit von Rollenspielen zur Anwendung sprachlicher Mittel in den Mittelpunkt rückt. Sie meint, Lerner haben viel Spaß daran im Unterricht. Spiele eignen sich be-sonders für Vergnügen, Entspannung und Unterhaltung. Sie sind einfach ein gu-ter Zeitvertrieb und dienen der Auflockerung des Unterrichts. Überdies hat der Einsatz des entsprechenden Spiels positive Auswirkung auf die Informations-verarbeitung und führt zur erhöhten Lerneraktivität.

Originaltext

Al-ihtimÁm bi-l-mazÐd mina l-maÊÁlÁt al-luÈawiyya mi×la laÝib al-ÞadwÁr wa taÎsÐn taÝlÐm nuÔq al-luÈa Ýan ÔarÐq al-istimÁÝ ilÁ ašriÔÁ aw mušÁhadat aflÁm aw qiÒaÒ qaÒÐrÁ – istiÌdÁm al-ÊÁnib at-tarfÐhÐ li-ziyÁdat itqÁn al-luÈa wa ÎubbihÁ.

Übersetzung

Sprachbereiche, wie z. B. Rollenspiele, sollen mehr Beachtung finden. Durch Hörtex-te, Filme oder Kurzgeschichten kann außerdem die Aussprache des Deutschen verbes-sert werden. Das bedeutet, den Aspekt des Vergnügens als Motiv zum Sprachenlernen und somit zur Sprachbeherrschung zu nutzen.

Auf der anderen Seite betont Nada, dass die Lernbedürfnisse und -wünsche bei der Auswahl von Schreibthemen Berücksichtigung finden sollen.

Originaltext

ArÁ l-ihtimÁm bi-miyÙl wa raÈabÁt aÔ-ÔullÁb fÐ taÎdÐd al-mawÃÙÝÁt allatÐ yatimm al-kitÁba ÝanhÁ fa-yaÊib ÝalÁ wÁÃiÝÐ al-manÁhiÊ aÌÆ ÁrÁÞ aÔ-ÔullÁb fÐmÁ yaÌuÒÒ ÆÁlik.

Übersetzung

Ich bin der Meinung, dass Entwickler von Curricula an die Bedürfnisse der Lernenden hinsichtlich der Schreibthemen denken sollen.

Die empirische Studie

176

Aus der Analyse der Aussagen der Versuchspersonen lässt sich zusammenfas-send Folgendes ableiten:

• Schreiben sollte von Anfang an im Fremdsprachenunterricht regelmäßig geübt und Schreiberfahrungen gesammelt werden. Dabei soll die Fähig-keit entwickelt werden, eigene Texte kritisch zu beurteilen. Dies impli-ziert den Übergang vom Referieren zum Kritisieren.

• Als Prozess sollte Schreiben gelehrt werden und dem Lerner bewusst ge-macht werden. Überdies sind hier Teilprozesse zu üben, z. B. umschrei-ben, zusammenfassen und strukturieren. Die Hilfe des Lehrers kommt erst dann, wenn um die Divergenz zwischen Mitteilungsbedürfnis und Aus-drucksvermögen zu überbrücken.

• Schreiben sollte motivierend wirken, indem möglichst reale, authentische Schreibanlässe benutzt werden.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

177

VI. Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

Die vorliegende Studie ist als Fallstudie gedacht, deren Daten anhand von Fall-beispielen ermittelt wurden. Aufgrund dieser kleinen Stichprobe von 10 Proban-den/Innen kann die Studie keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erheben. Der Sinn dieser Studie besteht in der Auseinandersetzung mit den individuellen Vorstellungen von Schreibproduktion in der Fremdsprache und ihren Besonder-heiten aus der Sicht von Schülern um folglich einen Ansatz zur Förderung der Schreibkompetenz von DaF-Lernern an ägyptischen Oberschulen zu entwickeln, in dem verschiedene Typen und Arten von Prozessen und Strategien, die beim Schreiben von Bedeutung sind, durch DaF-Lehrwerke explizit vermittelt wer-den. Dabei wurde dargestellt, welche Aspekte die Schüler in ihren subjektiven Theorien für relevant erachten, welche Bezüge und Verknüpfungen sie herstel-len. Auf diese Weise wurden zentrale Aspekte der Schreibproduktion aus ver-schiedenen Perspektiven beleuchtet, was meines Erachtens neue Aussichten auf die zukünftige Förderung der Schreibfertigkeit im ägyptischen DaF-Lehrwerk im Besonderen bietet und dadurch die Effizienz und die Qualität des DaF-Unterrichts im Allgemeinen verbessert.

1. Fazit: Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

Auf Basis der zuvor ausführlich dargestellten empirischen Untersuchung zur schriftlichen Textproduktion und ihrer Realität im schulischen Fremdsprachen-unterricht gelange ich zu einer Bestätigung des Befundes: Fremdsprachliches schulisches Schreiben ist ineffizient und bedarf grundlegender Veränderungen. Im unterrichtlichen Kontext nehmen die Lehrkräfte das Schreibprodukt in den Blick, aber nicht den Prozess des Schreibens. Der Lerner wird dabei kaum als schreibendes und kommunizierendes Subjekt betrachtet. Dies alles fordert die Veränderung des eingesetzten Lehrwerkes durch ein anderes, das dem Schreiben einen höheren Stellenwert einräumt.

Abschließend sollen die wichtigsten Erkenntnisse, die aus der empirischen Un-tersuchung hervorgegangen sind, gesondert dargestellt werden. Diese Erkennt-nisse können als konkrete Vorschläge zur Überarbeitung des vorher besproche-nen ägyptischen DaF-Lehrwerks verstanden werden. Dabei liegt der Schwer-punkt auf der Entwicklung der Teilkompetenz ‘Schreiben’.

1.1 Förderung der integrativen Motivation durch Schreibaufgaben

Es hat sich bei der Darstellung der Motivationsprofile der beiden Gruppen von Probanden gezeigt, dass alle Teilnehmer instrumentell orientiert sind. Das heißt: Der Nützlichkeitsaspekt spielt eine zentrale Rolle bei der Motivation, Deutsch als zweite Fremdsprache zu lernen, verbunden mit dem Wunsch, eigene berufli-

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

178

che Chancen zu verbessern. Dies hängt damit zusammen, dass in unserer globa-lisierten Welt die Bedeutung von Fremdsprachen in der beruflichen Kommuni-kation ständig wächst. Die instrumentelle Orientierung zum Erlernen einer Fremdsprache ist aber ungenügend, um eine effektive Motivation auszubilden. Daneben soll auch die Ausbildung einer integrativen Orientierung hinsichtlich der fremdsprachlichen Motivation nicht übersehen werden. Die Ausbildung von Integrativität kann die Entwicklung der kommunikativen Fertigkeit positiv be-einflussen. An dieser Stelle kommt die Rolle des Schreibens zum Tragen. Mit Hilfe von schriftlichen Lernaktivitäten, die bei den Lernenden mit Freude und Interesse verbunden sind, kann die Integrativität erhöht werden. Solche Schreib-aufgaben sollen zur Bildung von positiven Einstellungen zum Fremdsprachen-lernen führen. Dementsprechend wird die Schreibaufgabe als interessante, ange-nehme und herausfordernde Aufgabe wahrgenommen. Diese integrativ-orientierten Schreibaufgaben spiegeln das individuelle Interesse an der Zielspra-chenkultur und an dem Fremden wider. Als Beispiele für solche Aufgaben sind u. a. Briefaustausch mit Muttersprachlern, Grußpostkarten und Klassenkorres-pondenz zu nennen.

1.2 Authentische Lehrwerktexte

Alle Probanden gaben an, dass sie sich bei der Textproduktion mit zwei Aufga-ben konfrontiert sehen, einerseits mit der Bewältigung des Inhalts und anderer-seits mit der formal-sprachlichen Korrektheit. Sie weisen darauf hin, dass sie während des Schreibens versuchen, beide Ebenen im Auge zu behalten, um die Schreibaufgabe erfolgreich lösen zu können. Sie erklären, die Konzentration auf beide Ebenen ist eine Überforderung für sie und hemmt den Schreibfluss. Aus diesem Grund konzentrieren sie sich während des Verfassens eines Textes nur auf den Inhalt. Dann tritt der formal-sprachliche Aspekt in den Überarbeitungs-phasen in den Vordergrund. Dieses Problem lässt sich in besonderer Weise mei-nes Erachtens durch den häufigen Umgang mit authentischen Texten beheben.

In diesem Sinne beschäftigt sich Authentizität mit der verwendeten Sprache, d. h. mit der Frage, ob die im Lehrwerk verwendete Sprache künstlich oder eher natürlich klingt. Außerdem umfasst Authentizität auch die Frage, ob die darge-stellten Themen den Lernenden einen authentischen Einblick in die Zielkultur vermitteln. Die Forderung nach authentischen Texten in DaF-Lehrwerken ist als Erweiterung der kommunikativen Kompetenz anzusehen.

Ich vertrete die Auffassung, dass die Rezeption von authentischen Texten sich positiv auf die Produktion authentischer Texte auswirken kann. Das bedeutet: Die Qualität der Textauswahl, -bearbeitung und -anordnung macht die Produkti-on von authentischen Texten leichter. Allerdings kann man von Fremdsprachen-lernenden nicht verlangen, dass sie im Fremdsprachenunterricht authentische

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

179

Texte produzieren, so wie sie von Muttersprachlern produziert würden. Es geht eher darum, Texte zu verfassen und zu verarbeiten, sie in eine Form zu bringen, die gerichteten Sprachgebrauch ermöglicht. Hier muss Authentizität immer in Verbindung zum Lerner gebracht werden, indem seine Bedürfnisse und Lern-möglichkeiten berücksichtigt werden. Durch authentische Lehrwerktexte werden die Fremdsprachenlernenden darauf vorbereitet, selbst in einer aktuellen und zu-künftigen Wirklichkeit sprachlich zu handeln. Daraus resultiert, dass auch die Lehr- und Lernsituationen authentisch sein sollen, indem eine Form unterrichtli-cher Arbeit und unterrichtlichen Austauschs geschaffen wird. Diese Unterrichts-form weist der schriftlichen Kommunikation eine relevante Rolle zu. Weiterhin wird der didaktischen Steuerung von Planungs-, Formulierungs- und Überarbei-tungsaktivitäten große Bedeutung zugemessen. In diesem Rahmen wird Reflexi-on in den Vordergrund gestellt. Sie aktiviert die Metakognition über den eigenen Schreibprozess. Darüber hinaus bietet sie den Lernenden die Möglichkeit, ihren individuellen Lernfortschritt und gleichermaßen ihre Defizite einzuschätzen und Einsichten zu gewinnen in ihr eigenes Lernen, die Regularitäten der Sprache und die Gesetzmäßigkeiten von Texten.

1.3 Prozessorientierung

Auf Grundlage der empirischen Untersuchung ist zu fordern, dass die Vermitt-lung der Schreibfertigkeit als Prozess ins Zentrum gestellt werden soll. Man spricht hier vom prozessorientierten Schreiben im Gegensatz zum produktorien-tierten Schreiben. Somit sollen die Schüler auch lernen, Verfahren prozesshaften Schreibens zielführend einzusetzen. In diesem Prozess soll das Schreiben in fünf einfachere Teilhandlungen unterteilt werden: Themenfindung, Schwerpunktset-zung, Schreibplanung, Texterstellung und Textüberarbeitung. Diese Teilprozes-se werden als Schreibkompetenzen bzw. -fähigkeiten bezeichnet und implizieren gleichzeitig die wichtigsten Schritte des Schreibens.

Prozessorientierung trägt dazu bei, das herkömmliche Verständnis der Rollen-verteilung von Lehrern und Lernenden revidiert werden muss. Früher war der Lehrer nur Wissensvermittler, heute aber ist die Selbstorganisation von Lernpro-zess durch die Lernenden und deren Eigenverantwortung angesprochen.

Im Rahmen der Förderung der fremdsprachlichen Schreibfähigkeit sollen fol-gende zentralen Handlungsrichtlinien berücksichtigt werden, um die Schwierig-keiten beim Schreiben zu überwinden und den Lernenden zu ermöglichen, kompetente Schreiber in der Fremdsprache zu werden:

• Die Anknüpfung an die bisherigen Schreiberfahrungen der Lernenden, • Reduzierung von Schreibangst, • Formulierung des Schreibziels,

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

180

• Bewusste Differenzierung zwischen den verschiedenen Textsorten, • Vermittlung von Hilfen während des Schreibprozesses, • Hinweis auf die Relevanz von Überarbeitungsphasen, • Schreibfertigkeitsunterstützende Korrektur der Schreibprodukte seitens

der Lehrpersonen, • Ausrüstung mit wichtigen sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten (lexika-

lisch und syntaktisch angemessen), • Freiheit für eine Selbstdarstellung der Lernenden.

Diese Aspekte ermöglichen die Förderung des fremdsprachlichen Schreibens und können einen großen Beitrag leisten zur Behebung des Problems, dass die Lernenden unzureichend auf die Schreibanforderungen vorbereitet sind.

1.4 Unterstützung der Überarbeitungsprozesse durch Kriteriengebrauch oder Checklisten

Die empirische Untersuchung hat gezeigt, dass Überarbeitungen im ägyptischen DaF-Unterricht bisher eine relativ geringe Rolle spielen. Wird die Textrevision vorgenommen, beschränkt sie sich auf die sprachliche Richtigkeit und Recht-schreibung. Selten wird der Inhalt und die gedankliche Strukturierung eines Textes überprüft. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, für diese Arbeits-phase Kriterien- oder Checklisten bereitzustellen. Ohne den Gebrauch von Kri-terien kann kein Text beurteilt und überarbeitet werden. Deshalb müssen Fremd-sprachenlerner auch den Gebrauch von Kriterien lernen. Damit erwerben sie die Möglichkeit zur Selbstbeurteilung.

Zur Unterstützung der Überarbeitungsprozesse sollte ein Lehrwerk zumindest eine Liste mit den Grundkriterien enthalten. An diesen Kriterien sollen sich Ler-nende bei jedem Überarbeitungsprozess orientieren können. Im Folgenden schlage ich einige Grundkriterien zur Überarbeitung von Texten vor:

1. Inhalt (relevant, differenziert) 2. gedankliche Strukturierung ( sinnvoll, kohärent) 3. sprachliche Angemessenheit und Korrektheit (verständlich, treffend) 4. stilistische Vielfalt und persönliche Authentizität 5. Beachtung der Textkonventionen für besondere Textformen

Neben diesen allgemeinen Grundkriterien treten auch spezielle Einzelkriterien auf, welche den Besonderheiten einzelner Textsorten Rechnung tragen (z. B. für den Brief die Anredeformen, Grußformeln, Adressenformate, etc.). Wenn diese allgemeinen und speziellen Kriterien gemeinsam erarbeitet werden, können sie in Form einer Checkliste angesammelt werden.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

181

Ein erfolgreicher Überarbeitungsprozess hängt eng mit der Entwicklung von Distanz zum eigenen Text zusammen. Denn aus der subjektiven Schreiberper-spektive fallen eigene Fehler kaum auf. Auf der anderen Seite soll die Korrektur fremder Texte den Lernenden leichter fallen. Hier findet sich automatisch eine größere Distanz zum Text. Dieses Phänomen kann zugunsten des DaF-Unterrichts ausgenutzt werden, indem Lernende sich gegenseitig ihre Texte re-vidieren.

1.5 Schreiben im autonom gestalteten Fremdsprachenunterricht

Wie bereits im theoretischen Teil unter Abschnitt 3 im vierten Kapitel erwähnt wurde, zeichnet sich autonomes Lernen durch unterschiedliche Merkmale aus. Solche Merkmale können in der Praxis durch verschiedene Methoden verwirk-licht werden, die sich in erster Linie auf die Förderung der Fertigkeit „Schrei-ben“ und ihre Prozessorientierung beziehen. Diese Methoden werden im Fol-genden aufgezählt:

1.5.1 Gruppenarbeit

In Gruppenarbeitsphasen werden die jeweiligen Aufgaben durch die Zusam-menarbeit mehrerer Lernender autonom erledigt. Dabei kommt dem Einzelnen erhöhte Verantwortung zu. Der Vorteil dieser Methode besteht darin, dass durch mehrere Lerngruppen verschiedene Aufgaben parallel bewältigt werden können. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen müssen der gesamten Lerngruppe präsen-tiert werden.

1.5.2 Die Aufgabenstellungen

Die Aufgaben sollen vielfältig sein und über die Grenzen des Lehrwerkes hin-ausreichen. Damit sind unterschiedliche Lernertypen angesprochen. Die Aufga-benstellungen können kurzfristig oder langfristig sein.

• Kurzfristige Aufgabenstellungen

Sie können für eine komplette oder auch nur Teile einer Unterrichtsstunde ange-legt sein.

• Langfristige Aufgabenstellungen Sie können über mehrere Unterrichtsstunden realisiert werden (z. B. Projekte). Projekte sind curricular offen und durch Lernerautonomie gekennzeichnet.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

182

1.5.3 Übungstypologie

Parallel zu den Teilen des Schreibprozesses (Planen, Formulieren, Überarbeiten) können Übungen bearbeitet werden. Eßer (2003: 292ff.) nennt die nachstehende Übungstypologie:

• Schreibvorbereitende Übungen (wie Wortketten, Assoziogramme, Text-rekonstruktion).

• Textproduzierende Übungen (Texte aus Wortlisten oder aus vorgegebe-nen Elementen verfassen, Schreiben eines Textteils oder einer Geschichte mit Perspektivenwechsel, Schreiben mit Personenbildern, Schreiben mit Bildergeschichten).

• Textrevidierende Übungen (Texte überarbeiten, Revisionsfragen an den eigenen Text stellen lassen). Das autonome Lernen wird nicht nur durch das Hinführen der Lernenden zur Selbstkorrektur der eigenen Texte unter-stützt, sondern auch durch die Vielfalt in den Schreibübungen und auch durch den Prozess von einfachen zu aufbauenden und freien Schreib-übungen.

1.5.4 Lernstrategien

Dank der Übungsvielfalt probieren und eignen sich Lernende diverse Lernstra-tegien und Lerntechniken an, die manchmal unbewusst wahrgenommen wurden.

1.5.5 Lehrerrolle

Eine Umstellung der Lehrerrolle sowie auch eine Neugestaltung des Unterrichts kennzeichnen den autonomiefördernden Fremdsprachenunterricht. Hier wird der Lehrer als Lernberater und Unterrichtsteilnehmer sowie auch als Lernstütze be-trachtet.

2. Schreibstrategien: Einblicke in die schulische Schreibpraxis des ägypti-schen DaF-Unterrichts

Infolge einer ausfühlichen Darstellung der empirischen Untersuchung und Ana-lyse der Schreibpraxis im ägyptischen DaF-Unterricht ist das Ziel im nachfol-genden Teil, neue Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der fremdsprachli-chen Textproduktion im Unterricht zu entwickeln.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

183

Auf Basis der empirischen Untersuchung hat sich gezeigt, dass nur die folgen-den Typen von Schreibstrategien28 in der ägyptischen Schulpraxis genutzt wer-den:

• Perlenketten-Strategie

Damit wird gemeint, dass der Lerner beim Schreiben von Einfall zu Einfall, von Satz zu Satz geht. Zum Beginn sind weder der Inhalt noch die Struktur des Tex-tes bestimmt.

• Standardstrategie

Zur Bewältigung einer Schreibaufgabe lässt sich der Lerner ausreichend Zeit zum Nachdenken über das Thema. Dann wird ein Text auf einmal produziert. Dies ist die typische Form des schulischen Schreibunterrichts.

• Dem Textmuster nach

Ein Textmuster wird vorgegeben. Zum Texten wird diese formale Vorgabe auf ein anderes Thema übertragen und auf diese Weise automatisiert.

• Assoziatives Schreiben

Hier wird ein assoziativ erstellter Text ohne Konzept und ohne klaren Gedan-kengang geschrieben. Auf den Prozess der Ideenproduktion und des Hervorbrin-gens von Sprache wird sich an erster Stelle konzentriert.

Andere Strategien wie geplantes, systematisches, kooperatives, entwickelndes und kreatives Schreiben werden nicht geübt. Dies hängt mit dem mangelnden Verständnis von Schreibprozess und dem niedrigen Stellenwert der Schreib-kompetenz im ägyptischen Raum zusammen. Schreibphasen und Schreibteilstra-tegien werden nicht berücksichtigt. In diesem Zusammenhang ist wichtig zu be-tonen, dass der ägyptische Fremdsprachenunterricht prozessorientiert, metho-denbewusst und für Lernende transparent gestaltet sein soll.

2.1 Förderung der Schreibkompetenz: Prozessorientierter Schreibunter-richt als Chance

Im Folgenden stelle ich Fördermaßnahmen zur Entfaltung der Schreibstrategien in Anlehnung an Neuhaus (2001: 18) vor. Der integrative Schreibprozess durch-läuft acht Stufen, die im Folgenden zusammenfassend skizziert und als Phasen

28 Die Benennungen dieser Strategien sind nach Neuhaus (2001: 8f.).

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

184

für den fremdsprachlichen Schreibunterricht ausgearbeitet werden. Sie sind für eine systematische Erweiterung der Schreibkompetenz konzipiert und beziehen sich in erster Linie auf DaF-Lehrwerke. Sie können außerdem als Übungen im Lehrmaterial angeboten werden.

2.1.1 Schreibmotivation

Im Rahmen des Unterrichtsvorhabens sollen die Lerner die Themen der Schreibaufträge mitbestimmen. Wichtig dabei ist, dass der innere Antrieb beim Schreiben dem eigenen Willen des Schreibers entsprechen soll, nicht den An-sprüchen einer anderen Person. Motivierende, für Lerner interessante Schreiban-lässe können Zugänge zum Schreiben und Möglichkeiten zur Erweiterung ihrer Schreibkompetenz eröffnen.

Motivation soll nicht nur den Anfang, sondern alle Phasen des Schreibprozesses (Planen, Formulieren, Überarbeiten) kontinuierlich begleiten. Dieser Motivati-onsfaktor ist maßgeblich für einen gelungenen Schreibprozess.

Ausgehend von der Tatsache, dass Lerner unterschiedliche Befähigungen, Selbstbewertungen und Wissensbestände sowie geschlechtsspezifische und so-ziokulturelle Differenzen besitzen, ist es sinnvoll, diverse Methoden und Ar-beitstechniken anzubieten, um sich den individuellen Bedürfnissen des einzel-nen Lerners anzupassen. Solche Schreibtechniken sollen einen kontinuierlichen, wiederholten und häufig praktizierten Schreibprozess unterstützen, wie z. B.:

• Meinungen austauschen • Thesen aufstellen • Eindrücke • Collagen • Stichworte • Fragen notieren • genaues Lesen • nachschlagen • nachfragen • Gespräche führen • Probleme und Gesichtspunkte zur Diskussion stellen • Gefühle • Brainstorming • Clustering • Mind-Mapping • Ideenketten • Notizen machen

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

185

• Offenes Freewriting • fokussiertes Freewriting

2.1.2 Vertiefung durch Schreibaufgabenklärung

Infolge erster unterschiedlicher Schreibhandlungen, wie beispielsweise Brain-storming, Lesen, Bibliographieren, sollen Schreibende in einem zweiten Schritt ihren Stoff eingrenzen, indem die Fragestellung klar definiert, Schwerpunkte ge-setzt und These und Zielsetzung festgelegt werden. Hier wird ein grober Schreibplan erstellt, der Schreibperspektive und Textkonzept expliziert. Als ge-eignete methodische Elemente und Arbeitstechniken sind die Folgenden anzuse-hen:

• Fragelisten • Themeninterviews • Stoffaspekte aufteilen • Suche nach weiteren Aspekten • Ideen sammeln • Stichwörter • Notizzettel • Leitgedanken • Leitbegriffe • Schlüsselbegriffe • Gedankenfolgen

2.1.3 Strukturbildung

In dieser Phase geht es darum, neue Informationen und Gedanken mit bereits vorhandenen kognitiven Strukturen zu verknüpfen und daraus neue Denkstruk-turen zu entwickeln. Dabei wird Neues in bestehende mentale Modelle eingebet-tet. Zur Konkretisierung dieser Phase wird eine Gliederung erstellt und Perspek-tiven nach Wichtigkeit geordnet. Außerdem sollen Schreibende sowohl den Textinhalt als auch die Textstruktur planen, d. h. die Reihenfolge der einzelnen Teile festlegen und hierarchisieren. Dieses Erstellen eines Plans und einer Glie-derung dient dazu, eine Art Gerüst für den zu schreibenden Text zu bauen. An dieser Stelle ist das Textmusterwissen von großer Bedeutung. Darunter ist die Gesamtheit der Kenntnisse über globale Strukturen und über Prototypen einzel-ner Textsorten zu verstehen. Dieses Wissen ergibt sich aus der Erfahrung im Umgang mit Texten (vgl. Heinemann/ Viehweger 1991: 11). Folgende Schreib-techniken sind zu empfehlen:

• Stichwortgerüste • „roter Faden“

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

186

• Gliederung festlegen • Stoff strukturieren • Gesichtspunkte auflisten • Daten miteinander in Beziehung setzen • Festlegung der Reihenfolge inhaltlicher Ziele • Einfälle sammeln • Verbindungen suchen • Zeitmanagement • Nutzung von Ressourcen • Schreibumgebung • Exposé

2.1.4 Erstentwurf

Die bereits existierenden Ideen werden in einen Text umgewandelt, d. h., sie werden versprachlicht, organisiert, in ganzen Sätzen aufgeschrieben und in ei-nem Fließtext zusammengebracht. Darüber hinaus können Schreibende multiple Entwürfe bzw. verschiedene Textvarianten verfassen. Dabei sollen die entstan-denen Ideen weiterentwickelt werden. Der Zusammenhang zwischen Strategie-wahl und Textqualität, also welche Strategie zur höheren Textqualität führt, hängt von den Dispositionen und dem Lerntyp des Schreibenden ab. Genauer gesagt: Er wendet die Strategie an, die er bisher als erfolgreich erlebt hat. Das Ziel für den Erstentwurf besteht darin, dass das zentrale Anliegen (Was will der Schreibende eigentlich mitteilen?) für ihn selbst kontrollierbar wird. Die sprach-lich-formale Richtigkeit (Grammatik und Orthografie) des Erstentwurfes spielt kaum eine Rolle. Wichtiger ist in diesem Augenblick, dass der Schreibende ins Schreiben kommt und seine bisherigen Materialien verschriftlicht. Die folgen-den Techniken helfen bei der Erstellung eines Erstentwurfes:

• Einzel- oder Partnerarbeit als Sozialform • Schreibkonferenzen • Schreibgruppen • eine positive Arbeitsatmosphäre schaffen (Material, Beleuchtung, Essen,

Trinken, Musik usw.) • Orientierung an der Gliederung • mögliche Störungen beseitigen • auf sprachlich-formale Richtigkeit wenig Rücksicht nehmen • Schreibberatung in Anspruch nehmen • den Entwurf nach den Anforderungen der Textart durchgliedern • Feedback einholen • offene Fragen klären

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

187

2.1.5 Inhaltliche und sprachliche Überarbeitung

Eine ordentliche Überarbeitung eines Rohmanuskripts involviert zwei Schritte:

• die inhaltliche und • die sprachliche Überarbeitung.

Bei der inhaltlichen Überarbeitung wird vorrangig kontrolliert, ob es noch an re-levanten Perspektiven mangelt oder, ob der Entwurf zu viele Details beinhaltet, die gestrichen werden sollen, ob die innere Logik und der „rote Faden“ im Text klar sind.

Im Mittelpunkt der sprachlichen Überarbeitung steht die Korrektheit der Begrif-fe, Ausdrücke, Metaphern, Rechtschreibung und Grammatik. Es ist überdies zu überprüfen, ob bestimmte Wörter häufig vorkommen und ob es dafür sinnver-wandte Wörter gibt, die den Sachverhalt ebenso genau schildern.

An der Korrektur können Freunde, Verwandte und Kollegen teilhaben, die mit dem Thema nicht vertraut sind, denn Fremde können Fehler oder schwache Stel-len schnell erkennen. Eine individuelle Korrektur durch lautes Lesen des eige-nen Textes, Schreibkonferenzen und Textlupen sind auch mögliche Formen der Überarbeitung.

Zur Vollendung dieser Schreibphase können folgende Arbeitstechniken ange-wandt werden:

• kriteriengeleitete Schreibberatungen • Schreibkonferenzen • Formulierungen mit fremden Augen lesen • Verstöße gegen sprachliche Normen beseitigen • die sprachliche Form verändern • Veränderungen bei der Textplanung vornehmen • Textlupen • Prüfen mit Checklisten • individuelles oder fremdes Korrekturlesen

2.1.6 Fertige Reinschrift erstellen

Die Überarbeitung, die im letzten Schritt stattfand, soll zum Ende gebracht wer-den. Wenn auf der inhaltlichen Ebene alles annehmbar wird, soll eine endgültige Entscheidung über einzelne Formulierungen getroffen werden. Nun muss eine fertige Reinschrift erstellt werden.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

188

2.1.7 Beurteilung und weitere Überarbeitung

Der Schreibende bekommt Feedback durch Lehrer und Mitschüler. Ein solches Feedback kann einen großen Beitrag zur kognitiven Entwicklung des Schrei-benden leisten. Dabei richtet ein Feedback-Geber die Aufmerksamkeit auf In-formationen oder Fähigkeiten, die dem Schreibenden noch nicht verfügbar sind. Eine Textbeurteilung soll vorangegangene, aktuelle und zukünftige Schreibauf-gaben miteinander in Beziehung setzen. Dadurch wird die Kontinuität von Lernprozessen sichergestellt. Des Weiteren werden in diesem Schritt die Ver-besserungsmöglichkeiten festgehalten.

2.1.8 Arbeitsrückblick

Es wird auf den eigenen Arbeitsprozess zur Lösung der Schreibaufgabe zurück-geschaut mit dem Ziel, festzuhalten, was der Schreibende während des Prozes-ses über sich und über die Aufgabe beobachtet und gelernt hat. Dabei werden Strategien und erfolgreiche Methoden inventarisiert. Der Arbeitsrückblick kann durch folgende Leitfragen gesteuert werden:

• Habe ich gut geplant? • Wo hatte ich Schwierigkeiten? • Wie habe ich die aufgetretenen Schwierigkeiten bewältigt? • Wie ging mir die Aufgabe von der Hand? • Was hat mir besonders Spaß gemacht? • War ich am Ende zufrieden oder unzufrieden mit meiner Leistung? • Welche Fehler habe ich beim letzten Mal wiederholt begangen? • Wie kann ich mich in der Zukunft verbessern?

Das Ergebnis dieser Lernreflexion kann in einem Lern- bzw. Schreibtagebuch schriftlich festgehalten werden. Dies unterstützt den Austausch zwischen Schrei-benden und einen späteren Rückgriff auf Schreiberfahrungen. Die Einträge sind nur sinnvoll, wenn sie von der Lehrperson und daneben einem Lernpartner gele-sen werden. Darauf sollte eventuell mündlich oder schriftlich reagiert werden. Diese Reaktion ist als Lernberatung und nicht als Bewertung oder Instruktion aufzufassen.

Zusammenfassende Betrachtung und Perspektiven

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Zusammenfassung des Kapitels

Im abschließenden Kapitel meiner Arbeit habe ich Einzelschritte zur Schreib-kompetenzförderung erläutert.

Diese vorab besprochenen Einzelschritte der Schreibproduktion annehmend und die aktuelle Debatte um fremdsprachliche Schreibkompetenz aufnehmend, ist ein entsprechender schulischer Schreibunterricht zu gestalten, der diese vorge-schlagenen Konzepte in den Vordergrund stellt und die Schreibkompetenz als einen Fähigkeitskomplex auffasst. Darauf aufbauend soll das in Ägypten einge-setzte Material zur Schreibschulung die Möglichkeit zur Anwendung dieser Schritte erarbeiten. Dementsprechend soll die schulische Schreibkultur verändert werden mit dem Ziel, die Situiertheit und Authentizität von Schreibaufgaben und die Verknüpfung der Aufgabenziele mit den zentralen Bildungszielen der Schule zu realisieren.

Die erwünschte Entwicklung des Schreibhandelns fordert die ägyptische Unter-richtspraxis heraus, weil ich glaube, dass es eine der schwierigsten Aufgaben des ägyptischen DaF-Unterrichts sein wird, für ein neues Bewusstsein beim Schreiben zu sorgen. Es geht nicht nur um eine neue Kreation des DaF-Unterrichts, sondern auch um eine klare Verbesserung seiner Qualität. Der Schlüssel liegt aber in der Vernetzung der Hauptteilprozesse: Planen – Schrei-ben – Überarbeiten.

Abschließend möchte ich unterstreichen, dass es sich eher darum handelt, das Potenzial der ägyptischen DaF-Lernenden optimal auszubauen.

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Bibliographie

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Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) (Hrsg.) (2009): Rahmenplan „Deutsch als Fremdsprache“ für das Auslandsschulwesen. Köln.

Anhang 1

207

Anhang 1: Katwijker Empfehlungen zur Curriculumentw icklung (Breitung 1993: 184ff.)

Anhang 1

208

Anhang 1

209

Anhang 2

210

Anhang 2: Nürnberger Empfehlungen zum Frühen Fremdsprachenlernen (http://www.goethe.de/lhr/prj/nef/deindex.htm)

• Was ist unter frühem Fremdsprachenunterricht zu verstehen? • Wo findet früher Fremdsprachenunterricht statt? • Welche Lernziele hat der frühe Fremdsprachenunterricht? • Wie sieht früher Fremdsprachenunterricht idealerweise aus?

Zu diesen und anderen Fragen hat sich eine Expertenrunde auf den "Nürnberger Symposien" getroffen. Informieren Sie sich hier über Aussagen, Diskussionen und Empfehlungen der Ex-perten.

Rahmenbedingungen

Die Europäische Kommission möchte in Europa das Ziel erreichen, dass jeder Bürger außer seiner Muttersprache zwei weitere Sprachen kennt (Muttersprache + 2). Um dies zu erreichen, sollte der Fremdsprachenunterricht so früh wie möglich, bereits im Vorschulalter, beginnen.

Unter welchen Rahmenbedingungen findet ein solcher Unterricht statt?

Begründungen frühen Fremdsprachenunterrichts

Formuliert liegen viele Begründungen vor, empirisch gesichert sind wenige. Aus den Vorla-gen wurden drei Argumentationsbündel zusammengefasst:

1. Politisch-ökonomische Begründungen

In einer immer kleiner werdenden Welt, geprägt durch die Vielfalt der unterschiedlichen Ge-gebenheiten der einzelnen Länder, kommt dem frühen Fremdsprachenunterricht hinsichtlich der interkulturellen Verständigung und der politischen sowie der wirtschaftlichen Zusammen-arbeit eine besondere Bedeutung zu.

Durch die Aufnahme einer Fremdsprache in den Unterricht der Primarstufe

• bekommt jedes Kind die Chance, eine Fremdsprache zu lernen, • schafft man Raum für weitere Fremdsprachen; Raum nicht nur für die in den Schulen tradi-tionell angebotenen Sprachen, sondern auch für andere Sprachen aus der Sprachenvielfalt des eigenen Landes, für die Sprache der Nachbarn oder die anderer Länder.

2. Kulturell-soziale Begründungen

Der Frühbeginn

• hat – mehr noch als das Fremdsprachenlernen generell – positive Rückwirkungen auf die Identitätsbildung, • öffnet den Blick für die Gemeinsamkeit und Differenziertheit von Kulturen und relativiert damit ethnozentrisches Denken, • bahnt Akzeptanz des Fremden an.

Anhang 2

211

3. Psychologisch-pädagogische Begründungen

• Entwicklungspsychologische Erkenntnisse, wie sie in der Primarschulpädagogik reflektiert werden, legen nahe, Fremdsprachen in den Unterricht der Primarschule aufzunehmen. Die Primarschule als Grundschule legt das Fundament für alles, was die Gesellschaft für lernens-wert hält. Dazu gehören auch Fremdsprachen.

Ziele frühen Fremdsprachenunterrichts

1. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll dem Kind Anfangsgründe einer Fremdsprache und ihres kommunikativen Gebrauchs vermitteln.

2. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll dem Kind eine zusätzliche Chance bieten, andere Sichtweisen von Welt kennen zu lernen, sich für fremde Kulturen zu öffnen und sich in der Welt zu orientieren.

3. Im frühen Fremdsprachenunterricht soll das Kind eine andere Kultur und die damit verbun-denen Sozialisationsfaktoren erfahren. Dadurch kann dem Kind auch seine eigene Sozialisati-on bewusst gemacht werden. Der Fremdsprachenunterricht gewinnt durch den Blick auf das Eigene und das Fremde eine interkulturelle Dimension.

4. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll einen wichtigen Beitrag zur Gesamtentwicklung des Kindes leisten und dadurch seine emotionalen, kreativen, sozialen, kognitiven und sprach-lichen Fähigkeiten gleichermaßen fördern.

5. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll Interesse an Sprachen wecken und Freude an ihrem Lernen entwickeln.

6. Im frühen Fremdsprachenunterricht soll das Kind Sprache als Kommunikationsmittel erle-ben und verwenden. Kommunikation vollzieht sich im Rahmen bestimmter Konventionen. Das Kind soll entsprechend diesen Konventionen handeln können, so dass eine Verständigung gelingt. Damit sie gelingt, ist ein Mindestmaß an Korrektheit notwendig.

7. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll das Kind motivieren, sich auch in einer anderen als der eigenen Sprache zu verständigen. Durch die Begegnung mit einer fremden Sprache kann dem Kind auch seine Muttersprache bewusster gemacht werden.

8. Durch den frühen Fremdsprachenunterricht soll das Kind Lerntechniken erfahren, die ihm helfen, auch zunehmend selbstständig zu arbeiten.

Inhalte frühen Fremdsprachenlernens

Die Inhalte sollen den Interessen des Kindes entsprechen und sie erweitern, seine Gefühle an-sprechen, sein Engagement, seine Fantasie und Kreativität fördern und ihm Spaß machen.

1. Durch den Fremdsprachenunterricht wird das in der Muttersprache aufgebaute Weltbild des Kindes erweitert, es wird differenziert und problematisiert. Damit folgt der frühe Fremdspra-chenunterricht vornehmlich einer semantischen und pragmatischen Progression; die morpho-syntaktische tritt in den Hintergrund.

Anhang 2

212

2. Die Inhalte für frühen Fremdsprachenunterricht kommen aus der Kinderkultur, der Sach-kunde und der Landeskunde; sie sind abhängig von den Interessensbereichen des Kindes.

Der Vorrang von Sachen gegenüber der Sprache wird durch fächerübergreifenden Unterricht verstärkt.

3. In sach- und partnerbezogener Kommunikation soll das Kind Sprache erleben, verstehen und gebrauchen. Hören und Sprechen sind vorrangig, Lesen und Schreiben haben dabei unter-stützende Funktion, aber auch ihren Eigenwert.

4. Bei der Sprachverwendung haben paraverbale Kommunikationsmittel wie Aussprache, Sprachrhythmus und Intonation und nonverbale wie die der Körpersprache einen festen Platz.

5. Der Umgang mit Sprache hilft dem Kind implizit, die Gesetzmäßigkeit der Sprache zu er-fahren. Damit wird ein Fundament für zukünftige Sprachreflexion gelegt.

6. Der Umgang mit Sprache im Unterricht dient auch dazu, neue Lerntechniken zu erwerben, sie und bereits bekannte zu erproben und weiterzuentwickeln.

Methoden frühen Fremdsprachenunterrichts

Bei der Auswahl der Methoden sind die folgenden Kriterien zu berücksichtigen:

1. Methoden sollen eine Atmosphäre schaffen, in der Kinder sich wohl fühlen. Sie sollen Kinder herausfordern, Lernlust fördern und damit Lernzuwachs ermöglichen.

2. Methoden sollen das Kind in seiner Ganzheit ansprechen. Sie sollen dazu verhelfen, dass das Kind mit allen Sinnen lernt.

3. Bei der Auswahl der Methoden sollen die Bedürfnisse des Kindes berücksichtigt werden. Methodenvielfalt und häufiger Methodenwechsel sollen daher den Unterricht kennzeichnen.

4. Methoden sollen Kinder zum Handeln bringen. Das Spiel bietet dazu die besten Möglich-keiten.

5. Auch Narration macht Kinder zu handelnden Personen. Sie erfahren dabei zugleich, dass das Lernen einer fremden Sprache mehr mit der eigenen Person und ihrer Biographie zu tun hat und weniger mit dem von einer Sprachdidaktik vorgegebenen Weg.

6. Methoden sollen zunehmend dazu führen, Lehrerzentriertheit abzubauen und die Kinder zur Mitgestaltung des Unterrichts und zur Kommunikation untereinander zu motivieren. Da-durch wird es möglich, dass Lehrerinnen und Lehrer mehr zu Beobachtern, Beratern und Mit-spielern werden.

7. Methoden sollen zunehmend zu selbstständigem Lernen führen und Binnendifferenzierung ermöglichen.

8. Methoden sollen schließlich alle möglichen Arbeitsformen, wie Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit berücksichtigen.

Anhang 2

213

Evaluation im frühen Fremdsprachenunterricht

Die Transparenz des Unterrichts und eine angstfreie Atmosphäre sollen dem Bedürfnis des Kindes nach Information über den eigenen Lernfortschritt entgegenkommen.

Im frühen Fremdsprachenunterricht soll der Lernfortschritt des Kindes eher festgestellt als bewertet werden. Grundsätzlich gilt, dass Verfahren zur Feststellung der Lernfortschritte den vorangegangenen Lernschritten entsprechen müssen. Evaluationsverfahren im frühen Fremd-sprachenunterricht beziehen sich aber nicht nur auf die Lernfortschritte des Kindes, sondern auch auf den Unterricht selbst.

1. Die Verfahren zur Feststellung der Lernfortschritte im frühen Fremdsprachenunterricht sol-len die ganzheitliche Entwicklung des Kindes berücksichtigen, also sein Ausdrucksvermögen, seine Kreativität, sein soziales und sprachliches Handeln. Formale sprachliche Aspekte stehen dabei nicht im Vordergrund. Die Fortschritte in der Leistung sollen für alle Beteiligten er-kennbar sein:

Die Lehrerin, der Lehrer

• beobachten die Entwicklung der emotionalen, kreativen, sozialen, kognitiven und sprachli-chen Fähigkeiten des Kindes, • reflektieren ihre eigene Arbeit, • können dadurch Lernziele differenzierter formulieren, • können ihr weiteres Vorgehen entsprechend planen, den Unterricht binnendifferenzierend gestalten und auf diese Weise das Kind individuell fördern.

Das Kind

• lernt seine Entwicklung kennen und daraus neue Motivation schöpfen, • lernt seine eigene und die Leistung der anderen einschätzen, • lernt seine eigene Leistung als Hilfe für andere einsetzen.

Die Eltern sollen regelmäßig die Möglichkeit erhalten,

• sich über die Entwicklung ihres Kindes zu informieren, • aktiv am Schulleben teilzunehmen.

2. Es ist angeraten, mit Noten zurückhaltend umzugehen und, wenn möglich, in den ersten Lernjahren auf eine Leistungsbewertung zu verzichten.

Eine Bewertung, die sich ausschließlich auf messbare Leistung ausrichtet, ist nicht wün-schenswert, da sie nicht dem pädagogischen Auftrag der Primarstufe entspricht. Demgegen-über ist eine verbale Beurteilung vorzuziehen, die die individuelle Entwicklung des Kindes berücksichtigt: Fehler gelten nicht als defizitäre Leistungen, sondern als notwendige Schritte des Lernprozesses.

3. Lehrerinnen und Lehrer können ihren Fremdsprachenunterricht auch als Forschungsfeld verstehen. Ergebnisse daraus können einen Beitrag zur Revision des Curriculums leisten.

Anhang 2

214

Organisatorische Voraussetzungen und Rahmenbedingungen

Die organisatorischen Voraussetzungen des frühen Fremdsprachenunterrichts sind in allen Ländern außerordentlich verschieden. Das betrifft sowohl den Beginn des Unterrichts, die Einteilung des Schulalltages, die Dauer der Unterrichtseinheit, die Klassen- oder Gruppen-stärke als auch die Auswahl des Lehrmaterials sowie die Lehrerinnen- und Lehreraus- und fortbildung. Trotz aller Verschiedenheit ist die Beachtung der organisatorischen Rahmenbedingungen von entscheidender Bedeutung für den Erfolg frühen Fremdsprachenunterrichts.

1. Der frühe Fremdsprachenunterricht soll von sprachlich kompetenten Lehrerinnen und Leh-rern durchgeführt werden, die sowohl in der Primarschulpädagogik als auch der Fremdspra-chendidaktik ausgebildet sind.

Ihre kontinuierliche Fortbildung in sprachlicher sowie didaktisch-methodischer Hinsicht muss gewährleistet sein.

2. Der frühe Fremdsprachenunterricht kann von Klassenlehrerinnen und Klassenlehrern oder von Fachlehrerinnen oder Fachlehrern erteilt werden.

Unterrichtet die Klassenlehrerin, der Klassenlehrer gleichzeitig die Fremdsprache – was als wünschenswert angesehen wird – so können sie bei der Zeit- und Gruppeneinteilung sowie der fächerübergreifenden Stoffplanung stärker integrativ arbeiten.

Unterrichten Fachlehrerinnen und -lehrer in einer Klasse ausschließlich die Fremdsprache, dann müssen sie bei Planung und Unterrichsgestaltung kooperativ arbeiten.

3. Fremdsprachenunterricht in der Primarschule hat einen Eigenwert, sollte aber in der Se-kundarstufe fortgesetzt werden. Brüche im Spracherwerbsprozess und in der methodischen Unterrichtsgestaltung sollten vermieden werden.

Schritte zum Fremdsprachenunterrricht

Die Schritte der Konkretisierung bauen aufeinander auf, enthalten aber auch Verzweigungen, Nebenwege und Sprünge.

Schritt 1

Im Zentrum der Nürnberger Empfehlungen steht das Kind. Daher muss in einem ersten Schritt festgelegt werden, wie Kindsein beschrieben werden kann. Aus der Fülle von Mög-lichkeiten wird eine anthropologische Beschreibung von Kindsein vorgeschlagen, die von acht Interessenbereichen der 6–10-Jährigen ausgeht.

"Beute und Schätze" Das Kind nimmt in diesem Interessenbereich die archetypische Rolle des Jägers und Samm-lers ein.

"Ich baue mir mein Haus" Das Kind drückt in diesem Interessenbereich sein Bedürfnis nach Geborgenheit und seinen Anspruch auf individuell gekennzeichneten Raum aus.

Anhang 2

215

"Ich pass’ auf dich auf!" Das Kind kommt in diesem Interessenbereich seiner Neigung nach, zu pflegen und zu hüten.

"Ich will raus – oder: das kann ich auch!" Das Kind lebt in diesem Interessenbereich seinen Entdecker- und Erfindergeist aus.

"Ich steig voll ein!" Das Kind ahmt in diesem Interessenbereich die Welt des Handwerks, des Handelns und des Tausches nach.

"Ich, du und die andern" Das Kind sucht in diesem Interessenbereich vertieft Erfahrungen in Sozialformen wie Freund-schaften, Gruppen und Cliquen.

"Heiß, kalt – stark und schwach" Das Kind vertieft in diesem Bereich sein Interesse, den eigenen Körper kennen zu lernen so-wie mit den Dingen seiner Umwelt zu experimentieren.

"Weit weg und in mir drin … gibt es ein wunderbares Land" Das Kind drückt in diesem Interessenbereich die Lust und sein Bedürfnis nach Fantasiewelten aus.

Das Kind erlebt und erfährt diese Interessen je nach Entwicklung unterschiedlich. Deshalb sollte ein Unterricht, der von den Interessen des Kindes ausgeht, diese acht Bereiche immer wieder nutzen.

Schritt 2

In einem zweiten Schritt sollen die Ziele frühen Fremdsprachenunterrichts konkretisiert wer-den. Kurz gefasst geht es dabei um das Interesse an Sprache überhaupt und das Lernen der Sprache selbst, um das kommunikative Handeln – wozu auch das Aushandeln von Konsens gehört –, um interkulturelle Sehweisen, um das Lernen lernen: insgesamt um die ganzheitli-che Entwicklung des Kindes.

Zu diesem Schritt gehört auch, sich der Inhalte bewusst zu werden, über die diese Ziele reali-siert werden können. Zu diesen Inhalten zählen:

• konkrete, aus den Interessenbereichen abgeleitete Themen, insbesondere solche, die interkul-turelle Sichtweisen eröffnen, • die Gesetzmäßigkeit der Sprache, die das Kind im Umgang mit Sprache erfährt, • die Lerntechniken, mit denen sich das Kind die Themen und die Sprache erarbeitet.

Die Themen erfordern einen dreifachen Blick:

• den Blick auf sich selbst, • den Blick auf sich und die anderen, • den Blick auf die Welt.

Erst durch diese Sehweisen erreichen die Themen eine interkulturelle Dimension und realisie-ren damit ein wichtiges Ziel des frühen Fremdsprachenunterrichts.

Anhang 2

216

Ein Beispiel soll den Nürnberger Weg konkretisieren. Wir wählen den Interessenbereich "Ich baue mir mein Haus".

Der dreifache Blick führt zu den Themen:

• "Mein verrücktes Haus" • "Ich wohne mit anderen zusammen" • "Zwischen Zelt und Hochhaus".

Um eine zufällige Reihung der Themen zu vermeiden, sind sie in einen Kontext einzubinden. Projekte liefern einen idealen Kontext.

Schritt 3

In einem dritten Schritt wird die Aufmerksamkeit auf den Weg zu den Zielen gerichtet, ohne dabei die anderen Faktoren des Achtecks zu vernachlässigen. Auch im Beispielthema "Mein verrücktes Haus", sollen Kinder durch das Spiel zum Handeln gebracht werden.

Konkret heißt das, dass die Kinder wie die Lehrerin, der Lehrer, mit selbst gewählten Mate-rialien fantasievoll Häuser bauen.

Sprachliches Handeln könnte darin bestehen, dass die Kinder in Kleingruppen eine Liste von Materialien und Tätigkeiten zusammenstellen, die sie für den Hausbau brauchen, um ihn ge-danklich vorbereiten zu können.

Dann folgt der Hausbau selbst, der für die ebenfalls Deutsch lernende Partnerklasse beschrie-ben, erklärt und kommentiert wird. Die Auswahl des Wortschatzes ergibt sich aus dem The-ma. Der Unterricht selbst folgt einer semantischen und pragmatischen Progression.

Auch Narration kann Kinder zum Handeln bringen. In einer Geschichte zum Thema "Ich wohne mit anderen zusammen" fühlen sich die Kinder in die Situationen und die handelnden Personen ein, übernehmen Handlungen, Haltungen und Redeweisen, machen sie zu ihrer ei-genen Geschichte, spinnen und spielen sie weiter.

Beim Thema "Zwischen Zelt und Hochhaus" beschaffen sich die Kinder – selbstständig oder unter Anleitung – Informationen aus verschiedenen Quellen über Wohn- und Hausformen.

Die Beispiele zu diesem dritten Schritt zeigen auch, wie Kinder Phasen des Unterrichts selbst gestalten können und wie sich dadurch ein neues Rollenverständnis der Lehrerinnen und Leh-rer entwickeln kann.

Schritt 4

In einem vierten Schritt konkretisieren wir die Evaluationsverfahren für das Lernen des Kin-des und den Ablauf von Unterricht. Wir gehen von dem Idealfall aus, dass unsere drei The-men in ein Projekt eingebunden waren. Die Lernfortschritte des Kindes im Projekt sollten unter mindestens zwei Gesichtspunkten festgestellt werden. Es geht sowohl um Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten als auch um qualifizierbare Haltungen und Einstellungen. Den Lernschritten des Kindes sollten die Evalu-ationsverfahren entsprechen.

Anhang 2

217

Sie sind vorrangig mittels interpretatorischer und hermeneutischer Methoden sowie solcher der Aktionsforschung zu erfassen.

Die Evaluation des Unterrichtsprozesses fragt nach dem Beitrag des Projektes zu den Zielen:

• "Was haben die Kinder sprachlich gelernt?" Sie können z.B. eine Material- und Tätigkeits-liste für den Bau eines Hauses erstellen. • "Wie hat sich ihr kommunikatives Handeln verändert?" Sie können z.B. mit anderen Kon-sens aushandelnd ein Haus bauen. • "Wodurch hat sich die interkulturelle Sehweise verändert?" Sie können z.B. einen fremden Haustyp nachbauen. • "Wo liegt der Beitrag zur Gesamtentwicklung der Kinder?" Sie können z.B. in einer Ge-schichte verschiedene Rollen übernehmen. • "Was haben die Kinder im Bereich Lernen lernen gelernt?" Sie können z.B. sich selbststän-dig aus einem Sachbuch oder anderen Quellen Informationen zu Haus- und Wohnformen be-schaffen.

Ergebnisse der Evaluation können Ziele und Projekte bestärken oder in Frage stellen.

Was soll das Kind nach zwei Jahren Fremdsprachenunterricht erreicht haben?

Trotz unterschiedlicher Voraussetzungen in den einzelnen Ländern, wie Lerntraditionen, or-ganisatorische Rahmenbedingungen, Ausgangssprache, Entfernung zum Zielland und zur Zielkultur lassen sich Kenntnisse, Fähigkeiten, Fertigkeiten, Haltungen und Einstellungen be-schreiben.

Solche Standards sind notwendig für das Selbstverständnis des Fremdsprachenunterrichts in der Primarschule. Sie sind auch für die weiterführende Schule notwendig, um das Eingangs-niveau beschreiben zu können.

1. Handeln in der Fremdsprache 2. Wahrnehmen von Kulturen 3. Lernen lernen

1. Handeln in der Fremdsprache

1. Das Kind soll seine emotionalen, kreativen, sozialen, kognitiven und sprachlichen Fähig-keiten gleichermaßen für ein kommunikatives Handeln in der Fremdsprache nutzen. Für den verbalen Anteil soll es imstande sein, die fünf Fertigkeiten, Hör- und Sehverstehen, Sprechen, Lesen, Schreiben einzusetzen. Das bedeutet im Einzelnen, dass das Kind in der Lage sein soll,

• einfache Äußerungen im Rahmen der erarbeiteten Inhalte zu verstehen, • den Inhalt einfacher authentischer Materialien global zu erfassen.

2. Das Kind soll einen ausgewählten Wortschatz und ausgewählte morpho-syntaktische Struk-turen aus den erarbeiteten Inhalten in natürlichen Kommunikationssituationen gebrauchen können. In diesen Situationen soll das Kind verschiedene Sprechintentionen realisieren: Kon-takt aufnehmen, Informationen einholen und geben, Erlebnisse und Erfahrungen mitteilen, Gefühle und Wünsche zum Ausdruck bringen.

Anhang 2

218

3. Es soll Geschichten weiterentwickeln, weiterspielen und neue erfinden und dabei Sprache in Bewegung umsetzen, Gestik und Mimik sprachbegleitend einsetzen können.

4. Aussprache, Sprachrhythmus und Intonation sollen dafür so weit entwickelt sein, dass eine Verständigung mit der neuen Sprache gelingt.

5. Das Kind soll über ein Repertoire an Liedern und Gedichten verfügen.

6. Es soll einfache altersgemäße authentische Texte lesen und verstehen können.

7. Das Kind soll einfache Texte aus dem Bereich der erarbeiteten Themen schriftlich erstellen können.

8. Das Kind soll sich der Regelhaftigkeit von Sprache bewusst sein, ohne dass es grammati-sche Regeln sind, die seine Sprachkenntnisse bestimmen.

2. Wahrnehmen von Kulturen

Das Kind soll

• für die Eigen- und Fremdwahrnehmung sensibilisiert sein, • im Vertrauten das Fremde, im Fremden das Vertraute entdecken können, • das Fremde als Fremdes akzeptieren, • mit Unsicherheiten und Ängsten, die aus der Begegnung mit dem Fremden entstehen, um-

gehen können, • offen sein für andere Kulturen.

3. Lernen lernen

Das Kind soll mit verschiedenen Lern- und Kommunikationstechniken umgehen können. Zu den Lerntechniken zählen wir Memotechniken wie beispielsweise das Nutzen von Eselsbrü-cken und Arbeitstechniken wie das Nachschlagen in einem Wörterbuch. Zu den Kommunika-tionstechniken zählen wir beispielsweise das Nachfragen können oder das Erschließen unbe-kannter Wörter aus dem Kontext, aber auch alle kompensatorischen Techniken wie beispiels-weise das Vervollständigen oder Ersetzen verbaler Aussagen durch Gestik und Mimik.

Über welche Kompetenzen sollen Fremdsprachenlehrer in Primarschulen verfügen?

Im Achteck der curricularen Wechselbeziehungen spielen die Lehrerin, der Lehrer eine ent-scheidende Rolle.

Obwohl die organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen im frühen Fremd-sprachenunterricht außerordentlich verschieden sind, ergibt sich die Notwendigkeit folgender Kompetenzen für eine Fremdsprachenlehrerin, einen Fremdsprachenlehrer, unabhängig vom Einsatz als Klassenlehrerin oder Fachlehrerin oder -lehrer.

1. Die Fremdsprachenlehrerin, der Fremdsprachenlehrer sollen praktisch wie theoretisch mit der Fremdsprache umgehen können. Sie sollen in der Fremdsprache so gut handeln können, dass der gesamte Unterricht fremdsprachlich gestaltet werden kann.

Anhang 2

219

Ihr sprachliches Ausdrucksvermögen soll phonetisch, sprachrhythmisch und intonatorisch vorbildlich sein.

Sie sollen über ein Repertoire von Unterrichtssprache verfügen, die Ausdruck partnerschaftli-chen Lernens ist und zu interkulturellem, spielerischem und narrativem Lernen ermuntert (vgl. A,4). Das Repertoire umfasst auch außer- und parasprachliche Elemente wie Gestik und Mimik, Musizieren und Tanzen sowie spielerische und schauspielerische Fähigkeiten.

2. Die Fremdsprachenlehrerin, der Fremdsprachenlehrer sollen Erkenntnisse der Linguistik und Kulturwissenschaften mit Blick auf die Unterrichtspraxis reflektieren können.

3. Die Fremdsprachenlehrerin, der Fremdsprachenlehrer sollen Erkenntnisse der allgemeinen Fremdsprachendidaktik, der Primarschulpädagogik und anderer Referenzwissenschaften mit Blick auf die Bedingungen des frühen Fremdsprachenunterrichts anwenden können.

4. Die Fremdsprachenlehrerin, der Fremdsprachenlehrer sollen Lehr- und Lernmaterial bis hin zu Computerprogrammen auf ihre unterrichtliche Brauchbarkeit analysieren können.

5. Die Fremdsprachenlehrerin, der Fremdsprachenlehrer sollen landeskundliche Texte und Materialien sowie die der zielsprachigen Kinderkultur, recherchieren, analysieren und für die Vermittlung im Fremdsprachenunterricht didaktisieren können.

6. Die Ausbildung von Fremdsprachenlehrerinnen und Fremdsprachenlehrern für die Primar-schule muss im engen Wechselspiel mit der Praxis geschehen.

Die Studierenden sollen durch Unterrichtsbeobachtung und eigenen Unterricht früh schon Theorie und Praxis miteinander verbinden können.

Die Studieninhalte sollen nicht nur in traditionellen Veranstaltungen, wie Vorlesungen und Seminaren, gelehrt und theoretisch präsentiert, sie sollen auch im Studium praktisch erfahren und erlebt werden.

7. Nicht nur der unterschiedliche Ausbildungsstand von Fremdsprachenlehrerinnen und Fremdsprachenlehrern in der Primarstufe der einzelnen Länder, das Defizit an spezifischen Studiengängen und Mängel in den bestehenden Studiengängen erfordert eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung, sie ist prinzipiell im Lehrerberuf notwendig, weil er ständig auf Veränderungen im curricularen Achteck reagieren muss.

8. Von den Fremdsprachenlehrerinnen und Fremdsprachenlehrern wird erwartet, dass sie be-reit sind, sich selbstständig fort- und weiterzubilden.

9. Die zuständigen Behörden müssen für ein vielfältiges Angebot an Fort- und Weiterbildung Sorge tragen und ermöglichen, das Angebot wahrzunehmen und für den Unterricht zu nutzen.

Auswahlbibliografie

Auf den folgenden Seiten finden Sie - nach Autoren sortiert - eine Auswahl an Literatur, die sich mit "Frühem Fremdsprachenlernen" beschäftigt und von den Experten des "Nürnberger Symposiums" empfohlen wird.

Anhang 2

220

A

Albrecht, Heide/ Büchner, Inge/ Dalm, Luise u.a. Lernen und Spielen in der Grundstufe Neuwied u.a.: Luchterhand 1992, 220 S. Anwendungen für die unterschiedlichsten Lernbereiche der Kinder in der Grundstufe. Auf-grund kindorientierter Gestaltung eine Anregung für Pädagogen zur Entwicklung von neuen Lern- und Spielideen. Gelungene Synthese von Theorie und Praxis.

Altrichter, Herbert/ Posch, Peter Lehrer erforschen ihren Unterricht. Eine Einführung in die Methoden der Aktionsfor-schung Bad Heilbrunn/ Obb.: Klinkhardt 1990, 290 S. Klare Darstellung der Aktionsforschung im Klassenraum und ihrer Implikation.

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B

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Bausch, Karl-Richard/ Christ, Herbert/ Hüllen, Werner/ Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.) Handbuch Fremdsprachenunterricht (UTB für Wissenschaft: Große Reihe) Tübingen: Francke 1991, 495 S. Vermittelt Basiswissen – unentbehrlich für die Ausbildung.

Bebermeier, Hans Begegnung mit Sprache(n) Fremdsprachliche Lerngelegenheiten in der Grundschule Leitfaden für Konferenzen. In: Die Grundschulzeitschrift, 6. Jahrgang, Heft 56, Juli 1992, S. 9–13. Hrsg. vom Landesinstitut für Schule und Weiterbildung unter dem Vorsitz von Hans Beber-meier (Curriculumentwicklung in Nordrhein-Westfalen), Verlagskontor Soest.

Berens A./ Gersonde H. u.a. Umgang mit Sprachen in der Grundschule RAA Pädagogischer und psychologischer Dienst, 1994/ 5. Anregungen, Hilfen und Materialien für die Primarstufe. Ziel dieser Materialsammlung ist die Entwicklung und Umsetzung von Konzepten zur sprachlichen und sozialen Integration von Minderheiten.

Anhang 2

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Breitung, Horst (Hrsg.) Katwijker Empfehlungen zur Curriculumentwicklung fü r den Deutschunterricht als Fremdsprache München: Goethe-Institut 1992.

Breitung, Horst (Hrsg.) Phonetik – Intonation – Kommunikation (Standpunkte zur Sprach- und Kulturvermittlung) München: Goethe-Institut 1994, 224 S. Beiträge, die sich mit der deutschen Standardaussprache (eingeschlossen österreichische und schweizer Varianten), Kontrastivität, Silbenphonologie, Rhetorik, Phonodidaktik u.ä. beschäf-tigen. Erörterung künftiger Aufgaben in der Lehreraus- und Fortbildung, der Lehrmaterial- und Curriculumentwicklung.

Britton, B.K., Pellegrini, A. D. (Hrsg.) Narrative Thought and Narrative Language Hillsdale, New Jersey: Erlbaum 1990.

Butzkamm, Wolfgang Psycholinguistik des Fremdsprachenunterrichts. Natürliche Künstlichkeit: Von der Muttersprache zur Fremdsprache (Uni-Taschenbücher, 1505) Tübingen: Francke 1989, 322 S. Als Basisliteratur für die Lehrerausbildung, Lehrerfortbildung geeignet – klare, verständliche Sprache.

C

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D

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Doyé, Peter Fremdsprachenerziehung in der Grundschule In: ZFF. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung. Bochum: Brockmeyer 4 (1), 1993, S. 48–90.

Doyé, Peter Typologie der Testaufgaben für den Unterricht Deutsch als Fremdsprache (Fremdsprachenunterricht in Theorie und Praxis) Berlin/ München u.a.: Langenscheidt 1992, 223 S. Fundgrube mit theoretischem Hintergrund – öffnet den Blick für die Vielfalt der Möglichkei-ten.

E

Endt, Ernst/ Kirsch, Dieter Primarschulbibliothek München: Goethe-Institut 1994, 37 S. Primarschulmaterialien. Eine Bibliographie für das frühe Fremdsprachenlernen Deutsch.

F

Fölling-Albers, Maria Veränderte Kindheit - veränderte Grundschule (Beiträge zur Reform der Grundschule; 75) Frankfurt/ Main.: AK Grundschule 1989, 199 S. Aspekte der Entwicklungspsychologie und des sozialen Lernens.

Freinet, Célestin Pädagogische Texte Herausgegeben von Boehncke, Heiner; Henning, Christoph. Hamburg 1980.

Freudenstein, Reinhold Fremdsprachen in der Grundschule. Urteile – Vorurteile – Antworten In: Praxis des neusprachlichen Unterrichts. 36. Jahrgang, Heft 4, 1989, S. 339–343. Neusprachlicher Unterricht und fremdsprachlicher Spracherwerb im Primarbereich.

Anhang 2

223

Frey, Karl Die Projektmethode Weinheim u.a.: Beltz: 1995, 268 S. Sehr gute Darstellung der Unterrichtsmethode und theoretische Grundlage für den Projektun-terricht, Unterrichtsorganisation im Primarbereich.

G

Gal'skova, N. D./ Nikitenko, Z. N. Organizatsija ucebnogo processa po innostrannomu jazyku v nacšal'no´j sškol'e V: Innostrannye jazyki v sškol'e. 1994, 1, S. 8–10. Diskussion zentraler Prinzipien des frühen Fremdsprachenlernens wie Lerner- und Hand-lungsorientierung, Kognitivität und Kreativität.

Geißler, Erich E. Erziehungsmittel Die pädagogische Funktion des Spiels. Bad Heilbrunn/ Obb.: Klinkhardt 1982, 333 S. Überlegungen zur Erziehung, Darstellung der grundlegenden Erziehungsmittel und deren ein-zelne Funktionen.

H

Hagège, Claude L'enfant aux deux langues Paris: Odile Jacob 1996. Begründungen für frühes Fremdsprachenlernen, seine Bedeutung für die Persönlichkeitsbil-dung.

Hermann-Brennecke, Gisela Affektive und kognitive Flexibilität durch Fremdspr achenvielfalt auf der Primarstufe In: ZFF. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung. Bochum: Brockmeyer, 5 (2), 1994, S. 1–21. Emanzipiert emotionale Fähigkeiten des Kindes, argumentiert im Sinne des interkulturellen Lernens.

Höhne, Cornelia/ Meffert, Ursula Deutsch als Fremdsprache in Vorbereitungsklassen der Grundschule (Projekt ausländische Kinder an unseren Schulen) Düsseldorf: Pädagogisches Institut der Landeshauptstadt 1986, 62 S. Vorstellung der erprobten Unterrichtsreihen "Einkaufen", "Bücherausleihe" und "Spiele" für das 2. und 4. Schuljahr.

Hunfeld, Hans Noch einmal: Zur Normalität des Fremden. Beispiel: Frühes Fremdsprachenlernen In: Der fremdsprachliche Unterricht Englisch, 26. Jahrgang, Heft 1, 1992, S. 42–44.

J

Jaffke, Christoph Fremdsprachenunterricht auf der Primarstufe: Seine Begründung und Praxis in der Waldorfpädagogik

Anhang 2

224

(Dissertationstitel: Der Fremdsprachenunterricht der Primarstufe der Freien Waldorfschulen als Bestandteil einer ganzheitlichen Erziehung) Weinheim: Deutscher Studienverlag 1994, 392 S. Neueste Erkenntnisse der Fremdsprachendidaktik basierend auf dem Stand der heutigen Psy-cholinguistik. Fülle von unterrichtspraktischen Anregungen, Fundgrube für Sprachlehrer.

Johnstone, Richard Teaching Modern Languages at Primary School - Approaches and Implications Edinburgh: Scottish Council for Research in Education (SCRE; Publication 121) 1994, 70 S. Stellungnahme zum jetzigen Stand des Fremdsprachenunterrichts auf der Primarstufe und Be-trachtung der Entwicklungen in Schottland in einem historischen und internationalen Kontext.

K

Katein, Werner (Hrsg.) Maria Montessori. Die Grundlagen ihrer Pädagogik und Möglichkeiten der Übertra-gung in Schulen Langenau-Ulm: Armin Vaas 1992.

Keser-Brameshuber, Ursula Fächerübergreifender Unterricht in der Primarstufe Neuss: Landesinstitut für Curriculumentwicklung, Lehrerfort- und Weiterbildung 1982, 70 S. Projektunterricht und Umwelterziehung in der Grundschule.

Kirsch, Dieter/ Delanoff, Dorothea Grammatik in der Primarschule – Piephos Pfiffigkeiten zum frühen Fremdsprachenler-nen (Primarschulmaterialien; Baustein: Grammatik; Erprobungsfassung) München: Goethe-Institut 1994, 70 S. Vermittlung von Grammatik in der Primarstufe aus Piephos Sicht, d.h. Anwendung der Kon-zepte der Verstehens-, Rekonstruktions- und Produktionsgrammatik.

Krashen, Stephen D. Second Language Acquisition and Second Language Learning (Language teaching methodology series) Oxford: Pergamon Press 1981, 151 S. Einführung in die Spracherwerbsforschung, Unterscheidung zwischen Spracherwerb und Sprachlernen, Betonung auf Input im Unterricht.

Kubanek-German, Angelika Geschichten und narrative Prinzipien. Überlegungen am Beispiel des frühen Fremd-sprachenlernens In: Der fremdsprachliche Unterricht Englisch. Stuttgart: Klett, Heft 1, 1992, S.11–17.

Kubanek-German, Angelika Der frühe Fremdsprachenunterricht und sein Kanon - einige Anmerkungen In: ZFF. Zeitschrift für Fremdsprachenforschung. Bochum: Brockmeyer, 5 (2), 1994, S. 22–31.

Kubanek-German, Angelika (Hrsg.) Immersion - Fremdsprachenlernen - Primarbereich

Anhang 2

225

München: Goethe-Institut 1996. Standpunkte zur Sprach- und Kulturvermittlung 5.

L

Lang, Thomas Kinder brauchen Abenteuer München: E. Reinhardt 1992.

Lehrpläne für den Unterricht von Deutsch als Zweitsprache an den Pflichtschulen in der autonomen Provinz Bozen Landesgesetz Nr. 2 vom 19. Juli 1994. Ideen, Impulse für Lehrplanautoren, auch für diejenigen, die Deutsch als Fremdsprache pla-nen.

Lehrplanentwicklung im Primarschulbereich Reader (II) zum Workshop. München: Goethe-Institut 1994.

Lehrplan Deutsch für niederländische Schulen Von Dick Meijer unter Mitarbeit von Hetty Mulder, Ge Stoks, Han van Tooreburg und Ingrid Wijgh. Übersetzt ins Deutsche von Marij Krill, bearbeitet von Harold Groß und Bernd Kast. München 1994.

Leonter, A. A. Psichologiceskije predposyl'ki rannego obuceni'ja innostrannym jazykom V: Innostrannyje jazyki v. skol'e, 1985, 5. S. 24–29. Analyse der psychologischen Begründungen des frühen Fremdsprachenlernens. Kindlicher Spracherwerb als kognitiver und kreativer Prozess.

M

Mans, E. Lernziel 'kommunikative Kompetenz': Zu einigen neuen Versuchen, ein altes Problem der Fremdsprachendidaktik zu lösen In: Kramer, J. (Hrsg.): Bestandsaufnahme Fremdsprachenunterricht – Argumente zur Reform der Fremdsprachendidaktik. Stuttgart 1976.

McGuire, M. The Rhetoric of Narrative: A Hermeneutic, Critical Theory In: Britton, B. K.: Pellegrini, A. D. (Hrsg.): Narrative Thought and Narrative Language. Hillsdale, New Jersey: Erlbaum 1990.

Meyer, Paul Michael Die biografische Schule Lebensmuster als Erziehungsmuster. Bern: Zytglogge 1994, 240 S. Entwicklung von Theorieansätzen des Lehrens und Lernens auf mythologischen Grundmus-tern basierend. Anwendung "meditativer Didaktik" und Bewusstmachung gesellschaftlicher Zusammenhänge. Arbeitsbuch für Eltern, Erwachsene, Lehrer, Studenten.

Anhang 2

226

Montessori, Maria Grundlagen meiner Pädagogik und weitere Aufsätze zur Anthropologie und Didaktik Heidelberg 1965.

Müller, Manfred (Hrsg.) Autonomes und partnerschaftliches Lernen. Modelle und Beispiele aus dem Fremdspra-chenunterricht (Fremdsprachenunterricht in Theorie und Praxis) Berlin/ München u.a.: Langenscheidt 1989, 208 S.

N

Neuner,Gerhard/ Krüge,Michael/ Grewer,Ulrich Übungstypologie zum kommunikativen Deutschunterricht (Reihe Fremdsprachenunterricht in Theorie und Praxis) München: Langenscheidt 1981, 184 S. Als Basisliteratur sehr gut strukturiert, klar, verständlich.

Nothdorf, Edith Singen und Spielen für Kinder. Eine Einführung in die Musik Wolfenbüttel: Kallmeyer 1984, 160 S. Erzieherhandbuch mit Unterrichtsentwürfen.

P

Piepho, Hans-Eberhard Englisch in der Grundschule Handreichungen und Materialien für den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule. Bochum: Kamp 1992, 163 S. Materialsammlung und Unterrichtsmittel für das 3. und 4. Schuljahr.

Prima(r) Zeitschrift für Deutsch als Fremdsprache im Primarschulbereich. Köln: Dürr & Kessler 1992 f. Heft 1/ 92 - Lernen durch die Hand Heft 2/ 92 - Wachsen mit der Sprache Heft 3/ 93 - Lernen durch Geschichten Heft 4/ 93 - Bilder zur Sprache bringen Heft 5/ 93 - Von Texten schreiben lernen Heft 6/ 94 - Freiarbeit Heft 7/ 94 - Sag's mal mit Musik Heft 8/ 94 - Schmunzelnd lernen Heft 9/ 95 - Lernen über Grenzen Heft 10/ 95 - Laut, komm heraus Heft 11/ 95 - Rundherum, das ist nicht schwer Heft 12/ 96 - Reim dich, oder... Heft 13/ 96 - Über den Tellerrand... Heft 14/ 96 - Darf ich dich beimWort nehmen? Heft 15/ 97 - Grammatik – Lust oder Last? Heft 16/ 97 - Lernen lernen

Anhang 2

227

Puhan-Schulz, Barbara Wenn ich traurig bin, fühle ich mich wie acht Grad minus. Kreative Sprachförderung für deutsche und ausländische Kinder. Weinheim/ Basel: Beltz 1989, 101 S. Interkulturelle Erziehung in der Grundschule.

R

Rogova, G. V./ Verešscagina, I. N. Metodika obucenija angliskomu jazyku na nacal'nom etap'e v srednej sškole Prosvescenje, Moskva 1988, 288 S. Geschichte des frühen Fremdsprachenunterrichts in Russland. Erörterung prinzipieller Fragen des Englisch-Unterrichts in der Primarstufe, wie Curriculum, Ziele, Inhalte, Methoden.

S

Singleton, David M. Language Acquisition: the Age Factor (Multilingual Matters; 47) Clevedon u.a: Multilingual Matters Ltd. 1989, 323 S. Bezieht sich unter anderem auf das optimale Anfangslernalter, um sich eine erste Fremdspra-che anzueignen.

Slembek, Edith Lehrbuch der Fehleranalyse und Fehlertherapie (Griechisch, Italienisch, Türkisch, Deutsch/ Hören, Sprechen, Schreiben). (Curriculare Mate-rialien) Heinsberg: Agentur Dieck 1986, 195 S. Ausgehend von der zentralen Bedeutung der Hörleistung für das Erlernen von Sprachen wer-den Sprech- und Schreibfehler differenziert und nach deutschen Regionalsprachen und den drei Muttersprachen der Ausländer analysiert.

Steinbach, Gudrun Überlegungen zur Ausbildung von Lehrern für den Fremdsprachenunterricht an der Grundschule In: ZFF. Zeitschrift für Fremsprachenforschung, 5 (2), 1994, S. 35–42.

Straube, Dieter Lernpsychologische Gründe für einen obligatorischen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule In: Fremdsprachenunterricht, 45. Jahrgang, Heft 6, 1992, S. 356–359.

V

Vygotskij, L. S. Voobrashenije i tvorcestro v d'etskom vozrast'e Moskau 1991, 205 S. Kritische Analyse der psychologischen Forschungen zu psychischen Prozessen des Kindes, wie Einbildungskraft und Kreativität.

Z

Zitzlsperger, Helga Kinder spielen Märchen: schöpferisches Ausgestalten und Nacherleben Weinheim u.a.: Beltz 1993, 197 S.

Anhang 2

228

Nicht bloße Rollenspiele, sondern umfassende Spielprojekte und schöpferische Aktionen, de-ren Hintergrund wichtige märchenpsychologische Aspekte bilden, sollen den Kindern zur in-neren Verselbstständigung helfen.

TeilnehmerInnen an der Arbeit in den Symposien

Hana Andrášová, Ceské Budejovice (Tschechische Republik) Aksharkyn Artykbajewa , Almaty (Kasachstan) Melanja Astvazatrjan, Jerewan (Armenien) Iris Bäcker, Bochum, Moskau (Rußland) Elvira Bogdanova, Köln Horst Breitung, München Siegfried Büttner, Köln, Verona (Italien) Patricia Chighini , Embourg (Belgien) Klaus Civegna, Bozen (Italien) Ernst Endt, München Marina-Lucia Frinculescu , Bukarest (Rumänien) Natalia Galskowa, Moskau (Rußland) Erika Ganssmann, North Adelaide (Australien) Rosemarie Hesse, München Marion Hollerung , München Véra Janiková, Brno (Tschechische Republik) Mariana Jileva, Pasardjik (Bulgarien) Rita Kahu , Rapina (Estland) Angeliki Kiliari , Thessaloniki (Griechenland) Dieter Kirsch , Starnberg Galina Kononowa, Tscherepowez (Rußland) Irina Maslo , Riga (Lettland) Boris Menrath , Köln Erill Nuria Morato , Baráelona (Spanien) Edit Morvai , Budapest (Ungarn) Ursula Nováková, Banovce (Slowakische Republik) Helgi Org, Talinn (Estland) Soja Pawluk, Lviv (Ukraine) Carol Ann Pesola, Moorhead (USA) Marlene Pölcher, Ebersberg, Prag (Tschechische Republik) Martin J. Prowse, Castle Douglas (Schottland, GB) Ella Schangerejewa, Bischkek (Kyrgystan) Sabine Schmitz, München Marion Schütt, München Margret Sprenger, Paris (Frankreich) Dagmar Svermová, Prag (Tschechische Republik) Ljerka Tomljenovic-Biškupic , Zagreb (Kroatien) Krassimira Tschakarowa, Sofia (Bulgarien) Tatjana Tutschkowa, Lipezk (Rußland) Marcy Zachmeier-Ruh, Farmington (USA)

Gutachterliche Stellungnahmen legten vor:

Prof. Karl-Richard Bausch Iris Bäcker

Anhang 2

229

Rosemarie Hesse Prof. Hans-Jürgen Krumm Prof. Albert Raasch

An der Schlussredaktion beteiligten sich:

Horst Breitung Ernst Endt Dieter Kirsch Albert Raasch Sabine Schmitz Jutta Wolfrum

Die Auswahlbibliographie erstellte:

Ute Degner, unter Mitarbeit von Elvira Bogdanowa

Anhang 3

230

Anhang 3: Liste zur Selbsteinschätzung des Schülers (Piepho 2003: 10ff.)

Anhang 3

231

Anhang 3

232

Anhang 3

233

Anhang 3

234

Anhang 3

235

Anhang 3

236

Anhang 3

237

Anhang 3

238

Anhang 3

239

Anhang 3

240

Anhang 4

241

Anhang 4: Fragebogen zur Lernerbiographie (Deutsch/ Arabisch)

Sehr geehrter Teilnehmer, sehr geehrte Teilnehmerin, Diese Befragung wird im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zu ei-nigen Prinzipien bei der Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache an ägyptischen gymnasialen Oberschulen durchgeführt. Alle Da-ten werden vertraulich behandelt, nicht an Dritte weitergegeben und nur für For-schungszwecke verwendet. Name: ……………………………………………………………………………. Geburtsdatum: ………………………………………………………………….. Geschlecht: männlich weiblich Nationalität: …………………………………………………………………….. Telefonnummer: ………………………………………………………………... 1. Was ist Ihre Muttersprache? ……………………………………………….. 2. Welche Fremdsprachen haben Sie gelernt?

1 – welche? …………………………………………………………………... 2 – welche? …………………………………………………………………... 3 oder mehr – welche? ………………………………………………………..

3. Wie lange haben Sie diese Sprachen gelernt? 1- …………… Jahre 2- …………… Jahre

4. Englisch ist mein Lieblingsfach ganz in Ordnung nichts für mich. Mein Lieblingsfach ist……………………………………….

5. Deutsch ist mein Lieblingsfach ganz in Ordnung nichts für mich. Mein Lieblingsfach ist……………………………………….

6. Wie intensiv haben Sie durchschnittlich Deutsch gelernt? 1-2 Stunden pro Woche 3-5 Stunden pro Woche 6-10 Stunden pro Woche

7. Warum lernen Sie Deutsch? weil…………………………………………………………………………… 8. Bei welchem Lernbereich macht Ihnen das Fremdsprachenlernen Spaß?

Grammatikübungen, weil …………………………………………………… . Rollenspiele, weil …………………………………………………………….. Hörverstehen, weil …………………………………………………………… Leseaktivitäten, weil ……………………………………………………….. Vokabellernen, weil ………………………………………………………….. Schreibaufgaben, weil ………………………………………………………. . Sprechen, weil ………………………………………………………………...

9. Was tun Sie, um eine Fremdsprache am besten zu lernen?

Anhang 4

242

………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 10. Meine Deutschlehrerin/ Mein Deutschlehrer trägt dazu bei, dass ich für das Fremdsprachenlernen motiviert bin und viel lerne.

Ja, weil……………………………………………………………………….. Nein, weil …………………………………………………………………….

11. Wie gefallen Ihnen die Inhalte und Themen des Lehrwerks „Kairo-Frankfurt…und zurück“?

sehr gut gut befriedigend ausreichend mangelhaft und zwar weil, …………………………………………………………………… 12. Was gefällt Ihnen am wenigsten im Unterricht? ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 13. Was gefällt Ihnen am besten im Unterricht? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 14. Wie zufrieden Sind Sie mit Ihrem persönlichen Lernerfolg?

sehr zufrieden, weil …………………………………………………….......... weniger zufrieden, weil ……………………………………………………… nicht zufrieden, weil ………………………………………………………….

15. Wie lernen Sie gern? Zum Beispiel, indem Sie etwas nur hören, sehen, es aufschreiben, nachsprechen? Warum? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 16. Lernen Sie außerhalb des Unterrichts Deutsch?

Nein Ja Falls ja, wie?

zu Hause alleine mit einem Privatlehrer in einer Sprachschule Falls ja, wie lange lernen Sie durchschnittlich pro Woche zusätzlich zum schuli-schen Unterricht?

1-2 Stunden 2-3 Stunden 3-4 Stunden 4-5 Stunden mehr als 5 Stunden

17. Wann haben Sie die Fremdsprachen aktiv angewendet? Bitte nennen Sie! Fremdsprache 1 ………………………………………………………………….. Fremdsprache 2 ………………………………………………………………….. 18. In welchen Lernbereichen haben Sie in der letzten Zeit Fortschritte ge-macht? Warum? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 19. Wie versuchen Sie, auf Korrektheit beim Sprechen zu achten?

Anhang 4

243

…………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 20. Wie gehen Sie vor beim Vokabellernen? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 21. Was fällt Ihnen noch schwer in der Fremdsprache? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 22. Was möchten Sie mehr machen zur Verbesserung Ihres Sprachniveaus? …………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………. 23. Akzeptieren Sie Ihren Fremdsprachenunterricht? Warum? ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 24. Welche Ratschläge würden Sie der Lehrperson geben, um den Unter-richt zu optimieren? ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………… 25. Möchten Sie noch etwas zum Fremdsprachenunterricht schreiben? Ha-ben Sie noch etwas auf dem Herzen? …………………………………………………………………………………….……………………………………………………………………………………. Vielen Dank für die Teilnahme an der Befragung!

Anhang 4

244

عزيزى المشارك، عزيزتى المشاركة،

تقوم ھذه ا�ستبانة باستط,ع آرائكم حول المبادىء التى يجب ا�لتزام بھا عند صياغة الكتب التعليمية فى مادة اللغة فى ھذا ا�طار سيتم الحفاظ على سرية بياناتكم، حيث سيتم استخدامھا. ا>لمانية كلغة أجنبية فى المدارس الثانوية المصرية

.لFغراض البحثية فقط

: ..............................................................................................................................................ا�سم ...............................................................: .....................................................................تاريخ المي�د

انثى ذكر : النوع .....................................................................................: .....................................................الجنسية

: ......................................................................................................................................رقم الھاتف ............................................................................................................................ما ھى لغتك ا#م؟ . 1 ما ھى اللغات ا#جنبية التى تعلمتھا؟ . 2

................................. لغتان وھما .......................... لغة واحدة وھى ................. ث,ث لغات أو أكثر وھى

كم المدة التى استغرقتھا فى تعلم ھذه اللغات؟. 3 عام : ................ اللغة ا>جنبية ا>ولى عام: ................ اللغة ا>جنبية الثانية

اللغة ا�نجليزية ھى . 4 مقبولة لغتى المفضلة

� تعنى شىء بالنسبة لى، فلغتى المفضلة ھى ................................... لغة ا#لمانية ھى ال. 5

مقبولة لغتى المفضلة � تعنى شىء بالنسبة لى، فلغتى المفضلة ھى ...................................

وسط عدد ساعات تعلم اللغة ا#لمانية لديك؟ كم يبلغ مت. 6 ساعاتان اسبوعيا– ساعة خمس ساعات اسبوعيا– ث,ث عشر ساعات اسبوعيا– ست

لماذا تتعلم اللغة ا#لمانية؟. 7……...............................................................................................................................................

....................................................................................................................................................... ت اللغوية ا>تية تفضل؟أى المجا�. 8

............................................................................................................ حل تمارين على القواعد، >ن .......................................................................................................................... لعب ا>دوار، >ن

........................................................................................................... فھم النصوص المسموعة، >ن ............................................................................................................................ت ، >ن المطالعا

.............................................................................................................. تعلم المفردات الجديدة ، >ن ........................................................................................................... كتابة موضوعات ا�نشاء، >ن

............................................................................................................................... المحادثة، >ن ما الذى تقوم به لكى تحسن تعلمك للغة ا#جنبية؟. 9

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

.يةكثيرا على تعلم اللغة ا#جنب) تحفزنى(يحفزنى ) مدرستى(ى سمدر . 10 ...................................................................................................................................... نعم، >ن �، >ن .......................................................................................................................................

؟"والعودة... فرانكفورت –القاھرة "إلى أى مدى تنال اعجابك الموضوعات التى يحتوى عليھا الكتاب التعليمى . 11 ...................................................................................................................تعجبنى كثيرا جدا، >ن

......................................................................................................................... تعجبنى كثيرا، >ن

Anhang 4

245

.................................................................................................................تعجبنى بشكل مرض، >ن .................................................................................................................... تعجبنى إلى حد ما، >ن

� تنال اعجابى، >ن ....................................................................................................................... ما الذى � يعجبك فى الحصة الدراسية؟. 12

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

ما الذى يعجبك فى الحصة الدراسية؟. 13.......................................................................................................................................................

....................................................................................................................................................... ما مدى رضاؤك عن مستوى نجاحك الشخصى فى تعلم اللغة؟. 14

.................................................................................................................. راض إلى حد كبير، >ن ................................................................................................................... راض إلى حد قليل، >ن

............................................................................................................................ غير راض، >ن ما ھى طريقة التعلم المفضلة لديك؟ ھل ھى على سبيل المثال ا�ستماع أم المشاھدة ام التدوين أم التكرار؟ ولماذا؟. 15

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

تتعلم ا#لمانية خارج اطار المدرسة؟ھل . 16 � نعم

إذا كانت ا�جابة بنعم

فبأى طريقة تتعلم ا#لمانية خارج اطار المدرسة؟- أتعلم فى احدى مدارس اللغات بمساعدة مدرس خاص بمفردك فى المنزل

كم يبلغ متوسط عدد الساعات ا�ضافية أسبوعيا لتعلم اللغة ا#لمانية؟ - أربع ساعات - ث,ث ث,ث ساعات –اتان ساع ساعاتان – ساعة واحدة

أكثر من خمس ساعات خمس ساعات – أربع !اللغات ا#جنبية بشكل فعال؟ من فضلك اذكر المواقفمتى استخدمت . 17

: ............................................................................................................................اللغة ا>جنبية ا>ولى.......................................................................................................................................................

: ............................................................................................................................اللغة ا>جنبية الثانية.......................................................................................................................................................

فى أى من المجا�ت اللغوية حققت تقدما فى الفترة ا#خيرة؟ و لماذا؟ . 18.......................................................................................................................................................

.......................................................................................................................................................

كيف تحاول الحفاظ على النطق السليم للغة عندما تتحدث؟ . 19.......................................................................................................................................................

...................................................................................................................................................... كيف تتعلم المفردات الجديدة؟. 20

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

ما ھى الصعوبات التى تواجھك فى تعلم اللغة ا#لمانية؟ . 21.......................................................................................................................................................

....................................................................................................................................................... مل الذى تريد أن تفعله لتحسين مستواك اللغوى؟ . 22

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

؟ و لماذا؟)با#خص ا#لمانية(ھل أنت راض عن حصة تعلم اللغة ا#جنبية . 23.......................................................................................................................................................

....................................................................................................................................................... للوصول بالحصة المدرسية إلى الشكل ا#مثل؟ ) معلمتك(معلمك ما ھى المقترحات التى يمكن أن تقدمھا ل. 24

Anhang 4

246

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

ھل تريد أن تكتب شيئا اضافيا حول حصة اللغة ا#لمانية؟ . 25

..............................................................................................................................................................................................................................................................................................................

!تعاونكم معناحسن شكرا ل

ھبة قناوى ابراھيم المدرس المساعد بقسم المناھج وطرق التدريس

تخصص لغة ألمانية جامعة عين شمس–كلية التربية

Anhang 5

247

Anhang 5: Fragebogen zur Schreibproduktion (Deutsch/ Arabisch)

Sehr geehrter Teilnehmer, sehr geehrte Teilnehmerin, Diese Befragung wird im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung zu ei-nigen Prinzipien bei der Entwicklung von Lehrwerken im Fach Deutsch als Fremdsprache an ägyptischen gymnasialen Oberschulen durchgeführt. Alle Da-ten werden vertraulich behandelt, nicht an Dritte weitergegeben und nur für For-schungszwecke verwendet. Name: ……………………………………………………………………………. Lesen Sie die folgenden Aussagen durch und überlegen Sie, wie genau diese Aussage auf Sie zutrifft. Kreuzen Sie die Zahl Ihrer Antwort an. Ihre Antwortmöglichkeiten: 1: trifft gar nicht oder sehr selten auf mich zu. 2: trifft selten auf mich zu (weniger als 50%). 3: trifft manchmal auf mich zu (ca. 50%). 4: trifft normalerweise auf mich zu (mehr als 50%). 5: trifft immer oder fast immer auf mich zu.

Phase A: Gliederung

1. Ich habe mir eine für mein Thema passende Überschrift überlegt. 1 2 3 4 5 2. Ich habe über den Aufbau des Textes in Einleitung, Hauptteil und Schluss nachgedacht. 1 2 3 4 5 3. Ich habe nach einem Textmodell gesucht, das ich nutzen kann. 1 2 3 4 5 4. Ich habe mir die Frage gestellt, wie ich anfange. 1 2 3 4 5 5. Ich habe mir Gedanken über die Reihenfolge der einzelnen Textteile gemacht. 1 2 3 4 5 6. Ich bin überzeugt, dass ich alles Wichtige aufgeschrieben habe. 1 2 3 4 5 7. Ich habe Ideen zum Text durch Brainstorming, Assoziationen, Mindmapping, Stichworttechnik, Kernsatzmethode gesammelt. 1 2 3 4 5 8. Ich habe Techniken der Gliederung benutzt, wie z. B. Themenschwerpunkte benennen, strukturieren und hierarchisieren. 1 2 3 4 5

Anhang 5

248

Phase B: Während des Textens

9. Die Suche nach der treffenden Wortwahl hat den Anlass zum Nachdenken gegeben. 1 2 3 4 5 10. Ich habe mir über einen flexiblen Satzbau und bedeutsamen Satzinhalt Ge-danken gemacht. 1 2 3 4 5 11. Ich habe Nachschlagewerke genutzt. 1 2 3 4 5 12. Ich habe Techniken zur Förderung der Textkohärenz benutzt wie beispiels-weise Gliederungssignale und Konnektoren herausgearbeitet und zugeordnet (Orts- und Zeitangaben, Begründungen). 1 2 3 4 5 13. Ich habe Rücksicht auf die Absatzbildung genommen. 1 2 3 4 5 14. Ich habe geachtet auf die Textsorte und die damit verbundenen Textkonven-tionen. 1 2 3 4 5 15. Ich habe die Rechtschreibung und Zeichensetzung im Auge behalten. 1 2 3 4 5 Phase C: Überarbeitungsprozesse 16. Ich bin überzeugt, dass der Zusammenhang in meinem Text klar ist. 1 2 3 4 5 17. Ich habe Methoden der Eigenkorrektur z. B. Checklisten angewendet. 1 2 3 4 5 18. Ich habe markiert, was ich ändern will. 1 2 3 4 5 19. Ich habe Bemerkungen am Text angebracht, wo mir etwas auffällt. 1 2 3 4 5 20. Ich habe die Rechtschreibung und Zeichensetzung kontrolliert. 1 2 3 4 5 21. Ich habe weitere Leserreaktionen eingeholt. 1 2 3 4 5 22. Ich habe meinen eigenen Text als Leser beurteilt. 1 2 3 4 5 Vielen Dank für die Teilnahme an der Befragung!

Anhang 5

249

عزيزى المشارك، عزيزتى المشاركة،

المبادىء التى يجب ا�لتزام "تقوم ھذه ا�ستبانة باستط,ع آرائكم حول مھارة الكتابة ومراحلھا فى اطار دراسة علمية عن رة إلى ، وھنا أود ا�شا"بھا عند صياغة الكتب التعليمية فى مادة اللغة ا>لمانية كلغة أجنبية فى المدارس الثانوية المصرية

.أنه سوف يتم الحفاظ على سرية بياناتكم، واستخدامھا لFغراض البحثية فقط : ..............................................................................................................................................ا�سم

.ختر منھا ما ينطبق عليك العبارات ا>تية بتدبر واأاقر ينطبق على بنسبة ضئيلة جدا: 1 %)50أقل من (ينطبق على بنسبة ضئيلة : 2 %)50تقريبا (ينطبق على أحيانا : 3 %)50أكثر من (ينطبق على بنسبة كبيرة : 4 يكاد ينطبق على تماما : 5

ما قبل الكتابة : المرحلة ا#ولى .مناسب اخترت لموضوعى العنوان ال.11 2 3 4 5 . خاتمةقمت بتقسيم النص إلى مقدمة، وجزء رئيسى، و. 21 2 3 4 5 .بحثت عن نموذج نص ل,ستفادة منه. 31 2 3 4 5 .فكرت فى كيفية البداية. 41 2 3 4 5 .وجلت بفكرى حول ترتيب أجزاء النص. 51 2 3 4 5 . أنا مقتنع تماما بأنى كتبت كل ما ھو مھم. 61 2 3 4 5 ھرية كونت أفكارى حول الموضوع من خ,ل العصف الذھنى، وتداعى الخواطر، وخرائط ا>فكار، وكتابة ا>فكار الجو. 7

. للموضوع على ھيئة نقاط مختصرة، وكتابة النص فى صورة جمل أساسية1 2 3 4 5 .استخدمت مھارات تقسيم النص مثل ذكر النقاط ا>ساسية فى الموضوع وتبويبھا وتنسيقھا. 81 2 3 4 5

بةأثناء الكتا: المرحلة الثانية . أعملت فكرى فى اختيار اللفظ المناسب. 91 2 3 4 5

. فكرت كثيرا فى شكل ومضمون الجملة. 101 2 3 4 5

.قمت باستخدام بعض المراجع والقواميس. 111 2 3 4 5

استخدمت أدوات تعمل على ترابط النص مثل الروابط، وا�شارة إلى عناصره، وألحقت به ظروف الزمان والمكان . 12 . والتعلي,ت

1 2 3 4 5 . كنت حريصا على تنظيم فقرات النص. 131 2 3 4 5

.اعتنيت بنوع النص وخصائصه. 141 2 3 4 5

.أبديت اھتماما كبيرابالقواعد الصحيحة للكتابة وع,مات الترقيم. 151 2 3 4 5

تنقيح النص: المرحلة الثالثة .أنا مقتنع تماما بأن السياق وا>سلوب فى النص واضح. 161 2 3 4 5

استخدمت أساليب التصحيح الذاتى مثل . 171 2 3 4 5

Anhang 5

250

. قمت بتمييز ما أريد تغييره. 181 2 3 4 5

.دونت م,حظاتى حول النقاط التى جذبت انتباھى. 191 2 3 4 5

. قمت بمراجعة قواعد الكتابة الصحيحة وع,مات الترقيم. 201 2 3 4 5

.راجعت النص مع شخص آخر. 211 2 3 4 5

. أبديت راى فى النص كقارىء محايد. 221 2 3 4 5

!تعاونكم معناحسن شكرا ل ھبة قناوى ابراھيم

المدرس المساعد بقسم المناھج وطرق التدريس تخصص لغة ألمانية

جامعة عين شمس–التربية كلية

Anhang 6

251

Anhang 6: Verlauf und Forschungsfragen des Interviews

Einleitungs-phase des In-terviews

1. Fragen zur Sprach-lernbiographie

1.1 Zu Anfang kannst du erzählen, welche Fremd-sprachen du schon gelernt hast, wann, wo, wie lan-ge?

1.2 Inwieweit ist Fremdsprachenlernen deiner Mei-nung nach relevant für dich? insgesamt?

Subjektive Theorien zur Schreibpro-duktion in der Fremd-sprache

2. Individuelle Aspek-te und Schwerpunkte bei der Schreibpro-duktion

3. Lernprozessanalyse

4. Besonderheiten der Schreibfertigkeit im DaF

2.1 Wie heißt eigentlich das für dich, einen Text in der Fremdsprache zu schreiben?

2.2 Schreibst du gerne in der Fremdsprache?

2.3 Wie findest du es, einen Text in der Fremdspra-che zu schreiben?

2.4 Kannst du Aspekte nennen, die für dich beim Schreiben wichtig sind?

2.5 Unter welchen Bedingungen bist du zufrieden mit deinem Text?

3.1 Was machst du, wenn du anfängst, einen Text zu schreiben?

3.2 Was machst du, wenn du nicht weißt, weiterzu-schreiben?

3.3 Was machst du, wenn dir ein Wort/ einen Aus-druck fehlt?

4.1 Glaubst du, dass du in Deutsch anders schreiben kannst als die Fremdsprachen, die du vorher gelernt hast, warum? Worin zeigt sich das?

Beendung des Inter-views

5. Vorschläge zur Op-timierung der Schreib-fertigkeit

5.1 Was schlägst du vor, um den Erwerb der Schreibfertigkeit bei den DaF-Lernenden zu verbessern?

Anhang 7

252

Anhang 7: Transkription der arabischen Buchstaben

Buchstabe Transkription Erläuterungen

Hamza ’ ء

Im Deutschen vor :(ء) Á mit Hamza-Zeichen verstehen ,’ أsilbenanlautenden Vokalen gesprochen. "Alif" allein dient zur Schreibung von langen Vokalen Á.

b wie in bunt, Birke ب

t wie in Tag, Titel ت

wie im englischen think × ث

Ê wie stimmhaftes dsch ج

Î in der Kehle gepresstes h ح

Ì wie ch in Buch خ

d wie in Dach, Diele د

Æ wie th im englischen this ذ

r gerolltes Zungenspitzen-r wie im spanischen pero ر

z stimmhaftes s wie Sand, Sinn ز

s stimmloses s wie in Masse س

š wie sch in Schmal, Schule ش

Ò am Obergaumen gebildetes emphatisches s ص

à dumpfes stimmhaftes d ض

Ô dumpfes stimmhaftes t ط

Û gepresster, weit hinten gebildeter a-haltiger ظ

Anhang 7

253

Kehllaut, stimmhaftes Pendant zu h ‘ ع

È stimmhafter, dem Gaumen-r ähnlicher Laut غ

f wie finden ف

q hinten am Gaumensegelgesprochenes k ق

k wie in Kapitel ك

l wie in lesen ل

m wie in malen م

n wie in Nagel ن

h wie in Hand ھ

w, u oder Ù entspricht dem englischen w in with oder what و

y, Ð wie j in Jahr, jung; dient auch zur Schreibung von langen ى

Ð

Mit wenigen Veränderungen zitiert nach Günther, Krahl/ Wolfgang, Reuschel/ Eckehard, Schulz (2005): Lehrbuch des modernen Arabisch. Lektion 1. Berlin u. a.: Langenscheidt. S. 26.

Anhang 8

254

Anhang 8: Liste der Abbildungen

Abbildung 1: Fachdidaktische und fachmethodische Faktoren eines Lehrwerks laut Neuner (1994: 8)

Abbildung 2: Das Lehrwerk zwischen dem Lehrplan, Lehrsituation und Ler-nenden nach Neuner (1994: 9)

Abbildung 3: Das Lehrwerk als Mittelpunkt in einem Gefüge seiner Einfluss-faktoren nach Neuner (1994: 13)

Abbildung 4: Beziehung zwischen Themen, Textsorten, Fertigkeiten und Struk-turen in einem regionalen Lehrwerk laut Breitung/ Lattaro (2001: 1044)

Abbildung 5: Sprachliche Handlungssphären nach Mecheril/ Quehl (2006: 359)

Abbildung 6: Der didaktische Schreibprozess nach Storch (2008: 253)

Abbildung 7: Das prozessorientierte Schreibmodell laut Holtwisch (2004: 65)

Abbildung 8: Sammelsystem „net diagram“ (eigene Darstellung)

Abbildung 9: Ordnungssystem topic outline (eigene Darstellung)

Abbildung 10: Checkliste zur Kontrolle des Textes

Abbildung 11: Aufgabenbeispiel aus Vorderwülbecke (1986: 62)

Abbildung 12: Vorlage für die Selbsteinschätzung der Schüler nach Macht (1997: 201f.)

Abbildung 13: Liste zur Selbsteinschätzung laut Piepho (2003: 23f.)

Abbildung 14: Allgemeines Ablaufbild der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2008: 54)

Anhang 9

255

Anhang 9: Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen

Abkürzung Bedeutung

Abb. Abbildung

Abs. Absatz

ar. arabisch

bzw. beziehungsweise

ca. circa

DaF Deutsch als Fremdsprache

d. h. das heißt

DIN Deutsche Industrienormgröße für Papier

dt. Deutsch

ebd. Ebenda

etc. et cetera

evtl. eventuell

f. folgende Seite

ff. folgende Seiten

geb. geboren

gegr. gegründet

GERS Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen

gest. gestorben

ggf. Gegebenenfalls

m. E. meines Erachtens

Mio Millionen

s. siehe

u. a. unter anderen

US United States (of Amerika)

Anhang 9

256

usw. und so weiter

u. z. und zwar

vgl. vergleiche

z. B. zum Beispiel

257

Lebenslauf – Heba Abdalla

Persönliche Daten - Name: Heba Abdalla - Geboren am 21.11.1980 in Kairo/Ägypten - Verheiratet seit 1.2.2004

Schulische und akademische Ausbildung

Schulausbildung - 1986-1991: Grundschule Kairo/Ägypten - 1991-1994: Realschule Kairo/Ägypten - 1994-1997: Gymnasium Kairo/Ägypten - Abschluss: Abitur, Prozentsatz: 92,75%

Studium - 1997-2001: Ain-Schams Universität, pädagogische Fakultät, Germanistikabteilung - Abschluss: B.A. in Literatur&Pädagogik mit dem Gesamtprädikat „ausgezeichnet mit

Ehrengrad“, Rang: „Erste“ - 2001-2002: Fachdiplom in Pädagogik (DaF) Gesamtnote: ausgezeichnet - 2002-2003: Spezialdiplom in Pädagogik (DaF) Gesamtnote: sehr gut - 2003-2004: Vorbereitungsfächer zur Magisterarbeit - 2004-2007: Abschluss M.A. - Thema der Arbeit „Zu Niveaubeschreibungen für den Lehrplan des DaF-

Unterrichts an ägyptischen Oberschulen im Lichte des Gemeinsamen Europäi-schen Referenzrahmens“ Gesamtnote: ausgezeichnet

Promotion - 2006-2010: Dissertation „Prinzipien bei der Entwicklung von Lehrwerken für das

Fach Deutsch als zweite Fremdsprache an der ägyptischen Oberschule unter Be-rücksichtigung der Schreibkompetenz“

- Tag der mündlichen Prüfung: 01.07.2011

Berufstätigkeit - 2001-2006: Assistentin und anschließend Oberassistentin an der Curricula- und Me-

thodikabteilung, pädagogische Fakultät, Ain-Schams Universität - Seit 2011: Dozentin für DaF an der Curricula- und Methodikabteilung, pädagogische

Fakultät, Ain-Schams Universität

Englischkenntnisse - TOEFL-Ergebnis: 500 Punkte