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Ihre Ansprechpartnerin Stephanie Müller, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit LVR-LandesMuseum Bonn, Bachstr. 5-9, 53115 Bonn Tel.: +49 (0)228/2070-244, [email protected] Presseinformation GERMANEN – EINE ARCHÄOLOGISCHE BESTANDSAUFNAHME 6.5. - 24.10.2021 INHALT Germanen – Eine archäologische Bestandsaufnahme .......................................................... 1 Pressetext ............................................................................................................................. 2 Highlights aus der Ausstellung .............................................................................................. 3 Wandtexte ............................................................................................................................. 5 Rahmenprogramm ...............................................................................................................11 Mediaguide...........................................................................................................................12 Katalog .................................................................................................................................13 Fotomaterial .........................................................................................................................14 Daten und Fakten zur Ausstellung ........................................................................................19

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Ihre Ansprechpartnerin Stephanie Müller, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit LVR-LandesMuseum Bonn, Bachstr. 5-9, 53115 Bonn Tel.: +49 (0)228/2070-244, [email protected]

Presseinformation

GERMANEN – EINE ARCHÄOLOGISCHE BESTANDSAUFNAHME 6.5. - 24.10.2021

INHALT Germanen – Eine archäologische Bestandsaufnahme .......................................................... 1

Pressetext ............................................................................................................................. 2

Highlights aus der Ausstellung .............................................................................................. 3

Wandtexte ............................................................................................................................. 5

Rahmenprogramm ...............................................................................................................11

Mediaguide ...........................................................................................................................12

Katalog .................................................................................................................................13

Fotomaterial .........................................................................................................................14

Daten und Fakten zur Ausstellung ........................................................................................19

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PRESSETEXT

Germanen

Eine archäologische Bestandsaufnahme

6.5. - 24.10.2021

Unter dem Titel „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“ zeigt das LVR-LandesMuseum Bonn bis zum 24. Oktober 2021 die nächste große archäologische Ausstellung.

Die Germanen – immer wieder rücken sie in den Vordergrund, wenn es um die historische Herkunft der Deutschen geht. Dabei hat es ein Volk dieses Namens vermutlich nie gegeben. Mit dem Sammelbegriff „Germanen“ bezeichneten die Römer in der Nachfolge Cäsars ganz unterschiedliche Gemeinschaften mit eigenen kulturellen Traditionen. Ihr Siedlungsgebiet erstreckte sich zwischen dem ersten und vierten Jahrhundert vom Rhein bis an die nördliche Küste des Schwarzen Meeres.

In den vergangenen 20 Jahren hat die Archäologie dank umfangreicher Ausgrabungen, spektakulärer Funde und intensiver Forschungen eine Vielzahl neuer Erkenntnisse zu den Germanen gewonnen – sie bilden den Anlass für die große Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“.

Präsentiert werden hochkarätige Objekte aus Deutschland, Dänemark, Polen und Rumänien. Sie bieten neue Einblicke in die ferne Welt der Germanen: Wie haben sie gelebt und gewirtschaftet? Wie waren ihre Gesellschaften organisiert? Was haben sie geglaubt? Welche Rolle spielten die Beziehungen zu den Römern? Und wie erklärt sich angesichts der benachbarten „Hochkultur“ des römischen Reiches, dass die Germanen über Jahrhunderte hinweg auf ganz anderen Wirtschafts- und Lebensformen beharrten?

Die Ausstellung sucht nach Antworten und gibt zugleich einen tiefen Einblick in die faszinierende Welt jenseits von Rhein und Donau während der ersten vier Jahrhunderte nach Christus.

Ein vielfältiges Rahmenprogramm und ein interaktives „Studiolo“ ergänzen die Ausstellung.

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt des LVR-LandesMuseums Bonn mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz

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HIGHLIGHTS AUS DER AUSSTELLUNG

Eigene Bilderwelt – das Thorsberger Zierblech 3. Jh. n. Chr.

Schleswig, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf

Der von menschlichen Köpfen gerahmte Tierfries befindet sich auf einem Zierblech aus einer rituellen Deponierung in Thorsberg (Schleswig-Holstein). Das Zierblech ist 17 cm lang und 6 cm hoch. Es gehört zu den herausragenden Objekten germanischer Feinschmiedekunst. Vorbild für den Fries sind römische Tierfriese auf Metallgefäßen. Diese werden jedoch nicht kopiert, sondern in eine eigene Formensprache umgesetzt. Was genau dargestellt ist, ist bis heute unbekannt.

Besiegt – Relief eines knieenden Barbaren 2. Jh. n. Chr. Mainz-Gonsenheim Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Landesarchäologie, Außenstelle Mainz Die Körperhaltung des Mannes, seine Kleidung sowie die niedergelegten Waffen entsprechen der Ikonographie des gefangenen Barbaren. Das Motiv stammt aus der Triumphalsymbolik, die den Erfolg römischer Herrschaft über niedergeworfene Völker feiert. Gefangene gelangten in großer Zahl aus der Germania in das Römische Reich. Entweder im Zuge römischer Militäraktionen in der Germania oder verkauft von Germanen nach innergermanischen Konflikten an römische Sklavenhändler. Sandstein

Die germanische Elite: Gräber vom Lübsow-Typ 1. Jh. n. Chr.

Lübsow/Lubieszowo, pow. Gryfice (PL)

Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung

Eine Gruppe reich ausgestatteter Körpergräber aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., die nach einem zu Beginn des 20. Jahrhunderts geborgenen Grabfund im heutigen Lubieszowo (ehemals Lübsow) als „Fürstengräber vom Typ Lübsow“ bezeichnet werden, findet sich im östlichen Mitteleuropa und in Dänemark. Die Toten wurden in Baumsärgen beigesetzt, die in Holzkammern standen und von Steinen bedeckt und mit Erde bedeckt waren. Die wertvollen Beigaben, darunter zahlreiche Gegenstände aus dem Römischen Reich, belegen die weitreichenden Beziehungen und geben einen Hinweis auf das Selbstverständnis der Elite. Die Männer wurden ohne Waffen bestattet.

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Germanisch „meets“ Römisch – Grabinventar 1. Jh. n. Chr.

Łęg Piekarski, pow. Turek (PL), Grab 2

Państwowe Muzeum Archeologiczne Warszawa

Römische Gefäßsätze aus Becken, Kanne, Eimer, Schale und Griffschale waren im 1. Jahrhundert n. Chr. kennzeichnend für die germanische Elite. Getrunken wurde aus römischen Henkelbechern oder aus Trinkhörnern, von denen sich in Łęg Piekarski vier Endbeschläge erhalten haben. Germanisches traf Römisches.

Die 30 Spielsteine und vier Würfel gehörten zu einem Brettspiel. Spielen war Teil eines gehobenen Lebensstils in der Germania.

Einzigartig – Spitzenprodukte germanischer Feinschmiedekunst Um 300 n. Chr.

Dienstedt, Ilm-Kreis

Archäologische Sammlung der Friedrich-Schiller-Universität Jena

Ohne Vergleich sind die beiden sogenannten Dosenfibeln aus dem Frauengrab von Dienstedt. Sie sind goldschmiedetechnische Meisterleistungen und bestehen aus Dutzenden von Einzelelementen!

Der üppige Ringschmuck aus einem silberdrahtumwickelten Halsring mit Goldhülsen und einem silbernen Armringpaar, weitere Fibeln und das römische Bronzegeschirr unterstreichen die herausragende Stellung der Bestatteten als Mitglied der großräumig vernetzten Elite der späteren römischen Kaiserzeit.

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WANDTEXTE

Germania – Rom ordnet die Welt Die wichtigste historische Quelle zu Germanen ist bis heute die Schrift „De origine et situ Germanorum“ kurz „Germania“ des römischen Autors Tacitus aus dem 1. Jahrhundert n. Chr. Tacitus ordnete die Welt östlich des Rheins unterschiedlichen Gemeinschaften zu, nannte deren Bewohner*innen und schrieb über ihr Leben und Handeln. Er verfasste aber keinen objektiven ethnographischen Bericht im modernen Sinn. Vielmehr schrieb er für seine römischen Leser, für die die zahlreichen moralischen und tagespolitischen Anspielungen bestimmt waren.

Historische Quellen sollten also mit Vorsicht gelesen werden: Viele Fragen sind dabei zu beachten: Wer schreibt und für wen? Was ist das Ziel des Textes? Woher stammen die Informationen des Autors? Niemand würde heute z. B. die Winnetou-Bücher von Karl May oder die Erzählungen über das Steinzeit-Mädchen Ayla von Jean M. Auel als wissenschaftlichen Bericht über die „Indianer“ oder die Cro-Magnon-Menschen lesen.

Germania – vielgestaltige Naturräume Die von Germanen bewohnten Landschaften erstreckten sich während der Römischen Kaiserzeit (1. bis Mitte 4. Jahrhundert n. Chr.) von Skandinavien, über die Küstenregionen von Nord- und Ostsee, weite Teile Osteuropas – Polen, Tschechien, Österreich, Slowakei – bis an Rhein und Donau.

Ein nahezu unbegrenzter und zugleich vielgestaltiger Raum: Küsten, Moore, Mittelgebirgszüge und weite Ebenen mit Graslandschaften und ausgedehnte Wälder; geprägt durch unterschiedliche Klimazonen – vom gemäßigten Mitteleuropa, über die Steppen Südosteuropas mit kontinentalem Klima bis in den südskandinavischen Raum mit gemäßigtem Regenklima.

Germania – kulturelle Vielfalt Archäologische Forschungen ermöglichen immer detailreichere Einblicke in Hausbau, Keramikproduktion, Metallhandwerk und vieles mehr. Eine Vielzahl unterschiedlicher Kulturgruppen lassen sich so beschreiben. Dabei sind diese Kulturgruppen keinesfalls deckungsgleich mit den durch die historischen Quellen überlieferten Gemeinschaften. Wo diese gelebt haben, ist heute oft kaum mehr festzustellen, da die Angaben in den schriftlichen Quellen zumeist viel zu ungenau sind.

Trotz aller Unterschiede und beständigen Veränderungen in der Germania lassen sich überregionale Gemeinsamkeiten feststellen: Dazu zählen die typischen Wohnstallhäuser oder die Statussymbole der Eliten, wie umfangreiches römisches Tafelgeschirr, die Runenschrift oder Ringschmuck.

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Die Feddersen Wierde – Leben in der Marsch Objekte aus Holz, Leder oder Knochen gehören zu den seltenen Funden: Solche organischen Bodenfunde erhalten sich nur dort, wo Sauerstoffabschluss und Feuchte ein Zersetzen verhindern. Dies war bei der Wurt – ein künstlich aufgeschütteter Erdhügel – Feddersen Wierde an der Nordseeküste in Niedersachsen der Fall. Tausende von organischen Funden kamen zutage. Sie ermöglichen uns einen einzigartigen Einblick in das Wohnen, Wirtschaften, Arbeiten und Leben in einer germanischen Siedlung.

Leben mit geringer Absicherung Das Leben in der Germania war durch eine Selbstversorgungs- und Bedarfswirtschaft (Subsistenz) geprägt. Die Landwirtschaft war der entscheidende Produktionszweig. Neben dem Getreideanbau bildete die Viehzucht – Rind, Schwein und Schaf – die Grundlage für die Ernährung und lieferte die Rohstoffe für die verschiedensten Produkte. Auch wenn sich während der Römischen Kaiserzeit Innovationen in der Germania bei den landwirtschaftlichen Geräten aufgrund römischen Einflusses erkennen lassen, kam es zu keiner nennenswerten Überschussproduktion.

Ca. 40% der heutigen Weltbevölkerung betreibt noch eine vergleichbare Wirtschaft, zu deren Kennzeichen auch das Nichtvorhandensein eines Geldkreislaufes zählt.

Bernstein – das Gold des Nordens Tränen der Götter – so wird in der antiken Mythologie Bernstein bezeichnet. Kein Produkt aus der Germania war begehrter. Der römische Schriftsteller und Naturforscher Plinius der Ältere schreibt über Bernstein: „Unter den Luxusgegenständen schätzt man ihn so sehr, dass schon ein kleines Bild eines Menschen den Preis lebender und gesunder Menschen (Sklaven) übersteigt...“ Über Jahrhunderte wurde das fossile Baumharz auf der Bernsteinroute, einem verzweigten Wegenetz von der Ostseeküste nach Aquileia an der Adriaküste gebracht.

„Sicher ist, dass der Bernstein auf den Inseln des nördlichen Ozeans entsteht und von den Germanen glaesum genannt wird, … Der Bernstein entsteht aber aus dem herabfließenden Mark von Bäumen aus der Gattung der Fichten, wie der Gummi aus den Kirschbäumen, das Harz aus den Fichten durch Überfluss an feuchter Substanz. Durch Kälte oder durch die Zeit und durch das Meer verdickt er sich, wenn ihn die anschwellende Flut von den Inseln wegführt; ohne Zweifel wird er an den Küsten ausgeworfen, wobei er derart hin und her rollt, dass er zu schweben und auf den Grund zu sinken scheint.“

Plinius Nat. Hist. 37,42

Sklaven für Rom Die Arbeitskraft von Sklaven wurde im römischen Reich in vielen Wirtschaftsbereichen genutzt – eine Schattenseite der antiken Lebenswelt. Aus der Germania wurden Sklaven in großer Zahl in das Römische Reich verkauft.

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Dabei handelte es sich vor allem um Kriegsgefangene innergermanischer Konflikte. Aber auch von Germanen bei ihren Vorstößen in die Germania gefangengenommene römische Soldaten wurden in die Sklaverei gezwungen. In der Germania gefundene Fuß- und Halsfesseln dürfen als archäologische Hinweise auf Sklavenhandel interpretiert werden, den Tacitus mehrfach für die Germania erwähnt.

Blei für Roms Wasserleitungen Im Sauerland bei Brilon und am westlichen Rand des Westerwaldes in Bennerscheid bei Oberpleis wurden im 1. Jahrhundert n. Chr. Bleierze gefördert und vor Ort verhüttet. Ob die Bleiproduktion unter direktem römischen Einfluss stattfand, ist nicht eindeutig zu beantworten.

Aus einem 1989 in der Rhone-Mündung entdeckten römischen Schiffswrack konnten 99 Großbarren mit einem Gesamtgewicht von 5,5 Tonnen geborgen werden. Auf den Barren ist neben dem Händlernamen Lucius Flavius Verucla auch die Produktionsregion genannt: plumbum germanicum – germanisches Blei. Aus Blei wurden im Römischen Reich Wasserleitungen, Dächer, Schiffssporne oder Schleuderbleie hergestellt.

Eisen – selfmade in der Germania Eisenproduktion war in der Germania überall dort verbreitet, wo in Siedlungsnähe sogenanntes Raseneisenerz in feuchten und sumpfigen Niederungen in geringer Tiefe gefunden wurde. Aufgrund des besonders hohen Eisengehaltes konnte es relativ leicht in Rennfeueröfen verhüttet werden. Zentren der Eisenerzerzeugung, wie im Heiligkreuz-Gebirge in Polen mit 420 000 Schmelzöfen lassen sich archäologisch nachweisen. Hier wurde nicht nur für den Eigenbedarf produziert, sondern vielleicht sogar für den Export in das Römische Reich.

Aus unterschiedlichen Erzen Metalle wirtschaftlich zu gewinnen, war also kein Monopol einer von Rom beherrschten oder abhängigen Handwerkerschaft. Die Kenntnisse und Fertigkeiten der Metallhandwerker in der Germania waren hoch; erst im 15. Jahrhundert sollte sich die Technik der Metallgewinnung und Verarbeitung entscheidend weiterentwickeln.

Zerhackt, zerschnitten, eingeschmolzen Die Fundplätze Kamen-Westick am Hellweg und Elsfleth-Hogenkamp an der Mündung der Hunte in die Weser gelegen, vermitteln eine Vorstellung von der Umformung römischer Bronzeobjekte.

Reste von Gefäßen und Statuetten, Schmelz- und Gusstiegeln, Bronzeschmelze und Halbfabrikate germanischer Fibeln erlauben an beiden Fundplätzen einen detaillierten Einblick in die Verarbeitungsprozesse der Handwerker in der Germania: aus römisch wurde germanisch.

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Der Feinschmied – auf Wielands Spuren Die nordische Mythologie kennt die Figur des Schmieds Wieland: Verfertiger kunstvoller Goldgefäße und des sagenhaften Schwertes Mimung. Übernatürliche Kräfte verbanden sich mit den Fähigkeiten des Schmieds, der Metalle schmelzen, verformen und gestalten konnte und zwar auf hohem handwerklichem und technischem Niveau. Die Feinschmiedewerkzeuge aus Nydam, Illerup und Warburg-Daseberg sind den heute noch von Goldschmieden verwendeten Werkzeugen zum Verwechseln ähnlich.

Verschiedene Objekte wie der Schildbuckel aus Gommern, die Gurtschnalle des Schwertgehänges von Uggeløse oder das Zierblech aus dem Thorsberger Moor zeigen, welche erstaunlichen Fertigkeiten die Feinschmiede besaßen, wie sie römische Techniken übernahmen und wie sie zugleich römische Bildmotive (z. B. Tierhatzen) in eine eigene Formensprache umsetzten. Sie finden sich vor allem auf Erzeugnissen, die in Verbindung mit den Eliten stehen.

Stammesgesellschaften: Ohne Zentralgewalt und Staat Lange hat sich in der Forschung der Mythos eines germanischen Königtums gehalten. Die germanische Welt war, anders als dies die von den Römern benutzten Begriffe rex, princeps oder dux für die germanischen Eliten vermuten lassen, über Jahrhunderte hinweg hierarchisch wenig differenziert. Sie war lokal strukturiert und dennoch überregional vernetzt. „Prunkgräber“ wie in Gommern in Sachsen-Anhalt sind seltene Ausnahmen. Auch die Elitengräber treten nicht immer, sondern offensichtlich zeitlich und räumlich begrenzt nur unter bestimmten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf. Herrschaftssitze und -zentren sind für die römische Kaiserzeit für weite Räume der Germania unbekannt.

Haina – vorbereitet für das Gelage Charakteristisch für die Gräber der Elite ist die Mitgabe von umfangreichen Trink- und Speisegeschirrensembles – und zwar für Frauen und Männer gleichermaßen. Eine Vorstellung von entsprechenden Ensembles gibt das Männergrab aus Haina in Thüringen. Trotz Beraubung enthielt es noch zwei Bronzeeimer, einen Holzeimer, zwei Glasschalen, ein Holztablett und Fragmente eines Bronzebeckens sowie von einem Sieb und einer Kelle. Kelle und Sieb dienten zum Absieben des alkoholischen Getränks, das möglicherweise mit Kräutern verfeinert war. Römisches Vorbild ist hier anzunehmen.

Runen – Schrift und magische Zeichen „Alles ist denkbar, vieles ist möglich, wenig ist wahrscheinlich, nichts ist sicher“. Runen sind ein Schriftzeichensystem, das aus 24 Lautzeichen besteht. Wir können es lesen, aber den mit den Lautzeichen verbundenen Sinngehalt nur schwer entschlüsseln.

Ca. 350 kurze Inschriften lassen sich dem ältesten Runenalphabet – dem „älteren Futhark“ – zuordnen. Seine Spuren reichen bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. zurück. Kriegereliten, die im Dienst oder im losen Kontakt mit dem Römischen Reich standen, erfanden inspiriert von der lateinischen Schrift das

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Runenalphabet. Über seine Funktion können wir nur Vermutungen anstellen. Es spielte aber eine Rolle in der großräumigen Kommunikation der Eliten. Die Schriftzeichen selbst konnten eine sakrale Aura und magische Funktion besitzen und waren vermutlich nur für wenige Eingeweihte, „Schriftkundige“, verständlich. Schrift dient uns heute zumeist als profanes Kommunikationsmittel, z. B. um einen Einkaufszettel zu schreiben. In vormodernen Gesellschaften hat sie jedoch bisweilen eine besondere Bedeutung. Man denke nur an die Inschrift auf Saurons Ring im „Herr der Ringe“!

Gefolgschaften – variantenreich Wie waren germanische Krieger organisiert? Ein nach festen Regeln funktionierendes Gefolgschaftswesen, wie es Tacitus in seiner „Germania“ schildert, hat sich als nicht haltbar erwiesen. „Die Gefolgschaft als soziale Institution mit eindeutig benennbaren Eigenschaften gab es nicht“ (Dieter Timpe). Der Erfolg einer Gefolgschaft war abhängig von Ruhm und Beute. Gefolgschaftliche Zusammenschlüsse veränderten sich dynamisch, sie finden sich sowohl im Zuge von Wanderungsbewegungen als auch im Kontext von Stammes- und Privatkriegen. Ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. gewannen gefolgschaftlich organisierte Einfälle in das Römische Reiche zunehmend an Bedeutung. Hunderte von Kilometern drangen nun germanische Kriegergruppen in das Römische Reich vor, um Beute zu machen.

Kalkriese – „Varus, gib mir meine Legionen zurück!“ In einzelnen erbitterten Scharmützeln, die sich möglicherweise über Tage hinzogen, wurden 9 n. Chr. drei römische Legionen mit ca. 20 000 Soldaten aufgerieben. Der germanische Angriff erfolgte in der Nähe von Kalkriese (bei Osnabrück) an einem natürlichen Engpass. Hier konnten die Legionen ihre militärische Stärke nicht entfalten.

Eine Vorstellung von den Plünderungen, die sich an die Kämpfe anschlossen, vermittelt die Schilderung des Orosius zum Verhalten der Kimbern und Teutonen im ausgehenden 2. Jahrhundert v. Chr.: „Die Feinde, die die beiden Lager erstürmt und riesige Beute gemacht hatten, vernichteten zufolge einem unbekannten und ungewöhnlichen Schwur alles, was in ihre Hand gefallen war: die Gewänder der Gefallenen wurden zerrissen und in den Dreck getreten, das Gold und Silber in das Gewässer geworfen, die Bewaffnung der Männer zerschlagen, die Pferdegeschirre vernichtet, die Pferde selbst in den Strudeln des Stromes ertränkt, die Menschen mit Stricken um den Hals an den Bäumen aufgehängt, so dass der Sieger keinerlei Beute behielt, der Besiegte kein Erbarmen erfuhr.“

Paulus Orosius V 16, 1–7

Harzhorn – ein Kaiser in Mitteldeutschland Spuren römischer Militäraktionen weit entfernt vom Rhein waren für die Zeit nach dem ersten Viertel des 1. Jahrhunderts n. Chr. in der Germania kaum bekannt. 2008 jedoch entdeckte ein Hobbyarchäologe am Harzhorn die Relikte einer Schlacht. Heute gilt es als sicher, dass der Fundort im Zusammenhang mit dem

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Feldzug des Kaisers Maximinus Thrax im Jahr 235/236 n. Chr. steht. Archäologen fanden sogar eiserne Geschossspitzen. Sie wurden mit schweren Geschützen abgefeuert und beweisen, dass Rom – wenn nötig – seine ganze militärische Macht in der Germania demonstrierte.

Der Feldzug war eine Reaktion auf die zunehmenden Plünderungszüge germanischer Kriegergefolgschaften. Sie stießen immer wieder plündernd und Beute machend über den Rhein tief in das Römische Reich vor.

„Maximinus drang tief in germanisches Gebiet vor, machte viel Beute und überließ seinen Truppen alles Vieh, dessen man habhaft wurde. Die Germanen indessen hatten die Ebenen und die baumlosen Gegenden geräumt und sich in die Wälder und Sümpfe zurückgezogen, so dass die Kämpfe dort stattfinden würden, wo die dicht stehenden Bäume die Geschosse und Pfeile ihrer Feinde wirkungslos machen sollten, und wo die tiefen Moore die Römer bedrohen würden, die die Landschaft nicht kannten.“

Herodian 7,2,5–9

Abgeschaut und nachgemacht Nicht für alle, nicht überall und nicht zu jeder Zeit waren begehrte Objekte aus anderen Kulturkreisen verfügbar. Daher behalf man sich mit der Nachahmung des gewünschten Objektes. Ein weltweit verbreitetes Phänomen, das in der Germania bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. auftaucht.

Auch in den folgenden Jahrhunderten wurden Objekte imitiert. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um solche aus dem Bereich „Trinken und Essen“. Römische Trinkbecher und Schalen aus Ton oder Glas, wurden per Hand in Ton nachgeformt. In seltenen Fällen, wie im thüringischen Haarhausen, wurden Gefäße auf der Töpferscheibe gedreht. Immer scheint dabei die Nachahmung der Form und der Verzierung wichtiger gewesen zu sein als die Eigenschaften der römischen Objekte – z. B. Transparenz bei Glas, Dichtigkeit bei Geschirr oder bewegliche Henkel an Kesseln zum Aufhängen über dem Feuer.

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RAHMENPROGRAMM

Öffentliche Führungen immer sonntags um 11:15 Uhr

Diskussionsabende Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung sind in der Reihe „bpb Forum digital“ zwei Diskussionsabende geplant:

• Das Museum als Ort kultureller und politischer Bildung • Germanenideologie

Die Termine werden auf unserer Webseite bekannt gegeben. Die Diskussionsabende werden auch als Live-Stream übertragen.

Vortragsreihe Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit dem Verein von Altertumsfreunden im Rheinlande

Fake News Eine Rallye für Schulklassen ab Jahrgangsstufe 9 in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung.

Start der Rallye ist am LVR-LandesMuseum Bonn, Ziel ist die Bundeszentrale für politische Bildung. Am Start erhält die Schulklasse einen Klassensatz Rallyehefte, am Ziel erhält sie dann das Lösungsheft.

Die Rallye ist kostenlos.

Alle weiteren Informationen sowie die aktuell gültigen Zugangsregeln für das Museum finden Sie auf unserer Webseite. Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Besuch unter www.lmb.lvr.de.

Zeitfenster-Tickets sind in unserem Webshop buchbar: tickets.lmb.lvr.de

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MEDIAGUIDE

Der im Herbst 2020 eingeführte digitale Mediaguide des LVR-LandesMuseums Bonn wird anlässlich der Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“ erstmals auch eine multimediale Tour für eine Sonderausstellung anbieten.

Anknüpfend an das Konzept der Ausstellung, anhand neuer Funde die Lebenswelten der „Germanen“ zu beleuchten, wird den Besucher*innen die Diskrepanz zwischen Römern und Germanen sowohl fachlich als auch unterhaltsam nähergebracht. In zehn anschaulichen Videos zu verschiedenen Themenbereichen der Ausstellung werden zunächst die gängigsten Vorurteile von Römern gegenüber Germanen als Dialoge zwischen einem ‚Römer‘ und einem ‚Germanen‘ humoristisch dargeboten. Eine fachliche Einordnung zu den Dialogen gibt es jeweils anschließend von Kurator Prof. Dr. Michael Schmauder in einem Expertenstatement mit Rückbezug auf die in der Ausstellung gezeigten Objekte und Darstellungen.

Der Mediaguide ist mit dem eigenen Smartphone (Kopfhörer nicht vergessen!) über den Browser unter mediaguide.lmb.lvr.de zu erreichen. Alternativ können vor Ort Leihgeräte ausgeliehen werden.

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KATALOG

Zur Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Landesausstellung“ erscheint ein Begleitkatalog. Er ist im Museumsshop für 39,90 Euro erhältlich. ISBN: 978-3-8062-4261-4.

Wer waren „die“ Germanen? Kann von "den Germanen" überhaupt die Rede sein? Wie lebten sie? Was wissen wir über sie? Wie war das Verhältnis zwischen Germanen und Römischem Reich? War das tatsächlich eine in erster Linie von Konflikt geprägte Beziehung? Im reich bebilderten Begleitband zur Ausstellung „Germanen - eine archäologische Bestandsaufnahme“ bieten renommierte deutsche und internationale Archäologen und Historiker auf dem aktuellen Stand der Forschung verschiedene Einblicke in die Lebensrealität der Germanen. So spüren sie dem Leben und Wirtschaften nach und ergründen die Strukturen der germanischen Gesellschaften in dem von den Römern als „Germania magna“ bezeichneten Raum zwischen Rhein, Weichsel und Donau vom 1. bis zum 4. Jahrhundert nach Christus. Anhand archäologischer Funde – darunter viele Neufunde – eröffnet der Band ein eigenes und somit neues Bild von Germanen, das sich von der „römischen Brille“ freizumachen sucht.

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FOTOMATERIAL

Fotografien in Druckqualität finden Sie auf dem beigelegten USB-Stick oder auch zum Herunterladen auf unserer Homepage im Pressebereich unter folgendem Link: http://www.landesmuseum-bonn.lvr.de/de/presse/pressematerial_neu/pressematerial_neu.html.

Alle Fotos sind urheberrechtlich geschützt und nur zur Berichterstattung über die Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“ freigegeben. Wir bitten um vollständige Nennung des Bildnachweises. Hoch aufgelöste Versionen der Fotos und weitere Auskünfte erhalten Sie von der Pressestelle.

Plakat zu der Ausstellung „Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme“. Gestaltung: Studio Edgar Kandratian / polyform. Foto: Tim Foster

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Feinschmied bei der Herstellung des Schildbuckels aus dem Prunkgrab von Gommern, Lkr. Jerichower Land. Abbildung: Benoit Clarys, Louvain-La-Neuve.

Der reich verzierte Schildbuckel aus dem Fürstengrab von Gommern aus römischem Silber mit Pressblechverzierungen und Glaseinlagen. Foto: Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Andrea Hörentrup.

Fibel, Arm- und Fingerring aus der mit reichen Beigaben versehenen Bestattung von Grab 2 von Emersleben, Stadt Halberstadt, Lkr. Harz. 3. Jahrhundert n. Chr. Foto: Stadt Halberstadt, Städtisches Museum, C. Klein.

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Pressblechbeschlag mit Darstellung eines Paarhufers. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen. Foto H. Menne.

Mit figürlich verzierten goldenen Pressblechen belegtes gebogenes Blech aus dem Thorsberger Moor. Foto: Museum für Archäologie Schloss Gottorf, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen.

Rinderfigürchen. Berlin Schöneberg; Hündisburg, Stadt Haldensleben, Lkr. Börde. Foto: Staatliche Museen zu Berlin, Museum für Vor- und Frühgeschichte, Claudia Plamp.

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Körpergrab der „Herrin“ von Dienstedt, Ilm-Kreis u.a. mit aufwendig gearbeitetem Dosenfibelpaar und silbernem Halsring mit birnenförmiger Öse. Foto: Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte mit Sammlung UFG der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Jan-Peter Kasper.

Kämme von der Feddersen Wierde, Lkr. Cuxhaven. Foto: Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Wilhelmshaven, Rolf Kiepe.

Webgewichte der Wurt Feddersen Wierde (Ldkr. Cuxhaven). Foto: Niedersächsisches Institut für historische Küstenforschung, Wilhelmshaven, Rolf Kiepe.

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Zwei anthropomorphe Holzidole aus dem Opfermoor von Oberdorla, Gde. Vogtei, Unstrut-Hainich-Kreis. Foto: Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Weimar – Museum für Ur- und Frühgeschichte Thüringens.

Schildbuckel mit Runeninschrift; Thorsberger Moor, Süderbrarup, Kr. Schleswig-Flensburg. Holz; Gold. 3./4. Jahrhundert n. Chr. Foto: Museum für Archäologie Schloss Gottorf, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen.

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DATEN UND FAKTEN ZUR AUSSTELLUNG

Ausstellungstitel und -dauer

Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme

6.5. - 24.10.2021

Eine Ausstellung des LVR-LandesMuseums Bonn in Kooperation mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin

Ausstellungsort

LVR-LandesMuseum Bonn

Rheinisches Landesmuseum für Archäologie, Kunst- und Kulturgeschichte

Colmantstraße 14-16

53115 Bonn

Tel.: +49 (0)228 2070-351

Direktor LVR-LandesMuseum Bonn

Prof. Dr. Thorsten Valk

Ansprechpartner

Prof. Dr. Michael Schmauder, Kurator

Anzahl Exponate / Leihgaben

700 Objekte

Kooperationspartner:

Museum für Vor- und Frühgeschichte, Staatliche Museen zu Berlin, Prof. Matthias Wemhoff/Dr. Heino Neumayer

Lebensbilder:

Benoit Clarys und Mikko Kriek, BCL Archaeological Support

Ausstellungsgestalter:

Schiel Projektgesellschaft mbH, Berlin

Animation:

TU Darmstadt, Dr.-Ing. Marc Grellert

Film Germanenkompilation:

Thomas Tode/Rasmus Gerlach

Filme für den Mediaguide:

Make/c, Köln

Öffnungszeiten

Dienstag bis Sonntag: 11 bis 18 Uhr

Montag geschlossen

Eintrittspreise

Kombiticket (Wechselausstellung und Dauerausstellung) 10 € / ermäßigt 7,50 €

Nur Dauerausstellung 6 € / ermäßigt 4 €

Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: freier Eintritt

Schulklassen: freier Eintritt

Ticketvorverkauf

Ab sofort erhalten Sie Online-Tickets unter: tickets.lmb.lvr.de

Führungen

Führungen für Gruppen (max. 25 Personen): 60 €

Schulklassen: 26 €

Anmeldung und Buchung von Führungen: [email protected], Tel. 02234 9921-555

Homepage

www.lmb.lvr.de