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Page 1: Picker Report 2014 - Picker Institut Deutschland · Auch an der kritischen Schnittstelle der Entlassung aus dem Krankenhaus sind Kommunikationsmängel eher die Regel als die Ausnahme

Qualitätsdiskussion in Deutschland:Gleichung mit zwei Unbekannten

Auch in Deutschland wird nicht mehr ausschließlich über die Kosten, Strukturen und Prozesse, sondern immer öfter auch über die Qualität der Gesundheits-versorgung diskutiert – doch nicht immer sind diese Diskussionen zielführend. Wer den Ursachen von Stärken und Schwächen in der Qualität auf den Grund gehen will, ist neben medizi-nischen und wirtschaftlichen Indikatoren auf die Erfah-rungen von Patienten und Mitarbeitern angewiesen.

Patienten, die gut betreut wurden, beteiligen sich stärker an ihrer Behandlung und Gesunderhal-tung, sie zeigen eine höhere Therapietreue und erzielen bessere Behandlungsergebnisse.

Doch während sich die Patientenperspektive in der internationalen Qualitätsdiskussion längst als zentrales Planungs- und Steuerungskriterium etabliert hat, sind wir in Deutschland noch meilenweit davon entfernt. Das Picker Institut hat nachgefragt, wie die Betroffe-nen – Patienten und Mitarbeiter – Qualität und Sicher-heit der Gesundheitsversorgung erleben.

Untersuchungsmethode

Für den Picker Report 2014 wurden die Daten aus Befragungen von knapp 140.000 Patienten, 11.000 Pflegekräften und fast 5.000 Ärzten ausgewertet, die zwischen den Jahren 2010 und 2013 in rund 160 deutschen Krankenhäusern erhoben wurden.

Ergebnisse

1. Qualität und Sicherheit aus Sicht der Patienten

Die Daten sind alarmierend: Mindestens jeder fünfte Patient versteht nicht, was Ärzte und Pflegekräfte auf wichtige Fragen antworten. 16% der Patienten wer-den zwar im Vorfeld über die Risiken einer Narkose oder OP aufgeklärt, können es aber nicht einordnen, was ihnen gesagt wurde.

Patientenerfahrungen zu ausgewählten sicherheitsrelevanten Aspekten der stationären Versorgung

Picker Institut Deutschland gGmbH, 09/2014

Keine verständlichen Antworten von Ärzten/Pflegekräften auf wichtige Fragen 21%

Keine verständliche Aufklärung über die Risiken und Vorteile der OP 13%

Keine verständliche Aufklärung über die Risiken und Vorteile der Narkose 16%

Keine verständliche Erklärung der Ergebnisse des chirurgischen Eingriffs 24%

Kein fester Ansprechpartner unter den Ärzten 32%

Widersprüchliche Information von Ärzten und/oder Pflegekräften 17%

Medizinische Unterlagen nicht verfügbar, wenn erforderlich 22%

Medikamente nicht wie angeordnet erhalten 8%

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Picker Report 2014

Page 2: Picker Report 2014 - Picker Institut Deutschland · Auch an der kritischen Schnittstelle der Entlassung aus dem Krankenhaus sind Kommunikationsmängel eher die Regel als die Ausnahme

Auch an der kritischen Schnittstelle der Entlassung aus dem Krankenhaus sind Kommunikationsmängel eher die Regel als die Ausnahme. So zeigen die aktuellen Daten, dass mit knapp einem Fünftel der Patienten gar kein Entlassgespräch geführt wird.

Doch auch wenn es geführt wird, fühlen sich nahezu 30% der Patienten nicht ausreichend über die häus-liche Medikation informiert, mit Blick auf die Neben-wirkungen sind es sogar fast zwei Drittel (63%). Dies ist umso dramatischer, als Medikationsfehler zu den häufigsten vermeidbaren unerwünschten Ereignissen zählen und mit großen Sicherheitsrisiken für die Pati-enten verbunden sind.

Patientenerfahrung Kommunikation vor der Entlassung

Gute Patientenerfahrungen, eine hohe medizini-sche Versorgungsqualität und Patientensicher-heit stellen keinen Zielkonflikt dar, sondern sind verschiedene Seiten derselben Medaille.

2. Qualität und Sicherheit aus Sicht der Mitarbeiter

Auch Pflegekräfte und Ärzte können aussagekräftig über qualitäts- und sicherheitsrelevante Ereignisse in der Ge-sundheitsversorgung berichten. In der Picker-Untersu-chung erlebten mehr als ein Viertel der Pflegekräfte und über ein Drittel der Ärzte die Übergabe als ineffizient und unstrukturiert. Ähnliches gilt für Besprechungen. Knapp ein Fünftel der Pflegekräfte und Ärzte berichtet, dass es für sie schwierig ist, aktuelle Informationen über Gesund-heitszustand, Behandlung oder Testergebnisse der Patien-ten zu erhalten. Ein Drittel der befragten Pflegekräfte gab außerdem an, nicht rechtzeitig über Aufnahmen, Entlas-sungen oder Verlegungen informiert zu werden.

Informationsaustausch aus Mitarbeitersicht

Was bleibt: Offene Fragen an die Politik

Patienten- und Mitarbeitererfahrungen sind relevante Qualitätsindikatoren und bieten wichtige Ansatzpunk-te zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Sinne des Patienten. Diese Erkenntnis ist international längst akzeptiert. In Deutschland werden selektiv Patienten, etwa nach einem operativen Eingriff oder mit chro-nischer Erkrankung, zwar künftig darüber berichten dürfen, wie es ihnen nach der Behandlung medizi-nisch geht. Wie mit ihnen während ihrer Behandlung umgegangen wurde, scheint nicht interessant zu sein. Dabei sind es Patientenerfahrungen, die authentisch über Ereignisse und Erlebtes im Krankenhaus berichten und Rückschlüsse auf die Prozessqualität sowie Patien-tensicherheit liefern.

„In Deutschland herrscht nach wie vor der Glaube, Qualität könne allein durch die Erhebung klinischer Outcomes gemessen werden. Wenn diese nicht durch die Erhebung von Patientenerfahrungen ergänzt werden, entsteht eine neue Schieflage. Das ist kein gutes Signal für Patienten und wäre ein schlechtes Zeugnis für das System.“

Maria Nadj-Kittler,

Managing Director Picker Institut Deutschland gGmbH.

Picker Institut Deutschland gGmbHKieler Straße 222769 HamburgTel.: +49 (0)40 22 75 95 70Fax: +49 (0)40 22 75 95 71E-Mail: [email protected]©2014 Picker Institut Deutschland gGmbH. Alle Rechte vorbehalten.

Kein Entlassgespräch geführt 18%

Unzureichende Information über häusliche Medikation 29%Unzureichende Information über Nebenwirkungen der häuslichen Medikation 63%Unzureichende Information über Gefahrensymptome, die Wiedervorstellung erforderlich machen 43%

Unzureichende Information über Wiederaufnahme von Alltagsaktivitäten 51% Unzureichende Information der Angehörigen über Unterstützung bei der Genesung 63%

Übergaben nicht effizient und gut strukturiert

Besprechnungen nicht effizient und gut strukturiert

Erhalt aktueller Informatio-nen über Gesundheitszustand, Behandlung, Testergebnisse von Patienten schwierig

Keine rechtzeitige Information über Aufnahmen, Verlegungen, Entlassungen

Häufig Unklarheiten über Zuständigkeit für Patienten

27% 37%

44% 53%

19% 17%

33% 21%

8% 11%

PflegekräfteÄrzte

Den ausführlichen Picker Report 2014 können Sie auf unserer Website anfordern unter www.pickerinstitut.de