oxydationen mit fluor xviii. einwirkung von fluor auf cer(iii)sulfat und auf jodate

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-- 862 -- Oxydationen mit Fluor XVIIP). Einwirkung von Fluor auf Cer(II1)sulfat und auf Jodate von Fr. Fiehter und Vieenta Amal. (4. TI. 31.) 1. Cer(III)siilfnt iind Pluol-. Die Oxydation von Ce’II-ion zu Ce” -ion verlangt ein Potential von + 1,6 Volt und ist somit durch Fluor spielend leicht zu ver- wirklichen ; aber die in wasseriger LBsung unvermeidliche gleich- zeitige Bildung yon Wasserstoffperoxyd steckt der Ansammlung von (’er( 1V)salz eirie Grenze. Eine weitere Schwierigkeit bietet die Aus- fallung von schwer loslichem schleimigeni Cer( 111 )fluorid, 2 CeF, H,03), tlurch die mit dem Fluorgss eingefuhrte oder aus ihm in der wasseriqen Losung erzeugte Flussaure. Diese Fallung kann durch einen genngend grossen Uberschuss von Schwefelsaure verhindert werden, tier aber seincrseits die Loslichkeit des C’erjIII’lsulfats herab- setzt. Die Betlingungen, unter deneri die Oxydation gelingt, sind dndureh ziemlich eng begrenst ; die Iionzcntrstion an Sehwefelskure muss ra. 8-11. sein (40 g SO,” in 100 em3 Losung). Selbst in so saurer Losung fallt etvms Cer(II1)fluorid am, doch stort es weder die Oxy- dation durch Fluor, noch die Analyse der Losung, die mit Hilfe von uberschussigeni titriertem Wasserstoffperoxyd und Zuruck- titricreii mit Kaliumpermengsnat mch c. K?zorl-e3) durchgefuhrt wurdr. Aiiffallend bei der Fluorierung der Cer( 1II)sulfatlosung ist der Timstand, dass die Gelbfarbung schr langnam auftritl,; sie erreicht ihr ?Ilaximixm erst nachtraglich, nnch Unterbrechung des Fluor- stromes, nach 3- bin 4stundigem Stehen, und hlasst d a m wieder ab. Xsrh zwei Tagen ist die gelbe Fsrbe vollig rerschwunden; dafur ist dann stets etwas Wssserstoffperoxyci nachweisbar. Kauflic.hes Cer(I1I)sulfat wurde in Wasser von 0 O gelost und 76,92 em3 einer Losung mit 23,OS e m 3 konz. Schuvfelsaure vom spezifischen Gewicht 1,84 vermischt. Die Losung enthielt dann 0,993 g Ce ... und 39,90 g SO,” in 100 em3. Von ihr u-urden fur jeden Versuch 36 em3 angewandt. Die Temperatur wurde (lurch Eiskuh- ’) XVIJ, vgl. Helv. 13, 1200 (1930). j) B. 33, 1924 (1900). A) Jolm, 331. [2] 21, 533 (1676).

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-- 862 --

Oxydationen mit Fluor XVIIP). Einwirkung von Fluor auf Cer(II1)sulfat und auf Jodate

von Fr. Fiehter und Vieenta Amal. (4. TI. 31.)

1. Cer(III)sii lfnt iind Pluol-.

Die Oxydation von Ce’II-ion zu Ce” -ion verlangt ein Potential von + 1,6 Volt und ist somit durch Fluor spielend leicht zu ver- wirklichen ; aber die in wasseriger LBsung unvermeidliche gleich- zeitige Bildung yon Wasserstoffperoxyd steckt der Ansammlung von (’er( 1V)salz eirie Grenze. Eine weitere Schwierigkeit bietet die Aus- fallung von schwer loslichem schleimigeni Cer( 111 )fluorid, 2 CeF,

H,03), tlurch die mit dem Fluorgss eingefuhrte oder aus ihm in der wasseriqen Losung erzeugte Flussaure. Diese Fallung kann durch einen genngend grossen Uberschuss von Schwefelsaure verhindert werden, tier aber seincrseits die Loslichkeit des C’erjIII’lsulfats herab- setzt. Die Betlingungen, unter deneri die Oxydation gelingt, sind dndureh ziemlich eng begrenst ; die Iionzcntrstion an Sehwefelskure muss ra. 8-11. sein (40 g SO,” in 100 em3 Losung). Selbst in so saurer Losung fallt etvms Cer(II1)fluorid am, doch stort es weder die Oxy- dation durch Fluor, noch die Analyse der Losung, die mit Hilfe von uberschussigeni titriertem Wasserstoffperoxyd und Zuruck- titricreii mit Kaliumpermengsnat m c h c. K?zorl-e3) durchgefuhrt wurdr.

Aiiffallend bei der Fluorierung der Cer( 1II)sulfatlosung ist der Timstand, dass die Gelbfarbung schr langnam auftritl,; sie erreicht ihr ?Ilaximixm erst nachtraglich, nnch Unterbrechung des Fluor- stromes, nach 3- bin 4stundigem Stehen, und hlasst d a m wieder ab. Xsrh zwei Tagen ist die gelbe Fsrbe vollig rerschwunden; dafur ist dann stets etwas Wssserstoffperoxyci nachweisbar.

Kauflic.hes Cer(I1I)sulfat wurde in Wasser von 0 O gelost und 76,92 em3 einer Losung mit 23,OS em3 konz. Schuvfelsaure vom spezifischen Gewicht 1,84 vermischt. Die Losung enthielt dann 0,993 g Ce ... und 39,90 g SO,” in 100 em3. Von ihr u-urden fur jeden Versuch 36 em3 angewandt. Die Temperatur wurde (lurch Eiskuh-

’) XVIJ, vgl. Helv. 13, 1200 (1930).

j) B. 33, 1924 (1900). A ) J o l m , 331. [2] 21, 533 (1676).

- 863 -

lung auf + 2 bis f 4O gehalten; die Losung wurde wa,lirend des Fluo- rierens lebhaft geruhrt. Vor jeder Versuchsserie wurde die Konzen- tration des Fluorga,ses jodometrisch gemessen.

3 20 4 ' 40 5 1 50

Tabelle I.

70,5 109,3 0,85 138,2 213,9 199,O 308,45 - 1 - 1 - _-

- Fluor Cer( 1V)sulf a t

Vers. Daucr' Nr. Min. I em3 Na,S,O, cm"KMnO40,1337-n,/ 0,l-n. , 0,155-11. I 0,l-n. in 10 em3 in 26 cm3 in 26 em3

Oxydationseffekt

- ~~ ~ - 1

1,29'$!! 1,9396 '

2,6976 1 1 6 O ; - -

- I -

Oxydationseffekt bez. auf I bez. auf

F, ' Ce...

6 I 10 63,3 1 98J1 I 0,74 7 1 25 71,3

1 8 I 15 I 93,5 1 144,9

' 1: 1 30 186,9

20 ~ 124,6

Obschon die Konzentration an Ce... in der Liisung fast das Doppelte Fetriigt gegenuber der ersten Versuchsserie, so ist doch die erzielte Maximalkonzentration an Ce -... jetzt nicht hoher, und sie wird in beiden Fallen mit derselben Fluormenge erreicht.

I 1,92 I 2,57 1 2,6y, 737% 2,10 2,95 I 2,79, I 8,69% 1,98 2,65 1 , 8 O , 1 7,80%

1,92 2,57 1 O,SO/, I 7,57y0 1,98 2,65 1,3", ~ 7,SO"O

-

l) iIIutkmann, Rodiq, Z. anorg. Ch. 16, 450 (1898).

__ 864 --

Um zu ermitteln, ob dureh andere Temperaturen ein besseres Ergebnis zu erzielen ist, wurden drei weitere Versuche angesetzt, wobei das Losungsvolumen 26 em3 betrug, die Fluorierungsdauer 25 Minuten, und die Fluormenge 71,35 em3 0,155-n. Na2S,03 oder 110,5 em3 0,l-n. Na2S,03.

~ ~ ~

Cer(1V)salz

Tabelle 111. ~

Ox ydiitionseffekt

~ ~ ~~

11 +2 bis + 4 O 1 0,85 2,10 2,95

2,36 13 - S o bis - 6 O I 0,65 1,69 1 12 22O bis 27O 1 0 0 0

Die friiher gewahlte Temperatur von 2 - - 4 O ist somit die

2,67"/, 8,45*/,

2,137, 6,957,

- -

in- stigs t e .

Wir haben schon weiter oben darauf hingewiesen, dass auf- fallenderweise die durch das Cer( 1V)sulfat verursachte gelbe Far- bung nach der Entfernung der zu oxydierenden Losung vom Fluor- apparat noch zunimmt. Man bekommt den Eindruck, dass nicht das Fluor, sondern ein yon ihm in der Losung erzeugter .Stoff eigent- lich das Oxydationsmittel ist. Diese Annahme liess sich leicht beweisen, indem cin gleiches Tolumen 8-n. Schwefelstiure gleich lang fluoriert und clann mit der Per( 1II)sulfatlosung vereinigt wurde. Nach einer halben Stunde zeigte sich eine Gelbfarbung, die im Verlauf von 3-4 Stunden noch zunahm, um schliesslich wieder abzublassenl). Allerdings erhalt man auf diesem indirekten Wege nur eine geringere Konzentration an C'e( IT)sulfat ; 10 em3 Losung verbrauchten 0,57 em3 0,1337-n. Kh!tn04, entsprecherid 1,482 em3 fur 26 em3 bzv. 1,913 em3 0,l-n. KMnO,. Aber man muss beruck- sichtigen, dass die Bedingungen bei dieser Versuchsariordnung un- gunstiger Rind. Wenn dtts intermediar entstehende eigtmtliche Oxy- dationsmittel das labile Schwefeltetroxyd SO,,) ist, so kann es bei gleichzeitiger Anwesenheit yon Cer(1II)sulfst die Oxydation fort- laufend nach der Gleicbung

Ce,(SO,), + SO, = 2 Ce(SO,),

hewirken, wahrend es, wenn man es vorher fur sich in Schwefel- saure darstellt, isifolge seiner Unbest&ndigkeit zerfhllt, bevor es mit dem Cer( 1II)sulfat zusammenkommt.

Vgl. darnit die Oxydationswirkunqen fluorierter Schwefelsaure, welche Fr. Firhter und K. Humpert, Helv. 9, 602 (1926), beschrieben haben.

,) Helv. 13, 375 (1930).

- 86.5

Zusammenfassend konnen wir somit feststellen, class die Osy- dation von Cer(II1)sulfat zu Cer(1V)sulfat durch Fluorgas moglich ist, dass aber die geringe Konzentration der Ausgangslosung an Ce "', die unvermeidliche Bildung von Wasserstoffperoxycl mit seiner Reduktionswirkung und die Notwendigkeit des Arbeitens in ziem- lich starker Schwefelsaure wegen der Gefahr der Fkllung von Cer(II1)- fluorid die Ausbeute in niederen BetrSigen halten, und dass endlich, nach allen Beobachtungen, das Fluor nur indirekt durch Ver- mittlung von Schwefeltetroxyd auf das Cer( II1)salz einwirkt.

2. Jodate und Fluor.

I n der XII. Mitteilungl) wurde iiber die Oxydation alkalischer Kaliumchloratlosung zu Kaliumperchlorat mit Hilfe yon Fluor beriehtet. Wir haben nun diese Oxgdat'ionsmethode arxch auf Kadium- jodat ausgedehnt.

Obwohl theoretisch die Umwandlung 170n freier Jodsa<ure zu Perjodsaure durch Fluor auf Grund der Oxydationspotentiale durch- aus moglich ware, so ist sie doch praktisch unausfuhrbar. Denn Perjodsaure wird durch das unvermeidlichc Wasserstoffperoxyd augenblicklich reduziert2). Man beobachtet beim Einleiten von Fluor in eine Losung von J odsaure eine lebhafte Sauerstoffentwick- lung, die hochst wahrscheinlich von der Reaktion

HJO, + H,OI = HJO, + HLO + 0,

herriihrt, indem Jodsaure zu Perjodsaure oxydiert, diese aber durch das gleichzeitig entstehende Wasserstoffperoxyd wieder reduziert wird.

Da beim Einleiten von Fluor in Schwefelsaure kein Wasser- stoffperoxyd, sondern Ozon entsteht, so fluorierten wir nun Mi- schungen von Jodsaure und Schwefelsaure in verschiedenen Ver- haltnissen und Konzentrationen, mit Uberschuss der einen oder der anderen Komponente, aber immer mit demselben Ergebnis : Sauer- stoffentwicklung, Fehlen von Perjodsaure, Gegenwart von Wasser- stoffperoxyd.

Wir kamen so zum Schluss, dass JodsSiure die Bildung von Wasserstoffperoxyd aus Fluor und Wasser stark begiinstigt, und stellten darum Messungen uber die Menge des durch Fluor in Jod- saurelosungen erzeugten Wasserstoffperoxyds an.

l) Helv. 12, 309 (1929). 2, S . Tanatar, B. 32, 7015 (1899).

55

- 866

64,94 66,99 85,57 95,48 88,23 82,19

68,13%62,4ii') 42,40

Tabelle IV.

,

14 15 1 6 17 18 19 20 21 22 23 24 25

26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

A. Kozentration der Jodsaure 0,3.502-n. Volumen 25 cm3 15 30 45 60

90 105 120 135 150 165 195 €3. P

-- A i l

39.75 61,6 123,2

1;:;; ~ 192,9 l i 1 , 3 1 265,s 218,l 1 338,l 264.9 I 410,6

402,i 1 S24,2 471.7 731,l 540,7 I 838.1 609,7 ! 945,l 678,7 1052,O

nzsiitraticn der .Joc

333 7 1 517,l

$O,4 1 140,8 30 211.0 45 316,6 55 1 386,8 50 492,4 85 1 598,O

703,6 i:! 1 772,7 130 811,11 160 ' 911,O

3 09,l 218,2 327,O 490,7 G99,5 763,2 926.9

1090,6 1197,'i 1305.0 1410,O ---

230 1,92 1,65 1,53 l,52 1.07 1 , I l 0,89 0.5

3,07 2,57 2,20 2,05 2,03 1,43 1,48 1,19 0,67

0.75 i 1.00

42,5 52.18 70,61 56,54 46,20 41,O 38,5i 25.74 25,16 19,04 10,05 14,00

lure 1,0208-n. Vo1umc:n 35 em3 0,82 1,43 1,52 2,00 2.30 2,20 2,12

1,82%1.73 1.22 0,95 0.82

1,09 I,91 2,03 2,67 3,08 2,94 2.83

2,43-2.31 1,63

Diese Nessungen ergeben also, dass ganz Bhnlich wie Perchlor- saure2) auch Jodsaure die Bildung von Wasserstoffperoxyd durch Fluor begunstigt, ja die in Tabelle I V B in Vers. 30 in 55 Minuten erreichte Maximalkonzentration geht mit 95,5 em3 0,l -n. KAfnO, auf 31 cm3 Losung noch uber die mit 50 em3 0,356-n. HClO,-liisung erreichte Hiichstzahl von 80,3 em3 hinaus. Aber uber den Rildungs- mechanismus kiinnen wir hier so wenig etwas Bestimnites aussageii wie in jenem Fall. Es ist wahrscheinlich, dass zunikhst ein Jod- sgureperoxyd .J,O, entsteht, das mit Wasser in Jodsaure und die echte Jodpersiiure 0 ,J - 0 - 0 . H zcrlegt wird, wobei die letzterc unter Ruckbildung von Jodsaure Wasserstoffperoxyd liefern kann. . -

Zweimal in einem Zwischenraum von 3 Stunden analgsiert. 2 , Vgl. Helv. 12, 312 (1929).

._ 867 ~-

S u r in stark alkalischer Liisung gelingt es, I<aliuniperjodat aus Kaliumjodat mit Fluor da8rzustellen. Setzt man \-on Anfang an einen grossen Alkaliubersuhass zu, so ist die Loslichkcit des Jodats durch Messenwirkung vermindert. 1st andrerseits die Alkalimenge zu gering, so wird die Losung durch das Fluor neutralisiert und die Zerstorung des Perjodsts durch Wasserstoffperoxyd tritt ein. Urn beide ijbelstiinde zu vermeiden, wurde am Anfang die Alkalikon- zentration auf ca. 2-n. eingestellt, und nsch dem Herausnehmen jeder fiir die Analyse bestimmten Portion von 3 em3 2 c1n3 konz. Kalilauge zugegeben .

Tabelle V. I I

Fluor KJO, cm3 Na3As0, i Ausbeute Vers. jDauer 1 ' Konz. I cm3 Na,S,O, ~ 0,2643-11.1 IimTotal- 1 K.JO, i auf

OJ-n. 1 vol. 1 1 F? Nr. I Min. 1

l 0,155-11. 1 0.1-n. in 5 cm3 I I

~ ~ _ _ ~ ~~ ~~

-~ - _ . - . _ . - - ~ _ _ _ ~ - A. 35cm3 einer Losung. die 2,1089-11. ist an KOH und 0,5448-11. an KJO,;

Temperatur zwischen 15 und 20O; Wasserkuhlung .

R. 35 cm3 einer Losung, die 2,109-n. ist an KOH und 1,0562-n. an KJO,. 41 1 20 87.7 1 135,9 7,13 1 18,84 131,88 ,0,3769-n. I 96,8% 42 148,OO , 0,4645-n. 62,2% 43 50 I 219,2 ~ 339,7 I 9,11 ' 24,08 139,62 , 0,4815-n. 41,10/, 44 70 1 306,9 475,7 7,34 I 19,4 I 100,86 10,3880-n. 1 21,2%

1 35 1 153,4 1 237,s I 8,75 1 23,23

Die hochste Konzentration an Perjodat erreichte in Tabelle V A mit 0,2643-11. eine Ausbeute von 413,s yo, in Tabelle V B mit 0,4815-n. cine Ausbeute von 43,6%, so tiass diese Oxydation besser verlauft als die Darstellung von Perchlorat aus Chlorat.

Basel, Anstalt fur Anorganische Chemie, Dezember 1930.