nutzer:effekt #12 - wie kommen digitale innovationen in die welt?

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NUTZER:effekt Das Magazin für Bedienbarkeit und Digitales Digitale Innovationen —Fortschritt und Überlebenschance 12 Erfolgreich mit dem Digital Innovation Model Entscheidende Features für ein gutes Produkt

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Page 1: NUTZER:effekt #12 - Wie kommen digitale Innovationen in die Welt?

NUTZER:effektDas Magazin für Bedienbarkeit und Digitales

Digitale Innovationen —Fortschritt und Überlebenschance

12Erfolgreich mit dem Digital Innovation Model

Entscheidende Features für ein gutes Produkt

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Wie heißt es so schön "neues Jahr, neues Glück"?! In dieser Ausgabe befassen wir uns mit dem Neuen und mit dem Optimum des heutigen Wirtschaftswettbewerbs: Ohne Innovation kein Fortschritt, ohne Fortschritt keine Überlebenschance! Doch wie können digitale Innovationen erfolg-reich sein? Erfolgreich in der Anwendung beim Nutzer und sich erfolgreich am Markt etablieren? Unsere Antwort: Das Digital Innovation Model! Wir haben Innovationen analysiert, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Diffusions- und Adoptionsforschung, sowie der Mediennutzungsforschung und den Disziplinen der Soziologie, Psychologie, Wirtschaftswissenschaft und Informationswissenschaft zusammengetragen und damit eine Strategie für IT-Innovationen entworfen. Was eine Innovation braucht um Nutzer glücklich zu machen, lesen Sie in diesem Heft.

Wir wünschen all unseren Lesern viel Spaß mit dieser Ausgabe!

Ihr Stephan Preuss und die Handspieler!

Editorial

Ausgabe 12 — Februar 2014

Seite 5 Innovativ: Nehmen Sie Platz auf dem virtuellen Sofa!

Seite 6 Erfolglos: IT-Ideen, welche bei den Usern scheiterten

Seite 12 Erfolgreich: Das Digital Innovation Model — die Strategie für IT-Neuheiten

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Erfolg verfehlt: Innovationen mit wenig Potenzial  6

Best Practice: Die App "MyTaxi" 9

Erfolgreich mit dem Digital Innovation Model 12

Features, die ein Produkt gewinnbringend verändern 17

Lead-User: Wer unterliegt als Erster dem Neuen? 20

Inhalt

Kurzmeldungen

"K.I.T.T., google die Verkehrsregeln!" 4

Auf dem virtuellen Sofa 5

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4 Kurzmeldungen

Audi stellte im Juli 2013 mit dem S3 Sportback das erste Auto vor, welches mit dem schnellen Datenübertragungsstandard LTE (Long Term Evolution) ausgestattet ist.

Seit November 2013 ist die LTE-Technologie auch für alle weiteren Modellvarianten verfügbar. Einen Mobilfunkvertrag mit entsprechender SIM-Karte vorausgesetzt, hat der Nutzer die Möglichkeit Dienste wie Google Earth, Online-Verkehrsinformationen, Webradio, aber auch Social-Media-Dienste wie Facebook und Twitter im Fahrzeug zu nutzen. Ferner existieren Vorle-sefunktionen für E-Mails und SMS, welche der Fahrer mittels Diktierfunktion auch beantworten kann. Zudem lässt sich im Auto ein WLAN-Hotspot erstellen.

Inwieweit wird sich diese Technologie jedoch wirklich durchsetzen? Entscheidende Faktoren sind dabei die Dienste, die für Autofahrer wirklich wertvoll sind, wie beispielsweise Kartenmaterial für das Navigationssystem, welches sich online aktualisiert oder die fahrzeug– und markenüber-

greifende Vernetzung und damit verbundene Vorhersage von Verkehrsproblemen. Werden solche Dienste nachgezogen, kann der LTE-Einsatz im Auto durchaus überzeugen. Die bisher vorgestellten Anwendungsszenarien, wie das Lesen und Beantworten von E-Mails oder SMS sowie die Integration von Facebook und Twitter wirken jedoch sehr gestellt. Im Auto sind solche Funktionen und Dienste eher deplatziert und überflüssig, da die Zielgruppe ihr Smartpho-ne oder Tablet, welche die gleichen Funktionen bieten, stets bei sich trägt. Es bleibt abzuwarten, ob Audi sinnvolle Nutzungsszenarien aufzeigen kann. n

ff Quelle: http://bit.ly/19KXuWo

"K.I.T.T., google die Verkehrsregeln!"Autor Tino Leonhardt

Innovativeness-Prognose

Wer Tablet oder Smartphone hat, braucht das nicht. Spannend wird es erst mit dem intelligen-ten Verkehr. Bis dahin bleibt die Devise – immer auf die Straße schauen.

Internet im Auto: Im neuen Audi S3 findet der Fahrer mehr als nur ein Navigationsgerät.

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5Kurzmeldungen

Ikea bringt Augmented Reality ins Wohnzim-mer. Wie wirken neue Einrichtungsgegenstän-de im jeweiligen Raum?

Ikea liefert auf diese Frage die passende Antwort. Benötigt werden hierzu der Katalog von 2014 und die Ikea-App für Smartphone oder Tablet. Wird der Katalog nun an der entsprechenden Stelle im Raum positioniert und mit der App gescannt, hat der Nutzer die Möglichkeit, das ausgewählte Produkt mit Hilfe des Smartphones oder Tablets virtuell in seinem Raum zu betrach-ten. Der Katalog dient dabei als Ankerpunkt. Mit Hilfe von Augmented Reality entsteht so ein räumlicher Eindruck davon, wie zum Beispiel die neue Couch vor der Schrankwand wirkt.

Bei Augmented Reality wird die reale Wahr-nehmung mittels Computer erweitert. Diese Erweiterungen sind meist visueller Natur. Zur Anwendung kommt die erweiterte Realität beispielsweise bei Fußballübertragungen. Hier werden Entfernungen von Freistößen mit Hilfe von Linien oder Kreisen eingeblendet. Die Tech-

nologie ist demnach nicht neu, jedoch gelingt es Ikea mit ihrer cleveren Idee einen wirklichen Mehrwert aus der Technologie zu ziehen.

Die Nutzer haben die Möglichkeit, die ausge-suchten Möbelstücke frei im Raum zu platzieren, sie sehen, wie und ob sie mit bereits vorhande-nen Möbeln harmonieren und ob sie farblich und größenmäßig in den Raum passen. So lässt sich einfach und schnell das individuelle Wohnumfeld virtuell erschaffen und gestalten. n

ff Quelle: http://bit.ly/1hJ1WoW

Auf dem virtuellen SofaAutor Tino Leonhardt

Innovativeness-Prognose

Wer schon immer viel Zeit damit verbracht hat seine eigenen vier Wände umzugestalten, wird diese App lieben. Augmented Reality ist nicht der neueste Schrei, hat aber mit der Ikea-App eine pfiffige und kreative Umsetzung erhalten.

"Passt das neue Sofa auch wirklich in mein Wohnzimmer?" – erfahrbar mit der App von Ikea.

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Die Gründe warum Innovationen scheitern sind vielfältig. Oft ist eine Innovation gut gemeint, aber dennoch besteht nicht jede den Realitätstest. Ein paar dieser Fehlzün-dungen werden hier vorgestellt.

Glanzloser Edelstein: Es sollte die Revolution im IPTV (Internet Protocol Television) werden, am 7. Januar 2010 wurde die öffentliche Beta-Version von „Boxee“ veröffentlicht. Die Features des kleinen schwarzen Würfels klangen vielver-

sprechend: Übertragung von webbasierten Filmen und TV-Streams auf den Fernseher, Zugriff auf Inhalte beliebter Webseiten durch 200 verschiedene Anwendungen, ein voll-ständiger Webbrowser, eigene Dateien auf einer Festplatte und nicht zuletzt die Anbindung an soziale Netzwerke.

Der Haken zum Zeitpunkt der Einführung: Es gab kaum abrufbaren Content. Außerdem war die Software alles andere als benut-zerfreundlich. Technisch

und konzeptionell seiner Zeit zwar voraus, wurde "Boxee" aufgrund der fehlenden Inhalte durch die breite Käuferschicht ignoriert, bis das Unternehmen im Juli 2013 durch Samsung übernommen wurde, offenbar um besser gegen Apples Multimedia-TV-Pläne gewappnet zu sein.

Fazit: Ohne zahlreichen eigenen oder von Partnern bereitgestellten Content war "Boxee" von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Datenschutz money-made in Germany: Wie ist es möglich dem absoluten Gedächtnis des Internets das Vergessen zu lehren? Das digitale Vergessen zu erzwingen, etwa Bilder mit einem digitalen Verfallsdatum zu versehen, ist von der Idee her eher ein alter Hut. Um den Schutz persönlicher Daten zu verbessern wurde von Ex-Verbraucherschutz-Ministerin Ilse Aigner Anfang 2011 das kostenpflichtige Firefox-Plugin "X-Pire!" empfohlen.

Das zunächst nur auf Bilder anwendbare Tool sorgt dafür, dass diese nur einen bestimmten

Erfolg verfehlt: Innovationen mit wenig Potenzial Autor Martin Seidel

"No jackpot in the box": 2010 sollte "Boxee" den IPTV-Markt revolutionieren, scheitere jedoch aufgrund fehlender Inhalte.

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Zeitraum abrufbar sind. Dafür sorgt eine integrierte ID, zu der ein entsprechendes "Ver-fallsdatum" hinterlegt ist. Das bloße Betrachten von "X-Pire!"-getaggten Bildern ist nach Aufruf durch das entsprechende Plugin kostenlos, entweder das Bild wird danach normal dar-gestellt oder es erscheint ein Hinweis, dass ein Ablaufdatum bereits überschritten sei. Damit soll eine unkontrollierte und unautori-sierte Weiterverbreitung verhindert werden.

Allerdings: Kostspielig wird es jedoch, sobald es an die Verschlüsselung geht. Eine 90-Tage-Lizenz kostet 6,99 Euro, ein halbes Jahr 12,99 Euro und für ein ganzes Jahr "X-Pire!"-Nutzung werden 23,99 Euro fällig.

Doch wer meint sich damit ein Stück digitale Selbstbestimmung erworben zu haben, der irrt. Ausgehebelt werden kann das Ganze durch einen simplen Screenshot. Entsprechend war die Ablehnung der Nutzer vorhersehbar und verständlich. Was hat das Produkt für einen Wert, wenn zwar der zeitliche Verfall der Informa-tionen bestimmt werden kann, es aber keinerlei Schutz vor vorsätzlichen Kopien während der Gültigkeitsdauer eines Dokumentes bietet?

Fazit: Ein Schutz persönlicher Daten ist gesellschaftlich durchaus nützlich und

gewünscht, jedoch in dieser Anwendung nicht praktikabel, unsicher und überteuert.

Hapifork for happy folks: Eine Gabel, die hilft weniger zu essen, scheint ein Widerspruch in sich, jedoch klingt die Verkaufsargumentation verlockend. Das Unternehmen Hapilabs stellte 2013 seine intelligente Gabel „Hapifork“ vor. Im Grundansatz soll diese Gabel helfen langsamer, bewusster und somit weniger zu essen.

Die Funktionweise ist simpel: Sobald die Gabel Mund und Hand gleichzeitig berührt, wird ein eingebauter Stromkreis geschlossen. Passiert dieser „Vorgang“, also die Nahrungsaufnahme, zu schnell, wird der Nutzer über ein Vibrieren sowie durch ausgesendete Lichtsignale darüber informiert. Dazu speichert die Gabel diverse weitere Informationen: Etwa wie oft die Gabel pro Minute im Mund landet und wie lange sie jeweils dort verbleibt.

Das Ganze kann dann zeitgemäß per USB oder wahlweise per Bluetooth mit dem Smartphone oder Computer verbunden werden, die Daten werden an einen Cloud-Dienst übertragen, über den sich der Nutzer über sein Essverhalten in-formieren kann. Ein weiteres Verkaufsargument, neben dem schicken an Apple angelehnten Design: Die Gabel soll auch beim Abnehmen

helfen. Hintergrund ist, dass erst nach 20 Minuten eintretende Sättigungsgefühl dahingehend zu überlisten. Denn je langsamer gegessen wird, desto weniger isst man. Mit einem Anschaffungs-preis von 100$ kann man die „Hapifork“ getrost als Livestyle Produkt titulieren, nicht zuletzt weil sie sich mit dem Smartphone verbinden lässt.

Allerdings ist fraglich, ob in sozialen Netzwer-ken zukünftig Nahrungsaufnahmeprotokolle geteilt und verglichen werden, wie es etwa mit Jogging strecken oder GPS Daten der Fall ist.

"Darf's ein Bisschen weniger sein?": Die "Hapifork" er-mahnt den schnellen Esser zu mehr Langsamkeit.

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Vielleicht erfahren bisher profane Haushalts-gegenstände ja auch eine weitere Aufwertung in den Livestyle- Bereich, denkbar wäre etwa ein digitaler Kamm (zu schnelles Kämmen macht Spliss) oder ein elektronischer Schuh-anzieher (Stichwort Hornhaut- Früherkennung).

Fazit: Flop-Potential aufgrund künstlicher Stili-sierung eines profanen Nutzgegenstandes zum Livestyle-Produkt, Mehrwert und gewünschter viraler Effekt sind fraglich.

Animierter Mutantenzoo: Um der wachsenden Unzufriedenheit Windows 3.1. nutzender PC-No-vizen entgegen zu wirken, wurde im März 1995 das Softwarepaket „Bob“ entwickelt. Es enthielt neben diverser Einzelprogramme für private Anwender eine alternative grafische Benutzer-oberfläche. Ergebnis der Entwicklung sollte ein intuitives Interface sein, welches über Metaphern von Haushaltsgegenständen (der Wandkalender führte zum Terminplaner, das Rolodex zu den Kontakten, usw.) Barrieren in der Bedienbarkeit beseitigt. Moderator war ein goldfarbenes mitteilungsbedürftiges Hündchen namens Rover, gefolgt von einer ganzen Entourage an mutierten Helfern, wie der bierbäuchigen, gitar-respielenden Ratte Scuzz, des psychedelisch dreinschauenden Glühwürmchens Blythe und des koffeinsüchtigen Dinosauriers Java.

Ergebnis der Veröffentlichung waren 30.000 verkaufte Exemplare. Der spätere Nachfolger Windows95 verkaufte sich vergleichsweise während der ersten drei Monate etwa 45 Millionen mal.

Die Entwickler scheiterten an der Perspektiven-übernahme der Zielgruppe. Ebenso gab es keine Bestrebungen das Erstnutzungserlebnis des Hauptproduktes positiv zu kanalisieren. Auch wenn Microsoft den Bedarf der Nutzer an Unter-

stützung wohl erkannt hatte, so wurde sich doch für die falsche Herangehensweise entschieden. Anstatt dem unerfahrenen Benutzer den Einstieg und das Handling des eigentlichen Betriebs-systems zu erleichtern, kam dieser so nie in die Verlegenheit sich mit der normalen Windows-Oberfläche zu beschäftigen. Neben dem ge-schmacklich streitbaren Design schreckte viele Konsumenten wohl auch der Preis mit etwa 100$ und die, für die damalige Zeit, hohe Systemanfor-derung (486er Prozessor, 8 Megabyte Ram) ab.

Kurze Zeit später erschien das halbwegs benut-zerfreundliche Windows95, was wohl viele davon abhielt ein Upgrade für Windows 3.1. zu kaufen. Die angestrebte Revolution in der Bedienung der Benutzeroberfläche wurde der wohl größte Flop der Konzerngeschichte. Überbleibsel des Mutan-tenzoos nerven Windows-Nutzer bis heute.

Fazit: Gut gemeint, aber schlecht umgesetzt – statt der Zielgruppe eine echte Hilfestellung zum Erlernen einer Technoglogie zu geben, wurden deren Bedürfnisse und Probleme nicht erfasst.n

ff Quelle: "Boxee" http://bit.ly/1antqRaff Quelle: "X-Pire!" http://bit.ly/1bfUhJuff Quelle: "Hapifork" http://bit.ly/1heK18wff Quelle: "Microsoft Bob" http://bit.ly/LB9vCw

"Bob, such die Zielgruppe. Such!": Microsoft verlief sich jedoch mit dem Softwarepaket "Bob".

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In nur drei Jahren entwickelte sich die App "MyTaxi" zu einem Erfolgsgaranten und traf den Nerv von Taxifahrern und Fahrgästen. Was macht diese App so erfolgreich?

"Mitunter liegen die besten Geschäftsideen buchstäblich auf der Straße: Bei Sven Külper, 32, und Niclaus Mewes, 33, war es genau so. Als die beiden Hamburger mitten in der Nacht durch Münchens Innenstadt stolperten und eine halbe Stunde lang kein Taxi, geschweige denn ihr Hotel fanden, war ihnen klar: Das muss schneller und bequemer gehen. Eine neue Geschäftsidee war geboren", (Quelle: bit.ly/1aYUl2f). Sie gründeten daraufhin die Intelligent Apps GmbH und entwi-ckelten die Smarthphone-Anwendung "MyTaxi".

Aus alt mach anders!Die Taxibestellung lief bisher über eine Taxi-zentrale. Sie vermittelt zwischen Fahrgast und Taxifahrer. Tja Pech, wenn gerade keine Telefon-nummer für die Bestellung eines Taxis zur Hand und auch niemand in der Nähe ist, den man fragen könnte. Schneller und bequemer, d.h. mit

Zeit- und Aufwandsersparnis ermöglicht die App eine automatische Taxibestellung, ohne einen Anruf zu tätigen. Taxis in der näheren Umgebung werden angezeigt. So kann der Nutzer einschät-zen, ob es sich für ihn lohnt ein Taxi zu bestellen und wie viel Wartezeit er einberechnen müsste. Das Taxi lässt sich einfach über das Smartphone bestellen und bezahlen.

Die Kommunikation verläuft direkt zwischen Taxi-fahrer und Kunde. Auch der Taxifahrer profitiert: Er ist eigenständiger Dienstleister, ohne Taxizentrale.

Zur richtigen Zeit entwickeltIn den letzten 20 Jahren hat sich Technik und Mediengebrauch exponentiell entwickelt. Und auch im Mobilmarkt sind verbesserte Mobilfunk-technik, schnellere Telekommunikationsnetze und neue Tarifmodelle wie Flatrates anzutreffen. Umstände, welche Kauf und Nutzung von Smart-phones steigen lassen.

Der mobile und flexible Mensch von heute lebt in einer Großstadt, ist beruflich sowie privat gut

Best Practice: Die App "MyTaxi"Autorin Anja Katzbeck

Die Kartenansicht der App "MyTaxi". Das gelbe X markiert die Position eines Taxis.

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eingespannt und dankbar, wenn ihm Aufwand und Zeitfresser abgenommen werden.

Durch seinen selbstverständlichen Umgang mit Smartphone und sozialen Medien, ist er zum einen gewohnt Apps zu benutzen, zum anderen kontrolliert er in gewissem Maße seine Umwelt. Er scheut sich nicht für Dienstleistungen und Käufe öffentlich Bewertungen auszusprechen.

Nutzerbedürfnis im FokusDas eigentliches Ziel des Kunden steht im Zentrum: Mit einem Taxi von Ort A zu Ort B zu gelangen, möglichst schnell und mit geringer

Wartezeit. Zudem hat der Kunde vor der Fahrt transparenten Überblick, wann das bestellte Taxi eintrifft, welcher Fahrer die Fahrt annimmt und welche Fahrtkosten

entstehen. Zudem erhält man vor Fahrtantritt ein Preiskalkulation und nach der Bezahlung die Quittung per E-Mail.

Auch die Bezahlung kann bargeldlos erfolgen, über das Benutzerprofil kann die Zahlungsart, ob per Kreditkarte oder PayPal, hinterlegt werden. Wiederum eine aufwandsreduzierende

Funktion. Doch nicht nur der Fahrgast profitiert von der App. Vorteile ergeben sich auch für den Taxifahrer. Die Fahrer sind selbst auch Nutzer der Anwendung. Sie müssen sich eine eigene Fahrer-App herunterladen, sehen somit wer ein Taxi bestellt und auch für sie reduziert sich die Wartezeit, denn ein über die App gerufenes Taxi bedeutet eine bezahlte Fahrt, unabhängig von der Taxizentrale.

Aller guten Dinge sind bei der App "MyTaxi" also zwei, denn Fahrgast und Taxifahrer müssen gleichermaßen von der App begeistert sein und sie nutzen. So zielt die Smartphoneanwendung in beiden Zielgruppen auf die Personen mit einer hohen Innovativeness. Auf Kundenseite ist die erfolgversprechendste Gruppe unter den 27- bis 49-Jährigen zu finden, die beruflich viel unterwegs und auf Taxis angewiesen sind.

Erfolgsstart bei den InnovativstenSie genießen in ihrem Umfeld ein hohes soziales Ansehen, werden gern nach ihrer Meinung und um Rat gefragt. Ein Umstand, welcher die Ver-breitung der App wahrscheinlicher macht. Gut ausgebildet mit mittlerem bis hohem Einkommen leisten sie sich, auch aus Statusgründen, immer die neueste Technik. Sie besitzen somit ein gutes technisches Vorwissen und sind - zumindest was neue Technik anbelangt – neugierig verspielt.

Die erfolgversprechendste Zielgruppe unter den Taxifahrern gestaltet sich etwas konservativer, was einen hohen Grad an Innovativeness nicht ausschließt. Die um die 40-Jährigen sind seit gut ein paar Jahren Berufsfahrer und arbeiten mit einer Taxizentrale zusammen. Sie sind verheira-tet und gut in ihr soziales Umfeld integriert. Auch sie besitzen im Freundes- und Kollegenkreis eine gewisse Meinungsführerschaft. Auf ihre Weise sind sie Tausendsassas, neugierig und besitzen ein Smartphone nicht nur aus Statusgründen.

Verbreitung durch überzeugte NutzerDie mediale Aufregung der Taxizentralen, welche sich durch die App bedroht sehen, ist bereits gelungene Pressearbeit, um Aufmerksamkeit zu erreichen.

Bereits während der App-Entwicklung arbeiteten die Innovatoren mit Taxifahrern zusammen, um deren Probleme zu erfassen und zu lösen. Denn ohne überzeugte Taxifahrer nützt die beste Fahrgast-App nichts. Mit diesem Open Innova-tion Ansatz fungieren die Taxifahrer selbst als sogenannte Diffusionsagenten, welche die App bei Kollegen und Fahrgästen verbreiten.

Auch ist die App "MyTaxi" und ihre Funktionen leicht kommunizierbar. So kann zum Beipspiel ein Fahrgast in wenigen Worten einem anderen

Eine App für die Anwender: Bereits wäh-rend der Entwicklung wurde mit den Taxifahrern zusammen-gearbeitet.

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Mitfahrer die App während der Fahrt erklären und zeigen: "Mit dieser App kannst du ein Taxi bestellen und bezahlen".

Die App ist kostenlos erhältlich. Bis zum direkten Bestellen eines Taxis kann man sich durch die App navigieren, der Service wird somit gänzlich kostenlos erprobbar, erst bei erfolgter Buchung wird eine Gebühr fällig. Die Applikation kann für verschiedene mobile Endgeräte plattform-übergreifend zum Einsatz kommen, sei es iOS, Android oder Windows Phone. Die Erprobbarkeit erhöht ebenso die Nutzungswahrscheinlichkeit.

Einfache Benutzung Nicht nur der Einstieg in die Appnutzung ist einfach, sondern ebenso ihre weitere Benutzung. So ist der Bezahlvorgang simpel gehalten: Über das Profil des Fahrgastes, in dem Kreditkar-tendaten hinterlegt werden können, kann die Abrechnung einer Taxifahrt folgen. Wer dies nicht möchte, kann über die Kartenlesefunktion der App des Taxifahreres , gesteuert über die Kamera dessen Smartphones, auch EC- und Maestrokartendaten erfassen lassen, um bar-geldlos zu zahlen.

Produkt und Nutzer kommunizieren interaktiv miteinander: Durch das Feature „monatliches Fahrtenbuch“ bekommt der Nutzer ein Feedback

sowie weitere Anreize die App, zum Beispiel durch Gutscheine für Bahnfahrten im Anschluss der Taxifahrt, zu nutzen. So führt die App von einem Erstnutzererlebnis zu einem befriedigen-den Stammnutzererlebnis.

Die App baut auf dem Vorwissen von Smartpho-ne-Benutzern auf, welche bereits Karten-Apps handhaben können. Auf der Startseite wird die eigene Position und Taxis in der näheren Umgebung angezeigt. Die Karten an sicht kann in divi duell an ge passt werden. Das Menü ist übersichtlich gestaltet, von jeder Seite in der App aus immer erreich-bar. Somit ist es einfach in der App zu navigie-ren. Die An wendung ist nicht überladen mit Funktionen, sondern ist reduziert auf die entscheidenden Bestandteile, die ein Taxifahrgast für seine Taxifahrt benötigt.So ist eine App entstanden, die erfolgreich von Smartphone-Besitzern genutzt wird. Erprobt und weiterentwickelt von der erfolgversprechendsten Zielgruppe, verbreitet sich "MyTax"i auch als Dienstleistungswebseite im WWW. n

ff Quelle: http://bit.ly/1aYUI2f

Mit dieser App ein Taxi bestellen und bezahlen, auf allen mobilen Endgeräten, plattformunabhängig nutzbar.

Übersichtliches Menü: Der Nutzer sieht alle Features der App "MyTaxi" auf einen Blick.

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Wer auf der Stelle tritt, kann sich nicht verbes-sern. Daher sind Innovationen ein wichtiger Be-standteil eines jeden Unternehmens. Allerdings sind Innovationen auch ein Sprung ins Unbe-kannte und damit ein riskantes Unterfangen. Das Digital Innovation Model soll das ändern.

Unsere moderne Zivilisation ist seit der Frühge-schichte eine Symbiose mit ihren technischen Hilfsmitteln eingegangen, um sich stetig zu verbessern. Ob nun das Rad oder Maschinen zur industriellen Produktion – jede Entwicklung ermöglichte eine bessere Lebensweise und wurde stetig durch neuere Innovationen ersetzt. Mittlerweile jedoch müssen sich technische Errungenschaften auf einem Markt behaupten, der in der Regel eine Vielzahl von ähnlichen oder identischen Konkurrenzprodukten bietet. Innova-tionen haben keine Monopolstellung mehr.

Aus einer Idee wird ein ModellJedes Jahr entstehen innovative Ideen für IT-Produkte. Allerdings schafft es nur ein Bruchteil bis zur Marktreife und ein noch

Erfolgreich mit dem Digital Innovation ModelAutoren Tim Schürmann & Stephan Preuss

Das Digital Innovation Model direkt zum Ausfüllen. Analysieren Sie Ihre Produktidee auf nur einer A4-Seite. Frei und kostenlos nutzbar ist die Druckversion inklusive Handbuch herunterzuladen unter http://bit.ly/1bZFerx

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kleinerer Teil zum kommerziellen Erfolg. Allein im Jahr 2012 wurden 257.744 Patente beim Europäischen Patentamt angemeldet, wobei davon mehr als 13 Prozent aus Deutschland kamen. Damit ist Deutschland Spitzenreiter in der Anmeldung von Innovationen in Europa.

An Ideen mangelt es wahrlich nicht, doch wenn es zur Planung des Geschäftsmodells kommt, bleiben oftmals die wichtigsten Fragen unbeant-wortet. Was also tun, um aus einer Idee ein er-folgreiches Produkt zu entwickeln? Dieser Frage ist das Team von Handspiel nachgegangen und hat durch eine interdisziplinäre Herangehens-weise einen Weg gefunden, die vielen Facetten des Innovationsprozesses in einem Modell zu-sammenzufassen. Um die gesamte Bandbreite einer digitalen Innovation abzudecken, wurden u.a. Erkenntnisse aus den Forschungsgebieten der Adoptions-, Diffusions-, und Kommunikati-onsforschung, sowie eigenen Usabilityerfahrun-gen zusammengefasst und komprimiert. Nach langer Recherche und unzähligen Probeläufen, kann jetzt erstmals ein strategisches Fundament für digitale Innovationen präsentiert werden: Das Digital Innovation Model.

Die erfolgreiche NutzerstrategieDie größte Herausforderung beim Prozess der Neuentwicklung und Etablierung von Inno-

vationen stellt die komplexe Planung von der Produktidee bis hin zur Markteinführung dar. Da hierbei meistens nicht nur das Produkt, sondern ein komplett neues Geschäftsmodell im Fokus steht, müssen gleich mehrere Ziele und Prozesse parallel berücksichtigt werden.

Um dies zu erleichtern, liefert das Digital Innova-tion Model (DIM) eine einheitliche Struktur, durch die der Prozess in neun Schritten zusammenge-fasst wird. Durch diese schrittweise Analyse der Situation und des Produktes lassen sich wichtige Erfolgsfaktoren für die Entwicklung erkennen.

Gehen wir einmal davon aus, dass wir eine grandiose Idee für eine Smartphone-Anwendung haben: Der Nutzer soll jederzeit die nächste Reiseverbindung – egal ob öffentliche Verkehrs-mittel, Taxi, Mietauto, Mietfahrrad oder Flugzeug – ermitteln können. Nennen wir diese App einfach "MOBA". Da dieses Vorhaben nicht nur eine gewaltige Informationsgrundlage voraus-setzt, sondern auch vielzählige Kooperationen erfordert, ist eine detaillierte Planung bis zur Veröffentlichung erforderlich.

Genau für solch einen Fall ist das Digital Innovation Model gemacht. Gehen wir nun Schritt für Schritt die neun Punkte durch und schaffen somit eine erste Grundlage für den Erfolg der Innovation.

Schritt 1: Ergebnisse In einer Idee ist immer die Beschreibung eines Wunschzustandes, eines Ziels vorhanden. Dieses gilt es klar zu definieren, möglichst bildhaft und konkret: Was soll am Ende für den Innovator heraus kommen? Was sind die Ziele, wo will man am Ende mit der Innovation stehen?

Mögliche Ziele für die App "MOBA" könnten die Gewinnung neuer Kundengruppen oder die Erweiterung des eigenen Serviceangebots sein, zum Beispiel mittels Carsharing, um so neue Kundengruppen zu gewinnen.

Schritt 1: Definieren Sie Ihr Ziel

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Schritt 2: Erfolgversprechendste Zielgruppe Wer wird die Innovation annehmen, nutzen und weiterverbreiten und damit zum Erfolg beitragen? Wie ist die Lead User Gruppe definiert? Welche Charaktereigenschaften hat sie? Welches Verhalten und welche Gewohnheiten weist sie auf? Wo ist sie – im Alltag und in ihrer Medien-nutzung – anzutreffen? Wer hat direkten Kontakt mit der Zielgruppe? Welche unterschiedlichen Nutzertypen gibt es für das neue Produkt?

Im Fall der App "MOBA" sind sehr viele potenti-elle Nutzer vorhanden. Daher ist es wichtig, die möglichen Lead User zu finden und dadurch Follower zu erzeugen. Eine Zielgruppe, die schnell gewonnen werden kann, wäre die "Generation Y": um die 30 Jahre alt, im Beruf stehend und mittlerweile ohne eigenes Auto.

Schritt 3:Problemwahrnehmung Welche Probleme hat die Zielgruppe? Wie kann man diese mit der Innovation lösen? Was beschäftigt die Zielgruppe? Welchen Aufwand hat sie durch die Probleme? Wann treten diese Probleme auf? In welcher Situation sind diese Probleme am dringendsten? Was ist DAS bren-nendste Problem?

Das Hauptproblem der Zielgruppe besteht darin, dass für jede Fortbewegungsart eine andere App oder Website genutzt werden muss. Damit wird die eigene Mobilität erschwert. Durch die App "MOBA" kann dieser Aufwand reduziert werden.

Schritt 4: Aufmerksamkeit und Verbreitbarkeit Was ist das aufmerksamste Thema der Zielgrup-

pe? Wo und womit kann sie erreicht werden? Kann das Thema nachvollzogen werden? Für was interessieren sich die Lead User noch? Wie kann eine soziale Interaktion erfolgen?

Das wichtigste Thema ist die Wahrnehm-barkeit der App durch die Zielgruppe. Die könnte zum Beispiel an Kontaktpunkten zur Mobilität erfolgen: Bus und Bahn, ebenso im Zusammenhang mit Freizeitangeboten. Neue potentielle Nutzer könnten viral erreicht werden, indem Erstnutzer ihren eingesparten CO2-Verbrauch auf den Social Networks teilen.

Schritt 5: Produktwert Welche Eigenschaften muss das Produkt aufweisen, um die Probleme der Zielgrup-pe zu lösen? Welchen praktischen Nutzen

Schritt 2: Wer sind die Lead User? Schritt 3: Wo hat der User Probleme? Schritt 4: Wie Aufmerksamkeit erzeugen? Schritt 5: Wie lauten die Produktfeatures ?

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hat das Produkt? Welchen persönlichen Wert hat das Produkt für den Nutzer? Was ist das Killerfeature der Innovation, welches das Produkt einmalig macht?

Um die Probleme der Nutzer zu lösen, muss die Smartphone-Anwendung den Nutzer schlicht wie ein "TomTom" zum Ziel assistieren. Darüber hinaus benötigt die App eine intuitive Bedienung, kontextabhängige Informationen und beratende Funktionen.

Schritt 6: Erstnutzungserlebnis Welchen ersten Eindruck hinterlässt das Produkt? Wie werden Erstnutzer unter-stützt? Welche Möglichkeiten gibt es, diesen ersten Eindruck positiv zu verstärken? Was

macht den Nutzer neugierig sich mit dem Produkt weiter auseinandersetzen zu wollen?

Der Erstnutzer der "MOBA" App beginnt mit einer präsenten und einfachen Zielsuche: "Wo will ich hin?" – so einfach wie bei Google. Auf seine Anfrage muss die App schnell ein Erfolgselebnis bieten. Schafft sie das nicht, steigt der Nutzer aus.

Schritt 7: Stammnutzung Was sind Funktionen, die den Anwender dauerhaft begeistern? Was ist der dauer-hafte Nutzen dahinter? Was bewegt ihn dazu das Produkt wiederholt zu nutzen?

Die App könnte auf Dauer das Mobilitätsprofil des Nutzers verbessern, etwa mit Empfeh-

lungen zu Monatskarten, Bike-Sharing etc. Eine monatliche Übersicht zum eingesparten CO2-Verbrauch würde den Nutzer moti-vieren noch umweltfreundlicher zu reisen.

Schritt 8: Integration der Partner & StakeholderWer sind wichtige Partner und Multiplikatoren? Welchen Nutzen haben die Unterstützer?

Als Partner der App könnten ÖPNV- und Carsha-ring-Unternehmen ihre Kunden exklusiv anspre-chen und durch die Kooperation profitieren.

Schritt 9: Einnahmen und Produktpolitik Wie kann die Produktpolitik zur Einführung des Produktes gestaltet sein?

Schritt 6: Was begeistert als Erstes? Schritt 7: Was begeistert dauerhaft? Schritt 8: Wer bietet Unterstützung? Schritt 9: Wieviel Geld ist verfügbar?

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Existiert ein schlüssiges Geschäftsmodell? Um mit der App Gewinne zu erzeugen, könnten Einnahmen über eine Provision auf erfolgreich vermittelte Ticketverkäufe erhoben bzw. eine Pauschale von Kooperationspartnern verlangt werden.

Zur richtigen Zeit die richtige IdeeEs ist allgemein bekannt, dass nur wenigen Inno-vationen ein Markterfolg beschieden ist. Die Liste der gescheiterten Innovationen scheint endlos, sodass es in Amerika sogar einen eigenen Forschungszweig namens Innovation Failure

Research gibt. Auch wenn dies zuerst einen negativen Beigeschmack haben mag, ist eine vermeintlich gescheiterte Innovation keineswegs verloren. Viele erfolglose Innovationen erleben einen zweiten Frühling, wenn man sich deren geschichtlíche Entwicklung genauer anschaut. Ein schönes Beispiel hierfür ist die Mikrowelle. Das erste Modell wurde 1947 in Amerika einge-führt und wog über 300 Kilogramm bei einem Preis von circa 5.000$. Zu dieser Zeit besaßen die meisten Familien, die eine Verwendung dafür gehabt hätten, nicht mal im Ansatz ein entspre-chendes Einkommen. Das an sich revolutionäre

Patent konnte sich nicht verkaufen und wurde erst später, als ein japanischer Ingenieur die Mikrowelle wie wir sie heute kennen entwickelte, zum Verkaufsschlager. Die Lehre aus diesen grandiosen Fehlschlägen manifestiert sich im Digital Innovation Model. n

ff Quelle: http://bit.ly/K6lQ1eff Quelle: http://bit.ly/1m8R5EJ, bit.ly/1as9aeU

Wissenschaftliche Grundlagen des Digital Innovation Model

▪ Diffusionsforschung – Mit der Verbrei-tung von Innovationen beschäftigt sich die Diffusionsforschung. Sie erklärt den zeitlichen Ablauf in dem sich Innovationen verbreiten. Diffusionsmodelle werden zur Erklärung und Prognose der Verbreitung unterschiedlichster Innovationen eingesetzt.

▪ Adoptionsforschung – Wie und wann Innovationen von jedem einzelnen Nutzer akzeptiert werden, ist Inhalt der Adoptionsforschung. Ihr Interessen-schwerpunkt ist der intrapersonale Aspekt bei der Übernahme von Innovationen.

▪ Innova ti ons ma nagement – Was braucht es, um Innova tionen zu planen, zu steuern und zu kontrollieren? Moderne Ansätze wie Open Innovation oder Innova tioncluster bündeln Kreativität auch von außerhalb der Unter-nehmen und verhelfen zu neuen Strategien.

▪ Mediennutzungsforschung – Hierbei wird das Nutzungsverhalten der Konsumenten erforscht. Aber nicht nur das Medienkon-sumverhalten wird untersucht, sondern auch welche Rahmenbedingungen gege-ben sein müssen, um die Gratifikationen der Nutzer zu erfüllen.

▪ Bedien barkeit – Wie interaktive Sys-teme und ihre Benutzeroberflächen gestaltet sein müssen, damit beschäf-tigen sich Informationswissenschaft und Teildisziplinen der Psychologie.

▪ Technikakzeptanzforschung – Warum Menschen manche Technologien ablehnen und was sie bei ihrer Entscheidung bewegt, versucht in der Techniksoziologie das Technik akzeptanzmodell zu erklären. Nut-zer müssen das Gefühl haben, dass neue Technologien für sie relevant sind und ihnen einen subjektiven Mehrwert bieten. n

Weitere Informationen zum Digital Innovation Model unter: www.handspiel.net/digital-innovation-model

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Wissen erlangen und mit diesem Wissen ein erfolgreiches Produkt erschaffen. Das gilt vor allem dann, wenn die Produktentwicklung mit dem Credo der Usability einhergeht.

Das Digital Innovation Model stellt für die Ent-wicklung von Innovationen den Nutzer in den Vordergrund: Aus den Problemlagen und Bedürf-nissen des Nutzers lassen sich die Produktei-genschaften ableiten, welche dem Nutzer einen Mehrwert bieten und somit die Marktchancen erheblich verbessern.

Wem dient die Innovation?In der objektiven Betrachtung verfügt jede IT-Innovation über bestimmte Features, die durch Inhalte, Funktionen und Ästhetik definiert sind. Das gesamte Produktdesign muss sich dabei immer am potentiellen Nutzer orientieren. Fragen, die sich für die Kreation eines guten Produktes stellen, sind folgende: Kann das Produkt als Hilfe für den Nutzer agieren und kann er dessen Verwendung einfach lernen? Was könnte ihn daran hindern? Hat er einen

direkten Einfluss auf das Produkt und wodurch entstehen Benutzerfehler? Kann die Benutzung selbst angepasst bzw. individualisiert werden? Erkennt der Nutzer einen „Sinn“ im Produkt? Was macht das Produkt attraktiv und welche Vorteile, Kostenersparnisse oder Problemlö-sungen bietet es? Hat es einen Einfluss auf den sozialen Status eines Nutzers? Beseitigt das Produkt mehr Probleme als es schafft?

Aufwand für den Nutzer reduzierenEs sollte nicht zu viel Wissen vorausgesetzt werden, um ein neues Produkt benutzen zu können. Wird durch die Nutzung des Produktes Zeit eingespart oder lästige Arbeit reduziert? Das Produkt sollte vor allem Spaß machen. Dies kann über ein tolles Design oder über Funktionen geschehen. Das grafische Design kann den Experience Faktor enorm erhöhen. Der Nutzer sollte in gewissem Maße stolz auf das Produkt sein. Durch eine hohe Nutzeridentifikation mit dem Produkt werden wiederum Follower erzeugt, die sich durch die Empfehlung der Lead User zum Kauf des

Features, die ein Produkt gewinnbringend verändernAutor Tim Schürmann

"  Forschung

ist die Umwandlung

von Geld in Wissen, Innovation

ist die Umwandlung

von Wissen in Geld. Dr. Alfred Oberholz

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Produktes motivieren lassen. Um diesen Prozess möglich zu machen, ist ein intensiver Blick auf die Nutzer und die Produkteigenschaften nötig.

Was sollte ein Produkt bieten? Das Digital Innovation Model baut in seiner Analyse der entscheidenden Produkteigenschaf-ten auf den Erkenntnissen der Diffusions- und Adoptionsforschung auf. Leitend ist die Katego-

risierung von Everett Rogers, der folgende Eigenschaf ten von Innovatio-nen benennt: relativer Vorteil, Kompatibili tät,

Komplexität, Erprobbarkeit und Wahrnehm-barkeit. Anhand dieser fünf Kategorien können die relevanten Produkteigenschaften von Innovationen strukturiert und damit an die potentiellle Nutzerschaft angeglichen werden.

Relativen Vorteil finanziell und sozial schaffenDer relative Vorteil einer Innovation setzt häufig ein Konkurrenzprodukt voraus, welches mit der eigenen Innovation vergleichbar ist. Allerdings kann auch ein Vorteil in einer konkurrenzlosen Situation herausgearbeitet werden, wenn die Produktinnovation eine neuartige und bis

dahin nicht vorhandene Problemlösung bietet. Dadurch, dass der Nutzer einen Vorteil im neuen Produkt gegenüber dem bisherigen Angebot sieht, kann dieser eine Kaufentscheidung treffen.

Einen relativen Vorteil kann für den Nutzer ökonomischer oder auch sozialer Natur sein. Oftmals ist es der ökonomische Vorteil, der die Entscheidungsgrundlage bildet. Zum Beispiel wenn der Anschaffungspreis unter dem des Kon-kurrenzproduktes liegt oder das neue Produkt geringere Nutzungskosten aufweist. Einen sozialen Vorteil kann der Nutzer durch ein neues Produkt erlangen, wenn ihm dieses Statusvortei-le bringt. Ein noch nicht weitverbreitetes Produkt, also keine Massenware, strahlt eine gewisse Exklusivität aus und bietet damit eine Mög-lichkeit, sich vom Gros der Nutzer abzuheben.

Kompatibel zu NutzerbedürfnissenMit Kompatibilität ist die Wahrnehmung des Produktes anhand individueller Werte und Be-dürnisse gemeint, welche von Nutzer zu Nutzer unterschiedlich sein können. Deshalb sollte das Produkt im Einklang mit den Werten und Normen des potentiellen Käufers stehen, damit dieser die Produktinnovation für sich annehmen kann.

Zum Beispiel jemand der aus Überzeugung Bio-Produkte konsumiert, wird sich selten

auf Produkte aus Massenproduktionen einlassen. Eine weitere Hemmschwelle stellen die Erfahrungswerte vergangener Nutzung dar. Wenn die Innovation unkonventionelle oder neuerlernbare Voraussetzungen schafft, kann das zu einer Verweigerungshaltung des Nutzers führen. Die meisten Menschen wollen ihre erlernten Techniken nur geringfügig anpassen müssen. Es gilt also Folgendes: Das Produkt ist dann kompatibel, wenn dem Nutzer der Wechsel zur Innovation durch bekannte Werte und Normen leicht gemacht wird.

Komplexität reduzierenUm eine vollständige Adoption, also Annahme des Produktes zu gewährleisten, ist vor allem der Zugang zum Produkt entscheidend. Die Forschung zeigt: Die Kaufwahrscheinlichkeit, eines Produktes steigt, um so einfacher das Produkt in seinen Eigenschaften verstanden wird und um so intuitiver benutzbar es ist. Dadurch ist die Lernphase kurz und es lassen sich die Vorzüge des Produktes besser kommunizieren.

Erprobbar, um Unsicherheiten zu umgehenDie Erprobbarkeit stellt eine wirksame Möglichkeit dar die Hemmschwelle des Käufers zu senken. Durch die Erprobung kann sich der potentielle Nutzer schon vor dem Kauf mit dem Produkt vertraut machen und anhand der gesammelten

Users first: Die Produkteigenschaften orientieren sich an den Bedürfnissen und Problemen der Nutzer.

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Erfahrungen seine Kaufentscheidung tätigen. Vor allem bei der Markteinführung eines Produktes ist die Erprobbarkeit für die meisten Nutzer enorm wichtig. Erst nach der Festigung des Produktes auf dem Markt wird diese Praxis unbedeutender.

Leicht zu erklären und überall zu sehenDie Wahrnehmung von innovativen Produkten lässt sich in zwei zentrale Aspekte aufteilen. Die kommunizierbare und die sichtbare Wahrneh-mung: Einerseits können Nutzer, die das Produkt schon besitzen, anderen vom Produkt berichten, anderseits können interessierte Nutzer die Ver-wendung in ihrem Umfeld beobachten. Beide Varianten sorgen für die Implementierung der Innovation im sozialen Umfeld.

Wahrgenommene Risiken hemmenEin neues Produkt muss überzeugen und dadurch das wahrgenomme Risiko beim Nutzer reduzieren, so zum Beispiel: technische Risiken, welche mit Problemen bei der Benutzung oder der Qualität des Produktes zusammenhängen; soziale Risiken, wenn ein Nutzer mit Statuseinbu-ßen bei einem Produktwechsel zu rechnen hat; finanzielle Risiken durch laufende Kosten oder einer möglichen Fehlinvestition. All diese Risiken gilt es zu minimieren oder zu verhindern, indem ein Produkt an den Bedürfnissen und Problemla-gen der potentiellen Zielgruppe ausgerichtet wird.

Rogers fünf Kategorien stellen die Ankerpunkte einer erfolgreichen Produktinnovation dar und werden durch den Produktwert und die Pro-dukteigenschaften im Digital Innovation Model abgebildet. Dabei ist es Ziel des Modells, mit Usability-Methoden Komplexität zu reduzieren.

Usability im EntwicklungsprozessNach dem Digital Innovation Model sind Neuheiten zum Beispiel im mobile eCommerce dann erfolgreich, wenn sie einfach zu benutzen sind. In der benutzergerechten Gestaltung der Interaktion zwischen Mensch und Computer bezieht sich der Begriff Usability auf die Benutzerfreundlichkeit und Gebrauchstauglichkeit von Benutzeroberflächen.

Gängige Kriterien sind in der ISO-Norm 9241-11, welche die Anforderungen an die Gebrauchstauglichkeit für die Dialoggestaltung interaktiver Systeme definiert, festgelegt. Sie definiert Usability nach folgenden Merkmalen: Auf gaben angemessenheit, Selbst be schreib-ungs fähig keit, Er wartungs kon formität, Fehler toler anz, Steuer ungs fähigkeit, In di v i-dual i sier barkeit und Lernförderlichkeit. Um die sen An forderungen gerecht zu werden, sind Unter suchungen der Produkteigenschaften in den Bereichen Kompatibilität, Komplexität und Er prob barkeit anhand der Nutzer zielführend.

Was will der Nutzer eigentlich?Für die Gestaltung beispielsweise einer App ist es wichtig, dass sie die Bedürfnisse der Zielgrup-pe befriedigt, zum Beispiel nach Information, Unterhaltung oder Service. Sie muss also einen Mehrwert für die Zielgruppe bieten und einen echten „Need“ be frie di gen. Wei ter hin muss eine mo bile Anwend-ung einfach in der Be dienung sein, indem sie selbst-erklärend und er war tungskon -form den Nutzer in tuitiv leitet. Denn der Nutzungskontext einer App bei spielsweise auf dem Weg zur Arbeit oder als Tourist in einer fremden Stadt erfordert es, Komplexität zu re-duzieren. Eine App muss also direkt nach dem Herunterladen verständlich und nutzbar sein. Um die vielen Aspekte solcher Entwicklungen abzudecken, wurde das Digital Innovation Model geschaffen und soll als Strukturierungshilfe die Realisierung einer Innovation unterstützen. n

ff Quelle: Rogers, Everett M. (2003). Diffu-sion of Innovations. 5th Edition.

ff Quelle: Lüthje, Christian (2006). Die Verbreitung von Innovationen. In: Enzyklopädie der Psychologie, Serie III: Wirtschafts-, Organisations- und Arbeitspsy-chologie, Band 5: Marktpsychologie. S.291-346.

Erfolgreiche Produkte werden vom Nutzer defi-niert. Nur wer seine Nutzer kennt, kann auch erfolgreich sein.

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Was heute noch für viele als der letzte Schrei gilt oder manche sogar noch gar nicht erreicht hat, wird in absehbarer Zukunft bereits ein alter Hut sein. Doch welche Neuerungen werden Bestehendes ablösen? Und vor allem bei wem haben sie Erfolg?

Nicht nur Innovationsabteilungen im Silicon Valley oder in Unternehmen anderenorts wird der Erfolg einer Innovation entwickelt und entschieden. Mit innovativen Produkten sind die Anwender zu überzeugen und zu begeistern. Sie entschei-den letztendlich über Erfolg oder Misserfolg, Marketingstrategien allein reichen da nicht aus.

Nutzerorientierte InnovationsperspektiveEin komplexes Zusammenspiel von verschie-denen Faktoren beeinflussen den Erfolg einer IT-Innovation, welche das Digital Innovation Model (DIM) beschreiben. Das Modell nimmt eine nutzerorientierte Perspektive ein und postuliert: Innovation nicht ohne den Nutzer! Diffusions- und Adoptionsforschung, welche sich seit den 1960er Jahren mit der Verbreitung

und Annahme von Innovationen beschäftigen, sehen im Nutzerprofil bzw. in den Personen-merkmalen der Nutzer entscheidende Einfluss-faktoren des Adoptionsverhaltens d.h. wann eine Person eine Innovation annimmt und benutzt.

Jeder Mensch weist eine spezifische Kombinati-on an Personenmerkmalen auf. Durch die Typo-logisierung, d.h. der Einteilung der Personen in verschiedene Gruppen anhand gleicher Eigen-schaftsausprägungen, wird Komplexität reduziert und die potentiellen Nutzer besser veranschau-licht. Konsumententpsychologien definieren dabei das Personenmerkmal „Innovativeness“ als Systematisierungskriterium: Ein hoher Grad an Innovationsbereitschaft, ja sogar Innovationsneu-gier, entscheidet mit, ob und wie früh eine Person eine Innovation annehmen wird oder nicht.

Konsumtengruppen definierenDie klassische Nutzertypologie der Diffusions-forschung ist die von Everett M. Rogers, welche er bereits 1962 in "Diffusion of Innovations" publizierte. Darin unterteilt er Personen eines

Lead-User: Wer unterliegt als Erster dem Neuen?Autorin Anja Katzbeck

Mehr Licht ins Dunkel bringen: Mit der Zielgruppen-analyse kann der potentielle Nutzer erfasst werden.

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sozialen Systems in verschiedene Gruppen anhand des Zeitpunkts, zu dem sie eine Neuerung übernehmen und benennt sie als Innovators, Early Adopters, Early Majority, Late Majority und Laggards. Abenteuerlustige Innovatoren Die Abenteuerlust der Innovators ist obsessiv ausgeprägt. Sie sind gewillt neue Ideen auszuprobieren, verfügen meist über große finanzielle Ressourcen und haben ein Interesse am Gefährlichen, Riskanten und Gewagten. Mit hoher Frustrationstoleranz meistern sie fehlgeschlagene Ideen und Gedankengänge. Anerkennung durch das soziale System in dem sie leben, brauchen sie nicht zwangsläufig. Ihnen kommt eine Gatekeeperfunktion beim Fluss von Ideen in einem sozialen System zu, da sie über hohen sozialen Status, hohes Bildungs-niveau und hohe soziale Mobilität verfügen.

Erste meinungsführende BegeisterteDie Early Adopters sind stärker in ihr soziales System eingebunden. Bei ihnen liegt das größte Ausmaß an Meinungsführerschaft. Deshalb stellen sie die idealste Zielgruppe zum Voran-treiben der Verbreitung von Innovationen dar. Sie besitzen Vorbildfunktion und verkörpern die erfolgreiche und selbständige Anwendung neuer Ideen. Nach dem sie neue Ideen

überprüft haben, geben sie sie anschließend über ihre interpersonalen Netzwerke weiter.

Wohlüberlegte MehrheitDie Early Majority übernimmt Innovationen nach einer gewissen Prüfung, getreu dem Motto Alexander Popes: „Sei nicht der Erste, Neues zu erfassen, der Letzte nicht, das Alte gehen zu lassen." Sie übernehmen Innovatio-nen kurz bevor es der Durchschnitt, also alle tun. Sie sind selten Meinungsführer, doch ein wichtiges Glied in der Kommunikationskette.

Zögerliche breite MasseDie Late Majority ist und bleibt Innovationen gegenüber skeptisch. Sie übernimmt neue Produkte bzw. Anwendungen meist aus einer ökonomischen Notwendigkeit heraus oder der Gruppendruck zwingt sie dazu. Da sie meist über knappe Ressourcen verfügt, müssen Unsicher-heiten über neue Ideen erst eliminiert werden.

Späte InnovationsbummlerDie Laggards sind traditionell verwurzelt und adoptieren als Letzte neue Ideen. Da auch ihre Ressourcen limitiert sind, müssen Innovationen zwingend funktionieren, Risikos können sie nicht eingehen. Es ist sehr wahr-scheinlich, dass zum Zeitpunkt ihrer Innovati-onsübernahme es bereits etwas Neueres gibt.

User in all ihren Aspekten erfassenZielgruppenanalysen bereits während der Entwicklung von IT-Innovationen helfen aus einer Idee eine praktikable und benutzbare Anwendung bzw. ein erfolgreiches Produkt zu machen. Das Digital Innovation Model beschreibt die Zielgruppe als ein Set aus Personenei-genschaften, Wünschen und Bedürfnissen.Genauer gilt es die Zielgruppe für eine Inno-vation nach folgenden Faktoren zu definieren:

Wo befindet sich der User in der Gesellschaft?Zu den soziodemografischen und sozioöko-nomsichen Faktoren gehören u.a. Altersgruppe, Geschlecht, Bildungsniveau, Familienstand, Berufsgruppe, Einkommen und sozialer Status, also Faktoren, die den Nutzer in Gesellschaft und Bevölkerung lo-kalisieren lässt. Dabei ist zu beachten, dass u.a. die Diffusions- und Adoptions for sch ung zeigt, dass es zwi-schen frühen und späten Konsumenten keinen Altersunterschied gibt. D.h. in jeder Altersgruppe sind Innovationsfreudige zu finden. Für die Zielgruppenanalyse bedeutet dies jedoch nicht, dass das Alter völlig egal wäre. Die Alters gruppe für ein zu entwickelndes innovatives Produkt

"Sei nicht der Erste, Neues zu erfassen, der Letzte nicht, das Alte gehen zu lassen", so das Motto der Early Majority.

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zu definieren, grenzt weitere Personenmerk-male und Problemlagen ein und notwendige Produkteigenschaften werden offensichtlich.

Wer ist der User? Persönlichkeitsmerkmale sind stabile, also langandauernde Verhaltensdispositionen. Sie können vorhersagen, wie sich ein Mensch in bestimmten Situationen verhalten wird. Ent-scheidende Merkmale, welche mit der raschen Übernahme von Innovationen zusammenhän-gen, sind die Einstellung zu Risiko, der Grad des Dogmatismus bzw. Pragmatismus und der Hang zur „Innovativeness“, also der Hang zu Neuerungen. Auch hier zeigt der Blick in die Forschung, dass Early Adopters eine bessere Abstraktionsfähigkeit haben als späte. Ebenso sind sie tendenziell rationaler, intelligenter und haben eine besser Einstellung zum Wandel als späte Innovationsübernehmer. Ebenso können sie besser mit Unsicherheiten und Risiken umgehen.

Was bewegt den Nutzer?Was benötigt der Nutzer? Hat er irgendwelche Bedürfnisse oder Probleme? Wenn ja, kann die Innovation bei der Befriedigung bzw. Bewältigung dieser, den Nutzer unterstützen? Was könnte dann noch hinderlich sein? Weiterhin spielt das Vorwissen des Nutzers

eine große Rolle. Ist es ausgeprägt, benötigt der Nutzer unter Umständen nicht allzu viel Hilfe bei der Verwendung des Produktes.

Wie verhält sich der Nutzer? In welchem sozialen System bewegt sich der Nutzer und welche Rolle nimmt er innerhalb des Systems ein? Wer ist Meinungsführer? Wer lässt sich eher durch Massenmedien beeinflussen? Personen, die zu einem frühen Zeitpunkt Innovationen übernehmen – so Forschungsergebnisse – sind stärker den Mas-senmedien ausgesetzt und stärker in interperso-naler Kommunikation involviert. Auch suchen sie aktiver nach Informationen über Innovationen.

Das Digital Innovation Model greift wissenschaft-liche Erkenntnisse um die Early Adopters auf und fordert anhand der Faktoren zur Zielgrup-penbeschreibung auf, die frühen und ersten Konsumenten in jeder möglichen Zielgruppe eines innovativen Produktes zu lokalisieren und damit die erfolgversprechendste Zielgruppe zu extrahieren. Mit diesen Lead Usern entwickelt sich der Produkterfolg. Schauen Sie genau hin: Wo finden Sie Ihre Early Adopters, die Ihr Produkt zum Erfolg bringen? n

ff Quelle: Rogers, Everett M. (2003). Diffu-sion of Innovations. 5th Edition.

Mit dem Digital Innovation Model wird die erfolgver sprechendste Zielgruppe lokalisiert.

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Alles startet beim Nutzer.Am Anfang unserer Arbeit starten wir mit Ihren aktuellen und potentiell neuen Anwendern. Diese bestimmen welche digitalen Kanäle sie nutzen wollen und mit welchem Bedien- und Nutzen-konzept sie zufrieden sind. Wir unterstützen Sie mit unserer Beratung, konkreten Konzepten und Bedienoberflächen und auf Wunsch auch mit der technischen Realisierung. Das senkt Bedienzei-ten, verbessert den Verkauf und erspart Ihnen eine Menge Ärger im Support. Mit unserer Arbeit sind Sie näher an Ihrer digitalen Zielgruppe — im Web-, Mobil-, Intranet- und Terminal-Bereich.

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Ausgabe 12 – Februar 2014.

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Die kommende NUTZER:effekt Ausgabe erscheint im Mai 2014.

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