nur eine schwester?” - bapk.de · lotte mucha ich bin eine solche schwester und seit vielen...
TRANSCRIPT
„...
nur e
ine
Schw
este
r?”
Lotte
Muc
ha
Ich
bin
eine
solch
e Sc
hwes
ter u
nd se
it vi
elen
Jahr
en in
der
An-
gehö
rigen
bew
egun
g tä
tig. W
as m
ich b
eunr
uhig
t: „W
o sin
d di
e G
esch
wist
eran
gehö
rigen
, wo
sind
die
Ehe
partn
eran
gehö
rigen
?”
Wen
n in
ein
er F
amili
e ei
n A
ngeh
örig
er, o
b So
hn, T
ocht
er,
Ehe
man
n, B
rude
r ode
r Sch
wes
ter p
sych
isch
erkr
ankt
, lei
det d
ie Fa
mili
e m
it un
d fin
det w
enig
Fre
unde
, mit
dene
n sie
übe
r die
se
Erk
rank
ung
spre
chen
ka
nn.
Dar
um
sind
ja au
ch
unse
re
Akt
ions
gem
eins
chaf
ten
für
Ang
ehör
ige
psyc
hisc
h E
rkra
nkte
r en
tsta
nden
. Hier
fin
den
wir
Hilf
e, Tr
ost
und
Rat.
Vor
alle
m
hoffe
n w
ir V
erstä
ndni
s fü
rein
ande
r zu
finde
n. I
st da
s ab
er a
uch
wirk
lich
wah
r, da
ß w
ir in
uns
erem
Leid
uns
so
gut
vers
tehe
n un
d ni
rgen
ds k
omm
t ein
Miß
vers
tänd
nis
auf?
Wär
e da
s ni
cht
fast
zu
edel
und
har
mon
isch?
Vor
wie
gend
kom
men
in u
nser
e G
rupp
en E
ltern
der
en K
in-
der
(obw
ohl a
uch
scho
n er
wac
hsen
) an
ein
er p
sych
ische
n E
r-kr
anku
ng le
iden
, um
Aus
spra
che,
Rat u
nd H
ilfe
in d
er G
rupp
e zu
suc
hen.
Es
sind
die
aktu
ellen
The
men
, die
auf
den
Näg
eln
bren
nen:
bev
orst
ehen
de R
eha-
Maß
nahm
e od
er a
bgeb
roch
ene
Reha
-Maß
nahm
e, un
d: w
ie g
eht
es j
etzt
wei
ter?
aku
ter
Zu-
stan
d m
it K
rank
enha
usau
fent
halt
oder
kur
z vo
r der
Ent
lassu
ng
aus
dem
Kra
nken
haus
, w
as n
un?
Prob
lem
e m
it W
ohng
e-m
einsc
hafte
n, A
rbeit
, die
nic
ht z
u be
kom
men
ist,
oder
Arb
eit,
die
nich
t an
geno
mm
en w
ird. W
er k
ennt
all
dies
e Si
tuat
ione
n vo
n un
s A
ngeh
örig
en n
icht
? V
or a
llem
die
Elte
rn s
ind
dam
it se
hr m
assiv
bela
stet
, weil
sie
ja no
ch in
der
„er
sten
Rei
he”
ste-
hen.
Wie
lange
noc
h?
Seit
45 J
ahre
n bi
n ic
h A
ngeh
örig
e. A
llerd
ings
— „
nur
eine
Schw
este
r” —
. Auc
h be
i uns
sta
nden
die
Elte
rn f
ast
30 J
ahre
lan
g in
der
„er
sten
Reih
e”.
Sie
truge
n di
e Pf
licht
und
die
Ver
antw
ortu
ng f
ür d
ie Be
treuu
ng d
er e
rkra
nkte
n To
chte
r. A
ls da
nn d
urch
ihre
n To
d di
e „e
rste
Rei
he”
ausg
efall
en is
t, ka
m —
nu
r 56
die
Schw
este
r —
in d
ie „e
rste
Rei
he”.
War
das
gan
z se
lbst
ver-
stän
dlic
h?
Mei
ne S
chw
este
r w
ar i
n de
r Z
wisc
henz
eit
älter
gew
orde
n (b
estim
mt n
icht e
infa
cher
im U
mga
ng) u
nd a
lle b
is da
hin
ange
-bo
tene
n un
d au
spro
bier
ten
Maß
nahm
en h
atte
n ke
ine
Wirk
ung
geze
igt.
Es
wär
e nu
r no
ch d
ie U
nter
brin
gung
in e
inem
Hei
m
gebl
ieben
und
sie
wär
e So
zialfa
ll ge
wor
den,
wen
n w
ir ni
cht u
n-se
re F
amili
e ge
öffn
et h
ätte
n fü
r di
e ni
cht
selb
stän
dig
leben
de
Schw
este
r, um
ihr
ein
en H
eimpl
atz
zu e
rspa
ren
und
der
Er-
kran
kten
ein
Zuh
ause
in d
er F
amili
e zu
geb
en.
Wie
„selb
stve
rstä
ndlic
h” h
at s
ich d
ie Sc
hwes
ter
in u
nser
er
Fam
ilie
einleb
en m
üsse
n, m
it Ju
gend
liche
n, a
uch
scho
n ju
ngen
E
rwac
hsen
en,
mit
einem
ang
eheir
atet
en S
chw
ager
. W
as h
at
sich
nich
t all
es in
uns
erer
Fam
ilie
abge
spie
lt? D
ie Fo
rtset
zung
de
r Sp
annu
ngen
zw
ische
n E
ltern
und
Kin
d, v
iellei
cht
noch
sc
hlim
mer
, den
n es
ist j
a ein
e er
weit
erte
Fam
ilie
an d
ie St
elle
der
Elte
rn g
etre
ten.
W
ie sc
hwer
war
es
für
mic
h, d
em L
eben
spar
tner
zu
sage
n:
„Ich
hab
e ein
e sc
hizo
phre
ne S
chw
este
r, sie
wird
ein
Leb
en la
ng
auf
mein
e Be
gleit
ung
und
Hilf
e an
gew
iese
n se
in”.
Und
imm
er
wied
er d
ie Fr
age:
Kan
n ich
mein
en h
eran
wac
hsen
den
Kin
dern
zu
mut
en, d
aß st
ändi
g ein
e „m
it ih
rer K
rank
heit
belas
tete
” Ta
nte
mit
im H
aus w
ohnt
. Z
um B
eispi
el d
ie G
edan
ken
an e
inem
Nac
hmitt
ag:
Wie
w
erde
ich
mein
er F
amili
e ge
rech
t, w
enn
der
Ehe
man
n se
i-ne
beru
flich
en E
rfol
ge o
der
Miß
erfo
lge
mit
mir
besp
rech
en w
ill,
der 2
0-jäh
rige
Sohn
mit
der F
reun
din
nich
t zur
echt
-kom
mt u
nd
drin
gend
mit
der
Mut
ter
spre
chen
mag
, die
16-jä
hrig
e To
chte
r di
e zw
eite
Fünf
in F
ranz
ösisc
h ge
schr
iebe
n ha
t und
dad
urch
in
der V
erse
tzun
g ge
fähr
det i
st un
d ge
tröste
t wer
-den
will
und
die
kr
anke
Sc
hwes
ter
sehr
un
ruhi
g ist
, un
bedi
ngt
sofo
rt ein
G
espr
äch
such
t un
d zu
m A
rzt
gefa
hren
wer
den
will
, um
ein
e Sp
ritze
zu
beko
mm
en?
Dies
alle
s lö
st be
i mir
zwar
kein
e Sc
huld
, abe
r noc
h so
etw
as
wie
ein s
chle
chte
s G
ewiss
en a
us u
nd d
azu
die
Zw
eifel
: Wer
de
ich d
en B
edür
fniss
en d
er e
rkra
nkte
n Sc
hwes
ter
gere
cht,
was
em
pfin
det m
eine
Sch
wes
ter,
wen
n sie
bei
Spo
rt, S
piel
und
Dis-
kuss
ion
nich
t mitm
ache
n ka
nn in
ein
er F
amili
e m
it
57
Juge
ndlic
hen?
Wen
n ih
re N
ichte
ihr
ener
gisc
h ve
rbiet
et s
ie in
de
r Sc
hule
abz
uhol
en,
wen
n di
e M
einu
ngsv
ersc
hied
enhe
iten
laut
-sta
rk a
usge
trage
n w
erde
n?
Dar
um li
ebe
Elte
rn e
rkra
nkte
r Kin
der:
Auch
Sch
wes
tern
und
Br
üder
sin
d An
gehö
rige
mit
Prob
lemen
! Ich
wün
sche
Ihn
en f
ür
Ihre
n E
rkra
nkte
n nu
r ei
ne S
chw
este
r od
er n
ur e
inen
Bru
der,
der
in d
ie er
ste
Reih
e tri
tt, w
enn
sie n
icht
meh
r do
rt ste
hen
könn
en. I
ch w
ünsc
he I
hnen
ges
unde
Kin
der,
dere
n Fa
mili
e be
-re
it ist
ihr
erk
rank
tes
Kin
d au
fzun
ehm
en,
mit
alle
r K
onse
-qu
enz.
D
enke
n Si
e da
ran,
daß
dan
n au
ch ih
re E
nkel
kind
er z
u di
e-se
m k
rank
en, n
icht
im
mer
lei
cht
zu e
rtrag
ende
n O
nkel
ode
r Ta
nte
ja sa
gen
müs
sen,
wen
n er
ode
r sie
nic
ht n
ach
irgen
dwo
abge
scho
ben
wer
den
soll.
Wir
Ang
ehör
ige
sollt
en u
nser
Lei
d ni
cht
abw
ägen
, es
wie
gt f
ür j
eden
Ein
zeln
en i
mm
er g
leic
h sc
hwer
. D
arum
geh
ören
in k
eine
Gru
ppe
Sätz
e w
ie: „
Bei m
ir ist
das
ab
er g
anz
ande
rs...
!”
Ode
r: „B
ei I
hnen
ist
das
ja
nich
t so
sc
hlim
m...
, Sie
sind
ja n
ur d
ie S
chw
este
r.”