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Neueste Entscheidungen des BGH rund um WEG und Mietrecht Prof. Dr. Martin Häublein Universität Innsbruck

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Neueste Entscheidungen des BGH rund um WEG und

Mietrecht

Prof. Dr. Martin Häublein

Universität Innsbruck

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Teil I

Mietrecht

Berlin, 16.09.201624. Deutscher Verwaltertag Referent: Martin Häublein

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Schriftform

Berlin, 16.09.201624. Deutscher Verwaltertag Referent: Martin Häublein

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BGH v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14Zum Sachverhalt:

Über die 2001 für eine Arztpraxis vermieteten Räume schlossen die Parteien wegen einer Praxisvergrößerung am 2005 einen neuen schriftlichen Mietvertrag, der weitere Räume einbezog. Als Vertragsende war der 30. April 2020 vereinbart, als monatliche Miete 1.350 €.

Rund 8 Monate nach Vertragsschluss vereinbarten die Parteien mündlich eine Mieterhöhung um 20 €, was die Mieter auf ihrem Mietvertragsexemplar vermerkten.

Im Oktober 2013 kündigten die Mieter zum 31. Juli(!) 2014dem Rechtsnachfolger des Vermieters gegenüber.

Ist der Vertrag beendet?

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Hintergrund

§ 550 BGB:

Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig.

§ 580a Abs. 2 BGB:

Bei einem Mietverhältnis über Geschäftsräume ist die ordentliche Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahrs zulässig.

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BGH v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14Das Problem:

• Eine vorzeitige Kündigung ohne wichtigen Grund war hier nur zulässig, wenn der Vertrag wegen eines Formmangels als auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag galt.• Beachte: Die Schriftform gem. § 550 BGB gilt auch für Änderungen des

ursprünglichen Vertragsinhalts, sofern diese nicht unwesentlich sind.

• Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag ist aber nur zum Quartalsende kündbar (§ 580a Abs. 2 BGB).• Die Kündigung zum 31. Juli wirft also die Frage auf, ob sie dadurch

unwirksam und ggf. umzudeuten ist oder aber als Kündigung zum Quartalsende auszulegen ist (30.6. oder 30.9.?).

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BGH v. 25.11.2015 – XII ZR 114/14Die Entscheidung:

• Änderungen der Miethöhe stellen stets eine wesentliche und - jedenfalls soweit sie für mehr als ein Jahr erfolgt und nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann - dem Formzwang unterfallende Vertragsänderung dar.• Ob die Änderung – wie hier – für den Vermieter und damit für dessen

Nachfolger ausschließlich günstig ist, sei für §550 BGB irrelevant.

• Die einseitig vorgenommene Änderung der Urkunde einer Partei durch diese genüge der Schriftform nicht.

• Der Mieter verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn er sich in einem solchen Fall auf die Formunwirksamkeit beruft.• In Betracht komme dieser Einwand aber bei Änderungen, die nur für die

kündigende Partei von Vorteil sind.

• Die ordentliche Kündigung wäre nach Ansicht des BGH hier zum 30.9. erfolgt.

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Vertragsübergang

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BGH v. 24.2.2016 – XII ZR 5/15Zum Sachverhalt:

Das in Ost-Berlin gelegene Gebäude wurde 1996 restituiert.

Bereits 1992 schlossen die Restitutionsberechtigte und die

verfügungsberechtigte WBG mit einer von den Nutzern

gebildeten eG einen Vertrag. Die eG sollte mit Fördergeldern

Sanierungsmaßnahmen vornehmen. Für 20 Jahren war sie im

Gegenzug berechtigt, Mietverträge mit bisherigen Nutzern

abzuschließen. Das Nutzungsentgelt betrug 1,50 DM/qm/Monat

und konnte gemäß Preisindex angepasst werden. Nach Ablauf

der 20 Jahre sollte die eG berechtigt sein, bisherige Nutzer als

Mieter zu benennen, an die die Eigentümerin mit üblichem

Standardformular zur ortsüblichen Miete zu vermieten hatte. Als

man sich bei Vertragsende nicht einigte, meinten die Nutzer,

die Eigentümerin sei in ihre Verträge mit der eG eingetreten.

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Hintergrund

§ 565 BGB:1Soll der Mieter nach dem Mietvertrag den gemieteten Wohnraum gewerblich einem Dritten zu Wohnzwecken weitervermieten, so tritt der Vermieter bei der Beendigung des Mietverhältnisses in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Mieter und dem Dritten ein. 2Schließt der Vermieter erneut einen Mietvertrag zur gewerblichen Weitervermietung ab, so tritt der Mieter anstelle der bisherigen Vertragspartei in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis mit dem Dritten ein.

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BGH v. 24.2.2016 – XII ZR 5/15Das Problem:

• §565 BGB trägt der Tatsache Rechnung, dass nach ganz h.M. der Hauptvertrag kein Wohnraummietvertrag ist.• Inhalt ist nicht die Nutzung als Wohnung durch den Mieter oder seine

Angehörigen, sondern die Weitervermietung.

• Die daraus resultierenden Risiken für den Nutzer der Wohnung bestehen aber nicht nur bei gewerblicher Zwischenmiete.• Es stellt sich daher die Frage, ob §565 BGB auch auf nicht gewerbliche

Zwischenmieter anzuwenden ist.

• Die Fragestellung erlangt auch bei Überlassung von Wohn-raum zur Unterbringung von Flüchtlingen Relevanz, wenn der Eigentümer die Wohnungen nicht unmittelbar an die Wohnungssuchenden vermietet, sondern einen Dritten dazwischen schaltet.

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BGH v. 24.2.2016 – XII ZR 5/15Die Entscheidung:

• § 565 BGB setzt voraus, dass der Zwischenmieter - nach dem

Zweck des mit dem Eigentümer abgeschlossenen Vertrages -

die Weitervermietung zu Wohnzwecken mit der Absicht der

Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftlichen Interesse

ausüben soll.

• Hieran fehlt es, wenn der Eigentümer mit einer Selbsthilfegenossenschaft

der Mieter einen MV abschließt, der die Weitervermietung des Wohn-

raums an deren Mitglieder zu einer besonders günstigen Miete vorsieht.

• Bei einem derartigen Handeln des Zwischenmieters im

Interesse der Endmieter kommt eine analoge Anwendung

der Vorschrift deshalb nicht in Betracht, weil es an einer der

gewerblichen Weitervermietung vergleichbaren

Interessenlage der Beteiligten fehlt.

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Betriebskostenabrechnung

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BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 93/15Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten um die formelle Rechtmäßigkeit einer Beko-abrechnung. Vermietet ist eine Wohnung in einer aus mehreren Gebäuden bestehenden Wohnanlage. Die Anlage verfügt über einen zentralen Müllplatz und zwei Heizstationen mit zentraler Warmwasseraufbereitung, die jeweils die anderen Häuser mitversorgen. Der Vermieter verteilt bei diesen Positionen die Gesamtkosten für die Wohnanlage nach dem Verhältnis der Wohnfläche auf die einzelnen Gebäude. Dieser Rechenschritt ist aus der Abrechnung nicht ersichtlich. Vielmehr erscheint darin nur der für das Gebäude errechnete "Gesamtbetrag", der dann auf die Mieter dieses Gebäudes verteilt wurde. Aus diesem Grund entsprechen die für das Gebäude in den Nebenkostenabrechnungen ausgewiesenen "Gesamtkosten" nicht den Beträgen, die aus den Gebührenbescheiden der Gemeinde und den jeweiligen Rechnungen der Stadtwerke ersichtlich sind. Muss der Mieter das akzeptieren?

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Hintergrund

§ 556 Abs. 3 BGB:1Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. 2Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. 3Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. 4Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. 5Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. 6Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

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BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 93/15Das Problem:

• Nach der bisherigen Rechtsprechung waren

Vorwegabzüge in der Abrechnung offenzulegen.

• Unterblieb dies, war die Abrechnung formell fehlerhaft, d.h. der

Vermieter musste sich so behandeln lassen, als habe er bislang

gar nicht abgerechnet. Nachzahlungen drohten oft zu verfristen.

• Neben Mehrhausanlagen sind betroffen vor allem Anlagen mit

Mischnutzung (Vorwegabzug für gewerbliche Nutzer) und ferner

nur teilweise umlagefähige Kostengruppen (Hausmeister etc.).

• Der BGH hatte allerdings angekündigt, seine strenge Linie zu überdenken (BGH, Urteil v. 9.10.2013 - VIII ZR 22/13). Das ist nun erfolgt.

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BGH v. 20.1.2016 – VIII ZR 93/15Die Entscheidung:

• Die Abrechnung ist formell ordnungsgemäß; denn der BGH gibt seine Rechtsprechung zum Vorwegabzug auf.

• Dies betrifft zum einen Mehrhausanlagen, aber auch weitere Fälle mit hoher Praxisrelevanz, nämlich wenn:(1)im Hinblick auf eine gewerbliche Nutzung einzelner Einheiten

ein Vorwegabzug für diese Einheiten vorgenommen wird oder

(2)wenn Kosten dem Vermieter zwar einheitlich in Rechnung gestellt wurden, diese aber nicht vollständig als Betriebskosten umlagefähig sind, weil Instandsetzungs- oder Verwaltungskosten darin enthalten sind.

• Maßgeblich war für den BGH, dass der Mieter bei Bedarf vom Vermieter oder dessen Verwalter Aufklärung über die in Ansatz gebrachten Kosten verlangen kann.

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BGH v. 11.5.2016 – VIII ZR 209/15Zum Sachverhalt:

Vermietet ist eine Eigentumswohnung. Der Vermieter (Fachanwalt für Steuerrecht!) legt auf die Mieter in der Betriebskostenabrechnung auch Instandhaltungs- und Verwaltungskosten in Höhe von rund 740 € um, darunter auch Zahlungen in die Instandhaltungsrücklage. Dabei fügte er die WE-Abrechnung bei, die diese Positionen als nicht umlagefähig bezeichnete. Zudem fehlen in der Abrechnung Vorauszahlungen des Mieters i.H.v. 700 €.

Deshalb ergibt die Abrechnung eine Nachzahlung, welche die Mieter begleichen. Erst nach Ablauf der Rügefrist monieren sie die Fehler und verlangen Erstattung.

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Hintergrund

§ 556 Abs. 3 BGB:1Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. 2Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. 3Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. 4Der Vermieter ist zu

Teilabrechnungen nicht verpflichtet. 5Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. 6Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.

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Hintergrund

§ 556 Abs. 1 und 4 BGB:

(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. ... Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (...) fort.

(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

§ 2 Abs. 2 BetrkV:

Zu den Betriebskosten gehören nicht … (Verwaltungskosten) … (Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten).

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BGH v. 11.5.2016 – VIII ZR 209/15Die Entscheidung:

Die Klage hat in Höhe der nicht umlagefähigen Kosten Erfolg.

• Der BGH hält zunächst fest, dass der Einwendungsausschluss eine formell richtige Abrechnung voraussetzt, die hier vorliegt. Der Ansatz falscher Kostenpositionen und Vorauszahlungen ist nur ein inhaltlicher Fehler.

• Der Einwendungsausschluss erfasst nach Ansicht des BGH auch die Rüge, dass Verwaltungs- oder Instandhaltungskosten umgelegt wurden. Dies wird mit dem der Befriedungsfunktion der Norm begründet. • Da der Kläger aber die WE-Abrechnung beigefügt hatte und

dort diese Kosten als nicht umlagefähig bezeichnet waren, muss er sich lt. BGH daran festhalten lassen und kann sich auf den Einwendungsausschluss nicht berufen (§ 242 BGB).

• Für die zu niedrig angesetzten Vorauszahlungen greift ebenfalls die Einwendungsfrist nach § 556 Abs. 3 BGB.

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Vorkaufsrecht

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BGH v. 6.4.2016 – VIII ZR 143/15Zum Sachverhalt:Die Eigentümerin eines Wohnhauses lässt am 28.9.2010 eine

Teilungserklärung notariell beurkunden.

Am 17.11.2010 vermietet sie eine Wohnung an den Kläger, der

am 15.12.2010 einzieht.

Am 16.12.2010 wird die Wohnung an X veräußert.

Am 23.12.2010 werden die Wohnungsgrundbücher angelegt.

Erst 2013 erfährt der Mieter vom Kaufvertrag. Er ist der Ansicht,

ihm stehe wegen Vereitelung seines Vorkaufsrechts ein

Schadensersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen

erzieltem Kaufpreis und objektivem Verkehrswert der Wohnung

zu.

Er begehert Auskunft über den Inhalt des Kaufvertrags sowie die

Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz.

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Hintergrund

§ 577 BGB:1Werden vermietete Wohnräume, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigen-tum begründet worden ist oder begründet werden soll, an einen Dritten verkauft, so ist der Mieter zum Vorkauf berechtigt. 2Dies gilt nicht, wenn der Vermieter die Wohnräume an einen Familienangehörigen oder an einen Angehörigen seines Haushalts verkauft. 3Soweit sich nicht aus den nachfolgenden Absätzen etwas anderes ergibt, finden auf das Vorkaufsrecht die Vorschriften über den Vorkauf Anwendung.

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BGH v. 6.4.2016 – VIII ZR 143/15Die Entscheidung:

Die Klage hat keinen Erfolg. Dem Mieter steht kein Vorkaufsrecht und damit auch kein Auskunftsanspruch zu.

1. §577 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB setzt voraus, dass der Abschluss des Kaufvertrags mit dem Dritten der Begründung von Wohnungseigentum zeitlich nachfolgt. Wird dieses – hier durch Eintragung der Teilungserklärung in das Grundbuch am 23.12.2010 – erst nach dem Verkauf (16.12.2010) begründet, besteht kein Vorkaufsrecht nach dieser Norm.

2. § 577 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass die Absicht, Wohnungseigentum zu begründen, erst nach der Überlassung der vermieteten Wohnräume an den Mieter gefasst und dokumentiert worden ist. Daran fehlt es hier, weil die Beklagte schon vor der Überlassung der Wohnung die Teilungserklärung abgegeben hat.

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Teil II

Wohnungseigentumsrecht

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Abnahme nach Ersterrichtung

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15Zum Sachverhalt:

Die Gemeinschaft klagt gegen den Bauträger u.a. auf Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung. Alle Erwerber, die vor dem 25.11.2002 eine Wohnung erwarben, schlossen einen Vertrag mit folgender Formularklausel:

„(5) Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist noch nicht erfolgt. Gemäß § 19 der TE haben die Eigentümer in der 1. ETV das Ingenieurbüro K. mit der Abnahme beauftragt. Die Abnahme wird auf Kosten der Verkäuferin in Vertretung der einzelnen Eigentümer für diese durchgeführt. Das Ingenieur-büro soll die Behebung der festgestellten Mängel bestätigen.“

Verträge von Erwerbern, die später eine Wohnung erwarben (Nachzügler), enthielten folgende Formularklausel:

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15Zum Sachverhalt:

„(3) Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist durch das Ingenieurbüro K. … am 25.11.2002 erfolgt. Die Verjährungsfrist für Ansprüche und Rechte wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum läuft für den Käufer zum selben Termin ab wie für diejenigen Käufer, welche die gemeinschaftliche Abnahme durchgeführt haben.“

Auf der Grundlage u.a. dieser Klausel beruft sich der Bauträger auf Verjährung der Mängelansprüche.

Die Eigentümer haben beschlossen, die Mängelansprüche auch der Nachzügler durch die Gemeinschaft auszuüben.

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Hintergrund

§ 10 Abs. 6 S. 3 WEG:

Sie (die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer) übt die gemeinschaftsbezogenen Rechte der Wohnungseigentümer aus und nimmt die gemeinschaftsbezogenen Pflichten der Wohnungseigentümer wahr, ebenso sonstige Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer, soweit diese gemeinschaftlich geltend gemacht werden können oder zu erfüllen sind.

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15

Die Entscheidung:

• Zunächst stellt der BGH klar, dass sich die Ansprüche aus den Erwerbsverträgen selbst dann noch nach dem Recht des Werkvertrags richten, wenn diese erst zwei Jahre nach Errichtung des Bauwerkes geschlossen wurden.

• Diese Frage wurde nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002 kontrovers diskutiert.

• Noch immer ungeklärt ist die zeitliche Grenze, da der BGH die zwei-Jahres-Frist bislang nicht näher begründet hat.

• Hier wurde die Anlage 2002 errichtet und ein Erwerber hatte im Mai 2003 den Erwerbsvertrag geschlossen.

• Damit kam es für das Bestehen der Mängelrechte und deren Verjährung darauf an, ob auch die Nachzügler an die Abnahmeerklärung vom 25.11.2002 gebunden waren.

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15

Die Entscheidung:

• Eine solche Bindung konnte jedenfalls nicht durch die Klausel im Erwerbsvertrag eintreten, die der BGH im Sinne einer Bindung des Erwerbers an die Abnahme auslegt.

• Diese Bindung führt zur unangemessenen Benachteiligungdes Erwerbers (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

• Das Interesse des Bauträgers an einer frühzeitigen und einheitlichen Abnahme des GE rechtfertige es angesichts der Bedeutung der Abnahme und der damit verbundenen nachteiligen Rechtsfolgen für die Nachzügler-Erwerber nicht, dass letztere die bereits vor Vertragsabschluss erklärte Abnahme ohne Überprüfungs- und Widerspruchsmöglichkeit gegen sich gelten lassen müssen.

• Die (mittelbare) Verkürzung der Verjährung verstößt ferner gegen § 309 Nr. 8 Buchst. b), ff) BGB.

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15

Die Entscheidung:

• Noch größere Auswirkungen als diese Aussagen zum Erwerbsvertrag haben die Überlegungen, die Regelungen über die Abnahme im Gemeinschaftsverhältnis betreffen.• Gem. § 19 TE hatten die Eigentümer offenbar ein Ingenieurbüro

mit der Abnahme zu beauftragen; der SV gibt das nicht genau wieder.

• Der BGH hält die Klausel „jedenfalls insoweit“ für nichtig, als die Abnahmewirkung auf Nachzügler erstreckt werden soll.• Vereinbarungen i.S.v. § 10 Abs. 2 WEG können lediglich

Regelungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander sein. Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums falle nicht hierunter. Sie betreffe vielmehr das Vertragsverhältnis Eigentümer – Bauträger.

• Die Abnahme weise keinen unmittelbaren Bezug zur Verwaltung des GE, was sie von den Mängelrechten unterscheide.

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15

Die Entscheidung:

• Schließlich stellt der BGH fest, dass die Eigentümer keine Beschlusskompetenz haben, über die Abnahme mit Wirkung für und gegen Nachzügler zu beschließen.

• Der Mangel führt zur (zumindest teilweisen) Beschlussnichtigkeit.

• Hervorzuheben ist, dass der BGH ausdrücklich die Rspr. des BayObLG ablehnt, nach der die Abnahme des GE zur Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung gemacht werden kann („Ansichziehen“ nach § 10 Abs. 6 S. 3 WEG).

• Allerdings ist zu beachten, dass der BGH seine Überlegungen explizit auf das WEG vor der Novelle 2007 bezieht. Zwar hat der Gesetzgeber mit § 10 Abs. 6 S. 3 WEG nur Rspr. aufgegriffen, was für eine Übertragung der Argumentation spricht. Mit letzter Sicherheit lässt sich das aber nicht sagen.

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BGH v. 12.5.2016 – VII ZR 171/15

Der Schlusspunkt:

• In Fällen wie dem vorliegenden stellt sich stets auch die Frage, ob die Abnahme konkludent erfolgt ist.

• Zwar ist eine konkludente Abnahme möglich.

• Sie setzt ein tatsächliches Verhalten des Bestellers voraus, das dem Unternehmer gegenüber eindeutig den Willen zum Ausdruck bringt, das Werk als im Wesentlichen vertragsgemäß zu billigen.

• Jedoch durfte der Bauträger die Ingebrauchnahme und Nutzung des Gebäudes hier deswegen nicht als Abnahme verstehen, weil auf der Grundlage der (unwirksamen) Vertragsklausel hierfür gar kein Bedürfnis bestand.

• Der Verwender einer unwirksamen AGB darf sich nicht zu seinen Gunsten auf die Unwirksamkeit berufen, weshalb dem Anspruch auf Vorschuss auch nicht die fehlende Abnahme entgegen stand.

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Grundstückserwerb durch die Gemeinschaft

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Zum Sachverhalt:

Nach der TE verfügten 6 Eigentümer über jeweils einen PKW-Stellplatz auf dem gemeinschaftlichen Grundstück während 25 Eigentümern ein Stellplatz auf dem Nachbargrundstück, das ebenfalls der teilenden Eigentümerin gehörte, zugeordnet war. Es wurde eine öff. Baulast (aber keine Dienstbarkeit) bestellt.

Nach Veräußerung des Nachbargrundstücks forderte die neue Eigentümerin eine Nutzungsentschädigung und bot der Gemeinschaft den Kauf der für die Stellplätze genutzten Teilfläche zum Preis von 75.000 €oder den Abschluss eines Mietvertrages mit einem Mietzins zu 750 € monatlich an. Daraufhin fassten die Wohnungseigentümer mehrheitlich folgenden Beschluss:

Berlin, 16.09.201624. Deutscher Verwaltertag Referent: Martin Häublein

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Zum Sachverhalt:„Die Eigentümer beschließen, den Teil des Nachbargrundstücks […], auf dem sich die 25 Stellplätze gemäß Lageplan zur TE vom 25.1.1982 befinden, durch die Gemeinschaft entsprechend dem Angebot […] vom 26.2.2013 nach folgender Maßgaben zu kaufen: Der Verwalter wird ermächtigt, die erforderlichen Erklärungen bei Abschluss und Durchführung des Vertrages für die Gemeinschaft abzugeben. Der Kaufpreis beträgt max. 75.000 € und wird durch Erhebung einer Sonderumlage finanziert. […] Für diese sowie die Verteilung aller Kosten im Zusammenhang mit Abschluss und Durchführung des Kaufs gilt folgender Verteilungsschlüssel: 15% sind von allen Eigentümern nach Einheiten zu tragen, 85% von den Eigentümer WE 1-25 als Nutzer der Stellplätze.“

Ein Eigentümer ficht den Beschluss an. Mit Erfolg?

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Die Entscheidung:

• Zunächst bejaht der BGH die Beschlusskompetenz der Gemeinschaft (keine Beschlussnichtigkeit!).

• Eine – von der Kompetenz nicht erfasste – Änderung der sachen-rechtlichen Grundlagen liege nicht vor, da weder GE noch SE sondern Eigentum der Gemeinschaft begründet werden soll.

• Auch SNR habe der Beschluss nicht begründen sollen.

• Der Begriff „Verwaltung“, an den § 10 Abs. 6 S. 1 WEG die Rechtsfähigkeit knüpft, sei weit zu verstehen und umfasse grundsätzlich auch den Grundstückserwerb.

• Zum Schutze des Rechtsverkehrs fehle es an Beschlusskompetenz nur, wenn es sich offenkundig nicht um eine Verwaltungsmaßnahme handelt. Davon könne hier aber keine Rede sein.

• Der Beschluss sei ferner nicht beurkundungsbedürftig.

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Die Entscheidung:

• Unter welchen Voraussetzungen der Beschluss ordnungsm. Verwaltung entspricht, klärt der BGH nicht abschließend.• Jedenfalls entspreche der Erwerb, wenn das Grundstück für die

Wohnungseigentumsanlage von Beginn an eine dienende und auf Dauer angelegte Funktion hatte und diese mit dem Erwerb aufrechterhalten werden soll, in aller Regel ordnungsmäßiger Verwaltung.

• Der Preis sei angesichts der alternativ angebotenen Miete nicht zu beanstanden, zumal der Kauf des Kündigungsrisiko ausschließe.

• Auch die Regelung über die Erhebung der Sonderumlage und die Kostenverteilung billigt der BGH.• Obwohl der Beschluss nicht explizit festlege, welche Kosten

erfasst sein sollen, sei er hinreichend bestimmt. Durch Auslegung ergebe sich, dass jährlich wiederkehrende Kosten nicht erfasst seien.

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Die Entscheidung:

• Die Beschlusskompetenz entnimmt der BGH § 21 Abs. 7 WEG (besonderer Verwaltungsaufwand).• Die Norm ermögliche – anders als § 16 Abs. 3 WEG – nicht nur

abstrakt-generell eine Kostenverteilung, sondern auch für den Einzelfall. § 16 Abs. 3 WEG lasse ferner lediglich Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels für die Zukunft zu.

• Inhaltlich eröffne die Norm ein Verteilungsermessen.• Die Verteilung könne an Nutzungsvorteilen, ausgerichtet

werden.

• Die Verteilung 85/15 ist nicht zu beanstanden, weil vom Erwerb sämtliche Eigentümer profitieren. • Der Nachbar könne nämlich u.U. Löschung der Baulast

verlangen, woraufhin die erforderlichen Stellplätze nachzuweisen oder eine Stellplatzabgabe (§ 3 StellplOGBremen) zu entrichten wäre.

Berlin, 16.09.201624. Deutscher Verwaltertag Referent: Martin Häublein

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BGH v. 18.3.2016 – V ZR 75/15

Praxishinweis:

• Der BGH musste nicht entscheiden, ob durch Beschluss nach § 21 Abs. 7 WEG auch ein Anspruch auf Zahlunggegen die Eigentümer unmittelbar begründet werden kann.

• Hier war ein Zahlungsanspruch durch Sonderumlage, also durch Nachtrag zum Wirtschaftsplan begründet worden, mit der Folge, dass hierüber am Jahresende abzurechnen ist.

• Relevanz hat die Frage aber für Umzugskostenpauschalen.

• M.E. erlaubt die Norm selbst keine Anspruchsbegründung.• Dezidiert anders etwa Hügel/Elzer WEG § 21 Rn. 144.

• Ein Anspruch auf Zahlung der Umzugskostenpauschale kann daher m.E. nur im Wege einer Sonderumlage (als Sonderzahlung in die Rücklage) oder im Rahmen der Abrechnung begründet werden.

• Eine doppelte Anspruchsbegründung scheidet aber aus!

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Zum Abschluss:

Beitragsforderungen („Hausgeld“)

(Sie werden die Entscheidung mögen ;o))

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BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15

Zum Sachverhalt:

Die bekl. Eigentümer erteilten dem Verwalter eine Einzugser-mächtigung für ihre Beiträge an die klagende Gemeinschaft. Eine Verpflichtung des Verwalters, die Hausgelder im Wege des Lastschriftverfahrens einzuziehen, ergibt sich weder aus der TE noch aufgrund eines Beschlusses.

Für 2013 hatten die Bekl. monatlich 258,63 € zu zahlen. Nach-dem der Verwalter eine Nachzahlung für 2012 abgebucht hatte, machten die Bekl. geltend, es sei eine Vorauszahlung von 13 € nicht berücksichtigt worden. Außerdem hätten sie für Januar bis April 2013 insgesamt 20 € zu viel an Hausgeld bezahlt. Im Juli 2013 sei daher nur die Abbuchung von 225,63 € gestattet; nach erfolgter Korrektur dürfe in den Folgemonaten wieder der volle Betrag eingezogen werden.

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BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15

Zum Sachverhalt:

Im Juli 2013 buchte der Verwalter 238,63 € ab. Am 25.7.2013 erklärten die Bekl., der Abbuchungsvorgang sei nicht genehmigt. In dem Schreiben heißt es weiter: „Der rechtswidrige Zugriff auf unser Konto in nicht genehmigter Höhe trägt demnach den Charakter eines Diebstahls. Bedenken Sie bitte, dass Diebstahl ein Straftatbestand ist.“ Daraufhin teilte der Verwalter mit, dass er ab September 2013 kein Geld mehr einziehen werde, weil der genehmigte Betrag in Höhe von 225,63 € die Forderung der Gemeinschaft unterschreite. Die Bekl. erklärten, die Begrenzung habe ausschließlich für Juli 2013 gegolten, ab August dürfe der volle Betrag (258,63 €) eingezogen werden. Weil die Bekl. kein Geld überwiesen, klagt die Gemeinschaft das Hausgeld für Sept. 2013 – Januar 2014 nebst Zinsen ein. Zu Recht?

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BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15

Vorbemerkung:

• Der Fall zeigt zunächst einmal eines:

Prozessieren ist in Deutschland offenbar noch zu preiswert.

Ausgangspunkt der Entscheidung:

• Durch die Lastschriftabrede wird die Zahlungsverpflichtung des Eigentümers zur Holschuld (§ 269 BGB). Er hat seinerseits das zur Erfüllung Erforderliche getan, wenn er den Leistungsgegenstand zur „Abholung“ durch den Gläubiger bereithält, d.h. dafür sorgt, dass ausreichend Deckung auf seinem Konto vorhanden ist.

• Beachte: Der Verwalter ist der Gemeinschaft gegenüber verpflichtet, den Einzug regelmäßig und pünktlich vorzunehmen.

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BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15

• Die Gemeinschaft habe die Abrede aber wirksam gekündigt.• Der Verwalter könne die Lastschriftabrede kündigen, wenn

Eigentümer an der Ansicht festhalten, mit streitigen Forderungen gegen Beitragsforderungen aufrechnen zu können, und daraus weitere Konflikte drohen.

• Gegen Beitragsforderungen der Gemeinschaft kann ein Eigentümer grundsätzlich nur mit Forderungen aufrechnen, die anerkannt oder rechtskräftig festgestellt sind.

• Die im Wirtschaftsplan festgelegten Vorschüsse sollen zur Verwaltung des Gemeinschaftseigentums tatsächlich zur Verfügung stehen.

• Ob bei Notgeschäften/Inanspruchnahme eines Eigentümers nach §10 Abs. 8 WEG ausnahmsweise etwas anderes gilt, blieb offen.

• Der Verwalter war daher nicht verpflichtet, eine Reduzierung der Beitragsschuld (um 20 oder 33 €) zu akzeptieren.

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BGH v. 29.1.2016 – V ZR 97/15

Wörtlich heißt es dann weiter (Rn. 16 f.):

„Da die Bekl. auf ihrem irrigen Standpunkt, aufrechnen zu können, beharrten, musste die Hausverwaltung mit Rücklastschriften rechnen. Außerdem musste sie befürchten, dass es auch künftig zu Meinungs-verschiedenheiten über Abbuchungen kommen werde. Dies bedeutete für sie erheblichen Mehraufwand, der dem Zweck der Lastschriftabrede –Beschleunigung und Vereinfachung des Zahlungsverkehrs – zuwiderläuft. Zudem hatten die Bekl. eine Strafanzeige angedroht. Die Hausverwaltung war daher berechtigt, … Lastschrifteinzug zu widerrufen.

Berechtigte Interessen der Bekl. stehen der Kündigung nicht entgegen. Die Hausverwaltung hat ihnen unmissverständlich mitgeteilt, von der Einziehungsermächtigung keinen Gebrauch mehr zu machen. Sie haben Gelegenheit erhalten, sich darauf einzustellen, die künftig fällig werdenden Beträge zu überweisen oder einen Dauerauftrag einzurichten.“

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Vielen Dank!

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