neuauflage vda 6.3 - vda-qmc.de · im juli 2010 wurde die zweite auflage des vda-bands 6.3...

3
Im Juli 2010 wurde die zweite Auflage des VDA-Bands 6.3 „Prozessaudit“ veröffent- licht. Die Erstauflage wurde bereits 1998 publiziert und hat sich in den vergange- nen Jahren zu einem etablierten Standard entwickelt. Der Standard wird zur Ermitt- lung von Potenzialen und Risiken ein- schließlich Bewertung und Freigabe von Lieferanten, aber auch zur Prozessbewer- tung innerhalb einer Organisation genutzt. In den vergangenen zwölf Jahren hat sich mit fortschreitender Globalisierung die Industrie und insbesondere die Automo- bilindustrie strukturell gewandelt. Die Er- richtung von Produktionsstätten auf der ganzen Welt haben Auswirkungen auf die Prozesse der Hersteller (OEMs) und de- ren Zulieferer. Die Folge sind zum einen deutlich komplexere Logistikprozesse und zum anderen die Forderung nach robus- ten Prozessen und deren Absicherung in der gesamten Herstell- und Lieferkette. Ei- ne weitere Herausforderung ist die immer kürzere Zeitspanne vom Konzept für ein neues Produkt bis zur Markteinführung, bei gleichzeitig gestiegenen Produktanfor- derungen. Dies erfordert eine zunehmen- de Parallelisierung der Arbeitsabläufe ver- schiedenster Unternehmensbereiche in der gesamten Lieferkette. Infolgedessen werden immer höhere Anforderungen an die Organisationen, an deren Prozesse und an die Mitarbeiter gestellt. Abgeleitet aus diesen Rahmenbedin- gungen haben sich für die Überarbeitung des VDA-Bands 6.3 folgende Maximen er- geben: hohe Wiedererkennung, Abbildung aktueller Anforderungen (Fragenkatalog) und Berücksichtigung von zukünftigen Ri- siken. Neue Struktur zur Risikoermittlung Bild 1 zeigt die beispielhafte Zuordnung der Prozesselemente zum Produktle- benszyklus. Dieser beginnt mit der Po- tenzialanalyse (P1), gefolgt von dem Projektmanagement (P2), der Planung der Produkt- und Prozessentwicklung (P3), der Realisierung der Produkt- und Prozessentwicklung (P4). Diese Elemen- te gelten vor dem Start der Serienpro- duktion (SOP) gemäß altem Teil A.Nach SOP gemäß altem Teil B sind die Ele- mente Lieferantenmanagement (P5), Prozessanalyse bzw. Produktion (P6) und schließlich Kundenbetreuung,Kun- denzufriedenheit und Service (P7) be- schrieben. An den Titeln ist das Streben nach Wiedererkennbarkeit sichtbar. Mit dem Prozesselement P2 verfolgte der Arbeitskreis das Ziel, das Risiko im Pro- jektmanagement mit eigenen Fragen zu untersuchen – insbesondere vor dem Hintergrund der Parallelisierung von Pro- jekten. Damit dieses Vorgehen auch für kleinere Unternehmen möglich ist, kön- nen die Prozesselemente P3 und P4 jeweils gemeinsam (für Produkt und Prozess) oder auch getrennt bewertet werden. NORMEN 29 Auftragserhalt Vergabe SOP Angebots- prozess (Vertrags- prüfung) Def. und Entwurf Produkt-/ Prozess- entwicklung Lieferanten- vorauswahl Potenzial- analyse Umsetzung Produkt-/ Prozess- entwicklung Serien- produktion Kundendienst (After Sales) Zuordnung der Fragen P1: Potenzialanalyse (neu) · P2: Projektmanagement (neu) · P3: Planung der Produkt- und Prozessentwicklung P4: Realisierung der Produkt- und Prozessentwicklung · P5: Lieferantenmanagement · P6: Prozessanalyse / Produktion P7: Kundenbetreuung, Kundenzufriedenheit, Service P1 P2 P3 P4 P5 P6 P7 Bild 1. Zuordnung der Prozesselemente zum Produktlebenszyklus QZ Jahrgang 55 (2010) 9 NEUAUFLAGE VDA 6.3 – ETABLIERTER STANDARD ENTWICKELT SICH WEITER Prozessaudits bleiben © QZ – Qualität und Zuverlässigkeit

Upload: lynhi

Post on 02-Sep-2018

220 views

Category:

Documents


1 download

TRANSCRIPT

Page 1: NEUAUFLAGE VDA 6.3 - vda-qmc.de · Im Juli 2010 wurde die zweite Auflage des VDA-Bands 6.3 „Prozessaudit“ veröffent-licht. Die Erstauflage wurde bereits 1998 publiziert und hat

Im Juli 2010 wurde die zweite Auflage des

VDA-Bands 6.3 „Prozessaudit“ veröffent-

licht. Die Erstauflage wurde bereits 1998

publiziert und hat sich in den vergange-

nen Jahren zu einem etablierten Standard

entwickelt. Der Standard wird zur Ermitt-

lung von Potenzialen und Risiken ein-

schließlich Bewertung und Freigabe von

Lieferanten, aber auch zur Prozessbewer-

tung innerhalb einer Organisation genutzt.

In den vergangenen zwölf Jahren hat sichmit fortschreitender Globalisierung dieIndustrie und insbesondere die Automo-bilindustrie strukturell gewandelt. Die Er-richtung von Produktionsstätten auf derganzen Welt haben Auswirkungen auf dieProzesse der Hersteller (OEMs) und de-ren Zulieferer. Die Folge sind zum einendeutlich komplexere Logistikprozesse undzum anderen die Forderung nach robus-ten Prozessen und deren Absicherung inder gesamten Herstell- und Lieferkette.Ei-ne weitere Herausforderung ist die immer

kürzere Zeitspanne vom Konzept für einneues Produkt bis zur Markteinführung,bei gleichzeitig gestiegenen Produktanfor-derungen. Dies erfordert eine zunehmen-de Parallelisierung der Arbeitsabläufe ver-schiedenster Unternehmensbereiche inder gesamten Lieferkette. Infolgedessenwerden immer höhere Anforderungen andie Organisationen, an deren Prozesseund an die Mitarbeiter gestellt.

Abgeleitet aus diesen Rahmenbedin-gungen haben sich für die Überarbeitungdes VDA-Bands 6.3 folgende Maximen er-geben:� hohe Wiedererkennung,� Abbildung aktueller Anforderungen

(Fragenkatalog) und� Berücksichtigung von zukünftigen Ri-

siken.

Neue Struktur zur RisikoermittlungBild 1 zeigt die beispielhafte Zuordnungder Prozesselemente zum Produktle-benszyklus. Dieser beginnt mit der Po-

tenzialanalyse (P1), gefolgt von demProjektmanagement (P2), der Planungder Produkt- und Prozessentwicklung(P3), der Realisierung der Produkt- undProzessentwicklung (P4). Diese Elemen-te gelten vor dem Start der Serienpro-duktion (SOP) gemäß altem Teil A. NachSOP gemäß altem Teil B sind die Ele-mente Lieferantenmanagement (P5),Prozessanalyse bzw. Produktion (P6)und schließlich Kundenbetreuung, Kun-denzufriedenheit und Service (P7) be-schrieben. An den Titeln ist das Strebennach Wiedererkennbarkeit sichtbar.

Mit dem Prozesselement P2 verfolgteder Arbeitskreis das Ziel,das Risiko im Pro-jektmanagement mit eigenen Fragen zuuntersuchen – insbesondere vor demHintergrund der Parallelisierung von Pro-jekten. Damit dieses Vorgehen auch fürkleinere Unternehmen möglich ist, kön-nen die Prozesselemente P3 und P4 jeweilsgemeinsam (für Produkt und Prozess)oder auch getrennt bewertet werden.

N O R M E N

29

Auftragserhalt Vergabe SOP

Angebots-prozess(Vertrags-prüfung)

Def. undEntwurfProdukt-/Prozess-entwicklung

Lieferanten-vorauswahlPotenzial-analyse

UmsetzungProdukt-/Prozess-entwicklung

Serien-produktion

Kundendienst(After Sales)

Zuor

dnun

g de

r Fr

agen

P1: Potenzialanalyse (neu) · P2: Projektmanagement (neu) · P3: Planung der Produkt- und ProzessentwicklungP4: Realisierung der Produkt- und Prozessentwicklung · P5: Lieferantenmanagement · P6: Prozessanalyse / ProduktionP7: Kundenbetreuung, Kundenzufriedenheit, Service

P1

P2

P3

P4

P5

P6

P7

Bild 1. Zuordnung der Prozesselemente zum Produktlebenszyklus

QZ Jahrgang 55 (2010) 9

NEUAUFLAGE VDA 6.3 – ETABLIERTER STANDARD ENTWICKELT SICH WEITER

Prozessaudits bleiben

© Q

Z–

Qua

lität

und

Zuv

erlä

ssig

keit

029-031_QZ110260_QZ9 23.08.2010 9:40 Uhr Seite 29

Page 2: NEUAUFLAGE VDA 6.3 - vda-qmc.de · Im Juli 2010 wurde die zweite Auflage des VDA-Bands 6.3 „Prozessaudit“ veröffent-licht. Die Erstauflage wurde bereits 1998 publiziert und hat

Die Unterelemente der Prozessanalyse bzw.Serienproduktion (P6) sind prozessorien-tiert gemäß Turtel-Modell aufgebaut.

Detaillierter AuditprozessAuch der Auditprozess zur Planung undDurchführung der Prozessaudits (internoder extern) wird nun detailliert beschrie-ben (Bild 2). Dies soll insbesondere neueAuditoren bei der Planung und Durch-führung von Prozessaudits unterstützen.

Überarbeitetes BewertungsschemaDas Bewertungsschema wurde angepasstund geschärft (Bild 3). Bei der Ermittlungdes Erfüllungsgrads sind neben der Be-wertung auch Abstufungsregeln zu beach-

ten. Besonderen Einfluss haben hier die *-Fragen. Darunter sind Fragen mit einembesonderen Produktrisiko zu verstehen.Sofern eine solche Frage mit 0 Punkten

bewertet wird, ist unabhängig von dersonstigen Bewertung nur noch eine C-Einstufung möglich, bei 4 Punkten maxi-mal eine B-Einstufung.

N O R M E N

30

GeplantesEinsatzgebiet

Voraus-setzungen

Modul AAllgemeine

Grundlagen fürProzess-

Auditoren

Modul B IProzessaudit

Serien-produktion

Modul B IIProzessaudit

Produkt-lebenszyklus

Modul B IIIProzessaudit

Produkt-entwicklung

Modul B IVProzessaudit

Prozess-entwicklung

ProzessSerien-

produktion

Prozessgesamte

Lieferkette

ProzessProdukt-

entwicklung

ProzessProzess-

entwicklung

Grund-kenntnisse

QM

Grund-kenntnisse

QM

Grund-kenntnisse

QM

Grund-kenntnisse

QM

2 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

2 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

2 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

2 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

1,5 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

1,5 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

1,5 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

3 Tageincl. Lern-

kontrolle (1h)

Prozess-AuditorVDA 6.3Prozess-

entwicklung

Prozess-AuditorVDA 6.3Produkt-

entwicklung

Prozess-AuditorVDA 6.3Produkt-

lebenszyklus

Prozess-AuditorVDA 6.3Serien-

produktion

Modul C-optional-

ZertifizierterProzess-Auditormit Auditoren-

karte undZertifikat

1 Tag Prüfung(mündlich

undschriftlich)

2 Tage incl.Lernkontrolle

(1h)

Modul D-UpgradeSchulung-

(VDA 6.3 alt zuVDA 6.3 neu)

Bild 3. Schulungskonzept für die Auditorenausbildung gemäß VDA 6.3

Prozessorientiertes Auditieren

Audit-

Audit-auftrag

Vor-bereitung

Durch-führung

Bewer-tung

Ergebnis-darstellung

Nachberei-tung undAbschluss

programm

Bild 2. Prozess zur Planung und Durchführung eines Prozessaudits

© QZ – Qualität und Zuverlässigkeit

© Q

Z–

Qua

lität

und

Zuv

erlä

ssig

keit

� VDA 6.3 (2. AUFLAGE)

� Der bisherige Teil A wurde vollständig

überarbeitet und um das Prozessele-

ment Projektmanagement ergänzt. Der

Teil B (erste Auflage) wurde präzisiert

und die Fragen inhaltlich geschärft.

� Ein Kapitel zur Potenzialanalyse wurde

ergänzt. Diese dient der Bewertung

neuer, unbekannter Lieferanten (Be-

werber), Standorte und Fertigungspro-

zesse. Bewertet werden die Erfahrun-

gen des Lieferanten bei der Herstel-

lung von ähnlichen Produkten oder der

Anwendung ähnlicher Prozesse sowie

das Potenzial in der Produkt- und Pro-

zessrealisierung.

� Die Einstufung zum Gesamterfüllungs-

grad wurde auf drei Kategorien A, B

und C reduziert (siehe Bild 3).

� Die Abstufungsregeln für die Bewer-

tung wurden klarer definiert, insbeson-

dere unter Einbeziehung von Fragen

mit besonderem Produkt- und Prozess-

risiko (so genannte Sternchen-Fragen)

� Referenzen auf neue VDA-Bände, wie

Reifegradabsicherung für Neuteile,Ro-

buster Produktionsprozess und Schad-

teilanalyse Feld,wurden eingearbeitet.

� Die Auditierung und Bewertung von

Dienstleistungsprozessen erfolgt

ebenfalls nach einer neuen Struktur,

jedoch wurde hier der Fragenkatalog

inhaltlich nicht verändert.

Die Neuerungen auf einen Blick

© Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 55 (2010) 9

029-031_QZ110260_QZ9 23.08.2010 9:40 Uhr Seite 30

Page 3: NEUAUFLAGE VDA 6.3 - vda-qmc.de · Im Juli 2010 wurde die zweite Auflage des VDA-Bands 6.3 „Prozessaudit“ veröffent-licht. Die Erstauflage wurde bereits 1998 publiziert und hat

Generischer AnsatzEin neues Element in der Bewertung istder generische Ansatz. Ziel war es hier, diegenerellen Voraussetzungen zur Umset-zung eines Prozesses zu bewerten. Ohnediese sind Funktion und Wirksamkeit desjeweiligen Prozesses nicht gegeben. Pro-zesse haben analog VDA-Band 12, Pro-zessorientierung, unter anderem folgen-de Rahmenbedingungen zu erfüllen:� Es muss für den Prozess einen Verant-

wortlichen geben (Prozessverantwor-tung PV),

� Prozesse müssen unter Berück-sichtigung der Kundenanforderungen

N O R M E N

31

Weitere Informationenwww.vda-qmc.de/aus-und-weiter-

bildung

AutorenDipl.Ing. (FH) Martin Schmack,

geb. 1965, ist Leiter Qualitäts-

management Planung für Elektronik-

Kaufteile bei der Dr. Ing. h.c. F.

Porsche AG, Zuffenhausen.

Dipl.Wirt.Ing. (FH) Adrian

Tyrtania, geb. 1966, ist Manage-

ment System Coordinator Group bei

der Knorr-Bremse Systeme für Nutz-

fahrzeuge GmbH, München.

Roland Kohlmeyer, geb. 1957, ist

Vice President Preventive Quality bei

der Harman Becker GmbH, Karlsbad.

Ina Schmidt ist verantwortlich für

Prozesse, Methoden, Systeme,

Lieferantenqualität und Prävention in

der Abteilung Qualität bei Mercedes-

Benz Cars, Sindelfingen.

Dipl.-Phys. Ing. Andreas Freund-

lieb, geb. 1971, ist Mitarbeiter der

Abteilung Unternehmensqualität bei

der ZF Sachs AG, Schweinfurt.

KontaktRoland Kohlmeyer

[email protected]

www.qm-infocenter.deDiesen Beitrag finden Sie online unter der Dokumentennummer: QZ110260

Sicher ist sicher.

Der METROTOM 800 verschafft

mittels Röntgenstrahlung Durchblick

im Präzisionsspritzguss. In weniger

als einer Stunde liefert er ein 3-D-

Volumenmodell eines Bauteils. Prüf-

prozesse werden so auf bis zu ein

Drittel der Zeit verkürzt. Von der

Schadensprüfung bis zur präzisen

messtechnischen Auswertung: Mit

dem METROTOM 800 erhalten Sie im

Nu eine aussagekräftige Qualitäts-

analyse. Rufen Sie uns an, und ver-

einbaren Sie einen Termin für eine

kostenlose Vorführung! Der METROTOM 800

Carl ZeissIndustrielle Messtechnik GmbH73446 Oberkochen/GermanyVertrieb: +49 7364 20-6336Telefax: +49 7364 20-3870E-Mail: [email protected]/imt

zielorientiert ausgerichtet sein (Ziel-orientierung ZI),

� wichtige Informationen (z. B. Qualität,Probleme, …) werden rechtzeitig undumfassend an die notwendigen Perso-nen kommuniziert (KommunikationKO),

� Risiken in den Prozessen werden ent-sprechend identifiziert und berück-sichtigt (Risikoorientierung RI).

Für den generischen Ansatz sind keine se-paraten Fragen definiert. In den Prozess-elementen P2 bis P7 sind Fragen identifi-ziert, aus denen sich die Bewertung fürden generischen Ansatz ableitet.

SchulungskonzeptWesentliche Voraussetzung für die kor-rekte Bewertung der auditierten Prozesseist die Qualifikation der Auditoren. Ausdiesem Grunde hat der Arbeitskreis inZusammenarbeit mit der Schulungs-organisation des Qualitäts ManagementCenters im Verband der Automobil-industrie (VDA QMC) ein Schulungskon-zept erarbeitet (Bild 3). �

Martin Schmack, Zuffenhausen;

Adrian Tyrtania, München;

Roland Kohlmeyer, Pforzheim;

Ina Schmidt, Sindelfingen;

Andreas Freundlieb, Schweinfurt

QZ Jahrgang 55 (2010) 9

029-031_QZ110260_QZ9 23.08.2010 9:40 Uhr Seite 31