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Natur. Vielfalt. Niederbayern.

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Natur. Vielfalt. Niederbayern.

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Und trotzdem ist es uns bislang nicht gelungen, den Verlust an Lebensräumen und Arten aufzuhalten oder gar den Negativ-trend umzukehren. So müssen über 40 % der heimischen Pflan-zenarten nach der Roten Liste in Niederbayern als gefährdet gelten.

Wir wollen und müssen daher unsere Anstrengungen im Arten- und Biotopschutz weiter erhöhen. Die Bayerische Strategie zur Biologischen Vielfalt, die vom Bayerischen Kabinett im Frühjahr 2008 verabschiedet wurde, gibt dabei den Handlungsrahmen vor. So soll der Schutz der Arten- und Sortenvielfalt sowie der Er-halt naturnaher Lebensräume verstärkt, die ökologische Durch-lässigkeit und Funktionsfähigkeit der Landschaft verbessert und die Vermittlung von Umweltwissen im gesamten Bildungssys-tem intensiviert werden.

Wir werden in den kommenden Jahren mehr denn je starke Partner beim Schutz der Naturvielfalt in allen Kreisen der Ge-sellschaft brauchen. Die Bewahrung unserer heimischen Natur-vielfalt ist eine Aufgabe für uns alle. Bitte helfen auch Sie uns dabei!

Landshut, im August 2008

Im Mai dieses Jahres war Deutschland Gastgeber für rund 5000 Delegierte aus 190 Staaten auf der Welt-Naturschutzkonferenz in Bonn. Das Thema Biologische Vielfalt oder „Biodiversität“ hat dadurch kurzzeitig verstärkte Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit erfahren.

Was bedeutet „Biodiversität“? Dahinter verbirgt sich nicht we-niger als der ganze Reichtum an Tier- und Pflanzenarten bzw. -sorten sowie Lebensräumen, die uns umgeben. Unser Heimat-gefühl und die Identität unserer Region werden ganz we-sentlich dadurch geprägt. Und auch wirtschaftlich spielt die biologische Vielfalt insbesondere für den Tourismus einen be-deutenden Faktor gerade in den ländlich geprägten Teilen un-seres Regierungsbezirks.

Die Regierung als Höhere Naturschutzbehörde unternimmt gro-ße Anstrengungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Nie-derbayern. In den vergangenen Jahren wurden im Durchschnitt jeweils über 6 Mio. € im Vertragsnaturschutz, dem Landschafts-pflegeprogramm, der Naturparkförderung, über staatliche Maß-nahmen des Naturschutzes und andere Förder instrumente in den Erhalt unserer niederbayerischen Arten- und Lebensraum-vielfalt investiert. Es gibt derzeit 63 ausgewiesene Naturschutz-gebiete in Niederbayern und 92 Gebiete sind als Teil des euro-päischen ökologischen Netzwerks „Natura 2000“ ausgezeichnet, das sind gut 6,5 % der Fläche des Regierungsbezirks. In 52 aus-gewählten Schwerpunkträumen werden darüber hinaus soge-nannte BayernNetz Natur-Projekte umgesetzt.

Heinz Grunwald Regierungspräsident

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Biodiversität – Vielfalt des Lebens

Biodiversität oder Biologische Vielfalt – das ist der Reichtum an Arten und Ökosystemen auf unserer Erde, aber auch die genetische Vielfalt innerhalb der einzelnen Arten. Weltweit existieren schät-zungsweise 10 Millionen Arten an Tieren, Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen. Biologische Vielfalt gibt es nicht nur in tropischen Urwäldern oder Ko-rallenriffen, auch Mitteleuropa ist reich an Arten und Lebensräumen. In Bayern kommen mindes-tens 77 000 Pflanzen-, Tier-, Pilz- und Flechtenarten vor, in Niederbayern sind es mehr als 50 000.

Jede Art hat ganz spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum. In Niederbayern reicht die Vielfalt an Lebensräumen von den Bächen, Bergwiesen und -wäldern des Bayerischen Waldes über die Mager-rasen und Felsen der Frankenalb, den Niedermoo-ren im Isartal bis zu den Auwäldern und Altwas-sern entlang der Donau und ihren Nebenflüssen.

Doch die Vielfalt ist bedroht: Naturnahe, besonders artenreiche Lebensräume gibt es nur noch auf gut 4 % der Fläche Niederbayerns. Kein Wunder, dass fast 50 % der bayerischen Pflanzen- und Tierarten gefährdet sind. Es ist paradox: Einerseits sind viele

Lebensräume erst durch den Menschen entstan-den, andererseits ist „Homo sapiens“ der größte Natur- und Umweltzerstörer. Vor allem der Land-schaftsverbrauch und die intensive Landnutzung sind dafür verantwortlich. Auf den ersten Blick le-ben wir mitten im Grünen, der zweite Blick verrät aber: Die Artenzahl hat deutlich abgenommen. Früher kamen auf einer normalen Wirtschaftswie-se über 50 Pflanzenarten vor, heute sind es kaum mehr als 10.

Auf der UN-Umweltkonferenz in Rio 1992 wurde der Schutz der Biodiversität zu einem der wich-tigsten Ziele erklärt. Zusammen mit 190 anderen Staaten hat Deutschland dieses Abkommen rati-fiziert. Auch Bayern hat im April 2008 eine Bio-diversitätsstrategie verabschiedet. Das wesentliche Ziel: Bis zum Jahr 2020 soll sich die Gefährdungs-situation für mehr als die Hälfte der Rote-Liste- Arten verbessert haben. Ein anspruchsvolles Vor-haben, für dessen Verwirklichung die Unterstüt-zung aller Bürgerinnen und Bürger nötig ist.

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Weitere Informationen:www.natur.bayern.de www.regierung.niederbayern.bayern.de

Gute Argumente für die Vielfalt

Biologische Vielfalt ist für das Überleben der Men-schen auf unserem Planeten unverzichtbar: Pflan-zen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen sind die Bausteine der Biosphäre, die unsere Erde umgibt – sie geben uns die Luft zum Atmen, reinigen das Wasser, sorgen für fruchtbare Böden und ein an-genehmes Klima.

Biologische Vielfalt schmeckt: Etwa 3000 Pflanzen-arten stehen auf dem Speiseplan der Menschen. Das ist nicht nur abwechslungsreich und gesund, sondern hilft auch, die Gefahr von Hunger in der Welt zu mindern: Fällt beispielsweise eine Getrei-desorte durch Pilzbefall aus, kann sie durch eine andere ersetzt werden.

Biologische Vielfalt rettet Menschenleben: Zahl-reiche Arten sind die Grundlage von Arzneimit-teln; so basiert etwa die Hälfte der in Deutschland eingesetzten Medikamente auf pflanzlichen In-haltsstoffen. Der Gesamtumsatz an Arzneimitteln pflanzlichen Ursprungs beträgt rund 20 Milliarden US-Dollar pro Jahr.

Die Natur ist auch Vorbild für technische Inno-vationen: vom Spinnennetz, das Vorlage für das Münchner Olympiazeltdach war, über den Schna-bel des Wiedehopfs als Ideengeber für die Ent-wicklung der Pinzette bis zum Vogelflügel, ohne den es wohl nie Flugzeuge gegeben hätte.

Die Natur ist ihr Geld wert. Die Tourismusbranche, die ohne eine vielfältige Landschaft nicht denkbar wäre, ist gerade auch in Niederbayern ein sehr be-deutender Wirtschaftszweig. Etwa 1,2 Milliarden € geben die Touristen pro Jahr im Regierungsbezirk aus.

Nicht zuletzt: Biologische Vielfalt ist Lebensquali-tät. Ein morgendliches Vogelkonzert in den Isarau-en, eine duftend-bunte Blumenwiese oder der Flü-gel eines Perlmuttfalters aus der Nähe betrachtet, all das sind unvergleichliche Naturschönheiten; sie zu verlieren wäre ein unwiederbringlicher Verlust.

Die Beispiele machen es deutlich: Biologische Viel-falt gehört zu einer lebenswerten und zukunfts-trächtigen Umwelt, wie wir sie auch unseren Nach-kommen schulden. Wir müssen sie erhalten und schützen – als Teil der Natur auch um ihrer selbst Willen.

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Vielfältiges Niederbayern

Niederbayerns Landschaften sind vielfältig und oft auch attraktiv. Das wissen nicht nur die Niederbay-ern selbst, das bestätigen auch mehr als 2,5 Millio-nen Feriengäste und Touristen, die den Bezirk alljährlich besuchen. Sie konzentrieren sich, wo Niederbayern am schönsten und die Natur noch relativ intakt ist. Oft sind dies Gebiete mit einem hohen Anteil an wertvollen Lebensräumen und ei-ner großen Artenvielfalt.

Dazu gehören zum Beispiel weite Teile des Baye-rischen Waldes. Ausgedehnte und oft noch natur-nahe Bergwälder sind sein Markenzeichen. Typisch sind aber auch blütenreiche Berg- und Feuchtwie-sen, Hochmoore und Heidereste sowie die vielen klaren, nahezu ungestörten Bäche.

Ganz anders die Frankenalb: Hier fällt nur halb so viel Regen und Schnee wie im Bayerischen Wald. Entsprechend häufiger sind an Trockenheit ange-passte Lebensräume, z. B. die typischen Wachol-derheiden entlang der Altmühl oder die Felsfor-mationen in der Weltenburger Enge bei Kelheim.

Trocken ist auch die Gegend um Abensberg. Im Windschatten der Alb lagerten Stürme vor Jahr-tausenden mächtige Sandschichten ab. Kiefernbe-wachsene Dünenfelder mit Resten offener Sand-dünen prägen hier die Landschaft.

Auch die Niedermoore im Isartal oder die Auen der Donau sind reich an Arten und Lebensräumen. Selbst in der Hallertau – dem größten Hopfenan-baugebiet der Welt – und im Gäuboden – der bay-erischen Kornkammer – sind noch Reste wertvol-ler Biotope zu finden.

Biotopverbundachsen, die einen Austausch zwi-schen den Tier- und Pflanzenpopulationen ermög-lichen, verknüpfen diese Schwerpunkte der biolo-gischen Vielfalt. So werden die Landschaften der Donauniederung durch Inn- und Isartal mit dem Alpenraum und durch das Ilztal mit dem Hinte-ren Bayerischen Wald verbunden. Das Donautal schließlich hat über sieben Staaten Mittel- und Osteuropas hinweg bis zum Schwarzen Meer in-ternationale Bedeutung als Biotopverbundachse.

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Flüsse, Bäche und ihre Auen prägen Niederbayern in ganz besonderem Maß. Das gilt vor allem für die Donau, die Niederbayern von Neustadt im Westen bis Passau im Osten durchfließt. Auf über 150 km Länge begleiten sie dabei die verschiedensten Landschaftstypen: enge „Durchbruchstäler“ wie in der Weltenburger Enge, weite Auen wie bei Strau-bing und steile Hänge wie bei Obernzell nahe der Grenze zu Österreich. Dieser Reichtum ist Lebens-grundlage für viele seltene und gefährdete Tier- und Pflanzenarten. Besonders typisch sind einige „Stromtalarten“ wie der Kantenlauch, das Hohe Veilchen oder der Hühnerbiss, deren Vorkommen auf die großen Flusstäler beschränkt sind.

Auch das Isartal hat eine große Bedeutung für die biologische Vielfalt in Niederbayern. Zu seinen Be-sonderheiten zählen großflächige Niedermoore wie das Grießenbacher, das Königsauer und das Wallersdorfer Moos. Hier leben Brachvogel, Bekas-sine, Kiebitz und andere „Wiesenbrüter“. Auf Fluss-schotterheiden wie der Rosenau kommen sogar Steppenpflanzen vor, so Purpur-Schwarzwurzel, Federgras und Graue Skabiose. Die „Isarmündung“ schließlich ist einer der größten und vielgestaltig-sten Auenkomplexe Bayerns.

Bayernweit einmalig sind auch die zahlreichen na-turnahen Bäche des Bayerischen Waldes und die wenig verbauten Flüsse Ilz und Schwarzer Regen.

Durch die fast durchweg gute Gewässerqualität und -struktur und durch die Ruhe und Abgeschie-denheit mancher Talabschnitte kann man hier noch so seltene Arten wie Flussperlmuschel, Fisch-otter und Huchen finden.

Im überwiegend landwirtschaftlich geprägten Hügelland im Südwesten und Süden Niederbay-erns gibt es weitläufige Wiesen-Auen mit Feucht-wiesen, zum Beispiel an der Vils, die unterhalb von Vils biburg große Mäanderschlingen bildet, der Kleinen Laaber und der Großen Laber oder der Abens. Hier konzentrieren sich die niederbayeri-schen Vorkommen des Weißstorchs.

Und selbst die Stauräume am Unteren Inn haben sich im Laufe der Zeit zu einem Schwerpunkt der biologischen Vielfalt entwickelt: Hier rasten und überwintern Tausende Wasservögel, brüten mehr als 150 Vogelarten.

Flusslandschaften – niederbayerische Lebensadern

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Im Dienst von Mensch und Natur

In Bayern ist der Naturschutz seit 1984 in der Ver-fassung verankert. Die Grundlage für die Arbeit der Naturschutzbehörden bildet das 1973 erstmalig er-lassene Bayerische Naturschutzgesetz. Die unte-ren Naturschutzbehörden an den Landratsämtern und in den kreisfreien Städten sind die Ansprech-partner vor Ort. Die Regierung von Niederbayern erfüllt daneben als höhere Naturschutzbehörde vielfältige Aufgaben im staatlichen Naturschutz auf Bezirksebene.

Sie bewilligt und koordiniert die Mittelvergabe der verschiedenen Förderprogramme des Naturschut-zes und der Landschaftspflege. Damit werden un-ter anderem Leistungen unserer heimischen Bau-ern in der Landschaftspflege honoriert.

Unter das Motto „Kooperativer Naturschutz“ fallen auch freiwillige Vereinbarungen wie die „Kletter-konzepte“ für den Bayerischen Wald und die Frän-kische Alb: Felsen sind sehr wertvolle naturnahe Lebensräume. Die Regierung von Niederbayern hat sich daher mit dem Deutschen Alpenverein, der IG Klettern und dem Landesbund für Vogel-schutz zusammengesetzt und gemeinsam festge-legt, welche Felsen beklettert werden dürfen und welche geschont werden müssen.

Zu den Aufgaben der höheren Naturschutzbe-hörde gehört aber auch die Ausweisung von Na-turschutzgebieten. Darüber hinaus erstellt die Regierung naturschutzfachliche Gutachten bei überörtlichen Planungen und Bauvorhaben. Auch die Ausnahmegenehmigungen zum Artenschutz-recht oder Befreiungen von Naturschutzgebiets-Verordnungen werden bei der höheren Natur-schutzbehörde bearbeitet.

Effektiver Naturschutz ist häufig nur im Rahmen zielgerichteter Projektarbeit möglich. Die Regie-rung fungiert dabei als „Motor“. Sie initiiert Bio-topverbundprojekte im Rahmen des „BayernNetz Natur“, Großprojekte des Bundes oder der EU und koordiniert überregionale Artenschutzprojekte.

Nicht zuletzt berät die höhere Naturschutzbehör-de die Akteure vor Ort. Im Naturschutz sind häufig Spezialkenntnisse nötig. Das Team aus Biologen, Juristen, Landschaftsökologen, Landespflegern und Verwaltungsfachkräften an der Regierung von Niederbayern stellt dieses Wissen bereit.

Weitere Informationen: www.regierung.niederbayern.bayern.de

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Weitere Informationen: www.bund-naturschutz.de, www.lbv.de, www.lpv.de, www.umweltbildung.bayern.de

Die Sicherung der biologischen Vielfalt ist eine an-spruchsvolle Aufgabe. Ohne die Vielzahl von eh-renamtlich im Naturschutz engagierten Personen, Institutionen, Vereinen und Verbänden vor Ort, vor allem in den anerkannten Naturschutzverbänden, könnten die Naturschutzbehörden ihre Aufgaben nicht erfüllen.

Wichtige Partner sind zum Beispiel der Landes-bund für Vogelschutz und der Bund Naturschutz: bei der Sammlung von Daten zur Verbreitung sel-tener und gefährdeter Arten, in der praktischen Biotop- und Landschaftspflege, beim Ankauf öko-logisch wertvoller Flächen, bei der Konzeption und Umsetzung von Naturschutzprojekten und Arten-hilfsmaßnahmen oder in der Umweltbildung.

Nicht mehr wegzudenken sind auch der Naturpark Bayerischer Wald e. V. und die Landschaftspfle-geverbände, die in den Landkreisen Dingol fing-Landau, Kelheim, Straubing-Bogen und Passau wertvolle Arbeit in der Landschaftspflege sowie im Arten- und Biotopschutz leisten. Wertvolle Unter-stützung bei gezielten Maßnahmen leisten auch der Fischereiverband Niederbayern, die Wildland-Stiftung des Landesjagdverbandes Bayern und die Umweltbeauftragten der katholischen und evangelischen Kirche. Nicht zuletzt sind Landkrei-se, kreisfreie Städte und Gemeinden zu nennen.

Sie sind nicht nur in Landschaftspflegeverbänden und Naturparkvereinen engagiert, sondern häufig auch Träger und Geldgeber bei Naturschutzpro-jekten und Flächenankäufen.

Nur was man kennt, schätzt und schützt man. Der Umweltbildung kommt deshalb eine besondere Rolle zu. In Niederbayern gibt es mittlerweile vier anerkannte Umweltbildungsstationen und zahl-reiche weitere qualifizierte umweltpädagogische Einrichtungen, die den Naturschutz ebenso un-terstützen wie viele engagierte Lehrer/-innen und Erzieher/-innen bei ihrer Arbeit in Schulen und Kindergärten.

Gebietsbetreuer kümmern sich speziell um den Erhalt ökologisch sensibler und besonders wert-voller Gebiete. In Niederbayern sind derzeit acht Gebietsbetreuerinnen und -betreuer tätig. Durch intensive Öffentlichkeitsarbeit, Führungen, Vorträ-ge, Zeitungsartikel und Ausstellungen und vor al-lem durch ihre persönliche Präsenz vor Ort sollen sie Wissen vermitteln, Verständnis und Rücksicht-nahme fördern und damit die Akzeptanz des Na-turschutzes erhöhen.

Gemeinsam aktiv für Niederbayerns Natur

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Weitere Informationen:www.stmugv.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/index.htm

Geld für Heu

Kooperativer Naturschutz hat seinen Preis: Wenn Landwirte und Grundeigentümer zugunsten der biologischen Vielfalt freiwillig die Landschaft pfle-gen oder Einschränkungen hinnehmen, steht ih-nen eine gerechte Entlohnung bzw. ein finanziel-ler Ausgleich zu. Der Freistaat Bayern stellt deshalb jedes Jahr ca. 30 Millionen € für Förderprogramme des Naturschutzes und Landschaftspflege zur Verfügung.

Schon in den 1980er Jahren wurden die ersten För-derprogramme aufgelegt, mit denen Landwirte für besonders schonende Bewirtschaftungsfor-men entlohnt werden sollten. Daraus entstand das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm. Da-mit fördert der Freistaat Bayern die naturschutz-konforme Bewirtschaftung von Wiesen, Weiden, Streuobstbeständen, Teichen und Äckern. Allein in Niederbayern wurden für dieses Programm von 2000 bis 2006 insgesamt 17 Millionen € ausbezahlt. Für manche Landwirte vor allem in den weniger begünstigten Regionen des Bezirks stellen diese Einkommen ein zusätzliches finanzielles Stand-bein dar.

Seit 2007 können so auch Maßnahmen im Wald unterstützt werden, zum Beispiel die Sicherung von Alt- und Biotopbäumen sowie Totholz, die Förderung lichter Wälder oder der vollständige Nutzungsverzicht.

Für Niederbayern besonders wichtig sind auch die Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien. Damit werden die Pflege und Neuschaffung von Lebensräumen gefördert – von der Neuanlage von Feuchtbiotopen über die Entbuschung von Magerrasen bis zur Anpflanzung und Pflege von Hecken. Auch in die Erholungsvorsorge wird über dieses Förderinstrument kräftig investiert: In den Naturparken Altmühltal und Bayerischer Wald wurden allein mehr als 50 Naturerlebnispfade er-richtet. Alljährlich stehen in Niederbayern für die-ses Programm etwa 2 Millionen € zur Verfügung.

Ein weiterer wichtiger Geldgeber ist der Bayeri-sche Naturschutzfonds. Diese vom Freistaat Bay-ern im Jahr 1982 gegründete Stiftung unterstützt vor allem den Ankauf von wertvollen Lebensräu-men. Auch die Bundesregierung und die Europäi-sche Union tragen mit eigenen Programmen zur Finanzierung des Naturschutzes bei.

Fakten:Naturschutzförderung in Niederbayern

Vertragsnaturschutz- programm: ca. 2,4 Millionen €/Jahr

Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien: ca. 1,0 Million €/Jahr

Staatliche Maßnahmen des Naturschutzes: ca. 1,0 Million €/Jahr

Grundstückskäufe und sonstige Maßnahmen: ca. 1,6 Millionen €/Jahr

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Weitere Informationen: www.lfu.bayern.de/natur/daten/index.htm, www.nationalpark-bayerischer-wald.de, www.naturpark-altmuehltal.de, www.naturpark-bayer-wald.de

Schutzgebiete sind ein unverzichtbarer Baustein für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Hier hat die Natur Vorrang vor anderen Ansprüchen. Das gilt vor allem für Naturschutzgebiete: sie haben eine besondere Funktion als Lebensstätte selte-ner oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten oder zeichnen sich durch besondere Eigenart, Selten-heit oder Schönheit aus.

In Nationalparks gelten strenge, international fest-gelegte Schutzstandards, wonach die Natur auf mindestens drei Viertel der Fläche ungestört sich selbst überlassen bleiben soll, ganz ohne Einfluss des Menschen. Als erster in Deutschland über-haupt wurde der Nationalpark Bayerischer Wald im Jahr 1970 gegründet. Zusammen mit dem an-grenzenden tschechischen Sumava-Nationalpark ist er mit einer Fläche von mehr als 900 km2 das größte Waldschutzgebiet Mitteleuropas. Dass sich der Nationalpark auch zu einem wichtigen regi-onalen Wirtschaftsfaktor entwickelt hat, haben jüngste Studien der Universität Würzburg belegt.

In Niederbayern gibt es daneben noch zwei Na-turparke: den Naturpark Bayerischer Wald und den Naturpark Altmühltal. In diesen Gebieten ste-

hen naturnahe Erholung und nachhaltiger Touris-mus im Vordergrund. Mit einer Gesamtfläche von 2240 km2 entfallen 22 % der Fläche Niederbayerns auf diese Schutzkategorie.

Landschaftsschutzgebiete dienen ebenfalls in ers-ter Linie der Sicherung des Landschaftsbildes ge-wachsener Kulturlandschaften und der Erholung. In Niederbayern gibt es 62 davon. Geschützte Landschaftsbestandteile und Naturdenkmäler sind kleinflächige Schutzgebiete oder Einzelschöpfun-gen der Natur wie zum Beispiel die „Steinere Rin-ne“ bei Usterling im Isartal – ein Kalktuffgebilde – oder die 800jährige Linde bei Jacking im Landkreis Passau.

92 niederbayerische Gebiete sind schließlich als FFH- oder EU-Vogelschutzgebiete Teil des euro-päischen Netzwerks NATURA 2000. Insgesamt unterliegen 28 % der Fläche Niederbayerns einem gesetzlichen Schutz.

Netzwerk des Lebens

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Perlen der Natur – Naturschutzgebiete in Niederbayern

Naturschutzgebiete sind die Zentren der Biolo-gischen Vielfalt. Sie sind besonders artenreich, Lebensraum sehr seltener Arten oder charakteri-sieren in besonderem Maße landschaftstypische Lebensräume.

Zum Beispiel die „Todtenau“: Im größten Moor-komplex des Vorderen Bayerischen Waldes bei Kirchberg zwischen Deggendorf und Regen kom-men zahlreiche Tier- und Pflanzenarten vor, die an die extremen Lebensverhältnisse – Nässe und Nährstoffarmut – angepasst sind, wie beispiels-weise Sonnentau, Blumenbinse und Spirke.

Ein echtes Kleinod ist das „Sippenauer Moor“ bei Kelheim. Durch schwefelhaltiges Karstwasser ent-stand hier auf nicht einmal 10 Hektar Fläche ein Quellmoor der besonderen Art. Mehr als 250 Farn- und Blütenpflanzenarten sowie über 60 Moos-arten wurden hier nachgewiesen, darunter Kost-barkeiten wie das Strohgelbe Knabenkraut und der Kammfarn, die in Niederbayern nur noch hier zu finden sind, sowie Mehlprimel oder Fettkraut.

Ganz anders ist der „Hochwald am Dreisessel“. Dieser fast 300 Hektar große Bergfichtenwald erin-nert an die Waldheimat Adalbert Stifters. Hier auf einem der höchsten Berge des Bayerischen Waldes am Dreiländereck Bayern – Österreich – Tsche chien leben Auer- und Haselhuhn, Dreizehenspecht und Gartenschläfer. Mit viel Glück bekommt man sogar einen Luchs zu Gesicht.

Ein besonderes Prädikat trägt die „Weltenburger Enge“: Sie ist das einzige bayerische Naturschutz-gebiet mit Europadiplom, einer Auszeichnung des Europarats in Straßburg. Oberhalb von Kelheim zwängt sich die naturbelassene Donau durch ma-lerische Kalkfelsen inmitten naturnaher Buchen-wälder. Hier leben Uhu und Wanderfalke oder seltene Pflanzen wie die Alpen-Aurikel, ein echtes Relikt der Eiszeit.

Die Liste ließe sich weiter fortsetzen: In Nieder-bayern gibt es derzeit 63 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von rund 7 200 Hektar.

Weitere Informationen:www.regierung.niederbayern.bayern.de/wirfuersie/naturschutz/nsg_uebersicht.htm

Fakten: Naturschutzgebiete in Niederbayern

Anzahl: 63 Größe: 7 182 Hektar

Ältestes Naturschutzgebiet: Ludwigshain/Landkreis Kelheim (seit 23.02.1938)

Größtes Naturschutzgebiet: Isarmündung (808 Hektar)

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23Weitere Informationen: www.stmugv.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm

Unter dem Stichwort „Natura 2000“ wird derzeit in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten ein ökologisches Netzwerk aus sogenannten Fauna-Flora-Habitat-Gebieten (FFH-Gebieten) und EU-Vogelschutzge-bieten aufgebaut. Inzwischen umfasst Natura 2000 über 20 000 FFH-Gebiete mit einem Flächenanteil von mehr als 13 % der gesamten Landfläche der Europäischen Union. Es gilt damit als das größte Naturschutzprojekt weltweit.

Niederbayern hat Anteil an insgesamt 92 teilweise bezirksübergreifenden Natura 2000-Gebieten mit einer Gesamtfläche von rund 68 000 Hektar; dies entspricht etwa 6,5 % der Bezirksfläche. Zum Na-tura 2000-Netzwerk in Niederbayern zählen bei-spielsweise die Mittleren Isarstauseen oberhalb von Landshut. Mit regelmäßig über 10 000 Indivi-duen zählen diese zu den wichtigsten Rast- und Überwinterungsgebieten für Wasservögel in Bay-ern. Regelmäßige Nachweise sehr seltener Arten wie des Kleinen Sumpfhuhns machen das Gebiet zu einem Geheimtipp für Vogelkundler.

Zu den größten FFH-Gebieten Niederbayerns ge-hören die Donauauen zwischen Straubing und Vilshofen. Auwälder, Altwasser und Auewiesen sind Lebensraum von zahlreichen europaweit

seltenen Arten. Und auch der Fluss selbst ist un-ersetzlicher Lebensraum für strömungsliebende Fischarten wie die „Donaubarsche“ Zingel, Streber und Schrätzer. Sie kommen weltweit nur in der Donau und ihrer Zuflüssen vor.

Ein im wahrsten Sinn des Wortes „herausragendes“ niederbayerisches FFH- und Vogelschutzgebiet ist der Große Arber mit seinen Wäldern, Felsen, Borst-grasrasen und Zwergstrauchheiden. Hier konzen-trieren sich in einzigartiger Weise Vorkommen von Eiszeitrelikten, also Arten, die seit dem Abschmel-zen der Gletscher im Bayerischen Wald bis heute überdauern konnten.

Der Pfahl ist eine der erstaunlichsten Naturer-scheinungen in Bayern. Dieser etwa 150 km lange Quarzrücken durchzieht das gesamte nördliche Niederbayern und zählt zu den national bedeutsa-men „Geotopen“. Daneben hat der Pfahl aber auch eine wichtige Funktion als Lebensraum seltener, wärme- und trockenheitsliebender, an nährstoff-arme Standorte an-gepasster Tier- und Pflanzenarten.

Verantwortung in Europa

Fakten:Natura-2000-Gebiete in Niederbayern:

EU-Vogelschutzgebiete: Anzahl: 12 Flächengröße: 44 795 Hektar

FFH-Gebiete: Anzahl: 84 Flächengröße: 63 141 Hektar

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BayernNetz Natur

„BayernNetz Natur“ steht für Projekte und Initia-tiven zum Aufbau eines landesweiten Biotopver-bundsystems. Freiwilligkeit und Kooperation sind die zwei Grundprinzipien. Die Gesamtverantwor-tung liegt bei den jeweils vor Ort tätigen Projekt-trägern. Ohne Verbände, Vereine, Kommunen, Behörden und anderen Institutionen wäre Bayern-Netz Natur nicht denkbar. In ganz Bayern gibt es 350 Projekte, in Niederbayern sind es 41.

In den Projekten werden nicht nur Lebensräume für Pflanzen und Tiere erhalten und wiederherge-stellt. Durch die Renaturierung von Bächen und Flüssen und die Erhaltung von Feuchtlebensräu-men leistet BayernNetz Natur einen Beitrag zum vorbeugenden Hochwasserschutz. Zum aktiven Klimaschutz tragen neben der Wiedervernässung von Mooren auch der Erhalt und die Wiederher-stellung von naturnahen Wäldern bei. Regional-vermarktungskonzepte sorgen dafür, dass sich Naturschutz auch für Landwirte lohnt.

Ein gutes Beispiel ist das Projekt „Bischofsreuther Waldhufen“. Die Gemeinde Haidmühle und ein ei-gens gegründeter Förderverein kümmern sich in Zusammenarbeit mit Naturschutzverbänden, der Forstverwaltung, dem Naturpark Bayerischer Wald und den Naturschutzbehörden um die einmalige Kulturlandschaft im Landkreis Freyung-Grafenau. Über 100 Hektar Fläche wurden bereits optimiert.

Im Rainer Wald in der Donauniederung bei Strau-bing ist fast alles zu finden, was einen Wald aus Na-turschutzsicht wertvoll macht – ein enormer Struk-turreichtum, eine bemerkenswerte Artenvielfalt und eine Urwüchsigkeit, wie es sie in Mitteleuropa nur noch selten gibt. Im Rahmen eines BayernNetz Natur-Projekts wurden mehr als 100 Hektar Wald erworben, Naturwaldparzellen ausgewiesen und zahlreiche Entwässerungsgräben geschlossen. Ge-zielte Hilfsmaßnahmen unterstützen die Bestände seltener Arten wie des Halsbandschnäppers.

Weitere Informationen: www.stmugv.bayern.de/umwelt/naturschutz/index.htm www.bayernnetznatur.de

Fakten: BayernNetz Natur-Projekte in Niederbayern: 41

davon als Träger: Landkreise: 21 Gemeinden: 19 Landschaftspflege- verbände: 3 Naturschutzverbände: 10

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Weitere Informationen: www.bfn.de/0203_grossprojekte.html www.idee-natur.de

Die Sicherung der Vielfalt an Arten und Lebens-räumen ist eine der größten Herausforderungen, die sich der Weltgemeinschaft in den kommenden Jahren stellen. Auch die Bundesregierung sieht das so: Mit der Ratifizierung des UN-Abkommens zur biologischen Vielfalt hat sie sich zu dieser Ver-antwortung bekannt. Ein Grund, warum sie den Naturschutz auch finanziell unterstützt. In aus-gewählten Naturschutzgroßvorhaben investiert sie jeweils mehrere Millionen Euro, um beson-ders schützenswerte Landschaften dauerhaft zu sichern.

Zwei von fünf bayerischen Naturschutzgroßpro-jekten liegen in Niederbayern. Eines davon ist im Isarmündungsgebiet bei Deggendorf durch-geführt worden. Mit fast 1500 Hektar ist dieses Feuchtgebiet eine der größten noch weitgehend intakten Auenlandschaften Bayerns. Großflächi-ge, regelmäßig überflutete Auwälder, zahlreiche Altwasser, Röhrichte und Sumpfwiesen bilden ein einzigartiges Biotop-Mosaik. Zahlreiche seltene Pflanzen- und Tierarten kommen hier vor, wie zum Beispiel Becherglocke, Glänzende Wolfsmilch und Wanzen-Knabenkraut, die deutschland- oder so-gar weltweit extrem selten geworden sind.

Mit dem Landkreis Deggendorf als Träger wurden von 1989 bis 2001 fast 10 Millionen Euro investiert. Damit wurden vor allem über 120 Hektar Auwälder angekauft und so langfristig gesichert, Feucht- und Nasswiesen renaturiert und Auengewässer groß-räumig gegen Einträge abgepuffert. Das „Infohaus Isarmündung“ hat sich zu einem Publikumsmag-neten entwickelt, der Einheimischen und Gästen die wunderbare Naturlandschaft näher bringt.

Das zweite Großprojekt sind die „Altmühlleiten“. Neben dem Landkreis Kelheim in Niederbayern sind auch Kommunen in Oberbayern und Mittel-franken beteiligt. Hier geht es vor allem um die Sicherung der für das Altmühltal so typischen Wacholderheiden und naturnahen Buchenwälder. Das Projekt wurde im Jahr 2005 begonnen und soll im Jahr 2015 abgeschlossen sein.

Projekte für Deutschland

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Weitere Informationen:www.stmugv.bayern.de/umwelt/naturschutz/foerderung/life/index.htm

Seit 1992 gibt es das LIFE-Programm der Europäi-schen Union. Damit soll vor allem die Umsetzung der Vogelschutz- und Habitatrichtlinie gefördert und so das Europäische Schutzgebietsnetz „Na-tura 2000“ unterstützt werden. In Niederbayern wurden bzw. werden bislang drei LIFE-Projekte durchgeführt.

Zum Beispiel an der unteren Isar zwischen Dingol-fing und Landau: Hier wurden fast vier Jahre lang Magerrasen wiederhergestellt, naturnahe Au-wälder entwickelt und Quellstandorte gesichert. Mehr als 25 Hektar Fläche wurden angekauft und gepachtet, 17 Hektar Ackerflächen in Wald umge-wandelt, 5 Hektar entbuscht. Träger war der Land-kreis Dingolfing-Landau, wichtige Partner das Amt für ländliche Entwicklung, Wasserwirtschafts- und Forstamt, der Landschaftspflegeverband und zahl-reiche Landwirte. Die Maßnahmen kamen vielen seltenen Arten zugute, zum Beispiel der Pyrami-denorchis, einer deutschlandweit sehr seltenen Orchideenart.

Im LIFE-Projekt „Unterer Inn mit Auen“ wurden 3,86 Millionen € vor allem in den Ankauf von 108 Hektar Fläche investiert. Hier wurden Auwäl-

der neu geschaffen, Pappelforste zu naturnahen Wäldern entwickelt, Magerrasen wiederhergestellt und Auengewässer angelegt. Ein wichtiger Bau-stein war auch die Entwicklung eines Nutzungs-konzepts für Angler, Bootsfahrer, Jäger und Besu-cher, um der internationalen Bedeutung als Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für Vögel ge-recht zu werden. Einmalig war die Projektstruktur: Träger waren nicht nur die Landkreise Passau und Rottal-Inn, sondern auch die Kraftwerksbetreiber und die Oberösterreichische Landesregierung.

Im jüngsten, noch nicht abgeschlossenen Projekt an den Hängen der Donau unterhalb von Vils- hofen kümmert man sich – ebenfalls zusammen mit Oberösterreich – um die Entwicklung natur-naher Hang- und Schluchtwälder. Hier sollen ins-gesamt 150 Hektar Wald angekauft und 400 Hektar durch Nutzungsvereinbarungen gesichert werden. Weil Alteichen und Totholz als Lebensraum für den Hirschkäfer Mangelware sind, werden künstliche „Wiegen“ angelegt, in denen sich die Käferlarven entwickeln können. Aber auch Schwarzstorch und viele andere Arten profitieren von dem Projekt.

LIFE für die Natur

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Weitere Informationen:www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/artenhilfsprogramme_einfuehrung/index.htm

Manche Tier- und Pflanzenarten haben so spe-zielle Ansprüche an ihrem Lebensraum, dass der Schutz durch die gängigen Naturschutzförderpro-gramme und -maßnahmen nicht zu gewährleisten ist. Sie benötigen ausgefeilte Schutzstrategien im Rahmen sogenannter Artenhilfsprogramme.

Die Entwicklung und Umsetzung von Artenhilfs-programmen ist häufig fachlich besonders an-spruchsvoll und arbeitsintensiv. Deshalb braucht die Natur auch hier viele Verbündete: Vom Landes-amt für Umwelt und seinen Experten, die geeig-nete Maßnahmenvorschläge entwickeln können, über die Naturschutzbehörden, die die Umsetzung initiieren und koordinieren bis zu Behörden, Kom-munen, Vereinen, Verbänden und ehrenamtlichen Helfern, die dann die konkreten Schutzmaßnah-men vor Ort durchführen.

Eine solche Maßnahme kann auch die Bewachung von Greifvogelhorsten sein. So hätte der Wander-falke ohne die mehr als 1000 unermüdlichen Horst-bewacher, deren Einsatz vom Landesbund für Vo-gelschutz im Rahmen eines Artenhilfsprogramms

über Jahre hinweg koordiniert worden ist, in Bay-ern möglicherweise nicht überlebt. In den 1970er Jahren gab es nur noch wenige Brutpaare, inzwi-schen sind es mehr als 200.

Auch im Fledermausschutz engagieren sich be-sonders viele ehrenamtliche Naturschützer. Sie werden in Niederbayern von zwei im Auftrag der Regierung tätigen Regionalbetreuern und der Ko-ordinationsstelle für Fledermausschutz Südbayern unterstützt.

Die Umsetzung der Artenhilfsprogramme benö-tigt einen langen Atem. Zwar konnten die Bestän-de einiger Arten wie von Weißstorch und Fisch-otter durch solch hohen Einsatz gestützt werden, die Hilfsprogramme vieler Pflanzen- und Tierarten stehen jedoch erst am Anfang. Es gibt also noch viel zu tun.

Spezialeinsatz für bedrohte Arten

Fakten: Artenhilfsprogramme in Niederbayern für:

über 120 Pflanzenarten ca. 50 Tierarten

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Kostbarkeiten der Natur

Böhmischer Enzian – weltweit einmalig

Einige Pflanzen- und Tierarten kommen auf der ganzen Welt (fast) ausschließlich in Bayern oder gar nur in Niederbayern vor. Für die Erhaltung die-ser „Endemiten“ besteht eine ganz besondere Ver-antwortung. Mindestens 54 Pflanzenarten zählen dazu, darunter der Böhmische Enzian, der nur auf sauren Magerrasen in der bayerisch-böhmischen Grenzregion zu finden ist. Die Art ist inzwischen so selten, dass sie nur durch aufwändige Pflegemaß-nahmen erhalten werden kann.

Schellenblume – die letzten ihrer Art

Die Schellenblume oder Becherglocke kommt in ganz Deutschland nur noch in Niederbayern vor. Im unteren Isartal existieren noch zwei Vorkom-men in lichten Auwäldern und an deren Rändern. Störungen im Wasserhaushalt und die fehlende Auendynamik haben fast zur Ausrottung geführt. Durch gezielte Maßnahmen, zum Beispiel die Aus-lichtung von Wäldern konnte die Bestandssituati-on wesentlich verbessert werden.

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Holunder-Knabenkraut – magersüchtiger Bergbewohner

Ursprünglich war das Holunder-Knabenkraut auf mageren Bergwiesen Deutschlands nicht selten. Nutzungsaufgabe einerseits und Intensivierung der Nutzung andererseits haben zu einem gravie-renden Bestandseinbruch geführt. Die größten bayerischen Bestände sind im Vorderen Bayeri-schen Wald zu finden. Durch gezielte Pflegemaß-nahmen an den Wuchsorten und den Abschluss von Bewirtschaftungsverträgen wird versucht, die Bestände zu halten und wenn möglich wieder auszudehnen.

Frühlings-Küchenschelle – Relikt aus der Eiszeit

Auch die Frühlings-Küchenschelle ist in Deutsch-land außerhalb von Bayern inzwischen ausgestor-ben. In der Eiszeit und Nacheiszeit war die Art vermutlich weit verbreitet, kommt außerhalb der Zentralalpen inzwischen aber nur noch auf Son-derstandorten, z. B. sandigen Magerrasen oder sehr lichten Kiefernwäldern vor. Ein Mix verschie-dener Maßnahmen bis hin zur künstlichen Nach-zucht hat zumindest erreicht, dass sich die noch verbliebenen Bestände stabilisiert haben.

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Niederbayerns Besonderheiten

Violetter Feuerfalter – er liebt Saures

Die Raupen des Violetten Feuerfalters fressen aus-schließlich an Kleinem und Großem Sauerampfer. Dabei sind sie sehr wählerisch: nur sehr offene, vegetations- und kalkarme Standorte werden be-siedelt. Die Art kann nur dort langfristig überleben, wo durch dynamische Prozesse immer wieder of-fene „Störstellen“ entstehen. Durch die Mahd oder Beweidung verbrachter Flächen und die Neuanla-ge von offenen Bodenstellen zum Beispiel an Stra-ßenböschungen wird versucht, die Bestände des Feuerfalters in Niederbayern zu stützen.

Flussperlmuschel – älter als Methusalem

Die Flussperlmuschel lebt in extrem nährstoffar-men Bächen und kann mehr als 100 Jahre alt wer-den. Sie reagiert sehr empfindlich schon auf kleins-te Verschmutzungen der Gewässer. Mehr als 90 % der deutschen Vorkommen sind in den Grenzge-birgen Ostbayerns zu finden, die meisten davon liegen in Niederbayern. Mit hohem Aufwand wird versucht, die letzten Muscheln zu retten: durch Nachzuchten, die Anlage von Pufferstreifen, den Bau von Sedimentfängen oder den Umbau von Fichtenforsten in naturnahe Wälder.

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Birkhuhn – Grenzgänger im Bayerischen Wald

Bis in die 1970er Jahre war das Birkhuhn im Bay-erischen Wald noch weit verbreitet. Lebensraum-komplexe aus Magerrasen, Bergwiesen und Moo-ren boten ideale Lebensbedingungen. Durch Verbrachung, Aufforstung und Trockenlegung von Feuchtgebieten gingen geeignete Lebensräu-me verloren. Nur bei Bischofsreuth hat sich eine kleine Population halten können. Eine Allianz aus Naturschützern, Jägern und Forstleuten arbeitet an einer Verbesserung der Lebensräume: Moore wurden renaturiert und Fichtenforste beseitigt.

Luchs – geheimnisvolle Waldkatze

Der Luchs ist die größte einheimische Katzen-Art. Er benötigt vor allem drei Dinge: viel Raum, aus-reichend Beute und die Toleranz durch den Men-schen. In den vergangenen Jahrhunderten wurde er als Nahrungskonkurrent gnadenlos verfolgt und gejagt. Der letzte bayerische Luchs wurde schließlich 1846 bei Zwiesel erlegt. Inzwischen le-ben in Ostbayern wieder einige Tiere. Wichtigste Aufgabe im Artenhilfsprogramm Luchs ist der Dia-log mit allen betroffenen Bevölkerungsgruppen, vor allem mit Jägern und Nutztierhaltern.

Fotohinweise:

Titel: Richard-Wagner-Kopf (Großer Arber), Gabreta, Welten-burger Enge, niederbayerische Wiesenlandschaft

S. 2: Mitternacher OheS. 4: Smaragdeidechse, Pilze auf verrottendem Baumstumpf,

LandkartenflechteS. 5: Totholz als LebensraumS. 6: ArnikawieseS. 7: Getreidefeld mit Kornraden, Rast,

Kleiner PerlmutterfalterS. 8: Bergwald, Sandharlander Heide, AltwasserS. 10: Donau bei WinzerS. 11: Isar westlich Landshut, Großer Brachvogel,

Tal der Großen Laber südlich LangquaidS. 12: Planungsgruppe, Traktor bei der Heuwende,

Klettern im AltmühltalS. 13: Königsauer MoosS. 14: Natur entdeckenS. 15: Pflegemahd, unterwegs mit BayernTour Natur,

FrauenschuhS. 16: BiotoppflegeS. 17: FeuchtwiesenlandschaftS. 19: Schachten im Bayerischen Wald,

Steinerne Rinne bei Usterling, S. 20: Schwefelquelle im Sippenauer Moor, UhuS. 21: Weltenburger EngeS. 22: Schrätzer (Donaubarsch)S. 23: Mopsfledermaus, Großer PfahlS. 24: Schnellenzipf bei Haidmühle, HalsbandschnäpperS. 26: Altmühlleiten bei EssingS. 27: Gewöhnliche Küchenschelle, Isar-Mündungsgebiet,

Auerochsen im Isar mündungsgebietS. 28: Pyramidenorchis, Schwarzstorch, HirschkäferS. 29: Donau unterhalb PassauS. 30: FischotterS. 31: Ausdauernder Lein, Wanderfalkenhorst-Bewacher

an der Weltenburger EngeS. 32: Schellenblume, Böhmischer EnzianS. 33: Frühlings-Küchenschelle, Holunder-KnabenkrautS. 34: Flussperlmuschel, Violetter FeuerfalterS. 35: Birkhahn, Luchs

Herausgeber: Regierung von Niederbayern Postfach, 84023 Landshut, Tel. 0871/808-01 www.regierung.niederbayern.bayern.de

Text und Konzeption: PAN Planungsbüro für angewandten Naturschutz GmbH – www.pan-gmbh.de

und Regierung von Niederbayern,

Sachgebiet Naturschutz

Layout und Satz: Thomas Dürst, München – www.thomas-duerst.de

Fotos: Otto Assmann (S. 4 o., 28 m.) BayernTour Natur (S. 15 m.), Bildermehr/Lutz Gerken (S. 35 o.), Jiří Bohdal (S. 30, 35 u.), Matthias Dolek (S. 34 u.), Thomas Dürst (S. 11 o., u., 12 m., 26, 27 o., 28 o., 31 o.), Markus Fehrer (S. 29), Klaus Leidorf (S. 1 l.o., 10, 13, 27 m.), LBV-Archiv (S. 31 m.), Eva Leibl (S. 14), Franz Leibl (S. 2, 4 m., 8 u., 12 u., 15 o., 16 o., 19 m., 20 o., 24 o.), LfL Institut für Fischerei Starnberg (S. 22), Helmut Naneder (S. 15 u.), naturfoto.de/Steffen Schell-horn (S. 28 u.), Dietmar Nill/linnea ima-ges (S. 23 o.), Helmut Partsch (S. 11 m., 33 u.), Martin Scheuerer (S. 33 o.), Andreas Zehm (S. 32 u.), Wolfgang Lorenz (alle anderen)

Druck: Schottenheim Druck und Werbung, Neuried

Stand: September 2008 © Regierung von Niederbayern, alle Rechte vor behalten

Diese Broschüre wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Für die Inhalte fremder Internetange-bote sind wir nicht verantwortlich. Die Broschüre wurde mit Unterstützung des Bayerischen Staats-ministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz sowie aus Mitteln der Europäischen Union gefördert.