mongolei - fact finding mission 2012

31
Ulan Bator / Mongolei Bericht über eine Erkundungsreise 1. 8. September 2012

Upload: peter

Post on 28-Mar-2016

232 views

Category:

Documents


5 download

DESCRIPTION

Bericht einer Erkundungsreise, die der Aufnahme erster Kontakte zu Entscheidern und Multiplikatoren diente.

TRANSCRIPT

Page 1: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

Ulan Bator / Mongolei Bericht über eine Erkundungsreise 1. – 8. September 2012

Page 2: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

2

Dr. Hans-Peter Merz Leiter International - Hauptgeschäftsführung - Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet Ostring 30 – 32, 44787 Bochum Tel.: 02 34/91 13 – 1 33, FAX: 02 34/91 13 – 2 62 E-Mail: [email protected] Internet: www.bochum.ihk.de

Page 3: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

3

Vorbemerkung Von einem ursprünglich kommunistischen Staat mit zentral staatlicher Lenkung hat

sich die Mongolei innerhalb von nur 20 Jahren zu einem modernen Rechtsstaat mit

einer parlamentarischen Demokratie entwickelt und genießt heute zu Recht den

Respekt der internationalen Staatengemeinschaft. Nach dem Abtreten der

kommunistischen Parteikader und der Verabschiedung einer neuen Verfassung 1992

hat die Mongolei konsequent den Weg zu einer un-umkehrbaren parlamentarischen

Demokratie beschritten. Vielfach wird von einem politischen Erfolgsmodell in der

Region gesprochen.

Fünf freie und faire Parlaments- und Präsidentschaftswahlen sind Beleg für eine

dauerhafte Konsolidierung der Demokratie in der Mongolei. Gerade erst bei den

letzten Wahlen im Juni 2012 wurde die seit 2008 in einer großen Koalition mit der

Democratic Party regierende Mongolian People´s Party von einer Koalition aus

Democratic Party, Justice Coalition (Mongolian People´s Revolutionary Party und

Mongolian National Democratic Party) und Civil Will-Green Party abgelöst.

Parlamentsgebäude

Page 4: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

4

Parallel zum politischen Wandel erfolgte die Abkehr von zentral staatlicher Planwirt-

schaft zu einer modernen Marktwirtschaft mit internationalen Standards. Weltweiter

Rohstoffbedarf und der Rohstoffreichtum des Landes führen zu einem Wirtschafts-

aufschwung mit großem Investitionspotential für ausländische Unternehmer.

Um diese Potenziale für deutsche mittelständische Unternehmen besser beurteilen

zu können und um geeignete Kontakte zu Institutionen und Persönlichkeiten in der

Mongolei aufzubauen, entschied sich die IHK Mittleres Ruhrgebiet im September

2012, den Honorarkonsul der Mongolischen Republik, Prof. Heinrich A. Große-

Sender, und den Leiter International der IHK Mittleres Ruhrgebiet, Dr. Hans-Peter

Merz, zu einer Fact-finding-mission in die Mongolei zu entsenden.

An dieser Stelle sei allen Gesprächspartnern, die sich bereitgefunden haben, für ein

Hintergrundgespräch zur Verfügung zu stehen, herzlich gedankt. Ein besonderer und

persönlicher Dank gilt Prof. Große-Sender, dessen Kenntnisse und Kontakte

unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg dieser Reise gewesen sind.

Die vorliegende Broschüre ist kein Investitionsführer und auch kein

Wirtschaftshandbuch über die Mongolei. Sie gibt die unterschiedlichen und

sich teilweise auch widersprechenden individuellen Einschätzungen der

Gesprächs-partner wieder, wie sie vom Autor dieses Reiseberichts verstanden

wurden. Es handelt sich dabei um keine offiziellen Stellungnahmen der

jeweiligen Institutionen.

Page 5: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

5

Foreign Investment & Foreign Trade Agency (FIFTA)

Herr D. Nachin, Head Investment, Project and Business Development Division

Frau Tsetsegmaa Dasynyam

Die Mongolei entwickelt sich gegenwärtig sehr rasch, es entstehen laufend neue

Felder potenzieller Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern. Lag das Wirt-

schaftswachstum 2010 noch bei 6,3 %, so erreichte es 2011 bereits 17,3 %, für den

Zeitraum 2013 – 2016 werden durchschnittlich 15 % Wirtschaftswachstum pro Jahr

erwartet. Diese Entwicklung beruht auf der Prosperität des Bergbaus und der

verarbeitenden Industrie, die insbesondere in den Städten Sainshand und Erdinet

angesiedelt ist. Dort werden mit ausländischen Partnern Projekte im Bereich der

Metallurgie und der Kupferverarbeitung vorangetrieben. Gegenwärtig werden jährlich

230 000 Tonnen Kupferkathoden hergestellt. Deutschland ist als Partner insbe-

sondere im Bereich der Gas-Chemie und der Kohlevergasung wichtig. Die Qualität

deutscher Produkte wird im besonderen Maße geschätzt, es besteht eine ausge-

sprochen positive Haltung zu Investitionen aus Deutschland. Aktuell ist China der

wichtigste Investor in der Mongolei. Im Zeitraum von 1990 – 2011 wurden 9,8 Mrd.

US-Dollar von Ausländern in der Mongolei investiert, davon allein von China 35 %

(andere Gesprächspartner gaben höhere Prozentwerte für den chinesischen Anteil

an den Auslandsinvestitionen an). Deutschland liegt als Investor auf Rang 15.

Stärkere Bemühungen seitens deutscher Unternehmen um den mongolischen Markt

würden ausdrücklich sehr begrüßt. Deutsche Unternehmen finden in der Mongolei

einen hohen Anteil deutschsprachiger Menschen vor, die zum Teil in der früheren

DDR ihr Studium absolviert haben. Auch heute ist Deutschland ein wichtiges Ziel für

mongolische Studenten. Aktuell sind 181 deutsche Unternehmen respektive

Unternehmen mit deutscher Beteiligung in der Mongolei registriert, die insgesamt

54 Mio. US-Dollar investiert haben. Speziell die deutschen Aktivitäten im Tourismus-

Sektor (der 27 % der Investitionen abdeckt) sind sehr bemerkenswert. Weitere

Investitionen gehen zu 55 % in den Handel, die übrigen Investitionen beziehen sich

im Wesentlichen auf Gastronomie. Sehr gute Investitionsmöglichkeiten bestehen in

allen Bereichen, in denen mongolische Rohstoffe weiterverarbeitet und anschließend

mit höherem Wert ins Ausland exportiert werden können.

Page 6: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

Die FIFTA war bislang erste

Anlaufstelle für ausländische

Investoren in der Mongolei, diese

Einrichtung soll jedoch künftig

direkt in das Wirtschafts-

ministerium integriert werden.

Diese Institution ist bislang

zuständig für die Registrierung von

ausländischen Firmen, hierfür ist

ein Zeitraum von 3 bis 7 Tagen zu

veranschlagen.

Es ist in der Mongolei möglich, eine Firma mit 100%igem Auslandsanteil zu gründen.

Hingegen ist der Kauf von Grundstücken in der Mongolei nicht vorgesehen, es

besteht nur die Möglichkeit eines Pachtvertrags auf maximal 60 Jahre. Seit 1991

existiert ein Investitionsschutzabkommen mit Deutschland. Gemeinsam mit dem

deutschen Bundesministerium für Wirtschaft, Forschung und Technologie werden

regelmäßig Investitionsförderungsprojekte durchgeführt. Als Investitionshindernis

wird der Mangel an hinreichend ausgebildeten Arbeitskräften gesehen. Speziell

besteht ein großer Bedarf an Bergbaufachkräften und Ingenieuren. Ausbildung ist

derzeit in der Mongolei ein wichtiges Thema.

Es entstehen aktuell 72 Zentren zur Ausbildung von Facharbeitern. Da die Mongolei

bisher außer Rohstoffen wie Steinkohle, Kupfer, seltene Erden und Gold nur

ausgewählte Textilien (Kaschmir) und Rohbaumwolle exportiert, ist es ein wichtiges

wirtschaftspolitisches Ziel, diese Produktpalette in den kommenden Jahren

auszuweiten. Ferner wird ein mangelndes Vermögen mongolischer Partner genannt,

eine Geschäftsidee zu einem Geschäftsplan auszuarbeiten und darüber mit

ausländischen Investoren präzise zu kommunizieren.

Wirtschaftliche Eckdaten

der Mongolei

2011 2012 BIP (nominal, Mrd. US$) 8,5 10,9 BIP pro Kopf (US$) 3.042 3.840 Bevölkerung (Mio.) 2,8 2,8

Quelle IWF, Bundesbank, zit. nach GTaI

Page 7: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

7

Besondere Investitionsvergünstigungen bestehen seit 2009 nicht mehr. Zu diesem

Zeitpunkt wurde eine rechtliche Gleichstellung ausländischer und inländischer Firmen

vorgenommen. Aktuell werden alle Unternehmen einer zweistufigen Besteuerung

unterworfen. Künftig kann das geplante Gesetz zur Innovationsförderung zu Steuer-

erleichterungen führen.

Ministry of Foreign Affairs and Trade

Herr Dr. jur. B. Mandakhbileg, Direktor der Rechtsabteilung des mongolischen

Außenministeriums

1993 hat die Mongolei eine neue außenpolitische Doktrin formuliert, die als „Politik

des dritten Nachbarn“ bezeichnet wird. Dieses Konzept trägt der Tatsache

Rechnung, dass die Mongolei geographisch von der Russischen Föderation und der

Volksrepublik China umschlossen wird. Den daraus sich ergebenden Handlungsbe-

schränkungen sucht man durch intensive Kontakte mit weiteren Ländern der Welt zu

entgehen. Faktisch ging die Bedeutung der Russischen Föderation als Wirtschafts-

partner in den letzten 20 Jahren immer weiter zurück und beschränkt sich heute

wesentlich auf die Lieferung von Kraftstoffen. Allerdings ist die Mongolei von

Russland dadurch abhängig, da ein Großteil der Ausfuhren über die Transsibirische

Eisenbahn verläuft. Russland ist augenblicklich sehr stark im Bereich der

Rohstoffinvestitionen und der Erneuerung der Transmongolischen Eisenbahn

involviert.

Massiv zugenommen hat die Bedeutung Chinas, das heute für 80 % des

Wirtschaftsaustausches steht. Dieser hohe Stellenwert ist insbesondere

den mongolischen Rohstofflieferungen an die VR China geschuldet. In

einer Frühphase der Transformation der Mongolei nach dem Austritt aus

dem sowjetischen Machtbereich wurden Schürfrechte zu sehr günstigen

finanziellen Konditionen an mongolische Privatleute vergeben. Vielfach

werden die in diesen Gruben gewonnenen Rohstoffe mit direkter Unter-

stützung chinesischer Partner gewonnen und unmittelbar nach China

ausgeliefert.

Page 8: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

Die chinesischen Investitionen machen nach Einschätzung des Außenministeriums

inzwischen über 50 % der Gesamtinvestitionen von Ausländern aus, obwohl pro

Land maximal 30 % der Investitionen per Gesetz zulässig sind. In der ursprünglichen

außenpolitischen

Konzeption der

Mongolei war für

Europa und speziell für

Deutschland eine

herausragende Rolle

vorgesehen, die von

den Europäern aber

nicht in diesem Umfang

angenommen wurde.

Inzwischen haben viele europäische Länder wie Polen, Rumänien und Bulgarien ihre

Botschaften in der Mongolei wieder geschlossen.

Frankreich prospektiert in der Mongolei Uranvorkommen (die Mongolei ist unter den

zehn Ländern mit den größten Uranreserven). Großbritannien pflegt eine enge

Kooperation mit der Börse von Ulan Bator. Somit verbleiben tatsächlich bei der

Bundesrepublik Deutschland die intensivsten europäisch-mongolischen Wirtschafts-

kontakte. Insgesamt bietet die EU der Mongolei ein Partnerschaftsabkommen (PCA

Partnership for Cooperation Agreement). Dies umfasst die Einführung europäischer

Normen und Standards, Maßnahmen zur Erhöhung der Lebensmittelsicherheit,

Good-Governance-Beratung und erhöhte Bergbausicherheit.

Die Frage nach der Verteilung des künftig zu erwartenden Reichtums aufgrund des

gestiegenen Rohstoffexportes wird angesprochen. 2011 wurde ein sogenanntes

Bürgergeld in Höhe von rund zwölf Euro pro Monat und Bürger ausbezahlt, was sich

aber als nicht sehr nachhaltig erwiesen hat, da hierfür umgehend Konsumnachfrage

in der Regel aus China befriedigt wurde.

Außenhandel der Mongolei

(in Mio. US$; nominale Veränderung

im Vergleich zum Vorjahr in %)

2010 2011 Veränderung

2011/2010 Importe 3.200,1 6.598,4 106,2 Exporte 2.908,5 4.817,5 65,6 Handelsbilanzsaldo -291,6 -1.780,9 510,7

Quelle Mongolisches Statistikamt, Weltbank, zit. nach GTaI

Page 9: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

9

Aktuell scheint es kein überzeugendes Konzept zu geben, wie sich der nationale

Reichtum in Wohlstand für die Bürger umwandeln lassen wird. Angedacht ist ein

nationaler Wohlstandsfonds nach norwegischem Modell, hierfür werden aber wenig

Chancen gesehen.

Die USA wünschen eine Verbesserung der Beziehungen zur Mongolei. Diesen

Vorstellungen wissen aber sowohl Russen als auch Chinesen wirksam Riegel

vorzuschieben. Speziell China zeigt die tatsächlichen Machtverhältnisse regelmäßig

durch eine Sperrung wichtiger Grenzübergänge, die für die Ausfuhr mongolischer

Rohstoffe und die Einfuhr z. B. von Lebensmitteln essentiell sind. Mit einer solchen

Sperrung reagierte die chinesische Regierung etwa auf den Besuch des Dalai Lama,

der für über die Hälfte der Mongolen religiöses Oberhaupt ist. Die Mongolei ist

Mitglied der Gruppe der „Land locked countries“ in der UN-Vollversammlung, faktisch

ist diese Gruppe aber ohne Bedeutung.

Erdenes Tavan Tolgoi JSC

Frau Lundeg Bayartuul, Specialist/Analyst Risk Management and Insurance

Herr Tsogt Tsenguun, Head of Investment and Financing Department

Es handelt sich bei Firma Erdenes Tavan Tolgoi JSC um ein 100%ig staatliches

Unternehmen, dessen Muttergesellschaft die Erdenes MGL ist. Diese verwaltet alle

strategischen Rohstofflagerstätten der Mongolei. Erdenes Tavan Tolgoi ist zuständig

für die Verwaltung der staatlichen Kohlevorkommen. Aktuell sind in der Lagerstätte

Tavan Tolgoi sieben Mrd. Tonnen Kohle nachgewiesen, wobei das Verhältnis

zwischen Kokskohle und Braunkohle etwa 1 : 1 ist.

Page 10: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

10

Kohlegewinnung im Tagebau

Die Lagerstätten werden im Tagebau erschlossen. Die Firma hat 450 Mitarbeiter,

davon sind 350 vor Ort mit dem Abbau beschäftigt. Es handelt sich dabei um

mongolische Bürger, die von ausländischen Experten unterstützt werden. 2011

wurde eine Million Tonnen Kohle gefördert, die zu einem Marktpreis von 70 US-

Dollar pro Tonne gehandelt wurden. Für 2012 ist eine Förderung von 3,5 Mio.

Tonnen direkt für den Export nach China geplant. Langfristiges Ziel ist ein Förder-

volumen von 20 Mio. Tonnen pro Jahr. Aktuell ist die Mongolei in einem Fünf-

Jahresvertrag mit Sinalco China zur Lieferung von Kohle eingebunden. Im

Kohlesektor existiert weiter ein deutsch-australisches Joint-Venture, dessen

deutscher Partner BBM Operta sich aber aus dem aktiven Geschäft zurückgezogen

hat. Der Transport innerhalb der Grube zu den Zwischenlagern erfolgt mittels

Schwerstlastwagen, hier könnten auch Gurtförderer zum Einsatz kommen. Erdenes

Tavan Tolgoi wird außer dem Bergbau künftig auch die Stromerzeugung für die

Gruben sowie die Wasserversorgung betreiben. Hierzu gibt es ein Memorandum of

Understanding mit der Firma Siemens zum Bau eines Kraftwerks (Tavan Tolgoi

Kohlekraftwerk, 300 Megawatt – 2 x 150 Megawatt-Turbinen). Die Firma Parson-

Brinkerhoff hat hierzu eine Feasibility-Studie gefertigt und die entsprechenden

Ausschreibungen formuliert.

Page 11: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

11

Das Kraftwerk bedarf einer Wasserkühlung, das benötigte Grundwasser wird aus 70

km Entfernung herangeführt. Es bedarf entsprechend geeigneter Pumpen, Pipelines

und Anlagen zur Wasseraufbereitung. Im Abbaugebiet Tavan Tolgoi existieren neben

dem staatlichen Unternehmen auch noch einige private Abbaubetriebe.

Erdenes Oyu Tolgoi

Herr Daadankhuu Batbaatar, Executive Director

Der Kupferabbau im Fördergebiet Oyu Tolgoi befindet sich zu 34 % im Besitz der

mongolischen Regierung und zu 66 % im Besitz von ausländischen Unternehmern.

Batbaatar ist sozusagen der Bewahrer der 34%igen Staatsbeteiligung an Oyu Tolgoi,

die entsprechenden Erlöse fließen dem Staatsbudget zu. In den vergangenen 20

Jahren wurden sehr viele Lizenzen an private Investoren zum Abbau von Kupfer in

der Region vergeben. Dabei fanden sich viele ergiebige Lagerstätten.

Die Firma Erdenes Oyu Tolgoi ist damit beauftragt, die entsprechenden Lizenzen

einheitlich zu verwalten und für die Abführung der Royalties an den mongolischen

Staat zu sorgen. Die Förderung aus dem Gebiet Oyu Tolgoi soll ab Januar 2013

exportbereit sein.

Im Augenblick wird ausschließlich im Tagebau erschlossen, ab 2013 soll in den

Untertageabbau eingestiegen werden. Rio Tinto sucht für diese zweite Investitions-

phase in der Größenordnung von sechs Mrd. US-Dollar weitere Investoren. Auch in

Oyu Tolgoi bedarf es eines Kraftwerks zur Stromversorgung der Bergbaubetriebe.

Hierfür ist eine Investitionssumme von 900 Mio. US-Dollar vorgesehen, an denen

sich die mongolische Regierung mit 450 Mio. US-Dollar beteiligen will. Von

mongolischer Seite ist es sehr erwünscht, eine Wertschöpfungskette für die

geförderten Rohstoffe in der Mongolei aufzubauen.

Page 12: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

12

Sehr zum Missfallen der Mongolen errichtet China zurzeit wenige Kilometer hinter

der Grenze auf chinesischer Seite Verarbeitungsbetriebe, die mongolisches

Kupfererz abnehmen und aufbereiten. Seit längerem ist ein großer Industriekomplex

in Sainshand in der Diskussion, konkrete Projekte zeichnen sich hier jedoch nicht ab.

Neben China sind Korea und Japan weitere Absatzmärkte für die mongolische

Kupferproduktion. Chancen für deutsche Unternehmen ergeben sich aus dem Bau

des geplanten Kraftwerks, aber auch für Angebote zur Weiterverarbeitung der

Rohstoffe im Lande sowie im Bereich der Logistik.

Die Transportlogistik des Kupfererzes ist derzeit noch verbesserungsbedürftig. Das

Erz wird per Lastwagen im Wesentlichen nach China transportiert. Die Mongolei

verfügt über aktuell drei nachgewiesene große Vorkommen (3,3 Mrd. Tonnen Erz,

das entspricht 31 Mio. Tonnen Rohkupfer, die Mongolei verfügt damit weltweit über

die zweitgrößten nachgewiesenen Lagerstätten).

Wirtschaftliche Verflechtungen des Bergbauunternehmens Oyu Tolgoi

Page 13: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

13

Konferenz „Invest Mongolia“

In der Zeit vom 3. – 5. September 2012 fand die Konferenz „Invest Mongolia“ statt,

die mit einem beeindruckend komplexen Programm und einer nicht minder beein-

druckenden Anzahl kompetenter Referenten alle Aspekte der Investitionsmöglich-

keiten in der Mongolei beleuchtete. Aufgrund anderer terminlicher Verpflichtungen

konnte die Konferenz nur teilweise besucht werden. Entsprechend hierzu nur einige

zusammenfassende Stichworte.

Ein Konferenzpanel befasste sich mit der Frage, was außerhalb des Bergbausektors

in der Mongolei für ausländische Investoren lohnende Ziele sein könnten. Hierzu wird

die Landwirtschaft genannt, die angesichts der kurzen Wachstumsperiode in der

Mongolei der High-End-Ausrüstung bedarf, um die Ernte effizient einbringen zu

können. Investitionen in Bildungseinrichtungen können ebenso wie die Gesundheits-

wirtschaft und alle Maßnahmen zur Importsubstitution erfolgversprechend sein. Ein

wichtiges Wirtschaftsziel der Mongolei ist die Entwicklung eines Binnenmarktes.

Große Investitionschancen werden im Tourismus gesehen, dazu muss aber die

Zugänglichkeit von touristisch reizvollen Regionen deutlich erhöht werden. Mehrfach

wird betont, dass bei allen Marktbemühungen eine langfristige Perspektive gegeben

sein muss. Wer hier investiert, der muss auch hier sein. Solche Vorhaben lassen sich

nicht fernsteuern. Die Auswirkungen des neuen Investitionsgesetzes werden nur für

Großprojekte gesehen. Handel und Tourismus etwa werden gar nicht davon

betroffen sein.

Ein Gesprächspartner merkte kritisch an, dass die Mongolei vor zwei Jahren ein

Venture-Capital-Place gewesen ist, während man heute von einem Risk-Capital-

Place sprechen müsse. Die Neigung der Mongolen, abgeschlossene Verträge nach-

verhandeln zu wollen, hebt das Vertrauen von ausländischen Investoren nicht.

Page 14: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

14

Verschiedene Hintergrundgespräche mit Vertretern der deutschen

Business-Community:

Mongolian Star Melchers

Laurenz Melchers, CEO

Laurenz Melchers entstammt einer alten Bremer Kaufmannsfamilie und ist seit 1994

in Ulan Bator tätig. Er ist heute Inhaber der Mercedes-Vertretung und handelt unter

anderem mit Chemikalien. Seiner Einschätzung nach ist die Mongolei ein 100 %

Committment-Markt, dem man auf keinen Fall nebenbei bearbeiten könne. Er selbst

ist auf keinem anderen Markt tätig. Seiner Meinung nach empfiehlt es sich, über

einen deutschen Vertriebspartner, der in der Mongolei gut eingeführt ist, Produkte

deutscher Mittelständler ins Land zu bringen.

Nomin Holding

Gerhard W. Wackenhut, Executive Director, Logistics & Automotive Division

Gerhard W. Wackenhut importiert unter anderem Chevrolet-Fahrzeuge und ist an

einem Speditionsunternehmen beteiligt, das unter anderem Kohle aus der Mongolei

nach China transportiert. Er schildert die praktischen Schwierigkeiten in der Ab-

wicklung von Geschäften mit mongolischen Partnern.

Wash Stern Mongolia Co., LTD

Karsten Köpke, Executive Director

Karsten Köpke verfügt über langjährige Erfahrung mit dem Landwirtschaftssektor der

Mongolei und dem Vertrieb von deutschen Produkten im Lande.

Page 15: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

15

Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ulan Bator

Dr. h.c. Peter Schaller, Botschafter

Dr. Schaller betont, dass das deutsch-mongolische Handelsvolumen 2011 gerade

mal bei 150 Mio. Euro lag und sich hier deutlich Spielraum nach oben abzeichnet.

Das Abkommen zwischen Deutschland und der Mongolei zu Rohstoffen, Industrie

und Technologie wird bedauerlicherweise verkürzt wahrgenommen als sogenanntes

Rohstoffabkommen. Tatsächlich beinhaltet das Abkommen aber auch die Aspekte

Zulieferung zu Bergbauprojekten und Weiterverarbeitung von Rohstoffen. Darüber

hinaus sind wichtige Bereiche die Entwicklungen der Infrastruktur, insbesondere

Wasser, Müllbeseitigung, Krankenhausausstattung, Elektrizitäts- und Wärmever-

sorgung. Dazu kommen der Ausbau kommunaler Dienstleistungen, die Sanierung

älterer Bauwerke, die Landwirtschaft, der Tourismus und die geologische Er-

schließung weiterer Rohstofflagerstätten. Er sieht einen erheblichen Markt für hoch-

wertige Konsumgüter für die im Entstehen begriffene gehobene Mittelschicht der

Mongolei. An geplanten Großprojekten mit deutscher Beteiligung ist insbesondere

eine Kohleverflüssigungsanlage und eine Kokerei zu nennen. Weiter gibt es Projekte

zur Entwicklung von Lagerstätten sogenannter seltener Erden.

Zahlreiche Straßenbaumaßnahmen führen zu erheblichen Verkehrsbehinderungen

Page 16: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

16

Dr. Schaller betont, dass es aktuell ein sich zunehmend schließendes Window of

opportunity von maximal 4 – 5 Jahren für den Zugang zum mongolischen Markt gibt.

Wer sich jetzt auf diesem Markt etabliert, wird auch zukünftig dort gute Chancen

haben. Institutionell wird der deutsch-mongolische Wirtschaftsaustausch über den

Wirtschaftsausschuss, in dem Unternehmen vertreten sind, und der Kommission mit

Vertretern der Regierungen (auf deutscher Seite Auswärtiges Amt und BMWFT)

organisiert. Bei allen Großprojekten ist eine aktive staatliche Unterstützung

unerlässlich. Die neue mongolische Regierung wird sehr stark von Personen mit

großer Deutschland-Affinität bestimmt.

Im Rahmen der Reorganisation wird eine Aufspaltung der Ministerien für Bergbau,

Industrie und Wirtschaftsförderung erwartet, damit einhergehen wird die Auflösung

der FIFTA, deren Aufgaben dann im Ministerium für Wirtschaftsförderung Nieder-

schlag finden. Die Alternative der Mongolei zur Öffnung und Zusammenarbeit mit

Europa, den USA und Japan ist es, ein Vasall Chinas zu werden. Dies will die

Regierung um jeden Preis verhindern. Trotz hoher personeller Präsenz spielen

Japan und Korea zurzeit kaum eine Rolle in der Mongolei. Ein wichtiges gemein-

sames deutsch-mongolisches Vorhaben ist der Aufbau einer gemeinsamen

Universität, die ihren Schwerpunkt im Bereich Bergbau haben soll. Die Bedeutung

des Bergbaus für die Mongolei wird daran deutlich, dass allein die Lagerstätte Oyu

Tolgoi 30 % des Bruttoinlandsprodukts erzeugen wird.

Nach Einschätzung des Botschafters ist in der Mongolei die Pressefreiheit weit-

gehend gegeben. Das Land verfügt über 80 Zeitungen und 45 TV-Sender, die fast

ausschließlich im Besitz von Privatpersonen sind. Das Staatsfernsehen gewährt

Redaktionsfreiheit. Als gesellschaftliche Herausforderung wird die zunehmende

Landflucht gesehen, die sehr bald dazu führen kann, dass 80 % der Mongolen in

einem halben Dutzend städtischer Agglomerationen leben werden – das heißt ein

Land in der Größe Westeuropas wäre weitgehend menschenleer.

Der Botschafter regt an, auf der nächsten Messe „Future Mongolia“ einen NRW-Tag

vorzusehen, der spezielle Angebote zum Match-Making für NRW-Unternehmen

vorsieht.

Page 17: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

17

VF Messen GmbH, München

Stephan A. Fischer

Stephan A. Fischer hat die erste Ausgabe der Messe „Future Mongolia“ im April d. J.

veranstaltet. Angesichts einer Zahl von über 30 Ausstellern aus Nordrhein-Westfalen

ist er gegenüber dem Gedanken eines speziellen NRW-Tages auf der nächsten

„Future Mongolia“ (19. – 22. Juni 2013) ausgesprochen aufgeschlossen. Er empfiehlt

eine Kontaktaufnahme zu NRW.International GmbH, die bereits die erste „Future

Mongolia“ intensiv unterstützt hat.

Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Dr. Stefan Hanselmann

Die GIZ ist vor Ort Partner im integrierten Rohstoffprogramm und nimmt darüber

hinaus auch weitere GIZ-spezifische Aufgaben wahr. Im GIZ-Gebäude ist das

German Center of Excellenz angesiedelt. Dies ist eine Vorstufe zu einem „Deutschen

Haus“ (gemeinsam zu nutzende Ausstellungsräume, Sekretariatsdienst, Tele-

kommunikation). Um das Ankerunternehmen Voith herum haben sich bereits

mehrere Firmen in diesem Center angesiedelt. Ziel ist ein Cluster aus Transport,

Antriebstechnik und Bergbau. Die vorhandenen Firmen sollen insoweit ergänzt

werden, dass sie Komplettlösungen für den gesamten Rohstoffbereich anbieten

können.

Dr. Hanselmann betont, dass die Erschließung des mongolischen Marktes einer

mittelfristigen Perspektive von drei bis fünf Jahren bedarf. (Die politische Struktur ist

ausgesprochen heterogen, es gibt mehrere Machtzentren, die um traditionelle

Clanstrukturen herum entstanden sind, die sich politisch und wirtschaftlich betätigen.)

Die mongolischen Unternehmen sind in der Regel immer in einer ganzen Reihe

Branchen tätig (Öl, Lebensmittel, Gebrauchtwagen, Hotels u. v. a. mehr). Die Unter-

nehmen gruppieren sich um Familien herum, einzelne Personen haben häufig eine

ganze Reihe von Firmen, entsprechend unübersichtlich sind die Strukturen.

Page 18: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

18

Bei den leitenden Mitarbeitern muss man mit einer hohen Fluktuation rechnen. Als

einige der wichtigen Unternehmensgruppen sind zu nennen: MCS (Energie- und

Rohstoffe), Newcom, Mongolian Alt Company MAC, Nomin (Logistik, Handel), Max-

Groupe, Bodi-Groupe, Chono-Groupe (Eigentümer des Hotel- und Konferenz-

zentrums „Blue Sky Towers“) und Investment Corporation of Mongolia ICM.

Der Blue Sky Tower ist das neue Wahrzeichen Ulan-Bators

Deutsche Unternehmen treffen bei ihren Verhandlungen auf zunehmend selbstbe-

wusste mongolische Gesprächspartner. Ausländer sind in gemeinsamen Projekten

nur noch als Juniorpartner erwünscht. Die Forderung, die Wertschöpfungskette im

Lande zu halten, wird deutlich artikuliert.

Das Beispiel eines Windparks mit 50 Megawatt Leistung, der von Newcom privat

gebaut und von mongolischen Ingenieuren selbstständig konzipiert wird, macht

deutlich, dass Mongolen ein derartiges 100 Mio. US-Dollar-Projekt inzwischen

selbstständig stemmen können.

Page 19: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

19

Es ist für jedes Geschäftsvorhaben absolut und unmittelbar tödlich zu glauben, man

könnte die Mongolei von China aus „miterledigen“. Für die Konzeption künftiger

Unternehmerdelegationen rät Dr. Hanselmann davon ab, mit Multibranchengruppen

anzureisen, er empfiehlt, besser mit einer kleinen Gruppe von Unternehmens-

vertretern in die Mongolei zu kommen, die aber gemeinsam Kompetenzen für die

Lösung bestimmter Probleme haben. Die Mongolei ist seiner Überzeugung nach ein

einzigartiges Land, das mit keinem anderen zu vergleichen ist. Dem muss man bei

der Markterschließung Rechnung tragen und die kulturellen, ethnischen, wirt-

schaftlichen und historischen Besonderheiten berücksichtigen. Präsenz und

Ausdauer sind wichtige Voraussetzungen für den Markterfolg. Als Minimum muss ein

Unternehmer zweimal jährlich vor Ort sein und dabei beispielsweise Informationsver-

anstaltungen mit technischen Vorträgen durchführen. Solche Veranstaltungen

können von der GIZ durch geeignete Einladungen unterstützt werden. Hierfür stehen

auch die GIZ-Räume zur Verfügung.

Bedauerlicherweise hat die Rohstoffpartnerschaft mit Deutschland bislang keine

konkreten Projekte generiert. Hierfür gibt es eigentlich keine rationalen Gründe.

Speziell Deutschland hatte als Wunschpartner der Mongolen ein großes Window of

Opportunity, das sich aber gerade schließt. Ausländische Unternehmen, die keine

Finanzierung für ihre Projekte mitbringen, haben es beim Markteintritt schwer.

Interessante Möglichkeiten sieht Dr. Hanselmann für die Weiterverarbeitung von

Gold, dies kann einerseits für technische Anwendungen aufbereitet werden, zum

anderen ist aber auch eine eigenständige mongolische Schmuckindustrie denkbar.

Unterschätzt wird die Bedeutung der Flußspat-Vorkommen in der Mongolei, die

wegen ihrer Bedeutung für die Aluminiumherstellung weltweit Nachfrage finden.

Page 20: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

20

Bausubstanz aus der Sowjet-Ära

Weitere Geschäftsmöglichkeiten werden in der Verarbeitung von Schafswolle (Wert-

schöpfungskette Wolle) gesehen, hier ist Filz als Dämmstoff etwa auch für die Auto-

mobilindustrie denkbar. Traditionelle Stickereien können auf dem Weltmarkt Absatz

finden.

Page 21: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

21

Mongolian National Chamber of Commerce and Industry (MNCCI)

Frau Magvan Oyunchimeg, Vice Chairperson

sequa gGmbH

Rolf Speit, Adviser

Deutsch-Mongolischer Unternehmerverband

Thomas Kuball, Geschäftsführer, CIM-Experte

Reinberg LLP Rechtsanwälte – Steuerberater

Marcus Reinberg, Honorary Representative des MNCCI in Hamburg und

Honorarkonsul in Hamburg

Die IHK Ulan Bator unterhält seit langer Zeit eine Kooperation mit Deutschland. Bei

der IHK ist ein sequa-Projekt zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zum

sogenannten Capacity-Building angesiedelt. Ziel dieses Projektes ist es, mongolische

Unternehmen in den Stand zu versetzen, ihre Geschäfte effizient abzuwickeln.

Page 22: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

22

Von Ulan Bator aus erfolgt die Koordinierung dieser Projekte für die 20 lokalen

Industrie- und Handelskammern, die es in der Mongolei gibt. Ein wichtiges Projekt ist

die sogenannte Foreign Trade Academy, dabei integriert der CIM-Experte die

verschiedenen internationalen Hilfsangebote, die von der EU, der Schweiz und

verschiedenen EU-Ländern angedient werden. In diesen Programmen sind unter

anderem Mitarbeiter des Senior-Experten-Service im Einsatz. Speziell die

Niederlande sind sehr aktiv bei der Unterstützung des Aufbaus von Unternehmen

insbesondere in der Landwirtschaft. Mit Hilfe der IHK Berlin haben die General-

sekretäre und Präsidenten der mongolischen IHKs intensive Trainings erhalten.

Seit 2006 gibt es ein Partnerschaftsprogramm zwischen dem Deutschen Industrie-

und Handelskammertag und der MNCCI. Ziel dieses Programmes ist es, die lokalen

Kammern als örtlich zuständige Ansprechpartner für Unternehmen und als Start-up-

Helfer zu etablieren.

Insgesamt gibt es ungefähr 130

Projekte, deren Ziel die Bekämpfung

von Arbeitslosigkeit und Armut ist.

Einige der Projekte beschäftigen sich

mit dem Anbau und der

Weiterverarbeitung von Sanddorn, mit

dem Ziel marktfähige Produkte zu

entwickeln. Das Volumen des Projekts

lag bei 1,4 Mio. Euro über sieben

Jahre, dabei wurden rund 1 500

Personen geschult und insgesamt

zwischen 200 und 300 Arbeitsplätze

geschaffen.

Armut und Arbeitslosigkeit in der Mongolei

2010 2011

Bevölkerungsanteil,

der nach Weltbank als arm

gilt

39,2 % 29,8 %

Arbeitslosigkeit 13 % 9 %

Quelle: Weltbank

Page 23: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

23

Zur Situation der Industrie- und Handelskammern in der Mongolei: Es besteht

freiwillige Mitgliedschaft, der tatsächliche Organisationsgrad ist unbekannt und die

Beitragszahlungen fallen sehr unterschiedlich aus. Entsprechend finanzieren sich

die mongolischen IHKs im Wesentlichen durch Projekte von Nicht-Regierungs-

organisationen, der Durchführung von Messen und dem Angebot verschiedener

Dienstleistungen. Die IHKs in der Mongolei haben auch hoheitliche Aufgaben wie

das Ausstellen von Ursprungszeugnissen und Carnets. Berufsbildung ist keine

Aufgabe der IHKs, das übernehmen landesweit 46 Berufsschulen. Nach

Schätzungen gibt es in der Mongolei 50 000 aktive Unternehmen, von denen 10 000

offiziell registriert sind, davon sind ungefähr 15 % in Kammern und Verbänden

organisiert. Eine enge Verknüpfung zwischen der Kammerorganisation und der

Politik ist in der Person des Präsidenten und CEO der MNCCI, Herrn Demberell,

gegeben, der auch gleichzeitig Parlamentsabgeordneter ist.

„Ulaanbaatar Railway“ Mongolian Russian Joint Stock Company

Herr T. Ochirkhuu, Chairman

Herr G. Vandandagva, Deputy chief Department of Technical policy and Design,

Technical Policy Consultant of the Chairman

(v.l.n.r. Prof. Heinrich A. Große-Sender, T. Ochirkhuu,

Dr. Hans-Peter Merz, G. Vandandagva)

Page 24: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

24

Der Schienentransitverkehr zwischen China und Russland hat für die Mongolei eine

erhebliche Bedeutung. Der Vorteil der Mongolei ist es, dass die kürzeste Verbindung

zwischen Europa und China die Transmongolische Eisenbahn darstellt. Große

Wettbewerber um das chinesisch-europäische Frachtaufkommen sind Kasachstan

(via Urumqi) und Russland (via Wladiwostok).

Es besteht großes Interesse an einer Zusammenarbeit mit deutschen Firmen zum

Aufbau einer Verkehrslinie Deutschland – Russland – Mongolei – China. Auch für

China ist diese Verkehrslinie von großem Interesse. Es liegen Studien vor, wonach

der Transport von Koks aus der Mongolei über das russische Schienennetz nach

Europa wirtschaftlich ist. Die Be- und Entladung von Containern ist sowohl in Ulan

Bator als auch an anderen Bahnhöfen in der Mongolei möglich. Tatsächlich benötigt

ein Container über den Seeweg von Ulan Bator nach Europa sechs Wochen,

während dieser Transport über die Eisenbahn in zwei Wochen abgewickelt werden

kann.

Die Transmongolische Eisenbahn wird mit diesel-elektrischen

Lokomotiven betrieben.

Page 25: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

25

Zurzeit werden pro Jahr 20 Mio. Tonnen Fracht über die Transmongolische

Eisenbahn abgewickelt, technisch möglich sind gegenwärtig maximal 25 Mio. Tonnen

pro Jahr. Erwartet wird ein Frachtaufkommen bis zu 50 Mio. Tonnen in den nächsten

Jahren. Entsprechend ist eine Verdoppelung der Kapazitäten nötig. Dies soll

entweder durch eine Verbesserung der Signalinfrastruktur oder durch den Bau einer

zweiten Spur erfolgen. Es besteht eine Generalplanung für die weitere Entwicklung

des Schienenverkehrs in der Mongolei. In einer Endausbaustufe soll das Netz 5 000

Kilometer umfassen. Chancen für eine deutsche Beteiligung werden beim Bau neuer

Strecken gesehen, bei der deutsche Unternehmen insbesondere die Planung und die

technische Überwachung vornehmen könnten. Weitere Möglichkeiten gibt es im

Bereich der Signalisation und der Fachkräfteausbildung. Der künftig zu erwartende

Rohstoffabbau erfordert ferner einen Ausbau der Kapazität an Lokomotiven und

Waggons. Es besteht großer Bedarf an Gleisbau- und Reparaturanlagen sowie an

technischen Studien.

Ein Grundproblem des europäisch-chinesischen Eisenbahnverkehrs liegt in der

unterschiedlichen Spurweite der Schienenstränge, die in China und Europa bei

1435 mm und in Russland und der Mongolei bei 1520 mm liegen. Daraus ergibt sich

die Notwendigkeit, alle transportierten Waren zweimal umzuladen. Die Fahrzeuge

der Transmongolischen Eisenbahn werden mit Diesel betrieben, eine Elektrifizierung

der Strecken ist zurzeit kein Thema, weil Strom bis auf weiteres hierfür zu teuer ist.

Der Personenverkehr auf der Transmongolischen Eisenbahnstrecke liegt im Moment

bei rund vier Mio. Passagiere pro Jahr und ist tendenziell eher rückläufig. Die

Waggons sind in schlechtem Zustand, 60 % des rollenden Materials ist über 30 Jahre

alt. Ersatzbeschaffung wird in China und Russland durchgeführt. Geplant ist eine

Privatisierung von Transportleistungen und Wartung speziell für den Passagier-

transport. Ausrüstungsmaterial und Ersatzteile werden über einen Vertreter der

„Ulaanbaatar Railway“ Mongolian Russian Joint Stock Company in Berlin eingekauft.

Page 26: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

26

Messe „Mongolia Mining“

Freifläche der Messe „Mongolia Mining“

Über 200 Firmen haben sich auf der „Mongolia Mining“ vom 05. – 07.09.2012 mit

einem Stand präsentiert, davon etwa ein Dutzend Firmen aus Deutschland sowie

einige weitere Firmen mit deutscher Beteiligung, die aber dem mongolischen

nationalen Kontingent zugerechnet wurden. Aus Gesprächen mit Ausstellern geht ein

eher verhaltener Optimismus hervor. Der Besucherzustrom ist nicht so stark

gewesen wie erwartet, dennoch gilt es als wichtig, hier Flagge zu zeigen, auch wenn

mit konkreten Abschlüssen nicht zu rechnen ist. Zielführende Gespräche wurden

zum Teil auch außerhalb der Messe direkt mit potenziellen Partnern geführt.

Page 27: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

27

Goethe-Institut Verbindungsbüro Mongolei

Sebastian Woitsch, Direktor

Therese Eckardt, Leiterin der Sprachenabteilung

(Therese Eckardt und Sebastian Woitsch)

Das Goethe-Institut hat in Ulan Bator zwölf Mitarbeiter. Sprachkurse werden kosten-

pflichtig angeboten. Seit 2010 lernen 150 Personen pro Jahr Deutsch, dies sind

zumeist Studenten, die in Deutschland studieren wollen. Zwei DAAD-Lektoren an der

pädagogischen Universität und am Fachbereich Geisteswissenschaften der

Universität von Ulan Bator verstärken das deutschsprachige Angebot.

2010 haben in der Mongolei rund 2 600 Personen an Schulen und Universitäten

Deutsch gelernt, die Tendenz ist steigend. An zehn Schulen in der Mongolei wird

Deutsch als Fremdsprache angeboten. Aktuell gibt es schätzungsweise 25 000

Menschen in der Mongolei, die Deutsch sprechen. Ansonsten ist die Verhandlungs-

sprache mit Ausländern generell Englisch. Im Wettbewerb um Auslandsstudenten

steht Deutschland in Konkurrenz zu den USA, die sehr großzügig Stipendien für ein

Studium in den Vereinigten Staaten vergeben.

Page 28: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

28

In Ulan Bator sind mit eigenen Sprachinstituten Russland, China, Taiwan und

Frankreich vertreten. Aufgrund einer 30 000 Menschen umfassenden mongolischen

Diaspora in Korea spielt auch diese Sprache für die Mongolei eine erhebliche Rolle.

Konrad-Adenauer-Stiftung

Johannes D. Rey, Repräsentant Mongolei

Die Aufgabe der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in der Mongolei ist die Beratung

von Parteien beim Organisationsaufbau. Wichtiges Arbeitsziel ist die Förderung der

sozialen Marktwirtschaft. Die KAS betreibt politische Bildung in allen Teilen der

Mongolei. Dem Nomadentum wird keine wesentliche Zukunft vorausgesagt; schon

jetzt lebt die Hälfte der Bevölkerung in einigen wenigen Städten. Die sogenannte

Politik des Dritten Nachbarn ist für die Mongolei tatsächlich essentiell. Abgesehen

von der Beteiligung an der Transmongolischen Eisenbahn und der Lieferung von

Dieselkraftstoff befindet sich Russlands Einfluss auf die Mongolei im Schwinden.

Entsprechend hat China inzwischen einen nahezu uneingeschränkten Einfluss auf

die Mongolei.

Moderne Hochhaussiedlungen prägen zunehmend das Stadtbild

Page 29: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

29

Allgemeine Betrachtungen

Ulan Bator ist von erheblicher Bautätigkeit geprägt, es entstehen ganze Stadtviertel

neu, die Geschosshöhe von Hochhäusern liegt zwischen 20 und 25 Stockwerken.

Die neue Mittelklasse lebt in gated communities, die Bausubstanz dort erscheint als

sehr gut, die Innenausstattung als ausgezeichnet. Der Straßenverkehr ist enorm. Die

vorhandene Straßeninfrastruktur ist ausgesprochen desolat. Die Verfügbarkeit von

Taxen ist schlecht. Für Geschäftsreisende empfiehlt es sich daher, nach Möglichkeit

ein zentral gelegenes Hotel zu nutzen oder einen Wagen mit Fahrer anzumieten.

Smog über Ulan Bator

Ulan Bator liegt auf einer Ebene in 1300 m Höhe und ist von 2500 m hohen Bergen

umgeben. In diesem Talkessel sammeln sich nicht nur die Abgase der

Kraftfahrzeuge, sondern auch die Emissionen von mehreren innerstädtischen

Kraftwerken. Die Luftqualität ist bedenklich. Der Stadtkern ist umgeben von einem

breiten Gürtel von Einfachbehausungen.

Page 30: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

30

Diese Siedlungsform ist der rapiden Landflucht geschuldet. Auch wenn Kanalisation

und Wasserversorgung zu großen Teilen fehlen, sollte man diese Siedlungen jedoch

nicht als Slums einordnen. Das städtische Leben erscheint als ausgesprochen

lebhaft, eine Vielzahl von Gaststätten wird stark frequentiert.

Zuwanderer aus ländlichen Regionen siedeln sich in einfachen Hütten an

Stadtzentrum von Ulan Bator

Page 31: Mongolei - Fact Finding Mission 2012

31

Schlussfolgerungen

Die Mongolei bietet aufgrund der großen Rohstoffvorkommen, die jetzt aktiv

erschlossen werden, eine Reihe von Geschäftschancen auch für kleine und mittel-

ständische Unternehmen. Hierzu gehören Speziallösungen im Bergbaubereich,

Bauzulieferungen, Infrastrukturmaßnahmen und Umweltschutz. Eine wachsende

wohlhabende Mittelschicht wird vermehrt nach Konsumgütern wie Kraftfahrzeuge,

Wohnausstattungen, modische Kleidung und Lifestyle-Produkten verlangen.

Deutschland ist grundsätzlich Wunschpartner der Mongolen. Wer sich für diesen

Markt interessiert, sollte allerdings nicht zu lange mit einem Einstieg warten. Viele

Mongolen haben in Deutschland studiert und sprechen unsere Sprache zum Teil

sehr gut. „Made in Germany“ hat einen ausgezeichneten Ruf. Andererseits ist die

Mongolei ein Markt, der 100 % Aufmerksamkeit braucht und keinesfalls nebenher

erledigt werden kann. Klassische Großhandelsstrukturen, die man beliefern könnte,

existieren bislang nicht. Eine Möglichkeit, in den Markt einzudringen, ist der Vertrieb

über deutsche Geschäftsleute, die sich langfristig in der Mongolei niedergelassen

haben.

Die IHK Mittleres Ruhrgebiet plant für 2013 die Durchführung einer weiteren Informa-

tionsveranstaltung zu Geschäftschancen in der Mongolei.

Ulan Bator zwischen Tradition und Moderne