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Methodische Herausforderungen an das Studiendesign Methodische Herausforderungen an das Studiendesign bei Studien zur bei Studien zur personalisierten personalisierten Onkologie Onkologie Wolf-Dieter Ludwig Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ); HELIOS Klinikum Berlin-Buch Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie

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Methodische Herausforderungen an das StudiendesignMethodische Herausforderungen an das Studiendesignbei Studien zur bei Studien zur „„ personalisiertenpersonalisierten““ OnkologieOnkologie

Wolf-Dieter LudwigArzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ);

HELIOS Klinikum Berlin-BuchKlinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie

„„ personalisiertepersonalisierte““ Onkologie:Onkologie:methodische Herausforderungen methodische Herausforderungen -- AgendaAgenda

� Status quo der „individualisierten“ medikamentösen Therapie

� neue Arzneimittel in der Onkologie – Überblick Entwicklung

� genetische Heterogenität onkologischer Erkrankungen

� (genomische) Biomarker

− Wozu benötigen wir sie?

− Welche sind derzeit verfügbar?

− Welche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stellen?

� Beispiele unterschiedlicher Studiendesigns: Vor-/Nachteile

� Resümee und Ausblick

„Der Arzt muß ja, um den richtigen Behandlungsplan aufstellen zu können,

allzu viele Einzelheiten, Aspekte und Umstände beachten:

Er muß die Konstitution des Kranken kennen, sein Temperament,

seine Stimmungen und Neigungen, sein Tun und Lassen

und sogar seine Gedanken und Illusionen;

...er muß mit den Ursachen der Krankheiten vertraut sein,

ihren Symptomen, Auswirkungen und kritischen Tagen;

er muß bei den Arzneien über Gewicht und Stärke Bescheid wissen,...,

über Anwendungshinweise und Alter –

und all diese Faktoren muß er im rechten Verhältnis miteinander zu kombinieren

und in ein vollkommenes Gleichgewicht zu bringen verstehn“

Stilett H (Hrsg.): Michel de Montaigne für Mediziner und ihre Opfer.Frankfurt a. Main: Eichborn GmbH & Co. Verlag KG, 1999.

Individualisierte Medizin vor Individualisierte Medizin vor ≈≈≈≈≈≈≈≈ 430 Jahren 430 Jahren

Michel de MontaigneMichel de Montaigne

Individualisierte Medizin:Individualisierte Medizin:Status Quo in der OnkologieStatus Quo in der Onkologie

� individuelle Faktoren in der Onkologie:

u.a. Alter, Begleiterkrankung(en), Komedikation, Organfunktionen

(z.B. Herz, Lunge, Niere, Leber), Lebenssituation, soziales Umfeld,

Wünsche des Patienten

� Verständnis genetischer Heterogenität von Tumorerkrankungen ⇑⇑⇑⇑

� Einteilung von morphologisch/histologisch homogen

erscheinenden Tumoren in klinisch relevante Untergruppen

{ neue „Taxonomie“ maligner Erkrankungen}

� „one-size-fits-all approach“ nicht mehr angemessen

� Vision: höchstmögliche Maß an therapeutischer Wirksamkeit bei

gleichzeitiger Minimierung der UAWs

*

Genetische Basis der medikamentösen Tumortherapie*

Genetische Basis der medikamentösen Tumortherapie*

Definition fDefinition f üür individualisierte Medizin*r individualisierte Medizin*„die Daten eines Individuums auf molekularer Ebene die Daten eines Individuums auf molekularer Ebene erhoben und diese mit Mitteln der erhoben und diese mit Mitteln der InformationsInformations --technologietechnologieim Hinblick auf eine individualisierteim Hinblick auf eine individualisierte

Prognosestellung, Beratung und/oder Therapie eben Prognosestellung, Beratung und/oder Therapie eben dieses Individuums ausgewertet werdendieses Individuums ausgewertet werden““ ..

*SAMW; http://www.samw.ch/de/Publikationen/Positionspapiere.html

„„ personalisiertepersonalisierte““ Onkologie:Onkologie:methodische Herausforderungen methodische Herausforderungen -- AgendaAgenda

� Status quo der „individualisierten“ medikamentösen Therapie

� neue Arzneimittel in der Onkologie – Überblick Entwicklung

� genetische Heterogenität onkologischer Erkrankungen

� (genomische) Biomarker

− Wozu benötigen wir sie?

− Welche sind derzeit verfügbar?

− Welche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stellen?

� Beispiele unterschiedlicher Studiendesigns: Vor-/Nachteile

� Resümee und Ausblick

1995-2007: N=974 – „attrition rate“: 82%

Neue Arzneimittel 2012Neue Arzneimittel 2012USAUSA

13/39 Onkologie13/39 Onkologie

PriorityPriority N=7, OD N=5N=7, OD N=5

EuropaEuropa9/22 Onkologie9/22 Onkologie

CMA N=4, OD N=3CMA N=4, OD N=3

Wirkstoff Präparat Einführung Hersteller Indikation Bosutinib Bosulif® 01.05.2013 Pfizer Chronische myeloische Leukämie Colestilan BindRen® 01.04.2013 Mitsubishi Hyperphosphatämie bei Nierenkrankheit Dabrafenib Tafinlar® 01.10.2013 GlaxoSmithKline Metastasiertes Melanom Enzalutamid Xtandi® 01.09.2013 Astellas Metastasiertes Prostatakarzinom Fidaxomicin Dificlir® 15.01.2013 Astellas Clostridium-difficile-Infektionen Ingenolmebutat Picato® 15.01.2013 LEO Pharma Aktinische Keratosen Linaclotid Constella® 01.05.2013 Almirall Reizdarmsyndrom mit Obstipation Lipegfilgrastim Lonquex® 01.08.2013 Teva Neutropenie Lisdexamfetamin Elvanse® 01.05.2013 Shire ADHS Lixisenatid Lyxumia® 15.03.2013 Sanofi-Aventis Typ-2-Diabetes Loxapin Adasuve® 15.05.2013 Trommsdorf Agitiertheit bei Schizophrenie Meningokokken-Gruppe-B-Impfstoff

Bexsero® 15.09.2013 Novartis Meningokokken-Gruppe-B-Impfung

Nepafenac Nevanac® 01.07.2013 Alcon Entzündung bei Kataraktoperationen Ocriplasmin Jetrea® 01.05.2013 Alcon Vitreomakuläre Traktion (VMT) Regorafenib Stivarga® 01.10.2013 Bayer Metastasiertes Kolorektalkarzinom Pertuzumab Perjeta® 01.04.2013 Roche HER2+ metastasierter Brustkrebs Pomalidomid Imnovid® 01.09.2013 Celgene Multiples Myelom Ponatinib Iclusig® 01.08.2013 ARIAD Ph+ CML/ALL (T315I Mutation) Teriflunomid Aubagio® 01.10.2013 Genzyme Multiple Sklerose Vismodegib Erivedge® 15.08.2013 Roche Basalzellkarzinom

neue onkologische Arzneimittel 2013neue onkologische Arzneimittel 2013

(EMA (EMA -- Stand 09/2013)Stand 09/2013)

plus plus AfatinibAfatinib ((GiotrifGiotrif ), ), SipuleucelSipuleucel--TT ((ProvengeProvenge))

N=11; mit Biomarker N=6N=11; mit Biomarker N=6

„„ personalisiertepersonalisierte““ Onkologie:Onkologie:methodische Herausforderungen methodische Herausforderungen -- AgendaAgenda

� Status quo der „individualisierten“ medikamentösen Therapie

� neue Arzneimittel in der Onkologie – Überblick Entwicklung

�� genetische Heterogenitgenetische Heterogenitäät onkologischer Erkrankungent onkologischer Erkrankungen

� (genomische) Biomarker

− Wozu benötigen wir sie?

− Welche sind derzeit verfügbar?

− Welche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stellen?

� Beispiele unterschiedlicher Studiendesigns: Vor-/Nachteile

� Resümee und Ausblick

Cancer Genomics

ChallengesChallenges::•• „„ All of All of thethe clinicallyclinically approvedapproved drugsdrugs thatthat targettarget thethe

productsproducts of of geneticallygeneticallyalteredaltered genes genes areare directeddirected

againstagainstkinaseskinases..

•• OnlyOnly 31 of 31 of thethe oncogenesoncogeneslistedlisted in in thethe supplementsupplementtablestables

havehaveenzymaticenzymaticactivityactivity thatthat areare targetabletargetable

in in thisthis mannermanner

•• Drugs Drugs generallygenerally interfereinterfere withwith proteinprotein functionfunction; ; theythey

cannotcannot, in , in generalgeneral, , replacereplace thethe functionfunction of of defectivedefective

genes such as genes such as thosethoseresultingresulting fromfrom mutationsmutations

in in tumortumor suppressorsuppressorgenesgenes““ ..

„„ personalisiertepersonalisierte““ Onkologie:Onkologie:methodische Herausforderungen methodische Herausforderungen -- AgendaAgenda

� Status quo der „individualisierten“ medikamentösen Therapie

� neue Arzneimittel in der Onkologie – Überblick Entwicklung

� genetische Heterogenität onkologischer Erkrankungen

�� ((genomischegenomische) Biomarker) Biomarker

−− Wozu benWozu benöötigen wir sie?tigen wir sie?

−− Welche sind derzeit verfWelche sind derzeit verfüügbar?gbar?

−− Welche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stWelche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stellen?ellen?

� Beispiele unterschiedlicher Studiendesigns: Vor-/Nachteile

� Resümee und Ausblick

Individualisierte Medizin in der OnkologieIndividualisierte Medizin in der OnkologieBiomarkerBiomarker

� benötigt: Biomarker (Veränderungen im somatischen Genom des Tumors oder im Genom der Keimbahn)

� Indikatoren biologischer oder pathologischer Prozesse� prognostisch und klinisch relevante Untergruppen (Strata)� stratifizierende (risikoadaptierte) Therapiestrategien� Ziele:

- weitere Therapie (z.B. vor/nach chirurgischer Entfernung des Primärtumors) erforderlich? –„who to treat“?

- mit welchen Wirkstoffen? –„how to treat“?

- wie intensiv? –„„ howhow muchmuch to to treattreat““ ??

� richtige(r) Wirkstoff, Dosierung, Zeitpunkt� prognostische, prädiktive, pharmakodynamische Biomarker�� Biomarker von Bedeutung fBiomarker von Bedeutung füür den gesamten Prozess derr den gesamten Prozess der

translationalen Forschung/Arzneimittelentwicklung

Biomarker*:Biomarker*:„„ Merkmale, die objektiv gemessen werden kMerkmale, die objektiv gemessen werden köönnennnen

zur Bewertung von normalen biologischen zur Bewertung von normalen biologischen Prozessen, von pathologischen Prozessen, Prozessen, von pathologischen Prozessen,

von pharmakologischen Reaktionen auf eine von pharmakologischen Reaktionen auf eine therapeutische Intervention oder von therapeutische Intervention oder von

Reaktionen auf prReaktionen auf prääventive oder andere ventive oder andere GesundheitsinetrventionenGesundheitsinetrventionen““ ..

*Zukunftsreport 2009 *Zukunftsreport 2009 „„ Individualisierte Medizin und GesundheitssystemIndividualisierte Medizin und Gesundheitssystem““

Ludwig WD, 2013

PrPrääklinischeklinische und klinische Forschungund klinische Forschung

Das Dilemma der ZulassungsbehDas Dilemma der ZulassungsbehöördenrdenEichler H-G et al.

1. Juli 2013

2011

�� exploratorischeexploratorischeEntwicklung von Arzneimitteln Entwicklung von Arzneimitteln anhand anhand genomischergenomischerBiomarker:Biomarker:nichtnicht--randomisierterandomisierte(Kohorten(Kohorten--, , FallFall--KontrollKontroll--, einarmige) Studien, einarmige) StudienRandomisierteRandomisiertekontrollierte Studien (kontrollierte Studien (RCTsRCTs))prospektive oder retrospektive Auswertungprospektive oder retrospektive Auswertung

�� konfirmatorischekonfirmatorische Entwicklung von Arzneimitteln Entwicklung von Arzneimitteln anhand anhand genomischergenomischerBiomarker:Biomarker:unselektierte unselektierte RCTsRCTsangereicherte (angereicherte („„ enrichedenriched““ ) ) RCTsRCTsBiomarkerBiomarker--basiertes (basiertes („„ BiomarkerBiomarker--stratifiedstratified““ ) oder hybrides Design) oder hybrides Design

�� adaptives Designadaptives Design

„„ personalisiertepersonalisierte““ Onkologie:Onkologie:methodische Herausforderungen methodische Herausforderungen -- AgendaAgenda

� Status quo der „individualisierten“ medikamentösen Therapie

� neue Arzneimittel in der Onkologie – Überblick Entwicklung

� genetische Heterogenität onkologischer Erkrankungen

� (genomische) Biomarker

− Wozu benötigen wir sie?

− Welche sind derzeit verfügbar?

− Welche Anforderungen sind an das Design klinischer Studien zu stellen?

�� Beispiele unterschiedlicher Studiendesigns: VorBeispiele unterschiedlicher Studiendesigns: Vor--/Nachteile/Nachteile

� Resümee und Ausblick

Crizotinib

Phase-I-Studie82/1500 ALK Rearrangements

GefitinibTrastuzumab

PPopulation (Fragestellung)

OA,+ OC,+ OA,- OC,-

E+ E-

Outcome

Effekt

I+ I-Information

A C A CKonsequenzen(Alternativen)

E+ E-≠ Interaktion

GoldstandardGoldstandard::RandomisierterRandomisierter VergleichVergleich A vs. C*A vs. C*

* Quelle: Lange S & Windeler J 2013

IPASS

BRIM-3

Investigation of serial studies to predict your therapeutic responsewith imaging and molecular analysis 2

stratifizierende medikamentstratifizierende medikamentööse Therapiestrategien:se Therapiestrategien:Biomarker: Biomarker: Anforderungen an die ImplementierungAnforderungen an die Implementierung

� parallele (prä-)klinische Entwicklung von neuen Wirkstoffen und

Biomarkern („companion diagnostics“)

� Evaluierung von Biomarkern (z.B. analytische Validität; Eignung zur

Erkennung prognostisch/therapeutisch relevanter Subgruppen)

� geeignetes Design (prospektiver) klinischer Studien

� Zulassung von Biomarkern durch EMA, FDA etc.

� Register für klinische Studien mit Biomarkern

� Biobanken mit Tumorgewebe, -zellen, Blut- und Serumproben etc.

� kontrollierte Einführung von neuen Wirkstoffen mit Biomarkern

� globale Harmonisierung von Anforderungen an klinische Studien

und stärkere internationale Zusammenarbeit

2011