mein pferd 6 2015 leseprobe

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Mobbing im Stall So wehren Sie sich! DEUTSCHLAND 4,00 € ÖSTERREICH 4,50 € SCHWEIZ 7,00 SFR BELGIEN 4,80 € LUXEMBURG 4,80 € ITALIEN 5,50 € SPANIEN 5,50 € n i e M Guter Reitunterricht: So erkennen Sie ihn! 4 1 9 6 9 6 2 0 0 4 0 0 5 0 6 Das Magazin für aktive Reiter 6 • Juni 2015 • www.mein-pferd.de NIMM’S LEICHT! Mehr Harmonie, Spaß und Losgelassenheit: Clevere Übungen aus der Working Equitation 14 SEITEN Die besten Tipps für eine artgerechte Fütterung + Koliken vorbeugen PFERDE GUT ERNÄHREN sagt Nachwuchstalent Arien Aguilar. Ein Porträt „Entwickelt euren eigenen Stil“ Wenn Pferde den Gehorsam verweigern Sturkopf oder Angsthase?

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Mobbingim Stall

So wehren Sie sich!

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Guter Reitunterricht: So erkennen Sie ihn!

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Das Magazin für aktive Reiter

6 • Juni 2015 • www.mein-pferd.de

Nimm’s leicht! Mehr Harmonie, Spaß und Losgelassenheit: Clevere Übungen aus der Working Equitation

14 seiteN

Die besten Tipps für eine artgerechte Fütterung+ Koliken vorbeugen

PfeRDe gut eRnähRen

sagt Nachwuchstalent Arien Aguilar. Ein Porträt

„Entwickelt euren eigenen Stil“

Wenn Pferde den Gehorsam verweigern

sturkopf oder Angsthase?

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titelthema

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Working Equitation

Das Pferd macht einfach nicht so mit, wie Sie gerne möchten? Alles kommt Ihnen schwer und verkrampft vor? Dann schnappen Sie sich ein paar Pylonen und Stangen

und bauen Sie einen Trail! Unsere Experten Katja Ecker und Mitja Hinzpeter erklären, wie Sie Working-Equitation-Elemente clever in Ihr Training einbauen und so ganz nebenbei zu

mehr Geschmeidigkeit, Harmonie und Leichtigkeit mit dem Pferd gelangenText: Wiebke Ramisch | Fotos: Ilja van de Kasteele

Nimm’s leicht

Katja EcKErist Ausbilderin und unter­richtet unter anderem Working Equitation, Klassische Dressur, Trail, Springen und Vielseitigkeit. Mit der Garrocha zeigt sie anspruchsvolle Schaubilder. Die Gesunderhaltung des Pferdes und eine harmonische Ausbildung stehen bei ihr im Vordergrund. www.aus-freude-am-pferd.de

UNSERE EXPERTEN

Mitja HinzPEtErwaren FN­Turniere immer etwas zu langweilig. Der Ausbilder und Trainer nimmt seit 2009 regelmäßig an Working­Equitation­Turnieren teil. 2013 wurde er Deutscher Vizemeister, 2014 holte er bei den Working­Equitation­Weltmeisterschaften Teamsilber und Gold in der Rinderarbeit.www.goldene-pintos.de

Bei Teambuilding-Events lassen Chefs ihre Mitarbeiter gemein-sam Rätsel lösen, im Boot einen Wildwasserfluss herunterfahren oder einen gordischen Knoten entwirren. Natürlich machen

diese Aktionen Spaß, aber was ist ihr eigent-licher Sinn und Zweck? Sie sollen Distanzen abbauen, individuelle Stärken und Schwä-chen zutage bringen und den Gemein-schaftsgeist stärken. Das Ganze passiert spielerisch, die Gruppe arbeitet am Ende des Tages besser miteinander.

Auch wir möchten mit unserem Pferd zu einem Team zusammenwachsen, Übungen spielerisch und leicht absolvieren und da-bei Spaß haben. Leider können wir unseren Vierbeiner nicht mal eben in ein Boot pa-cken und einen Fluss mit Stromschnellen hinabfahren – und wenn wir es schafften, wäre diese Aktion eher kontraproduktiv für eine Vertrauenssteigerung des Pferdes in uns. Die Teambuilding-Maßnahmen für unser Pferd und uns müssen anders aussehen.

Die Working Equitation bietet uns hier unendlich viele Möglichkeiten, die wir im Training nutzen können. „Sie bringt Spaß und Abwechslung in die Reiterei“, sagt Trai-nerin Katja Ecker. „Pferde und Reiter werden körperlich und kopfmäßig mal ganz anders gefordert, präzises und zügelunabhängiges Reiten ist erforderlich. Außerdem sieht das Pferd einen Sinn in seinen Aufgaben.“

Foto

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titelthema

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Working Equitation

Das Pferd macht einfach nicht so mit, wie Sie gerne möchten? Alles kommt Ihnen schwer und verkrampft vor? Dann schnappen Sie sich ein paar Pylonen und Stangen

und bauen Sie einen Trail! Unsere Experten Katja Ecker und Mitja Hinzpeter erklären, wie Sie Working-Equitation-Elemente clever in Ihr Training einbauen und so ganz nebenbei zu

mehr Geschmeidigkeit, Harmonie und Leichtigkeit mit dem Pferd gelangenText: Wiebke Ramisch | Fotos: Ilja van de Kasteele

Nimm’s leicht

Katja EcKErist Ausbilderin und unter­richtet unter anderem Working Equitation, Klassische Dressur, Trail, Springen und Vielseitigkeit. Mit der Garrocha zeigt sie anspruchsvolle Schaubilder. Die Gesunderhaltung des Pferdes und eine harmonische Ausbildung stehen bei ihr im Vordergrund. www.aus-freude-am-pferd.de

UNSERE EXPERTEN

Mitja HinzPEtErwaren FN­Turniere immer etwas zu langweilig. Der Ausbilder und Trainer nimmt seit 2009 regelmäßig an Working­Equitation­Turnieren teil. 2013 wurde er Deutscher Vizemeister, 2014 holte er bei den Working­Equitation­Weltmeisterschaften Teamsilber und Gold in der Rinderarbeit.www.goldene-pintos.de

Bei Teambuilding-Events lassen Chefs ihre Mitarbeiter gemein-sam Rätsel lösen, im Boot einen Wildwasserfluss herunterfahren oder einen gordischen Knoten entwirren. Natürlich machen

diese Aktionen Spaß, aber was ist ihr eigent-licher Sinn und Zweck? Sie sollen Distanzen abbauen, individuelle Stärken und Schwä-chen zutage bringen und den Gemein-schaftsgeist stärken. Das Ganze passiert spielerisch, die Gruppe arbeitet am Ende des Tages besser miteinander.

Auch wir möchten mit unserem Pferd zu einem Team zusammenwachsen, Übungen spielerisch und leicht absolvieren und da-bei Spaß haben. Leider können wir unseren Vierbeiner nicht mal eben in ein Boot pa-cken und einen Fluss mit Stromschnellen hinabfahren – und wenn wir es schafften, wäre diese Aktion eher kontraproduktiv für eine Vertrauenssteigerung des Pferdes in uns. Die Teambuilding-Maßnahmen für unser Pferd und uns müssen anders aussehen.

Die Working Equitation bietet uns hier unendlich viele Möglichkeiten, die wir im Training nutzen können. „Sie bringt Spaß und Abwechslung in die Reiterei“, sagt Trai-nerin Katja Ecker. „Pferde und Reiter werden körperlich und kopfmäßig mal ganz anders gefordert, präzises und zügelunabhängiges Reiten ist erforderlich. Außerdem sieht das Pferd einen Sinn in seinen Aufgaben.“

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Besser reiten

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Kennen Sie das: Plötzlich möchte Ihr Pferd partout nicht die Ecke ausreiten, zögert an einer schon zigmal berittenen Geländepassage oder geht nicht mal über den Schatten einer Laterne. Dabei lassen sich diese Probleme leicht lösenText und Fotos: Ilja van de Kasteele

Der ist heute so stur, das macht er doch sonst nie!“ Jenny ärgert sich fürchterlich über ihren neunjährigen Wallach. Der will partout nicht in die Ecke reiten, obwohl das doch

sonst nie ein Problem war. Warum nur stellt er sich heute so an, fragt sie sich. Und ist wild entschlossen, jetzt endlich in die Ecke zu kommen. Von einer Reiterkollegin lässt sie sich eine Gerte geben und reitet noch einmal die lange Seite der Halle auf die be­sagte Ecke zu. Als ihr Wallach wieder nach innen ausbrechen möchte, versetzt sie ihm mit der Gerte einige stärkere Hiebe auf die Flanke, um ihn vorwärtszutreiben. Doch plötzlich explodiert er, dreht auf der Hinter­hand um 180 Grad und rennt buckelnd los. Das Nächste, an das Jenny sich erinnert, ist, wie sie am Boden sitzt und sich den Sand vom Gesicht wischt.

Der Abgang war vermeidbar

Wie sich im Nachhinein herausstellt, hätte sich dieser Abgang vielleicht vermeiden lassen. Denn ihr Pferd war nicht das ein­zige, das die Ecke verweigerte. Nachdem noch drei andere Reiterinnen ähnliche Er­lebnisse hatten, fanden sie die Ursache für das außergewöhnliche Verhalten: Der letzte Sturm hatte einen an der Halle stehenden Baum gegen die Wand gedrückt. Im leich­ten Wind scheuerte ein Ast an der Regen­rinne und verursachte ein hochfrequentes Geräusch. Nachdem der Ast entfernt war, zögerte kein Pferd mehr in der Ecke.

Machen Sie nicht mehr Druck als gewöhnlich, wenn Ihr Pferd nicht wie gewünscht reagiert

GehorSAM verweIGern

Basics leicht gemacht

Serie

21www.mein-pferd.de06/2015

versuchen Sie immer, die Ursache für unerwünschtes Verhalten zu finden

„Stell dich nicht an!“

Viele Reiter kennen solche oder ähnliche Situationen: Das Pferd verhält sich plötzlich ganz anders als gewohnt und verweigert scheinbar den Gehorsam. Die Reaktion vie­ler Reiter: Augen zu und durch. Nicht selten endet das wie in Jennys Fall. Wie aber sieht eine Lösung aus, bei der beide, Reiter und Pferd, gewinnen?

Zuerst einmal sollten Sie das Verhalten Ihres Pferdes beobachten, ohne es zu bewer­ten. In Jennys Fall: Ihr Wallach wollte aus irgendeinem Grund nicht in die Ecke. Be­wertungen wie „Der ist bockig“ blockieren Sie nur in Ihrer Handlung und lenken den Fokus auf das Problem und nicht die Lösung.

Beobachten statt bewerten

Reagiert ein Pferd nicht auf den Reiter, kann das unterschiedliche Ursachen haben. Und die gilt es herauszufinden: Das Pferd ist entweder unsicher, hat gesundheitliche Probleme, versteht Sie nicht oder sieht Sie nicht als die Person an, der es folgen sollte. Ist Ihr Pferd unsicher, kann das verschiedene Ursachen haben: Hat sich etwas im Raum geändert, zum Bei­spiel eine ausgebesserte Hallenbande oder neuer Sand? Registriert Ihr Pferd ungewöhnliche Geräusche oder Gerüche? Beim Aus­reiten zum Beispiel riechen Pferde Wildschweine im Unterholz schon lange, bevor wir sie wahrneh­men, und werden dadurch vielleicht unruhig. Ihr Ge­ruchssinn ist dem mensch­lichen weit überlegen und liegt dicht bei dem des Hundes. Sie können hohe Frequenzen hören, die wir nicht mehr wahrnehmen. Und sie sehen überwie­gend monokular, das be­deutet, sie verknüpfen das linke nicht mit dem rech­ten Sehfeld. Ein Pferd,

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Besser reiten

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Kennen Sie das: Plötzlich möchte Ihr Pferd partout nicht die Ecke ausreiten, zögert an einer schon zigmal berittenen Geländepassage oder geht nicht mal über den Schatten einer Laterne. Dabei lassen sich diese Probleme leicht lösenText und Fotos: Ilja van de Kasteele

Der ist heute so stur, das macht er doch sonst nie!“ Jenny ärgert sich fürchterlich über ihren neunjährigen Wallach. Der will partout nicht in die Ecke reiten, obwohl das doch

sonst nie ein Problem war. Warum nur stellt er sich heute so an, fragt sie sich. Und ist wild entschlossen, jetzt endlich in die Ecke zu kommen. Von einer Reiterkollegin lässt sie sich eine Gerte geben und reitet noch einmal die lange Seite der Halle auf die be­sagte Ecke zu. Als ihr Wallach wieder nach innen ausbrechen möchte, versetzt sie ihm mit der Gerte einige stärkere Hiebe auf die Flanke, um ihn vorwärtszutreiben. Doch plötzlich explodiert er, dreht auf der Hinter­hand um 180 Grad und rennt buckelnd los. Das Nächste, an das Jenny sich erinnert, ist, wie sie am Boden sitzt und sich den Sand vom Gesicht wischt.

Der Abgang war vermeidbar

Wie sich im Nachhinein herausstellt, hätte sich dieser Abgang vielleicht vermeiden lassen. Denn ihr Pferd war nicht das ein­zige, das die Ecke verweigerte. Nachdem noch drei andere Reiterinnen ähnliche Er­lebnisse hatten, fanden sie die Ursache für das außergewöhnliche Verhalten: Der letzte Sturm hatte einen an der Halle stehenden Baum gegen die Wand gedrückt. Im leich­ten Wind scheuerte ein Ast an der Regen­rinne und verursachte ein hochfrequentes Geräusch. Nachdem der Ast entfernt war, zögerte kein Pferd mehr in der Ecke.

Machen Sie nicht mehr Druck als gewöhnlich, wenn Ihr Pferd nicht wie gewünscht reagiert

GehorSAM verweIGern

Basics leicht gemacht

Serie

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versuchen Sie immer, die Ursache für unerwünschtes Verhalten zu finden

„Stell dich nicht an!“

Viele Reiter kennen solche oder ähnliche Situationen: Das Pferd verhält sich plötzlich ganz anders als gewohnt und verweigert scheinbar den Gehorsam. Die Reaktion vie­ler Reiter: Augen zu und durch. Nicht selten endet das wie in Jennys Fall. Wie aber sieht eine Lösung aus, bei der beide, Reiter und Pferd, gewinnen?

Zuerst einmal sollten Sie das Verhalten Ihres Pferdes beobachten, ohne es zu bewer­ten. In Jennys Fall: Ihr Wallach wollte aus irgendeinem Grund nicht in die Ecke. Be­wertungen wie „Der ist bockig“ blockieren Sie nur in Ihrer Handlung und lenken den Fokus auf das Problem und nicht die Lösung.

Beobachten statt bewerten

Reagiert ein Pferd nicht auf den Reiter, kann das unterschiedliche Ursachen haben. Und die gilt es herauszufinden: Das Pferd ist entweder unsicher, hat gesundheitliche Probleme, versteht Sie nicht oder sieht Sie nicht als die Person an, der es folgen sollte. Ist Ihr Pferd unsicher, kann das verschiedene Ursachen haben: Hat sich etwas im Raum geändert, zum Bei­spiel eine ausgebesserte Hallenbande oder neuer Sand? Registriert Ihr Pferd ungewöhnliche Geräusche oder Gerüche? Beim Aus­reiten zum Beispiel riechen Pferde Wildschweine im Unterholz schon lange, bevor wir sie wahrneh­men, und werden dadurch vielleicht unruhig. Ihr Ge­ruchssinn ist dem mensch­lichen weit überlegen und liegt dicht bei dem des Hundes. Sie können hohe Frequenzen hören, die wir nicht mehr wahrnehmen. Und sie sehen überwie­gend monokular, das be­deutet, sie verknüpfen das linke nicht mit dem rech­ten Sehfeld. Ein Pferd,

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.de,

Ric

hard

Her

amis

Es tut sich was in der Pferdewelt. Junge Trainer hinterfragen althergebrachte Thesen und motivieren uns Reiter, selbst nachzudenken. Einer dieser Youngster ist Arien Aguilar. Der 21-Jährige beeindruckt mit individuellen Ansätzen und einem bodenständigen CharakterText: Wiebke Ramisch

„ENTwICkELT euren eigenen Stil!“

Porträt

Arien Aguilar glaubt an Liebe auf den ersten Blick. Aber „das lang anhaltende Fieber, diese ‚Vollzeitpferdeliebe‘ er-wischt mich immer stärker, je mehr ich mit Pferden arbeite.

Sie wächst jeden Tag.“ Und sie ist ihm in die Wiege gelegt: Sein Vater Alfonso Aguilar gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Horsemanshipszene. „Ich habe großes Glück“, bekennt Arien. „Durch meinen Va-ter wurde ich schon früh an die Arbeit mit Pferden herangeführt, und durch meinen Namen war es recht leicht für mich, mit vielen anderen Trainern in Kontakt zu kom-men.“ Arien ist aufgeschlossen, höflich und umsichtig. Bei anderen Trainern hat man als Reiter häufig das Gefühl, dass es ihnen vor allem darum geht, sich zu vermarkten und uns zu erklären, warum ihr System das beste auf dem hart umkämpften Markt sei. Arien ist anders. „Ich habe gar kein System“, sagt er mit einem Lachen. „Ich arbeite nach Gefühl. Komme ich damit nicht weiter, gehe ich zu der Basis zurück, die mir mein Vater vermittelt hat. Aber grundsätzlich ist es mir

Das bleibt in der Familie: Arien mit seinem Vater Alfonso Aguilar

Das Nachwuchstalent gab bereits als teenager Kurse

extrem wichtig, die Dinge Schritt für Schritt und flexibel zu entwickeln. Ich war nie der Typ, der Ansätze blind übernommen und akzeptiert hat. Ich probiere alles aus, sehe mir alles an und nehme das mit, was für mich funktioniert.“

Vom Zoo auf den reitplatz

Bereits auf der elterlichen Farm in Mexiko kam er mit Tieren in Kontakt. „Ich wusste schon sehr früh, dass ich beruflich einmal etwas mit Tieren machen möchte, war aber nicht auf Pferde fixiert“, erzählt er. Seine Leidenschaft für Tiere führt ihn zunächst in den Zoo – dort arbeitet er im zarten Alter von 12 Jahren bereits mit Elefanten, Affen und Nashörnern. „Ich habe dort unglaub-lich viel gelernt. Bei Elefanten haben wir als Menschen ein sehr simples Problem: Sie sind ziemlich groß. Wir können sie nicht ein-fach in eine Richtung stoßen oder schubsen. Sie müssen in der richtigen Stimmung sein und mitmachen wollen, um etwas zu ler-nen. Das gilt für alle anderen Tiere genauso, nur wird es bei Elefanten am deutlichsten.“

Parallel arbeitet er zu Hause viel mit Pfer-den und schaut seinem Vater Alfonso über die Schulter: „Er hat mich nie ausgebremst oder kontrolliert. Im Gegenteil, er ließ mich sehr gerne alleine mit den Pferden arbeiten und gab mir den Freiraum, meine eigenen Fehler zu machen.“ Als der 12-jährige Arien beschließt, dass er gerne Kurse geben möchte, nimmt ihn Alfonso unter seine Fittiche. Er stellte Arien mit einem Pferd und einem Halfter auf den Reitplatz und sagte ihm, dass er erklären solle, wie man ein Pferd halftert. „Ich sagte natürlich, dass ich weiß, wie man das macht. Aber da entgegnete er nur: ‚Ich weiß, dass du es weißt. Aber ich möchte, dass du es mir mit Worten erklärst.‘ Da habe ich erst gemerkt, wie schwierig Erklären ist – selbst so eine simple Sache wie Aufhalftern. Das ist eines der größten Probleme in der Reiterausbildung: Es gibt viele Menschen, die wunderbare Dinge mit Pferden vollbrin-

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Entspannung und Vertrauen – so sind auch freie Spazier-

gänge kein Problem

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Es tut sich was in der Pferdewelt. Junge Trainer hinterfragen althergebrachte Thesen und motivieren uns Reiter, selbst nachzudenken. Einer dieser Youngster ist Arien Aguilar. Der 21-Jährige beeindruckt mit individuellen Ansätzen und einem bodenständigen CharakterText: Wiebke Ramisch

„ENTwICkELT euren eigenen Stil!“

Porträt

Arien Aguilar glaubt an Liebe auf den ersten Blick. Aber „das lang anhaltende Fieber, diese ‚Vollzeitpferdeliebe‘ er-wischt mich immer stärker, je mehr ich mit Pferden arbeite.

Sie wächst jeden Tag.“ Und sie ist ihm in die Wiege gelegt: Sein Vater Alfonso Aguilar gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Horsemanshipszene. „Ich habe großes Glück“, bekennt Arien. „Durch meinen Va-ter wurde ich schon früh an die Arbeit mit Pferden herangeführt, und durch meinen Namen war es recht leicht für mich, mit vielen anderen Trainern in Kontakt zu kom-men.“ Arien ist aufgeschlossen, höflich und umsichtig. Bei anderen Trainern hat man als Reiter häufig das Gefühl, dass es ihnen vor allem darum geht, sich zu vermarkten und uns zu erklären, warum ihr System das beste auf dem hart umkämpften Markt sei. Arien ist anders. „Ich habe gar kein System“, sagt er mit einem Lachen. „Ich arbeite nach Gefühl. Komme ich damit nicht weiter, gehe ich zu der Basis zurück, die mir mein Vater vermittelt hat. Aber grundsätzlich ist es mir

Das bleibt in der Familie: Arien mit seinem Vater Alfonso Aguilar

Das Nachwuchstalent gab bereits als teenager Kurse

extrem wichtig, die Dinge Schritt für Schritt und flexibel zu entwickeln. Ich war nie der Typ, der Ansätze blind übernommen und akzeptiert hat. Ich probiere alles aus, sehe mir alles an und nehme das mit, was für mich funktioniert.“

Vom Zoo auf den reitplatz

Bereits auf der elterlichen Farm in Mexiko kam er mit Tieren in Kontakt. „Ich wusste schon sehr früh, dass ich beruflich einmal etwas mit Tieren machen möchte, war aber nicht auf Pferde fixiert“, erzählt er. Seine Leidenschaft für Tiere führt ihn zunächst in den Zoo – dort arbeitet er im zarten Alter von 12 Jahren bereits mit Elefanten, Affen und Nashörnern. „Ich habe dort unglaub-lich viel gelernt. Bei Elefanten haben wir als Menschen ein sehr simples Problem: Sie sind ziemlich groß. Wir können sie nicht ein-fach in eine Richtung stoßen oder schubsen. Sie müssen in der richtigen Stimmung sein und mitmachen wollen, um etwas zu ler-nen. Das gilt für alle anderen Tiere genauso, nur wird es bei Elefanten am deutlichsten.“

Parallel arbeitet er zu Hause viel mit Pfer-den und schaut seinem Vater Alfonso über die Schulter: „Er hat mich nie ausgebremst oder kontrolliert. Im Gegenteil, er ließ mich sehr gerne alleine mit den Pferden arbeiten und gab mir den Freiraum, meine eigenen Fehler zu machen.“ Als der 12-jährige Arien beschließt, dass er gerne Kurse geben möchte, nimmt ihn Alfonso unter seine Fittiche. Er stellte Arien mit einem Pferd und einem Halfter auf den Reitplatz und sagte ihm, dass er erklären solle, wie man ein Pferd halftert. „Ich sagte natürlich, dass ich weiß, wie man das macht. Aber da entgegnete er nur: ‚Ich weiß, dass du es weißt. Aber ich möchte, dass du es mir mit Worten erklärst.‘ Da habe ich erst gemerkt, wie schwierig Erklären ist – selbst so eine simple Sache wie Aufhalftern. Das ist eines der größten Probleme in der Reiterausbildung: Es gibt viele Menschen, die wunderbare Dinge mit Pferden vollbrin-

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Entspannung und Vertrauen – so sind auch freie Spazier-

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1100 v. Chr.1200 v. Chr.1300 v. Chr.Trojanisches Pferd

Trojanischer Krieg

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abenteuer & reportage

40 06/2015www.mein-pferd.de

Die Schlacht auf dem Lechfeld vom 10. August 955: Damals waren Pferde noch Königen und Rittern vorbehalten, die so eine erhabenere Position einnehmen konnten

Foto

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akg-

imag

es

Aus der Sagenwelt kennen wir mythologische Wesen wie die Zentauren, die halb Mann, halb Hengst waren, oder Pega-sus, das Pferd mit den Flügeln. Und auch Einhörner sind uns

ein Begriff, weil sie bekannte Gestalten aus der Märchen- und Sagenwelt sind, edle Fa-beltiere, die symbolisch für das Gute stehen.

Karl der Große soll laut einer Heldendich-tung sogar den Hengst Bayard seines Schwa-gers Reinold verfolgt haben, weil jener dem Neffen Karls immer wieder zur Flucht ver-half. Angeblich soll Bayard ein Wunderross gewesen sein, das übernatürlichen Anstren-gungen standhalten konnte, riesig war und über außergewöhnliche Kräfte und Ausdau-er verfügte. Dass all diese Sagen und Dich-tungen Pferde übertrieben darstellen, wissen wir heute. Trotzdem führen sie uns eines deutlich vor Augen: Das Pferd war für den Menschen schon immer ein Mythos, dessen Zauber er sich nicht entziehen konnte – und bis heute hat sich das nicht geändert.

Es dauerte lange, ehe der Mensch das Beutetier Pferd trotz seiner auskeilenden Hinterbeine und starken Zähne zähmte und es für seine Dienste nutzbar machte: vom lebenden Proviant zum unverzichtbaren Arbeitstier, das ihm in allen Lebenslagen hilfreich zur Seite steht. Vor allem in schwie-rigen Zeiten wie Kriegen war das Pferd ein unverzichtbarer Begleiter des Menschen.

Kriegspferde

In der Antike und im Mittelalter wurde das Pferd als Zug-, Last- und Reittier genutzt. Durch ständige Nachbarschaftsstreitereien, bei denen auch Gebiete verteidigt oder erwei-tert wurden, entstand die Kavallerie, und der Pferdezucht wurde eine entscheidende und strategische Bedeutung beigemessen.

Wenn wir an Kriegspferde denken, denken wir automatisch an große, schwere Schlacht-rösser. Dabei haben Knochenfunde ergeben, dass die Pferde damals eine Größe von gera-de einmal knapp 1,45 Meter bis 1,50 Metern hatten. Trotz ihrer geringen Größe waren

Helden mit HufenKRiegSPfeRDe

Seit Jahrtausenden ist das Pferd der Begleiter des Menschen. Kein Wunder also, dass neben den menschlichen Helden auch einige besondere Pferde in die geschichte eingegangen sind und legendär wurdentext: Jessica Classen

40-45 Kriegspferde.indd 40-41 21.04.15 10:24

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Trojanischer Krieg

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abenteuer & reportage

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Die Schlacht auf dem Lechfeld vom 10. August 955: Damals waren Pferde noch Königen und Rittern vorbehalten, die so eine erhabenere Position einnehmen konnten

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Aus der Sagenwelt kennen wir mythologische Wesen wie die Zentauren, die halb Mann, halb Hengst waren, oder Pega-sus, das Pferd mit den Flügeln. Und auch Einhörner sind uns

ein Begriff, weil sie bekannte Gestalten aus der Märchen- und Sagenwelt sind, edle Fa-beltiere, die symbolisch für das Gute stehen.

Karl der Große soll laut einer Heldendich-tung sogar den Hengst Bayard seines Schwa-gers Reinold verfolgt haben, weil jener dem Neffen Karls immer wieder zur Flucht ver-half. Angeblich soll Bayard ein Wunderross gewesen sein, das übernatürlichen Anstren-gungen standhalten konnte, riesig war und über außergewöhnliche Kräfte und Ausdau-er verfügte. Dass all diese Sagen und Dich-tungen Pferde übertrieben darstellen, wissen wir heute. Trotzdem führen sie uns eines deutlich vor Augen: Das Pferd war für den Menschen schon immer ein Mythos, dessen Zauber er sich nicht entziehen konnte – und bis heute hat sich das nicht geändert.

Es dauerte lange, ehe der Mensch das Beutetier Pferd trotz seiner auskeilenden Hinterbeine und starken Zähne zähmte und es für seine Dienste nutzbar machte: vom lebenden Proviant zum unverzichtbaren Arbeitstier, das ihm in allen Lebenslagen hilfreich zur Seite steht. Vor allem in schwie-rigen Zeiten wie Kriegen war das Pferd ein unverzichtbarer Begleiter des Menschen.

Kriegspferde

In der Antike und im Mittelalter wurde das Pferd als Zug-, Last- und Reittier genutzt. Durch ständige Nachbarschaftsstreitereien, bei denen auch Gebiete verteidigt oder erwei-tert wurden, entstand die Kavallerie, und der Pferdezucht wurde eine entscheidende und strategische Bedeutung beigemessen.

Wenn wir an Kriegspferde denken, denken wir automatisch an große, schwere Schlacht-rösser. Dabei haben Knochenfunde ergeben, dass die Pferde damals eine Größe von gera-de einmal knapp 1,45 Meter bis 1,50 Metern hatten. Trotz ihrer geringen Größe waren

Helden mit HufenKRiegSPfeRDe

Seit Jahrtausenden ist das Pferd der Begleiter des Menschen. Kein Wunder also, dass neben den menschlichen Helden auch einige besondere Pferde in die geschichte eingegangen sind und legendär wurdentext: Jessica Classen

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Ausreichend Raufutter ist gut für das Pferd, viel Kraftfutter dagegen schädlich. Das weiß mittlerweile jeder Reiter. Aber warum ist das so? Welchen Weg geht die Nahrung eigentlich im Inneren des Vierbeiners? Kommen Sie mit auf eine spannende Reise durch den Pferdekörper und erfahren Sie, was Sie tagtäglich beim Füttern für die Gesunderhaltung Ihres Vierbeiners tun könnenText: Inga Dora Meyer

AchterbAhn im Pferdebauch

Verdauungssystem

und nicht Ihr Tierarzt tagtäglich selbst in der Hand. Sie füttern Ihr Pferd oder geben ande­ren vor, was es zu fressen bekommt, wie viel Bewegung es hat und wie es gehalten wird. Faktoren, die die Verdauung des Pferdes be­einflussen – und zwar positiv wie negativ. Wer sich ein wenig mit den Vorgängen im Pferde­bauch auskennt, kann daher viel zur Gesund­erhaltung seines Vierbeiners beitragen. Um beispielsweise zu verstehen, warum Raufutter vor Kraftfutter gefüttert werden soll, braucht man kein Einstein zu sein. Begeben Sie sich auf eine Reise in das Innere des Pferdes. Los geht es mit der Nahrungsaufnahme.

Futtersuche und Fressen sind instinktive Bedürfnisse, die genetisch in unseren Pfer­den verankert sind, weil die Sättigung in der Natur nur nach langer Bewegungs­ und Fresszeit gelingt. Für uns Menschen ist das nicht so leicht zu verstehen, da wir im Ver­gleich eher hunde­ als pferdeähnlich sind. Während wir als Allesfresser sehr nährstoff­

reiche, komprimierte, wenig voluminöse Nahrung aufnehmen und verwerten, muss das Pferd für seinen erheblich größeren Körper mit stark voluminöser, aber nähr­stoffarmer vegetarischer Nahrung auskom­men. Die menschlichen „Futterzeiten“ sind daher recht kurz und betragen nur rund ein Zwölftel der erforderlichen Fresszeit des Pferdes. Man kann sich das so vorstellen: Isst ein Mensch einen Salat (ca. 13 Kalorien), muss er viel mehr von dem Grünzeug essen, um auf die gleiche Kalorienanzahl desjeni­gen zu kommen, der eine Pizza Salami (ca. 239 Kalorien) verdrückt. Kein Wunder, dass Forscher bei den Vierbeinern davon ausge­hen, dass das Appetitzentrum dauernd aktiv ist und Pferde den Trieb spüren, fast ständig Nahrung aufnehmen zu müssen. Erst wenn genügend Futter aufgenommen worden ist, aktiviert dies das Sättigungszentrum.

Pferde sind (fast) nie satt

Wann der Hunger aufhört und das Sättigungs­gefühl einsetzt, ist bisher nicht eindeutig ge­klärt. Es wird vermutet, dass die Anzahl der Kau­ und Schluckbewegungen, die ähnlich wie ein inneres Zählwerk funktionieren, den Wechsel beeinflussen könnten. Kommt es zu einer Ermüdung der Kaumuskeln, könnte dies die Beendigung der Futteraufnahme bewir­ken. Aber diese Theorie ist nicht abschließend erforscht. Shetland­Ponys müssten demnach die Kaumuskulatur eines Hochleistungssport­lers haben. Futterpausen? Das Wort kennen die laufenden Meter auf vier Beinen nicht. Bei ihnen greift jedoch das Argument der genügsamen Primitivrassen (im Sinne von urtümlich): Bei allzu üppigem Nahrungsan­gebot übersteigt die intensive Futteraufnah­me den aktuellen Erhaltungsbedarf erheblich

oder überschreitet die gesundheitlich unbe­denkliche Grenze des Fassungsvermögens der Verdauungsorgane. Das heißt: Wenn sie dürfen, fressen Shettys alles, was ihnen vor die Nase kommt, und verwandeln sich in kleine Moppelchen. Das gilt übrigens, um die Ehre der Ponys zu retten, für alle Nord­pferderassen (z. B. Fjordpferde oder Islän­der), für Robustrassen, für an karge Standorte adaptierte Vollblutaraber und auch für viele Warmblüter. Ihre „innere Zeituhr“ ist noch auf die Nahrungsbasis ihrer ursprünglichen Heimat eingestellt mit kargem Nah­rungsangebot und wenig Fress­

pausen. Sie können also gar nichts für ihre „Gefräßigkeit“. Wie diese „innere Uhr“ exakt gesteuert wird, ist noch nicht wissenschaft­lich erklärbar, nur wie exakt sie funktioniert, weiß jeder, der morgens mal zehn Minütchen später zum Füttern erschienen ist. Das ru­fende Wiehern nach dem Motto „Jetzt aber zack, zack, du bist zu spät dran“ ist schon von weitem zu hören.

Wenn das Futter im Trog oder in der Heuraufe landet, benutzen die Vierbeiner ihre

Lippen und Schneide­

zähne zur Futteraufnahme. Wie wir Menschen zerlegen auch Pferde ihre feste Nahrung durch Kaubewegungen ihrer Kauwerkzeuge (Kiefer und Zähne), bevor diese weiter in den Magen­Darm­Trakt ge­langt. Es ist daher logisch, dass Probleme mit den Zähnen oder dem Kiefer die Nah­rungsaufnahme erheblich erschweren und damit die Verdauung stören. Eine regel­mäßige Zahnkontrolle ist daher Pflicht.

Sie gehen ja auch turnusmäßig zum Zahnarzt, auch wenn

Sie beim Essen eigent­ P

lätschernde, glucksende Ge­räusche im Pferdebauch oder kuhfladenartige Pferdeäpfel lassen Pferdebesitzer aufhor­chen. Irgendetwas stimmt mit der Verdauung nicht. Was im

Pferdebauch aber genau vor sich geht, ist nicht ersichtlich. „Das muss ich als Reiter doch gar nicht wissen. Ich habe doch einen Tierarzt. Der ist mein Experte“, mögen einige jetzt denken. Das stimmt, doch das Verdauungssystem des Pferdes haben Sie

Kraftfutter ist schlechter verdaulich als raufutter. große

Portionen hafer, Pellets und co. können sogar die Vorgänge im

Verdauungskanal stören

die schrittbewegung beim fressen wirkt sich

positiv auf die Verdauung des Pferdes aus

muss das Pferd sein raufutter aus heunetzen zupfen, nimmt es stetig kleine Portionen zu sich, was dem natürlichen fressver- halten am ehesten entspricht

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Ausreichend Raufutter ist gut für das Pferd, viel Kraftfutter dagegen schädlich. Das weiß mittlerweile jeder Reiter. Aber warum ist das so? Welchen Weg geht die Nahrung eigentlich im Inneren des Vierbeiners? Kommen Sie mit auf eine spannende Reise durch den Pferdekörper und erfahren Sie, was Sie tagtäglich beim Füttern für die Gesunderhaltung Ihres Vierbeiners tun könnenText: Inga Dora Meyer

AchterbAhn im Pferdebauch

Verdauungssystem

und nicht Ihr Tierarzt tagtäglich selbst in der Hand. Sie füttern Ihr Pferd oder geben ande­ren vor, was es zu fressen bekommt, wie viel Bewegung es hat und wie es gehalten wird. Faktoren, die die Verdauung des Pferdes be­einflussen – und zwar positiv wie negativ. Wer sich ein wenig mit den Vorgängen im Pferde­bauch auskennt, kann daher viel zur Gesund­erhaltung seines Vierbeiners beitragen. Um beispielsweise zu verstehen, warum Raufutter vor Kraftfutter gefüttert werden soll, braucht man kein Einstein zu sein. Begeben Sie sich auf eine Reise in das Innere des Pferdes. Los geht es mit der Nahrungsaufnahme.

Futtersuche und Fressen sind instinktive Bedürfnisse, die genetisch in unseren Pfer­den verankert sind, weil die Sättigung in der Natur nur nach langer Bewegungs­ und Fresszeit gelingt. Für uns Menschen ist das nicht so leicht zu verstehen, da wir im Ver­gleich eher hunde­ als pferdeähnlich sind. Während wir als Allesfresser sehr nährstoff­

reiche, komprimierte, wenig voluminöse Nahrung aufnehmen und verwerten, muss das Pferd für seinen erheblich größeren Körper mit stark voluminöser, aber nähr­stoffarmer vegetarischer Nahrung auskom­men. Die menschlichen „Futterzeiten“ sind daher recht kurz und betragen nur rund ein Zwölftel der erforderlichen Fresszeit des Pferdes. Man kann sich das so vorstellen: Isst ein Mensch einen Salat (ca. 13 Kalorien), muss er viel mehr von dem Grünzeug essen, um auf die gleiche Kalorienanzahl desjeni­gen zu kommen, der eine Pizza Salami (ca. 239 Kalorien) verdrückt. Kein Wunder, dass Forscher bei den Vierbeinern davon ausge­hen, dass das Appetitzentrum dauernd aktiv ist und Pferde den Trieb spüren, fast ständig Nahrung aufnehmen zu müssen. Erst wenn genügend Futter aufgenommen worden ist, aktiviert dies das Sättigungszentrum.

Pferde sind (fast) nie satt

Wann der Hunger aufhört und das Sättigungs­gefühl einsetzt, ist bisher nicht eindeutig ge­klärt. Es wird vermutet, dass die Anzahl der Kau­ und Schluckbewegungen, die ähnlich wie ein inneres Zählwerk funktionieren, den Wechsel beeinflussen könnten. Kommt es zu einer Ermüdung der Kaumuskeln, könnte dies die Beendigung der Futteraufnahme bewir­ken. Aber diese Theorie ist nicht abschließend erforscht. Shetland­Ponys müssten demnach die Kaumuskulatur eines Hochleistungssport­lers haben. Futterpausen? Das Wort kennen die laufenden Meter auf vier Beinen nicht. Bei ihnen greift jedoch das Argument der genügsamen Primitivrassen (im Sinne von urtümlich): Bei allzu üppigem Nahrungsan­gebot übersteigt die intensive Futteraufnah­me den aktuellen Erhaltungsbedarf erheblich

oder überschreitet die gesundheitlich unbe­denkliche Grenze des Fassungsvermögens der Verdauungsorgane. Das heißt: Wenn sie dürfen, fressen Shettys alles, was ihnen vor die Nase kommt, und verwandeln sich in kleine Moppelchen. Das gilt übrigens, um die Ehre der Ponys zu retten, für alle Nord­pferderassen (z. B. Fjordpferde oder Islän­der), für Robustrassen, für an karge Standorte adaptierte Vollblutaraber und auch für viele Warmblüter. Ihre „innere Zeituhr“ ist noch auf die Nahrungsbasis ihrer ursprünglichen Heimat eingestellt mit kargem Nah­rungsangebot und wenig Fress­

pausen. Sie können also gar nichts für ihre „Gefräßigkeit“. Wie diese „innere Uhr“ exakt gesteuert wird, ist noch nicht wissenschaft­lich erklärbar, nur wie exakt sie funktioniert, weiß jeder, der morgens mal zehn Minütchen später zum Füttern erschienen ist. Das ru­fende Wiehern nach dem Motto „Jetzt aber zack, zack, du bist zu spät dran“ ist schon von weitem zu hören.

Wenn das Futter im Trog oder in der Heuraufe landet, benutzen die Vierbeiner ihre

Lippen und Schneide­

zähne zur Futteraufnahme. Wie wir Menschen zerlegen auch Pferde ihre feste Nahrung durch Kaubewegungen ihrer Kauwerkzeuge (Kiefer und Zähne), bevor diese weiter in den Magen­Darm­Trakt ge­langt. Es ist daher logisch, dass Probleme mit den Zähnen oder dem Kiefer die Nah­rungsaufnahme erheblich erschweren und damit die Verdauung stören. Eine regel­mäßige Zahnkontrolle ist daher Pflicht.

Sie gehen ja auch turnusmäßig zum Zahnarzt, auch wenn

Sie beim Essen eigent­ P

lätschernde, glucksende Ge­räusche im Pferdebauch oder kuhfladenartige Pferdeäpfel lassen Pferdebesitzer aufhor­chen. Irgendetwas stimmt mit der Verdauung nicht. Was im

Pferdebauch aber genau vor sich geht, ist nicht ersichtlich. „Das muss ich als Reiter doch gar nicht wissen. Ich habe doch einen Tierarzt. Der ist mein Experte“, mögen einige jetzt denken. Das stimmt, doch das Verdauungssystem des Pferdes haben Sie

Kraftfutter ist schlechter verdaulich als raufutter. große

Portionen hafer, Pellets und co. können sogar die Vorgänge im

Verdauungskanal stören

die schrittbewegung beim fressen wirkt sich

positiv auf die Verdauung des Pferdes aus

muss das Pferd sein raufutter aus heunetzen zupfen, nimmt es stetig kleine Portionen zu sich, was dem natürlichen fressver- halten am ehesten entspricht

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upp

haltung

75www.mein-pferd.de05/201574 www.mein-pferd.de 06/2015

an Schulen und Büros sind Intrigen, Lästereien und Grüppchenbildung seit vielen Jahren an der tagesordnung  – obwohl Experten mit etlichen Maßnahmen dagegen angehen. Weniger bekannt ist, dass Mobbing auch vor Vereinen nicht haltmacht. Im gegenteil: gerade Reitställe sind offenbar das reinste haifisch-becken. Mein Pferd fragte bei lesern und Mobbing-Experten nach text: Julia Schay-Beneke

Harte

Lästern und ausgrenzen sind typisch für Mobbing

Mobbing iM reitstaLL

Der Aufruf war gerade erst auf unserer Facebook-Seite, da trudelten auch schon die er-sten Geschichten ein. Wir fragten die Mein Pferd-Leser nach ihren Erfahrungen mit

Mobbing, Hetzkampagnen und Lästereien in ihrem Stall – und sie hatten erschre-ckend viele Beispiele parat. Offenbar wird nicht nur hinter vorgehaltener Hand getu-schelt oder schief geguckt, wenn jemand die falsche Reithose trägt. In manchen Fällen machten die Bosheiten auch vor den Pfer-den nicht halt: Abgeschnittene Mähnen wa-ren da noch ein eher harmloses Beispiel.

Mobbing ist und bleibt ein hochaktu-elles Thema, und das nicht nur an Schulen und am Arbeitsplatz. Auch in der Freizeit werden Menschen wiederholt und regel-mäßig schikaniert, ausgegrenzt und ver-

Cornelia Z.: „Meine beste Freundin wird in ihrem Stall gemobbt. Selbst das Pferd ist dem ausgesetzt, obwohl der Stall einer Tierärztin gehört. Ich finde es traurig, dass man sich seine Freizeit sogar unter Gleichgesinnten kaputtmachen lassen muss.“

Anja K.: „Ja, das sollte mal angespro-chen werden. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Man machte sich über mich lustig, nur weil ich mir Hilfe geholt habe. Durch einen schweren Unfall

hatte ich Angst vor meinem Pony.“

Sophie L.: „Ich stand drei Monate lang in einem ganz schlimmen Stall. Was habe ich gemacht? Ignoriert. Ich habe es ein-fach ignoriert, so lange bis ich etwas anderes gefunden hatte. In dem Stall, wo wir jetzt stehen, sind wir total zufrieden.“

Sabrina N.: „Einfach ignorieren.“

Mein Pferd-Leser

erzählen ihre

Geschichten

leumdet. Denn genau das bedeutet Mobbing qua definitionem: Das Wort leitet sich vom englischen Begriff „to mob“ ab, was soviel heißt wie „pöbeln“ oder „belästigen“. Das Charakteristische ist die Wiederholung. Mobbing findet immer über einen längeren Zeitraum statt. Deswegen ist es gerade zu Beginn für die Betroffenen – mindestens eine Million Erwachsene in Deutschland plus schätzungsweise 500.000 Schüler – häu-fig schwierig, die Warnsignale zu erkennen. Ist jemand nur schlecht gelaunt oder hat er mich tatsächlich auf dem Kieker? Typische Mobbing-Merkmale sind, wenn der Betrof-fene wie Luft behandelt wird, Gerüchte über ihn verbreitet werden, er lächerlich gemacht oder bloßgestellt wird oder aus ge-meinsamen Aktionen aus-gegrenzt wird. Und das immer wieder.Lo

Gangarten

74-79 Mobbing im Stall.indd 74-75 21.04.15 11:33

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an Schulen und Büros sind Intrigen, Lästereien und Grüppchenbildung seit vielen Jahren an der tagesordnung  – obwohl Experten mit etlichen Maßnahmen dagegen angehen. Weniger bekannt ist, dass Mobbing auch vor Vereinen nicht haltmacht. Im gegenteil: gerade Reitställe sind offenbar das reinste haifisch-becken. Mein Pferd fragte bei lesern und Mobbing-Experten nach text: Julia Schay-Beneke

Harte

Lästern und ausgrenzen sind typisch für Mobbing

Mobbing iM reitstaLL

Der Aufruf war gerade erst auf unserer Facebook-Seite, da trudelten auch schon die er-sten Geschichten ein. Wir fragten die Mein Pferd-Leser nach ihren Erfahrungen mit

Mobbing, Hetzkampagnen und Lästereien in ihrem Stall – und sie hatten erschre-ckend viele Beispiele parat. Offenbar wird nicht nur hinter vorgehaltener Hand getu-schelt oder schief geguckt, wenn jemand die falsche Reithose trägt. In manchen Fällen machten die Bosheiten auch vor den Pfer-den nicht halt: Abgeschnittene Mähnen wa-ren da noch ein eher harmloses Beispiel.

Mobbing ist und bleibt ein hochaktu-elles Thema, und das nicht nur an Schulen und am Arbeitsplatz. Auch in der Freizeit werden Menschen wiederholt und regel-mäßig schikaniert, ausgegrenzt und ver-

Cornelia Z.: „Meine beste Freundin wird in ihrem Stall gemobbt. Selbst das Pferd ist dem ausgesetzt, obwohl der Stall einer Tierärztin gehört. Ich finde es traurig, dass man sich seine Freizeit sogar unter Gleichgesinnten kaputtmachen lassen muss.“

Anja K.: „Ja, das sollte mal angespro-chen werden. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Man machte sich über mich lustig, nur weil ich mir Hilfe geholt habe. Durch einen schweren Unfall

hatte ich Angst vor meinem Pony.“

Sophie L.: „Ich stand drei Monate lang in einem ganz schlimmen Stall. Was habe ich gemacht? Ignoriert. Ich habe es ein-fach ignoriert, so lange bis ich etwas anderes gefunden hatte. In dem Stall, wo wir jetzt stehen, sind wir total zufrieden.“

Sabrina N.: „Einfach ignorieren.“

Mein Pferd-Leser

erzählen ihre

Geschichten

leumdet. Denn genau das bedeutet Mobbing qua definitionem: Das Wort leitet sich vom englischen Begriff „to mob“ ab, was soviel heißt wie „pöbeln“ oder „belästigen“. Das Charakteristische ist die Wiederholung. Mobbing findet immer über einen längeren Zeitraum statt. Deswegen ist es gerade zu Beginn für die Betroffenen – mindestens eine Million Erwachsene in Deutschland plus schätzungsweise 500.000 Schüler – häu-fig schwierig, die Warnsignale zu erkennen. Ist jemand nur schlecht gelaunt oder hat er mich tatsächlich auf dem Kieker? Typische Mobbing-Merkmale sind, wenn der Betrof-fene wie Luft behandelt wird, Gerüchte über ihn verbreitet werden, er lächerlich gemacht oder bloßgestellt wird oder aus ge-meinsamen Aktionen aus-gegrenzt wird. Und das immer wieder.Lo

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drauSSen unterwegS

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Die Sonne lacht, die Natur blüht auf und die Pferde sind voller Tatendrang – jetzt ist die Zeit reif für den ersten Wanderritt. Dabei ist eine gute Vorbereitung das A und O. Auf dem Lehrwan-derritt der Deutschen Wanderreiter Akademie (DWA) lernen die Teilnehmer auf ganz besondere Weise die Ansprüche, Schönheiten und Tücken eines Wanderritts kennenText: Anna Klocke Fotos: Ilja van de Kasteele

Der Morgentau liegt wie ein sanfter Schleier auf den Ufer-wiesen. Es wird ein schöner Tag. Die Sonne blinzelt schon über die Bergkuppe. Ich brau-che nur zu denken und Haf-

linger Guilio trabt an, gallopiert und schwebt dahin. Ich spüre nicht mehr, wie er seine Füße auf den Boden setzt. Was ich spüre, ist Freiheit, die Lust am Leben, die Lust auf Abenteuer. Guilio ist ganz bei mir.

Ich bin allein auf einem fremden Pferd und in fremdem Gelände unterwegs. Das ermöglicht mir Herbert Fischer, der den DWA-Lehrwanderritt auf dem Fischerhof (Reckenthal/Montabaur) leitet. An den ers-ten beiden Tagen lernen wir Teilnehmer, wie man einen Wanderritt optimal plant und durchführt. An den letzten beiden Ta-gen dürfen wir das Gelernte selbstständig in die Tat umsetzen. Auf dem Lehrwander-ritt muss jeder seinen Weg allein finden. Es gibt nur gemeinsame Ziele: Das griechische Restaurant zum Mittagessen und die Bruch-

häuser Mühle als Über-nachtungsstation. Angst, dass ich die-

ser Aufgabe nicht gewachsen bin, habe ich nicht.

Gemeinsam durch Wanderreiten lernen

dick und dünn

Und doch bin ich mir der Herausforderung bewusst. Denn einfach mal ins Blaue losrei-ten, funktioniert meist nicht. „Je besser man einen Wanderritt plant, desto größer ist die Chance, dass der Ritt zu einem tollen, un-vergesslichen Erlebnis wird“, sagt Herbert Fischer bei der theoretischen Einführung des Lehrwanderritts.

Schon die Planung macht Spaß

Als Erstes sollten die groben Planungsfak-toren geklärt werden. Bevor Sie sich über-legen, wo und wann Sie reiten, legen Sie die Gruppenstärke fest und bestimmen Sie einen Rittführer. „Am Anfang sollte die Gruppe nicht mehr als vier Reiter umfassen und möglichst homogen sein“, rät Herbert Fischer, der Gründer und Leiter der DWA. Es ist wichtig, dass alle ähnliche Erwartungen an den Ritt haben. Das gilt auch für das täg-liche Budget und die Qualität der Unter-künfte. Wenn Sie sich dafür entscheiden, bei Bauern im Heu oder im Zelt zu übernachten und sich selbstständig zu verpflegen, wer-den Sie viel weniger Kosten haben, als wenn Sie in einer professionellen Wanderreitstati-on übernachten. Für das Zimmer, Unterbringung und Verpfle-gung der Pferde, Essen

und Trinken sollten Sie dabei etwa mit 100 Euro pro Tag und Person rechnen.

Wo Sie reiten, sollten Sie nicht nur von Ihrem persönlichen Geschmack abhängig machen, sondern auch von der Verfügbarkeit von Übernachtungsmöglichkeiten und von der Landschaft. Es ist nicht sinnvoll, gleich am Anfang einen Ritt auf eigene Faust in den Alpen zu unternehmen. „Ich empfehle immer das Reiten in einer Mittelgebirgsland-schaft, weil sie die meiste Vielfalt bietet und auch für Anfänger geeignet ist“, sagt Herbert Fischer, der zu Pferd schon in vielen Gegen-den Europas unterwegs war. Für den Anfang reichen zwei bis drei Reittage völlig aus. Am besten, Sie legen Ihren Ritt auf die Sommer-monate, denn da sind die Tage lang und die Temperaturen meist angenehm hoch.

Nun sollten Sie sich um die konkrete Weg-planung und um die Übernachtungsmög-lichkeiten kümmern. „Wenn Sie den Ritt genießen möchten, reiten Sie nicht mehr als fünf Stunden pro Tag“, empfiehlt Herbert Fischer. Im Mittelgebirge schaffen Sie etwa sechs Kilometer in einer Stunde. Am besten planen Sie Ihren Ritt anhand einer topogra-fischen Karte mit dem Maßstab 1 : 25000.

„Das ist ja schwerer als eine Matheaufga-be“, meint eine der Teilnehmerin-

nen beim

Wussten sie schon …… dass Sie im Mittelgebirge nicht viel mehr als 6 km in der Stunde schaffen?

lieber einmal zu viel als

einmal zu wenig auf die

Karte schauen. die hängt

stets griffbereit am Sattel

neben der Fußgänger-brücke ist oft eine Furt, in der Pferde den Bach queren können

die Gruppe gibt Sicherheit und angenehme Unterhaltung auf dem Wanderritt

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Die Sonne lacht, die Natur blüht auf und die Pferde sind voller Tatendrang – jetzt ist die Zeit reif für den ersten Wanderritt. Dabei ist eine gute Vorbereitung das A und O. Auf dem Lehrwan-derritt der Deutschen Wanderreiter Akademie (DWA) lernen die Teilnehmer auf ganz besondere Weise die Ansprüche, Schönheiten und Tücken eines Wanderritts kennenText: Anna Klocke Fotos: Ilja van de Kasteele

Der Morgentau liegt wie ein sanfter Schleier auf den Ufer-wiesen. Es wird ein schöner Tag. Die Sonne blinzelt schon über die Bergkuppe. Ich brau-che nur zu denken und Haf-

linger Guilio trabt an, gallopiert und schwebt dahin. Ich spüre nicht mehr, wie er seine Füße auf den Boden setzt. Was ich spüre, ist Freiheit, die Lust am Leben, die Lust auf Abenteuer. Guilio ist ganz bei mir.

Ich bin allein auf einem fremden Pferd und in fremdem Gelände unterwegs. Das ermöglicht mir Herbert Fischer, der den DWA-Lehrwanderritt auf dem Fischerhof (Reckenthal/Montabaur) leitet. An den ers-ten beiden Tagen lernen wir Teilnehmer, wie man einen Wanderritt optimal plant und durchführt. An den letzten beiden Ta-gen dürfen wir das Gelernte selbstständig in die Tat umsetzen. Auf dem Lehrwander-ritt muss jeder seinen Weg allein finden. Es gibt nur gemeinsame Ziele: Das griechische Restaurant zum Mittagessen und die Bruch-

häuser Mühle als Über-nachtungsstation. Angst, dass ich die-

ser Aufgabe nicht gewachsen bin, habe ich nicht.

Gemeinsam durch Wanderreiten lernen

dick und dünn

Und doch bin ich mir der Herausforderung bewusst. Denn einfach mal ins Blaue losrei-ten, funktioniert meist nicht. „Je besser man einen Wanderritt plant, desto größer ist die Chance, dass der Ritt zu einem tollen, un-vergesslichen Erlebnis wird“, sagt Herbert Fischer bei der theoretischen Einführung des Lehrwanderritts.

Schon die Planung macht Spaß

Als Erstes sollten die groben Planungsfak-toren geklärt werden. Bevor Sie sich über-legen, wo und wann Sie reiten, legen Sie die Gruppenstärke fest und bestimmen Sie einen Rittführer. „Am Anfang sollte die Gruppe nicht mehr als vier Reiter umfassen und möglichst homogen sein“, rät Herbert Fischer, der Gründer und Leiter der DWA. Es ist wichtig, dass alle ähnliche Erwartungen an den Ritt haben. Das gilt auch für das täg-liche Budget und die Qualität der Unter-künfte. Wenn Sie sich dafür entscheiden, bei Bauern im Heu oder im Zelt zu übernachten und sich selbstständig zu verpflegen, wer-den Sie viel weniger Kosten haben, als wenn Sie in einer professionellen Wanderreitstati-on übernachten. Für das Zimmer, Unterbringung und Verpfle-gung der Pferde, Essen

und Trinken sollten Sie dabei etwa mit 100 Euro pro Tag und Person rechnen.

Wo Sie reiten, sollten Sie nicht nur von Ihrem persönlichen Geschmack abhängig machen, sondern auch von der Verfügbarkeit von Übernachtungsmöglichkeiten und von der Landschaft. Es ist nicht sinnvoll, gleich am Anfang einen Ritt auf eigene Faust in den Alpen zu unternehmen. „Ich empfehle immer das Reiten in einer Mittelgebirgsland-schaft, weil sie die meiste Vielfalt bietet und auch für Anfänger geeignet ist“, sagt Herbert Fischer, der zu Pferd schon in vielen Gegen-den Europas unterwegs war. Für den Anfang reichen zwei bis drei Reittage völlig aus. Am besten, Sie legen Ihren Ritt auf die Sommer-monate, denn da sind die Tage lang und die Temperaturen meist angenehm hoch.

Nun sollten Sie sich um die konkrete Weg-planung und um die Übernachtungsmög-lichkeiten kümmern. „Wenn Sie den Ritt genießen möchten, reiten Sie nicht mehr als fünf Stunden pro Tag“, empfiehlt Herbert Fischer. Im Mittelgebirge schaffen Sie etwa sechs Kilometer in einer Stunde. Am besten planen Sie Ihren Ritt anhand einer topogra-fischen Karte mit dem Maßstab 1 : 25000.

„Das ist ja schwerer als eine Matheaufga-be“, meint eine der Teilnehmerin-

nen beim

Wussten sie schon …… dass Sie im Mittelgebirge nicht viel mehr als 6 km in der Stunde schaffen?

lieber einmal zu viel als

einmal zu wenig auf die

Karte schauen. die hängt

stets griffbereit am Sattel

neben der Fußgänger-brücke ist oft eine Furt, in der Pferde den Bach queren können

die Gruppe gibt Sicherheit und angenehme Unterhaltung auf dem Wanderritt

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