maria hornabcher: ich habe einen tumor, mama!
DESCRIPTION
Mit 18 Jahren haben die meisten Jugendlichen einen Führerschein gemacht, stecken mitten in einer Ausbildung und bereiten sich auf das selbstständige Leben vor. Anders war es bei Daniel Hornbacher. Mit 15 Jahren wurde bei ihm Krebs an der Hüfte festgestellt. Es folgten drei Jahre mit Höhen und Tiefen. Zwischen den vielen Krankenhausaufenthalten gab es unvergessliche Höhepunkte. Als für ihn feststand, dass sein Leben auf dieser Erde sich dem Ende neigt, war er fest davon überzeugt, dass es für ihn nach dem Tod in der Herrlichkeit bei Gott ewig weitergehen würde. Daniels Mutter erzählt in diesem Buch einfühlsam und ehrlich, wie sie diese schwere Zeit mit ihrem Sohn erlebte.TRANSCRIPT
Ich habe einen Tumor, Mama!
Fürchte dich nicht!
Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.
1. Mose 15,1
Maria Hornbacher
LEBENSQUELLE VERLAG
1. Auflage 2012
© 2012 Lebensquelle Verlag
Umschlagsbild und Bild auf Seite 36 © Universitätsklinikum
Münster, alle anderen Bilder © privat
www.lq-verlag.de
E-Mail: [email protected]
ISBN 978-3-944187-00-6
Unser großer Wunsch ist,
dass dieses Buch für unsere
Kinder und Enkelkinder,
Verwandte und Freunde
und alle Leser zum großen Segen wird
und zur Glaubenshilfe denjenigen,
die sich noch nicht für Jesus Christus
entschieden haben.
Ein herzlicher Dank gilt allen,
die zur Verwirklichung dieses Buches
beigetragen haben.
7
Vorwort
Heinrich und ich konnten unser Glück nicht fassen.
Kaum zu glauben und doch so wahr – ein Geschenk des
Himmels, unser kleiner Sohn Daniel war da. In den
frühen Morgenstunden des 30. März 1990 hielt ich be-
hutsam und glücklich ein kleines, süßes Bündel mit
schwarzen Haaren in meinen Armen.
Seine großen Geschwister Nelli (3 Jahre) und Eduard
(knapp 18 Monate) besuchten ihn im Krankenhaus,
hüpften freudig und brachten ihm ihre Lieblingsspiel-
zeuge mit, die sie ihrem kleinen Brüderchen schenkten.
Nach der Geburt nahm Heinrich zwei Wochen Urlaub
und wir genossen die Zeit zu Hause mit unseren drei
kleinen Kindern. Als Daniel acht Monate alt war, musste
ich lernen, meinem Gott zu vertrauen. Er wurde sehr
krank. Ich kniete mich nieder und mit entschiedener
Stimme betete ich zu Gott: „Herr, wenn Du dieses Kind
zu dir nehmen willst – ich bin bereit es Dir abzuge-
ben.“ Ich ahnte nicht, dass Gott mich nach 18 Jahren
8
beim Wort nehmen würde.
Gott schenkte uns dieses Kind für nur 18 Jahre, weil
er mit jedem Menschen seinen eigenen Plan hat. So sind
wir dem Herrn dankbar, dass er uns ihn für diese –
menschlich gesehen – kurze Zeit anvertraute.
Viele Geschwister, Verwandte, Freunde und Bekannte,
Lehrer und Mitschüler beteten für uns und unseren Sohn
Daniel. Daniel selbst bezeugte einmal seinem Arzt voller
Stolz, dass für ihn die halbe Welt bete! Gerade das gab
ihm in den schweren Stunden oft neuen Mut. Wir be-
danken uns hiermit herzlich für die vielen Gebete, Trost-
karten und ermutigenden Worte. Der Herr wird es euch
reichlich belohnen.
In diesem Buch möchte ich erzählen, welche Wunder
wir während Daniels Krankheitszeit erleben durften.
Vielleicht werden einige sagen, dass mit Daniel doch
kein Wunder geschehen sei, da er ja so jung sterben
musste. Wir sind fest davon überzeugt, dass es auf diesem
schweren Weg viele Wunder Gottes gab und davon
möchte ich berichten.
22
3. Kapitel
Der Herr hat gesagt:
„Ich will dich nicht verlassen noch versäumen.“
(Hebräer 13,5)
Du bist zu heiß von Ihm geliebt,
Er kann dich niemals je verlassen.
Du wirst es sehn, dass Er dir gibt
Mehr als dein Herz vermag zu fassen.
Es war im Oktober 2005. In der Johann Christoph
Blumhardt Schule wurde ein Sponsorenlauf veranstaltet.
Man ermutigte die
Kinder zum Mitmachen,
da der Erlös für den
Neubau des Gymna-
siums verwendet wer-
den sollte. Auch unsere
Kinder waren von der
Veranstaltung begeistert
und suchten eifrig nach
Sponsoren. Ich kann
mich noch gut an Daniels strahlendes Gesicht erinnern,
als er mir stolz seine Sponsorenliste zeigte.
An dem Tag, an dem der Sponsorenlauf stattfand, war
Daniel der glücklichste Junge der ganzen Klasse. Er be-
kam nämlich die Urkunde des Klassenbesten mit einer
23
gelaufenen Strecke von 8,8 km und einem erzielten
Sponsorenbetrag von 209 Euro.
Auf dieser Erde war es der letzte Lauf im Leben von
Daniel. Nach dieser großen Anstrengung bekam er einige
Tage später plötzlich Schmerzen beim Gehen. Wir dach-
ten, dass seine Schmerzen sicher bald vergehen würden.
Zwei Wochen vergingen, doch es wurde immer noch
nicht besser. Da er in einer kurzen Zeit um einiges ge-
wachsen war, dachte ich, dass seine Schmerzen womög-
lich dadurch verursacht wurden. Doch als er mir mitteil-
te, dass er wegen der Schmerzen nicht mehr in der Lage
war, am Sportunterricht teilzunehmen, vereinbarte ich
gleich einen Termin beim Orthopäden.
Nach einer Röntgenaufnahme äußerte sich der Arzt
nur kurz dazu. Er wolle sich den Befund noch genauer
anschauen. Es sollte eine kernspintomographische Unter-
suchung folgen, um die genaue Ursache der Schmerzen
festzustellen. Zu diesem Zeitpunkt war für uns das Wort
„Kernspin“ fremd und wir machten uns darüber keine
weiteren Gedanken. Schon am nächsten Tag bekamen
wir einen Termin zur Untersuchung. Im Anschluss wurde
mir eine zusammengefaltete Überweisung überreicht. Ich
steckte die Überweisung in meine Tasche, ohne einen
Blick darauf zu werfen. Gut, dass wir noch nicht wussten,
welche Nachricht auf uns in dem Briefumschlag wartete.
So konnten wir noch eine Nacht sorglos schlafen.
Am nächsten Morgen fuhren wir zur nächsten Unter-
suchung. Daniel nahm seinen Schulranzen mit, um nach
24
dem Arztbesuch gleich zur Schule fahren zu können. Ich
setzte meinen Sohn beim Arzt ab und fuhr selbst zurück
nach Hause, um meine kleine Enkelin zu babysitten,
während unsere Tochter ihre Weisheitszähne entfernen
ließ.
Ich ahnte nichts Schlimmes als ich kurz darauf einen
Anruf bekam und zum Arztgespräch bezüglich meines
Sohnes eingeladen wurde. Die Arzthelferin bat mich am
Telefon, vorsichtig zu fahren. Als ich ankam, wartete
Daniel auf mich und ich fragte ihn besorgt, was passiert
sei.
„Ich habe einen Tumor“, antwortete er ganz gelassen.
„Wie bitte?“, erwiderte ich.
„Ich habe einen Tumor, Mama!“, wiederholte er. Wir
schauten einander eine ganze Weile schweigend an. Da-
bei konnten wir die Blicke der anderen Patienten, die das
Geschehen beobachtet hatten, regelrecht spüren.
Als wir wieder zum Arzt in die Sprechstunde gebeten
wurden, sprach der Arzt nur einige wenige Sätze. Ich
hatte Schwierigkeiten ihn zu verstehen, da er sehr leise
sprach. Er teilte uns mit, dass der Tumor an Daniels
Becken sehr groß und möglicherweise bösartig sei. So-
wohl mein Sohn als auch ich konnten den Ernst der
Situation nicht ganz realisieren und wir saßen schwei-
gend und wie betäubt da. Währenddessen sprach der
Arzt weiter und empfahl uns eine Kinderklinik in Stutt-
gart – das Olga-Hospital. Er meinte, wir sollten unsere
Taschen packen und möglichst schon um drei Uhr
25
nachmittags im Hospital sein. Dort würden wir von
einem anderen Arzt bereits erwartet werden.
Zuhause angekommen, wartete unsere Tochter Nelli
voller Sorgen auf unser Kommen. Der Rest der Familie
war nicht Zuhause. Die anderen Kinder waren noch in
der Schule und mein Mann Heinrich arbeitete. Wir
packten wie mechanisch die Taschen, weil der Arzt es
angeordnet hatte und fragten uns, wie es weitergehen
würde. Wir versuchten Heinrich telefonisch zu erreichen,
doch alle Mühe war vergeblich. Er arbeitete zu diesem
Zeitpunkt in einer Leihfirma und hatte sein Handy aus-
geschaltet. Die Anweisungen des Arztes mussten befolgt
werden. Nun mussten wir Mut fassen und die Entschei-
dungen selbst treffen. Ohne den Beistand meines Man-
nes musste ich mich an das Steuer setzen und meine
Angst überwinden, in einer fremden Großstadt alleine zu
fahren. Wir hatten keine Zeit zu verlieren. So baten wir
unseren Herrn um Hilfe und machten uns auf den Weg.
Nur mit großer Mühe konnten wir das Krankenhaus
finden. Es wurden weitere Röntgenaufnahmen gemacht.
Danach wurde Daniel auf der Orthopädiestation aufge-
nommen. Während er in seinem Krankenzimmer wartete,
führte ich ein Gespräch mit dem Arzt. Er schätzte die
Größe des Tumors auf das Volumen von knapp einem
Liter und vermutete, dass es sich bei unserem Sohn um
einen Knochentumor handele. Ob er gut- oder bösartig
sei, musste erst noch durch weitere Untersuchungen
geklärt werden. Dazu müsste man für eine weitere Unter-
26
suchung eine Knochenprobe entnehmen. Die Ergebnisse
würden erst in drei bis vier Wochen bekannt gegeben.
Allmählich überwand ich den Schock und brach in Trä-
nen aus.
Draußen wurde es dunkel. Es schneite. Daniel und ich
beteten gemeinsam und ich machte mich auf den Heim-
weg. Unterwegs musste ich oft anhalten, um nach dem
Weg zu fragen. Meine Gedanken drehten sich um Daniel
und um alles, was in dieser kurzen Zeit passiert war. So
merkte ich nicht, dass ich in der gut beleuchteten Stadt-
mitte eine Zeitlang ohne Licht gefahren war, bis andere
Autofahrer mich mit Hilfe der Lichthupe darauf auf-
merksam machten. Dennoch brachte mich der Herr
wohlbehütet nach Hause, wo meine Familie voller Sor-
gen auf meine Rückkehr wartete. Zuhause bekam ich
kaum einen Satz heraus.
Nach einigen Tagen durfte Daniel für eine kurze Zeit
nach Hause kommen. Es war Weihnachten und nach
einer gesegneten Versammlung, in der die gute Botschaft
von der Geburt Jesu, unserem Erlöser, verkündigt wurde,
kam es zwischen Heinrich und Daniel zu einem Ge-
spräch. Gott öffnete das Herz unseres Sohnes und er bat
Gott um Vergebung für seine Sünden. Er erkannte, dass
er ohne Gott für ewig verloren sein würde. Die Freude in
unserer Familie war groß! Auch der Himmel freute sich
mit uns, weil sich ein Sünder zu Gott gewandt hatte,
Vergebung seiner Sünden bekam und nun das ewige
Leben in Christus hatte.
27
Die dreiwöchige Wartezeit erschien unserer Familie
beinahe unerträglich. Während diesen schweren Stunden
besuchten uns meine zwei älteren Schwestern. Eines
Abends saßen wir bis Mitternacht im Wohnzimmer. Ich
erinnere mich an die Worte meiner ältesten Schwester.
„Maria, mache nicht den gleichen Fehler, den ich
einmal gemacht habe. Bete nicht so wie ich, als mein
Sohn vor vielen Jahren im Sterben lag und ich Gott an-
flehte, Er möge mir meinen einzigen Trost im Leben
nicht wegnehmen. Gott machte meinen Sohn zwar wie-
der gesund, doch bis heute noch sucht er nicht nach
Gott und hat unserer Familie durch seinen gottlosen
Wandel sehr viel Schmerz bereitet.“
Diese Not hatte ich damals hautnah miterlebt, da ich
oft auf meinen Neffen aufpasste. Wegen dieser Erfahrung
betete ich unter Schmerzen: „Herr, dein Wille geschehe!“
Daraufhin erzählte ich meinen Schwestern wie ich vor
vielen Jahren den damals erst acht Monate alten Daniel
Gott anvertraute. Er litt an starken Hustenanfällen, die
beinahe zum Ersticken führten. Die Ärzte konnten da-
mals weder eine Diagnose feststellen, noch helfen.
Als ich damals mit den Kindern alleine Zuhause war,
bekam Daniel wieder einen starken Hustenanfall, sodass
sein Gesicht blau anlief. Mit Gottes Hilfe überlebte er
und konnte sich davon erholen. Doch nach diesem Er-
eignis kam mir der Gedanke, dass der Herr unseren Sohn
vielleicht zu sich nehmen möchte. Dieser Gedanke gab
mir eine ganze Weile keine Ruhe, bis ich mich nieder-
28
beugte und mit entschiedener Stimme zu Gott betete:
„Herr, wenn du dieses Kind zu Dir nehmen willst – ich
bin bereit es dir abzugeben.“
Als Heinrich später nach Hause kam, erzählte ich ihm
von meinen inneren Kämpfen und von meinem Vertrau-
en zu Gott. Er wunderte sich über mein Gebet und ich
eigentlich auch.
Von diesem Tag an durften wir jedoch erleben, dass es
unserem Sohn immer besser ging und bald wurde Daniel
ganz gesund. Ich habe damals mein krankes Kind mei-
nem Gott anvertraut. Er schenkte es uns völlig gesund
zurück. Mit Staunen konnten wir beobachten, dass Da-
niel von allen unseren Kindern bis zum Sponsorenlauf
im Oktober 2005 das gesündeste war.
Einen Tag nach meinem 41. Geburtstag kam der lang
erwartete und doch so gefürchtete Anruf mit der Dia-
gnose: Osteosarkom im linken Becken – Knochenkrebs.
Als Daniel diese entmutigende Nachricht hörte, ver-
stummte er und saß mit gesenktem Kopf da. Was in
diesen Minuten in seinem Kopf vor sich ging, weiß nur
Gott allein.
Wir versammelten die ganze Familie, knieten gemein-
sam vor unserem Schöpfer zum Gebet nieder, um Hilfe
und Trost von Ihm zu bekommen. Unser Gebet war, dass
Gott unseren lieben Sohn durch diese schwere Krankheit
durchtragen und ihm beistehen möge. Von diesem Tag
an wurde Daniel von Gott auf eine harte Probe gestellt.
Gott würde ihn lehren, was Vertrauen auf Gott wirklich
29
bedeutet. Ein langer und schmerzvoller Weg stand noch
bevor, den Gott für unseren 15-jährigen Sohn vorbereitet
hatte. Dieser Weg war wohl nötig, um Daniel für die
Ewigkeit vorzubereiten, denn das ewige Leben ist von
einer viel größeren Bedeutung als unser irdisches Glück.
Dieses Mal bereiteten wir uns bewusst auf die bevor-
stehende Zeit vor. Wir packten die Taschen und machten
uns auf den Weg ins Olga-Hospital. Während der knapp
einstündigen Fahrt, war Daniel recht gesprächig, als ob
nichts gewesen wäre.
Im Olga-Hospital angekommen, meldeten wir uns in
der Ambulanz und wurden zur onkologischen Station K1
begleitet, auf der Krebspatienten betreut werden. An der
Eingangstür zur Station musste eine Geheimzahl einge-
geben werden und die Tür öffnete sich automatisch. Als
wir durch die Tür gingen, hielt ich den Atem an und mir
schoss plötzlich der Gedanke durch den Kopf, dass das
wohl die Station sein müsse, auf der Kinder sterben.
Auf den ersten Blick schien die Atmosphäre im Flur
jedoch ganz angenehm zu sein. Einige Kinder spielten
fröhlich mit ihren Bobby-Cars. Andere waren im Kin-
derzimmer mit Basteln beschäftigt.
Im Aufnahmezimmer wurden Daniel sehr viele Fragen
gestellt, während ich daneben saß und meine Gedanken
hauptsächlich um die Zukunft meines Kindes kreisten.
Mit einem Ohr vernahm ich, wie begeistert Daniel von
seinem kürzlich durchgeführten Praktikum in einer Me-
tallfirma erzählte. Allmählich zeigte die friedliche Atmo-
30
sphäre ihre Wirkung auf mich und ich wurde ruhiger.
Am folgenden Tag nahm Heinrich einen Urlaubstag,
sodass wir gemeinsam zu Daniel fahren konnten. Wir
standen vor vielen wichtigen Entscheidungen. Uns wur-
den die Einzelheiten des Krankheitsverlaufes geschildert.
Wir erfuhren das Osteosarkom ein maligner, d. h. ein
fortschreitend zerstörerisch wirkender und schnell wach-
sender Tumor sei, mit der Neigung, Metastasen vorwie-
gend in der Lunge zu bilden. Die Ärzte rieten uns, Da-
niel einen Venenkatheter legen zu lassen. Dieser Katheter
wird in die Brust gelegt und führt bis in die Halsschlag-
ader, wo er festgenäht wird. Die vorgesehene Chemothe-
rapie kann dann in Form von Infusionen über diesen
Katheter erfolgen. Der Venenkatheter hat zwei Schenkel,
über den einen laufen die Medikamente, über den ande-
ren kann Blut entnommen werden. Daniel erhielt einen
Chemotherapie-Plan und sein OP-Termin wurde auf den
12. April 2006 festgelegt.
„Unter Chemotherapie versteht man die Behandlung
bösartiger Tumore mit dem Medikament Zytostatikum“,
setzte der Arzt fort.
Durch die verschiedenen Zytostatika wird das Zell-
wachstum gehemmt und Zellen werden zerstört. Dabei
werden auch gesunde Zellen angegriffen. Das hat un-
erwünschte Nebenwirkungen, wie zum Beispiel Haaraus-
fall, Infektneigung wegen verminderter Leukozyten,
Anämie, Blutungsneigung, Hörstörungen, Nerven-
schmerzen, Darmträgheit, Blasenentzündung, Übelkeit,
31
Erbrechen, Herzmuskelschwäche. Einige Nebenwirkun-
gen könnten bleibende Schäden zur Folge haben, wie
Nierenschäden, Herzmuskelschwäche oder Hörstörun-
gen. Selbst Jahre nach Beendigung der Chemotherapie
können noch Spätfolgen auftreten. Die Behandlungs-
intervalle würden sich voraussichtlich über einen Zeit-
raum von neun Monaten erstrecken. Daniel konnte die
Schule wegen der bevorstehenden Behandlung nicht
mehr besuchen. Wir durften unsere Sorgen vor Gott
bringen und wollten unser Vertrauen ganz auf ihn setzen.
Als wir an diesem Tag auf dem Heimweg waren, sagte
ich zu Heinrich: „Es kommt mir alles wie ein böser
Traum vor, den ich abschütteln will. Doch das ist an-
scheinend unmöglich. Wir müssen diese Tatsache aus der
Hand Gottes geduldig annehmen und akzeptieren.“
„Der Herr führt uns auf unserem Pilgerweg nicht nur
durch gute, sondern auch durch schwere Tage. Der Weg
zur Herrlichkeit ist ein schwerer Weg, den Jesus am
Kreuz vor uns auch schon gegangen ist. Wir folgen Ihm
nach. In diesen dunklen Stunden wollen wir an Gottes
Verheißung festhalten: Ich werde euch nicht verlassen“,
antwortete mir mein Mann.
Diese Worte ermutigten mich und ich tröstete mich
mit der Gewissheit, dass das Leben unseres Sohnes in der
Hand Gottes lag. Obwohl diese Situation für unsere
ganze Familie sehr bedrückend war, tröstete und stärkte
unser himmlischer Vater jeden von uns.
Auf der onkologischen Station habe ich eine gläubige
32
Frau kennen gelernt, die eine an Leukämie erkrankte
Tochter hatte. Sie schenkte Daniel das weit verbreitete
Gedicht eines unbekannten Soldaten mit dem Titel „Ich
bat um Stärke“.
Ich bat um Stärke,
aber er machte mich schwach,
damit ich Bescheidenheit
und Demut lernte.
Ich erbat seine Hilfe,
um große Taten zu vollbringen,
aber er machte mich kleinmütig,
damit ich gute Taten vollbrächte.
Ich bat um Reichtum,
um glücklich zu werden.
Er machte mich arm,
damit ich weise würde.
Ich bat um alle Dinge,
damit ich das Leben genießen könne.
Er gab mir das Leben,
damit ich alle Dinge genießen könne.
Ich erhielt nichts von dem,
ich erbat - aber alles,
was gut für mich war.
Gegen mich selbst
wurden meine Gebete erhört.
Ich bin unter allen Menschen
ein gesegneter Mensch.
33
Nachdem Daniel dieses Gedicht gelesen hatte, sagte er
nachdenklich: „Ja, auch ich dachte, dass ich gesund und
stark durch dieses Leben gehen werde, doch jetzt bin ich
an einer so schrecklichen Krankheit erkrankt.“
Nach einem Gespräch mit dem Glaubensbruder Juri,
wurde Daniel dazu ermutigt, sein Leben mit den Worten
„Herr, dein Wille geschehe!“ ganz Gott anzuvertrauen.
Am 13. Januar 2006 fand die erste Chemotherapie
statt. Diese hatte Daniel gut vertragen und obwohl ihm
immer mehr Haare ausfielen, machte ihm das nicht viel
aus und er war schon darauf gespannt wie er wohl mit
einer Glatze aussehen würde.
Nach der ersten Chemotherapie durfte unser Sohn für
eine Weile nach Hause kommen. Meinem Mann und
mir ist damals aufgefallen, welche unterschiedliche Rich-
tungen die Lebenswege unserer beiden Söhne, die bisher
34
immer unzertrennlich waren, eingeschlagen hatten. Edu-
ard hatte eine Ausbildung angefangen. Daniel jedoch war
schwer krank.
Durch die vielen Nebenwirkungen der weiteren Che-
motherapien, wurde es für Daniel und Eduard immer
schwerer ein Zimmer zu teilen. Zu dem Zeitpunkt lebten
wir in einem kleinen Haus und fingen an, uns Sorgen zu
machen, wie wir dieses Problem am besten lösen könn-
ten. Doch schon nach kurzer Zeit erfuhren wir, dass
unser Mietvertrag gekündigt wurde, da der Besitzer das
Haus nun selbst bewohnen wollte. Mit Gottes Hilfe
fanden wir ein größeres Haus und konnten Daniel ein
gemütlicheres Einzelzimmer bieten, das vom Sonnenlicht
gut durchflutet wurde.