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E ¨ K S Limit Texas Hold’em - Einführung in Konzepte menschlicher Strategie Hendrik Schaer .@.- . Oliver Uwira .@.- . Abstract In folgendem Artikel wollen wir versuchen einen einleitenden Überblick über menschliche Strate- gien zu geben. Wir definieren zunächst fundamentale Grundlagen, wie bspw. Odds und Outs, die für das Spielver- ständnis von großer Wichtigkeit sind. Anschließend konzentrieren wir uns auf die Preflop-Phase und stellen dort mit dem Prinzip der Pot Equity ein Konzept vor, mit dem man seine Starthände nahezu optimal bewerten und spielen kann, was für die späteren Straßen eine solide Basis bie- tet. Danach betrachten wir ansatzweise die verschiedenen Straßen im Texas Hold’em, nämlich den Flop, den Turn und den River und geben beim Riverplay Denkanstöße, wie man hier zu einer Ent- scheidung kommen kann. Im abschließenden Teil stellen wir dann noch Deception (Täuschung) als wichtige Komponente korrekten Spiels vor. Hier werden Blung, Slow Play und Semi-Blung betrachtet. Im Anhang findet sich eine kurze Einleitung zu Techniken des Hand Reading sowie ein Glossar der in dieser Arbeit verwendeten Begrie des Pokerjargons. 1

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E K S

Limit Texas Hold’em - Einführung in Konzepte menschlicher Strategie

Hendrik Schaffer [email protected].

Oliver Uwira [email protected].

AbstractIn folgendem Artikel wollen wir versuchen einen einleitenden Überblick über menschliche Strate-gien zu geben.

Wir definieren zunächst fundamentale Grundlagen, wie bspw. Odds und Outs, die für das Spielver-ständnis von großer Wichtigkeit sind. Anschließend konzentrieren wir uns auf die Preflop-Phaseund stellen dort mit dem Prinzip der Pot Equity ein Konzept vor, mit dem man seine Starthändenahezu optimal bewerten und spielen kann, was für die späteren Straßen eine solide Basis bie-tet. Danach betrachten wir ansatzweise die verschiedenen Straßen im Texas Hold’em, nämlich denFlop, den Turn und den River und geben beim Riverplay Denkanstöße, wie man hier zu einer Ent-scheidung kommen kann.

Im abschließenden Teil stellen wir dann noch Deception (Täuschung) als wichtige Komponentekorrekten Spiels vor. Hier werden Bluffing, Slow Play und Semi-Bluffing betrachtet.

Im Anhang findet sich eine kurze Einleitung zu Techniken des Hand Reading sowie ein Glossar derin dieser Arbeit verwendeten Begriffe des Pokerjargons.

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1. Allgemeine Grundlagen

1.1 Expected Value

Der Erwartungswert (Expected Value) dient uns auch im Pokern als Grundlage für unsere Ent-scheidungen. Wir wählen dementsprechend immer die Strategie, die unseren Erwartungswert maxi-miert.

Als Beispiel, wie der Erwartungswert unsere Entscheidung bestimmt, nehmen wir folgendes Spielan. Spieler A setzt $1 und würfelt einmal mit einem fairen Würfel. Würfelt er ein 5 oder 6, so ge-winnt er $5, ansonsten verliert er seinen Einsatz. Sollte er dieses Spiel spielen?

Der Erwartungswert des Spielers ist EV = (−$1) ∗ 46 + $5 ∗ 2

6 = 1.

Das Gesetz der großen Zahlen garantiert Spieler A, dass unser Gewinn gegen $1 pro Spiel kon-vergiert, je öfter wir dieses Spiel spielen. Spieler A sollte dieses Spiel also spielen, auch wenn eraufgrund der Varianz zunächst sogar in Minus kommen könnte. Gewinn oder Verlust eines einzelnenSpiels haben keinen Einfluss auf den langfristen Vorteil, den Spieler A durch Spielen dieses Spielserhält.

1.2 The Fundamental Theory of Poker

Poker ist, wie alle Kartenspiele, ein Spiel mit unvollkommener Information. Solche Spiele unter-scheiden sich dadurch grundlegend von Spielen mit vollkommener Information wie bspw. Schachoder Dame, in denen die Aktionen der Gegner sichtbar sind, wodurch sich eine optimale Strategiebestimmen lässt.

Würden in einer Pokerhand nun die Karten der Spieler offenliegen, so ließe sich eine mathema-tisch optimale Strategie für jeden der Spieler bestimmen. Wiche ein Spieler von dieser Strategie ab,würde sich sein Erwartungswert reduzieren und gleichzeitig der Erwartungswert der Gegner steigen.

Auf Grundlage dieser Beobachtung formulierte David Sklansky in [Sklansky99] einen Fundamen-talsatz des Pokers:

The Fundamental Theorem of Poker Wann immer ein Spieler eine Hand unterschiedlich vonder Art und Weise spielt, wie er sie bei Ansicht der Karten aller Spieler spielen würde, gewinnendie Gegner; und wann immer ein Spieler eine Hand auf die gleiche Art und Weise spielt, wie er siebei Ansicht der Karten aller Spieler spielen würde, verlieren die Gegner.

Umgekehrt, wann immer die Gegner ihre Hände unterschiedlich von der Art und Weise spielen, wiesie sie bei Ansicht der Karten des Spielers spielen würden, gewinnt der Spieler; und wann immerdie Gegner ihre Hände auf die gleich Art und Weise spielen, wie sie sie bei Ansicht der Karten desSpielers spielen würden, verliert der Spieler.

Unter Gewinnen und Verlieren ist hierbei eine Veränderung des Erwartungswertes zu verstehen.Das Gewinnen oder Verlieren einzelner Hände spielt, wie im Abschnitt Expected Value erläutert,

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für die Beurteilung einer Strategie keine Rolle. Die Maximierung des Erwartungswertes ist daseinzig relevante Kriterium.

1.3 Odds und Outs

Draws oder Drawing Hands sind unvollständige Hände und benötigen ”Hilfe”, um die Hand gewin-nen zu können. Die zentrale Fragestellung ist also, wann man seine Draws profitabel spielen kann.

Diese Frage lässt sich durch das mathematische Konzept der Odds & Outs beantworten.

• Als Outs bezeichnen wir alle Karten, die unsere Hand verbessern

• Die Odds geben an, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass man eines seiner Outs trifft

Sie lassen sich nach folgender Formel berechnen: Odds =nichthil f reicheKarten

hil f reicheKarten

• Pot Odds beschreiben das Verhältnis von möglichen Gewinn zu zu zahlendem Einsatz.

Sie berechnen sich als: Pot Odds =moeglicherGewinnzuzahlenderEinsatz

• Vergleich von Pot Odds und Odds führt zu einer Entscheidung:

– wenn Pot Odds < Odds, dann Fold

– wenn Pot Odds >= Odds, dann ist ein Call profitabel(in speziellen Situationen kannman auch raisen)

Beispiel: Wir haben 3♣ 2♥ (32 ”offsuit”) auf einem Board von K♠ 4♣ 5♦ (ein ”Rainbow-Board”).Jedes der vier Asse und jede der vier Sechsen gibt uns eine Straße, so dass wir hier insgesamt achtOuts haben.

Unsere Odds sind 398 = 4, 87

Angenommen der Pot würde am Flop 5 SB betragen und unser Gegner bettet 1 SB. Dann befindensich im Pot insgesamt 6 SB und wir müssten einen SB zahlen um zu callen. Wir bekommen fürunseren Call also Pot Odds von 6:1. Da wir aber Odds von ca. 1:5 haben, ist hier ein Call für unsprofitabel: in fünf Fällen verlieren wir $1 und in einem Fall gewinnen wir $6.Im Anhang findet ihr eine Tabelle, in der die Odds und Outs zusammengefasst sind.

1.3.1 D O

Nicht jedes unserer Outs kann immer als volles Out gezählt werden. Oft müssen wir einzelne Outsabziehen(discounten), da manche unserer Outs dem Gegner eine Hand geben, die unsere schlägt.

Hierzu wieder ein Beispiel: Wir haben wieder 3♣ 2♥ , aber diesmal auf einem Two-Flush-Boardvon K♠ 4♣ 5♠ . Jetzt können wir uns nicht die ganzen 8 Outs geben, da es die Möglichkeit gibt, dasseiner unser Gegner ein Flush-Draw hält und ihm zwei unserer Outs einen Flush geben, der unsereStraße schlägt. Wir können uns hier also effektiv nur sechs Outs geben!

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Hieran erkennt man, dass es fundamental wichtig ist, seine Outs enstsprechend zu discounten, dawir sonst Draws spielen, die auf lange Sicht einen negativen Erwartungswert haben.

1.3.2 I O

Implied Odds berücksichtigen, dass man auf späteren Straßen oft noch zusätzliche Bets gewinnt,die dazu führen können, dass man auch ohne die benötigten Pot Odds noch einen profitablen Callhat.

Nehmen wir beispielsweise an, dass wir mit einem Flush-Draw am Flop sind und unser Gegnereine starke Hand hat, die aber gegen unseren Flush verlieren würde. Da der Gegner sich nichthundertprozentig sicher sein kann, dass wir auch wirklich einen Flush-Draw haben, wird er aucham River oft noch eine Bet callen, selbst wenn der Flush angekommen ist, so dass wir auf hier nocheine zusätzliche Bet gewinnen.

1.4 Position

Die Position (in der Betreihenfolge) ist ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir beim Treffen einerEntscheidung berücksichtigen müssen. Zunächst sei gesagt, dass es immer von Vorteil ist, wenn wirPostition auf einen Gegner haben, also nach ihm agieren können, da wir diesem Gegner gegenübereinen Informationsvorsprung haben. Das spiegelt sich beispielsweise auch darin wieder, dass wirpreflop in späten Posittionen wesentlich mehr Hände spielen können, als in einer frühen Position.

Andererseits sind manche Spielweise nur in bestimmten Situationen überhaupt möglich, wie zumBeispiel das Check-Raise, welches nur möglich ist, wenn wir out of Position sind.

Folgende Abbildung zeigt die verschiedenen Positionen einem Zehnertisch sowie deren Kurzbe-zeichnungen, die wir im folgenden häufiger verwenden werden: SB = Small Blind, BB = Big Blind,EP = Early Position, MP = Middle Position, LP = Late Position, BU = Button.

Abbildung 1: Chart: Position an einem Zehnertisch

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2. Spielertypen

Wir unterscheiden beim Pokern grob vier Spielertypen:

• Die Calling Station:

Die Calling Station stellt unseren liebsten Gegner dar. Sie spielt preflop in der Regel sehrloose (d.h. sie geht mit zu vielen Händen mit) und callt oft gegen ihre Odds, also auf min-derwertigen Draws. Außerdem spielt sie sehr passiv und versäumt es, aus ihren Händen dasMaximum an Value herauszuholen.

Gegen eine Calling Station erhöhen wir unseren Gewinn, wenn wir mit mehr Händen fürvalue-betten. Stoßen wir auf Widerstand, so können wir uns weiterhin oft sicher sein, gegeneine sehr starke Hand zu spielen und haben für unsere schlechteren Hände einen einfachenFold.

• Der Loose-Aggressive Spieler (LAG):

Der LAG spielt wie die Calling Station auch preflop sehr viele Hände. Allerdings ist einLAG sehr viel aggressiver und er versucht oft durch Raises und Bets den Pot zu stehlen.

Auch hier haben wir die Möglichkeit, mit einer etwas größeren Range unserer Hände fürValue zu betten, wenngleich der LAG oft versucht trickreich zu spielen. Der Extremfall dasLAGs ist der Maniac, der praktisch mit jeder Hand raist und dadurch versucht, seine Gegneraus dem Pot zu treiben.

• Der Rock:

Der Rock ist das genaue Gegenstück zum Maniac. Er spielt preflop extrem tight, also nurdie besten Starthände. Wenn der Rock im Spiel ist, dann können wir also von einer sehr star-ken Hand ausgehen. Ein Schwachpunkt des Rocks ist es jedoch, dass er teilweise ängstlichund mit seinen starken Händen ziemlich gradlinig spielt, so dass wir einerseits unsere schwä-cheren Hände wieder relativ leicht folden können und andererseits versuchen können Pots zustehlen, in denen wir beide nichts getroffen haben, da er solche Hände in den allermeistenfällen foldet. Weiterhin sollten wir die Möglichkeit nutzen und versuchen häufig seine Blindszu stehlen.

• Der Tight-Aggressive Spieler (TAG):

Der TAG repräsentiert den Gegnertyp, dem wir selbst am nächsten kommen und kann deshalbin gewisser Weise als unser Angstgegner angesehen werden. Er spielt preflop relativ tight, al-so nur ausgewählte Starthände. Ist er im Pot, müssen wir immer aufpassen, da er ziemilchaggressiv und trickreich spielt und wir oft nicht mit Gewissheit sagen können, welche Handunser Gegner hält.

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3. Spielphasen

3.1 Pre-Flop

3.1.1 F P: P E

Die Pot Equity ist ein prozentualer Wert, der die Gewinnchance unser Hand relativ zu den Händenunserer Gegner angibt (vorausgesetzt, dass alle bis zum Showdown gehen).

Hierzu ein Beispiel:

• mit AQo haben wir gegen zwei zufällige Hände eine Equity von ca. 46%.Angenommen, wir raisen vor dem Flop Small Blind sowie Big Blind callen unser Raise. Dannsind insgesamt 6 Small Bets (SB) im Pot. Laut unserer Equity gehören uns davon 46% oder2,76 SB. Da wir selbst aber nur 2 SB bezahlt haben, haben wir durch das Raise somit 0,76SB ”gewonnen”.

Zunächst einmal ist das nur ein theoretischer Wert, da die Hand hier ja noch nicht zu Ende ist. Durchschlechtes Spiel, können wir von unserer Equity wieder viel verlieren. Jedoch zeigen Simulationen,dass sich dieser Equityvorteil bei angemessenem Spiel letztendlich in einem höheren Erwartungs-wert, die Hand auch zu gewinnen, niederschlägt!

⇒ Equityvorteil Preflop durch Raise maximal nutzen!

Wir haben zunächst immer dann einen Equityvorteil, wenn die Equity unserer Hand höher ist alsdie Durchschnittsequity, die sich aus 1

AnzahlderS pieler ∗ 100% ergibt.

• Bei einem Spieler der vor uns eingestiegen ist, liegt die durchschnittliche Equity also bei12 ∗ 100% = 50%, bei zwei vor uns eingestiegenen Gegnern bei 33%, usw.

Um dieses Wissen nun für unser Preflopspiel nutzen zu können, müssen wir zunächst zwei Fragenklären:

1. Was passiert im Durchschnitt nach mir? (Wieviele Gegner sind noch dran? Wie groß ist dieWahrscheinlichkeit für eine besser Hand?)

2. Was ist vor mir passiert? (Wieviele Spieler sind schon in den Pot eingestiegen? Was sind dasfür Gegner? Welche Hände spielen sie normalerweise?)

Um die erste Frage beantworten zu können schauen wir, wieviele Gegner nach uns noch dran sindund berechnen die Equity unserer Hand gegen diese Anzahl an zufälligen Händen. Daraus abgeleitetergibt sich eine Hand Range abhängig von der Gegneranzahl hinter uns, mit der wir raisen sollten,wenn vor uns noch kein Gegner in den Pot eingestiegen ist.

In der Tabelle „Open Raising Chart“, die ihr im Anhang findet haben wir diese Ranges zusammen-gefasst. In Abhängigkeit von unserer Position open-raisen wir mit jeder dort eingetragenen (oderbesseren) Hand!

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Um die zweite Frage beantworten zu können, müssen wir uns auch wieder zwei Fragen stellen:

1. Hat unsere Hand einen Equityvorteil gegen die Gegner hinter mir?⇒wir haben immer dann einen Equityvorteil gegen die Gegner hinter uns, wenn unsere Handim ORC aufgelistet ist.

2. Hat meine Hand einen Equityvorteil gegen die Gegner vor mir?⇒ sehr komplexe Frage, da sie von unseren Gegner und deren Hand Ranges abhängt. Wirmüssen also versuchen die Hand Ranges der Gegner abzuschätzen und berechnen dann unsereEquity gegen diese Range

Dazu zwei Beispiele:

• Ein Gegner mit einem PFR von 10% raist in MP2. Wir sind in MP3.Mit welchen Händen sollten wir hier raisen, callen oder folden?

Dazu schätzen wir jetzt die Hand Range dieses Gegners ab: in MP1 wird dieser Gegner un-gefähr 8% (die -2% wegen der ”schlechten” Position) seiner Hände raisen⇒ das ergibt eine Range von: 88+, ATs+,KTs+,OJs+,AJo+

Haben wir seine Range bestimmt, schauen wir, mit welchen Händen wir eine Equity vonmindestens 50% haben.

– TT (53%)

– AKo (57%)

– AQs (50%)

Das heißt also, dass wir mit allen Händen TT+,AKo+ und AQs+ gegen diesen Gegner 3-betten und die restlichen Hände folden.Wir callen mit KEINER Hand!

• Ein Gegner der im Schnit 30% seiner Hände callt und mit 10% dieser Hände raist, callt voruns in MP2. Wir sitzen wieder in MP3 und fragen, mit welchen Händen wir raisen, callenoder folden sollen?

Wir ermitteln seine Range für die 30%, ziehen davon aber die oberen 8% der Hände ab,da er mit diesen geraist hätte.⇒ daraus ergibt sich seine Range hier mit: 88-55,A9s-A2s,K9s-K5s,Q7s+,J8s+,T8s+,98s,ATo-A7o,A5o,K9o+,Q9o+,J9o+,T9o

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Schauen wir jetzt wieder, mit welchen Händen wir eine Equity von mindestens 50% haben:

– 55 (51%)

– A7o (52%)

– KTo (53%)

– QJo (50%)

– A2s (51%)

– K9s (51%)

– QTs (50%)

Überprüfen wir jetzt noch, welche von diesen Händen auch im Open Raising Chart eingetra-gen sind, stellen wir fest, dass wir mit folgenden Händen gegen diesen Gegner raisen sollten:55+,A9o+,KJo+,QJo+,A6s+,K9s+,QTs+

3.1.2 F E P

Laut dem Prinzip der Pot Equity und den oben angestellten Überlegungen sollten wir gegen eineneinzelnen Raiser vor uns nur mit Händen 3-betten, die im Open Raising Chart aufgelistet sind unddie eine Equity von mindestens 50% gegen seine Hand-Range haben.

Allerdings können wir in der Regel diese 50%-Anforderung etwas nach unten korrigieren. Dafürgibt es zwei Gründe: Erstens haben wir Position auf den Gegner und zweitens bringen wir durcheine 3-Bet oft beide Blinds zum Folden und haben somit ”Dead Money” im Pot, das sich auf unsund den Gegner verteilt. Berücksichtigt man diese Faktoren so ergibt sich, dass man gegen einenLoose-Aggressive-Gegner (nur) mindestens 48% Equity und gegen typischen Gegner sogar nur 46%Equity benötigt um profitabel raisen zu können.

3.1.3 3-B O R

Stellen wir uns folgende typische Situation vor: Vor uns raist ein Gegner und wir müssen uns ent-scheiden, ob wir 3-betten oder folden sollen. Wir haben noch keine bzw. nur sehr wenig Informa-tionen über diesen Gegner. Wie sollen wir uns jetzt verhalten?

Wir nehmen an, der Gegner würde genauso wie wir nach obigen Überlegungen spielen. Dann kön-nen wir wieder ausrechnen, mit welchen Händen wir gegen seinen Raise 3-betten können. In derTabelle: „ORC 3-betting“, die ihr im Anhang findet, sind alle Hände eingetragen, mit denen wirnach einem Raise 3-betten sollten. Hier bedeutend die Spalten MP2, MP3 usw. die Position aus derdas Raise kam. Es ist also egal wo wir sitzen, es kommt nur darauf an, aus welcher Position derRaise kam.

3.1.4 C G

Wenn vor uns exakt ein Gegner gecallt oder geraist hat, so ist es fast nie korrekt, nur zu callen.Entweder wir raisen oder folden (so wie wir es nach obigem Equityprinzip berechnet haben)

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Haben vor uns zwei oder mehr Gegner nur gecallt, raisen wir wieder alle Hände, die nach demEquityprinzip einen Vorteil haben. Zusätzlich können wir aber hier noch mit bestimmten Händenmit guten Implied Odds nur callen. Hierzu zählen vor allem mittlere und kleine Paare und die stärke-ren Suited Connectors wie T9s und 98s. Allerdings kommt es an Sechsertischen nicht oft zu solchenSituationen!

In extrem seltenen Fällen sollte man auch gegen ein Raise und mehrere Caller vor uns nur callen.Dies kommt gelegentlich mit einem Pocket Pair in Betracht.

Z.B. haben wir 66 in Late Position und vor uns sind 3 Caller und ein Raiser. Hier können wir die 2Bets callen. (Für ein Reraise ist unsere Hand definitiv zu schwach, aber aufgrund der vielen Gegnerund der guten Implied Odds ist ein Call profitabel)

3.1.5 K S B

Das Equityprinzip ist fundamental und gilt somit auch für die Blinds. Jede Hand mit einem Equity-vorteil wird nach wie vor geraist oder gereraist.

Es gibt allerdings Fälle, in denen wir Hände spielen können, die wir auf einer Non-Blind-Positionnicht hätten spielen können, da wir bereits einen gewissen Grundeinsatz (die Blinds) investiert ha-ben. Damit werden natürlich sowohl Calls als auch Raises für uns günstiger, als sie es eigentlichwären. Dies hat allgemein zur Folge, dass wir in den Blinds häufig auch Hände spielen können, dieweniger als die durchschnittliche Equity haben.

Wie tief können wir dann mit unseren Equityanforderungen nach unten gehen, damit eine Handnoch profitabel ist?

• Callen im BB gegen Raises

– Wir raisen wieder alle Hände, mit denen wir einen Equityvorteil gegen die Ranges derGegner haben

– Mit den Händen, die für einen Raise zu schwach sind, deren Equity aber mindestens70% der durchschnittlichen Equity beträgt callen wir nur.

Im Heads-Up ist die durchschnittlichen Equity zum Beispiel 50%. 70% davon sind also35%. Das bedeutet, wenn wir im BB sitzen, der Button raist und der Small Blind foldet,eine Hand mit mindestens 35% Equity gegen die Range des Gegners braucht.

• Loose Isolation 3-Bets aus dem SB (Small Blind Defense)

Hier raisen wir wieder mit allen Händen aus dem Open Raising Chart

• Completen im Small Blind nach Callern vor uns

– Wir completen im Small Blind mit allen Händen, mit denen wir auch am Button nurgecallt hätten. Zudem completen wir mit den Händen, deren Equity mindestens 70%der durchschnittlichen Equity beträgt (z. B. mit T6s nach 2 tighten Callern vor uns).

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– Falls der Small Blind 23 einer Small Bet beträgt, completen wir mit allen Händen, die wir

auch am Button gecallt hätten und zudem mit solchen Hände, deren Equity mindestens50% der Durchschnitts-Equity beträgt.

– Falls der Small Blind 13 einer Small Bet beträgt, completen wir mit allen Händen, die

wir auch am Button gecallt hätten.

• Small Blind vs. Big Blind

– Gegen einen typischen, aggressiven Gegner gilt hier nach wie vor: Raise oder Fold. Dasheißt wir raisen mit allen Händen aus dem Open Raising Chart.

– Gegen einen passiven Gegner ist das Completen im Small Blind oft eine sehr gute Opti-on. Ein passiver Gegner raist uns hier selten. Falls wir geraist werden, dann können wirsogar oft folden (immer dann, wenn unsere Equity gegen seine Raise Range kleiner als35% ist). Wenn er nur checkt und es zum Flop kommt, dann betten wir JEDEN Flop!

3.2 Flop

Das Aufdecken des Flops ist grundsätzlich der prägende Moment in einer Hold’em-Hand. Durchdie drei weiteren Karten, die den Spielern jetzt zusätzlich zu ihren zwei eigenen Karten zur Verfü-gung stehen, sind nun auch stärkerer Hände als Paare möglich.

Dies impliziert, dass sich Verhältnis im Vergleich zum Beginn der Hand preflop grundlegend ge-ändert haben können. Während A♥A♦ preflop gegen 10♥ 9♣ ein solider Favorit ist, verhält sich dieSituation auf einem Flop 8♠ 7♣ 6♥ genau umgekehrt. Für erfolgreiches Spiel ist es daher sehr wich-tig, sich adäquat an die geänderten Verhältnisse auf dem Flop anzupassen.

Insofern man auf dem Flop nicht "überhaupt nichts"hat, so kann man zwei Arten von Händen halten.Made Hands (fertige Hände) sind Hände, die mindestens ein Paar oder besser darstellen. DrawingHands sind Hände, die noch weiter Hilfe auf dem Turn oder River benötigen, um zu einer MadeHand zu werden, dafür aber meistens eine sehr starke Made Hand wie etwas ein Flush oder eineStraße werden.

Wir beschreiben im folgenden einige typische Flopsituationen aus der Sicht eines Spielers und ge-ben allgemein einige Handlungsrichtlinien an, ohne aus Platzgründen hierbei zu sehr ins Detail zugehen. Dies trägt auch der Tatsache Rechnung, dass das Spiel auf dem Flop sehr komplex ist, undstark von den Begleitfaktoren Gegner und Position abhängt.

Die folgenden Abschnitte basieren auf [Ciaffone06].

3.2.1 O

Unter Overcards verstehen wir zwei ungepaarte Karten, die höher als die höchste Karte des Flopssind. Im Allgemeinen sind sie als Drawing Hand zu betrachten, wobei starke Overcard-Hände wieAK manchmal auch alleine gewinnen können, wenn die Gegner keine Hilfe auf Flop, Turn und Ri-ver erhalten und bspw. nach Bet/Call auf dem Flop der Turn und der River gecheckt werden.

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Allgemein sollte die Entscheidung, ob mit Overcards weitergespielt oder gefoldet wird, von den PotOdds abhängig gemacht werden, da man in den meisten Fällen auf Hilfe angewiesen ist. Auf einemstark koordinierten Board, das starke Draws unter den Händen der Gegner möglich macht, ist einWeiterspielen mit Overcards im Allgemeinen nicht empfehlenswert.

Hat man selber mit einer starken Hand wie AK preflop Stärke gezeigt, so kann man mit einer so ge-nannten Continuation Bet versuchen, die Hand auf dem Flop zu gewinnen, falls die anderen Spielerchecken.

Während es also Fälle gibt, in den man mit zwei Overcards in der Hand verbleiben kann, ist lediglicheine Overcard im Allgemeinen nicht zum weiterspielen ausreichend.

3.2.2 T P O

Unter Top Pair verstehen wir, dass eine der eigenen Karten mit der höchsten Karte des Flops paart.Größte Bedeutung kommt in einer Top-Pair-Situation die Höhe der Beikarte zu, dem sogenann-ten Kicker. Je höher der Kicker, desto stärker die Top-Pair-Hand. Einer Top-Pair-Hand droht zu-dem nicht nur Gefahr durch eine andere Top-Pair-Hand mit höherem Kicker sondern auch durchOvercard-Hände, die auf dem Turn Hilfe bekommen könnte. Je niedriger also das Top Pair ist, destogefährlicher sind Overcards, die auf dem Turn fallen. In den meisten Situationen sollte man seineTop-Pair-Hand durch Betten und damit durch Verschlechterung der Pot Odds beschützen.

Ein Overpair ist hingegen ein Pocket Pair, das höher als die höchste Karte des Flops ist. Es ist stärkerals eine Top-Pair-Hand, weil sie Top Pair, Top Kicker schlägt, Mit Ausnahme von AA besteht fürein Overpair aber ebenfalls Gefahr durch eine Overcard (d.h. höher als das Overpair) auf dem Turnund sollte ähnlich einer Top-Pair-Hand gespielt werden.

3.2.3 T P

Two-Pair-Hände, bei denen beide eigenen Karten mit den Flopkarten gepaart sind, sind zumeistsehr starke Hände, die sich aber selten für ein Slow Play eignen, da diese Handkategorie gegenein Overpair in Gefahr ist, das im Falle eines offenen Paares auf dem Board die Two-Pair-Handschlagen würde.

3.2.4 S D

Ein Straight Draw besteht aus vier Karten einer Straße, so dass das Fallen der fünften Straßenkarteauf dem Turn eine sehr starken Made Hand ergeben würde. Die Entscheidung, ob mit einem StraightDraw weitergespielt wird, hängt im Allgemeinen streng von den Pot Odds ab.

Einem sogenannten Inside-Straight-Draw fehlt eine Karte in der Mitte der Straße. Dieses Draw hatsomit nur 4 Outs, wodurch im Allgemeinen die Pot Odds das Weiterspielen nicht rechtfertigen.Weitaus stärker ist das sogenannte Open-End-Straight-Draw, bei dem man schon vier Karten inReihenfolge hält und die Straße sowohl am oberen als auch am unteren Ende vervollständigt werdenkann. In diesem Fall hat das Draw 8 Outs und ist damit annähernd so mächtig wie ein Flush Draw.

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3.2.5 F D

Ein Flush Draw besteht aus vier Karten einer Farbe, so dass auf dem Turn die fünfte Karte in dieserFarbe den Flush vervollständigen würde. Hält man das As der Flushfarbe, so hat man meistens einDraw auf die Nuts und kann das Draw eventuell sogar aggressiv spielen.

Gefahr droht einem Flush Draw im Falle eines offenen Paares auf dem Flop, was Full-House-Drawsoder ein fertiges Full House unter den Händen der Gegner ermöglicht.

3.2.6 SM H

Made Hands, die besser als Two Pair sind, sind im Allgemeinen so stark, dass die Hauptaufgabeeines Spielers darin besteht,so viel wie möglich an Value herauszuholen, d.h. so viel Geld wie mög-lich in den Pot zu bekommen, an dem man die meiste Equity hält.

Dies beschützt gleichzeitig die eigene Hand gegen eventuelle Straight- oder Flush-Draws, denendurch das Value-Betting schlechtere Pot Odds gegeben werden.

Ist der Pot sehr klein, bietet sich ein Slow Play an, um auf späteren Straßen die Chance auf denGewinn weiterer Bets zu haben.

3.3 Turn

Da das Spiel auf dem Turn sehr kompliziert ist und im allgemeinen schon stark von spieltheoreti-schen Überlegungen geprägt ist, wollen wir uns in diesem Abschnitt auf einige allgemeine Aussagenbeschränken.

Grundsätzlich gilt der Turn als die ”Straße der Wahrheit”. Das bedeutet, dass während Spieler aufdem Flop die geringere Höhe der Bets zu Zwecken der Deception nutzen, auf dem Turn das Zeigenvon Stärke zum Preis einer Big Bet zumeist auch echte Stärke bedeutet. Sind die Aktionen des Geg-ners auf dem Flop und auf dem Turn inkonsistent, so ist der Aktion auf dem Turn im Allgemeinengrößere Aussagekraft zuzugestehen.

Wird man auf dem Turn mit Stärke konfrontiert, so sind im Allgemeinen die Pot Odds für die Ent-scheidung weiter zu spielen in Betracht zu ziehen.

Scheinen alle Spieler auf dem Turn nicht stark zu sein, so kommen Bluffmanöver in Betracht, dadie Konfrontation mit einer Big Bet schwache Gegner zum häufig zum Folden bringen kann.

3.4 River

Da an Sechsertischen sehr selten mehr als zwei Spieler bis zum River gehen, betrachten wir indiesem Abschnitt lediglich das Riverplay Heads-Up.

3.4.1 R H

Sind wir Heads-up am River und wollen eine Entscheidung treffen, so müssen wir uns zunächstfolgende Fragen stellen:

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1. Wie stark ist meine eigene Hand in Relation zum Board?

Wir teilen unsere Hände grob in folgende Kategorien ein:

• Sehr schwach bis schwach: Underpair, Bottom Pair, Ace high

• Marginal: Middle Pair, Pocket Pair

• Stark: Top Pair, Overpair, Two Pair

• Sehr stark: Straight, Flush, Set, Full House, Quads

2. Wie stark ist meine eigene Hand in Relation zum Gegner?

Unsere Handstärke ist abhängig von unseren Gegnern bzw. deren Hand Ranges und demHandverlauf. Hierzu wieder ein Beispiel (aus Sicht von ”Hero”:

Wir sind am BU mit A♥ 4♦3 Folds, Hero raist, 1 Fold, BB calls

Flop: A♣ 10♥ 3♦BB checkt, Hero bettet, BB callt

Turn: 6♠BB checkt, Hero bettet, BB callt

River: 8♣ [5.25BB im Pot]BB checkt, Hero ???

Abhängig vom Gegner hat unsere Hand hier wahrscheinlich folgenden Wert:

• Gegen (guten) TAG:

Der Handverlauf deutet oft auf eine ”Way Ahead - Way Behind”-Situation hin. UnsereHand sollten wir daher hier als marginal bewerten.

• Gegen Rock:

Der Rock spielt sehr tight und hat einen niedrigen WTS-Wert. Es gab hier keine Draws,auf die er gecallt haben könnte, so dass wir hier in den meisten Fällen auf ein höheresAss treffen werden. Daher ist unsere Hand gegen diesen Gegner als schwach bis sehrschwach einzustufen.

• gegen Calling Station

Die Calling Station ist passiv und hat oft einen hohen WTS. Der Gegner hat hier oftauf Gutshots oder mit Bottom Pair oder Middle Pair gecallt. Gegen diese Range desGegners haben wir eine starke Hand.

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3. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner mit einer schlechteren Hand callt?

Diese Frage ist schwer zu beantworten. Man muss versuchen abhängig vom Handverlaufund seinen Reads über den Gegner ein Gefühl dafür zu bekommen, wie oft ein konkreterGegner(typ) hier callen wird.

4. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner mit einer besseren Hand callt?

Spielen wir gegen einen passiven Gegner, so ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass er unsereBet nur callen wird. Ein weiteres Entscheidungsmerkmal könnte ein sehr gefährliches Boardsein, das den Gegner davon abhält uns hier noch zu raisen oder dass wir im Handverlauf klargezeigt haben, dass wir eine Hand halten, die besser ist, als die des Gegners.

5. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner mit einer schlechteren Hand auf dem Riverblufft (Bluff Inducing)?

Auch diese Frage ist wieder schwer zu beantworten und man sollte versuchen abhängig vomGegner(typ) ein Gefühl für solche Situationen zu bekommen. Man kann sich hier beispiels-weise fragen, ob der Gegner fähig ist, seine Busted Draws als Bluff zu betten. Oft kannman aber auch durch seine eigenen Betsequenzen einen Bluff provozieren (engl. ”to indu-ce a bluff”), indem man zum Beispiel am Turn nur einen Check Behind spielt oder am Riverout of Position zu meinem Gegner hin checkt.

6. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner mit einer besseren Hand raist?

Auch diese Frage sollte für jeden Gegner konkret betrachtet werden. Gegen passive Geg-ner kann man aber beispielsweise nach einem Raise am River seine schwachen Hände in derRegel guten Gewissens folden.

7. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner mit einer schlechteren Hand raist?

Hängt wiederum vom Gegner ab. Die Wahrscheinlichkeit ist bei aggressiven Spielern aberdeutlich höher, als bei passiven Spielern.

8. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner eine schlechtere Hand foldet?

Falls wir in Position sind, ist diese Frage irrelevant. Ansonsten kann man sich beispielsweiseüberlegen, dass wenn wir out of Position sind und wir uns relativ sicher sind, dass der Gegnernach einer Bet von uns folden wird, es keinen Sinn macht in einer solchen Situation selbstzu betten, da wir dadurch nichts gewinnen können. Besser wäre es hier nur zu checken undzu hoffen, dass der Gegner selbst zu bluffen versucht und dass wir dadurch noch eine Betgewinnen können.

9. Wie hoch ist die Chance, dass unser Gegner eine bessere Hand foldet?

Diese Frage brauch man sich nur stellen, wenn der Gegner auch mitdenkt und fähig dazuist, seine Hände auch zu folden. Wir müssen hier überlegen, welche Hände der Gegner halten

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könnte und welche wir davon zum Folden bringen können. In der Regel sind das oft nicht an-gekommene Draws, Ace high, Overcards, eventuell auch Middle Pair, Bottom Pair und kleinePocket Pairs

Berücksichtigt man diese Fragen, so kann man anschließend eine optimale Entscheidung treffen.Dabei haben wir folgende Spielmöglichkeiten:

• Bet/Fold

Wir spielen Bet/Fold am River, um knappe Value Bets gegen passive Gegner rauszuholen,denn gegen passive Gegner können wir nach einem Raise relativ leicht folden und zahlen somaximal auch nur eine Bet, falls wir hinten liegen. Wir werden aber maximal ausbezahlt, fallswir vorne liegen. Der Nachteil dieser Strategie ist, dass wir selbst auch sehr angreifbar wer-den. Erkennt der Gegner nämlich, dass wir mit schwachen Händen Bet/Fold spielen, so wirder mit vielen Händen einfach bluffen und wir verlieren den ganzen Pot. Ein weiterer Nachteilvon Bet/Fold ist der, dass wir dem Gegner nicht selbst die Möglichkeit zu bluffen geben undwir von einem Gegner, der auf eine Bet von uns sowieso folden wird, nichts mit unserer Betgewinnen können.

• Bet/Reraise

Wir spielen Bet/Reraise mit unseren sehr starken Händen, um das Maximum an Value her-auszuholen.

• Bet/Call

Bet/Call spielen wir oft, wenn am River ein Draw angekommen ist, wir selbst aber auch einestarke Hand halten (Set, Two Pair) und dem Gegner keinen kostenloses Showdown gebenwollen.

• Check/Call

Diese Strategie ist eigentlich gegen jeden Gegnertyp anwendbar. Die Vorteile hier sind, dasswir nicht mehr mit einem Bluff Raise konfrontiert werden können und dass wir eventuelleinen Bluff unserer Gegner provozieren können, die auf eine Bet gefoldet hätten.

• Check/Fold

Check/Fold spielen wir in der Regel immer dann, wenn der Pot sehr klein ist, unsere Handkeinen Showdown Value besitzt und wir uns sicher sein können, dass der Gegner eine bessereHand hält.

• Check/Raise

Check-Raise-Versuche spielen wir eigentlich nur gegen TAGs und LAGs. Allerdings ist esschwierig den richtigen Zeitpunkt für ein Check-Raise zu finden. Einerseits riskieren wirnämlich eine Bet zu verlieren, wenn der Gegner ebenfalls checkt oder wenn er auf unseren

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Bet selbst geraist hätte, so dass wir 3-betten hätten können. Damit ein Check-Raise also pro-fitabel sein kann, muss der Gegner den River oft genug betten und nach einem Check-raisevon uns noch oft genug callen.

4. Deception

Unter Deception verstehen wir Aktionen eines Spielers, die der wirklichen Stärke seiner Handdiametral entgegenstehen. Dies kann sich als Betten und Raisen mit einer schwachen Hand oderChecken und Callen mit einer starken Hand äußern.

Den ersteren Fall bezeichnen wir als Bluffing, den letzteren als Slow Play. Diese beiden Fälle wer-den in den zwei folgenden Abschnitten behandelt. Im dritten Unterabschnitt betrachten wir eineSpezialvariante des Bluffings, den Semi-Bluff.

4.1 Bluffing

Ein erfolgreicher Bluff, durch den der Gegner eine stärkerere Hand foldet, ist eine der profitabelstenSzenarios des Pokers. Dies können wir direkt aus dem Fundamentalsatz entnehmen, denn hätte derGegner die Karten des Bluffers gesehen, wäre anstatt eines Folds ein Raise gefolgt und der Blufferwäre zum Folden gezwungen gewesen.

Um die Wichtigkeit von Bluffs zu unterstreichen, untersuchen wir ein Beispiel aus der Sicht desGegners. Angenommen man ist heads-up auf dem River und der Gegner bettet $20 in einen Potvon $100. Für einen Call hat man nun Odds von 6:1. Weiterhin nehmen wir an, dass wir, wenn wircallen, nur dann gewinnen können, wenn der Gegner blufft.

Wissen wir von unserem Gegner, dass er niemals blufft, so ist die Entscheidung einfach: Fold. Wis-sen wir von unserem Gegner, dass er sehr oft blufft, so ist die Entscheidung ebenfalls einfach: Call.Variiert der Gegner aber zwischen Bluffs und Value Bets im Verhältnis 1:6, so haben wir keineMöglichkeit, die Strategie des Gegners auszunutzen. Dies würde sogar dann gelten, wenn der Geg-ner vorher ankündigen würde, dass er mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:6 blufft.

Unser Erwartungswert in dieser Situation berechnet sich folgendermaßen: EV = $120∗1−$20∗6 =

$0. Unser Erwartungswert für einen Call ist 0, so wie auch im dem Fall, dass wir folden. Der Spie-ler, der sich einem solchen Bluff gegenübersieht, ist indifferent zwischen Callen und Folden.

Ein optimaler Bluff erfüllt also folgende Bedingungen:

• Die Hand kann nur durch einen Bluff gewonnen werden.

• Die Odds für einen Bluffs decken sich mit den Pot Odds

Damit der mit einem Bluff konfrontierte Gegner nicht anhand von Mustern Informationen darübergewinnen kann, ob man blufft oder nicht, ist es notwendig, die Entscheidung ob Bluff oder nicht zu-fällig zu treffen. Angenommen die optimale Bluffwahrscheinlichkeit in einer bestimmten Situationläge bei 1:3, so könnte man den Bluff nur dann ansetzen, wenn bspw. die linke Karte in der Hand

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ein Herz ist - eine Situation, für die die Odds ebenfalls bei 1:3 liegen. Diese Randomisierung zu-sammen mit einer den Pot Odds angepassten Frequenz ist die spieltheoretisch optimale Umsetzungeines Bluffs.

4.2 Slow Play

Ein Slow Play ist eine bei weitem weniger mächtige Waffe als ein Bluff aus dem Grund, dass manbei einem Bluff nichts zu verlieren hat. Hat man aber eine starke Hand, so riskiert man mit einemSlow Play, auf der folgenden Straße durch eine Karte geschlagen zu werden, die der Gegner korrektaufgrund der günstigeren Pot Odds gesehen hat.Mit einem Slow Play gibt man dem Gegner also günstige Pot Odds auf einen Call. Checkt man undder Gegner checkt ebenfalls, so bekommt er eine Free Card, mit der er seine Hand möglicherweisezur besten Hand verbessern kann. Callt man eine Bet des Gegners, anstatt zu raisen, obwohl die PotEquity ein Raise gefordert hätte, so gibt man Value auf und riskiert gleichzeitig, durch die nächsteKarte geschlagen zu werden.

Aus den genannten Gründe sind Gelegenheiten für ein korrektes Slow Play weit seltener als füreinen korrekten Bluff. Wir möchten an dieser Stelle lediglich auf zwei typische Slow-Play-Situationenhinweisen.

• Das Big-Blind-Special: In dieser Situation sieht man aus dem Big Blind heraus den Flopin einem ungeraisten Pot. Hat man nun auf dem Flop eine starke, aber gut verborgene Handwie zum Beispiel Two Pair mit zwei kleinen Karten, so bietet sich ein Check-Raise an. Danämlich bisher niemand Stärke gezeigt hat, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dasseiner der anderen Spieler entweder etwas getroffen hat und bettet oder in Late Position blufft.

• Die Monster-Hand: Hat man eine sehr starke Hand, wie etwa ein Full House oder Quads,so bestehen meist wenig Chancen darauf, dass eine Bet vom Gegner gecallt würde. In einemsolchen Fall kann man ein Slow Play versuchen, um es dem Gegner zu ermöglichen, seineHand ebenfalls zu einer starken Hand, in etwas einem Flush, zu verbessern um so die Chancenzu verbessern, vom Gegner noch eine Bet zu gewinnen.

4.3 Der Semi-Bluff

4.3.1 D

Unter einem Semi-Bluff verstehen wir das Betten oder Raisen mit einer Hand, die mit hoher Wahr-scheinlich zu diesem Zeitpunkt nicht die beste Hand ist, dafür aber eine angemessene Chance be-sitzt, sich auf den folgenden Straßen so zu verbessern, dass sie die momentan beste Hand schlagenkann.

4.3.2 M

Die Absicht hinter einem Semi-Bluff ist es, ähnlich eines Bluffs, die Hand nach Möglichkeit sofortdadurch zu gewinnen, dass der Gegner foldet. Für den Fall, dass der Gegner nicht foldet, besteht beieinem Semi-Bluff aber zusätzlich die Chance, die eigene Hand noch zu verbessern und dadurch die

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Hand zu gewinnen.

Ein weitere Gewinnmöglichkeit auf einer späteren Straße besteht darin, dass auf eine Scare Cardein echter Bluff bessere Erfolgschancen aufgrund der vorher gezeigten Stärke hat.

4.3.3 E B

Im folgenden ist ein Beispiel für eine Semi-Bluff-Situation gegeben, dass [Sklansky99] entnommenist. Angenommen wir halten A♣ 4♣ auf einem Flop von J♦ 3♣ 8♠ . Der Flop wird von allen verblie-benen Spielern sowie von uns gecheckt und der Turn bringt die 5♣ .

Diese Karte bringt uns ein Draw auf den Nut-Flush mit jedem weiteren Kreuz sowie ein Inside-Straight-Draw mit jeder weiteren 2. Werden wir nun auf dem Turn mit einer Bet konfrontiert, sokönnen wir mit einem Semi-Bluff-Raise antworten. Daraufhin können wir die Hand folgendermaßengewinnen.

• Alle Gegner folden

• Wir treffen auf dem River eines unserer Draws und gewinnen mit der besten Hand

• Wir halten mit einem As schon die beste Hand und gewinnen den Showdown

• Wir bluffen auf dem River, wenn eine Scare Card, bspw. eine Overcard (K, D), fällt.

Die Verbindung dieser Gewinnmöglichkeiten macht den Semi-Bluff zu einer profitablen Spielweise.Nach Sklansky ist dies in dem Beispiel schon der Fall, wenn der Gegner nur in 20% der Fällefoldet. Es ist allerdings zu beachten, dass auch wirklich alle die Gewinnbedingungen realistischsind, da der positive Erwartungswert des Semi-Bluff sich aus allen diesen Gewinnmöglichkeitenzusammensetzt.

4.3.4 V S-B

Die Verteidigung gegen einen möglichen Semi-Bluff stellt sich schwierig dar, falls der Gegner auchmit starken Händen Stärke zeigt, also das Verhältnis zwischen Bluffs und legitimem Spiel spieltheo-retisch angemessen ist.

Die Gefahr, dass man auf einen einer Scare Card folgenden Bluff des Gegners zum Folden ge-zwungen ist, bedeutet in den meisten Fällen, dass man entweder sofort folden muss oder raist bzw.reraist. Das Raise kann dabei sowohl mit einer legitimen Hand als auch als Re-Semi-Bluff erfolgen.Sklansky listet folgende Einflussfaktoren für die zu treffende Entscheidung auf:

• Fold, falls man eine sehr schwache Hand hält.

• Raise, falls man eine sehr starke Hand hält, die aber nicht so stark ist, dass ein Slow Playgerechtfertigt wäre.

• Betrachtung folgender Faktoren für marginale Hände

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1. Die Wahrscheinlichkeit eines Bluffs oder Semi-Bluffs des Gegners

2. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Hand des Gegners zur besten Hand verbessert.

3. Die Chance, dass man die eigene Hand ausreichend verbessert.

Das Callen eines möglichen Semi-Bluffs wird von Sklansky nur in Ausnahmefällen als korrekterachtet. Diese sind im folgenden kurz aufgelistet.

• Der Pot ist schon sehr groß, wobei die eigene Hand nicht stark genug für ein Raise ist. Hier istein Call aufgrund der Pot Odds angebracht, um den Showdown zu erreichen (siehe Calldown)

• Man hält eine gute, aber nicht sehr gute Hand und die Vermutung liegt nahe, dass der aggres-sive Gegner ein starkes Draw angespielt hat. In diesem Fall hätte der Gegner auf das gegenden Semi-Bluff gerichtete Raise einen einfachen Call aufgrund der Pot Odds. Hatte er keinDraw sondern eine fertige Hand, so ist diese mit hoher Wahrscheinlichkeit stärker als dieeigene Hand und man wird gereraist.

• Der Call als verspäteter Semi-Bluff: Falls der Gegner weiß, dass man auf einen Semi-Bluff

mit einem Semi-Bluff-Raise zu antworten bereit ist, bietet sich ein Call an, um den Gegnerauf der nächsten Straße zu raisen.

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5. Anhang A: Hand Reading

Da nach dem Fundamentalsatz der Erwartungswert des eigenen Spiels dann maximal ist, wenn manden Karten der Gegner entsprechend spielt, kommen Techniken zur Bestimmung der gegnerischenKarten, bzw. der Hand Range des Gegners grundlegende Bedeutung zu.

David Sklansky nennt in [Sklansky99] zwei essentielle Techniken, namentlich die Auswertungdes Spiels der Gegner und deren offenliegenden Karten, sowie eine mathematische Methode, dieBayes’sche Inferenz.

5.1 Ein Beispiel

Bevor wir diese Methoden erläutern, soll ein [Sklansky99] entnommenes Beispiel einen Einblickin die Denkweise eines Pokerexperten geben. Die Hand wurde bei der World Series of Poker 1977zwischen Doyle Brunson und Gary Berland. Es handelte sich hierbei um No-Limit Hold’em. Brun-son mit einem Stack von ca. $20000 hielt QQ und wurde mit einem hohen Raise Berlands in EPkonfrontiert. Berland hatte einen Stack von ca. $50000 Nach Brunsons Call waren die Spieler aufdem Flop heads-up.

Auf einem Flop J52 Rainbow folgte wieder eine substantielle Bet Berlands, die von Brunson eben-falls gecallt wurde. Als auf dem Turn eine weitere niedrige Karte fiel, setzte Berland so viel, dassBrunson bei einem Call all-in gewesen wäre.

An dieser Stelle, einen Bluff, der unwahrscheinlich erschien, ausgenommen, wäre die einzige legiti-me Hand, die Brunsons QQ an dieser Stelle schlagen konnte, AJ für Top Pair, Top Kicker gewesen.Brunson callte schließlich auf der Grundlage einer Beobachtung, dass Berland mit hoher Wahr-scheinlichkeit nicht AA oder KK hielt, da er mit diesen Händen preflop in EP nur zu callen pflegte,um dann einen eventuellen Raiser zu reraisen.

Diese Einschätzung erwies sich als korrekt. Berland hielt genau AJ und Brunson gewann letztend-lich die Hand. Bemerkt sei hierzu, dass die Gewohnheit Berlands, bestimmte Hände auf immerdieselbe Art und Weise zu spielen, einen Fehler darstellte, den Brunson in diesem Beispiel ausnut-zen konnte.

5.2 Auswertung der Aktionen des Gegners und seiner offenliegenden Karten

Um diese Technik anzuwenden, ist eine genaue Beobachtung der Gegner notwendig. Jeglicher be-obachtbarer Aspekt des gegnerischen Spiels ist hierfür von Bedeutung. Sklansky nennt als Beispielefolgende Fragen.

• Raist der Gegner mit starken Händen in EP? Oder versucht er ein Slow Play?

• Wie oft blufft der Gegner?

• Raist der Gegner mit einer Drawing Hand?

• Spielt der Gegner seine starken Hände immer auf dieselbe Art und Weise oder variiert er?

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Diese Liste ließe sich leicht fortsetzen, aber der entscheidende Punkt wurde deutlich gemacht. Eineakkurate Einschätzung des gegnerischen Spiels ist unabdingbar.

5.3 Statistische Ansätze

Hat man keine weiteren Informationen über das Spiel des Gegners, so kann man statistische Über-legungen anstellen, um aufgrund von ermittelten Wahrscheinlichkeiten für die Hände der gegne-rischen Range den Erwartungswert einer Entscheidung zu berechnen. Wir verweisen hierzu auf[Chen06], Kapitel 5, und bringen hier lediglich ein einfaches Rechenbeispiel aus [Sklansky99].

Angenommen ein Spieler raist aus EP und wir schätzen ihn derart ein, dass er dies nur mit AA, KKoder AK tun würde. Wir selbst halten QQ und möchten die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit derwir in dieser Situation nicht mit einem höheren Paar konfrontiert sind. Die hier zu Grunde liegendenWahrscheinlichkeiten sind wie folgt.

• p(AA) = 0, 45%

• p(KK) = 0, 45%

• p(AA,KK) = 0, 9%

• p(AK) = 1, 2%

Hieraus können wir Odds von 1, 2 : 0, 9 bzw. 4 : 3 dafür ableiten, dass der Gegner AK und nichtAA oder KK hält.

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6. Anhang B: Glossar

3-Betting (n.) Beantworten eines Raise mit einem erneuten Raise (auch: Reraise)

Board (n.) Die offen liegenden Karten (Flop, Turn, River)

Big Bet (n.) Die Höhe der Bets auf Turn und River

Busted Draw n. Ein Draw, das nach der Riverkarte immer noch nicht getroffen wurde.

Check Behind m. Heads-up in Positon nicht betten.

Completion (f.) Das Zahlen einer halben Small Bet im Small Blind

Connector, Suited Connector (m.) Zwei Karten zu einer Straße ohne Abstand (Bsp. 87, AK).”Suited” bedeutet Karten in nur einer Farbe.

Dead Money (f.) Geld im Pot, das von Spielern stammt, die schon gefoldet haben.

In Position adv., adj. Position auf einen Gegner haben, d.h. nach ihm in der Betreihenfolge zusitzen.

Multiway Pot (m.) Ein Pot, in dem mehr als zwei Spieler noch aktiv sind.

Value (m.) Equity * Größe des Pots

Value Bet (f.) Eine Bet zur Erhöhung des Values, da der Value mit der Größe des Pots steigt.

Open Raise (n.) Ein Raise, zu dessen Zeitpunkt noch kein anderer Spieler im Pot ist.

Pocket Pair (n.) Ein Paar als Starthand

PFR (m.) Preflop Raise: Eine Kennzahl die prozentual angibt, wie oft ein Gegner preflop raist.

Read m. Zusatzinformation über einen Gegner, die das Hand Reading erleichtert.

Small Bet (n.) Die Höhe der Bets preflop und auf dem Flop

VPIP (m.) Voluntarily Put Into Pot: Eine Kennzahl, die prozentual angibt, wie oft ein Gegnerfreiwillig bettet (Das Setzen des Small Blinds und des Big Blinds ist also ausgenommen).

WTS n. Went To Showdown: Eine Kennzahl, die prozentual angibt, wie oft ein Gegner bis zumShowdown in der Hand verbleibt.

Out of Position adv., adj. Vor einem Gegner in der Betreihenfolge zu sitzen.

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7. Anhang C: Tabellen

In der unten stehenden Tabelle sind alle Hände eingetragen, mit denen man raisen sollte, sofernvor einem noch kein Gegner in die Hand eingstiegen ist. (Selbstverständlich gilt dies auch für alleHände die besser sind als die angegebenen)

Abbildung 2: Open Raising Chart

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In dieser Tabelle findet ihr die Hände ab denen ihr nach einem Raise von einem unbekannten Geg-ner vor euch 3-betten solltet. Habt ihr weitere Informationen über den Gegner bestimmt ihr wiedereine Hand-Range des Gegners und spielt dann wieder nur mit den Händen weiter, die einen EquityVorteil gegen diese Hände haben.

Die Spalten bedeuten dabei jeweils die Position aus der die Erhöhung kam. Hat der Spieler ausMP2 erhöht, so schauen wir in der Spalte für MP2 nach und sehen, dass wir dort mit allen Händen88+ erhöhen. Einträge mit einem Slash bedeuten, dass wenn wir im SB oder BB sitzen auch schonmit diesen Händen 3-betten können, da wir hier keine ganz so hohe Equity brauchen, wie in einerNicht-Blind Position, da wir ja schon einen Teil bezahlt haben und der Raise dadurch günstigerwird.

Abbildung 3: Chart: ORC 3-Betting

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Abbildung 4: Chart: Odds und Outs

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8. Bibliographie

[Ciaffone01] Ciaffone, B./Brier, J. (2001), Middle Limit Hold’em Poker, USA

[Chen06] Chen, B./Ankenman, J. (2006), The Mathematics of Poker, ConJelCo LCC, USA

[Sklansky99] Sklansky, D./Malmuth, M. (1999), The Theory of Poker, 4. Auflage, Two Plus TwoPublishing LCC, USA

Artikel aus dem Strategieforum von Pokerstrategy.de, www.pokerstrategy.de

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