liebe leserin, lieber leser!

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Liebe Leserin, lieber Leser! er Mensch ist ein Augentier. Wir machen uns ein Bild von den Dingen in der D Melt, wobei wir ,,das Sehen im groi3en und ganzen allen anderen Wahrehmun- gen vorziehen", wie schon Aristoteles vor 2300 Jahren wui3te. Heute sind wir in der Lage, Dinge, die normalerweise fur uns unsichtbar sind, sichtbar zu machen. So hat sich unser Bild von der Natur gerade in diesem Jahrhundert stark gewandelt. Bilder, gewonnen mit ganz unterschiedlichen Methoden, konnte auch der Oberbegriff fur die meisten der Beitrage in diesem Heft lauten. n unserem Titelaufsatz beschaftigen sich Christian Ucke und Hans-Joachim I Schlichting mit anamorphotischen Abbildungen. Manche unserer Leser werden diese Verzerrungen an zylinderformigen Spiegeln vielleicht von Jahrmarkten her kennen. In einem Spiegelkabinett begeistert man sich hier an ungewohnter Schlank- heit und wendet sich dort von unschoner Breite ab. Wie man solche anamorphoti- schen Abbildungen konstruieren kann, erlautern unsere Autoren. Daruber hinaus haben wir dieser Ausgabe eine reflektierende Folie beigelegt, mit der Sie die unbe- kannte Schone auf dem Titelbild entzerren konnen. ilder aus dem Innern des Protons lassen sich indes nur indirekt erschlieflen. In- B golf Baur und Erich Lohrmann vom DESY in Hamburg versuchen klarzuma- chen, wie man sich ein Bild von der Welt des Mikrokosmos zu bilden versucht. Mit der Anlage HERA lassen sie Elektronen und Protonen rnit einer bislang unerreichten Schwerpunktenergie von 300 GeV aufeinanderprallen. Aus der Art, wie die Elektro- nen mit den Quarks und Gluonen eine Wechselwirkung eingehen, berechnet man ein Bild vom Innern des Nukleons. Wie die beiden Autoren berichten, gibt es Anzei- chen dafiir, dai3 man hierbei auf ein neues, bislang rein hypothetisches Teilchen ge- stof3en ist. E Sie nutzen die Fokussierungseigenschaft von Magnetfeldern und verbinden die- se rnit den quantenoptischen Moglichkeiten von Laserfeldern zum Bau von Atom- optiken. Mit ihnen lassen sich heute Diaprojektoren oder Fernrohre auf der Basis magnetischer Linsen herstellen. Neben dem intellektuellen Reiz, bekannte Eigen- schaften der Lichtoptik auf diejenige von Atomstrahlen zu ubertragen, konnte die neue Methode auch interessante technische Anwendungen finden, wenn sich rnit ihr zukiinftig Strukmren bis zu einer Grogenordnung von 100 Nanometern erzeugen lassen. ie man heutzutage Bilder aus dern Gehirn erhalten kann, schildern Kamil W Ugurbil, Direktor des Center for Magnetic Resonance in Minneapolis, und seine Mitarbeiterin Jutta Ellermann. Aufwendige Bildgebungsverfahren ermoglichen es heute, rnit der Kernspintomographie Aktivitatszentren im Gehirn sichtbar zu machen. So kann man beispielsweise nachweisen, welche Hirnregionen bei bestimm- ten Aktivitaten und Denkarbeiten eingeschaltet werden. Auf diese Weise bestatigte die Gruppe um Ugurbil die umstrittene These, dai3 das Kleinhirn an kognitiven Pro- zessen beteiligt ist. A trag von Gunter Nimtz und Achim Enders. Ihre Entwicklung elektromagneti- scher Absorber an der Universtitat Koln ist ein gutes Beispiel dafur, wie der vie1 beschworene Technologietransfer erfolgreich umgesetzt werden kann. Die von Nimtz und Kollegen durchgefuhrte Grundlagenforschung an nanokristallinen Metallstrukturen fand innerhalb kurzer Zeit ihre Anwendung in mehreren Mef3- hallen zur elektromagnetischen Vertraglichkeit elektronischer Gerate. Vie1 Spai3 beim Lesen dieser Ausgabe und alles Gute im neuen Jahr wunscht Ihnen Ihre Phiuz-Redaktion ine andere Art der Abbildung haben Physiker der Universitat Bonn realisiert. us dem Rahmen dieser Aufsatze unter dem Thema Bilder fallt einzig der Bei- 28 Ein Diaprojektorfur Atom- strahlen it Hilfe eines ebenen magnetischen MHexapols konnen neutrale Atome so abgelenkt werden wie Lichtstrahlen von einer optischen Linse. Damit ist es moglich, ,,magnetkche Atomoptik" zu betreiben und wie mit einem Diaprojektor ein Muster durch einen Atomstrahl abzubilden. Auch zwei- linsige Systeme, wie ein Teleskop, konnen realisiert werden. 9 Mit HERA an die Grenzen des Standardmodells ine der grogten und kompliziertesten E Maschinen, die Menschen je gebaut haben, sol1 Licht ins Dunkel der subatomaren Welt bringen. Wie sind Protonen aufgebaut? Sind ihre Bestandteile, die Quarks, vielleicht aus noch kleineren Teilchen zusammenge- setzt? Gibt es Phanomene, die nicht ins Stan- dardmodell der Elementarteilchen passen? Erste Ergebnisse vom Teilchenbeschleuniger H E M zeigen, dafi sich im Proton sehr vie1 mehr Teilchen tummeln als bisher vermutet und das Proton fur weitere Uberraschungen gut ist.

Post on 06-Jul-2016

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Liebe Leserin, lieber Leser! er Mensch ist ein Augentier. Wir machen uns ein Bild von den Dingen in der D Melt, wobei wir ,,das Sehen im groi3en und ganzen allen anderen Wahrehmun-

gen vorziehen", wie schon Aristoteles vor 2300 Jahren wui3te. Heute sind wir in der Lage, Dinge, die normalerweise fur uns unsichtbar sind, sichtbar zu machen. So hat sich unser Bild von der Natur gerade in diesem Jahrhundert stark gewandelt. Bilder, gewonnen mit ganz unterschiedlichen Methoden, konnte auch der Oberbegriff fur die meisten der Beitrage in diesem Heft lauten.

n unserem Titelaufsatz beschaftigen sich Christian Ucke und Hans-Joachim I Schlichting mit anamorphotischen Abbildungen. Manche unserer Leser werden diese Verzerrungen an zylinderformigen Spiegeln vielleicht von Jahrmarkten her kennen. In einem Spiegelkabinett begeistert man sich hier an ungewohnter Schlank- heit und wendet sich dort von unschoner Breite ab. Wie man solche anamorphoti- schen Abbildungen konstruieren kann, erlautern unsere Autoren. Daruber hinaus haben wir dieser Ausgabe eine reflektierende Folie beigelegt, mit der Sie die unbe- kannte Schone auf dem Titelbild entzerren konnen.

ilder aus dem Innern des Protons lassen sich indes nur indirekt erschlieflen. In- B golf Baur und Erich Lohrmann vom DESY in Hamburg versuchen klarzuma- chen, wie man sich ein Bild von der Welt des Mikrokosmos zu bilden versucht. Mit der Anlage HERA lassen sie Elektronen und Protonen rnit einer bislang unerreichten Schwerpunktenergie von 300 GeV aufeinanderprallen. Aus der Art, wie die Elektro- nen mit den Quarks und Gluonen eine Wechselwirkung eingehen, berechnet man ein Bild vom Innern des Nukleons. Wie die beiden Autoren berichten, gibt es Anzei- chen dafiir, dai3 man hierbei auf ein neues, bislang rein hypothetisches Teilchen ge- stof3en ist.

E Sie nutzen die Fokussierungseigenschaft von Magnetfeldern und verbinden die- se rnit den quantenoptischen Moglichkeiten von Laserfeldern zum Bau von Atom- optiken. Mit ihnen lassen sich heute Diaprojektoren oder Fernrohre auf der Basis magnetischer Linsen herstellen. Neben dem intellektuellen Reiz, bekannte Eigen- schaften der Lichtoptik auf diejenige von Atomstrahlen zu ubertragen, konnte die neue Methode auch interessante technische Anwendungen finden, wenn sich rnit ihr zukiinftig Strukmren bis zu einer Grogenordnung von 100 Nanometern erzeugen lassen.

ie man heutzutage Bilder aus dern Gehirn erhalten kann, schildern Kamil W Ugurbil, Direktor des Center for Magnetic Resonance in Minneapolis, und seine Mitarbeiterin Jutta Ellermann. Aufwendige Bildgebungsverfahren ermoglichen es heute, rnit der Kernspintomographie Aktivitatszentren im Gehirn sichtbar zu machen. So kann man beispielsweise nachweisen, welche Hirnregionen bei bestimm- ten Aktivitaten und Denkarbeiten eingeschaltet werden. Auf diese Weise bestatigte die Gruppe um Ugurbil die umstrittene These, dai3 das Kleinhirn an kognitiven Pro- zessen beteiligt ist.

A trag von Gunter Nimtz und Achim Enders. Ihre Entwicklung elektromagneti- scher Absorber an der Universtitat Koln ist ein gutes Beispiel dafur, wie der vie1 beschworene Technologietransfer erfolgreich umgesetzt werden kann. Die von Nimtz und Kollegen durchgefuhrte Grundlagenforschung an nanokristallinen Metallstrukturen fand innerhalb kurzer Zeit ihre Anwendung in mehreren Mef3- hallen zur elektromagnetischen Vertraglichkeit elektronischer Gerate.

Vie1 Spai3 beim Lesen dieser Ausgabe und alles Gute im neuen Jahr wunscht Ihnen Ihre Phiuz-Redaktion

ine andere Art der Abbildung haben Physiker der Universitat Bonn realisiert.

us dem Rahmen dieser Aufsatze unter dem Thema Bilder fallt einzig der Bei-

28 Ein Diaprojektor fur Atom- strahlen

it Hilfe eines ebenen magnetischen MH exapols konnen neutrale Atome so abgelenkt werden wie Lichtstrahlen von einer optischen Linse. Damit ist es moglich, ,,magnetkche Atomoptik" zu betreiben und wie mit einem Diaprojektor ein Muster durch einen Atomstrahl abzubilden. Auch zwei- linsige Systeme, wie ein Teleskop, konnen realisiert werden.

9 Mit HERA an die Grenzen des Standardmodells

ine der grogten und kompliziertesten E Maschinen, die Menschen je gebaut haben, sol1 Licht ins Dunkel der subatomaren Welt bringen. Wie sind Protonen aufgebaut? Sind ihre Bestandteile, die Quarks, vielleicht aus noch kleineren Teilchen zusammenge- setzt? Gibt es Phanomene, die nicht ins Stan- dardmodell der Elementarteilchen passen? Erste Ergebnisse vom Teilchenbeschleuniger H E M zeigen, dafi sich im Proton sehr vie1 mehr Teilchen tummeln als bisher vermutet und das Proton fur weitere Uberraschungen gut ist.