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Wegweiser Demenz Lern-Kurs für Personen, die einen an Demenz erkrankten Menschen betreuen und am Anfang der Pflege stehen. Angehörige und Interessierte erhalten einen Überblick über die wichtigsten Informationen.

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Page 1: Lern-Kurs für Personen, die einen an Demenz erkrankten ... · Psychologische Tests wie der Mini Mental Status Test ... Magnet-resonanztomographie (MRT) oder ... beispielsweise Bluthochdruck,

Wegweiser DemenzLern-Kurs für Personen, die einen an Demenz erkrankten Menschen betreuen und am Anfang der Pflege stehen. Angehörige und Interessierte erhalten einen Überblick über die wichtigsten Informationen.

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2 Wegweiser Demenz

EINLEITUNGDiese Dokumentation basiert auf dem E-Learning-Kurs, der auf dem Internetportal Wegweiser Demenz zur Verfügung gestellt wird. Der Kurs ist ein Projekt der Deut-schen Alzheimer Gesellschaft e. V. Selbsthilfe Demenz und wird gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Der Kurs setzt sich aus sieben Modulen zusammen, die unterschiedliche Schwer-punkte rund um das Thema „Hilfe für Angehörige“ beinhalten. Wir empfehlen, die Module nacheinander durchzugehen. Sie können aber auch jederzeit zwischen den verschiedenen Modulen wählen. Vertiefende Informationen zu den Inhalten erhal-ten Sie über die externen Links am jeweiligen Modulende in der Online-Version.

INHALT

l MODUL 1 – DEMENZ, WAS IST DAS?

l MODUL 2 – NACH DER DIAGNOSE

l MODUL 3 – DER ALLTAG VERÄNDERT SICH

l MODUL 4 – ANGEHÖRIGE AN DER GRENZE IHRER BELASTBARKEIT

l MODUL 5 – KOMMUNIKATION

l MODUL 6 – UMGANG MIT SCHWIERIGEN SITUATIONEN

l MODUL 7 – AKTIVITÄTEN, TIPPS, MATERIAL

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3Wegweiser Demenz

WIR STELLEN VORGerda und Walter sind ein Paar und seit vielen Jahren verheiratet. Seit einiger Zeit macht sich Gerda Sorgen, da sich Walter stark verändert. Was hat das zu bedeuten ?

Gerda wendet sich mit ihren Fragen an eine Beraterin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Helga Schneider berät Angehörige, Menschen mit Demenz und andere Interessierte am Alzheimer-Telefon rund um das Thema Demenz.

Gerda Walter HelgaEhefrau von Walter Ehemann von Gerda Beraterin

Gerda und Walter stehen beispielhaft für einen erkrankten Menschen und eine pflegende Angehörige. Beide berichten aus ihrer Perspektive.

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MODUL 1DEMENZ, WAS IST DAS ?

INHALT

l WAS IST DEMENZ ?

l UNSER GEHIRN

l WIE FUNKTIONIERT DAS GEHIRN ?

l ZELLABBAU IM ERKRANKTEN GEHIRN

l SYMPTOME

l URSACHEN: AMYLOID-PLAQUES

l FORMEN DER DEMENZ

l DIAGNOSE

l VERERBUNG UND FAMILIÄRER HINTERGRUND

l FORSCHUNG UND GENETIK

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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WAS IST DEMENZ ?

Jeder vergisst einmal etwas: die Milch beim Einkaufen, einen Termin beim Zahnarzt oder den Autoschlüssel auf der Ablage. Das ist ganz normal.

Treten Gedächtnislücken, Störungen bei der Konzentration oder der Orientierung jedoch häufig oder über längere Zeit auf, kann es sich um eine Demenz handeln.

Demenz ist nicht eine einzelne Störung, z. B. einen Namen vergessen, sondern eine Vielzahl von langsam fortschreitenden geistigen Leistungseinschränkungen und Verhaltensänderungen. Sie bestehen in der Regel länger als sechs Monate.

UNSER GEHIRN

Unterschiedliche Gehirnregionen übernehmen unterschiedliche Funktionen.

l Sinnesempfindungen l Visuelle Eindrücke l Geräusche l Gerüche l Gedankenbildung, Problemlösung, Erstellen von Plänen l Erzeugen und Speichern von Erinnerungen l Steuerung willkürlicher Bewegungen

WIE FUNKTIONIERT DAS GEHIRN ?

Das menschliche Gehirn ist ein komplexes Wunderwerk der Natur. Es besteht aus rund 100 Milliarden Nervenzellen oder Neuronen, die durch eine Vielzahl von Synap sen miteinander verbunden sind. Kleine elektrische Impulse wandern ständig durch unser Gehirn und bilden die Grundlage von Erinnerungen, Gedanken und Gefühlen.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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WAS PASSIERT IM DETAIL ?

Der Austausch von Informationen zwischen Nervenzellen im Gehirn erfolgtüber die Synapsen. Zur Signal übertragung schüttet die elektrisch erregte

„Senderzelle“ Botenstoffe – sogenannte Neurotransmitter – aus.

Diese wirken auf die Empfängerzellen ein. Die Empfängerzelle nimmt die Informa-tion auf und leitet sie weiter.

Die Alzheimer-Krankheit ist ein sehr langsam fortschreitender Untergang von Nervenzellen und Nervenzellkontakten. Er betrifft vor allem jene Abschnitte des Gehirns, die für Gedächtnis, Denkvermögen, Sprache und Orientierungsfähigkeit wichtig sind.

AMYLOID-PLAQUES UND TAU-FIBRILLEN

Ursächlich für das Absterben der Nervenzellen sind Amyloid-Plaques und Tau- Fibril len verantwortlich.

Amyloid-Plaques entstehen durch eine Fehlfunktion beim gewöhnlichen Abbau-prozess von Nervenzellen. Eiweiße werden fehlerhaft so in Bruchstücke geschnitten, dass sie nicht mehr vom Körper abgebaut werden können. Diese verklumpen dann zu sogenannten Plaques und wirken toxisch, das heißt, sie bewirken das Absterben benachbarter Nervenzellen. Tau ist ein Bestandteil des Nervenzellgerüsts. Wenn dieses zerstört wird, verliert die Zelle ihren Halt und sinkt in sich zusammen. Sie ist nicht mehr funktionsfähig.

Link zum Film: http://elearning.wegweiser-demenz.de/index.php?id=82

ZELLABBAU IM ERKRANKTEN GEHIRN

Kommt es in bestimmten Regionen des Gehirns zu einem Zellabbau, übernehmen in der Regel andere Zellen deren Funktion. Wird jedoch ein bestimmter „kritischer“ Punkt überschritten, also wenn zu viele Zellen zerstört sind, kann das Gehirn kei-nen Ausgleich mehr schaffen.

Das ist bei einer Demenz der Fall. Es kommt zu einem massiven Abbau von Nerven-zellen, anfangs in bestimmten Regionen und später im ganzen Gehirn. Das Gehirn kann seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen und es kommt zu wahrnehm-baren Störungen.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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SYMPTOME

l Gedächtnis- und Orientierungsstörungen: Termine oder kurz zurückliegende Ereignisse können nicht mehr erinnert wer-den. Die erkrankte Person bemerkt dies daran, dass sie sich beispielsweise trotz großer Anstrengung nicht mehr erinnern kann, wo sie ihr Auto abgestellt hat.

l Störungen des Denk- und Urteilsvermögens: Ein planvolles Handeln ist kaum noch möglich. Der Tag kann nicht mehr struk-turiert werden. Auch eine scheinbar einfache Aufgabe, wie den Tisch zu decken, fällt schwer.

l Sprachstörungen: Die Worte werden nicht automatisch erinnert und dadurch ist ein flüssiges Sprechen erschwert. Durch Floskeln und Umschreibungen kann sich der er-krankte Mensch anfangs noch behelfen.

l Veränderungen der Persönlichkeit: Die Persönlichkeit der erkrankten Person verändert sich und bleibt doch irgendwie ähnlich.

URSACHEN: AMYLOID-PLAQUES

Wie und warum es zum Abbau der Nervenzellen kommt, darüber gibt es verschie-dene Theorien.

Die bekanntesten sind: l Amyloid-Plaques

Den Ausgangspunkt des Krankheitsgeschehens bilden Fehler im Stoffwechsel eines normalen Eiweiß-Bausteins, der in der Wand von Nervenzellen verankert ist.

Dieser Baustein wird vom Körper hergestellt und durch mehrere Enzyme in Bruchstücke gespalten. Die Fragmente werden zum Teil innerhalb des Gehirns abgebaut oder entlang spezifischer Schleusen aus dem Gehirn abtransportiert. Ein Ungleichgewicht innerhalb dieses Abbauprozesses führt dazu, dass sich ein für Nervenzellen besonders schädliches Bruchstück im Gehirn anhäuft: Beta-Amy-loid. Es bildet zunächst winzige Komplexe, aus denen nach und nach größere, rundliche Ablagerungen entstehen. Das sind die für die Alzheimer-Krankheit typischen Plaques.

Die Ablagerungen von Beta-Amyloid wirken auf Nervenzellen zerstörerisch. Sie führen zu Verformungen des Zellkörpers und lassen Nervenzellfortsätze ver-kümmern. Die Nervenzellen sterben ab.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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l Tau-FibrillenDas Eiweiß Tau, dessen Aufgabe die Stabilisierung des Nervenzellgerüstes ist, löst sich ab und verklumpt zu Faserknäueln (Neurofibrillenbündel), welche zunehmend die Lebensvorgänge der Zellen lahm legen.

Insgesamt werden durch diese fehlerhaften Vorgänge innerhalb und außerhalb der Nervenzellen Nervenzellgruppen in der Tiefe des Gehirns geschädigt. Einige sind für die Bildung des Überträgerstoffes Acetylcholin zuständig, der für Aufmerksam-keit und Gedächtnis elementar ist. Acetylcholin wird normalerweise an Nervenzel-len in der Hirnrinde weitergeleitet, um zum Beispiel Lernen zu ermöglichen. Durch den Ausfall von Nervenzellen in dieser Region ist die Produktion von Acetyl-cholin herabgesetzt. Die in der Hirnrinde liegenden Nervenzellen verwenden zur Signalübermittlung nun einen anderen Überträgerstoff: Glutamat (nicht zu ver-wechseln mit in Nahrungsmitteln enthaltenen Geschmacksverstärkern). Wenn diese Nervenzellen in der Hirnrinde zu Grunde gehen, kommt es zu einer übermäßigen und ungezielten Freisetzung von Glutamat. Dadurch verschlechtert sich die Signalübermittlung und es kommt zu einer chronischen Übererregung von benachbarten Nervenzellen, die ihre Überlebensfähigkeit weiter einschränkt. Dieses biochemische Defizit trägt zu den Symptomen der Alzheimer-Krankheit bei.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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FORMEN DER DEMENZ

1. Alzheimer: ist mit knapp 70 Prozent die häufigste Form einer Demenz

Der größte Risikofaktor an einer Alzheimer Demenz zu erkranken, ist das Alter.

2. Vaskuläre Demenz: 15 Prozent

Als vaskuläre Demenzen werden Formen bezeichnet, bei denen es in Folge von Durchblutungsstörungen des Gehirns zu einem Absterben der Nervenzellen kommt.

3. Frontotemporale Demenz, Lewy-Körperchen-Demenz: zirka 5 Prozent

Lewy-Körperchen: Neben einer fortschreitenden Gedächtnisstörung zeigen die Patienten psychotische Symptome und / oder Bewegungsstörungen wie bei der Parkinson-Krankheit. Schon früh im Verlauf treten optische Halluzinationen auf; meist sehen die Patienten Menschen oder größere Tiere. Manchmal werden auch akustische Halluzinationen (Stimmen, Musik, Geräusche) wahrgenommen.

4. Sonstige Formen: zirka 10 Prozent

Weitere Ursachen einer kognitiven Beeinträchtigung: Auslöser kognitiver Beein-trächtigungen kann auch eine andere Grunderkrankung sein wie z. B. eine Schild-drüsenunterfunktion, ein Gehirntumor oder eine Vergiftung. Auch ein Delir, eine Nachwirkung einer Narkose, kann zu einer Verwirrtheit führen, die jedoch nur vorübergehend anhält. Eine Depression als psychische Erkrankung kann ebenso dementielle Erscheinungen hervorrufen.

MUSS ICH MIR SORGEN MACHEN ?

Mein Mann verlegt immer wieder Sachen und dann weiß er nicht mehr, wo er sie hin-gelegt hat. Außerdem vergisst er zunehmend Termine. Früher kam das nie vor. Gestern zum Beispiel hatten wir einen Termin vereinbart mit Freunden zum Abendessen. Doch er kam einfach nicht nach Hause.

Als ich ihn dann darauf angesprochen habe, meinte er nur, dass ich es ihm nicht gesagt habe. So geht das doch nicht weiter. Ich mache mir langsam Sorgen. Könnte es Demenz sein ?

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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EINE DIAGNOSE IST WICHTIG

Nun, Sie bemerken die Veränderungen seit längerem und es ist schon ungewöhnlich, dass sich Ihr Mann an wichtige Termine nicht mehr erinnern kann. Das könnte für eine Demenz sprechen. Sie haben jedoch auch erzählt, dass Ihnen die Verände rungen besonders auffallen, seit Ihr Mann in Rente ist. Es könnten daher auch andere Gründe eine Rolle spielen, wie zum Beispiel eine depressive Verstimmung. Dies wäre behandel-bar. Um sicher zu sein, macht es auf jeden Fall Sinn, einen Arzt aufzusuchen und eine Diagnose stellen zu lassen.

WIE WIRD DIE DIAGNOSE GESTELLT ?

Nach wie vor wird Demenz in einer Art Ausschlussverfahren festgestellt. Das heißt, der Arzt klärt zuerst ab, ob es für die Symptome andere Gründe gibt. Blut- und UrintestDer Arzt macht einen Blut- und Urintest, um zum Beispiel abzuklären, ob eine Schilddrüsendysfunktion vorliegt.

Gespräch mit Patienten und AngehörigenDer Arzt spricht ausführlich mit dem Patienten. Es ist wichtig, dass auch mit den Angehörigen gesprochen wird, um herauszufinden, seit wann es diese Veränderun-gen gibt, wie häufig diese auftauchen und welche Bereiche diese betreffen.

Psychologische Tests wie der Mini Mental Status TestPsychologische Tests wie der MMST (Mini-Mental-Status-Test) überprüfen das Kurzzeitgedächtnis und die Fähigkeit des räumlichen Denkens (zum Beispiel Uhren test). Weitere psychologische Tests zielen darauf ab, eine Depression aus-zuschließen.

Magnetresonanztomographie oder eine ElektroencephalographieBildgebende Verfahren (zum Beispiel Computertomographie (CT), Magnet-resonanztomographie (MRT) oder Elektroencephalographie (EEG) sind wichtig, um Tumore zu erkennen bzw. diese auszuschließen. In Ausnahmefällen, zur Fein-diagnostik oder bei Unklarheiten wird eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) gemacht, die die Gehirnströme misst. Welche Verfahren eingesetzt werden, entscheidet der Arzt.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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WARUM IST DIE DIAGNOSE WICHTIG ?

Nicht immer deuten die Symptome auf eine Demenz hin. Durch die Diagnosestel-lung können andere Erkrankungen, wie zum Beispiel Schilddrüsenunterfunktion, Depressionen, Tumore erkannt werden. Diese Krankheiten können bei entspre-chender Behandlung geheilt werden.

Nur wenn die Diagnose gestellt ist, kann behandelt werden. Je früher eine Demenz erkannt wird, desto wirksamer sind die Therapiemöglichkeiten, zum Beispiel mit Antidementiva.

Wenn man von seiner Krankheit weiß, kann man überlegen, wie man sein Leben (anders) gestaltet und man kann Vorsorge treffen.

VERERBUNG UND FAMILIÄRER HINTERGRUND (1)

Mein Mann hat Alzheimer und meine Tochter hat zwei kleine Kinder. Muss ich mir Sorgen machen, dass sie ebenfalls irgendwann Alzheimer bekommen ?

VERERBUNG UND FAMILIÄRER HINTERGRUND (2)

Wann ist Ihr Mann erkrankt ? Mit 72 Jahren ? Gibt es in Ihrer Familie mehrere Fälle von Alzheimer ? Nein ? Dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass es sich bei Ihrem Mann um eine erbliche Form der Demenz handelt. In Deutschland geht man davon aus, dass es cirka 150 Familien gibt, bei denen eine erbliche Form der Demenz diagnostiziert wurde. Das größte Risiko an Alzheimer zu erkranken, ist nach wie vor das Alter.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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FORSCHUNG UND GENETIK

Als klinische Forschung bezeichnet man wissenschaftliche Untersuchungen zur Anwendung von diagnostischen, therapeutischen und vorbeugenden Verfahren am Menschen.

Nach heutigem Wissen sind an der Entstehung der Demenz im Alter zahlreiche Faktoren beteiligt. Einige davon sind unveränderlich, wie die genetische Konstella-tion oder das Lebensalter. Andere dagegen können grundsätzlich beeinflusst wer-den; beispielsweise Bluthochdruck, Einnahme bestimmter Medikamente, Ernäh-rungsweise, körperliche und geistige Aktivität sowie soziale Kontakte.

Erbliche Formen der Alzheimer-KrankheitWeniger als 2 Prozent aller Fälle von Alzheimer-Krankheit werden dominant ver-erbt. Bei dieser erblichen Variante der Alzheimer-Krankheit erkrankt statistisch gesehen die Hälfte der Nachkommen eines Betroffenen.

QUIZ ZUM KRANKHEITSBILD DEMENZ

Testen Sie Ihr Wissen:

l Die Ursache von Demenz ist …

l Demenz kann dazu führen, …

l Zu einer Demenzdiagnostik gehören:

Antwortmöglichkeiten: l dass das Wiederfinden bestimmter Gegenstände immer schwieriger wird. l noch nicht eindeutig festgestellt, dazu gibt es verschiedene Theorien. l ein ausführliches Gespräch des Arztes mit Betroffenen und Angehörigen.

Modul 1 – Was ist Demenz ?

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MODUL 2NACH DER DIAGNOSE

INHALT

l NACH DER DIAGNOSE

l DER ALLTAG FÜR ANGEHÖRIGE

l TIPPS FÜR DEN ALLTAG

l VORSORGE TREFFEN

Modul 2 – Nach der Diagnose

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NACH DER DIAGNOSE

Menschen mit Demenz reagieren unterschiedlich auf die Diagnose Demenz.

Manche können die Diagnose nicht annehmen. Sie haben keine Krankheitseinsicht und verleugnen die Krankheit.

Einigen gelingt es, sich der Krankheit zu stellen und sich damit auseinander zu setzen. Sie entwickeln aktiv Strategien. Doch das braucht Zeit.

Andere spüren die Veränderung und merken, dass sie sich an vieles nicht mehr erinnern können. Sie trauern und manche geraten sogar in eine Krise.

WAS LÖST DIE DIAGNOSE AUS ?

Wenn das Gedächtnis immer mehr Lücken aufweist und es schwerer wird, sich im Alltag zurecht zu finden, dann kann damit auch verbunden sein:

Unsicherheit: weil die Orientierung verloren geht, weil man dem Gespräch nicht mehr folgen kann.

Angst: durch das Fortschreiten der Erkrankung hilflos zu werden und nicht zu wissen, was kommen wird.

Sorge: für die Familie und andere zur Belastung zu werden.

Scham: von anderen bloß gestellt oder als „doof“ und „blöd“ bezeichnet zu werden.

Traurigkeit: vor allem in Momenten der Klarheit, wenn bewusst wird, dass viele Fähigkeiten verloren gehen, dass vieles vergessen wird.

Wut oder Resignation: weil die einfachsten Dinge nicht mehr gelingen, wie z. B. den Tisch zu decken.

Sich ausgeschlossen fühlen: weil es schwer wird, dem Gespräch der anderen zu folgen.

Modul 2 – Nach der Diagnose

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WAS IST MENSCHEN MIT DEMENZ WICHTIG ?

In einem Forschungsprojekt wurden Menschen mit Demenz gefragt, was ihnen wichtig ist. Menschen mit Demenz wünschen sich, dass sie …

l ihre vorhandenen Fähigkeiten erhalten können.

l etwas für andere tun können.

l selbst bestimmen können, was sie möchten und was nicht.

l gefragt werden, wenn es um die Regelung ihrer Angelegenheiten geht.

l respektiert und verstanden werden.

l möglichst lange selbstständig leben können.

DIE DIAGNOSE BRINGT KLARHEIT

Die Diagnose ist oft ein Schock – für die Erkrankten, aber auch für die Angehörigen. Doch sie bringt auch Klarheit.

Es sind nicht Ehekonflikte, die hinter dem veränderten Verhalten stehen. Es ist nicht das Aussteigen aus dem Beruf, das die Stimmung so verändert hat. Der Tod des Partners ist nicht der Grund dafür, warum die Mutter nicht mehr kochen mag und den Haushalt vernachlässigt. Es ist die Krankheit.

Wenn die Diagnose klar ist, l können sich alle besser darauf einstellen. l besteht vielleicht noch die Möglichkeit, dass die Erkrankten Verfügungen treffen

und eigene Wünsche schriftlich niederlegen können.

Modul 2 – Nach der Diagnose

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DER ALLTAG FÜR ANGEHÖRIGE

Menschen mit Demenz erleben, dass sie zu allem mehr Zeit brauchen. Alles geht viel langsamer und mühsamer.

Dies steht in krassem Gegensatz zu dem Erleben der Angehörigen: l Die Anforderungen des Alltags bleiben. l Die Aufgaben nehmen zu. l Was man früher zu zweit gemacht hat, muss nun häufiger alleine erledigt

werden. l Viele Entscheidungen müssen alleine getroffen werden, weil eine gemeinsame

Entscheidungsfindung nicht mehr möglich ist.

Wichtig: Angehörige stehen vor der Aufgabe, sich umzustellen und sich ganz auf den Erkrankten einzustellen. Denn: Menschen mit Demenz können sich nicht mehr anpassen. Auch wenn Angehörige darum wissen, so ist es doch schwierig, vertraute und gewohnte Abläufe zu verändern.

TIPPS FÜR DEN ALLTAG

In Gesprächen mit Erkrankten und mit Angehörigen haben wir ein paar Tipps zusammengestellt, die dabei unterstützen können, den Alltag zu vereinfachen und Orientierung zu geben.

Überprüfen Sie, vielleicht auch gemeinsam mit dem Erkrankten, welcher Tipp Sie anspricht und welchen Sie in die Tat umsetzen möchten.

l Wiederkehrende Tätigkeiten immer am Tag einplanen l An Schränken Notizzettel anbringen l Stolperfallen beseitigen l Wichtige Termine aufschreiben l Für wichtige Dinge einen festen Platz finden

Modul 2 – Nach der Diagnose

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TIPP 1: DIE WOCHE STRUKTURIEREN

Video zu Tipp 1: Die Woche strukturierenEin Mann läuft ins Bild. Über ihm stehen vier Fragezeichen.Menschen mit Demenz fällt es immer schwerer, sich zeitlich zu orientieren.Sie finden sich viel leichter zurecht, wenn ihre Woche strukturiert ist. Deshalb ist es sinnvoll, sich wiederholende Termine und Tätigkeiten immer für den gleichen Wochentag einzuplanen.Die Fragezeichen werden von einer Hand nach und nach entfernt.Wenn beispielsweise montags immer eingekauft wird und donnerstags die Enkel zu Besuch kommen, hilft das erkrankten Menschen, sich zu orientieren.Unter einem Post-It mit der Aufschrift „Montag“ findet sich die Zeichnung von einem Einkaufswagen. Unter einem Post-It mit der Aufschrift „Donnerstag“ findet sich die Zeichnung von einem Mädchen und einem Jungen mit einem Ball.Eine Möglichkeit ist, sich einen Tages- oder Wochenplan anzulegen. Dort können Sie z. B. eintragen, was in den kommenden Tagen ansteht. Vielleicht ein Arztbesuch, ein Gang in die Kirche oder die Erledigung von Einkäufen.In einem Wochenplan werden verschiedene Termin wie „Arzt“, „Kirche“ und „Einkaufen“ eingetragen. Es erscheinen die passenden Zeichnungen eines Arztes, eines Einkauf-wagens und einer Kirche.Wenn der Tages- oder Wochenplan immer am gleichen Platz ist, können auch Men-schen mit Demenz ihn noch lange nutzen: Sie können jederzeit nachschauen und sich orientieren.Ein Schrank, ein Stuhl mit Tisch und ein offener Kühlschrank sind zu sehen. Der Kühl-schrank schließt sich. Auf der Vorderseite ist ein ausgefüllter Wochenplan befestigt. Der Mann schaut auf den Plan.

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TIPP 2: FÜR SICHERHEIT SORGEN

Video zu Tipp 2: Für Sicherheit sorgenEin Sofa, ein Schrank, ein Kühlschrank, zwei Tische und eine Stehlampe erscheinen nacheinander im Bild. Es sammeln sich verschiedene Gegenstände auf den Möbeln an: ein Bügeleisen, eine Sprühflasche, Kerzen, Schere, Hammer, Messer und weitere Flaschen. Auf dem Boden wird ein Teppich gelegt. Ein Mann tritt links unten ins Bild. Über seinem Kopf stehen Fragezeichen. Er rutscht auf dem Teppich fast aus und setzt sich auf das Sofa. Ein Hund erscheint und lässt sich von dem Mann streicheln. Dann verschwindet er wieder.

Es gibt eine Menge Dinge, die sich im Laufe der Jahre in einer Wohnung ansam-meln. Und häufig räumt man gebrauchte Gegenstände nicht gleich wieder weg. Das kann schnell unübersichtlich werden und zu Stolperfallen führen. Menschen mit Demenz gelingt es dann oft nicht mehr, sich zurechtzufinden.Ihre Wohnung sollte daher sicher gestaltet werden.

Gut ausgeleuchtete Räume geben Sicherheit.Die Lampe wird angeschaltet.Stolperfallen und auch gefährliche Dinge wie Chemikalien zur Reinigung sollten entfernt werden – sie können leicht mit Trinkbarem verwechselt werden.Teppich, alle Flaschen, Bügeleisen, Kerzen, Messer, Hammer und Schere werden aus dem Bild entfernt.Kerzen, Streichhölzer oder scharfe Messer sollten nicht in Reichweite aufbewahrt werden.

Orte für wichtige Dinge findenHelfen Sie Menschen mit Demenz dabei, länger selbstständig zu bleiben. Dazu trage n schon kleine Hilfestellungen bei.Der Mann sitzt auf dem Sofa. Neben ihm steht ein Tisch, hinter ihm ein Schrank. Auf dem Tisch liegt ein Schlüsselbund und eine Geldbörse. Der Schrank wird mit Be-schriftungen wie „Gläser“, „Tassen“ und „Teller“ versehen. l Wichtige Sachen, wie Schlüssel oder Geldbörse sollten immer an den gleichen

Platz gelegt werden. l Wenn die Schränke mit Zetteln beschriftet werden, sieht man schneller,

wo die Dinge hingehören.

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TIPP 3: AUFGABEN VEREINFACHEN

Video zu Tipp 3: Aufgaben vereinfachenEs ist ein Schrank mit den Beschriftungen „Gläser“, „Teller“ und „Tassen“ zu sehen. Auf einem Kühlschrank ist ein ausgefüllter Wochenplan zu sehen. Ein Mann sitzt auf einem Sofa. Neben ihm steht eine Lampe und ein kleiner Tisch, auf dem ein Buch liegt. Eine Frau mit einem Besen läuft durch das Bild und fegt dabei den Boden.Im Laufe eines Tages gibt es eine Menge im Haushalt zu tun. Wenn Sie sich auf die neue Situation einstellen, können Sie vieles gemeinsam erledigen.Die Frau kommt zurück in das Bild und nimmt der Mann an die Hand. Er steht vom Sofa auf. Die Möbel verschwinden und Frau und Mann stehen nebeneinander vor einem grauen, leeren Hintergrund.Sie können beispielsweise gemeinsam die Waschmaschine füllen. Oder die Wäsche aufhängen, abnehmen und zusammenlegen.Eine Waschmaschine erscheint. Die Frau entnimmt Kleidungsstücke aus dem Wäsche-korb, den der Mann hält und packt sie in die Waschmaschine. Dann erscheint eine Wäscheleine, an welche die beiden weitere Kleidungsstücke hängen. Dann räumen Mann und Frau Kleidungsstücke in einen Schrank.Wenn Sie klare und einfache Anweisungen geben, kann der Erkrankte diese Tätig-keiten oft noch lange mitmachen.Mann und Frau sind wieder in der ersten Einstellung mit Schrank, Kühlschrank, Sofa und Tisch zu sehen. Die Frau gibt dem Mann einen Einkaufszettel. Der Mann nimmt den Korb, der auf dem Tisch steht und geht. Über der Frau entsteht eine Sprechblase mit einer Kasse, über der „Donnerstag“ steht. Der Mann kommt mit Brötchen und Zeitung wieder.Auch einkaufen können an Demenz erkrankte Menschen noch einige Zeit allein, z. B. die Zeitung an der Ecke holen. Wenn Sie einen kleinen Einkaufszettel mitgeben, klappt es auch meist, noch 5 Brötchen mitzubringen.

Sollte es mit dem Bezahlen Probleme geben, kann mit den Geschäftenvereinbart werden, dass man einmal in der Woche selbst vorbei kommt, um die Rechnung zu begleichen.

http://elearning.wegweiser-demenz.de/index.php?id=100&L=0

Modul 2 – Nach der Diagnose

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TIPP 4: TECHNISCHE HILFSMITTEL EINSETZEN

Setzen Sie zur Erleichterung des Alltags und für die Sicherheit der erkrankten Person technische Hilfsmittel ein.

Hilfsmittel wie zum Beispiel l Telefone mit großen Tasten, l Herdsicherungs- oder l Ortungs-Systeme

halten die Selbständigkeit länger aufrecht.

Weitere Informationen zu technischen Hilfsmitteln finden Sie hier.

TIPP 5: AKTIV BLEIBEN

l Behalten Sie vertraute und angenehme Tätigkeiten bei. Unternehmen Sie Dinge, die Ihnen Spaß machen.

l Wenn Sie gerne verreist sind, können Sie dies auch weiter tun. Günstig sind Orte, die Ihnen vertraut sind oder an denen Sie sich sicher fühlen. Gerade an fremden Orten fällt es Erkrankten schwerer, sich zurecht zu finden.

l Wenn Sie Sicherheit ausstrahlen, überträgt sich dies und der Urlaub kann gelingen. Entscheidend ist auch, dass Sie für alles mehr Zeit einplanen – Hektik bringt Menschen mit Demenz unter Druck und manche reagieren darauf mit Verun sicherung oder Aggressivität.

TIPP 6: THERAPIEMÖGLICHKEITEN NUTZEN

Auf ärztliche Verordnung können Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie als Behandlungsmöglichkeiten eingesetzt werden.

Bewegung, Gedichte aufsagen oder etwas mit den Händen zu machen sind für viele Menschen mit Demenz eine angenehme Beschäftigung.

Fertigkeiten wie Aufmerksamkeit und Gedächtnis können mit diesen einfachen Therapiemöglichkeiten gestärkt werden. Außerdem wirken sich diese Beschäfti-gungen oft positiv auf die Stimmung der Betroffenen aus.

Modul 2 – Nach der Diagnose

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„Wenn man es verkraftet hat, kommt da ganz viel schönes Leben raus.“Frau Singer aus Osnabrück, Betroffene

SCHREIBEN SIE AUF, WAS IHNEN GUT TUT

Was hat die erkrankte Person schon früher gerne gemacht ? Gibt es Dinge, die Sie gut mit ihr oder ihm gemeinsam machen können ? Welcher Beschäftigung gehen Sie am liebsten nach ?

Gestalten Sie sich damit ihre eigene Wortwolke auf einem Blatt Papier, damit Sie sie immer vor Augen haben.

l Machen wir besonders gerne l Machen wir ab und zu ganz gerne l Wollten wir immer schon machen

VORSORGE TREFFEN

Mein Mann hat in den letzten Monaten acht Handys gekauft und auch Verträge ab-geschlossen. Was soll ich tun ?

Haben Sie eine Vorsorgevollmacht von Ihrem Mann ? Nein ? Dann ist es wichtig, dass Sie dies schnell mit ihm besprechen. Nur solange Ihr Mann geschäftsfähig ist, kann er Ihnen eine solche Vollmacht ausstellen. Damit können Sie die Verträge rückgängig machen

Modul 2 – Nach der Diagnose

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QUIZ

Fügen Sie die richtige Antwort in den Lückentext:

1 Um den Alltag zu vereinfachen, sollte man

2 Um eine Vorsorgevollmacht zu erteilen, muss der Erkrankte noch

3 Ist der Erkrankte nicht mehr geschäftsfähig, kann man eine

4 Damit Sie selbst nicht an den Rand Ihrer Kräfte gelangen, sollten Sie sich Hilfe und Beratung suchen, zum Beispiel beim

oder einem

l den Tag strukturieren l geschäftsfähig sein l Betreuung l Alzheimer-Telefon l Pflegedienst

Modul 2 – Nach der Diagnose

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MODUL 3DER ALLTAG VERÄNDERT SICH

INHALT

l VERARBEITUNG VON INFORMATIONEN

l BEIM ABENDESSEN

l HILFREICHE STRATEGIEN

l FAHRTAUGLICHKEIT

l FÜR AUSZEITEN SORGEN

Modul 3 – Der Alltag verändert sich

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EINERSEITS UND ANDERERSEITS

Einerseits …fehlen Worte, Termine werden vergessen, das Gedächtnis lässt nach und alltägliche Tätigkeiten klappen nicht mehr. Die Erkrankten finden sich in fremden Städten nicht mehr zurecht.

Andererseits können Menschen mit Demenz …plötzlich die ganze Strophe eines Liedes mitsingen, beim Tanzen die Partnerin schwungvoll durch den Saal bewegen oder im richtigen Moment tröstende Worte finden: „Ich bin so froh, dass ich Dich habe !“.

Wie passt das zusammen ?

VERARBEITUNG VON INFORMATIONEN

Durch den Abbau der Zellen werden …

... neue Informationen nicht mehr automatisch abgespeichert. Daher stellen Men-schen mit Demenz immer wieder die gleichen Fragen, zum Beispiel: „Wie viel Uhr ist es ?“

... aktuelle Informationen nicht mehr mit alten Erfahrungen und Wissen ver-knüpft. Einfache Tätigkeiten, wie Tisch decken oder eine Glühbirne auswechseln, gelingen nicht mehr.

LANGZEITGEDÄCHTNIS

Alles, was im Langzeitgedächtnis abgespeichert ist, bleibt jedoch lange erhalten.

Man unterscheidet: l Episodisches (autobiographisches) Gedächtnis, hier sind komplexe Erlebnis-

se, wie zum Beispiel der erste Schultag oder die eigene Hochzeit abgespeichert. Man erinnert sich an viele Details, besonders wenn die Ereignisse emotional wichtig waren.

l Semantisches (faktisches) Wissen: Hier ist unser Allgemeinwissen abgespeichert wie die Namen berühmter Menschen oder wichtige Jahreszahlen.

l Prozedurales Gedächtnis: beinhaltet gelernte Bewegungsabläufe wie Tanz-schritte, Klavier spielen und Fahrrad fahren.

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GEFÜHLE BLEIBEN

Unberührt von der Demenz ist die Fähigkeit zu empfinden. Das bedeutet, dass erkrankte Menschen l sich sicher und geborgen fühlen, wenn sie ernst genommen und verstanden

werden. l Scham empfinden, wenn in ihrer Anwesenheit darüber geredet wird, was sie

nicht mehr können oder wenn sie vor anderen zurechtgewiesen werden. l ängstlich und unsicher sind, wenn sie die Orientierung verlieren und plötzlich

nicht mehr wissen, wo sie zu Hause sind. l spüren, dass da jemand ist, der ihnen vertraut ist, auch wenn sie nicht mehr ge-

nau wissen, in welcher Beziehung sie zu dieser Person stehen.

Eine Ausnahme bilden Menschen mit FTD (Frontotemporale Demenz). Bei ihnen geht das Mitgefühl, die Empathie für ihre Mitmenschen, verloren.

WAS TUN ?

Es macht mich sehr traurig zu sehen, dass vieles nicht mehr geht. Gestern Abend zum Beispiel beim Abendessen: Nichts klappt mehr, nicht einmal mehr, den Tisch zu decken. Dann werde ich ungeduldig und nachher tut es mir leid.

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BEIM ABENDESSEN

Video zu Alltagssituationen: Abendessen Variante 1Eine Frau bereitet in einer Küche am Herd in einem Topf Essen zu. Im an die Küche an-schließenden Essbereich sitzt ein Mann am Esstisch mit dem Rücken zur Frau. Er dreht seinen Kopf zu ihr um. Sie unterhalten sich.Mann (ungeduldig): Wie spät ist es ?Frau: Gleich sechs.Der Mann schaut zurück auf den Tisch. Die Frau kocht weiter. Nach kurzer Zeit dreht der Mann seinen Kopf erneut zu der Frau um. Sie reden wieder über die Uhrzeit.Mann (ungeduldig): Wie spät ist es ?Frau (gereizt): Sechs Uhr – das hab ich Dir schon hundertmal gesagt. Sei doch nicht so ungeduldig. Das Essen ist gleich fertig.Die Frau dreht sich verärgert in Richtung des Mannes. Der Mann schaut verschämt wieder auf den Tisch. Die Frau bereitet weiter das Essen zu.Frau: Deckst Du schon mal den Tisch ?Mann (zögernd): Ja.Der Mann steht langsam vom Tisch auf und geht zu einer Kommode, die sich im Esszimmer befindet. Er öffnet eine Tür und stellt zwei Teller auf den Esstisch. Dann ent-nimmt er zwei Tassen mit Unterteller und stellt auch diese auf den Esstisch. Die Frau kommt mit einem Topf in das Esszimmer.Frau (genervt): Was ist denn das ? Wir brauchen doch kein Kaffeegeschirr. Stell das wieder zurück in die Kommode.Mann (enttäuscht): Och.Die Frau stellt den Topf auf den Tisch und schaut den Mann ärgerlich an und zeigt mit den Händen auf die Kommode. Sie geht zurück in die Küche. Der Mann räumt das Kaffeegeschirr wieder in die Kommode. Die Frau kommt mit Essgeschirr aus der Küche und deckt den Tisch.

Der Mann und die Frau sitzen am gedeckten Esstisch und essen Kartoffeln mit Fleisch und Salat. Die Frau schaut den Mann an.Frau: Schmeckt’s Dir nicht ?Mann: Doch, doch.Der Mann hat Probleme, mit dem Besteck die Kartoffel zu essen. Das Stück Kartoffel fällt von der Gabel.Frau: Pass auf, pass auf. Das ist doch scharf.Mann: Entschuldigung.Frau (genervt, schüttelt den Kopf): Oh.Mann und Frau essen schweigend weiter.

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In diesem Film sehen Sie ein Paar beim Abendessen. Kennen Sie solche Situationen ? l Was fällt Ihnen auf ? l Was glauben Sie, wie ergeht es der Frau ? l Was glauben Sie, wie sich der Mann fühlt ?

WIE SCHÄTZEN SIE DIE SITUATION EIN ?

l Die Frau ist Bitte wählen: entspannt – genervt – überfordert l Der Mann fühlt sich

Bitte wählen: sicher – gelangweilt – orientierungslos l Was hätte der Mann anders machen können ?

Bitte wählen: Geduldiger sein – nichts – mehr mithelfen l Was hätte die Frau anders machen können ?

Bitte wählen: Ruhig bleiben – lauter werden – den Mann mit einbeziehen l Dass keine entspannte Atmosphäre entsteht, liegt an

Bitte wählen: dem Mann – der Frau – der Krankheit

HILFREICHE STRATEGIEN

Schätzen Sie ein, was Sie als hilfreich empfinden.

Jeweils auszuwählen: Trifft zu – teils – Trifft nicht zu

l Die erkrankte Person in die alltäglichen Handlungen mit einbinden.

l Nicht mehr selber kochen, sondern das Essen kommen lassen. l Ihm die Teller in die Hand geben und dann auf den Tisch zeigen. l Eine Aufgabe nach der anderen sagen. l Darauf achten, dass der andere zuhört.

EIN WEITERES BEISPIEL: AUTO FAHREN

Ich wollte Sie noch etwas fragen: Mein Mann fährt noch Auto. Vor kurzem habe ich in einer Zeitschrift gelesen, dass man bei der Diagnose Demenz nicht mehr Auto fah-ren soll. Mein Mann fährt aber sehr gerne Auto und auch noch recht sicher. Doch vor kurzem hat er sein Auto nicht mehr gefunden. Jetzt mache ich mir Sorgen, ob es besser ist, dass er nicht mehr fährt. Aber wie soll ich ihn vom Autofahren abhalten ? Ich glaube, das wird nicht ganz einfach. Wir leben auf dem Lande.

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ANTWORT DER BERATERIN

Jemanden, der immer gerne Auto gefahren ist, vom Autofahren abzuhalten, ist nicht leicht. Häufig ist damit der Verlust von Selbständigkeit verbunden.Und doch: Sie haben keine andere Wahl. Sie sollten Ihren Mann vom Autofahren ab-halten, wenn Sie bemerken, dass er

l sich auch auf vertrauten Wegen nicht mehr gut orientieren kann oder l wenn er Verkehrsregeln missachtet oder l wenn Sie nicht mehr gerne mitfahren, weil Sie sich als Beifahrerin nicht mehr sicher

fühlen. Es gibt ganz viele unterschiedliche Wege, die Angehörige ausprobiert haben …

ANGEHÖRIGE GEBEN IHRE TIPPS WEITER

„Der Arzt hat meiner Frau ziemlich direkt und deutlich gesagt, dass sie nicht mehr Auto fahren darf. Seitdem lässt sie das Auto stehen.“

„Wenn wir gemeinsam Auto fahren, sage ich meinem Mann, dass ich mal wieder fahren möchte.“

„Durch den Einbau einer Wegfahrsperre kann mein Mann nicht mehr fahren. Das war zwar schmerzhaft, aber zum Schutz anderer Verkehrsteilnehmer sahen wir keine an-

dere Möglichkeit mehr.“

„Wir haben meiner Mutter erzählt, dass das Auto kaputt ist und in die Werkstatt muss. Es kann sein, dass der Schaden so groß ist, dass es nicht mehr durch den TÜV kommen würde.“

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FAHRTAUGLICHKEIT

Manchmal ist es leichter die erkrankte Person vom Autofahren abzuhalten, wenn man sich Unterstützung holt. Offizielle Stellen wie zum Beispiel Ärzte oder der Technischer Überwachungsverein (TÜV) gelten für viele Erkrankte als Autorität, deren Rat sie eher folgen.

Generell muss der Arzt über die Fahruntauglichkeit bei fortschreitender Demenz aufklären. Dritten gegenüber, zum Beispiel gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde oder der Polizei, ist der Arzt dann von seiner Schweigepflicht entbunden, wenn durch weiteres Autofahren die Sicherheit der Mitmenschen gefährdet sein würde.

Es gibt auch die Möglichkeit, sich einer freiwilligen Testung beim Technischer Überwachungsverein (TÜV) zu unterziehen, um die Fahrtauglichkeit zu überprüfen.

Es kann Kontakt zur Führerscheinstelle aufgenommen werden. Nach Durchfüh-rung eines medizinisch-psychologischen Tests kann dann die Fahrerlaubnis be-stätigt oder aber entzogen werden.

WENN ES EINMAL ZU VIEL WIRD...

Gestern haben wir den Geburtstag von meinem Mann gefeiert. Alle Kinder und die Enkel waren da. Es war ein sehr schönes Fest. Doch die Nacht war ganz furchtbar. Walter fand einfach keine Ruhe. Wenn er im Bett war, wollte er wieder aufstehen und umgekehrt. Als ich ihm sagte, er soll jetzt endlich liegenbleiben, wurde er aggressiv. Ich frage mich, ob wir überhaupt noch so große Familienfeiern machen sollen ?

... FÜR AUSZEITEN SORGEN

Es kann gut sein, dass Ihrem Mann alles ein bisschen zu viel wurde und er darauf mit Unruhe reagiert hat. Es wäre jedoch schade, wenn Sie deswegen auf solche Feste verzichten würden. Es gibt da ein paar Regeln, die helfen, dass es auch Ihrem Mann gut geht, zum Beispiel

l dass eine Person an der Seite Ihres Mannes bleibt und ihm Sicherheit gibt. l dass Sie Möglichkeiten schaffen, damit sich Ihr Mann ab und zu zurückziehen kann,

zum Beispiel Spazieren gehen oder ausruhen. l dass nicht zu viele Gespräche gleichzeitig und laut geführt werden. l die Zeit zu begrenzen, damit es nicht zu lange unruhig ist, und l es gibt natürlich viele weitere, individuelle Möglichkeiten.

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PFLEGEN SIE IHRE BEZIEHUNGEN

Im Laufe der Erkrankung kann es passieren, dass sich kaum noch Besuch ankündigt und dass sich Freunde zurückziehen. Es kommt häufig vor, dass Angehörige verein-samen. Warten Sie nicht ab, sondern beugen Sie vor und laden aktiv ein.

l Um nicht von den Vorbereitungen schon „fix und fertig“ zu sein, kann man alle Gäste bitten, etwas mitzubringen.

l Wenn die erkrankte Person aktiv in Gespräche und Vorbereitungen einbezogen wird, fühlt sie sich meist wohler.

l Da sich viele Demenzkranke zu Hause am sichersten fühlen, laden Sie Freunde und Familie aktiv zu sich ein.

l Wenn die Gäste über die Erkrankung Bescheid wissen, fällt allen der gemeinsame Umgang leichter.

l Um nicht zu viel Unruhe in den Alltag zu bringen, kann man die Einladung zeit-lich begrenzen.

l Wenn die Gespräche ruhig und nicht durcheinander geführt werden, ist dies für den Erkrankten weniger anstrengend.

BERICHT EINER ANGEHÖRIGEN

Den Mut finden, auch eigene Interessen zu vertreten

„Für mich selbst kann ich sagen, dass der größte Lernschritt ist, die Alzheimer-Krank heit anzunehmen und zu akzeptieren, sowohl für mich als Partnerin als auch für meinen Mann. Wenn ich das nicht gelernt hätte, würde noch immer zu viel Energie in dieses Gefühl des „Nichtwahrhabenwollens“ fließen und mich für wich-tigere Dinge blockieren.

Dieses Annehmen bedeutet natürlich auch, dass ich Abstriche machen muss. Das Leben verläuft nicht mehr so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich muss meinen eigenen Lebensplan neu definieren. Das halte ich für ungemein wichtig: den Mut zu finden, auch meine eigenen Interessen zu vertreten und einen eigenen Lebensplan und neue Ziele zu finden. Denn das gibt mir die Stärke, den Alltag und das Mitein-ander mit meinem kranken Mann zu bewältigen.“

(M. Brinkmann)

Modul 3 – Der Alltag verändert sich

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Bei Menschen mit Demenz gehen manche Fähigkeiten verloren, andere bleiben erhalten. Wählen Sie „trifft zu“ oder „trifft nicht zu“.

l Die Fähigkeit zu fühlen bleibt unberührt. l Neue Informationen werden automatisch richtig abgespeichert. l Autofahren klappt sicher bis ins hohe Lebensalter. l Es fehlen häufig die richtigen Worte. l Lieder von früher können mitgesungen werden. l Es wird häufig immer wieder die gleiche Frage gestellt. l Einfache Tätigkeiten, wie zum Beispiel Tisch decken, gelingen immer. l Aktuelle Information werden mit alten Erfahrungen verknüpft.

Modul 3 – Der Alltag verändert sich

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MODUL 4ANGEHÖRIGE AN DER GRENZEIHRER BELASTBARKEIT

INHALT

l PLÖTZLICH IST MAN PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

l GRENZEN WAHRNEHMEN

l ENTWICKELN SIE GEGENSTRATEGIEN

l TIPPS ZUM AUFTANKEN

l SELBSTFÜRSORGE

l PROFESSIONELLE UNTERSTÜTZUNG

Modul 3 – Der Alltag verändert sich

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PLÖTZLICH IST MAN PFLEGENDE ANGEHÖRIGE ...

Manchmal geht es sehr schnell und man ist plötzlich in der Rolle der pflegenden Angehörigen. Die Gründe für die Übernahme der Pflege sind dabei sehr unter-schiedlich.

Was waren Ihre Gründe ?

Bitte wählen: trifft zu – teils – trifft nicht zu

l Es war für mich selbstverständlich, weil wir ein Paar sind. l Aus Verantwortungs- und Pflichtgefühl heraus. l Weil ich diejenige / derjenige bin, die / der in der Nähe wohnt. l Aus finanziellen Gründen. l Weil er / sie eine Heimunterbringung völlig ablehnt.

DAMIT HABE ICH NICHT GERECHNET

Worauf Angehörige in der Regel nicht vorbereitet sind, wenn sie die Pflege über-nehmen … l dass sich die Persönlichkeit verändert. l dass jemanden innerhalb der Familie zu pflegen, immer auch bedeutet, dass alte

Beziehungsmuster wieder belebt werden. Alte Konflikte oder Geschwisterrivali-täten tauchen beispielsweise wieder auf.

l dass sich die Rollen ändern. Zum Beispiel bleibt die Mutter die Mutter, doch als Tochter muss man die Führung übernehmen.

l dass der Gesprächspartner ausfällt. l dass sich Freunde oder Nachbarn zurückziehen.

l dass es in der Gesellschaft oft wenig Verständnis und Toleranz gibt.

STÄNDIGE BELASTUNGEN MACHEN KRANK

Überlastung zeigt sich am schnellsten in körperlichen Symptomen: Viele pflegende Angehörige entwickeln Schlafstörungen und sind erschöpft. Auch eine erhöhte Anfälligkeit gegenüber Infektionen durch Schwächung des Immunsystems ist zu verzeichnen.

Angehörige sind oft unter ständiger Anspannung: Der unvorhersehbare Verlauf von Demenzerkrankungen lässt Pflegende oft keine Routine erwerben. Kaum haben sie sich an eine Situation gewöhnt, müssen sie sich wieder neu anpassen und sich von noch vorhandenen Fähigkeiten oder Möglichkeiten verabschieden.

Viele Angehörige vernachlässigen ihre eigene Gesundheit. Sie nehmen sich nicht genügend Zeit zum Regenerieren und Kräfte sammeln.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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GRENZEN WAHRNEHMEN

Jede Pflege ist anders mit Höhen und Tiefen. Welche der folgenden Sätze könnten auf Sie zutreffen ?

Bitte wählen: trifft zu – teils – trifft nicht zu

l Ich fühle mich angespannt. l Ich fühle mich frustriert mit der Situation. l Ich bin schneller gereizt. l Ich bin ständig müde. l Ich habe meine Hobbys aufgegeben.

GRENZEN ERNST NEHMEN

Treffen einige der Belastungen auf Sie zu ?

Wenn Sie sich in den zuvor genannten Aussagen wiederfinden, dann haben Sie viel-leicht schon Ihre persönliche Grenze überschritten, dann sind Sie aus der Balance und der „Akku“ ist leer. Dies zu erkennen, ist der erste Schritt zur Veränderung.

Was können Sie tun ? Ein Beispiel: Wenn andere es immer besser wissen und Sie sich durch deren Ratschläge nicht verstanden fühlen: Atmen Sie tief durch und sagen Sie sich selbst folgenden Satz:

„Darauf steige ich jetzt nicht ein – ich mache es so, wie ich es richtig finde.“ Dann bedanken Sie sich bei dem anderen: „Danke – ich werde darüber nachdenken.“

Oft machen sich andere Sorgen, meinen es gut und wissen aber nicht, wie sie es ausdrücken können.

Atmen Sie tief durch.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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ENTWICKELN SIE GEGENSTRATEGIEN

Auch in uns selbst gibt es Stimmen, die uns das Leben schwer machen, sogenann-te Antreiber (Wolke). Sie sind uns sehr vertraut, weil wir sie seit der Kindheit ken-nen. Doch diese Sätze müssen nicht so bleiben. Wir können sie verändern in Sätze, die uns gut tun und uns den Alltag erleichtern (Sonne). Hier einige Beispiele:

Wolke: l Sei perfekt ! l Streng dich an ! l Beeil dich ! l Sei stark ! l Mach’s den anderen recht !

Sonne: l Auch ich darf Fehler machen ! l Ich darf es mir leicht machen. l Ich darf mir Zeit lassen. l Ich zeige, wie mir zumute ist. l Meine Bedürfnisse sind auch wichtig

JEDER KANN ETWAS TUN

Bitten Sie möglichst konkret um Unterstützung. l Fragen Sie Ihren Partner, Ihre Tochter, Ihren Sohn, eine Freundin, ob Sie zum

Beispiel am Montagnachmittag von 15 bis 18 Uhr Zeit hätten. Dies ist meist erfolgreicher als allgemein um Hilfe zu bitten.

l Fragen Sie den Nachbarn, ob er Ihren Mann an einem Tag auf seinen abendlichen

Spaziergang mitnimmt. l Bitten Sie Ihre Besucher, Kuchen mitzubringen, statt sich abzuhetzen und alles

selbst zu machen. l Gönnen Sie sich etwas: Nehmen Sie sich Zeit für sich oder verabreden Sie sich mit

Freunden.

WO IST MEIN MANN, SO WIE ICH IHN KENNE ?

Das Leben verändert sich. Der größte Lernschritt ist, die Alzheimer-Krankheit an zu-nehmen und zu akzeptieren. Dieses Annehmen bedeutet für mich, dass ich Ab striche machen muss. Das Leben verläuft nicht mehr so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Ich muss meinen eigenen Lebensplan neu definieren. Das halte ich für ungemein wich-tig. Nur so habe ich die Stärke, den Alltag und das Miteinander mit meinem kranken Mann zu ertragen und zu bewältigen.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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MICH BELASTET, DASS ICH …

Eine gute emotionale Beziehung zu den Erkrankten wirkt sich meist stress-mindernd auf die Pflege aus. Wenn die Beziehung bereits vor der Erkankung von Spannungen geprägt war, kann dies das Belastungserleben erhöhen. Hier berichten einige Angehörige, welche Situationen für sie belastend sind. Klicken Sie auf den Startknopf, um die Stimmen der Angehörigen abzuspielen.

Mich belastet, dass ich...

Hörbeispiel 1: „Ich finde es sehr anstrengend, weil meine Frau nicht mehr versteht, was ich von ihr will. Wenn ich ihr sage, was sie tun soll, dann wird sie aggressiv oder laut.“

Hörbeispiel 2:„Mein Vater kann sich nicht mehr alleine waschen und er findet auch die Toilette nicht mehr. Das belastet mich. Ich war ihm nie sehr nahe.“

Hörbeispiel 3:„Mich bedrückt es, dass mein Mann keine Orientierung mehr hat. Er will ständig nach Hause, obwohl er doch daheim ist.“

Hörbeispiel 4:„Für mich ist es eine große Belastung, dass ich kaum noch Zeit für mich habe. Meine Hobbies habe ich komplett aufgegeben und ich treffe mich kaum noch mit Freunden.“

Link zu den Hörbeispielen: http://elearning.wegweiser-demenz.de/index.php?id=42

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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TIPPS ZUM AUFTANKEN

Neben den Strategien, die den Druck von außen reduzieren können, gibt es auch Möglichkeiten, den „Akku“ aktiv wieder aufzutanken.

Hier gibt es einige Tipps von Angehörigen: l „Ich achte jetzt stärker auf meinen Körper, gehe schwimmen, fahre Fahrrad,

schlafe ausreichend oder gehe tanzen.“ l „Ich habe alte Hobbys wiederentdeckt, das bringt Lebensqualität zurück: Ich

mache Musik, gehe ins Theater, gärtnere und stricke.“ l „Ich pflege meine Beziehungen, treffe mich mit Freunden und gönne mir etwas:

Manchmal setze ich mich ins Café oder lasse mich mit einer Massage verwöhnen.“

WAS TUT IHNEN GUT ?

Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit und überlegen Sie, was Ihnen gut tut. Gestalten Sie sich damit Ihre eigene Wortwolke und drucken Sie sie aus, wenn Sie mögen.

Tragen Sie in das freie Feld unten möglichst Dinge ein, die Sie gerne umsetzen möchten.

SELBSTFÜRSORGE

Tragen Sie hier ein, was Sie gerne ganz persönlich für sich tun würden. Wählen Sie dann unten aus, wann oder wie oft Sie dies tun möchten.

Das möchte ich für mich tun:

l Das möchte ich in den nächsten 2 Monaten tun. l Das möchte ich regelmäßig einmal pro Woche tun. Dafür muss ich eine Be-

treuung finden. l Das würde ich mir gerne wieder einmal gönnen. Dafür muss ich mit vertrauten

Personen sprechen.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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PROFESSIONELLE UNTERSTÜTZUNG

Vielleicht ist es Ihnen leichtgefallen, etwas zu finden ? Sie wissen aber nicht, wie Sie dann die Betreuung organisieren sollen ?

Es gibt verschiedene Entlastungsangebote, auf die Angehörige je nach Situation und Bedürfnissen zurückgreifen können.

l Angehörigen- und Selbsthilfegruppen: Angehörigen- beziehungsweise Selbst-hilfegruppen bieten die Möglichkeit, mit anderen Menschen, die sich in einer ähnlichen Pflegesituation befinden, ins Gespräch zu kommen. Viele Angehörige nutzen das Angebot, um über ihre Sorgen, Ängste und Ver-zweiflung zu sprechen, aber auch um sich gegenseitig Unterstützung, Anregun-gen und Tipps zu geben und die Energiespeicher wieder aufzufüllen. Häufig werden die Gruppen von einer Fachkraft geleitet und begleitet. Es können je nach Bedarf Gruppensitzungen mit Schwerpunktthemen wie zum Beispiel Pflegeversicherung, Betreuungsrecht, Vorsorgevollmachten und ähn-lichen Themen stattfinden.

l Helferinnen: Regionale Alzheimer-Gesellschaften, Einrichtungen der Wohl-fahrtspflege, Ambulante Pflegedienste unter anderem vermitteln geschulte ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Diese kommen für einige Stunden nach Hause und beschäftigen sich mit den Erkrankten. Die Termine werden indivi-duell vereinbart. Dadurch soll Angehörigen der Freiraum gegeben werden, zum Beispiel in Ruhe Ihren eigenen Interessen nachzugehen oder wichtige Termine wahrzunehmen.

l Betreuungsgruppen: Alzheimer-Gesellschaften in den verschiedenen Regionen sowie unterschiedliche Wohlfahrtsverbände bieten Betreuungsgruppen zur Ent-lastung pflegender Angehöriger als niedrigschwelliges ambulantes Angebot an. Für einige Stunden am Tag werden die Betroffenen an 1 bis 2 Tagen pro Woche in Gruppen beschäftigt und betreut. Aktivierungsangebote, die auf die Bedürfnisse der Kranken ausgerichtet sind, sowie die Betreuung durch geschulte Helferinnen und Helfer sind Bestandteile des Programms. Die Betreuung wird durch ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geleistet und durch eine Fachkraft begleitet. Die pflegenden Angehörigen sollen durch die Betreuungsgruppen Entlastung erfahren, so dass sie einen zeitlichen Freiraum zur eigenen Verfügung haben.

l Ambulante Dienste: Die ambulanten Pflegestationen tragen dazu bei, dass die Erkrankten weiterhin zu Hause leben können. Die „Hauspflege“ umfasst Hilfen im Haushalt sowie die Grundpflege. Dazu gehören Körperpflege und Hilfe beim Essen. Kostenträger hierfür ist in erster Linie die Pflegekasse, je nach Umfang des Pflegebedarfs ist eine Zuzahlung notwendig.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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Die „häusliche Krankenpflege“ (Behandlungspflege) wird von examinierten Pflegefachkräften durchgeführt. Grundlage hierfür ist eine ärztliche Verordnung. Die Kosten trägt die Krankenkasse (gegebenenfalls ist eine Zuzahlung erforder-lich). Die häusliche Krankenpflege umfasst Tätigkeiten wie das Verabreichen von Medikamenten und Injektionen oder die Versorgung von Wunden.

l Tagespflegeeinrichtungen: Tagespflegeeinrichtungen zählen zu den teilstatio-nären Pflege- und Betreuungsangeboten. Die Tagespflege dient der Aktivierung und Rehabilitation durch therapeutische und pflegerische Angebote sowie durch soziale Einbindung und einen strukturierten Tagesablauf. Der Besuch einer Ta-gesstätte wirkt sich meist positiv auf das Wohlbefinden der Erkrankten aus und entlastet gleichzeitig die pflegenden Angehörigen. In der Regel verfügen die Einrichtungen über einen Fahrdienst, so dass der Hin- und Rücktransport problemlos vonstattengehen kann. Die Anzahl der Tage, an denen der Pflegebedürftige die Tagespflege besucht, bestimmen er und seine Familie. Empfehlenswert sind mindestens zwei Tage wöchentlich, ansonsten können sich die Erkrankten kaum eingewöhnen. Vor der Aufnahme wird in der Regel ein „Schnuppertag“ vereinbart. Die Tagespflegeeinrichtungen nehmen in der Regel Tagessätze zwischen 45,00 und 90,00 Euro. Die Kosten für den Aufenthalt können durch Leistungen der Pflegeversicherung, des Sozialamtes oder durch Eigenbeteiligung finanziert werden.

l Kurzzeitpflege: Die Kurzzeitpflege ist eine Leistung der Pflegeversicherung für alle Angehörigen, die länger als 6 Monate gepflegt haben. Die Kurzzeitpflege findet überwiegend in stationären Pflegeeinrichtungen statt, die mit den Pflege-kassen einen Versorgungsvertrag abgeschlossen haben. Für maximal 28 Tage im Jahr kann die Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden, so dass die Pflege-person in diesem Zeitraum zum Beispiel einen Erholungsurlaub machen kann. Kurzzeitpflegeeinrichtungen übernehmen während der Aufnahme die kom-plette Versorgung der erkrankten Person. Viele Einrichtungen haben sich auf die Versorgung demenziell erkrankter Menschen eingestellt und bieten zusätzlich ein entsprechendes Beschäftigungsangebot an.

l Verhinderungspflege: Innerhalb der Verhinderungspflege übernimmt eine an-dere Person für einige Stunden, Tage oder Wochen die häusliche Pflege: Tut dies ein Angehöriger, der bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert ist, zahlt die Pflegeversicherung nachgewiesene Kosten bis zur Höhe des jeweiligen Pflege-geldsatzes. Bei einem ambulanten Pflegedienst oder anderen mit dem Pflege-bedürftigen nicht eng verwandten Personen übernimmt die Kasse die Kosten bis maximal 1.612 Euro im Jahr.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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PFLEGEVERSICHERUNG

Die professionelle Unterstützung kann durch die Pflegeversicherung gefördert und finanziert werden.Seit Januar 2013 gelten für „Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz“, zu denen auch Pflegebedürftige mit einer Demenz gehören, nicht nur höhere Sätze beim Pflegegeld, den Sachleistungen zur Pflege und bei der Kombination von am-bulanter Pflege und Tagespflege.Auch Menschen mit beginnender Demenz, die noch keinen Pflegegrad haben, bei denen aber ein „erheblicher allgemeiner Betreuungsbedarf“ anerkannt wurde, werd n bessergestellt.

Pflegestärkungsgesetz IIAb dem 1. Januar 2017 gilt das Pflegestärkungsgesetz II. Fünf Pflegegrade treten anstelle der drei Pflegestufen. Durch den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und die neuen Begutachtungsrichtlinien werden die Individualität in der Pflege, die Selbst-ständigkeit der Pflegebedürftigen und die Ansprüche von Menschen mit Demenz nachhaltig gestärkt.

Links zu:Pflegeversicherung – Leistungen im Überblick(http://www.wegweiser-demenz.de/informationen/gesetzliche-leistungen/ pflegeversicherung.html)Das Pflegestärkungsgesetz II(http://www.pflegestaerkungsgesetz.de/die-pflegestaerkungsgesetze/)

QUIZ

Was hilft Ihnen, die Situation für Sie befriedigend zu gestalten ? (4 Antworten „richtig“)

l Den Erkrankten kontinuierlich allein pflegen, damit die Routine nicht unter-brochen wird.

l Auf eigene Freizeitbeschäftigungen verzichten und immer mit dem Erkrankten zusammen sein, denn er geht grundsätzlich vor.

l Freunde und Nachbarn ansprechen, ob sie einen Spaziergang mit dem Erkrank-ten machen.

l Hobbys aufgeben, da sonst noch mehr Stress in den Alltag kommt. l Tun, was Spaß macht: Fahrrad fahren oder ins Theater gehen. l Beziehungen zu Freunden pflegen. l Ein aufwendiges Essen vorbereiten und die Nachbarn dazu einladen. l Auch auf sich selbst achten. l Freunde und Nachbarn nicht mit den eigenen Problemen belasten.

Modul 4 – Angehörige an der Grenze Ihrer Belastbarkeit

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MODUL 5KOMMUNIKATION

INHALT

l SPRACHE ERMÖGLICHT KONTAKT

l DEMENZ: GEFÜHLE WERDEN IMMER WICHTIGER

l DIE WICHTIGSTEN REGELN

l BEISPIEL ABENDESSEN

l MENSCHEN MIT FRONTOTEMPORALER DEMENZ

l MITEINANDER INS GESPRÄCH KOMMEN

Modul 5 – Kommunikation

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SPRACHE ERMÖGLICHT KONTAKT

Wenn wir reden, greifen wir auf Worte, Erlebnisse, Zusammenhänge, Stimmungen zurück, die in unserem Langzeitgedächtnis abgespeichert sind. Obwohl sich dort unendliche Mengen von Daten befinden, besitzen wir die Fähigkeit, automatisch und blitzschnell die richtigen Informationen abzurufen.

WICHTIGÜber diese Fähigkeit verfügen Menschen mit Demenz immer weniger. Es fällt ihnen zunehmend schwerer l mitzuteilen, was in ihnen vor sich geht und l zu begreifen, was andere ihnen mitteilen wollen.

DEMENZ: GEFÜHLE WERDEN IMMER WICHTIGER*

Mit Worten können wir komplizierte Sachverhalte ausdrücken.

Doch Kommunikation verläuft auch über unsere Körperhaltung, die Mimik, über die Augen, die Lautstärke der Stimme, wie schnell oder langsam wir reden. Man spricht hier von nonverbaler Kommunikation. Noch bevor wir sprechen lernen, ist es uns schon möglich, diese Botschaften zu deuten.

WICHTIGDa bei Menschen mit Demenz die Sprache und die Bedeutung der Worte verloren gehen, orientieren sie sich stärker an l Gefühlen l Stimmungen und über die Art und Weise, wie wir miteinander in Kontakt treten.

*Ausnahme: Die Wahrnehmung der Gefühlswelt und die Fähigkeit zur Empathie nimmt bei Menschen mit frontotemporaler Demenz ab !

Modul 5 – Kommunikation

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MENSCHEN MIT DEMENZ WISSEN SICH ZU HELFEN

Zu Beginn merken Menschen mit Demenz, dass ihnen Worte und Begriffe fehlen.Sie sind sehr bemüht, ihr „Gesicht zu wahren“ und helfen sich beispielsweise, indem sie Floskeln verwenden oder Gegenfragen stellen.Eine andere Strategie von Menschen mit Demenz ist, Ersatzworte zu verwenden. Manchmal sind es auch Begriffe, die ähnlich klingen oder eine Gemeinsamkeit haben. Floskeln: Menschen mit Demenz helfen sich, indem sie Floskeln verwenden. Floskeln ersetzen die Worte, die nicht mehr erinnert werden. So versuchen Er-krankte ein Gespräch weiterhin aufrechtzuerhalten.Gegenfragen: Menschen mit Demenz antworten zum Beispiel auf die Frage:

„Wie geht es Ihnen ?“ „Mir geht es gut ! Und Ihnen ?“ Außenstehende bemerken zu diesem Zeitpunkt oft keine Veränderung und es kommt zu Äußerungen wie: „Ich habe mich nett mit Deinem Vater unterhalten.“ Denn: Menschen mit Demenz sind sehr bemüht, ihr „Gesicht“ zu wahren.Ersatzworte: Eine andere Strategie von Menschen mit Demenz ist, Ersatzworte zu verwenden, wie „Gib mir mal dieses Dings da“ oder „Ich habe ‚jemanden‘ getroffen“.Begriffe, die ähnlich klingen: Manchmal sind es auch Begriffe, die ähnlich klingen oder eine Gemeinsamkeit haben, zum Beispiel „Gib‘ mir mal die Teekasse“ oder

„Siehst Du den Baum da ?“ obwohl es sich um einen Kirchturm handelt.

DIE INNERE WELT AKZEPTIEREN

Menschen mit Demenz sind erwachsene Menschen. Auch wenn einige gerne Puppe n im Arm halten, so sind und bleiben sie doch Erwachsene. Sie leben zunehmend in ihrer „eigenen Welt“. Das meint, dass Vergangenes erlebt

werden kann, als würde es aktuell in der Gegenwart geschehen. In der Kommunikation mit Menschen mit Demenz ist es daher wichtig l zu versuchen, deren innere Welt zu verstehen. l nicht auf Fehler hinzuweisen oder darauf zu beharren, Recht zu haben. l wenn etwas nicht klappt, zum Beispiel den Mantel anziehen, es nicht erzwingen

wollen. Besser ist, den Raum zu verlassen. Bei einem neuen Anlauf, einige Minu-ten später, geht es meist viel leichter.

Nachfolgend finden Sie einige konkrete Tipps zur Kommunikation.

Modul 5 – Kommunikation

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DIE WICHTIGSTEN REGELN DER VERSTÄNDIGUNG

l Wenden Sie sich dem Erkrankten zu, nehmen Sie Blickkontakt auf und ver ge-wissern Sie sich, dass der Betroffene Sie hört.

l Geben Sie nicht zu viele Informationen auf einmal, sondern nur eine.

l Sprechen Sie einfach und deutlich.

l Verwenden Sie einfache, kurze Sätze.

l Sprechen Sie langsam und unterstreichen Sie Ihre Worte durch Mimik, Gestik und Berührung.

l Versuchen Sie nicht, den Kranken von Ihrer Meinung zu überzeugen, sondern versuchen Sie, ihn mit seiner Meinung zu verstehen.

Modul 5 – Kommunikation

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ABENDESSEN ZUM ZWEITEN

Video zu Alltagssituationen: Abendessen Variante 2Ein Mann und eine Frau stehen in der Küche. Der Mann steht am Waschbecken und wäscht Salat. Die Frau steht am Herd und bereitet Essen in einem Topf zu.Sprecher: Es ist grundsätzlich vorteilhaft, Erkrankte so viel wie möglich in alltäg-liche Aufgaben einzubeziehen.Die Frau wendet sich dem Mann zu. Er schaut Richtung Kochtopf.Frau: Es ist fast sechs Uhr. Gleich gibt es Abendessen – Gulasch mit Kartoffeln.Mann: Schön.Frau: Mh, mhm.Sprecher: Geben Sie immer nur einzelne Aufträge und nehmen Sie dabei Blick-kontakt auf.Die Frau dreht sich dem Mann zu. Sie öffnet einen der oberenKüchenschränke. Der Mann entnimmt zwei Teller. Die Frau weist den Mann in eine Richtung und berührt ihn an der Schulter. Der Mann stellt die Teller auf den Esstisch.Frau: Wir brauchen heute die großen Teller. Stellst Du sie dort auf denTisch, bitte ?Mann: Ja.Sprecher: Mit klar formulierten Anweisungen werden überfordernde Situationen vermieden.Der Mann geht zurück in die Küche. Die Frau öffnet eine Schublade und gibt ihm zwei Messer und zwei Gabeln. Der Mann legt das Besteck zu den Tellern auf dem Tisch. Die Frau bereitet den Salat zu.Frau: Gut. Und jetzt Messer und Gabel.Mann: Schön. Ja.

Frau: Wunderbar. Gut. Hast Du gut gemacht.Der Mann und die Frau sitzen gemeinsam am gedeckten Esstisch und essen Gulasch mit Kartoffeln und Salat. Sie unterhalten sich.Frau: Anna hat angerufen. Max kommt morgen.Mann: Ach schön. Ja.Frau: Ja, das ist ein ganz Lieber.Mann: Ja.Frau: Da können wir wieder spielen zusammen. Das macht Dir auchFreude.Mann: Max.Frau: Ja, Max.Mit einem Wasserglas stoßen sie an. Sie trinken aus dem Glas. Die Fraubietet dem Mann mehr Kartoffeln an. Dann legt sie ihr Hand auf die Hand desMannes. Sie schauen sich an. Er legt seine zweite Hand auf ihre.Frau: Komm, wir trinken noch mal auf den Enkel.Frau: Ich nehme mir noch mal. Möchtest Du auch noch Kartoffeln ?Mann: Nein danke. Aber es schmeckt richtig gut.Frau: Ach das ist schön, mein Lieber.

Modul 5 – Kommunikation

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Erinnern Sie sich an die Abendessenssituation im Film aus Modul 3: Den Alltag leben ? Hier sehen Sie eine zweite, positivere Variante des Films. Schauen Sie selbst...

WELCHE ERFAHRUNGEN MACHEN SIE ?

Nehmen Sie sich kurz Zeit und überlegen Sie, was Ihrer Meinung nach am ehesten zur Beruhigung solcher oder ähnlicher Situationen beiträgt.

l langsam sprechen l in die gemeinsame Tätigkeit einbeziehen l aktive Gesprächsangebote bieten und sich zuwenden l räumlich, zeitlich und zu Personen Orientierung geben l Lob und Anerkennung geben

MENSCHEN MIT FRONTOTEMPORALER DEMENZ BRAUCHEN ANDERES

Menschen mit einer frontotemporalen Demenz: l können oft mehr verstehen, als ihr Verhalten glauben lässt. l haben Schwierigkeit, bei einer Sache zu bleiben, denn sie lassen sich leicht ab-

lenken. l reagieren spontan auf äußere Reize und können diese oft nicht kontrollieren,

zum Beispiel können sie große Mengen essen, ohne dass sich ein Sättigungs-gefühl einstellt.

l sind schnell frustriert, wenn sie von einem Vorhaben abgehalten oder wenn sie

unterbrochen werden. l haben oft einen hohen Bewegungsdrang. l legen Wert auf Abstand – zu viel Nähe irritiert. l zeigen starkes territoriales und ritualisiertes Verhalten. l beschäftigen sich gerne mit Zahlen, sie ordnen gerne, sortieren und räumen aus. l beharren auf einer klaren Struktur.

Modul 5 – Kommunikation

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STRATEGIEN & GRUNDSÄTZE FÜR DEN UMGANG MIT FRONTOTEMPORALER DEMENZ

l Wissen, es ist die Krankheit, der andere will nicht verletzen l Aggressives Verhalten kann verschiedene Gründe haben:

– Unsicherheit – Ängste – Überforderung l Abbrechen von begonnenen Handlungen ruft Aggression hervor l Vorsicht vor zu viel Reizen

Konkrete Tipps: SanftMUTIG – Eine Handreichung für Angehörige als PDF (Portables Dokument Format) http://elearning.wegweiser-demenz.de/fileadmin/templates/ pdf/Kurs_Demenz_SanftMUTIG_Handreichung_fuer_Angehoerige.pdf

MITEINANDER INS GESPRÄCH KOMMEN

Menschen mit Demenz fällt es immer schwerer, von sich aus ein Gesprächsthema zu beginnen. Sie benötigen Anregung von außen. Sie möchten angesprochen werde n.

Wir haben Angehörigen die Frage gestellt, wie es ihnen gelingt, miteinander ins Gespräch zu kommen. Hier finden Sie ein paar Antworten:

l Ich hole gerne alte Fotoalben hervor und die schauen wir uns gemeinsam an.

l Wir sind früher viel gereist. Ich besorge immer mal wieder Reisekataloge und wir reden dann über unsere Reisen.

l Am besten reden wir miteinander, wenn wir etwas gemeinsam tun, z. B. im Garten arbeiten oder wenn wir spazieren gehen. Dabei rede ich über das, was ich sehe.

l Ich bringe meiner Mutter gerne Spezialitäten aus der Heimat mit und wir reden über Rezepte.

Modul 5 – Kommunikation

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MIT HUMOR GEHT ES LEICHTER

l Mit Humor ist es möglich, unangenehme Situation zu entspannen. l Gemeinsames Lachen stärkt die Beziehung. l Humor kann dabei helfen, Ängste und Spannungen abzubauen.

Menschen mit Demenz haben oft eine sehr humorvolle Seite.Ein Mann mit Demenz, der im Schlafanzug auf der Straße unterwegs ist, wird von einem Passanten angesprochen: „Was haben Sie denn da an ?“ Der Mann antwortet:

„Ja, da sind Sie neidisch – der ist maßgeschneidert.“

QUIZ

1 Für Menschen mit Demenz wird die Kommunikation immer wichtiger über

und Mimik.

2 Allmählich verlieren die Wörter ihre

.

3 Um ihr Gesicht zu wahren, greifen die erkrankten Menschen oft zurück auf

.

4 Wenn sie auf eine Frage nicht antworten können, stellen sie häufig

.

5 Bei der Verständigung mit Demenzkranken helfen Gesten,

sowie

.

Antwortmöglichkeiten: l Bedeutung l Floskeln l Gegenfragen l Körperhaltung l Mimik l klare und einfache Sätze

Modul 5 – Kommunikation

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MODUL 6UMGANG MIT SCHWIERIGENSITUATIONEN

INHALT

l HERAUSFORDENDES VERHALTEN

l „MEIN MANN WILL NACHTS ZUR ARBEIT“

l UMGANG MIT SCHWIERIGEM VERHALTEN

l VIER SCHRITTE

l 1. PROBLEM BENENNEN

l 2. URSACHEN SUCHEN

l 3. WIE FÜHLT SICH DIES AN ?

l 4. LÖSUNGEN FINDEN

l NEUES AUSPROBIEREN

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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HERAUSFORDERNDES VERHALTEN

Es gibt ‚blaue‘ und ‚graue‘ Tage und es gibt ‚andere‘ Tage.

Bedingt durch die Demenz kommt es immer wieder zu Verhaltensweisen, die An-gehörige zum Verzweifeln bringen können: Menschen mit Demenz verweigern die Pflege, werden aggressiv, beschuldigen Angehörige, ihnen Geld gestohlen zu haben, oder werden ganz apathisch und lassen sich zu nichts motivieren. Die Fachwelt hat dafür den Begriff Herausforderndes Verhalten geprägt.

In der Regel versuchen Angehörige dann zu beruhigen oder zu erklären – ein Verhalten, das ‘normalerweise’ funktioniert. Doch bei einer Demenz misslingt es häufig: Es wird eher schlimmer.

„MEIN MANN WILL NACHTS ZUR ARBEIT“

Mein Mann wird in der Nacht oft wach und ist sehr verwirrt. Er will dann aufstehen und zur Arbeit gehen. Wenn ich ihm sage, dass er schon lange nicht mehr arbeitet, wird er sehr böse und beschimpft mich. Letztes Mal hat er mich so wütend angesehen, dass ich richtig Angst vor ihm bekommen habe. Er lässt sich dann überhaupt nicht über-zeugen. Tagsüber ist er oft sehr müde und legt sich schlafen. Das bringt unseren ganzen Rhythmus durcheinander. Langsam bin ich am Ende meiner Kräfte. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll !

„ER GLAUBT, ER MUSS ZUR ARBEIT“

Wenn Sie ihn vom Gehen abhalten wollen, wird er aggressiv ? Ja ? Ist er ansonsten

aggressiv ? Nein. Dann ist es wahrscheinlich so, dass Ihr Mann in diesem Moment tat-sächlich denkt, dass er zur Arbeit muss. Ich kann mir vorstellen, dass er ein sehr pflicht-bewusster Mensch war. Nun kann er sich zeitlich nicht mehr gut orientieren, doch sein Verantwortungsgefühl ist geblieben: Er will auf gar keinen Fall zu spät kommen. In seiner „Realität“ kann er daher gar nicht verstehen, dass Sie ihn nicht unterstützen, sondern ihn sogar von seinem Vorhaben abhalten wollen. Das ist erst einmal sehr ver-wirrend. Wahrscheinlich fühlt er sich nicht ernst genommen und wird dann ärgerlich …

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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UMGANG MIT HERAUSFORDERNDEM VERHALTEN

Auch wenn bei einer Demenz die Orientierung für Zeit und Ort verloren geht, so bleiben doch tief verankerte Persönlichkeitsmerkmale erhalten wie zum Beispiel Pflichtbewusstsein, Vorlieben, Abneigungen, alte Gewohnheiten, Schamgefühle, Ängste, … . Aus Sicht des Demenzkranken, aus seiner inneren Welt heraus, ist sein Verhalten logisch.

Der Kranke lebt in seiner Realität und kann sich nicht mehr anpassen. Eine Stra-tegie ist, dass sich Angehörige auf die Suche machen, um herauszufinden: Was will der andere mir damit sagen ?

Gerade bei herausforderndem Verhalten fällt es oft nicht leicht, dieses Verhalten zu verstehen.

Als Leitfaden können folgende vier Schritte hilfreich sein:

VIER SCHRITTE

WichtigIn vier Schritten zu einer möglichen Lösung:1. Versuchen Sie, das Problem genau zu benennen.2. Was könnte die Ursache für das Verhalten sein ?3. Das Verhalten verstehen.4. Welche Lösungen gibt es ?

1. Das Problem genau benennen

Der erste Schritt ist, das Problem möglichst klar in ein paar kurzen Sätzen zu be-nennen.Im Falle von Gerda könnte sie also sagen:Mein Mann wird aggressiv, wenn ich ihn nachts abhalten will, „zur Arbeit zu gehen“.

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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2. Ursachen suchen

Video zu Tipp 2: Ursachen SuchenUm Ursachen auf die Spur zu kommen, können folgende Tatsachen unterstützen:Der Text „Ursachen suchen“ erscheint in Großbuchstaben in der Mitte der Einstellung auf einem grauen Hintergrund.Wann genau tritt das Problem auf ? Oft werden Menschen mit Demenz abends unruhiger. Sie sind dann weniger belastbar während sie vormittags eine eher aktive Phase haben.Der Text „Wann genau tritt das Problem auf ?“ erscheint zusammen mit einer Zeich-nung einer Standuhr.Wie häufig tritt das Problem auf ? Handelt es sich um ein regelmäßig auftretendes Verhalten ? Seit wann tritt dieses Problem auf und kommt es immer häufiger vor ?Ein grüner Pfeil zeigt auf den nächsten Text „Wie oft tritt es auf ?“, der zusammen mit der Zeichnung eines Kalenders erscheint.Was ging dem Verhalten voraus ?War es vielleicht zu laut ? Waren zu viele Menschen da ? Konnte der Mensch mit Demenz sich nicht entsprechend bewegen ? Wollte er sich nützlich machen ?Ein weiterer grüner Pfeil erscheint und zeigt auf den Text „Was ging dem Verhalten vor-aus ?“. Außerdem erscheint das Bild eines Holztisches, an dem fünf Menschen gemein-sam sitzen.Steht das Verhalten in Zusammenhang mit einer bestimmten Person ?Manchmal tritt das Verhalten gerade bei Personen auf, bei denen sich Menschen mit Demenz am sichersten sind. Bei Ihnen können sie es sich ‘leisten’, so zu sein, wie sie sind. Ein grüner Pfeil der auf den Text „Hängt es mit jemanden zusammen ?“ und das Bild einer älteren Frau zeigt, erscheint.Oder aber das Verhalten tritt bei Personen auf, deren Gesicht, Sprache und deren Art den Demenzkranken an jemanden erinnern, mit dem sie schlechte Erfahrungen gemacht haben.Manchmal sind es aber auch Verständigungsprobleme: der Kranke versteht nicht, was er machen soll, ist verunsichert und verweigert sich dann.Wann tritt das Verhalten nicht auf ?Gibt es Situationen, die den üblichen Situationen ähnlich sind, in denen das Verhal-ten nicht auftritt ?Ein grüner Pfeil zeigt auf den nächsten Text „Wann tritt es nicht auf ?“,neben dem eine Sonne erscheint.

Link zum Film: http://elearning.wegweiser-demenz.de/index.php?id=133

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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3. Verhalten verstehen

Stellen Sie sich vor:Sie wachen mitten in der Nacht auf, sind orientierungslos und erschrecken, weil Sie beispielsweise denken, Sie kommen viel zu spät zur Arbeit …

Wenn Gerda nachvollziehen kann, dass auch sie verwirrt wäre, sich nicht verstan-den fühlen und ärgerlich werden würde, wenn sie von einem dringenden Vorhaben abgehalten werden würde, gelingt es ihr leichter, ruhig zu bleiben. Sie nimmt die Reaktion nicht mehr persönlich.

4. Lösungen finden

Mit ein wenig Zeit und etwas Fantasie lassen sich Antworten auf die Frage finden: „Was bräuchte er in diesem Moment ?“

Könnte es ihm helfen, wenn … l er einen großen Wecker in Sichtweite hätte ? l ich ruhig bleiben würde und ihm Orientierung geben würde ? l er gesagt bekommen würde, dass noch Wochenende ist oder wir noch Urlaub

haben ? l der Vorschlag käme, gemeinsam aufzustehen, um eine Tasse Tee zu trinken ? l man ihn verstehen würde und er sich darauf verlassen könnte, dass er rechtzeitig

geweckt wird ?

NEUES AUSPROBIEREN

Ja, es stimmt, es bringt uns beiden nichts, wenn ich anfange mit ihm zu diskutieren. Es ist besser, wenn ich selber ruhig bleibe und ihn ernst nehme. Ich glaube, ich sage ihm das nächste Mal, dass wir noch Urlaub haben und dass er sich wieder schlafen legen darf.

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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ALLGEMEINE REGELN

Verhalten ist immer auch Kommunikation und damit eine Reaktion auf das, was Menschen mit Demenz gerade erleben. Wenn beispielsweise das Radio zu laut ist, kann sich ein Mensch mit Demenz schnell überreizt fühlen.

WICHTIG l In der Regel verhalten sich Menschen mit Demenz nicht so, um den anderen zu

ärgern oder ihm weh zu tun. l Sie haben häufig keine andere Möglichkeit, sich auszudrücken. l Durch ihr Verhalten wollen sie etwas mitteilen.

JEDE REAKTION HAT EINEN AUSLÖSER

Es gibt viele Situationen im Alltag, die schwierig sind, für die sich hilfreiche Erklä-rungen und Lösungen finden lassen. Jedoch: Nicht immer lässt sich eine Erklärung und Lösung finden !

Was glauben Sie, was der Grund dafür sein kann, l ... wenn Menschen mit Demenz ständig laut rufen ?

Für lautes Rufen... könnten beispielsweise Schmerzen die Ursache sein... oder die erkrankte Person hat keine andere Möglichkeit, ihr Unbehagen oder

ihre Not auszudrücken. l ... wenn Menschen mit Demenz alle Hilfsangebote verweigern ?

Wenn Hilfsangebote verweigert werden, ... könnte eventuell die Angst bestehen, ins Heim zu ‘müssen’ ... oder aber die Angst vor Fremdem und vor dem Verlust von Selbständigkeit.

l ... wenn Menschen mit Demenz Angehörige beschuldigen, Geld gestohlen zu haben ?Beschuldigungen... könnten ein Versuch sein, sich Unverständliches zu erklären. Beispielsweise, dass das Geld, das doch gerade noch in der Handtasche war, plötzlich ver-schwunden ist. Die Erinnerung daran, dass das Geld vielleicht vorher zwischen die Bettlaken gesteckt wurde, ist verschwunden.

l wenn Menschen mit Demenz nach Hause wollen, obwohl sie zu Hause sind ?Wenn erkrankte Menschen nach Hause wollen, obwohl sie zu Hause sind... könnte dies beispielsweise ein Ausdruck von Pflichtbewusstsein sein („Meine Mutter wartet auf mich !“) oder der Wunsch nach Geborgenheit.

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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l ... wenn ein Mensch mit Demenz gegenüber der jungen Pflegerin anzüglich wird ?Anzüglichkeiten gegenüber der jungen Pflegerin können daher rühren,... dass Aussagen missverstanden werden. Zum Beispiel, wenn die Pflegerin sagt: „Dann gehen wir mal ins Bett.“ ... dass es sich um eine Form der Demenz handelt (Frontotemporale Demenz), bei der sich die Betroffenen nicht mehr kontrollieren können und entweder ihre sexuellen oder oralen (Essen) Bedürfnisse ‘maßlos’ werden.

WEGLAUF- ODER HINLAUFTENDENZ

Manche Menschen mit Demenz haben einen großen Bewegungsdrang. Sie können weite Strecken zurücklegen.

Die Angst, dass sie nicht mehr zurückfinden oder ihnen etwas zustößt, ist der häu-figste Anlass, sie festzuhalten oder den Bewegungsdrang zu unterbinden.

Jemanden in seiner Bewegungsfreiheit einzuschränken und ihn ohne dessen Zu-stimmung zum Beispiel einzuschließen, bezeichnet der Gesetzgeber als „freiheits-entziehende Maßnahme“.

Untersuchungen ergaben, dass freiheitsentziehende Maßnahmen ein hohes Gefah-renpotential mit sich bringen. Sie sollten daher nur als letzte Möglichkeit ange-wendet werden. Weitere Informationen dazu finden Sie unter: Eure Sorge fesselt mich (https://www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-fach-und-pflegekraefte/eure-sorge-fesselt-mich/).

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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FESTHALTEN MUSS NICHT SEIN

Häufig ist es nicht erforderlich, den Erkrankten festzuhalten. Es gibt eine Anzahl von Alternativen, den Bewegungsdrang zuzulassen, die auch Angehörige entlasten:

l Wir organisieren oft Spaziergänge mit Nachbarn oder ich fahre selber mit dem Fahrrad mit, wenn meine Frau zu schnell oder zu weit läuft.

l Wir haben auch einige technische Lösungen, wie einen Chip im Schuh und ein Ortungssystem eingesetzt.

l Da mein Mann schon öfter weggelaufen ist, haben wir Kontakt mit der Polizei aufgenommen und dort ein aktuelles Foto hinterlegt.

l Wir haben in den Mantel und die Kleidung meiner Mutter die Adresse eingenäht.

HELFEN MEDIKAMENTE ?

Wenn die Verhaltensauffälligkeiten sehr ausgeprägt sind und für den Menschen mit Demenz oder seine Bezugspersonen eine große Belastung darstellen, können Medikamente, beispielsweise sogenannte Neuroleptika, helfen.Jedoch haben Neuroleptika – besonders bei älteren Menschen mit Demenz – oft negative Nebenwirkungen: Es kommt zu einer erhöhten Sturzgefährdung und zu einem vermehrten Schlaganfallrisiko.Eine Behandlung mit Neuroleptika sollte daher in möglichst niedriger Dosierung über möglichst kurze Zeit sowie unter engmaschiger Kontrolle des Arztes erfolgen.Manchmal gelingt es nicht, die Medikamente ambulant einzustellen, dann wird ein Aufenthalt im Krankenhaus notwendig.

Tipp eines Angehörigen:Meine Frau schläft sehr schlecht. Daher nehme ich zusammen mit meiner Frau ein- bis zweimal in der Woche gemeinsam eine Schlaftablette. Dann sind wir beide ausgeschlafen. Das hat sich für uns bewährt.

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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IM KRANKENHAUS

Ein Krankenhausaufenthalt kann wegen einer Operation oder auch zur Einstellung der Medikamente und zur Beobachtung des Erkrankten notwendig werden.

Im Krankenhaus zu sein ist für Menschen mit Demenz oft anstrengend, denn … l in der fremden Umgebung nimmt ihre Orientierunglosigkeit zu. l das Personal ist häufig unerfahren mit Menschen mit Demenz und die Verständi-

gung wird zu einem noch größeren Problem. l sie verstehen die Anweisungen der Ärzte und Pflegekräfte nicht.

HILFREICHE VORBEREITUNGEN FÜR EINEN KRANKENHAUSAUFENTHALT

Hier die drei wichtigsten Tipps, um einen notwendigen Krankenhausaufenthalt ‘abzumildern’: l Informieren Sie das Personal über die Demenzerkrankung und darüber, was

der Kranke selbständig kann und bei welchen Verrichtungen er Unterstützung braucht. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hat einen Krankenhausbogen entwickelt, den Sie einsehen und herunterladen können.

l Wenn jemand aus der Familie die Möglichkeit hat, mit ins Krankenhaus zu gehen, fragen Sie beim Krankenhaus nach, ob Rooming-in möglich ist und klären Sie im Vorfeld mit der Krankenkasse die Kostenübernahme ab.

l Wenn Sie rechtlicher Betreuer oder Bevollmächtigter sind, informieren Sie das Krankenhauspersonal und hinterlegen Sie die Kopien. Nur dann werden Sie in die ärztlichen Entscheidungen einbezogen. Wenn vorhanden, legen Sie auch eine Kopie der Patientenverfügung bei.

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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QUIZ

Angehörige von Menschen mit Demenz sind oft mit herausforderndem Verhalten konfrontiert. Stellen Sie sich vor, dass der oder die Erkrankte nachts aufsteht und zur Arbeit gehen möchte. Was würden Sie tun, um die Situation zu entspannen ?

Ordnen Sie das Verhalten in hilfreiches und weniger hilfreiches Verhalten ein. l erklären, dass noch Wochenende ist. l den Erkrankten einschließen. l streng und mit Nachdruck sagen, dass jetzt Schlafenszeit ist. l aufstehen und gemeinsam eine Tasse Tee trinken. l das Problem ausdiskutieren. l einen großen Wecker in Sichtweite stellen. l ruhig bleiben und Orientierung geben. l genau erklären, dass die Berufszeit vorüber ist.

Das hilft, die Situation zu entspannen:

Das ist wenig hilfreich:

Modul 6 – Umgang mit schwierigen Situationen

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MODUL 7AKTIVITÄTEN, TIPPS, MATERIAL

INHALT

l AKTIV SEIN

l WORAUF ES ANKOMMT

l DAS ALLTÄGLICHE MITEINANDER

l MUSIK UND KULTUR

l SICH TRAUEN ?

l SICH ERINNERN – ABER WIE ?

l ERINNERUNGSKISTE

l SPIELEN

l SICH BEWEGEN

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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AKTIV SEIN

Die meisten Menschen mit Demenz wollen ihre Fähigkeiten nutzen und etwas Sinnvolles tun.

Doch oft fällt es ihnen schwer, sich selbst zu beschäftigen.

Dann sind Impulse von außen nötig, die Körper, Geist und Sinne anregen. Die An-gebote sollen sich dabei an den vorhandenen Fähigkeiten und Wünschen orientie-ren und Spaß machen.

WORAUF ES ANKOMMT

Wie der gemeinsame Alltag jeweils gestaltet wird, ist individuell sehr verschieden und sollte sich an der Lebensgeschichte und den aktuellen Bedürfnissen orientie-ren.

Grundsätzlich gilt: l Die Aktivität sollte Freude bereiten. l Sie sollte nicht mit Stress und Leistungsdruck verbunden sein. l Nichts abnehmen, was der andere noch selbstständig tun kann. l Sie sollte weder unter- noch überfordern. l Mit einplanen, dass alles mehr Zeit braucht. l Für einen sicheren Rahmen sorgen.

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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DAS ALLTÄGLICHE MITEINANDER

Video zum Thema „Das alltägliche Miteinander“Der Text „ Das tägliche Miteinander“ erscheint in der Mitte der Einstellung auf einem grauen Hintergrund.Das tägliche MiteinanderEin Mann und eine Frau, die gemeinsam auf einem Sofa sitzen und sich an der Hand fassen, sind zu sehen. Rechts neben ihnen befindet sich eine Lampe, links sind Küchen-mobiliar mit Spüle, Herd und Ofen zu sehen. Oben links ist ein Schrank zu sehen. Im Alltag lassen sich eine Fülle von Tätigkeiten finden, die Sie mit dem erkrankten Menschen machen können.Ein Hund läuft von rechts nach links durchs Bild. Die Frau und der Mann stehen auf und folgen ihm. Die Möbel verschwinden und Frau und Mann stehen neben einander vor einem grauen, leeren Hintergrund.Das schafft Gemeinsamkeit und die erkrankte Person fühlt sich einbezogen und kann sich ‚nützlich‘ machen.Unterschiedliche Gegenstände, wie ein Einkaufswagen, Kasse, Einkaufskorb, eine Spüle mit Geschirr und eine Gartenschubkarre, Kerrbesen, Gießkanne, Gummistiefel, Pflanze, Spaten, Gartenzange, Wasserschlauch und Vogelhaus erscheinen um den Mann und um die Frau herum.Sie können zum Beispiel gemeinsam einkaufen, das Geschirr spülen oder im Garten arbeiten.Die Gegenstände verschwinden wieder. Nun erscheinen Notenzettel, Blasinstrument und Geige sowie Wanderstiefel, Rucksack, ein angeleinter Hund und ein Wanderstock.Wenn Zeit ist, macht es Spaß, gemeinsam ein Lied zu singen oder einen Spaziergang zu unternehmen.Oder Sie setzen sich eine Stunde gemeinsam an den Küchentisch und schauen sich alte Fotos an.Die Gegenstände verschwinden abermals. Es erscheint ein kleiner Tisch auf dem sich ein Karton mit der Aufschrift „Fotos Italien ’83“, ein Fotoalbum und zwei Fotos befin-den. Außerdem erscheint ein Sofa, auf dem sich Mann und Frau gemeinsam setzen. Dies trägt dazu bei, dass der oder die Erkrankte sich angesprochen und eingebun-den fühlt.Gemeinsam schauen sich die beiden auf dem Sofa das Fotoalbum an.Und das ist ein gutes Gefühl.

http://elearning.wegweiser-demenz.de/index.php?id=147

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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MUSIK UND KULTUR

Musik gehört für viele Menschen zum Leben. Das ändert sich auch nicht durch eine Demenz.

Musik berührt die Gefühle auf verschiedene Art und Weise: einerseits durch Melo-die und Rhythmus, andererseits weckt Musik Erinnerungen. Oft sind Lieder mit bestimmten Anlässen verbunden, ob mit Jahreszeiten, Festtagen oder Erinnerungen an gemeinsame Lagerfeuer-Runden.

Je nach Neigung und Vorerfahrung kann aktiv Musik gemacht werden, zum Bei-spiel singen oder ein Instrument spielen. Andere gehen gerne in Konzerte oder am Sonntag in die Kirche.

SICH TRAUEN ?

Wir sind früher viel verreist. Wir waren auch viel im Ausland. Mein Mann hat eine Schwester in Kanada und er würde sie sehr gerne wieder einmal besuchen. Ich würde ihm auch gerne diesen Wunsch erfüllen, doch ich bin sehr unsicher. Haben Sie Erfah-rungen damit ? Ich habe Sorge, dass ich meinen Mann damit völlig überfordere und hinterher alles viel schlimmer ist.

VIELES IST MÖGLICH

Waren Ihr Mann und Sie früher schon einmal bei seiner Schwester in Kanada ? … Ah ja, er kennt sich dort gut aus und seine Schwester weiß auch um die Erkrankung.

Angehörige berichten, dass Reisen an einen bekannten Ort meist noch sehr gut gehen. Wichtig dabei ist, dass Sie als Angehörige Sicherheit ausstrahlen und dass Sie mehr Zeit einplanen als sonst. Wenn Sie selber in Stress geraten, überträgt sich dies und dann kann es schwierig werden.

SICH ERINNERN, ABER WIE ? – ERINNERUNGSREISEN

Auch wenn es zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr möglich ist, gemeinsam zu verreisen, so bleiben doch viele Erinnerungen daran.

Fotoalben, Reisekataloge oder Bildbände können dabei unterstützen, immer noch „auf Reisen zu gehen“, indem man sich die Fotos anschaut und sich dann gegenseitig die Geschichten dazu erzählt.

Ein Marmeladenglas, der Geruch von frischem Heu, die Leberwurst oder die duften den Tomaten aus dem Garten können auch Erinnerungen wachrufen.

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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LEGEN SIE EINE INDIVIDUELLE ERINNERUNGSKISTE AN

Vielleicht haben Sie Lust, eine Kiste, einen Korb oder eine Schublade mit unter-schiedlichen Gegenständen zu füllen. Es können Fotos, Postkarten, ein besonderes Tuch oder ein Stoff, Kuscheltiere, Muscheln et cetera. sein, die für Sie und Ihre Familie Bedeutung haben und mit positiven Erinnerungen verbunden sind.

Welche Gegenstände oder Fotos fallen Ihnen spontan ein, die Sie in eine Erinne-rungskiste packen könnten ?Vielleicht ergibt sich demnächst schon eine Gelegenheit, zu der Sie die Kiste ge-meinsam packen können.

Sie können die Gegenstände auf der nächsten Seite eintragen und die Wortwolke dann über das Drucksymbol ausdrucken.

ERINNERUNGSKISTE

Tragen Sie hier ein, welche Gegenstände Sie in die Erinnerungskiste packen möchten.

SPIELEN

Wenn die Verständigung über Worte nicht mehr so gut funktioniert, kann Spielen eine schöne Abwechslung darstellen. Damit das Spielen nicht unter Leistungsdruck gerät, sind einige Grundregeln zu beachten:

l Wählen Sie einfache Spiele aus und vereinfachen Sie die Regeln. l Tadeln Sie Menschen mit Demenz nicht, wenn sie falsch spielen. Ziel ist, zu sam-

men zu sein und Spaß miteinander zu haben. l Es geht weniger um Siegen und Verlieren: Alle Mitspieler – auch die Kinder –

sollte n darum wissen.

Welche Spiele eignen sich ?Tast-Kim (Gegenstände ertasten und merken), Bilderrätsel, Puzzles und einfache Kartenspiele können je nach Fähigkeiten gut zusammen gespielt werden.

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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SICH BEWEGEN

Sich aktiv zu bewegen kann zu einer deutlichen Verbesserung des Wohlbefindens führen. Gerade Menschen mit Demenz haben häufig einen hohen Bewegungsdrang. Neben dem gemeinsamen Spazierengehen gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, sich zu betätigen.

In der Natur sein, kann auch Balsam für die Seele sein, zum Beispiel gemeinsam in der Sonne sitzen und die Wärme auf der Haut spüren oder abends in den Sternen-himmel sehen.

IN GEMEINSCHAFT BLEIBEN

Wenn beispielsweise im Verein die anderen über die Krankheit Bescheid wissen, lassen sich oft noch über einen längeren Zeitraum Möglichkeiten finden, weiter mitzumachen: Es kann schon eine Erleichterung sein, wenn jemand vorbei kommt, um den Erkrankten abzuholen.

Inzwischen gibt es Chöre, Theatergruppen, Sportgruppen, Tanznachmittage für Menschen mit Demenz, die auch gerne von anderen besucht werden.

Auch gibt es zahlreiche Urlaubsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Ange-hörigen. Ob Meer, Hügellandschaft oder Ebene – für (fast) alle ist etwas dabei.

Die Liste der Urlaubsangebote erhalten Sie über das Alzheimer-Telefon: 030 - 259 37 95 14 (nach Tarif) 01803 - 17 10 17 (0,09 € / Minute) Ein Service der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

QUIZ

Bei Menschen mit Demenz gehen manche Fähigkeiten verloren, andere bleiben erhalten. Entscheiden Sie, ob richtig oder falsch.

l Menschen mit Demenz möchten ebenso wie jede andere Person auch gerne etwas Sinnvolles tun.

l Doch brauchen sie dabei Unterstützung und manchmal auch Anregungen von außen.

l Mit ausreichend Druck lassen sich in der Regel noch Höchstleistungen erzielen. l Trotz Demenz kann man weiter im Verein aktiv sein, wenn die anderen Ver-

einsmitglieder Bescheid wissen und Sie unterstützen.

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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l Menschen mit Demenz haben die Fähigkeit zu singen verloren. l Am Alzheimer-Telefon erhalten Sie Informationen zu Reisen, die speziell für

Menschen mit Demenz gedacht sind. l Außerdem können Sie sich beim Alzheimer-Telefon über weitere Beschäfti-

gungsangebote in Ihrer Nähe informieren, die Sie entlasten können. l Das Alzheimer-Telefon ist nur für Notfälle gedacht.

AM ENDE ANGEKOMMEN

Vielen Dank, dass Sie sich für diesen Kurs interessiert haben und dass Sie bis zum Ende dabei geblieben sind.

Wenn Sie jetzt zurückblicken

… vielleicht haben Sie Interessantes und Neues beim Kurs über Demenz erfahren.

… vielleicht erinnern Sie sich an einige für Sie wichtige Gedanken.

… vielleicht haben Sie mal das eine oder andere umgesetzt.

GEBEN SIE IHR WISSEN WEITER

Die Erfahrungen, die Sie sammeln, sind von Bedeutung – auch Ihre Fragen, Kränkun gen und Unsicherheiten.

Reden Sie darüber – schreiben Sie zum Beispiel einen Beitrag für das Ratgeber-forum des Wegweisers Demenz (http://www.wegweiser-demenz.de/weblog-und-

forum/rat-im-internetforum.html), das Forum der Deutschen Alzheimer Gesellschaft (https://www.deutsche-alzheimer.de/) oder für die Zeitschrift Alzheimer-Info. Schreiben Sie uns an info@deutsche-alzheim er.de oder rufen Sie uns unter 030 259 37 95-0 an – wir tragen es weiter.

Nur so kann es gelingen, dass es immer mehr Wissen über Demenz gibt und sich die Situation für Menschen mit Demenz und deren Angehörige weiter verbessert.

Modul 7 – Aktivitäten, Tipps, Material

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SIE SIND NICHT ALLEIN

Es wird immer wieder Tage geben, an denen Sie sagen können: Heute war ein guter Tag, heute hatten wir eine gute gemeinsame Zeit. Und es wird Tage geben, an denen es nicht einfach war. Weil alles so anstrengend ist und sie sich müde und erschöpft fühlen.

Jeder einzelne Tag hat seine Herausforderungen. Weil sich Angehörige oft mit dieser Erfahrung allein gelassen fühlen, haben sie sich an vielen Orten zusammen-geschlossen und sind aktiv geworden. Sie treffen sich in Gruppen, in Schulungen, an gemeinsamen Nachmittagen. Sie stärken sich gegenseitig und ermutigen sich. Sie tauschen Tipps aus und geben Wissen weiter.

Möchten Sie wissen, ob es auch in Ihrer Nähe eine Angehörigengruppe gibt ? Dann folgen Sie dem Link Alzheimer-Gesellschaften und Angehörigengruppen (https://www.deutsche-alzheimer.de/menschen-mit-demenz/gruppen-fuer- menschen-mit-demenz.html) oder Sie rufen beim Alzheimer-Telefon an.

Wir sind für Sie da !

Das bundesweite Alzheimer-Telefon bietet Ihnen kompetente Beratung und Information zum Thema Demenz.

030 - 259 37 95 14oder01803 - 17 10 17 (für 9 Cent pro Minute aus dem Festnetz)

Montag bis Donnerstag 9 bis 18 Uhr

Geschäftsstelle:Freitag 9 bis 15 Uhr

Friedrichstraße 23610969 Berlin-KreuzbergTel: 030 259 37 95-0Fax: 030 259 37 95-29E-Mail: [email protected]

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