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Institut der deutschen Wirtschaft Köln Nr. 47/6. November 2012 Die Städte sehen ihre Chancen Klimawandel Extreme Wetterlagen durch Stürme, Starkregen oder Hochwasser, wie sie jüngst der Hurrikan „Sandy“ an der US-Ostküste mit sich brachte, beun- ruhigen zunehmend auch deutsche Städte und Gemeinden. Sie befürchten durch den globalen Klimawandel vor allem negative Auswirkungen für die Forst- und Landwirtschaft, die Gesundheit der Bevölkerung, die Wasserver- sorgung und die Infrastruktur. Das ergab eine Befragung von über 300 Kommunen durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Im Bereich der kommunalen Energieversorgung hingegen gewinnen mehr als die Hälfte der Umweltdezernenten und Bürgermeister dem Klimawan- del vor allem positive Seiten ab. Acht von zehn Befragten aus dieser Grup- pe weisen darauf hin, dass der fortschreitende Klimawandel den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt. Grund: Die Akzeptanz CO 2 - armer und dezentraler Energieversorgungsstrukturen nimmt weiter zu. Durch den verstärkten Einsatz von Solar, Windkraft und Biogas wiederum ändert sich die Struktur der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung. Davon hoffen viele Gemeinden, einen zunehmenden Teil in ihrer jeweiligen Region halten zu können und wirtschaftlich von staatlichen Fördergeldern zu profitieren. Rund ein Viertel der Befragten sieht im Klimawandel freilich zuerst eine Gefahr für die Energieversorgung der eigenen Kommune. So wird beispiels- weise mit einer erhöhten Energienachfrage gerechnet, um in langen Hitze- perioden die Klimatisierung von Wohnungen und Fabriken sicherzustellen. Zum Negativszenario gehören auch Schäden an Stromnetzen durch Blitz- einschläge, Schnee oder Eislasten. Ebenso könnten freistehende Wind- und Solaranlagen extremen Wetterereignissen nicht gewachsen sein. Esther Chrischilles: Auswirkungen des Klimawandels auf die Energieversorgung in deutschen Gemeinden, in: IW-Trends 4/2012 Ansprechpartner im IW: Esther Chrischilles, Telefon: 0221 4981-770 Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft Köln · Verantwortlich für den Inhalt: Katrin Rüffer · Telefon 0221 4981-602 · [email protected] www.iwkoeln.de · Grafik: Michael Kaspers, Ralf Sassen · Verlag und Druck: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH, Postfach 1018 63, 50458 Köln, Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln

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Institut der deutschen Wirtschaft Köln Nr. 47/6. November 2012

Die Städte sehen ihre ChancenKlimawandel

Extreme Wetterlagen durch Stürme, Starkregen oder Hochwasser, wie sie jüngst der Hurrikan „Sandy“ an der US-Ostküste mit sich brachte, beun-ruhigen zunehmend auch deutsche Städte und Gemeinden. Sie befürchten durch den globalen Klimawandel vor allem negative Auswirkungen für die Forst- und Landwirtschaft, die Gesundheit der Bevölkerung, die Wasserver-sorgung und die Infrastruktur. Das ergab eine Befragung von über 300 Kommunen durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln.

Im Bereich der kommunalen Energieversorgung hingegen gewinnen mehr als die Hälfte der Umweltdezernenten und Bürgermeister dem Klimawan-del vor allem positive Seiten ab. Acht von zehn Befragten aus dieser Grup-pe weisen darauf hin, dass der fortschreitende Klimawandel den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibt. Grund: Die Akzeptanz CO2-armer und dezentraler Energieversorgungsstrukturen nimmt weiter zu. Durch den verstärkten Einsatz von Solar, Windkraft und Biogas wiederum ändert sich die Struktur der energiewirtschaftlichen Wertschöpfung. Davon hoffen viele Gemeinden, einen zunehmenden Teil in ihrer jeweiligen Region halten zu können und wirtschaftlich von staatlichen Fördergeldern zu profitieren.

Rund ein Viertel der Befragten sieht im Klimawandel freilich zuerst eine Gefahr für die Energieversorgung der eigenen Kommune. So wird beispiels-weise mit einer erhöhten Energienachfrage gerechnet, um in langen Hitze-perioden die Klimatisierung von Wohnungen und Fabriken sicherzustellen. Zum Negativszenario gehören auch Schäden an Stromnetzen durch Blitz-einschläge, Schnee oder Eislasten. Ebenso könnten freistehende Wind- und Solaranlagen extremen Wetterereignissen nicht gewachsen sein.

Esther Chrischilles: Auswirkungen des Klimawandels auf die Energieversorgung in deutschen Gemeinden, in: IW-Trends 4/2012

Ansprechpartner im IW: Esther Chrischilles, Telefon: 0221 4981-770

Herausgeber: Institut der deutschen Wirtschaft Köln · Verantwortlich für den Inhalt: Katrin Rüffer · Telefon 0221 4981-602 · [email protected] www.iwkoeln.de · Grafik: Michael Kaspers, Ralf Sassen · Verlag und Druck: Institut der deutschen Wirtschaft Köln Medien GmbH,Postfach 101863, 50458 Köln, Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln

Anlage zu Pressemitteilung Nr. 47/2012 des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln

Aus iwd Nr. 45 vom 6. November 2012; die abgebildete Grafik kann zur Verfügung gestellt werden, Anfragen bitte per E-Mail: [email protected]

Klimawandel. Auch hierzulande wird befürchtet, dass durch den Klimawan-del mit extremen Wetterereignissen wie in New York zu rechnen ist. Eine Befragung von 317 deutschen Gemein-den durch das Institut der deutschen Wirtschaft Köln zeigt jedoch, dass sie vor allem bei der Energieversorgung mehr Chancen als Risiken sehen.

„Sandy“ stürzt US-Ostküste ins Chaos, so titelten vor kurzem die Zeitungen. Auch wenn der Sturm nicht unbedingt eine Folge des Kli-mawandels sein muss – was extreme Wetterlagen anrichten können, macht er deutlich.

Auch Gemeinden sind sich sicher: Der Klimawandel wird die öffent-liche Infrastruktur zunehmend be-einträchtigen – weniger jedoch die Energieversorgung. Hier glaubt mehr als die Hälfte, indirekt von den Veränderungen zu profitieren:

Fast 77 Prozent der Kommunen sehen eine Chance darin, dass mit fortschreitendem Klimawandel erneu-erbare Energien ausgebaut werden.

Dies geschehe entweder, weil mit dem Klimawandel die Wirtschaft-lichkeit von Wind- und Solaranlagen

steigt oder der Handlungsdruck zum CO2-Sparen und die Akzeptanz für erneuerbare Energien wachsen. Die Gemeinden hoffen, die Energiever-sorgung stärker lokal organisieren zu können. Wenn Akteure aus der Region in Solar-, Windkraft- oder Biomasseanlagen investieren, kön-nen sie Fördergelder einsammeln.

Ein regionaler Kampf um Förder-summen steht einer effizienten nati-onalen Energiepolitik allerdings entgegen, zumal die Gemeinden teil-weise eine autarke und staatliche Energieversorgung anstreben.

Nicht alle Kommunen sehen im Klimawandel Chancen für die loka-le Energieversorgung. Mehr als ein Viertel der Befragten rechnet mit Problemen – z. B. durch intensivere Stürme, Starkregen oder Hitze. Wo-rauf sich die Kommunen hier kon-kret einstellen, haben sie ebenfalls zu Protokoll gegeben (Grafik):

• Acht von zehn Kommunen gehen von einem erhöhten Kühlungs- und Klimatisierungsbedarf aus, denn Hitzeperioden treten wohl häufiger auf und auch im Jahresdurchschnitt dürften die Temperaturen steigen.

• Jeweils knapp 60 Prozent der Kommunen erwarten Schäden an Stromnetzen und an freistehenden Erzeugungsanlagen.

• Die Abwasseraufbereitung könnte – weil zum Beispiel mehr Keime im Wasser sind – aufwendiger und da-mit energieintensiver werden, sagt mehr als jede vierte Kommune.

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Befragung von 86 Gemeinden im Sommer 2011; MehrfachnennungenUrsprungsdaten: IW-Kommunalbefragung

Klimarisiken: Mehr Energie für KühlungSo viel Prozent der Kommunen erwarten diese Klimafolgen für die lokale Energieversorgung

Erhöhter Klimatisierungs-/Kühlungsbedarf

Schäden an Stromüber-tragungsinfrastruktur

Schäden an freistehenden Erzeugungsanlagen

Erhöhter Energiebedarf für die Abwasseraufbereitung

Sinkende Kühlwasserverfügbarkeit

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Vom neuen Klima profi-tieren

Information

aus IW-Trends4/2012

Esther Chrischilles: Auswir-kungen des Klimawandels auf die Energie-versorgung in deutschen Gemeinden

www.iwkoeln.de/trends