kepler gleichung

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1 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He Die Kepler-Gleichung Mithilfe der Kepler-Gleichung ist es möglich, die Koordinaten eines Himmelskörpers zum Zeitpunkt nach dem Periheldurchgang (Perihelpunkt A) zu berechnen. Der Winkel, den der Radiusvektor (Sonne-Planet) mit der großen Bahnachse einschließt, heißt wahre Anomalie ν. Der Winkel, den ein Planet auf einer gleichförmigen Kreisbewegung um das Zentrum mit der Bahnachse einschließt, heißt mittlere Anomalie . Wird die Planetenposition senkrecht auf den zugehörigen Hilfskreis (Radius gleich große Bahnhalbachse) projiziert, so erhält man den Punkt Der Winkel, den die Strecke mit der Bahnachse einschließt, heißt exzentrische Anomalie. Die Bezeichnung dieser Winkel mit “Anomalie“ geht auf Johannes Kepler zurück. Nach Definition gilt für die mittlere Anomalie bei der Umlaufzeit Das Dreieck hat die Grundlinie die lineare Exzentrität als Grundlinie. Mit der Höhe des Dreiecks ergibt sich die Dreiecksfläche zu ( ) Für den Kreissektor gilt folgendes Verhältnis ( ) ⇒ ( ) Die Fläche lässt sich berechnen als Differenz der Kreissektor- bzw. Dreiecksfläche ( ) ( ) ()

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Page 1: Kepler Gleichung

1 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

Die Kepler-Gleichung Mithilfe der Kepler-Gleichung ist es möglich, die Koordinaten eines Himmelskörpers zum Zeitpunkt

nach dem Periheldurchgang (Perihelpunkt A) zu berechnen.

Der Winkel, den der Radiusvektor (Sonne-Planet) mit der großen Bahnachse einschließt,

heißt wahre Anomalie ν. Der Winkel, den ein Planet auf einer gleichförmigen Kreisbewegung um das

Zentrum mit der Bahnachse einschließt, heißt mittlere Anomalie . Wird die Planetenposition

senkrecht auf den zugehörigen Hilfskreis (Radius gleich große Bahnhalbachse) projiziert, so erhält

man den Punkt Der Winkel, den die Strecke mit der Bahnachse einschließt, heißt exzentrische

Anomalie. Die Bezeichnung dieser Winkel mit “Anomalie“ geht auf Johannes Kepler zurück. Nach

Definition gilt für die mittlere Anomalie bei der Umlaufzeit

Das Dreieck hat die Grundlinie die lineare Exzentrität als Grundlinie. Mit der Höhe des

Dreiecks ergibt sich die Dreiecksfläche zu

( )

Für den Kreissektor gilt folgendes Verhältnis

( )

⇒ ( )

Die Fläche lässt sich berechnen als Differenz der Kreissektor- bzw. Dreiecksfläche

( )

( ) ( )

Page 2: Kepler Gleichung

2 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

Nach dem Flächensatz folgt ebenfalls

( )

( )

Einsetzen von (1) in (2) liefert nach Vereinfachen

( )

( )

Damit erhalten wir die gesuchte Kepler-Gleichung

Da die Kepler-Gleichung nicht explizit nach der exzentrischen Anomalie aufgelöst werden kann,

benötigt man hier ein numerisches Verfahren.

Im Dreieck FSP gilt für die wahre Anomalie

( )

( )

( )

Im Nenner von (3) benötigen wir den Radiusvektor . Im rechtwinkligen Dreieck FSP gilt nach

Pythagoras

( ) ( ) [( ) ( )( ) ]

Dabei entsteht die Strecke aus durch Verkürzung im Maßstab

. Dies liefert

Vereinfachen mittels ( ) ( ) zeigt

[ ( ) ] ⇒ ( ) ( )

Einsetzen von (4) in den Nenner von (3) ergibt die wahre Anomalie (für )

( )

Für folgt damit

Im Fall ( ) setzt man

Alternative Lösung Statt (4) lässt sich der gesuchte Radiusvektor auch über die Polarform der Ellipse ermitteln, die die

wahre Anomalie benutzt

Page 3: Kepler Gleichung

3 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

( )

Diese Polarform setzt voraus, dass die Sonne im rechten Brennpunkt sitzt. Löst man Gleichung (3)

nach dem Radiusvektor auf, so folgt

( ) ( )

Addiert man (4) zu (6), so erhält man

( ) ( )

Vereinfachen durch Ausklammern liefert

( ) ( ) ( )( ) ( )

Analog liefert die Subtraktion von (4) und (5)

( ) ( )( ) ( )

Division von (7) und (8) ergibt

( )( )

( )( )

Einsetzen der Halbwinkelformeln (

) bzw. (

)

zeigt

( )

( )

(

)

( ) ⇒ (

)

(

)

Kehrwertbildung und Wurzelziehen ergibt schließlich

(

)

(

)

⇒ (

) √

(

) ( )

Die zu (5) analoge Formel für wird ebenfalls benötigt. Aus (5) folgt durch Quadrieren,

Subtrahieren von Eins und Wurzelziehen

√ ( ) √ [

]

√( ) ( )

Ausmultiplizieren zeigt

√ ( ) ( )

Mit ( ) ( ) =1 folgt

√ ( ) ( )

√ ( ) ( )

Page 4: Kepler Gleichung

4 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

(4) eingesetzt liefert

( )

Die Gleichungen (4), (6) und (10) werden oft beim Rechnen mit Polarkoordinaten benötigt.

Beispiel:

Die Merkur(☿)-Bahn ist bestimmt durch die halbe Bahnachse mit der nume-

rischen Exzentrizität . Gesucht ist die Position zum Zeitpunkt nach dem

Periheldurchgang (11.04.2009). Mit der Umlaufzeit ergibt sich die mittlere Anomalie

(im Bogenmaß) zu

Startet man eine Iteration zur Lösung der Kepler-Gleichung mit dem Startwert , so erhält man

schließlich den Wert Die gesuchte exzentrische Anomalie beträgt also

Die wahre Anomalie wird damit

Einsetzen liefert den Radiusvektor

( )

Zur Kontrolle soll die wahre Anomalie mittels Formel (8) überprüft werden

[√

(

)] [√

(

)]

Im Winkelmaß gilt Zusätzlich kann der Radiusvektor über die Polarform der Ellipse

überprüft werden

( )

Die Übereinstimmung der Ergebnisse ist perfekt. Nach 18 Tagen hat sich Merkur aus dem Perihel

( )= 0,3075 AE auf 0,3807 AE von der Sonne entfernt.

Plottet man für mehrere Tage Radiusvektor und wahre Anomalie, so erhält man die Abbildung.

Page 5: Kepler Gleichung

5 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

Aufgabe: Ein Komet hat das Perihel und das Aphel . Bestimmen Sie den Zeitraum ,

indem der Komet den heliozentrischen Abstand von höchstens hat!

Lösung: Aus den Apsiden berechnet man die große Bahnachse

( )

Die numerische Exzentrizität ergibt sich aus

Diese Beziehung kann leicht hergeleitet werden; sie folgt aus

[( ) ( )]

[( ) ( )]

Die exzentrische Anomalie zum Abstand ergibt sich aus (4 )

( ) ⇒

Einsetzen in die Keplersche Gleichung liefert die mittlere Anomalie

( √ )

Page 6: Kepler Gleichung

6 GK Astronomie Die Kepler-Gleichung © He

Aus der Definition der mittleren Anomalie erhält man die Zeit seit dem Periheldurchgang

Die Umlaufzeit des Kometen berechnet sich aus dem dritten Keplerschen Gesetz

(

)

(

)

⇒ (

)

Einsetzen liefert die Zeit seit dem Perihel-Durchgang

Aus Symmetriegründen ist

die gesuchte Zeit

Der Komet befindet sich

100 Tage im Sonnenab-

stand von höchstens 1 AE.