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Wenn Frauen trotz besserer Ausbil- dungsergebnisse an der sogenannten zweiten Schwelle geringere Chancen für eine Beschäftigung im Betrieb haben, so wird ihnen von vielen Seiten selbst die "Schuld" hierfür zugescho- ben. In einer recht eindrucksvollen wissenschaftlichen Untersuchung von BACKES/ LUCKE widerlegten diese beiden jedoch viele der existierenden Behauptungen. Sie stellen fest, daß es weniger die Frauen sind, die nicht ar- beiten wollen, sondern eher die Mei- ster, die den Frauen keinen Arbeits- platz geben wollen. Selbst wenn einige Betriebsinhaber Frauen eine. Chance geben möchten, werden sie durch den Innungszwang meist an diesem Vorha- ben gehindert. Solange sich die männ- lich bestimmten Strukturen im Hand- werk nicht verändern, wird sich nach diesen Daten auch nichts durch einen "Facharbeitermangel" (frau achte hier auf die männliche Form) verbessern. Ich habe in meiner Diplomarbeit einige Möglichkeiten zusammengetragen, welche Wege es geben könnte, wie Frauen an Arbeitsplätze kommen oder zumindest die Arbeitslosigkeit besser überbrücken oder verarbeiten kön- nen. Ein Weg der dazu führt, daß Frauen in Handwerksbetrieben eingestellt werden könnten, wäre derjenige, daß private oder öffentliche Auftraggebe- rInnen nur noch an jene Betriebe ihre Aufträge vergeben, die Handwerkerin- nen beschäftigen. Da unter den Betrie- ben ein ständiger Kampf um Aufträge besteht, würde es sich nach und nach ergeben, daß sich die Beschäftigungs- situation von Frauen verändert und sie unter Umständen sogar begehrte Ar- beitskräfte sein könnten. Solange aber die Realität anders aus- sieht, sollten Frauen sich überlegen, nach der Gesellinnenprüfung vielleicht auf die Walz zu gehen. Von den 6 Schäch- ten, die in der Bundesrepublik existie- ren, ermöglichen es zwei oder drei Jahre Karin Ressei Frauen in Handwerksberufen auf Wanderschaft zu gehen. Auf der Walz besteht die Möglichkeit, Berufs- erfahrung zu sammeln oder eventuell einen Betrieb zu finden, der auch Frau- en als Arbeitskräfte akzeptiert. Ein Bereich, in dem eine Handwerks- ausbildung Voraussetzung für eine Beschäftigung ist, stellt die Berufsfeu- erwehr dar. Unter anderem wird es Frauen durch Frauenförderpläne er- leichtert, dort beschäftigt zu werden. Zu bedenken ist bei dieser Tätigkeit, daß neben einer interessanten und anspruchsvollen Ausbildung und Ar- beit für Männer und Frauen das glei- che Gehalt gezahlt wird. Um die Zeit einer "Nichtbeschäftigung" sinnvoll zu überbrücken, bietet es sich auch an, als sogenannte Honorarkraft in Volkshochschulen oder bei anderen Bildungseinrichtungen (Frauenferien- häuser etc.) anderen Frauen den Umgang mit technischen Dingen zu zeigen und zu üben. Zum einen wer- den durch eine solche Tätigkeit Kon- takte geknüpft, der Umgang mit Werk- zeug und Material bleibt erhalten (wenn auch nicht in der bisherigen Form), Geld wird verdient und letztlich kön- nen diese Erfahrungen Z.B. auch bei einer späteren Ausbilderinnentätigkeit von großem Nutzen werden. Ein Teil arbeitsloser Handwerkerinnen denkt daran, sich "selbständig" zu ma- chen. Die übliche Voraussetzung zur Gründung eines Handwerksbetriebes ist die MeisterInnenprüfung, die erst nach mehrjähriger Berufserfahrung abgelegt werden kann. Wenn Frauen aber keine Anstellung erhalten, können sie diese Zeiten nicht nachweisen. Ent- weder suchen sich Frauen dann eine/n MeisterIn oder gründen einen Betrieb, für den diese Bestimmung nicht gilt. Dies kann z.B. entweder eine sogenann- te rollende Werkstatt sein oder ein handwerksähnlicher Betrieb. Aus dem Bewußtsein heraus, daß es besser ist, gemeinsam die Arbeitslosig- keit anzugehen bzw. Strategien zu überlegen oder auch Erfahrungen in der Arbeit mit KollegInnen auszutau- schen, wurde der Verein "Baufachfrau" gegründet. Bei "Baufachfrau" sind Frauen aus planenden und ausführen- den Bauberufen aus dem ganzen Bun- desgebiet vertreten. Frauen werden im Handwerk viele Steine in den Weg gelegt. Um diese aus dem Weg zu räumen, ist es wichtig, die iso- lierte Situation anzugehen und für jede Frau eine Möglichkeit zu suchen, um sowohl Arbeitslosigkeit zu überwin- den als auch die oft schwierige finan- zielle Situation zu verbessern. Ich hoffe, daß die eine oder andere Idee die Phantasie beflügelt und auch Mut macht. Backes, Gertrud/ Lucke, Doris, Alter- native: "Männerberuf''", Bonn 1987 (Band 210 der BMJFFG) Ressei, Karin, Frauen in Handwerks- berufen. Diplomarbeit , Universität Dort - mund,1988 Karin Ressei, Dortmund Kontaktadresse Baufachfrau Adlerstr. 81 4600 Dortmund 1 Frei-Räume Heft 3, 1989 72

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Page 1: Karin Ressel, Uta Bauer, Fr3 72 78

Wenn Frauen trotz besserer Ausbil-dungsergebnisse an der sogenanntenzweiten Schwelle geringere Chancenfür eine Beschäftigung im Betriebhaben, so wird ihnen von vielen Seitenselbst die "Schuld" hierfür zugescho-ben. In einer recht eindrucksvollenwissenschaftlichen Untersuchung vonBACKES/ LUCKE widerlegten diesebeiden jedoch viele der existierendenBehauptungen. Sie stellen fest, daß esweniger die Frauen sind, die nicht ar-beiten wollen, sondern eher die Mei-ster, die den Frauen keinen Arbeits-platz geben wollen. Selbst wenn einigeBetriebsinhaber Frauen eine. Chancegeben möchten, werden sie durch denInnungszwang meist an diesem Vorha-ben gehindert. Solange sich die männ-lich bestimmten Strukturen im Hand-werk nicht verändern, wird sich nachdiesen Daten auch nichts durch einen"Facharbeitermangel" (frau achte hierauf die männliche Form) verbessern.Ich habe in meiner Diplomarbeit einigeMöglichkeiten zusammengetragen,welche Wege es geben könnte, wieFrauen an Arbeitsplätze kommen oderzumindest die Arbeitslosigkeit besserüberbrücken oder verarbeiten kön-nen.Ein Weg der dazu führt, daß Frauenin Handwerksbetrieben eingestelltwerden könnten, wäre derjenige, daßprivate oder öffentliche Auftraggebe-rInnen nur noch an jene Betriebe ihreAufträge vergeben, die Handwerkerin-nen beschäftigen. Da unter den Betrie-ben ein ständiger Kampf um Aufträgebesteht, würde es sich nach und nachergeben, daß sich die Beschäftigungs-situation von Frauen verändert und sieunter Umständen sogar begehrte Ar-beitskräfte sein könnten.Solange aber die Realität anders aus-sieht, sollten Frauen sich überlegen,nach der Gesellinnenprüfung vielleichtauf die Walz zu gehen. Von den 6 Schäch-ten, die in der Bundesrepublik existie-ren, ermöglichen es zwei oder drei Jahre

Karin Ressei

Frauen in Handwerksberufen

auf Wanderschaft zu gehen. Auf derWalz besteht die Möglichkeit, Berufs-erfahrung zu sammeln oder eventuelleinen Betrieb zu finden, der auch Frau-en als Arbeitskräfte akzeptiert.Ein Bereich, in dem eine Handwerks-ausbildung Voraussetzung für eineBeschäftigung ist, stellt die Berufsfeu-erwehr dar. Unter anderem wird esFrauen durch Frauenförderpläne er-leichtert, dort beschäftigt zu werden.Zu bedenken ist bei dieser Tätigkeit,daß neben einer interessanten undanspruchsvollen Ausbildung und Ar-beit für Männer und Frauen das glei-che Gehalt gezahlt wird.Um die Zeit einer "Nichtbeschäftigung"sinnvoll zu überbrücken, bietet es sichauch an, als sogenannte Honorarkraftin Volkshochschulen oder bei anderenBildungseinrichtungen (Frauenferien-häuser etc.) anderen Frauen denUmgang mit technischen Dingen zuzeigen und zu üben. Zum einen wer-den durch eine solche Tätigkeit Kon-takte geknüpft, der Umgang mit Werk-zeug und Material bleibt erhalten (wennauch nicht in der bisherigen Form),Geld wird verdient und letztlich kön-nen diese Erfahrungen Z.B. auch beieiner späteren Ausbilderinnentätigkeitvon großem Nutzen werden.Ein Teil arbeitsloser Handwerkerinnendenkt daran, sich "selbständig" zu ma-chen. Die übliche Voraussetzung zurGründung eines Handwerksbetriebesist die MeisterInnenprüfung, die erstnach mehrjähriger Berufserfahrungabgelegt werden kann. Wenn Frauenaber keine Anstellung erhalten, könnensie diese Zeiten nicht nachweisen. Ent-weder suchen sich Frauen dann eine/nMeisterIn oder gründen einen Betrieb,für den diese Bestimmung nicht gilt.Dies kann z.B. entweder eine sogenann-te rollende Werkstatt sein oder einhandwerksähnlicher Betrieb.Aus dem Bewußtsein heraus, daß esbesser ist, gemeinsam die Arbeitslosig-

keit anzugehen bzw. Strategien zuüberlegen oder auch Erfahrungen inder Arbeit mit KollegInnen auszutau-schen, wurde der Verein "Baufachfrau"gegründet. Bei "Baufachfrau" sindFrauen aus planenden und ausführen-den Bauberufen aus dem ganzen Bun-desgebiet vertreten.Frauen werden im Handwerk viele Steinein den Weg gelegt. Um diese aus demWeg zu räumen, ist es wichtig, die iso-lierte Situation anzugehen und für jedeFrau eine Möglichkeit zu suchen, umsowohl Arbeitslosigkeit zu überwin-den als auch die oft schwierige finan-zielle Situation zu verbessern. Ich hoffe,daß die eine oder andere Idee diePhantasie beflügelt und auch Mutmacht.

Backes, Gertrud/ Lucke, Doris, Alter-native: "Männerberuf''", Bonn 1987(Band 210 der BMJFFG)Ressei, Karin, Frauen in Handwerks-berufen. Diplomarbeit , Universität Dort -mund,1988

Karin Ressei, Dortmund

Kontaktadresse BaufachfrauAdlerstr. 814600 Dortmund 1

Frei-Räume Heft 3, 198972

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Uta Bauer

Frauen in der Geographie - eine quantitative Randerscheinung?

Feministische Frauenforschung ist in-zwischen in vielen gesellschaftswissen-schaftliehenDisziplinen (Soziologie,Ge-schichte, Politologie ...) internationalanerkannt und deshalb kein Fremd-wort mehr. Frauenrelevante Themenwerden in anderen Raumwissenschaf-ten (Architektur, Raumplanung) seiteinigen Jahren bearbeitet. Frauenfor-schung hat in der angelsächsischenGeographie seit Mitte der 70er Jahre"Tradition" /1/. Dagegen ist eine femini-stische Kritik in der bundesdeutschenGeographie bisher ausgeblieben /2/.

Die Nichtbeachtung der Frauen als For-schungsobjekte hat mich veranlaßt zufragen, wo die weiblichen Subjekte inder bundesdeutschen Hochschulgeogra-phie zu fmden sind? Denn zweifelloshat die geringe Präsenz von Frauen beiden Hochschuldozenten eine Rück-wirkung auf die Fachwissenschaft unddie Forschungsinhalte: "eine männlichdominierte Wissenschaft macht sich dieFrauen nicht zum Thema" (OSTER-HElDER 1984,S. 202).Im Anschluß an die statistische Be-trachtung erläutere ich thesenartigmögliche Ursachen, die sowohl allge-meiner Art sind als auch die spezifischeSituation des Faches betreffen.

Über die Schwierigkeit, sich als Frau inder Geographie zu behaupten - ein kur-zer Rückblick

Bevor Frauen Anfang des 20. Jahrhun-derts offiziellZugang zu den deutschenUniversitäten hatten, war die Geogra-phie geprägt durch das Erforschen undEntdecken unbekannter Länder. Diesenach Thomale (1972) benannte "Kos-mographische Phase", die vor dem 1.Weltkrieg noch durch die neu erworbe-nen Kolonien eine besondere Blüteerlebte, war für die Forscher verbun-den mit langwierigen und gefährlichenReisen; Umstände, die es nur wenigenFrauen erlaubte, sich daran zu beteili-

gen. Umso erstaunter war ich, als ichlas, welche Leistungen eine dieserwenigen Frauen Marie Pauline Thor-becke (geb. 1882, Ehefrau des Afrika-forschers und Geographen Franz Thor-becke) "an der Seite ihres Mannes"(Kraus 1971,S. 300) als Forschungsrei-sende (Kamerun 1911 - 1913) undGeographin vollbracht hat. Die folgen-den Zitate sind einem Nachruf auf FrauThorbecke entnommen."VonFrau Thorbecke stammen in allenBänden und Aufsätzen (Veröffentl.über diese Forschungsreise, d.V.), diein reicher Zahl beigegebenen Bildbele-ge, Photographien, Zeichnungen, Aqua-relle; sie sind technisch, wissenschaft-lich und künstlerisch von höchsterQualität." (KRAUS 1971,S. 305)Aber nicht nur Illustrationen, sondernauch wissenschaftlicheErgebnisse (Geo-morphologie) wurden von ihr selbstän-dig verfaßt und veröffentlicht, obwohlsie keine universitäre Ausbildung er-halten hat. Daneben bewies sie als Or-ganisatorin der Expedition außerge-wöhnliche Qualitäten, insbesondere inden Zeiten, in denen die wissenschaftli-chen Leiter L.Waibel und ihr Mannwegen Krankheiten ausfielen und sieselbst die Verantwortung der Expedi-tion übernahm."Nicht, daß sie selbst von Infektionenverschont geblieben wäre, (...) aber siekämpfte offenbar stärker dagegen anals die Männer (...) Ihre Charakterstär-ke bewährte sich, als, fern von Zentren,(...) im Savannenlandnächtensein Mord-versuch auf das Forscherpaar unter-nommen wurde. Ein Speer, aus derNähe ins Zelt geschleudert, drang inihren Nacken und blieb dort stecken;durch Zufall war die Verletzung nichttödlich; ihre Selbstbeherrschung undKaltblütigkeit rettet die Lage; baldgenesen versah sie ihre Pflichten wiezuvor." (KRAUS 1971,S. 306)Eine eindrucksvolle, wenn auch drasti-sche Schilderung, die aber exempla-risch aufzeigt, welche außerordentli-

chen Fähigkeiten eine Frau zu jenenZeiten besitzen mußte, um in einemNachruf in der geographischen Fach-welt gewürdigt zu werden. Unerwähntbleiben diejenigen qualifizierten, pro-motiverten Fachfrauen der nachfolgen-den Generation, die oft im "Schatten"ihrer zu Amt und Würden gelangtenMänner auf weniger dramatische Wei-se gewirkt haben (z.B. Eugenie LAU-TENSACH, Freya SCHARLAU ...).Im Anschluß an die Phase des Entdek-kens und Erforschens fremder Länder,oft (wie z.B. bei den Thorbeckes) mitdem erklärten Ziel, den kolonialenGedanken wachzuhalten, verändertensich die Paradigmen und Legitimatio-nen der geographischen Wissenschaftin Wechselbeziehung zu dem jeweilsaktuellen gesellschaftspolitischen Zeit-geist (vgl. SCHULTZ 1980).Insbesondere nach 1945wurden inner-halb der Geographie im Zuge der Dis-kussion um eine Sozialgeographie, derMensch und seine raumrelevantenAktivitäten immer mehr in den Mittel-punkt der Betrachtung gerückt. Einegrößere Chancen für Frauen, wissen-schaftliche AufgabensteIlungen zu fin-den. Was aber nicht heißen soll, daßFrauen physisch-geographische Frage-stellungen nicht erfolgreich bearbeitenwoll(t)en oder könn(t)en. Die Arbeitender ProfessorinnenH. Bremer, H. Besler,I. Henning beweisen das Gegenteil.

Wieviele Frauen haben nun die geogra-phischen Institute zu ihrem Arbeits-platz gemacht?33 Jahre nachdem 1923 die ersten bei-den Professorinnen in Deutschlandberufen wurden, durften sich auch inder bundesdeutschen Geographie zweiFrauen (A. KRENZLIN und G.SCHWARZ) mit diesem Titel schmük-ken, allerdings nur auf außerplanmä-ßigen bzw. nicht beamteten außeror-dentlichen Stellen. Erst 1964gelang esA. Krenzlin als erster Frau im Alter von61 Jahren (I) der Aufstieg zu einer

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p

besser bezahlten ordentlichen Profes-sm. Einige Ereignisse ihrer Biographiescheinen symptomatisch zu sein fürdie Hürden, die in jenen Zeiten zuüberwinden waren.

achdem sie 1931 bei N. Krebs an derBerliner Universität promoviert hatteund der Schuldienst sie nicht sonder-lich befriedigte, fragte sie bei Prof. N.Krebs an, ob eine Möglichkeit bestün-de, Assistentin am Institut zu werden.Er soll geantwortet haben: "Ich kanndoch den männlichen Assistenten kei-ne Assistentin zumuten"! Erst 1939 warer bereit, ihr immerhin eine halbe Assi-stentenstelle anzubieten." (MATZAT.1983, S. XXXVIII)

Oben wird die Luft dünner - der Sta-tus der Frauen in der Geographie

Sicher haben sich inzwischen die Zeit-en verändert. Immerhin wurden 1986insgesamt 12 Professorinnen gegenüber281 Professoren im Fachgebiet Geo-graphie gezählt (Statistisches Bundes-amt 1988). Ein Fortschritt? Ein Fort-schritt im ZeitIupentempo auf erschrek-kend niedrigem Niveau. Die Geogra-phie also eine Männerdomäne?

o Studentinnen

Die Analyse der prozentualen Anteileder Frauen bei den Studierenden sprichtdagegen. Seit dem WS 76/77 liegt derFrauenanteil relativ konstant bei 45%(s. Abb. 1). Selbst im WS 58/59 waren27,7% der Geographiestudenten weib-lich gegenüber 20,2% Frauen bei denStudierenden insgesamt (StatistischesBundesamt 1960). Bis heute ist derFrauenanteil bei den Geographiestu-denten im Vergleich zu den Studenteninsgesamt überdurchschnittlich hochgeblieben (s. Abb. 1).

Differenziert man weiter nach den vonden Studierenden angestrebten Ab-schlüssen, so liegt erwartungsgemäßder Frauenanteil bei den beabsichtig-ten Lehramtsabschlüssen am höchsten(WS 86/87: 49%), gefolgt von Diplom(44,3%) und Promotion (34,9%). (s.Abb.2)

Vergleich des Anteils der Studentinnen an den Studenteninsgesamt und Fach Geographie

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76/77 WS 86/87

hang der zu beobachtende Umschich-tungsprozeß der letzten 10 Jahre beiden angestrebten Abschlußprüfungen.Die Bedeutung der Lehrerlnnenausbil-dung hat, bei steigenden Studentlnnen-zahlen, drastisch abgenommen. DerAnteil der Diplomstudenten ist sowohlbei den Männern als auch bei den Frau-en dagegen explosionsartig angestie-gen (s. Abb. 3). Ursache hierfür sindunbestritten die unsicheren Berufsaus-sichten für LehrerInnen, wobei zubezweifeln ist, daß sie mit dem Wech-sel zum Diplomabschluß günstigerwerden.

o Prüfungen

Entgegen meiner ursprünglichenAnnahme von hohen Abbruchquoten

. bei den Studentinnen hat die Statistikbewiesen, daß Frauen nicht nur studie-ren, sondern ihr Studium auch erfolg-

reich abschließen. Zwischen 1977 und1986 lag der Frauenanteil bei den be-standenen Prüfungen im Fach Geo-graphie immer über der 45%-Marke( = Frauenanteil bei den Geographie-studenten). Dies erklärt sich durch diehohen Frauenquoten der Lehramtsprü-fungen (s. Abb. 4), die auch absolutgesehen noch die am häufigsten ge-wählte Prüfungs art ist.

Die Frauenanteile der bestandenen Di- ~plomprüfungen sind kontinuierlichsteigend und nähern sich dem Niveauder Diplomstudentinnen (s. Abb. 2 und4), allerdings scheiden sich bei der nächsthöheren Stufe der akademischen Hier-archie die Geschlechter. Hier bröckeltdas weibliche Fußvolk ab, denn nurnoch höchstens 1/5 der Promoviertenrepräsentieren das weibliche Geschlecht.Bei näherem Hinsehen läßt sich abereine positive Entwicklung feststellen:

Abb.1: Eigene Berechnungen nach: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): StatistischesJahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland. Stuttgart/Mainz. Versch. Jahr-.gänge.

68

Anteil der Studentinnen an den Studentennach jeweils angestrehteM Ahschlup

18

LehraJItx~x--x->:--",--:o:18 ,,~,.,...----

.-x-

DiplOll

Promot ion

wse+---+---+---+---+---r---r---r-~78/79 86/87

Abb.2: Eigene Berechnungen nach: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): StudentenWesentlich ist in diesem Zusammen- an Hochschulen. Fachserie 11, Reihe 4.1. Stuttgart/Mainz. Versch. Jahrgänge.

Frei-Räume Heft 3, 1989

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rAngestrebte Abschlüsse der

Studentinnen WS 1978/79 (BRDl

hOlllot ion

Lehr aat

Angestrebte Abschlüsse derStudentinnen WS 1986/87 (BRDl

PrOlJlotion

Angestrebte ~bschlüsse derStudenten (Hänner) WS 1978/79

(BRD)

Diplom

Lehr-aet

Angestrebte Abschlüsse derStudenten (Männer) WS 1986/87

(BRDl

Abb. 3: Eigene Berechnungen nach: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Studentenan Hochschulen. Fachserie 11, Reihe 4.1. Stuttgart/Mainz. Versch. Jahrgänge.

Tab.1: Promotionsquoten (Anteil derPromotionen an den anderenAbschlußprüfungen)

Frauen Männer

1977 0,6 4,9

1981 1,0 7,4

1986 5,7 17,3

Zu erklären bleiben jedoch die Unter-schiede zwischenweiblichen und männ-lichen Promotionsquoten.

o Akademische Hierarchie

Leider setzt sich der schon abzeichnen-de "Verdünnungsprozeß" weiter fort.Die im Statistischen Jahrbuch 1988für

1986 enthaltenen Angaben über denAnteil der Frauen an den verschiede-nen universitären Gruppen innerhalbder Geographie machen deutlich (s.Abb. 5): Je höher der Status, desto ge-ringer der Frauenanteil, wobei noch in-nerhalb dieser akademischen Pyrami-de eine weitere Hierarchie existiert.DerAnteil der Frauen bei den befristetenwissenschaftlichen Mitarbeiterstellenliegt bei 24%. Die begehrten Dauer-stellen im Mittelbau werden nur nochzu 14% an Frauen vergeben. Auf Pro-fessorenstellen C2 und C3 finden wirnoch 5,2% Frauen, und bei den bestdo-tierten C4 Professorenstellen sind dieHerren fast unter sich; der Frauenan-teil liegt bei 2,8% (Statistisches Bun-desamt 1988).

Dies ist sicherlich für vielenichts Neuesmehr. Jedoch scheint es so, als ob dieAufstiegschancen für Frauen in derGeographie noch ungünstiger sind alsim Durchschnitt aller Fächergruppen.Trotz eines größeren Potential an weib-lichem wissenschaftlichen Nachwuchssind die Geographinnen in den höhe-ren Statusgruppen nur zu geringerenAnteilen als dem Durchschnitt vertre-ten. Auf mögliche Erklärungen möchteich bei der Erörterung der Thesen ein-gehen.

58

Anteil der Frauen an hestandenen Prüfungenim Fach Geographie

48

8~--+---+---+---+---+---+---~--~--~1977 1978 1979 1988 1981 1982 1983 1984 1985 1986

Jahr

i: 38

28

18

Lehraat-x-

DiplOlll'-PrOlllotion

Abb. 4 Eigene Berechnungen nach: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Prüfungenan Hochschulen. Fachserie 11, Reihe 4.2. Stuttgart/Mainz. Versch. Jahrgänge.

Frei-Räume Heft 3, 1989

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Veröffentlichte Artikel in ausgeiVählten geographischen Fachzeitschriften nach Geschlecht der Au-toren

männlichen Mitautor gefunden haben.Ohne seine Einbeziehung wären dieAnteile der Autorinnen auf einem nochskandalöserem Niveau.

Verwaltungfest in Münnerhand.Eine sattsam bekannte und oft beklagteTatsache. Auch heute noch müssenWissenschaftlerinnen gegen eine Viel-zahl von diskriminierenden Vorurtei-len ankämpfen. Ihre' intellektuellen

I Periode Geographische Zeitschrift I Die Erde I Geographische RundschauArtikel I Artikel I Artikel

I insg. von I von .I (2) u'l inSg'l von I von I (2)·u , insg. I von I von (2) u.I F. l n.o. I (3) in F. I M.u. (3) in I F. N.u. (3) in

I IF. % von . F. % von F. % von

(I) (2) (3) (4) I (I) (2) (J) (4) (I) I (2) (3) (4)

1958 - 1962 I -

I- I - I -

I

76 2 1 3.9 312 I 15 I 0 I 4.8 I1963 - 1967 I 59 3 1 I 6.8 72 1 0 1.4 266 I 20 1 7.91968 - 1972

I58 1 I 0 I 1.7 67 1 0 1.5 296 I 15 3 6.1

1973 - 1977 56 I 1 0 1.8 85 0 1 1.2 295 I 9 13 7.51978 - 1982 67 4 I 1

I7.5 81 I 1

I2

I3~7

I394 10 6 4.1

1983 - 1987 76 5 2 9.2 I 96 6 3 9.4 339 1 I 9 I 2.9I

gesamt 316 14 4 • 5.7 I 477 11 I 7 I 3.8 I 1902 70 32 5.4

Tab. 2: Veröffentlichte Artikel in ausgewählten geographischen Fachzeitschriften nach Geschlecht der Autoren

o Publikationen

Ein weiterer Indikator für die Karrie-re- und Einflußmöglichkeiten vonGeographinnen ist die Publikationstä-tigkeit (s. Tab. 2). Zwar ist eine leichtsteigende Tendenz von veröffentlich-ten Artikeln in ausgewählten Fachzeit-schriften in den letzten 10 Jahren zuverzeichnen; die magische 10%-Hür-de wurde jedoch kein einziges Malüberschritten. Bei der "GeographischenRundschau" sind die Anteile sogar rück-läufig, genauso wie sich die Anzahl derProfessorinnen von 17 (1984) auf 12(1986) reduziert hat. Zu übertriebe-

em Optimismus gibt dies keinen An-laß.

Das Placieren von Artikeln in aner-kannten Fachzeitschriften ist eine wich-tige Karrierehilfe, doch der Zugang zuden jeweiligen Zeitschriften ist nichtgerade extrem offen. Ohne sog. "Spon-soren" und "Mittelsmänner" (Vermitt-lung von Zugängen und Kontakten) undohne ein ausgeprägtes wissenschaftli-ches Kommunikationsnetz läuft wenig.Frauen werden von diesen informellenKontakten häufig ausgeschlossen und

önnen der Macht des "old-boy-net-k" (MOHR 1987, S. 116) kaum etwas

entgegensetzen. Ein Indiz für die Be-utung dieser Kommunikationsstruk-

turen ist m.E. die deutliche ZunahmeArtikeln, bei denen Frauen einen

Anteil der Frauenan den unterschiedlichen universitären Gruppen

1986

Prof. ~S.14.1

112.6~5.4

119.58.6

19.317.3

133.1~38.6

137.8~4S

Hochschu lass.

Lehr heauftr.o

insgesamt

~Geographie

wiss. Hitarb.

wiss. Hilfskräfte

Studentinnen

18 28 38 48 58

Abb. 5 Eigene Berechnungen nach: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Personal anHochschulen 1986. Fachserie 11, Reihe 4.4. Stuttgart/Mainz 1988.

Begründung für das quantitative (undqualitative) Defizit

Fähigkeiten müssen sie durch ein Mehran Leistungen unter Beweis stellen; ihreAnerkennung durch männliche Kolle-gen hängt davon ab, wie sie das Span-nungsfeld zwischen weiblichem Char-me, Attraktivität, Emotionalität und wis-senschaftlicher Zielstrebigkeit, Zähig-keit, Durchsetzungsvermögen ausbalan-cieren; ihnen werden immer noch ge-ringere Innovationsfähigkeiten unter-stellt (vgl. SCHMERL, BOCK, BRAS-ZEIT 1983) ..Wissenschaftliche Oualifikationskrite-

Eine schlüssige, alles umfassende Ar-gumentationskette kann ich nicht bie-ten. Die Thesen sind deshalb als Puzz-:lestücke zu verstehen, die zusammen-gesetzte Teile eines Gesamtbildes er-geben.

-Die Wissenschaft ist genauso wie Füh-rungspositionen in Wirtschaft, Politik und

F . Räume Heft 3, 1989

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und Volumen der Publika-Zertifikate, Addition von Zeit-

:::a:Iiir:::~)sind nach wie vor aktuelle.:I.":::~::zlllle:, eine "Feminisierung" der'~~s:se:::sl)j:haft zu verhindern. Oualifi-aD::..wDu dabei ausschließlich an den.;m~!:tativen Kriterien einer frühzei-

earen Karriereorientierung1~::::e:>SelD..Dies impliziert viele Mög-_",,",-.u." ,en, selbst hochqualifizierten

im Hochschulbereich unglei-Qualifikationen zu attestieren.

Hausmann im Hintergrundfehlt.:!.:Tend Wissenschaftler in der Regel

r tatkräftigen und unbezahltenrützung ihrer Ehefrau rechnen

- fen, was in zahllosen Danksagun-und Widmungen nachzulesen ist,

n Wissenschaftlerinnen die Wi-rüchlichkeit "von Familien und

- .ereorientierung nur unter persön-n Bedingungen von Doppelbela-

und extremer Kräfteauszehrungegrieren. Die allermeisten Frauen,

es schaffen, haben keine Kinder""METZ-GÖCKEL 1979, S. 201).Die in letzter Zeit wieder restriktivs handhabten Altersgrenzen bei Stel-

besetzungen auf den verschiedenenOualifikationsebenen bedeuten faktischeinen Ausschluß von Frauen (mit Kin-dern), die nicht die angenommene männ-.ehe Normalbiographie nachweisenönnen und wollen.

- Die Geographie ist in erster Linie einLehramtsstudienfach. das erklärt auchdie hohen Frauenanteile bei den Studie-renden. Die Mehrzahl der Studentinnenhat die klare Berufsperpektive der Lehre-rin, nicht die der Wissenschafttenn vorAugen.Dies stimmt nur zum Teil. Bis Anfangder 80er Jahre haben auch die Studen-ten überwiegend den Lehramtsab-schluß gewählt. Die Orientierung aufden Lehrerberuf müßte für sie ge-nauso zutreffen, allerdings fällt es ih-nen aufgrund der gesellschaftlichen Rah-menbedingungen leichter, bei entspre-chenden Leistungen und Ermunterun-gen andere, höherwertigere Berufszie-le anzustreben. Zu hoffen bleibt, daßdie Umorientierung bei den Studienab-schlüssen zum Diplom (s. Abb. 3) einverstärktes Engagement der Frauen beider Formulierung anderer Forschungs-inhalte und -methoden zur Folge hat.

-Frauen verweigem sich bewußt und un-bewußt den praktizierten geographischenForschungsinhalten und Arbeitsweisen.Die Dominanz der männlichen wissen-schaftlichen Population prägt die wissen-schaftlichen Paradigmen, Fragestellun-gen und Methoden.

Waren es früher u.a. die langwierigenReisen, der hohe Mobilitätszwang beiGeländearbeiten, der die Geographin-nen vor die einzige Alternative stellten:Familie oder Forschen, so sind es heutedie mathematisch-quantitativen Metho-den, die Frauen abschrecken. Denn "ausdem konkreten Menschen im konkre-ten Raum (...) wurde dergestalt der ab-strakte Mensch im abstraktem Raum(...)" (HARD 1979, S. 23). Eine Ent-wicklung, die zunehmend dazu führt,die praktische Lebensrealität, die Ak-teure (insbesondere die Frauen) im geo-graphischen Raum aus den Augen zuverlieren bzw. auf statistische Varia-blen zu reduzieren. Andere (feministi-sche) Inhalte, andere (qualitative)Methoden wären von Nöten. Nurschließt sich hier ein circulus vitiosus.Die wenigen Frauen in richtungswei-senden Positionen können die Situationdes Faches nicht verändern, da siemeistens nur mit traditionell-anerkann-ten Themen die akademische Karriere-leiter emporklimmen können. Dieswiederum hat Rückwirkung auf dieLehrinhalte usw. usf ..Interessanterweise konzentrieren sichdie Forschungsarbeiten der 12 in derBundesrepublik aktiven Professorinnen,bis auf ganz wenige Ausnahmen, aufzwei Teilbereiche der Geographie: (hi-storische) Siedlungsgeographie, Kultur-landschaftsgenese und Geomorpholo-gie. Angewandte, planungsorientierteThemen werden nur von einer Profes-sorin abgedeckt. Dies ist sicher aucheine Folge der ungünstigen Altersstruk-tur: Von 12 Professorinnen sind nur 5Frauen unter 50 Jahre alt (Geographi-sches Taschenbuch 1987/1988).

- Die Geographie ist nach wie vor be-stimmt von deskriptiven Forschungsin-halten.Soziale und politische Ursachen derbeschriebenen räumlichen Phänome-ne und Probleme werden konsequentverdrängt (vgl. HARD 1979). Die Sen-sibilität und Akzeptanz von

feministische( n) Forschungsinhalzeqoist deshalb kaum vorhanden.Ein harmloses Beispiel: die meisre:c:.Studenten werden zu Beginn ihresdiums mit dem Haggett'schen Bil"Strandleben" konfrontiert. Zu demOberthema "Mensch - Umwelt"gezeigt werden, wie die Natur (Wasser:.kiesiger, sandiger Strand, Düne), Markt-phänomene (Eisverkäufer und ihreKundschaft), Zeit (Tageszeit) ... dieVerteilung des Menschen am Strandbeeinflußt. Schon die Erwähnung ei-ner Kurtaxe oder des Rassismus (s.Südafrika) würde "einen Hauch so-zialer Ungemütlichkeit über diesenStrand wehen lassen" (HARD 1979, S.30). Die räumliche Diskriminierung derFrauen hat auch Herr Hard, ein enga-gierter und unbequemer Kritiker derGeographie, für nicht erwähnenswertgehalten. Welche Frau kann sich dennfrei aussuchen, wo sie sich erholen undsich Z.B. alleine ungestört und unbelä-stigt in einer einsamen Düne nieder-lassen möchte, ohne nicht bald dengewählten Standort genervt wieder ver-lassen zu müssen?!Es kommt m.E. nicht von ungefähr,daß geographische Frauenforschung inden Teilen des Auslandes Fuß fassenkonnte, in denen insbesondere in den70er Jahren radikalere Kritik an derFachwissenschaft geübt wurde.

Zusammenfassung

Frauen sind in der Geographie in vielerHinsicht eine Randerscheinung, als Stu-dierende sind sie allerdings überdurch-schnittlich repräsentiert. Obwohl dasPotential an qualifizierten, ausgebilde-ten Geographinnen seit vielen Jahrenständig größer wird, haben Frauenimmer noch keinen wesentlichen Ein-fluß auf die Entwicklung des Fachesnehmen können. Selbst wenn positiv zuvermerken ist, daß die Zahl dersenschaftliehen Mitarbeiterinnentinuierlich ansteigt, so "verdweibliche Geschlecht in denhöheren Statusgruppen. Eine Be:1~~zwischen steigenden Anteilenen im Mittelbau und den AIllcil:::=.den Hochschullehrern bestecr _---...._.__•...1984 ist die Zahl der Pn:ess:x::m:::::.(sowohl absolut als auch re:rr) ~Dläufig. Eine wesentli

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der Situation für Frauen im Wissen-schaftsbetrieb der Geographie ist nichtin Sicht. Gründe für das eklatanteMißverhältnis der Geschlechter sindangesprochen worden. Insbesondere derKonservatismus in der Geographie (derm.E. ein struktureller ist) kann dafürverantwortlich gemacht werden, zumeinen für die unterdurchschnittlichgeringe Präsenz der Frauen bei denHochschullehrern, zum anderen fürdie Formulierung von entweder ge-schlechtsneutralen oder auf männlicheInteressen bezogene Forschungsansät-ze. Um die Situation des Faches verän-dern zu können, ist dringend eine posi-tive Diskriminierung von Frauen beiStellenbesetzungen zu-fordern, zumin-destens so lange, bis gleiche Anteile wiebei den Studentinnen erreicht sind. Ohneeine neue Definition der Qualifikations-kriterien besteht allerdings die Gefahr,daß viele gut gemeinte Forderungeneine Sprechblase bleiben. Zu fördernist der fachliche und interdisziplinäreInformationsaustausch unter den anvielen Instituten vereinzelten Frauen.Der seit Juli 1988 existierende Geo-Rundbrief ist wahrscheinlich erst derAnfang für ein hoffentlich ausgedehn-tes Netzwerk.

Anmerkungen:

/1/ Als Einstiegslektüre mit einemumfassenden Literaturüberblick seienfolgende Veröffentlichungen empfoh-len: Zelinsky, W.; Monk, J.; Hanson, S.:Women and Geography, A Review andProspectus. In: Progress in HumanGeography, 6, (3), 1982, S. 317-366.Institute of British Geographers (Wornenand Geography Study Group) (Hrsg.):Geography and Gender, Hutchinson,London, 1984

/2/ Bis auf zwei rühmliche Ausnah-men: Osterheider, M.: GeographischeFrauenforschung - ein neuer theoreti-scher Ansatz. In: Bremer Beiträge zurGeographie und Raumplanung, 5, 1984,S. 222-226. Und das Themenheft: "Frau-en und Entwicklung", Geographie heu-te 3(14), Dez. 1982

Geographisches Taschenbuch. 1987/

1988, Stuttgart 1987

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Schmerl, Ch.; Bock, U.; Braszeit, A,Innenansichten vom Herrenhaus: Frau-en im Gebäude der Wissenschaft. In:Frauen an den Üniversitäten. Frank-furt 1983, S. 170-206

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Uta Bauer, PU Berlin

Frei-Räume Heft 3, 1989

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